Rechtsanwalt Nils Wittmiss

F-200 ASG Rechtsanwälte GmbH
10117, Berlin
23.02.2012

Arbeitgeber muss Betriebsrat vor Kündigung umfassend informieren

Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat ordnungsgemäß unterreichten. Eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zeigt jetzt, wie wichtig es für den kündigenden Arbeitgeber ist, den Betriebsrat umfassend mit  Informationen zu versorgen. Das Landesarbeitsgericht erklärte eine außerordentliche Kündigung bereits für formell unwirksam, weil dem Betriebsrat zu wenig mitgeteilt wurde.

Die klagende Arbeitnehmerin war seit über zehn Jahren bei ihrem Arbeitgeber angestellt. Im Jahr 2009 wurde sie wegen Verlassens des Arbeitsgeländes ohne vorherige Abmeldung abgemahnt. Danach erhielt sie zwei weitere Ermahnungen, eine erneut wegen des Verlassens des Arbeitsplatzes ohne sich abzumelden, die zweite wegen eines privaten Telefonats während der Arbeitszeit, ohne dies als privat zu kennzeichnen.

Desweiteren wurde die Arbeitnehmerin dabei beobachtet, wie sie das Fundsachenregal durchsuchte und ohne Rücksprache mit ihrem Arbeitgeber einen Tauchring mitnahm. Ferner trug sie mehrere Kleidungsstücke über dem Arm. Der Arbeitgeber hegte daraufhin den Verdacht des Diebstahls und gab der Arbeitnehmerin Gelegenheit, sich zum Geschehen zu äußern. Sie gab an, den Tauchring ihres Sohnes gesucht und Kleidungsstücke aus ihrem Spind geholt zu haben.

Der Arbeitgeber schilderte dem Betriebsrat den Sachverhalt und hörte ihn zu einer beabsichtigten Kündigung wegen des Verdachts des Diebstahls an, ohne jedoch die Abmahnung und die Ermahnungen zu erwähnen. Auch begründete er nicht, was ihn erwogen hatte, trotz der langen Betriebszugehörigkeit zu kündigen. Trotz Bedenken des Betriebsrates, hat der Arbeitgeber eine fristlose und vorsorglich eine fristgemäße Kündigung ausgesprochen.

Diese Kündigung hält das LAG Schleswig-Holstein für unwirksam und folgt damit der Ansicht der Vorinstanz. Die Kündigung der sei bereits aus formellen Gründen unwirksam gewesen, weil dem Betriebsrat zu wenig mitgeteilt wurde. Grundsätzlich müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat mehr als nur die konkreten Fakten mitteilen, aus denen sich der Verdacht des Diebstahls ergebe. Er müsse ihn in der Anhörung auch über Abmahnungen und Ermahnungen informieren und schildern, welche Gesichtspunkte er vor seinem Kündigungsentschluss wie gegeneinander abgewogen habe, so die Richter.

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 10.01.2012

Az.: 2 Sa 305/11