Urteil des VG Wiesbaden vom 19.11.2008

VG Wiesbaden: internet, rundfunk, computer, öffentlich, radio, zugang, gewerbe, hörfunk, ausstellung, gebühr

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Gericht:
VG Wiesbaden 5.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 K 243/08.WI(V)
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 11 Abs 2 RdFunkGebVtr, § 7
Abs 4 RdFunkGebVtr, § 1 Abs
1 RdFunkGebVtr, § 1 Abs 2
RdFunkGebVtr, § 5 Abs 3
RdFunkGebVtr
Rundfunkgebührenpflicht für Internet-PC
Tenor
Der Bescheid vom 03.08.2007 und der Widerspruchsbescheid vom
06.03.2008 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung
Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Rundfunkgebühren für einen
gewerblich genutzten Internet-PC. Der Kläger hat im selben Haus, in dem sich
auch seine Privatwohnung befindet, ein Büro mit einem PC, von dem aus er
seinem Nebenerwerb (EDV-Betreuung und Programmentwicklung) nachgeht. Für
den Privathaushalt bezahlt der Kläger Rundfunk-und Fernsehgebühren. Unter dem
05.01.2007 teilte er dem Beklagten bzw. der GEZ mit, dass er in seinem
Gewerbebetrieb Geräte bereithalte, die unter die Definition "neuartige
Rundfunkempfangsgeräte" im Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) fallen.
Er benötige diese für seine Arbeit, empfange aber keine Rundfunksendungen und
halte deshalb die Gebührenpflicht für willkürlich. Die Zahlungen insoweit erfolgten
unter Vorbehalt. Er bitte um einen Gebührenbescheid, um den Rechtsweg
beschreiten zu können.
Mit Schreiben vom 08.02.2007 teilte die GEZ dem Kläger die Daten des
Teilnehmerkontos betreffend die nicht private Nutzung mit und wies darauf hin,
dass die Gebührenpflicht für Rechner mit Internetzugang verfassungsgemäß sei.
Der Zahlungsvorbehalt werde nicht anerkannt. Unter dem 13.02.2007 bat der
Kläger erneut um Ausstellung eines rechtsmittelfähigen Bescheides und
wiederholte die Bitte unter dem 13.03.2007, nachdem die GEZ mitgeteilt hatte,
ein Gebührenbescheid werde erst erstellt, wenn die Rundfunkgebühr nicht
innerhalb von vier Wochen ab Fälligkeit entrichtet worden sei. Zum 05.04., 01.06.
und 01.07.2007 übersandte die GEZ jeweils Kontoauszüge, die
Zahlungsrückstände von 16,56 Euro pro Quartal auswiesen. Künftig würden die
rückständigen Gebühren mit Gebührenbescheid festgesetzt und
Säumniszuschläge erhoben. Nachdem der Kläger erneut die Ausstellung eines
Gebührenbescheides angemahnt hatte, wurde ihm unter dem 19.07.2007
mitgeteilt, der Sachverhalt zur Erstellung eines Gebührenbescheides sei ihm
bisher nicht korrekt dargelegt worden. Es verhalte sich so, dass zu den
Fälligkeitsterminen Zahlungsaufforderungen erstellt würden, nach sechs Wochen
erfolge Zahlungserinnerung. Beides seien keine rechtsmittelfähigen Bescheide.
Erst danach würden die rückständigen Rundfunkgebühren mit Bescheid
festgesetzt, mit dem auch Säumniszuschläge erhoben würden. Dagegen seien
dann Widerspruch und Klage zulässig.
Am 03.08.2007 erging ein Gebührenbescheid mit Rechtsmittelbelehrung für den
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Am 03.08.2007 erging ein Gebührenbescheid mit Rechtsmittelbelehrung für den
Zeitraum Januar bis März 2007 über 21,67 Euro und unter Hinweis darauf, dass
das Gebührenkonto bis Juni 2007 eine Gebührenschuld von insgesamt 38,23 Euro
ausweise. Am 20.08.2007 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein. Ein Computer
mit Internet-Zugang sei für das von ihm betriebene Gewerbe unverzichtbar. Eine
Nutzung des PC als Radio oder Fernseher finde nicht statt und sei darüber hinaus
unerwünschte Ablenkung während der Arbeit. Aus diesem Grund befinde sich auch
in seinem Kfz kein Radio. Seine bewusst getroffene Entscheidung werde mit der
Regelung in § 5 Abs. 3 RGebStV in Abrede gestellt. Im Übrigen unterscheide sich
der Vertriebsweg Internet mit dem Livestreaming vom klassischen Rundfunk schon
durch Zeitverzögerung, begrenzte Verfügbarkeit und geminderte Qualität.
Außerdem sei der klassische Rundfunk ein Liefer-Medium, während das Internet
ein Abhol-Medium sei, weil der Nutzer gezielt nach Informationen suche und sie
aktiv aufrufe. Die Rundfunkgebühr für PCs sei verfassungsrechtlich nicht legitimiert,
für die Ausweitung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Informationen auch
im Internet bestehe keine Notwendigkeit. Außerdem würden ungleiche
Sachverhalte gleich behandelt, weil der Primärzweck eines PC ein anderer sei als
der eines Radios. Wenn er -der Kläger Radio empfangen wolle, tue er dies mit
einem speziell dafür entwickelten Gerät, nun werde für ihn der Zugang zum
Internet an ein unerwünschtes und gegen den Willen aufgezwungenes "öffentlich-
rechtliches Abonnement" gekoppelt. Er könne aber in seinem Gewerbe nicht auf
einen PC mit Internetzugang verzichten, schon alleine deshalb, weil das Finanzamt
eine elektronische Übertragung der Umsatzsteuermeldung fordere. Selbst wenn
der PC nur dazu genutzt werde, erfolge eine Zwangsanmeldung zur Teilnahme am
Rundfunk. Dies stelle einen Eingriff in die Handlungs-und Informationsfreiheit dar.
Außerdem werde die Berufsfreiheit eingeschränkt, denn im Zentrum seiner Arbeit
stehe der Computer mit Internetzugang. Er werde mit zusätzlichen Kosten für ein
unerwünschtes, seine Berufstätigkeit sogar störendes Angebot belastet. Die
Gebührenpflicht sei weder geeignet noch erforderlich und verhältnismäßig.
Mit Bescheid vom 06.03.2008 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dessen
Widerspruch werde nicht stattgegeben. Neuartige Rundfunkempfangsgeräte wie
PCs mit Internetzugang, die im nicht ausschließlich privaten Bereich genutzt
würden, seien seit dem 01.01.2007 gesondert anmelde-und gebührenpflichtig.
Eine Verfassungswidrigkeit der Regelung sei nicht erkennbar.
Am 10.03.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er bezieht sich auf seine bisherigen
Ausführungen und betont nochmals, dass der Computer weder als Radio noch als
Fernsehgerät genutzt werde, der Besitz eines PCs aber für sein Gewerbe
unverzichtbar sei. Der Gesetzgeber habe -verfassungswidrig -bei der Einbeziehung
der PCs in die Rundfunkgebührenpflicht keine Wahlmöglichkeit für Menschen
vorgesehen, die einen Computer mit Internetzugang besitzen, aber auf die
Rundfunkteilnahme über Internet bewusst verzichten wollen. Anders als
herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte werde ein PC typischerweise gerade nicht
zum Empfang von Rundfunksendungen vorgesehen, sondern zur anderweitigen
Nutzung bereitgehalten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 03.08.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 06.03.2008 aufzuheben und den Beklagten zu
verurteilen, bereits geleistete Zahlungen für das gewerbliche Teilnehmerkonto des
Klägers zurückzuzahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Gebührenerhebung. Bei den neuartigen
Rundfunkempfangsgeräten handele es sich um eine Untergruppe der
Rundfunkempfangsgeräte i.S.v. § 1 Abs. 1 RGebStV. Ein neuartiges
Rundfunkempfangsgerät, das für den gewerblich genutzten Bereich zum Empfang
bereitgehalten werde, sei nach § 5 Abs. 3 RGebStV gebührenpflichtig. Der Kläger
falle nicht unter die Befreiungsvorschrift, weil die herkömmlichen
Rundfunkempfangsgeräte im privaten Bereich nicht auf den nicht privaten Bereich
anzurechnen seien. Die Zweitgerätefreiheit gelte immer nur innerhalb einer
Nutzungsart. Die Gebührenerhebung sei auch verhältnismäßig und unter
Gleichbehandlungsgesichtspunkten geboten. Fast alle Hörfunk-Wellen der
Landesrundfunkanstalten würden über das Internet verbreitet. Immer mehr
Menschen nutzten den PC für Audio-und Videoangebote im Internet. Durch die
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Menschen nutzten den PC für Audio-und Videoangebote im Internet. Durch die
Digitalisierung bestehe kein Unterschied mehr zwischen Rundfunkempfang über
herkömmliche Empfangsgeräte oder über das Internet. Der Auftrag des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks, die Bürger mit Informationen, Bildung, Kultur und
Unterhaltung zu versorgen, bestehe unabhängig vom technischen Empfangsgerät.
Aufgrund des Privilegs der Zweitgerätefreiheit sei die faktische Relevanz der PC-
Rege-lung relativ gering. In Ermangelung einer berufsregelnden Tendenz der PC-
Gebühr liege kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG vor. Auch die
Handlungsfreiheit und der Gleichbehandlungsgrundsatz seien nicht verletzt. Das
Medium Internet könne den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht
vorenthalten werden, vielmehr sei auch dort deren Präsenz unter Berücksichtigung
der technischen Fortentwicklung zu gewährleisten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts-und der
Behördenakte verwiesen.
Beide Beteiligte haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin
einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und
daher aufzuheben. Zwar entsteht die Rundfunkgebührenpflicht kraft Gesetzes; der
von der Gebühr Belastete hat aber die Möglichkeit, einen Gebührenbescheid zu
erwirken und dessen Überprüfung durch Widerspruch und Anfechtungsklage
herbeizuführen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.01.2008, Az.: 1 BvR 829/06).
Diesen Weg hat der Kläger gewählt.
Eines besonderen Ausspruchs über die Rückzahlungsverpflichtung bedurfte es
nicht, weil mit Aufhebung des Gebührenbescheides die Grundlage für die
Gebührenerhebung entfallen ist und von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt ohne
weiteres entsprechende Rückabwicklung mit Rückgewähr auf Antrag des
Betroffenen nach § 7 Abs. 4 RGebStV erwartet werden kann.
Für die angefochtene Gebührenerhebung gibt es keine tragfähige
Rechtsgrundlage. Beitrags-und Gebührentatbestände müssen wegen ihres
belastenden Charakters im Gesetz klar definiert und von ihrem Ausmaß her
begrenzt sein. Der Pflichtige muss aus dem Wortlaut erkennen, für was und in
welcher Höhe er mit Abgaben belastet wird. An diesen Voraussetzungen mangelt
es im vorliegenden Fall.
Die Rundfunkgebührenpflicht wird durch das Bereithalten eines
Rundfunkempfanggerätes begründet (§ 13 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag – RStV –)
und knüpft an die Möglichkeit, Rundfunksendungen (ohne besonderen zusätzlichen
technischen Aufwand) empfangen zu können, an (§ 1 Abs. 2 RGebStV). Als
Rundfunkempfangsgerät definiert § 1 Abs. 1 RGebStV eine technische Einrichtung,
die zur Hör-und Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen
geeignet ist, wobei es dabei auf die Zeitgleichheit ("nicht zeitversetzt") von
Sendung und Empfang ankommt. Maßgeblich für die Gebührenpflicht ist die
Begründung eines Benutzungsverhältnisses zwischen Rundfunkanstalt und
Rundfunkteilnehmer, in dem die Nutzungsmöglichkeit an der Gesamtveranstaltung
Rundfunk eingeräumt wird, ohne dass es auf die tatsächliche Inanspruchnahme
und die Nutzungsgewohnheiten im Einzelfall ankommt.
"Neuartige Rundfunkempfangsgeräte" werden in den die Gebührenpflicht
begründenden Normen nicht erwähnt, sondern in § 5 Abs. 3 RGebStV unter der
Überschrift "Zweitgeräte, gebührenbefreite Geräte" und in den
Übergangsbestimmungen zur Dauer der Befreiung. Dort findet sich dann die
Definition "Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus
dem Internet wiedergeben können". Nur im Umkehrschluss kann aus dem
Nichtvorliegen eines Befreiungstatbestandes und dem Ablauf des Moratoriums
das Entstehen einer Gebührenpflicht entnommen werden. Das reicht nach Ansicht
des Gerichts nicht aus; der Gebührentatbestand ist nur unzureichend konkretisiert.
Ein vernünftiger Durchschnittsbürger wird unter einem Rundfunkempfangsgerät
i.S.v. § 1 Abs. 1 RGebStV ein Radiogerät/Empfangsteil verstehen, das (auch) zu
Zwecken des Rundfunkempfangs angeschafft wurde. Auf weitere Besonderheiten
hinsichtlich der zum Rundfunkempfang bestimmten Geräte weisen § 1 Abs. 1 Satz
2 und Abs. 2 Satz 2 RGebStV hin. In dieser Vorschrift hätte der Gesetzgeber auch
die "neuartigen Rundfunkempfangsgeräte" verankern müssen, wenn er zweifelsfrei
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die "neuartigen Rundfunkempfangsgeräte" verankern müssen, wenn er zweifelsfrei
die Gebührenpflicht hätte begründen wollen.
Verfolgt man die von den Ländern beabsichtigte Einbeziehung der "neuartigen
Rundfunkempfangsgeräte" in die Gebührenpflicht, so fällt auf, dass diese erstmals
im Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag (GVBl. I. 2000, S. 75) erwähnt werden
(und zwar im Rahmen der Gebührenbefreiung und ausgestaltet als Moratorium in §
5 a RGebStV). Damals hat ausweislich der Protokollerklärungen u. a. das Land
Hessen Bedenken angemeldet gegen die Einbeziehung der Internet-Rechner in
den Begriff der Rundfunkempfangsgeräte. Dies hatte allerdings keinerlei
Auswirkungen, vielmehr wurden die Moratorien mehrfach verlängert, bis dann mit
dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag (GVBl. I. 2005, S. 119) § 5 a
RGebStV gestrichen und stattdessen § 5 neu gefasst und das Moratorium in § 11
Abs. 2 RGebStV bis 31.12.2006 verlängert wurde. § 1 Abs. 1 RGebStV blieb
demgegenüber stets unverändert. Eine Ausweitung des Anwendungsbereichs
dieser letztgenannten Norm über ihren Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung
und unter Einbeziehung eines – versteckten – Befreiungstatbestandes verbietet
sich nach Auffassung des Gerichts (vgl. dazu auch Ernst: "Erst anmelden, dann
surfen – Rundfunkgebühren für Internet-Anschlüsse?", NJW 1997, S. 3306). Dass
der Gebührentatbestand nicht hinreichend konkretisiert ist, ergibt sich auch
daraus, dass keine Klarheit besteht, ob Gebührenpflicht für PCs mit tatsächlich
vorhandenem Internet-Zugang oder schon für (nur) grundsätzlich internetfähige
Rechner begründet werden soll. So wird im Internetauftritt der GEZ die Auffassung
vertreten, die Internetfähigkeit reiche aus (vgl. www.GEZ.de unter "Internet PCs", S.
3), im Bescheid ist von Rechnern mit Internetzugang die Rede, in der
Klageerwiderung von "technisch zur Nutzung des Internetangebots ausgestatteten
PCs".
Weiterhin fehlt es bei einem PC an dem Merkmal "zum Empfang bereit halten".
Denn der Gebührentatbestand erfordert eine entsprechende Zweckbestimmung
des Gerätes, das zum Empfang von Rundfunkdarbietungen genutzt werden kann.
Bei Geräten, die speziell auf einen Hörfunk-und Fernsehempfang ausgerichtet
sind, entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass der Besitzer sie gerade
dafür angeschafft hat. Anders verhält es sich jedoch mit einem Internet-PC. Dieser
wird – jedenfalls außerhalb des privaten Bereichs – nicht typischerweise zum
Empfang von Sendungen des Hörfunks bereit gehalten, sondern in vielfacher
Weise anderweitig genutzt. In der Regel steht die Nutzung zu telekommunikativen
Anwendungen im Vordergrund, ein Rundfunkempfang über den PC zu beruflichen
Zwecken ist eher fernliegend (so VG Koblenz, Urteil vom 15.07.2008, Az.: 1 K
496/08.KO; vgl. auch VG Münster, Urteil vom 26.09.2008, Az.: 7 K 1473/07; a.A.:
VG Ansbach, Urteil vom 10.07.2008, Az.: 5 K 08.00348; VG Hamburg, Urteil vom
24.07.2008, Az.: 10 K 1261/08). Eine Sonderverbindung zu der
Landesrundfunkanstalt, die den Benutzer zum Rundfunkteilnehmer macht,
existiert in diesem Bereich nicht; der bloßen abstrakten technischen Möglichkeit
des Rundfunkempfangs über Internet fehlt das finale Element (vgl. dazu Ernst,
a.a.O.: "Internet ist kein Rundfunk"; vgl. auch Ricker: "Rundfunkgebühren für
Computer mit Internet-Zugang?", NJW 1997, S. 3199).
Im Übrigen müsste – selbst wenn man die vorgenannten Fragen in dem von dem
Beklagten gewünschten Sinne und damit anders entscheiden würde – zu Gunsten
des Klägers die Zweitgerätefreiheit des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV eingreifen.
Denn der Kläger hat auf ein und demselben Grundstück andere Geräte
angemeldet, die er zum Empfang bereit hält (nämlich die in seiner Privatwohnung,
die sich im selben Haus wie das Büro befindet). Nach der genannten Vorschrift gilt
die Gebührenfreiheit für "im nicht ausschließlich privaten Bereich" genutzte
Internet-PCs, wobei die Grundstückszuordnung zu anderen – angemeldeten –
Rundfunkempfangsgeräten des jeweiligen Teilnehmers entscheidend ist ("dort" in
Zff. 2 bezieht sich auf Ziff. 1, nicht auf den "nicht ausschließlich privaten Bereich"),
nicht aber die Nutzung dieser letztgenannten Geräte im gewerblichen oder
privaten Bereich. Eine Einschränkung der Norm auf andere, nur gewerblich
genutzte, Rundfunkempfangsgeräte, verbietet sich angesichts des klaren
Wortlauts (so auch VG Braunschweig, Urteil vom 30.05.2008, Az.: 4 A 149/07).
Außerdem würde der Kläger – wollte man der Interpretation des Beklagten folgen –
als Kleingewerbetreibender mit Büro in räumlichem Zusammenhang mit der
Privatwohnung unverhältnismäßig stärker belastet als eine Firma, die auf dem
Firmengelände eine Vielzahl von PCs (und gegebenenfalls herkömmliche
Rundfunkempfangsgeräte) bereit hält; denn diese müsste für die Gesamtheit der
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Rundfunkempfangsgeräte) bereit hält; denn diese müsste für die Gesamtheit der
Geräte nur eine Rundfunkgebühr entrichten.
Der Gebührenbescheid ist daher als rechtswidrig aufzuheben, ohne dass es auf die
weiteren – von den Beteiligten aufgeworfenen – Fragen und die geltend gemachten
zusätzlichen Verfassungsverstöße noch entscheidend ankäme.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.