Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
16.05.2011

Folgen außerdienstlicher Aktivitäten für die NPD

Wie sich aus einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ergibt, rechtfertigt auch im öffentlichen Dienst nicht jede außerdienstliche Tätigkeit für eine verfassungswidrige Partei eine personenbedingte Kündigung. Voraussetzung ist vielmehr ein aktives Eintreten für die Partei, wobei die Erklärung der Verfassungswidrigkeit der Partei durch das Bundesverfassungsgericht nicht erforderlich ist.

Der Kläger war seit 2003 beim Beklagten Land in der Finanzverwaltung tätig und ist Mitglied der NPD. Vor Vertragsschluss bekannte sich der Kläger in einer Erklärung zu den Grundsätzen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes. Ferner gab er an, nicht Mitglied einer Organisation zu sein, die diese Grundordnung bekämpfe.

Im Jahr 2007 mahnte das beklagte Land den Kläger wegen verschiedener parteipolitischer Aktivitäten ab. Ein Jahr später kündigte es das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich mit der Begründung, durch die Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung habe der Kläger erneut seine Treuepflicht verletzt. Außerdem focht das beklagte Land den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung an.

Hiergegen wehrte sich der Kläger auf dem Arbeitsrechtsweg. Er war der Auffassung, seine Aktivitäten für die NPD wiedersprächen nicht der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, schließlich sie die NPD nicht wegen Verfassungsfeindlichkeit verboten. Das beklagte Land macht hingegen geltend, vom Kläger durch das Verschweigen seiner parteipolitischen Betätigungen getäuscht worden zu sein. Darüber hinaus habe der Kläger durch die Parteiaktivitäten gegen seine Pflichten in grober Weise verstoßen, sodass er für eine Fortsetzung der Tätigkeit nicht geeignet sei.

Nachdem das Arbeitsgericht der Klage teilweise und das Landesarbeitsgericht der Klage in Gänze stattgaben, scheiterte das beklagte Land nun auch in der Revision.  In den Augen der Bundesrichter ist sowohl die Anfechtung des Arbeitsvertrages als auch die Kündigung des Klägers aufgrund der Aktivitäten für die NPD unwirksam.

Das Land war zur Anfechtung nicht berechtigt, denn es sei zur Überzeugung des zweiten Senats davon auszugehen, dass sich der Kläger bei Abgabe der Erklärung eines Eignungsmangels nicht bewusst war.

Ein Kündigungsgrund lag ebenfalls nicht vor. Jedenfalls habe der Kläger zwischen der Abmahnung und dem Zugang der Kündigung kein Verhalten gezeigt, das als aktives Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes angesehen werden könne. Eine Kündigung kann aber nicht ausschließlich auf ein Verhalten gestützt werden, das bereits Inhalt einer Abmahnung war. Mithin war auch nicht zu entscheiden, ob die NPD als verfassungsfeindlich einzustufen ist und ob das abgemahnte Verhalten deutlich gemacht hat, dass der Kläger mögliche verfassungsfeindliche Ziele der NPD aktiv unterstützt.

 

BAG, Urt. v. 12.05.2011

Az.: 2 AZR 479/09