Urteil des VG Wiesbaden vom 17.12.2008

VG Wiesbaden: befristung, abschiebung, ausnahmefall, öffentliche sicherheit, ausweisung, verfügung, klinik, vaterschaft, gefahr, behandlung

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Gericht:
VG Wiesbaden 4.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 K 1128/08.WI
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 11 Abs 1 S 3 AufenthG, Art 6
GG
Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung;
schützenswerte Interessen des in Deutschland lebenden
Kindes; Begleichung der Abschiebekosten
Leitsatz
Ein Ausnahmefall i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG kann nicht bereits dann
angenommen werden, wenn ein ausgewiesener oder abgeschobener Ausländer die im
Zusammenhang mit der Abschiebung entstandenen Abschiebekosten noch nicht
beglichen hat, wenn dieser in Deutschland lebende Familienangehörige hat. Bei der
Auslegung des Begriffs "Regelfall" ist nämlich insoweit der von Art. 6 GG gebotene
Schutz von Ehe und Familie zu berücksichtigen. Danach kann im Falle einer tatsächlich
nachgewiesenen Vaterschaft eines Ausländers hinsichtlich eines in Deutschland
lebenden Kindes diesem allein der Umstand nicht entgegengehalten werden, dass er
die Pflicht zur Erstattung der Abschiebekosten noch nicht erfüllt hat. Solche fiskalischen
Aspekte sind nach Ansicht der Kammer gegenüber den schützenswerten Interessen
des hier in Deutschland lebenden Kindes an einem unmittelbaren Kontakt zu dem
leiblichen Vater bzw. der leiblichen Mutter nachrangig.
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2008
verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung
und Abschiebung vom 19. Dezember 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, falls der Kläger nicht zuvor
Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand
Der kroatische Kläger begehrt die Neubescheidung seines abgelehnten Antrags
auf Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG.
Der 0000 in Deutschland geborene Kläger erhielt 1991 eine unbefristete
Aufenthaltserlaubnis. Bis dahin hatte er einen Hauptschulabschluss erlangt; eine
Lehre als Kfz-Mechaniker konnte er vermutlich wegen des damals bereits erfolgten
Konsums von Rauschgift nicht weiterführen. In der Folgezeit kam es zu einer Reihe
von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und auch zu Verurteilungen wegen
Betruges und Diebstahls. Zuletzt wurde er durch das Landgericht F wegen eines
im September 2000 verübten schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier
Jahren sowie dem Verlust der Amtsfähigkeit und Wählbarkeit verurteilt und ihm die
Beschäftigung, Beaufsichtigung und Anweisung sowie Ausbildung von Jugendlichen
untersagt. Außerdem wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie
eine Führungsaufsicht bis zum 08.10.2010 angeordnet und ein Bewährungshelfer
bestellt. Während seines Aufenthalts in der Klinik für forensische Psychiatrie in C
kam es zu mehreren Vorfällen, aufgrund derer die Klinik den Abbruch der
Behandlung aufgrund des ungünstigen Therapieverlaufs und damit mangelnder
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Behandlung aufgrund des ungünstigen Therapieverlaufs und damit mangelnder
Erfolgsaussicht beantragt hatte. Nachdem die Klinik in Anbetracht eines dann vom
Kläger gezeigten kurzfristig angepassten Verhaltens eine weitere Behandlung doch
noch befürwortete, beantragte diese dann die Feststellung der Aussichtslosigkeit
der weiteren Behandlung nach § 67 d Abs. 5 StGB bei der zuständigen
Strafvollstreckungskammer, nachdem sich der Kläger im Februar 2005 einer
Straßenverkehrskontrolle durch Flucht entzogen hatte.Mit Bescheid vom 10. April
2006 wies die Ausländerbehörde der Beklagten den Kläger gemäß § 53 Nr. 1
AufenthG unbefristet aus Deutschland aus und schob ihn am 27.06.2007 nach
Kroatien ab.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.12.2007 ließ der Kläger die Befristung der
Sperrwirkung der Ausweisung und Abschiebung beantragen. Zur Begründung
führte er an, Vater des in Deutschland lebenden Kindes D zu sein, welches die
deutsche Staatsangehörigkeit besitze.Mit Bescheid vom 15. September 2008
lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Gleichzeitig teilte sie mit, dass sie von der
Ausschlusswirkung des § 82 Abs. 1 AufenthG Gebrauch mache, so dass
Umstände, die vor Erlass der Verfügung vorgelegen hätten, ohne geltend gemacht
worden zu sein, bei einem späteren Vortrag nicht mehr berücksichtigt würden.Zur
Begründung wird in der Verfügung ausgeführt, dass hier ein Ausnahmefall von der
regelmäßig zu erfolgenden Befristung der Sperrwirkung im Sinne des § 11 Abs. 1
Satz 3 AufenthG anzunehmen sei. Zwar sei zu berücksichtigen, dass er eine
minderjährige Tochter habe, die in Deutschland lebe. Diese sei aus einer 1997
eingegangenen aber zwischenzeitlich bereits geschiedenen Ehe
hervorgegangenen. Über einen neuerlich bestehenden Kontakt zu seiner früheren
Ehefrau, Frau E, sei weder etwas dargelegt, noch nachgewiesen worden. Man habe
sich allein auf den Hinweis auf die Vaterschaftsanerkennungsurkunde des Klägers
beschränkt. Auch zu einer Vorsprache der Kindesmutter sei es trotz Aufforderung
nicht gekommen.Die Geburt seiner Tochter habe ihn nicht dazu anhalten können,
die Therapie in der Klinik C konsequent weiterzuverfolgen, vielmehr habe er es ein
halbes Jahr nach der Geburt des Kindes zum Abbruch derselben kommen lassen.
Seit seinem 16. Lebensjahr sei er kontinuierlich strafrechtlich in Erscheinung
getreten. Zuletzt habe das Landgericht F in seinem Urteil vom 29.08.2001
festgestellt, dass beim Kläger im Falle des Fortbestehens seiner Suchtproblematik
auch in Zukunft die Gefahr bestehe, dass er weiterhin Straftaten begehen werde.
Als Intensivtäter stelle er weiterhin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung in Deutschland dar. Der Diagnose der Klinik C vom 07.06.2006 sei zu
entnehmen, dass der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit
Zügen einer narzisstischen und histrionischen Persönlichkeitsstörung leide. Es sei
zu bezweifeln, dass er seine Suchtproblematik bewältigt habe. Ein Rückfall in die
Straffälligkeit sei nur eine Frage der Zeit.Darüber hinaus habe er die Kosten im
Zusammenhang mit seiner Abschiebung vom 27.06.2007 in Höhe von insgesamt
2.409,67 € nicht beglichen.Aus diesen Gründen sei ausnahmsweise von einer
Befristung der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 AufenthG abzusehen.
Nach Zustellung der Verfügung am 15. September 2008 hat der Kläger am 15.
Oktober 2008 Klage vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden erhoben. Zur
Begründung legt er zunächst eine Geburtsurkunde über die Niederkunft einer
weiteren Tochter des Klägers mit der Zeugin und Ex-Ehefrau E vor, welche am 13.
Oktober 2008 in Wiesbaden zur Welt kam. Mit der Kindesmutter habe der Kläger
telefonisch und durch mehrfache Besuche von ihr zusammen mit der älteren
Tochter in Kroatien regelmäßig Kontakt, was der Kläger auch zuvor bereits
gegenüber der Beklagten vorgetragen habe. Von daher könne keine Rede davon
seien, dass der Kläger etwa die Kindesmutter unter Druck setze und sich der
Kinder nur aus aufenthaltsrechtlichen Gründen bediene. Soweit ansonsten
fehlende Mitwirkung seitens des Klägers durch die Beklagte angeführt werde, sei
darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht des Klägervertreters die Vorlage des
angeforderten Scheidungsurteils vom 14.12.2001 in diesem Zusammenhang von
den Mitwirkungspflichten nach § 82 AufenthG nicht erfasst sei. Eine
Sorgerechtsregelung sei darin für das im Juni 2004 geborene ältere Kind des
Klägers naturgemäß nicht enthalten. Zu einer Vorsprache der Kindesmutter sei es
nicht gekommen, da es dem Klägervertreter, der diese bei ihrer Vorsprache
begleiten wollte, nicht gelungen sei, einen konkreten Termin zur Vorsprache bei
der Beklagten zu erlangen. Er sei vielmehr auf die allgemeinen Sprechzeiten der
Ausländerbehörde verwiesen worden. Die damit zu erwartenden längeren
Wartezeiten seien für den Klägervertreter nicht zumutbar.Die völlige Ablehnung
einer Befristung sei nur dann rechtens, wenn eine Befristung ohne jeden Zweifel
unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht komme. Mit einer Befristung
solle einem Ausländer gerade eine Perspektive eröffnet werden, nach einiger Zeit
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solle einem Ausländer gerade eine Perspektive eröffnet werden, nach einiger Zeit
wieder legal nach Deutschland einreisen zu dürfen und ihn so veranlassen, sein
bisheriges Verhalten zu überdenken und künftig ein verantwortungsbewusstes
Leben führen zu können. Das alleinige Abstellen auf die noch nicht beglichenen
Abschiebekosten verstoße gegen Art. 6 GG.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung ihrer Verfügung vom 15. September 2008 zu
verpflichten, den Antrag des Klägers vom 19.12.2007 auf Befristung der
Sperrwirkung der Ausweisung und Abschiebung nach § 11 Abs. 1 AufenthG unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach ihrer Auffassung kann die Vaterschaft von den in Deutschland lebenden
deutschen Kindern nicht zwingend zur Befristung führen. Außerdem habe er
zuletzt einen schweren Raub begangen und sich während der Therapie einer
Straßenkontrolle durch Flucht entzogen.
In der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2008 hat die Kammer die
Zeugin E vernommen. Diese erklärte unter anderem, noch am selben Tage mit
ihren beiden gemeinsamen Kindern zum Kläger nach Kroatien verreisen und sich
dort bis Ende Januar 2009 aufhalten zu wollen. Wegen der weiteren Einzelheiten
der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug
genommen.
Dem Gericht lag die aus zwei Bänden bestehende Ausländerakte sowie die Akte
des vorausgegangenen Untätigkeitsklageverfahrens (Az.: 4 K 965/08.WI(2)),
welches nach der hier verfahrensgegenständlichen Bescheidung eingestellt worden
ist, vor.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist auch begründet, denn die angegriffene Verfügung ist
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen
Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig, insbesondere fristgemäß erhoben.
Sie ist auch begründet.Der Kläger hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie
Bescheidung seines Antrags auf Befristung der Wirkungen der erfolgten
Ausweisung und Abschiebung, da ein Ausnahmefall i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 3
AufenthG im vorliegenden Fall nicht anzunehmen ist.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG werden die in der Regelung des § 11 Abs. 1
zuvor genannten Ausschlusswirkungen einer Ausweisung oder einer Abschiebung
"auf Antrag in der Regel befristet". Die Frage, wann ein Ausnahmefall im Sinne
dieser Regelung vorliegt, ist einer vollen gerichtlichen Überprüfung zugänglich, da
es sich bei dem Begriff "in der Regel" um einen so genannten unbestimmten
Rechtsbegriff handelt.Liegt demgegenüber ein "Regelfall" vor, ist eine weitere
Ausgestaltung einer Befristung, also Zeitraum und Bedingungen, welche
verstrichen bzw. erfüllt sein müssen, bevor einem Ausgewiesenen die
Wiedereinreise nach Deutschland erlaubt werden kann, in das Ermessen der
zuständigen Ausländerbehörde gestellt.
Die Beklagte ist im vorliegenden Fall zu Unrecht davon ausgegangen, dass im
Falle des Klägers ein Ausnahmefall anzunehmen ist.
Ein Ausnahmefall kann nicht bereits dann angenommen werden, wenn ein
ausgewiesener oder abgeschobener Ausländer die im Zusammenhang mit der
Abschiebung entstandenen Abschiebekosten noch nicht beglichen hat, wenn
dieser in Deutschland lebende Familienangehörige hat. Bei der Auslegung des
Begriffs "Regelfall" ist nämlich insoweit der von Art. 6 GG gebotene Schutz von Ehe
und Familie zu berücksichtigen. Danach kann im Falle einer tatsächlich
nachgewiesenen Vaterschaft eines Ausländers hinsichtlich eines in Deutschland
lebenden Kindes diesem allein der Umstand nicht entgegengehalten werden, dass
er die Pflicht zur Erstattung der Abschiebekosten noch nicht erfüllt hat. Solche
fiskalischen Aspekte sind nach Ansicht der Kammer gegenüber den
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fiskalischen Aspekte sind nach Ansicht der Kammer gegenüber den
schützenswerten Interessen des hier in Deutschland lebenden Kindes an einem
unmittelbaren Kontakt zu dem leiblichen Vater bzw. der leiblichen Mutter
nachrangig. Die ausstehende Begleichung der Abschiebekosten kann im Fall des
Klägers daher allein nicht rechtfertigen, ihn dauerhaft aus Deutschland
fernzuhalten.Die Kammer gibt insoweit ihre Rechtsprechung auf, nach der allein
nicht beglichene Abschiebekosten bereits zur Annahme eines Ausnahmefalls i.S.d.
§ 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ausreichten (so noch: VGH Kassel, Beschluss vom
25.06.1998, Az.: 13 UZ 1215/98, InfAuslR 1998, S. 445 f.).
Auch die übrigen von der Beklagten angeführten Umstände vermögen im Falle des
Klägers keinen Ausnahmefall zu begründen.Sowohl die Rauschgiftabhängigkeit wie
auch die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen schweren
Raubes als auch der dabei bestehende Zusammenhang im Form einer
Beschaffungskriminalität vermögen als solcher keinen Ausnahmefall zu
begründen. Der Werdegang des Klägers ist vielmehr beispielhaft für eine Vielzahl
von ausgewiesenen drogenabhängigen Straftätern und weist insoweit keine
Besonderheiten auf. Dies gilt namentlich für den Umstand, seit seinem 16.
Lebensjahr häufig strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein, wie auch für den
Umstand, dass der Höhepunkt seiner strafrechtlichen Karriere in einem ihm
nachgewiesenen schweren Raub mündete und zu einer Verurteilung wegen dieses
Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren führte. Derartige
Fallkonstellationen unterfallenden in der Praxis häufig anzuwendenden
Bestimmungen des § 53 AufenthG über die dann vorzunehmenden zwingenden
Ausweisungen.
Allein das Verhalten des Klägers während seiner Unterbringung in der forensisch-
psychiatrischen Klinik C könnte die Annahme eines Ausnahmefalles begründen.
Das damalige Verhalten des Klägers brachte eine gewisse Therapieunwilligkeit zum
Ausdruck, so dass zu befürchten stand oder steht, dass er erneut in den
Drogenkonsum und dann weiter in die Beschaffungskriminalität abrutscht.
Andererseits ist jedoch zu beachten, dass der Kläger Vater zweier in Deutschland
lebender Kinder ist und nach Aussage der Kindesmutter nicht nur mit dieser
sondern auch in Kontakt zu diesen leiblichen Kindern steht. Damit sind der von der
Beklagten in der angegriffenen Verfügung zu Recht beschriebenen Gefahr eines
Rückfalls des Klägers in den Drogenkonsum, so er denn überhaupt bislang davon
frei gekommen sein sollte, und damit in eine erneute Straffälligkeit die Interessen
des Klägers aber auch insbesondere seiner beiden Kinder an der
Aufrechterhaltung oder überhaupt erst Ermöglichung eines dem Kindeswohl
dienenden Vater-Kind-Verhältnisses gegenüberzustellen. Nach den in der
mündlichen Verhandlung von der Zeugin E gemachten glaubhaften Angaben
kümmert sich der Kläger um sowohl die Ex-Gattin, welche sich religiös noch immer
verheiratet fühlt, wie auch die beiden erst 2004 und 2008 auf die Welt
gekommenen Töchter.Nach Einschätzung der Zeugin nimmt der Kläger derzeit
auch keine illegalen Drogen, andernfalls bräche sie die wieder aufgenommene
Beziehung auch sofort ab.Danach besteht die reelle Aussicht, dass der Kläger
nicht nur eine dem Kindeswohl dienende, förderliche Rolle spielen kann und wird,
sondern umgekehrt im Falle des familiären Zusammenlebens in Deutschland
ausreichend Halt und Motivation findet, um nicht wieder straffällig zu werden.
Insoweit weist die Kammer auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 1. Dezember 2008 hin (Az.: 2 BvR 1830/08), in der zu einer Eltern-Kind-
Beziehung ausgeführt wird, dass "eine auch nur vorübergehende Trennung nicht
als zumutbar angesehen werden kann, wenn das Gericht keine Vorstellung davon
entwickelt, welchen Trennungszeitraum es für zumutbar erachtet". Dabei komme
(im dortigen Fall einer Aufenthaltsbeendigung) - so das BVerfG - den Folgen einer
vorübergehenden Trennung ein hohes Gewicht insbesondere dann zu, wenn ein
noch sehr kleines Kind betroffen sei, "dass den nur vorübergehenden Charakter
einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch
als endgültigen Verlust erfährt", wobei die 3. Kammer des 2. Senats des
Bundesverfassungsgerichts auf einen den Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats
vom 23. Januar 2006 (Az.: 2 BvR 1935/05, NVwZ 2006, S. 682, 683) hinweist.
Die erkennende Kammer kommt danach zu dem Schluss, dass im Falle des
Klägers von einem so genannten Regelfall i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG
auszugehen ist mit der Folge, dass die Beklagte die hier folgerichtig noch nicht
ausgeübte Ermessensentscheidung nachzuholen hat. Das Gericht weist in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass die Ausgestaltung einer Befristungsregelung
auch mit Bedingungen oder Auflagen versehen werden und dabei die Begleichung
von Abschiebekosten einbezogen werden kann. Die Vaterschaft hinsichtlich eines
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von Abschiebekosten einbezogen werden kann. Die Vaterschaft hinsichtlich eines
deutschen Kindes führt nicht dazu, dass auf eine Regelung der Erstattung der mit
der notwendig gewordenen Abschiebung verbundenen Kosten verzichtet wird.
Darüber hinaus kann das Wirksamwerden einer Befristungsregelung von der
Vorlage geeigneter Nachweise über einen erfolgten Entzug von Rauschgiften
abhängig gemacht werden.
Der Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.