Urteil des VG Trier vom 02.10.2008

VG Trier: wiedereinsetzung in den vorigen stand, wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, aufschiebende wirkung, behörde, rechtsschutz, gebühr, stadt, stundung, zwangsvollstreckung

Lastenausgleichsrecht
Prozessrecht
Verwaltungsprozessrecht
Vollstreckungsrecht
VG
Trier
02.10.2008
5 N 656/08.TR
Die Vollstreckung lastenausgleichsrechtlicher Leistungsbescheide richtet sich in Rheinland-Pfalz nach
dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes, nicht aber nach demjenigen des Bundes.
Gerichtlicher Rechtsschutz mit dem Ziel, die Vollstreckung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts,
gegen den inhaltliche Einwendungen erhoben werden, für unzulässig zu erklären, kommt grundsätzlich
erst in Betracht, wenn zuvor erfolglos ein entsprechender Antrag bei der Behörde gestellt wurde.
In lastenausgleichsrechtlichen Verfahren bedarf es aufgrund der Bestimmung des § 334 Abs. 3 S. 1 LAG
keiner Streitwertfestsetzung nach § 63 GKG.
Verwaltungsgericht Trier
5 N 656/08.TR
Beschluss
In der Vollstreckungssache
wegen Lastenausgleichsrecht
hier: Vollstreckung
hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der Beratung vom 2. Oktober 2008, an der
teilgenommen haben
beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe:
Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Vollstreckung des
Leistungsbescheides der Antragsgegnerin vom 28. März 2008 kann keinen Erfolg haben.
Soweit der Antragsteller einstweiliger Rechtschutz im Hinblick auf eine Anordnung bzw.
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bezüglich des Leistungsbescheides vom 28. März 2008
begehrt, ist das Verwaltungsgericht Trier zwar grundsätzlich gemäß § 3 Abs. 3
Gerichtsorganisationsgesetz örtlich und sachlich zur Rechtsschutzgewährung zuständig. Der Antrag ist
jedoch nicht zulässig, weil ein dahingehender Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO - grundsätzlich voraussetzt, dass gegen einen Bescheid ein Rechtsbehelf eingelegt wurde, weil nur
dann das prozessuale Zuordnungsobjekt vorhanden ist, dem aufschiebende Wirkung beigemessen
werden kann. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO einen Antrag bereits
vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässt, denn jedenfalls in den Fällen, in denen ein Bescheid infolge
des Verstreichens der Rechtsbehelfsfrist bestandskräftig geworden ist, kommt ohne Einlegung eines
Rechtsbehelfs von vornherein kein Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO mehr in Betracht. Vorliegend ist
der Bescheid indessen bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller keine Beschwerde im Sinne des
§ 336 Lastenausgleichsgesetz - LAG - eingelegt hat und seine Eingabe vom 16. Juni 2008 auch nicht als
(verfristete) Beschwerde angesehen werden kann und im Übrigen auch keine Gründe für eine
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund einer unverschuldeten Fristversäumung ersichtlich sind.
Soweit dem Begehren des Antragsteller möglicherweise zu entnehmen sein könnte, dass er um
Rechtsschutz gegen die Vollstreckungsankündigung der Stadt P. nachsucht, ist das Verwaltungsgericht
Trier für das Begehren örtlich nicht zuständig, weil die Stadt P., in der er wohnt und gegen die das
Rechtsschutzbegehren zu richten wäre, nicht im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Trier
liegt.
Soweit dem Vorbringen des Antragstellers weiter zu entnehmen ist, dass er Einwendungen gegen die
durch den Leistungsbescheid vom 28. März 2008 festgesetzte Forderung erhebt, weil das Landesamt zur
Regelung offener Vermögensfragen/Landesausgleichsamt Berlin mit Schriftsatz vom 20. August 2008
angekündigt hat, einen Bescheid dahingehend zu erlassen, dass dem Antragsteller ein
Entschädigungsanspruch in Höhe von 0,00 € zusteht, ist das Vorbringen wohl als Geltendmachung von
Einwendungen im Sinne des § 16 Abs. 2 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes Rheinland-Pfalz
- LVwVG - zu verstehen. Dieses Gesetz - und nicht das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes -
VwVG -, auf dessen § 3 die Antragsgegnerin ihre Vollstreckungsanordnung vom 25. Juni 2008 gestützt hat
- ist nach Auffassung der Kammer vorliegend einschlägig. Zwar sieht § 350b Abs. 3 LAG grundsätzlich vor,
dass lastenausgleichsrechtliche Forderungen nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes
vollstreckt werden. Allerdings bestimmt Absatz 5 dieser Norm, dass die Länder bestimmen können, dass
an Stelle der Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes auf öffentlich-rechtliche
Geldforderungen des Bundes die landesrechtlichen Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren
Anwendung finden. Da indessen in § 1 Abs 2 LVwVG geregelt ist, dass das Landesgesetz auch gilt,
soweit Bundesrecht die Länder ermächtigt zu bestimmen, dass die landesrechtlichen Vorschriften über die
Verwaltungsvollstreckung anzuwenden sind, richtet sich die Vollstreckung der festgesetzten Forderung
nach dem rheinland-pfälzischen Landesrecht. Insoweit ist nämlich zu sehen, dass das BVerwG bereits mit
Urteil vom 10. Dezember 1969 - V C 50.68 - zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen entschieden hat, dass
Landesrecht auch dann anzuwenden ist, wenn darin keine ausdrückliche Erstreckung auf die
Vollstreckung wegen Forderungen des Ausgleichsfonds ausgesprochen ist.
Ist daher das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz anwendbar, so bedeutet die in § 16 Abs. 2 Satz 1
LVwVG getroffene Regelung, dass Einwendungen gegenüber einem zu vollstreckenden Verwaltungsakt
zunächst eines Antrages bei der Behörde bedürfen, die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären
(vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16. Juli 1997 - 8 B 11726/97.OVG -). Danach kommt
gerichtlicher Rechtsschutz mit dem Ziel, die Vollstreckung eines Verwaltungsaktes für unzulässig zu
erklären, erst in Betracht, wenn nach entsprechender Antragstellung bei der Behörde ein erfolgloses
Vorverfahren vorausgegangen ist. Diese Folgerung ergibt sich indes nicht unmittelbar aus der VwGO,
sondern zunächst aus der Tatsache, dass die begehrte Entscheidung ebenso wie umgekehrt auch ihre
Ablehnung als Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG zu qualifizieren ist, da mit Regelungscharakter in
die Vollstreckung eingegriffen werden soll. Demzufolge ist das Begehren, die Vollstreckung für unzulässig
zu erklären, als Antrag auf Erlass eines gestaltenden Verwaltungsaktes anzusehen, und zwar in
Anlehnung daran, dass die Klage nach § 767 ZPO allgemein als prozessuale Gestaltungsklage
angesehen wird. Der Regelung des § 16 Abs. 2 LVwVG liegen nämlich dieselben Erwägungen zugrunde
wie dem § 767. Richtige Klageart ist daher in Fällen der vorliegenden Art die Verpflichtungsklage.
Außerdem kann aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes, die Artikel 19 Abs. 4 GG ebenfalls
gewährleisten soll, ein Bedürfnis bestehen, durch einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO
die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen, bis über die Einwendungen gegen ihre Zulässigkeit
entschieden ist (vgl. zu alledem: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. April 1996 - 1 B 10355/96.OVG
-, ESOVGRP).
Einen derartigen Antrag hat der Antragsteller nun zwar mit seinem auf den 22. September 2008 datierten
und der Antragsgegnerin am 24. September 2008 zugegangenen Schriftsatz gestellt. Gleichwohl sieht die
Kammer keine Veranlassung, die Vollstreckung vorläufig auszusetzen, denn weder die Ankündigung der
Berliner Behörde noch das im Antrag vom 22. September 2008 enthaltene Stundungsbegehren tangieren
die durch den Leistungsbescheid vom 28. März 2008 festgesetzte Forderung. Dass die Ankündigung
einer Entscheidung noch keine Auswirkungen auf eine bestandskräftig festgesetzte Forderung haben
kann, liegt auf der Hand. Daran ändert sich auch nichts durch die im Lastenausgleichsrecht vorgesehene
Verrechnungsmöglichkeit. Soweit der Antragsteller eine Stundung begehrt, fehlt es an einer
Glaubhaftmachung der Stundungsvoraussetzungen, denn nach § 350b Abs. 2 LAG in Verbindung mit §
222 der Abgabenordnung können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur dann ganz oder
teilweise gestundet werden, wenn die Einziehung bei Fälligkeit eine erhebliche Härte für den Schuldner
bedeuten würde und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint.
Von daher kann der Antrag mit der auf § 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenentscheidung keinen Erfolg
haben. Dabei weist die Kammer darauf hin, dass für das Verfahren gemäß § 334 Abs. 3 Satz 1 LAG
Gerichtsgebühren lediglich in Höhe des Mindestsatzes erhoben werden und es somit einer
Streitwertfestsetzung im Sinne des § 63 des Gerichtskostengesetzes - GKG - nicht bedarf, weil ansonsten
die eigenständige Regelung des § 334 Abs. 3 Satz 2 LAG für Verfahren vor dem
Bundesverwaltungsgericht überflüssig wäre, da - ginge man davon aus, dass der Mindestsatz einer
Gebühr 1/4 betrage und von dem Mindestbetrag einer Gebühr im Sinne des § 34 Abs. 2 GKG zu
unterscheiden sei (so Beschluss der 7. Kammer des erkennenden Gerichts vom 11. Mai 1998 - 7 K
663/96.TR -; Kühne/Wolff, Die Gesetzgebung über den Lastenausgleich, § 334 LAG Anm. 7 und Erich
Hesse, Das Deutsche Bundesrecht, § 334 LAG Anm. 3) - sowohl im Falle des § 334 Abs. 3 Satz 1 LAG als
auch im Falle des Satzes 2 dieser Bestimmung die Gerichtsgebühren jeweils 1/4 der in sonstigen
verwaltungsgerichtlichen Verfahren anfallenden Gerichtsgebühren betragen würden (vgl. Urteil der 2.
Kammer des erkennenden Gerichts vom 25. September 2001 - 2 K 649/00.TR - und ebenso bereits OVG
Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. Mai 1955 - 1 B 20/55 -, NJW 1955, S. 1574; Harmening, Kommentar
zum Lastenausgleichsrecht, § 334 Rdnr. 5).
Der Beschluss ist gemäß § 339 Abs. 1 LAG unanfechtbar.