Urteil des VG Trier vom 22.09.2009

VG Trier: vorbehalt des gesetzes, besoldung, rechtsverordnung, beamter, ruhegehalt, arbeitskraft, feststellungsklage, erlass, beamtenverhältnis, dienstleistung

Beamtenrecht
Prozessrecht
Verwaltungsprozessrecht
VG
Trier
22.09.2009
1 K 365/09.TR
1. Auch eine nicht mit einer vollständigen Unterschrift unterzeichnete Klageschrift kann dem
Schriftformerfordernis des § 81 Abs. 1 VwGO genügen, wenn aufgrund anderer Anhaltspunkte die
Urheberschaft und der Rechtsverkehrswille des Verfassers hinreichend sicher feststehen.
2. Wie bereits nach § 126 Abs. 3 BRRG haben Beamtinnen und Beamte, Ruhestandsbeamte, frühere
Beamtinnen und Beamte und deren Hinterbliebene bei Klagen aus dem Beamtenverhältnis nach § 54
Abs. 2 BeamtStG grundsätzlich die Monatsfrist des § 74 VwGO für eine Klage selbst dann einzuhalten,
wenn es sich nicht um eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage handelt.
3. Eine Rechtsbehelfsbelehrung, die auf die Möglichkeit hinweist, eine Klage schriftlich oder zur
Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben, ist irreführend und setzt daher gemäß
§ 58 Abs. 1 VwGO eine Klagefrist nicht in Gang, wenn bei dem betreffenden Gericht die Möglichkeit
besteht, eine Klage durch Übersendung eines elektronischen Dokuments nach § 55 a VwGO zu erheben.
4. Die Höhe des fiktiven Ruhegehaltes, das gemäß § 72 a Abs. 1 Satz 2 BBesG die Untergrenze der
Dienstbezüge eines begrenzt dienstfähigen Beamten darstellt, ist unter Berücksichtigung der Regelungen
über den Versorgungsabschlag gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 iVm § 69 d Abs. 3 Satz 1 BeamtVG zu
berechnen (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 ? 2 C 1.04 ?, BVerwGE 123, 308).
5. Die von Art 3 Abs. 1 GG geforderte Besserstellung begrenzt dienstfähiger Beamter mit Dienstbezügen
gemäß § 72 a Abs. 1 Satz 2 BBesG kann dadurch erreicht werden, dass ihnen der Zuschlag gemäß § 72a
Abs. 2 BBesG gewährt wird. Die Bundesregierung und die Landesregierungen sind verpflichtet, die
gemäß § 72 a Abs. 2 BBesG erforderliche Rechtsverordnung für ihren Bereich zu erlassen (Anschluss an
BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 ? 2 C 1.04 ?, BVerwGE 123, 308).
Verwaltungsgericht Trier
1 K 365/09.TR
Urteil
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Dienstbezügen
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.
September 2009, an der teilgenommen haben
für Recht erkannt:
Es wird festgestellt, dass die dem Kläger ab dem 1. Februar 2009 gewährte Besoldung verfassungswidrig
zu niedrig bemessen ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor in
gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klage ist auf die Feststellung gerichtet, dass der Kläger verfassungswidrig zu niedrig besoldet wird.
Der im Jahre 1955 geborene Kläger steht als Oberstudienrat im Dienst des beklagten Landes. Die
Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion reduzierte das Regelstundenmaß des Klägers wegen dessen -
nicht auf einem Dienstunfall berufender - begrenzter Dienstfähigkeit um die Hälfte und setzte es mit
Wirkung vom 1. Februar 2009 auf 12 Wochenstunden fest.
Die Oberfinanzdirektion Koblenz besoldet den Kläger seither gemäß § 72 a Bundesbesoldungsgesetz -
BbesG - in Höhe des ihm im Falle seiner Zurruhesetzung zustehenden (fiktiven) Ruhegehaltes, wobei sie
unter Berufung auf § 14 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 3 Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG - eine Minderung des
Ruhegehaltes um 10,8 % - zunächst 317,02 € monatlich - berücksichtigt. Die zwischen der dem Kläger
aufgrund seiner reduzierten Arbeitszeit zustehenden Besoldung und seinem höheren fiktiven Ruhegehalt
wird durch eine Zulage in entsprechender Höhe ausgeglichen.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Oberfinanzdirektion Koblenz mit Widerspruchsbescheid
vom 18. Mai 2009 zurück. Darin heißt es im Wesentlichen, da § 72 a BBesG auf das Versorgungsrecht
insgesamt verweise, sei auch die verfassungsmäßige Regelung des § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BeamtVG
über den Versorgungsabschlag anzuwenden.
Das Bundesverwaltungsgericht habe zwar in seinem Urteil vom 28. April 2005 ausgeführt, § 72 a Abs. 1
Satz 2 BBesG entspreche bei isolierter Betrachtung nicht dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG,
da begrenzt dienstfähige Beamte benachteiligt würden, weil ihnen als Gegenleistung nur die erdiente
Versorgung gewährt werde. Der Gesetzgeber habe aber durch § 72 a Abs. 2 Satz 1 BBesG die
Möglichkeit eröffnet, verfassungskonforme Zustände herzustellen da die Bundesregierung und die
Landesregierungen ermächtigt würden, zusätzlich zu den Dienstbezügen nach § 72 a Abs. 1 BBesG
durch Rechtsverordnung die Gewährung eines nicht ruhegehaltfähigen Zuschlags zu regeln. Da eine
solche Rechtsverordnung derzeit jedoch nicht vorliege, könne dem Kläger aufgrund des
besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes keine höhere Besoldung gewährt werden.
Der in der Akte der Oberfinanzdirektion befindliche Entwurf des Widerspruchsbescheides trägt den
handschriftlich abgezeichneten Stempelaufdruck "abgesandt am 18. Mai 2009". In der dem
Widerspruchsbescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wird unter anderem darauf hingewiesen,
dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden
könne. In seinem Empfangsbekenntnis bestätigte der den Kläger vertretende Prozessbevollmächtigte,
dass er am 29. Mai 2009 vom Zugang des Widerspruchsbescheides Kenntnis genommen und die
Zustellung entgegengenommen habe.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren im Wege einer Feststellungsklage weiter.
Die Klageschrift unter dem Datum des 29. Juni 2009 ist ausweislich des Eingangsstempels am 30. Juni
2009 - einem Dienstag - beim Gericht eingegangen.
Der Kläger trägt vor, das Empfangsbekenntnis sei am Tag des Zugangs des Widerspruchsbescheides
ausgestellt, die Klageschrift bereits am 29. Juni 2009 in den Nachbriefkasten des Gerichts eingeworfen
worden. In der Sache macht der Kläger unter Berufung auf die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts geltend, der Arbeitseinsatz begrenzt dienstfähiger Beamter müsse sich in
Bezügen niederschlagen, die höher seien als diejenigen, die bei der Zurruhesetzung in Gestalt von
Ruhestandsbezügen gewährt würden. Zur Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG werde die
jeweilige Landesregierung über den Wortlaut der Vorschrift des § 72 a Abs 2 Satz 1 BBesG hinaus
verpflichtet, eine Rechtsverordnung zu erlassen, die die Voraussetzungen für eine betragsmäßige
Festsetzung eines Zuschlags schaffe. Auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli
2006 - 2 BvL 13/04 - könne sich der Beklagte nicht berufen, da das Bundesverfassungsgericht in diesem
Beschluss im Kern dem vorlegenden Gericht vorhalte, einen Vorlagebeschluss gefasst zu haben, ohne
zuvor die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 72 a BBesG angemessen ausgelotet
zu haben. Zu den Alternativen, um § 72 a BBesG einer verfassungskonformen Auslegung zuzuführen,
rechne das Bundesverfassungsgericht einerseits die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Würtemberg in
seinem Beschluss vom 25. November 2003 angestellte Überlegung, der Versorgungsabschlag dürfe bei
der Berechnung des fiktiven Ruhegehaltes eines teildienstfähigen Beamten nicht berücksichtigt werden,
andererseits die vom Bundesverwaltungsgericht favorisierte Auslegung des § 72 a Abs. 2 BBesG als
zwingendes Normerlassgebot. Dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung mehrfach
betone, Zweck des § 72 a Abs. 1 BBesG sei, dem begrenzt dienstfähigen Beamten einen
besoldungsrechtlichen Anreiz für seinen Dienstleistung zu bieten, ohne ihn schlechter zu stellen als den
dienstunfähigen Beamten, mache deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht jedenfalls im Ergebnis die
Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts teile, Art. 3 Abs. 1 GG verlange eine Besserstellung der
begrenzt dienstfähigen Beamten gegenüber den Ruhestandsbeamten.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass die dem Kläger ab dem 1. Februar 2009 gewährte Besoldung verfassungswidrig zu
niedrig bemessen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt der Beklagte vor, die Absendung von Schriftstücken erfolge im Hause der
Oberfinanzdirektion Koblenz - ZBV - zeitgleich zu dem Datum, das auf dem Stempelaufdruck verzeichnet
sei. Der Widerspruchsbescheid habe somit am Montag, dem 18. Mai 2009 die ZBV verlassen und sei auf
den Postweg gegeben worden. Der Zugang am 29. Mai 2009 sei erklärungsbedürftig und mit einem
überlangen Postlauf nicht erklärbar. In der Sache vertieft der Beklagte die im Widerspruchsbescheid
gemachten Ausführungen. Laut Auskunft des zuständigen Referates im Ministerium der Finanzen werde
über die Frage, ob von der Ermächtigung des § 72 a Abs. 2 Satz 1 BBesG Gebrauch gemacht werde, erst
im Rahmen der Erstellung der landesrechtlichen Vollfassung eines zukünftigen
Landesbeamtenversorgungsgesetzes entschieden. Eine diesbezügliche zeitliche Vorgabe bestehe
jedoch nicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten
sowie die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klage ist entsprechend den Anforderungen des § 81 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO - schriftlich erhoben worden, obwohl die Klageschrift vom Kläger-Bevollmächtigten lediglich
paraphiert und nicht mit seinem vollen Namen unterschrieben worden ist. Grundsätzlich erfordert die
Wirksamkeit der schriftlichen Klageerhebung allerdings die eigenhändige Unterschrift des Klägers oder
seines Prozessbevollmächtigten unter der Klageschrift. Dies folgt zwar nicht aus § 126 Abs. 1 Bürgerliches
Gesetzbuch - BGB -, der bei vorgeschriebener Schriftform einer Urkunde deren Unterzeichnung durch
eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers bzw. ein notariell beglaubigtes Handzeichen fordert.
Diese Vorschrift gilt nämlich nur für das bürgerliche Recht und kann wegen der Eigenständigkeit des
Prozessrechts weder unmittelbar noch entsprechend auf Prozesshandlungen angewendet werden. Das
grundsätzliche Erfordernis einer Unterschrift folgt vielmehr aus dem Sinn und Zweck des
prozessrechtlichen Schriftformerfordernisses. Dieses soll gewährleisten, dass nicht nur ein Entwurf,
sondern eine gewollte Prozesserklärung vorliegt, dass die Erklärung von einer bestimmten Person
herrührt und diese für den Inhalt die Verantwortung übernimmt. Deshalb erfordert die in § 81 VwGO
vorgeschriebene Schriftlichkeit der Klageerhebung in der Regel in Übereinstimmung mit der allgemeinen,
auch dem Rechtsunkundigen geläufigen Verkehrsauffassung, dass die Urkunde von dem Aussteller
eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember
1988 - 9 C 40.87 -, BVerwGE 81, 32).
Aufgrund des Vergleichs des handschriftlichen Namenszeichens unter der Klageschrift mit der vollen
Unterschrift etwa auf dem Empfangsbekenntnis betreffend die Ladung zur mündlichen Verhandlung (Blatt
52 der Gerichtsakte) ist offenkundig, dass es sich bei dem unter der Klageschrift befindlichen
Namenszeichen nicht um die volle, aufgrund eines starken Abschleifungsprozesses unleserliche, aber
vollständige Unterschrift des Prozessbevollmächtigen handelt, sondern lediglich um eine Paraphe oder
Abkürzung, die allenfalls die ersten beiden Buchstaben des Nachnamens erkennen lässt. Einem solchen
Namenszeichen allein lässt sich aber nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, dass deren
Urheber eine verbindliche Erklärung in den Rechtsverkehr geben will und es sich nicht lediglich um den
Entwurf einer solchen Erklärung handelt (vgl. zu dieser Problematik z. B. BPatG, Beschluss vom 14.
August 2008 - 11 W [pat] 16/08 -, juris; BGH, Beschluss vom 27. September 2005 - VIII ZB 105/04 -, NJW
2005, 378).
Von dem Erfordernis der Unterschrift kann im vorliegenden Fall jedoch abgesehen werden, da die
Verlässlichkeit der Eingabe auf andere Weise sicherstellt ist. So wird von der Rechtsprechung die
Übermittlung eines bestimmenden Schriftsatzes mittels - auch telefonisch aufgegebenem - Telegramm als
wirksam angesehen, ebenso die Übermittlung mittels Fernschreiben, Telebrief, Telefax bzw.
Computertelefax (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 5. April
2000 - GmS-OGB 1/98 -, NJW 2000, 2340 mit weiteren Nachweisen). Selbst eine Klageschrift ohne eigene
Namenszeichnung kann dem Schriftformerfordernis des § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügen, wenn sich
aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den
Rechtsverkehrswillen ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1988 - 9 C 40.87 -, BVerwGE 81, 32).
Nach diesen Grundsätzen genügt auch die im vorliegenden Fall lediglich paraphierte Klageschrift den
Anforderungen an eine schriftliche Klageerhebung. Es besteht kein Zweifel, dass diese Paraphe von dem
in der Klageschrift namentlich bezeichneten Prozessbevollmächtigten des Klägers stammt. Das Schriftbild
entspricht zudem eindeutig dem des ersten oder der beiden ersten Buchstaben der in der Akte
vorliegenden vollständigen Unterschrift des Prozessbevollmächtigten, so dass keinerlei Zweifel an dessen
Urheberschaft bestehen. Es bestehen auch keinerlei Bedenken gegen den erforderlichen
Rechtsverkehrswillen. Da der Widerspruchsbescheid, auf den sich die Klage bezieht, dem
Prozessbevollmächtigten des Klägers nach dessen Empfangsbekenntnis am 29. Mai 2009 zuging und die
Klageschrift das Datum des 29. Juni 2009 trägt, kann die Paraphierung nicht so verstanden werden, dass
er lediglich den Entwurf einer Klageschrift abzeichnen wollte. Vielmehr war die Paraphierung des
Schriftsatzes ersichtlich von dem Willen getragen, die vermeintlich entsprechend § 74 VwGO am 29. Juni
2009 ablaufende einmonatige Klagefrist zu wahren.
Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Deren Subsidiarität gegenüber der
allgemeinen Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) steht ihrer Statthaftigkeit im vorliegenden Fall
nicht entgegen. Aufgrund des besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts hat der Kläger nämlich selbst
dann keinen Anspruch auf die Auszahlung höherer als der ihm aufgrund der bestehenden Vorschriften
der Besoldungsgesetze bzw. -verordnungen zustehenden Bezüge, wenn diese Vorschriften, wie er mit der
vorliegenden Klage geltend macht, den verfassungsrechtlichen Vorgaben widersprechen. Vielmehr ist er
darauf verwiesen, sein Anliegen mittels einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO zu verfolgen
(BVerwG, Urteil vom 28. April 2005 - 2 C 1/04 - BVerwGE 123, 308).
Die Klage ist auch nach Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens fristgerecht erhoben worden, da
die im vorliegenden Fall gemäß § 58 Abs. 2 VwGO einschlägige Jahresfrist eingehalten worden ist. Nach
§ 68 VwGO müssen vor Erhebung der Anfechtungsklage oder der Verpflichtungsklage - sofern ein Antrag
auf Vornahme des Verwaltungsaktes abgelehnt worden ist - die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des
Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachgeprüft werden. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO
müssen die Anfechtungsklage und die Verpflichtungsklage sodann innerhalb eines Monats nach
Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides erhoben werden.
Diese Vorschriften sind bei Klagen aus dem Beamtenverhältnis auch dann anzuwenden, wenn es sich um
eine andere Klageart, insbesondere eine Feststellungsklage handelt. Dies folgte in der Vergangenheit
aus § 126 Abs. 3 Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG -. Danach galten für Klagen der Beamten aus dem
Beamtenverhältnis einschließlich der Leistungs- und Feststellungsklagen die Vorschriften des 8.
Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung mit im Einzelnen genannten Maßgaben entsprechend.
Danach mussten auch Feststellungsklagen entsprechend § 74 VwGO innerhalb eines Monats nach
Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. § 126 Abs. 3 BRRG wird inzwischen allerdings
durch den am 1. April 2009 in Kraft getretenen § 54 Abs. 2 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG)
verdrängt (vgl. Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 54 BeamtStG Rn. 6 f.). Diese Vorschrift formuliert,
dass vorbehaltlich einer abweichenden landesgesetzlichen Regelung (Satz 3) vor allen Klagen der
Beamten aus dem Beamtenverhältnis "ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der
Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen" ist (Satz 1). Der Wortlaut der Vorschrift könnte somit zu der
Folgerung verleiten, dass die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung nur insoweit
anzuwenden seien, als sie sich auf das Verfahren bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahren
beziehen, also nicht mehr auf die im Anschluss daran zu erhebende Klage, so dass § 74 VwGO nicht
mehr auf Leistungs- oder Feststellungsklagen entsprechend anzuwenden wäre. Da es aber die erklärte
Absicht des Gesetzgebers war, mit dieser Vorschrift die Regelungen des § 126 BRRG mit redaktionellen
Anpassungen zu übernehmen (vgl. BTDrs. 16/4027, Zu § 55), handelt es sich bei der gegenüber § 126
Abs. 3 BRRG einschränkenden Formulierung des § 54 Abs. 2 BeamtStG um ein Redaktionsversehen, so
dass § 74 VwGO auch weiterhin bei Leistungs- und Feststellungsklagen von Beamten aus dem
Beamtenverhältnis, also auch auf die vorliegende Klage anwendbar ist.
Die Frist des § 74 VwGO hat im vorliegenden Fall jedoch nach § 58 Abs. 1 VwGO nicht zu laufen
begonnen, da der Kläger durch die dem Widerspruchsbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung nicht
ordnungsgemäß belehrt worden ist. Nach dieser Vorschrift ist eine Belehrung zwar lediglich über den
Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den
Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch zu belehren; insoweit lässt die dem
Widerspruchsbescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung keine Fehler erkennen. Fehlerhaft ist sie
allerdings deshalb, weil sie lediglich darauf hinweist, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben ist, ohne auf die durch § 55 a VwGO in Verbindung mit
der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit den öffentlich-rechtlichen
Fachgerichtsbarkeiten vom 9. Januar 2008 (GVBl. 2008, 33) unzweifelhaft eröffnete Möglichkeit der
Übermittlung elektronischer Dokumente und damit auch der elektronischen Klageerhebung hinzuweisen.
Zwar setzt der Beginn des Laufs der Klagefrist nach § 58 Abs. 1 VwGO keine Belehrung über die
Formerfordernisse des einzulegenden Rechtsbehelfs voraus, eine Rechtsbehelfsbelehrung ist aber nicht
nur dann fehlerhaft, wenn eines der zwingend erforderlichen Elemente der Belehrung fehlt oder unrichtig
ist, sondern auch dann, wenn sie einen unrichtigen oder irreführenden Zusatz enthält, der geeignet ist,
beim Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht
kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf einzulegen
bzw. rechtzeitig einzulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1978 - 6 C 77.78 -, BVerwGE 57, 188;
Urteil vom 21. März 2002 - 4 C 2.01 -, DVBl 2002, 1553).
In diesem Sinne irreführend ist der in der dem Kläger erteilten Rechtsbehelfsbelehrung enthaltene
Hinweis, dass die Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
erhoben werden könne, denn er ist bei einem objektiven Empfänger geeignet den Eindruck zu erwecken,
dass eine elektronische Klageerhebung nicht möglich ist. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an,
ob im Sinne der Verwaltungsgerichtsordnung die Klageerhebung durch Übersendung eines
elektronischen Dokuments eine eigenständige Form der Klageerhebung neben der Schriftform oder der
Niederschrift durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist. Der Umstand, dass die Klageerhebung
durch Übermittlung eines elektronischen Dokumentes in § 81 Abs. 1 VwGO nicht gesondert erwähnt wird,
spricht freilich für die Annahme, dass nach der Terminologie der Verwaltungsgerichtsordnung die
elektronische Klageerhebung als Unterfall der schriftlichen Klageerhebung zu verstehen sein könnte.
Doch bereits durch die Verwaltungsgerichtsordnung selbst wird eine solche Begriffsbildung infrage
gestellt. Wenn es etwa in § 58 Abs. 1 VwGO heißt, dass die Rechtsbehelfsbelehrung ihrerseits "schriftlich
oder elektronisch" zu erfolgen hat, deutet dies darauf hin, dass die elektronische Klageerhebung doch
eine eigenständige Form neben der schriftlichen oder der Klageerhebung zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle darstellt. Formulierungen in der Amtlichen Begründung zu § 130 a
ZPO, der Parallelvorschrift zu § 86 a VwGO, der Vorgängerregelung des § 55 a VwGO, deuten in eine
ähnliche Richtung, da dort das elektronische Dokument als "Alternative zur Schriftform", "modifizierte
Schriftform" sowie "neue prozessuale Form" charakterisiert wird (BT-Drs. 14/4987, Zu Art. 2, insb. zu Nr. 2,
S. 23 f.).
Zweifel daran, ob die elektronische Klagerhebung noch als schriftliche Klageerhebung im Sinne des § 81
Abs. 1 VwGO anzusehen ist oder eine eigenständige Form der Klageerhebung darstellt, deren Aufnahme
in § 81 Abs. 1 VwGO lediglich aufgrund eines Redaktionsversehens versäumt worden sein könnte, weckt
zudem die oben angesprochene Rechtsprechung zur Wahrung des Schriftformerfordernisses durch die
Nutzung moderner Kommunikationsmittel wie Telegramm, Fernschreiben, Telebrief, Telefax bzw.
Computertelefax. Auch wenn in dieser Rechtsprechung ein im Vergleich zur traditionellen Schriftform sehr
weites Verständnis des Begriffs der Schriftlichkeit zum Ausdruck kommt, ist all diesen Formen gemeinsam,
dass die maßgeblichen Erklärungen durch Schriftzeichen auf einem stoffliche Medium - in der Regel
Papier - fixiert sind, sei es auch nur dadurch, dass eine solche stoffliche Fixierung - wie beim Computerfax
- erst beim Empfänger hergestellt wird. Auf dieses Charakteristikum der Schriftform verweist im Übrigen
auch die Amtliche Begründung zum Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und
anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr (BT-Drs. 14/4987, S. 1), durch dessen Art.
2 und 8 § 130 a ZPO und § 86 a VwGO eingeführt wurden. Bei der Übermittlung elektronischer
Dokumente kommt der stofflichen Fixierung durch Herstellung eines Papierausdrucks hingegen keine
entscheidende Bedeutung mehr zu. Für ihren Zugang genügt gemäß § 55 a Abs. 2 Satz 1 VwGO die
Übermittlung gemäß den hierfür geltenden Regelungen und die Aufzeichnung durch die hierfür
vorgesehene Empfangseinrichtung, und § 55 b VwGO ermöglicht sogar die elektronische Führung von
Prozessakten, also den gänzlichen Verzicht auf die stoffliche Fixierung von Schriftzeichen.
Schließlich trägt auch das beklagte Land selbst dazu bei, dass ein objektiver Empfänger den Hinweis auf
die Möglichkeit der schriftlichen Klageerhebung dahingehend missverstehen kann, dass eine
elektronische Klageerhebung nicht möglich sein soll. In den an alle Behörden des Landes und der
kommunalen Gebietskörperschaften sowie alle sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gerichteten Rundschreiben der
Staatskanzlei und der Ministerien vom 1. Februar 2006 und vom 23. Juni 2008 sind zur Erleichterung der
Erteilung von Rechtsbehelfsbelehrungen Muster für Rechtsbehelfsbelehrungen veröffentlicht worden, in
denen Hinweise auf die Möglichkeit, Klagen schriftlich, in elektronischer Form und zur Niederschrift zu
erheben, enthalten sind. Aufgrund dessen ist zu vermuten, dass der ausdrückliche Hinweis auf die
Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung bei rheinland-pfälzischen Behörden mittlerweile eine
gewisse Verbreitung gefunden hat, so dass auch dies bei einem objektiven Empfänger den Eindruck
hervorrufen kann, dass das Fehlen eines solchen Hinweises bedeutet, dass die elektronische
Klageerhebung im konkreten nicht möglich ist. Im Übrigen enthalten auch die Rechtsmittelbelehrungen -
zumindest - der rheinland-pfälzischen Verwaltungsgerichte einschließlich des Oberverwaltungsgerichts
ausdrückliche Hinweise auf die Möglichkeit der elektronischen Einlegung von Rechtsmitteln.
Nach alledem ist der Hinweis auf die Möglichkeit, eine Klage schriftlich oder zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben, geeignet, bei einem objektiven Empfänger die
Fehlvorstellung hervorzurufen, dass eine elektronische Klageerhebung nicht möglich ist, so dass die
Monatsfrist des § 74 VwGO im vorliegenden Fall nicht zu laufen begann, sondern lediglich die -
offenkundig eingehaltene - Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2. VwGO. Dies gilt unabhängig davon, ob dem
Kläger selbst oder seinem Prozessbevollmächtigten die Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung
bekannt war und diese über die Möglichkeit verfügten, elektronische Dokumente in der vorgeschriebenen
Form an das Gericht zu übermitteln. § 58 VwGO macht den Lauf der Fristen nämlich aus Gründen der
Rechtsklarheit in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne
Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht
kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der
Rechtsbehelfsbelehrung kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war. Indem
§ 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der
Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem
sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand (vgl. Urteil vom 30. April 2009 -
3 C 23.08 -, a.a.O., m.w.N.).
Welche Anforderungen an einen - nicht zwingend erforderlichen (vgl. o.) - Hinweis auf die einzuhaltende
Form der Klageerhebung im Einzelnen zu stellen sind, kann für die vorliegende Entscheidung
dahingestellt bleiben. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die belehrende (Widerspruchs-) Behörde
verpflichtet ist, zu ermitteln, ob bei dem zuständigen Gericht eine elektronische Klagerhebung möglich ist,
oder ob sie dies dem potentiellen Kläger überlassen und sich darauf beschränken kann, auf die
Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung nach Maßgabe des § 55 VwGO hinzuweisen.
Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die dem Kläger seit dem 1. Februar 2009 auf der Grundlage des
§§ 72 a Abs. 1 BBesG i. V. m. den einschlägigen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes,
insbesondere § 14 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 3 BeamtVG gewährte Besoldung - die Vorschriften des
Bundesbesoldungsgesetzes und des Bundesversorgungsgesetzes gelten gemäß Art. 125 a GG bis zu
ihrer Ersetzung durch Landesrecht als Bundesrecht fort - ist verfassungswidrig zu niedrig bemessen, da
das beklagte Land von der Verordnungsermächtigung des § 72 a BBesG bislang keinen Gebrauch
gemacht hat, obwohl es hierzu verpflichtet wäre. Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen
des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 28. April 2005 (- 2 C 1/04 -, BVerwGE 123, 308) an.
Mit diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-
Württemberg vom 25. November 2003 (- 4 S 1542/02 -, juris) aufgehoben, soweit darin die Verpflichtung
zur Zahlung höherer Dienstbezüge unter Absehung von dem nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 3 BeamtVG
vorzunehmenden Versorgungsabschlag ausgesprochen worden war. Zur Begründung hat das
Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:
"Nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG
unterliegen Besoldungsleistungen dem Vorbehalt des Gesetzes. Sie dürfen nur zugesprochen werden,
wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind. Dies gilt auch, wenn die sich aus dem Gesetz
ergebende Besoldung verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 1996 -
BVerwG 2 C 7.95 - Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 8 und vom 17. Juni 2004 - BVerwG 2 C 34.02 - Buchholz
11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 79). Demzufolge stehen Beamten bei begrenzter Dienstfähigkeit Dienstbezüge in
der Höhe zu, die sich aus § 72 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 BBesG ergibt.
Das durch Art. 1 Nr. 3, Art. 2 Nr. 5 des Versorgungsreformgesetzes vom 29. Juni 1998 (BGBl I S. 1666,
1667) geschaffene Rechtsinstitut der begrenzten Dienstfähigkeit gemäß § 26 a BRRG, § 42 a BBG, § 53 a
LBG BW ermöglicht es dem Dienstherrn, die verbliebene Arbeitskraft von Beamten nutzbar zu machen, die
ihre Dienstpflichten wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer
nicht mehr während der gesamten, aber noch mindestens während der Hälfte der regelmäßigen
Arbeitszeit erfüllen können. Diese Beamten sollen nicht mehr wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand
versetzt, sondern unter Berücksichtigung ihres in zeitlicher Hinsicht eingeschränkten Leistungsvermögens
im aktiven Dienst gehalten werden (BTDrucks 13/9527, S. 29). Das Rechtsinstitut der begrenzten
Dienstfähigkeit ist Ausdruck des hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums, dass der Beamte
dem Dienstherrn seine gesamte Persönlichkeit und volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat
(BVerfGE 21, 329 <345>; 71, 39 <60>; BVerwG, Urteil vom 2. März 2000 - BVerwG 2 C 1.99 - BVerwGE
110, 363 <367>).
Bei begrenzter Dienstfähigkeit erhält der Beamte gemäß § 72a Abs. 1 Satz 1 BBesG Dienstbezüge
entsprechend § 6 Abs. 1 BBesG. Nach dieser Vorschrift werden die Dienstbezüge im gleichen Verhältnis
wie die Arbeitszeit gekürzt. Gemäß § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG werden sie mindestens in Höhe des
Ruhegehaltes gewährt, das der Beamte bei Versetzung in den Ruhestand erhalten würde. Diese
Regelungen kommen zur Anwendung, sobald der Verwaltungsakt, durch den die begrenzte
Dienstfähigkeit festgestellt und die Arbeitszeit entsprechend herabgesetzt wird, Rechtswirksamkeit erlangt.
...
Die Höhe des gemäß § 72 a Abs. 1 Satz 2 BBesG maßgeblichen fiktiven Ruhegehaltes entspricht der
Höhe des Anspruchs auf Ruhegehalt, der festzusetzen gewesen wäre, wenn der Beamte nicht für
begrenzt dienstfähig erklärt, sondern stattdessen wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt
worden wäre. Demnach ist das fiktive Ruhegehalt auf der Grundlage derjenigen Regelungen des
Beamtenversorgungsrechts zu berechnen, die der Berechnung des Versorgungsanspruchs im Falle der
Dienstunfähigkeit zugrunde zu legen wären. Dieser Bedeutungsgehalt des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG
ergibt sich aus Wortlaut und Zweck der Vorschrift sowie aus dem systematischen Zusammenhang mit §
72a Abs. 2 BBesG.
Bereits der Wortlaut des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG lässt nur den Schluss zu, dass die Vorschrift
uneingeschränkt auf die Regelungen des Beamtenversorgungsrechts verweist, nach denen sich der
Anspruch auf Ruhegehalt bemisst. Der Wortlaut der Vorschrift enthält keinen Anhaltspunkt, der auf eine
selektive Berücksichtigung der versorgungsrechtlichen Bestimmungen hindeutet. Er lässt nicht erkennen,
von welchen Voraussetzungen die Anwendung einzelner Regelungen abhängen könnte.
Mit der Festlegung der Untergrenze des § 72 a Abs. 1 Satz 2 BBesG hat der Gesetzgeber lediglich
verhindern wollen, dass Beamte durch die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit schlechter stehen
als wenn sie stattdessen zur Ruhe gesetzt worden wären (BTDrucks 13/9527, S. 34). Wie die Regelung
des § 72 a Abs. 2 BBesG zeigt, soll eine Besserstellung nicht durch - im Vergleich zum fiktiven Ruhegehalt
- höhere Dienstbezüge, sondern durch die Gewährung eines nicht ruhegehaltfähigen Zuschlags erreicht
werden.
Nach alledem sind bei der Berechnung des fiktiven Ruhegehaltes gemäß § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG
auch die Regelungen über den Versorgungsabschlag gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 69 d Abs. 3
Nr. 1 BeamtVG zu berücksichtigen, wenn die begrenzte Dienstfähigkeit nicht auf einem Dienstunfall
beruht. Denn nur unter dieser Voraussetzung finden die Regelungen bei der Berechnung des Anspruchs
auf Ruhegehalt, der im Falle der Dienstunfähigkeit festzusetzen wäre, keine Anwendung (vgl. zur
Verfassungsmäßigkeit des § 14 Abs. 3 BeamtVG, Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 C 20.03 -
BVerwGE 120, 154 <158>). ...
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Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Ungleiches ungleich zu
behandeln. Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, aufgrund autonomer Wertungen die
Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Die
Ungleichbehandlung von Sachverhalten ist erst dann geboten, wenn eine am Gerechtigkeitsgedanken
orientierte Betrachtungsweise ergibt, dass die Ungleichheiten so bedeutsam sind, dass ihnen Rechnung
getragen werden muss. Dies setzt voraus, dass sich im Hinblick auf die Eigenart des in Rede stehenden
Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung nicht finden lässt
(BVerfGE 86, 81 <87>; 90, 226 <239>; 103, 310 <318>). Im Bereich des Besoldungsrechts hat der
Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Spielraum politischen Ermessens, innerhalb dessen er das
Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen darf
(BVerfGE 103, 310 <319>; 110, 353 <364>).
Hat der Gesetzgeber einen Sachbereich aufgrund bestimmter Wertungen und Differenzierungsmerkmale
nach einem Regelungssystem normiert, so ist er aus Gründen der Gleichbehandlung grundsätzlich
verpflichtet, die selbst statuierte Sachgesetzlichkeit auf alle betroffenen Personengruppen anzuwenden.
Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt dann die Folgerichtigkeit der gesetzlichen Regelungen.
Abweichungen von den für maßgeblich erklärten Wertungen und Differenzierungsmerkmalen sind nur aus
Gründen möglich, deren Gewicht die Abweichung nach Art und Ausmaß rechtfertigt (BVerfGE 46, 97
<109>; 60, 16 <40>; 85, 238 <247>).
Wie sich aus dem Verweis in § 72a Abs. 1 Satz 1 BBesG auf § 6 Abs. 1 BBesG ergibt, behandelt der
Gesetzgeber begrenzt dienstfähige Beamte hinsichtlich der Bemessung der Dienstbezüge wie
teilzeitbeschäftigte Beamte. Die Herabsetzung der regelmäßigen Arbeitszeit zieht die zeitanteilige
Kürzung der Dienstbezüge nach sich. Der Gesetzgeber hat die Höhe der Dienstbezüge begrenzt
dienstfähiger Beamter in ein unmittelbares Gegenseitigkeitsverhältnis mit dem zeitlichen Umfang der
Dienstleistung gestellt. Dagegen hat er den Unterschieden keine Bedeutung beigemessen, die zwischen
den Gruppen der begrenzt dienstfähigen und teilzeitbeschäftigten Beamten hinsichtlich der Erfüllung der
Dienstleistungspflicht bestehen. Während teilzeitbeschäftigte Beamte nur mit einem Teil ihrer Arbeitskraft
Dienst leisten, bringen begrenzt dienstfähige Beamte ihre Arbeitskraft ganz ein. Daher stehen sie dem in
Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Leitbild, wonach der Beamte dem Dienstherrn seine gesamte Persönlichkeit
und volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat, zumindest erheblich näher.
Aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, die Besoldung begrenzt dienstfähiger Beamter nach dem
Merkmal "zeitlicher Umfang der Dienstleistung" in das Besoldungsgefüge einzupassen, verlangt der
allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG die folgerichtige, d.h. gleichmäßige Anwendung
dieses Merkmals. Es darf nicht nur herangezogen werden, um zeitanteilige Kürzungen der Besoldung
begrenzt dienstfähiger Beamter gegenüber der Besoldung voll dienstfähiger Beamter zu rechtfertigen.
Vielmehr muss die von begrenzt dienstfähigen Beamten erbrachte Dienstleistung auch Berücksichtigung
finden, um die Höhe ihrer Besoldung im Verhältnis zu den Bezügen der in ihrer Leistungsfähigkeit anteilig
gleich beeinträchtigten Beamten zu bestimmen, die mangels dienstlichen Bedarfs für ihre umfänglich
begrenzten Einsatzmöglichkeiten als dienstunfähig in den Ruhestand versetzt werden und dabei auch
noch unter Ausnutzung der ihnen verbliebenen Arbeitskraft ihre Ruhestandsbezüge durch
Erwerbstätigkeit aufbessern können (§ 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG). Folgerichtig muss sich der
Arbeitseinsatz begrenzt dienstfähiger Beamter in höheren Bezügen niederschlagen, als sie bei der
Freistellung vom Dienst durch Zurruhesetzung in der Gestalt von Ruhestandsbezügen gewährt würden.
Diesen Anforderungen entspricht die Regelung des § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG für sich genommen nicht.
Ausgehend von der gesetzgeberischen Wertung, die § 72a Abs. 1 Satz 1 BBesG zugrunde liegt,
benachteiligt sie begrenzt dienstfähige Beamte, weil ihnen als Gegenleistung für ihre Dienste nur die
erdiente Versorgung gewährt wird.
Dies hat aber für die gesetzliche Regelung als solche noch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zur
Folge, weil für die verfassungsrechtliche Beurteilung der Gesamtzusammenhang des
besoldungsrechtlichen Regelungswerkes gemäß § 72a Abs. 1 und 2 BBesG in den Blick zu nehmen ist.
Der Gesetzgeber hat durch § 72a Abs. 2 BBesG die Möglichkeit eröffnet, verfassungskonforme Zustände
herzustellen. Satz 1 dieses Absatzes der Vorschrift ermächtigt die Bundesregierung und die
Landesregierungen, jeweils für ihren Bereich zusätzlich zu den Dienstbezügen nach Absatz 1 durch
Rechtsverordnung die Gewährung eines nicht ruhegehaltfähigen Zuschlags zu regeln. Demnach kann die
von Art. 3 Abs. 1 GG geforderte Besserstellung der begrenzt dienstfähigen Beamten, die gemäß § 72a
Abs. 1 Satz 2 BBesG Dienstbezüge in Höhe des fiktiven Ruhegehaltes erhalten, dadurch erreicht werden,
dass ihnen der von § 72a Abs. 2 Satz 1 BBesG vorgesehene nicht ruhegehaltfähige Zuschlag gewährt
wird. Dies erfordert den Erlass einer Rechtsverordnung, die die Voraussetzungen für die betragsmäßige
Festsetzung des Zuschlags schafft. Dabei hat der Verordnungsgeber der unterschiedlichen Besteuerung
von Dienstbezügen und Ruhegehalt Rechnung zu tragen (vgl. Mende/Summer, ZBR 2005, 122 <125>).
Die verfassungsrechtlich gebotene Beseitigung des sich aus § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG ergebenden
Besoldungsdefizits ist nur gewährleistet, wenn der Erlass der Rechtsverordnung nicht in das politische
Ermessen der Regierungen gestellt wird.
Vielmehr ist die Regelung gemäß § 72a Abs. 2 Satz 1 BBesG verfassungskonform dahingehend
auszulegen, dass die Regierungen für ihren Bereich zum Erlass verpflichtet sind. Damit korrespondiert ein
Anspruch der nach § 72a Abs. 1 Satz 2 BBesG besoldeten Beamten auf Erlass der Rechtsverordnung, der
im Wege einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO durchgesetzt werden kann (BVerwG, Urteil
vom 4. Juli 2002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2).
Die Vorschrift des § 72a Abs. 2 Satz 1 BBesG ist einer derartigen verfassungskonformen Auslegung
zugänglich, weil diese weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dem Willen des Gesetzgebers widerspricht
(BVerfGE 93, 37 <81>; 95, 64 <93>). Dass die Regierungen nach dem Wortlaut des § 72a Abs. 2 Satz 1
BBesG zum Erlass der Rechtsverordnung ermächtigt werden, steht einer Verpflichtung zum Tätigwerden
nicht entgegen. Der Bedeutungsgehalt des Begriffs "ermächtigt" erschöpft sich darin, die
Rechtsetzungsbefugnis der Regierungen zu begründen und damit deren Verantwortung für die
Gewährung des Zuschlags zum Ausdruck zu bringen. Der Normzweck des § 72a Abs. 2 Satz 1 BBesG
besteht gerade darin, begrenzt dienstfähigen Beamten einen besoldungsrechtlichen Anreiz für ihre
Dienstleistung zu bieten (BTDrucks 13/9527, S. 34)."
Der Beschluss der 1. Kammer des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2006 (- 2 BvL
13/04 -, juris) gibt keine Veranlassung, die Richtigkeit der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts
infrage zu stellen. Durch diesen Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht eine die
Verfassungsmäßigkeit des § 72 a Abs. 1 BBesG betreffende Vorlage des Niedersächsischen
Oberverwaltungsgerichts für unzulässig erklärt. In der Begründung hat es insbesondere bemängelt, dass
das vorlegende Gericht sich nicht hinreichend mit den vom Bundesverwaltungsgericht und vom
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg aufgezeigten Möglichkeiten, die Verfassungswidrigkeit des §
72 a Abs. 1 BBesG zu vermeiden, auseinandergesetzt habe. Eine inhaltliche Distanzierung von der
lediglich referierten Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist hingegen nicht erkennbar.
Da das Feststellungsbegehren des Klägers nach alledem Erfolg hat, hat der Beklagte nach § 154 Abs. 1
VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht
auf § 167 Abs. 1 VwGO.
Die Berufungszulassung erfolgt wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung zu den
Anforderungen an eine Rechtsbehelfsbelehrung unter Hinweis auf die Form der Klageerhebung.
Verwaltungsgericht
Trier
Beschluss
In dem Verwaltungsrechtsstreit
wegen Dienstbezügen
hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der Beratung vom 22. September 2009, an der
teilgenommen haben
beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7608,48 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG, vgl. Ziff. 10,4 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).