Urteil des VG Wiesbaden vom 04.09.2008

VG Wiesbaden: genehmigung, fachhochschule, widerruf, verfügung, verwaltungsakt, grobe fahrlässigkeit, reisekosten, rücknahme, antritt, präsident

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Gericht:
VG Wiesbaden 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 E 889/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 276 Abs 2 BGB, § 3 RKG HE,
§ 48 Abs 2 S 3 Nr 3 VwVfG HE
Widerruf einer Dienstreisegenehmigung nach
Kostenerstattungsbegehren
Leitsatz
Eine genehmigte Dienstreise kann auch nachträglich zurückgenommen werden.
Vertrauensschutz genießt nicht, wer trotz erheblicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
Dienstreisegenehmigung eine geplante Veranstaltung bucht und die Dienstreise antritt,
ohne sich bei der zuständigen Stelle hinsichtlich der Kostenerstattung zu vergewissern.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Professor an der Fachhochschule in XXX. Mit der vorliegenden Klage
wendet er sich gegen den Widerruf einer genehmigten Dienstreise. Mit Antrag vom
04.11.2004 (Bl. 1 VV) beantragte der Kläger die Genehmigung einer Dienstreise zu
einer Tagung in XXX, die am 07. und 08.12.2004 stattfand. Hierbei würden
Fahrtkosten von ca. 100 €, Übernachtungskosten von ca. 80 € und Tagungskosten
von 1.049 € anfallen. Der Dekan leitete diesen Antrag weiter mit der Bemerkung,
Haushaltsmittel seien nicht vorhanden. Der Präsident der Fachhochschule XXX
genehmigte am 15.11.2004 die beantragte Dienstreise mit dem Zusatz "ohne
Kostenerstattung!". Mit Schreiben vom 25.11.2004 (Bl. 3 VV) wandte sich der
Kläger an den Präsidenten der Fachhochschule XXX und bat um Erläuterung der
Genehmigung. Dem Wortlaut entnehme er, dass die Dienstreise genehmigt sei,
was für den Unfallschutz während der Dienstreise wichtig sei. Gleichzeitig sei der
Verfügung zu entnehmen, dass keine Kosten erstattet werden sollten. Nach dem
Hessischen Reisekostengesetz habe jeder Beamte jedoch einen einklagbaren
Anspruch auf Erstattung der Reisekosten. Er bitte um Erläuterung der Diskrepanz
zwischen dem geltenden Recht und dem Wortlaut der Verfügung. Mit Schreiben
vom 03.12.2004 (Bl. 5 VV) erläuterte der Präsident der Fachhochschule XXX dem
Kläger, dass er nach dem Hessischen Reisekostengesetz einen Anspruch auf
Reisekostenvergütung bei einer genehmigten Dienstreise habe. Da aufgrund
fehlender Haushaltsmittel in den letzten Jahren ansonsten keine Dienstreisen
hätten genehmigt werden können, seien die Dienstreisen mit dem Vermerk "ohne
Kostenerstattung" genehmigt worden, wenn entsprechende Haushaltsmittel nicht
zur Verfügung standen. Dies sei ausschließlich im Interesse der Antragsteller
geschehen, da diese hierdurch in den mit der Genehmigung verbundenen
Versicherungsschutz gekommen seien. Das dennoch mögliche Anrecht auf
Abrechnung der Dienstreise habe bislang niemand in Anspruch genommen. Sollte
Abrechnung der Dienstreise habe bislang niemand in Anspruch genommen. Sollte
dies zukünftig der Fall sein, könnten Dienstreisen nicht mehr genehmigt werden.
Der Dekan des Fachbereiches XXX werde um Stellungnahme gebeten, ob die
vorliegende Dienstreisegenehmigung weiterhin aufrechterhalten oder
zurückgenommen werden solle. In einem Vermerk vom 07.12.2004 (Bl. 4 VV)
erklärte der Dekan des Fachbereiches XXX, "da Herr Prof. Dr. XXX auf
Kostenerstattung besteht muss die Genehmigung leider widerrufen werden". Mit
Verfügung vom 08.12.2004 (Bl. 8 VV) widerrief der Präsident der Fachhochschule
XXX die am 15.11.2004 ausgesprochene Dienstreisegenehmigung für die
Dienstreise nach XXX vom 07. bis 08.12.2004. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom
07.12.2005 (Bl. 11 VV) erhob der Kläger per Telefax gegen den Widerruf der
Genehmigung der Dienstreise vom 08.12.2004 Widerspruch. Sowohl das Schreiben
vom 03.12.2004 als auch der Widerruf der Dienstreisegenehmigung vom
08.12.2004 seien dem Kläger erst am 09.12.2004 zugegangen. Damit sei der
Widerruf erst nach Ende der genehmigten Dienstreise erfolgt. Bei einer
genehmigten Dienstreise bestehe nach § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2
Hessisches Reisekostengesetz ein Anspruch auf Reisekostenvergütung, den der
Kläger hiermit geltend mache. Mit Schreiben vom 22.12.2005 (Bl. 16 VV) führte
der Präsident der Fachhochschule XXX aus, dem Kläger sei von Anfang an klar
gewesen, dass die Genehmigung ohne Kostenerstattung erfolge. Ein
Vertrauensschutz auf Kostenerstattung habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Dies ergebe sich aus seinem Schreiben vom 25.11.2004. Das erläuternde
Schreiben vom 03.12.2004 sei am Freitag, den 03.12.2004, mit der Hauspost
versandt worden und habe sich entweder noch am gleichen Tage oder spätestens
am 06.12.2004 im Fachbereichs-Postfach des Klägers befunden. Es sei nicht
nachvollziehbar, warum der Kläger dieses Schreiben erst am 09.12.2005 (wohl:
2004) erhalten habe. Eine verspätete Leerung des Postfachs müsse sich der
Kläger selbst zurechnen lassen. Selbst wenn das nicht der Fall sei, bestehe kein
Vertrauensschutz für den Kläger. Er habe mit dem Schreiben vom 25.11.2004
Fragen aufgeworfen. Er hätte sich daher zumindest telefonisch bei der Verwaltung
erkundigen müssen. Daher habe er die Reise in dem Bewusstsein angetreten,
dass seine Nachfragen noch offen waren und eine Kostenerstattung nicht in
Betracht komme. Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 10.04.2006 (Bl. 22 VV),
Verzögerungen bei der Hauspost der Fachhochschule seien durch die räumliche
Trennung von Präsidialabteilung und Sitz des Fachbereichs nicht unüblich. Mit dem
Schreiben vom 25.11.2004 habe sich der Kläger materiell gegen eine etwaige
Ablehnung von Reisekostenersatz gewandt. Das Schreiben vom 03.12.2004
enthalte im Übrigen die Feststellung, dass der Kläger einen Anspruch auf Ersatz
der Reisekosten habe. Die Dienstreisegenehmigung sei in diesem Schreiben
weiterhin aufrechterhalten geblieben. Es seien auch nur Auswirkungen für die
Zukunft angekündigt worden. Ein nachträglicher Widerruf der Dienstreise nach
Abschluss der Dienstreise sei schlicht rechtswidrig. Im Übrigen lägen die
Voraussetzungen für einen Widerruf auch nicht vor. Mit Widerspruchsbescheid vom
29.05.2006 (Bl. 32 VV) wies der Präsident der Fachhochschule XXX den
Widerspruch des Klägers zurück. Da gemäß der Erklärung des Dekans keine
Haushaltsmittel vorhanden gewesen seien, hätte die Dienstreise des Klägers
eigentlich nicht genehmigt werden dürfen. In solchen Fällen sei üblicherweise
dennoch eine Genehmigung ohne Kostenerstattung erteilt worden, um den
Antragstellern zu ermöglichen, den mit der Genehmigung verbundenen
Versicherungsschutz zu bekommen. Es sei richtig, dass eine Genehmigung ohne
Kostenerstattung rechtlich nicht möglich sei, da der Dienstherr den
Auslagenersatz nicht unter Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel ablehnen könne.
Bei der Genehmigung vom 15.11.2004 habe es sich somit um einen
rechtswidrigen Verwaltungsakt gehandelt. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt könne
gemäß § 48 HVwVfG zurückgenommen werden, was vorliegend mit dem Widerruf
vom 08.12.2004 geschehen sei. Rechtlich gesehen liege zwar eine Rücknahme vor,
in der Sache sei diese begriffliche Unterscheidung ohne Belang. Die Rücknahme
sei rechtmäßig, denn der Kläger habe nicht darauf vertrauen können, dass ihm die
Kosten ersetzt würden. Dies habe sich bereits aus dem Wortlaut der Genehmigung
sowie aus seinem Schreiben vom 25.11.2004 ergeben. Er habe auch gewusst,
dass entsprechende Haushaltsmittel nicht vorhanden seien. § 48 Abs. 2 S. 2
HVwVfG ermögliche es, einen Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit
zurückzunehmen, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des
Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Diese
Voraussetzungen seien hier gegeben und es bestehe kein Vertrauensschutz. Der
Kläger habe erkennen können, dass Haushaltsmittel für die Dienstreise nicht
vorhanden seien. Der Kläger habe in Kenntnis der Situation die Reise ohne jede
weitere Bemühung um Klärung angetreten und habe das Risiko der persönlichen
Kostenübernahme selbst zu vertreten. Der Widerspruchsbescheid wurde dem
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Kostenübernahme selbst zu vertreten. Der Widerspruchsbescheid wurde dem
Kläger zu Händen seines Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am
30.05.2006 zugestellt. Mit anwaltlichem Schriftsatz hat der Kläger am 30.06.2006
Klage vor dem Verwaltungsgericht XXX erhoben. Zur Begründung vertieft der
Kläger das Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor, die
Voraussetzungen der Rücknahme der Genehmigung seien schon deshalb nicht
gegeben, weil es sich bei der streitgegenständlichen Genehmigung der Dienstreise
nicht um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt gehandelt habe. Ein etwaiger
Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften oder den Haushaltsplan führe nicht zur
Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes. Lasse eine Behörde die für sie
geltende Verwaltungsvorschrift außer Acht oder wende sie eine solche falsch an,
so bleibe dies grundsätzlich folgenlos für die Rechtmäßigkeit der Genehmigung.
Hierbei spiele es keine Rolle, dass der Beklagte üblicherweise die Genehmigungen
ohne Kostenerstattung erteilt habe. Der Beklagte habe die Genehmigung der
Dienstreise nicht widerrufen dürfen, erst recht nicht nach Abschluss der Reise
rückwirkend. Bei der Genehmigung der Dienstreise handele es sich um einen
begünstigenden Verwaltungsakt, der nur unter der Voraussetzung des § 49 Abs. 3
HVwVfG widerrufen werden dürfe. Selbst wenn es sich um einen rechtswidrigen
Verwaltungsakt gehandelt habe, hätte der Beklagte diesen nicht zurücknehmen
dürfen, denn der Kläger habe auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut und
dieses Vertrauen sei schutzwürdig gewesen, § 48 Abs. 2 Nr. 3 HVwVfG. Durch den
Antritt der Reise habe der Kläger sein Vertrauen betätigt und Dispositionen
getroffen, die eine wirtschaftliche Verkürzung seines Vermögens zur Folge hatten.
Für die Dienstreise habe der Kläger insgesamt 1057,60 € ausgegeben. Diese
Disposition sei nicht Folge der unterlassenen Mitwirkungspflicht des Klägers. Nach
der Genehmigung habe es nicht dem Kläger oblegen, Nachforschungen
hinsichtlich der Rechtswirksamkeit der Verfügung anzustellen. Auch unabhängig
davon hätte eine Nachforschung des Klägers nicht zu einem anderen Ergebnis
geführt, denn die Teilnahme an dem Forschungsseminar sei bereits gebucht
gewesen. Die Kosten wären weit überwiegend auch unabhängig davon entstanden,
ob der Kläger daran teilgenommen hätte oder nicht. Der Kläger habe keine
Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Rechtswidrigkeit der
Genehmigung besessen. Er habe keinen Anlass gehabt, eine Abweichung vom
Normalfall anzunehmen. Falls der Kläger nicht auf den Bestand der
Dienstreisegenehmigung vertraut hätte, hätte er dieser Dienstreise nicht
angetreten, da er um mögliche negative Konsequenzen gewusst habe. Ihm sei
auch nicht geläufig gewesen, dass der Beklagte bewusst gegen bestehende
Voraussetzungen der Dienstreisegenehmigung verstoße. Er habe keinen Anlass
gehabt davon auszugehen, dass die Praxis des Beklagten vom Normalfall
abweiche. Er sei auch nicht gewillt gewesen, an dieser Regelung teilzunehmen oder
sich dieser Praxis gar zu unterwerfen. Ergänzend trägt der Kläger vor, er sei der
Auffassung, die Dienstreise sei ihm genehmigt worden. Werde eine Dienstreise
genehmigt, dann bestehe ein Anspruch auf Reisekostenerstattung. Im Übrigen
werde ein Anspruch unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes geltend gemacht.
Dass der Kläger habe erkennen können, dass der Beklagte keine Kosten erstatten
wolle, könne nicht dazu führen, dass die Dienstreisegenehmigung entfallen sei
oder als nicht existent gelte. Wegen des weiteren Vortrags wird auf den Inhalt der
Schriftsätze vom 30.06.2006, 06.07.2006, 12.07.2006, 07.09.2007, 20.06.2008
und 19.08.2008 sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Widerruf der Dienstreisegenehmigung vom 08.12.2004 durch den
Präsidenten der Fachhochschule XXX in der Gestalt dessen
Widerspruchsbescheides vom 29.05.2006 aufzuheben und den Beklagten zu
verpflichten, dem Kläger die Kosten für die Dienstreise vom 07. bis 08.12.2004
nach XXX zu erstatten. Ferner beantragt er, die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bei der Genehmigung der Dienstreise vom 15.11.2004 habe es sich um einen
rechtswidrigen Verwaltungsakt gehandelt. Indem die Dienstreise "ohne
Kostenerstattung" genehmigt worden sei, habe die Beklagte das geltende Recht
falsch angewandt, da eine Genehmigung ohne Kostenerstattung rechtlich nicht
möglich sei. Eine Rücknahme der Genehmigung nach § 48 HVwVfG sei auch
rückwirkend möglich und vorliegend auch richtig, da sich der Kläger auf
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rückwirkend möglich und vorliegend auch richtig, da sich der Kläger auf
Vertrauensschutz nicht berufen könne. Der Kläger habe die Rechtswidrigkeit des
Verwaltungsaktes offenkundig gekannt, was sich aus seinem Schreiben vom
25.11.2004 ergebe. Ihm seien auch die fehlenden Haushaltsmittel bekannt
gewesen. Er habe nicht darauf vertrauen können, dass die Genehmigung ohne
Kostenerstattung in eine solche mit Kostenerstattung umgewandelt werden würde.
Vor Antritt der Reise hätte er sich daher bei der Personalabteilung informieren
müssen. Er sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe die Reise
auf eigenes Kostenrisiko angetreten. Dies werde dadurch bestätigt, dass er schon
vor der Genehmigung ohne Kostenerstattung die Buchungen für die Tagung
vorgenommen habe. Die behauptete Vermögensdisposition des Klägers werde
bestritten. Im Übrigen könne angenommen werden, dass der Kläger sowieso zu
dieser Tagung gefahren wäre, weil er sich da von Kontakte mit Experten und
Anregungen erhofft habe. Auch nach § 49 HVwVfG sei ein Widerruf für die
Vergangenheit möglich. Der Zusatz "Kostenerstattung" sei dann als Auflage nach
§ 49 Abs. 3 Nr. 2 HVwVfG anzusehen. Da er mit seinem Schreiben vom
25.11.2004 deutlich gemacht habe, dass er nicht gedenke, diese Auflage zu
akzeptieren, habe der Verwaltungsakt widerrufen werden müssen, auch mit
Wirkung für die Vergangenheit. Ergänzend trägt der Beklagte vor, der
Hochschullehrer bedürfe grundsätzlich wegen der Freiheit der Lehre keiner
Dienstreisegenehmigung. Dabei sei er auch grundsätzlich dienstunfallgeschützt.
Zur Erstattung von Reisekosten bedürfe es einer reisekostenrechtlichen Erlaubnis;
diese habe von Anfang an nicht vorgelegen. Wegen des weiteren Vortrags wird auf
den Inhalt der Schriftsätze vom 08.09.2006, 08.04.2008, 12.08.2008, 20.08.2008
und 26.08.2008 sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Das Verwaltungsgericht XXX hat mit Beschluss vom 14.02.2007 den Rechtsstreit
nach § 6 Abs. 1 VwGO der Einzelrichterin übertragen. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
sowie des vorgelegten Behördenvorganges (1 Heftstreifen) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Widerruf der Dienstreisegenehmigung vom 08.12.2004 durch den Präsidenten
der Fachhochschule XXX in der Gestalt dessen Widerspruchsbescheids vom
29.05.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der
Kläger hat keinen Anspruch auf Genehmigung der Dienstreise mit der Folge der
Erstattung seiner anlässlich der Dienstreise entstandenen Kosten nach dem
Hessischen Reisekostengesetz. Der Beklagte hat zu Recht den Bescheid über die
Genehmigung der Dienstreise vom 15.11.2004 gemäß § 48 Abs. 2 HVwVfG
zurückgenommen. Auf seinen Antrag hin wurde dem Kläger durch Bescheid vom
15.11.2004 die umstrittene Dienstreise mit dem Zusatz "ohne Kostenerstattung!"
genehmigt. Dieser Bescheid war objektiv dahingehend zu verstehen, dass zwar die
Dienstreise genehmigt werden sollte, aber keine Reisekosten erstattet werden
sollten. Dies hat auch der Kläger so verstanden, als er mit Schreiben vom
25.11.2004 um Klarstellung und Erläuterung der Genehmigung bat. So entnahm er
dem Wortlaut, dass die Dienstreise genehmigt sei. Gleichzeitig sei der Verfügung
jedoch zu entnehmen, dass keine Kosten erstattet würden. Der Kläger fasste den
Zusatz "ohne Kostenerstattung" also keineswegs - wie in der mündlichen
Verhandlung vorgetragen - so auf, dass sich der Zusatz nur auf die Fahrtkosten
beziehen sollte. Dieser Bescheid war von Anfang an rechtswidrig, da eine
Genehmigung der Dienstreise einen Anspruch auf Reisekostenvergütung auslöst
(vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.12.2002 - 10 A 11373/02 -, zitiert nach
Juris); der Dienstherr kann den Auslagenersatz nicht unter Hinweis auf fehlende
Haushaltsmittel ablehnen (Nitze, Hessisches Reise- und Umzugskostenrecht, 4.
Aufl., Rdnr. 2 zu § 3 HRKG). Diesen rechtswidrigen Bescheid "widerrief" der
Präsident der Fachhochschule rückwirkend mit Verfügung vom 08.12.2004. Hierbei
ist die fälschliche Bezeichnung der allein in Betracht kommenden Rücknahme der
Genehmigung als Widerruf unschädlich (Kopp / Ramsauer, VwVfG, Rdnr. 34 zu § 48
VwVfG). Es kann dahinstehen, ob der Kläger wegen der Freiheit der Lehre
überhaupt einer Dienstreisegenehmigung bedurfte (Nitze, Hessisches Reise- und
Umzugskostenrecht, 4. Aufl., Rdnr. 22 zu § 2 HRKG; a.A: Hartmer in: HSchR-
Praxishandbuch, Heidelberg 2004, S. 188, Rdnr. 97). Tatsache ist jedoch, dass ihm
auf seinen Antrag hin eine Dienstreisegenehmigung erteilt wurde. Hierbei handelte
es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt war, weil er Voraussetzung für
eine Erstattung der Reisekosten war. Folgt man dem Vortrag des
Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, so vertraute der Kläger
auch insoweit auf den Bestand dieser Genehmigung, als er erst nach Erhalt der
auch insoweit auf den Bestand dieser Genehmigung, als er erst nach Erhalt der
Genehmigung das Seminar buchte. Hierfür könnte die Rechnung vom 02.12.2004
sprechen. Das Vertrauen ist in der Regel auch schützwürdig, wenn der Begünstigte
- wie hier der Kläger durch die Buchung des Seminars - Vermögensdispositionen
getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen
rückgängig machen kann. Allerdings kann sich der Kläger nach Auffassung des
Gerichts vorliegend nicht auf Vertrauen berufen, da er die Rechtswidrigkeit der
Dienstreisegenehmigung zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, §
48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 HVwVfG. Auch im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3
HVwVfG gilt der Fahrlässigkeitsbegriff des § 276 Abs. 2 BGB. Danach handelt
fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Der
Fahrlässigkeitsbegriff bezieht sich auf ein individuelles Verhalten; er enthält einen
subjektiven Vorwurf. Daher muss stets unter Berücksichtigung der persönlichen
Umstände, der individuellen Kenntnisse und Erfahrungen des Handelnden beurteilt
werden, ob und in welchem Maß sein Verhalten fahrlässig war. Grobe Fahrlässigkeit
erfordert ein besonders schwerwiegendes und auch subjektiv schlechthin
unentschuldbares Fehlverhalten, das über das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit
erheblich hinausgeht (BVerwG, Beschluss vom 12.12.2007 - 2 B 93/07 -, m.w.N.,
zitiert nach Juris). Ob Fahrlässigkeit als einfach oder grob zu bewerten ist, hängt
vom Ergebnis der Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände im
Einzelfall ab. Es kann dahinstehen, ob der Kläger das Schreiben des Präsidenten
der Fachhochschule vom 03.11.2004 vor Antritt der Dienstreise erhielt oder nicht.
Denn der Kläger hatte in seinem eigenen Schreiben vom 25.11.2004 dargetan,
dass er die Verfügung vom 15.11.2004 so auffasse, dass ihm die Dienstreise
genehmigt werde, ihm zugleich aber keine Kosten erstattet werden sollten. Diese
Vermutung dränge sich ihm zumindest auf und werde aufgrund der Anmerkung
auf dem Genehmigungsvordruck durch den Dekan und des handschriftlichen
Zusatzes "ohne Kostenerstattung!" genährt. Zugleich hatte er, obwohl er kein
Volljurist, sondern Betriebswirtschaftler ist, auf § 3 des Hessischen
Reisekostengesetzes verwiesen und auf einen einklagbaren Anspruch auf
Reisekostenerstattung für den Fall der Dienstreisegenehmigung abgestellt.
Hieraus schloss er, dass eine Diskrepanz zwischen geltendem Recht und dem
Eindruck / der Vermutung aus dem Wortlaut der Verfügung vom 15.11.2004
vorlag. Er hat damit die völlig naheliegenden Überlegungen angestellt, die sich aus
dem Wortlaut der Genehmigung ergaben. Ihm mussten sich daher erhebliche
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 15.11.2004 aufdrängen (vgl.
BayVGH, Beschluss vom 18.04.2006 - 15 ZB 05.2562 -, zitiert nach Juris). Sodann
allerdings buchte der Kläger das Seminar und trat die Dienstreise an, ohne sich
um eine Antwort auf sein Schreiben vom 25.11.2004 zu kümmern, in dem er die
Diskrepanz zwischen Verfügung und Gesetzeslage aufgezeigt hatte. Aus dem
beamtenrechtlichen Treuegrundsatz, der auch auf einen beamteten
Hochschullehrer Anwendung findet (§ 198 HBG) folgt, dass der Beamte gehalten
ist, sich bei Unklarheiten und Zweifeln durch Rückfrage bei der zuständigen Stelle
über die Rechtslage Gewissheit zu verschaffen. Er durfte - nach seiner völlig
zutreffenden Einschätzung der Sach- und Rechtslage - zum Zeitpunkt des Antritts
der Dienstreise nicht davon ausgehen, dass er die Reisekosten erstattet
bekommen würde. Denn er hatte der Verfügung vom 15.11.2004 hinreichend
deutlich entnommen, dass dies nicht so sein sollte. Da der Kläger das
Antwortschreiben des Präsidenten der Fachhochschule vom 03.12.2004 auf sein
Schreiben vom 25.11.2004 seinen Angaben zufolge nicht vor Antritt der
Dienstreise erhalten hatte, hätte er sich - auch telefonisch - vor Buchung und vor
Antritt der Reise bei der zuständigen Stelle, hier dem Personalleiter, erkundigen
müssen, ob er seine Kosten erstattet bekommen würde oder nicht. Dadurch, dass
er dies nicht getan hat, hat er die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem
Maße außer Acht gelassen. Somit erfolgte die Rücknahme der Genehmigung der
Dienstreise vom 15.11.2004 mit Wirkung für die Vergangenheit mangels
schutzwürdigen Vertrauens zu Recht. Der Kläger hätte auch keinen Anspruch auf
Genehmigung der Dienstreise gehabt, weil es an den erforderlichen
Haushaltsmitteln hierfür eindeutig fehlte. Zwar kann der Dienstherr den
Auslagenersatz nicht unter Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel ablehnen. Das
Verbot der Berücksichtigung finanzieller Belange bei der Rechtsanwendung
schließt es jedoch nicht aus, dass der Dienstherr bei der Anordnung der
Dienstreise auf seine finanziellen Belange, z.B. auf bereitstehende
Haushaltsmittel, Rücksicht nimmt (Nitze, Hessisches Reise- und
Umzugskostenrecht, 4. Aufl., Rdnr. 2 zu § HRKG). Soweit der Bevollmächtigte des
Klägers in der mündlichen Verhandlung darauf abstellte, dass es über die
Dekanatsmittel hinaus weitere "Töpfe" der Fachhochschule gebe, die eine
Erstattung der Reisekosten ermöglichen würden, so kann dem nicht gefolgt
werden. Der Dekan des Fachbereichs, der der Kläger angehört, hat auf dem
werden. Der Dekan des Fachbereichs, der der Kläger angehört, hat auf dem
Formular zur Genehmigung der Dienstreise unter dem Punkt "Haushaltsmittel
vorhanden:" das dort befindliche Kästchen "nein" angekreuzt. Woraus sich die
Befugnis der Inanspruchnahme anderer Haushaltsmittel als der des Fachbereichs
ergeben sollte, hat der Kläger nicht dargetan. Der Beklagte wäre daher berechtigt
gewesen, die Genehmigung der Dienstreise unter Hinweise auf fehlende
Haushaltsmittel abzulehnen. Als unterliegender Teil hat der Kläger die Kosten des
Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1
VwGO liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.