Urteil des VG Stuttgart vom 18.09.2013

vollziehung, hund, verfügung, unterbringung

VG Stuttgart Beschluß vom 18.9.2013, 4 K 2822/13
Untersagung der Hundehaltung in einem Kraftfahrzeug
Leitsätze
Ein Kraftfahrzeug ist generell kein tauglicher Ort, an dem ein Hund verhaltensgerecht
untergebracht werden kann.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1 Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der
aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 01.08.2013 gegen die
tierschutzrechtliche Verfügung des Antragsgegners vom 18.07.2013. Mit dieser
Verfügung wurde dem Antragsteller untersagt, während seiner Arbeitszeit seinen
Hund in einem Kraftfahrzeug zu halten (A.), die sofortige Vollziehung angeordnet
(B.) und dem Antragsteller für den Fall der Zuwiderhandlung gegen A.) ein
Zwangsgeld in Höhe von 400,00 EUR angedroht (C.).
2 Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 VwGO bzw. - im Hinblick auf
C.) - gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 VwGO i.V.m. § 12 LVwVfG zulässig.
3 Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs.
5 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an
einer Vollziehung der angegriffenen Verfügung vor dem Eintritt der
Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts und dem privaten Interesse des
Antragstellers, während des Rechtsbehelfsverfahrens von dieser Vollziehung
einstweilen verschont zu bleiben, vorzunehmen. Damit kommt jedenfalls im Falle
einer - hier formell ordnungsgemäß begründeten - behördlichen Anordnung der
Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO den voraussichtlichen
Erfolgsaussichten eine wesentliche, aber nicht allein ausschlaggebende
Bedeutung zu. Ferner ist die sofortige Vollziehung auch einer rechtmäßigen
Maßnahme nur dann gerechtfertigt, wenn ein besonderes Vollzugsinteresse
vorliegt.
4 Im vorliegenden Fall überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse, da sich der
angegriffene Bescheid des Antragsgegners bei der im Eilverfahren gebotenen,
aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als
rechtmäßig erweist. Rechtsgrundlage für die angegriffene Verfügung ist § 16 a
Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 2 Nr. 1 TierSchG. Danach kann die zuständige
Behörde insbesondere im Einzelfall die zur Erfüllung der Anforderungen des § 2
erforderlichen Maßnahmen anordnen; nach § 2 Nr. 1 TierSchG muss, wer ein Tier
hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen
entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen.
Gegen dieses Gebot der verhaltensgerechten Unterbringung hat der Antragsteller
dadurch verstoßen, dass er seine Hündin „C...“ während seiner Arbeitszeit in
seinem Fahrzeug einsperrt. Er arbeitet an vier Tagen in der Woche während acht
Stunden an seinem Arbeitsplatz im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts AAA;
hierzu kommen noch die Zeiten des Transports der Hündin von und nach seinem
weit entfernt gelegenen Wohnsitz. Es trifft nicht zu, dass der Hund hierbei im
Kraftfahrzeug nicht „gehalten“ würde. Der Antragsteller ist Halter der Weimaraner-
Hündin an jedem beliebigen Ort, denn er hat sie auch an seinem Arbeitsplatz in
seiner Obhut. Wie die erkennende Kammer entschieden hat (Urteil vom
25.07.1997 - 4 K 1532/96 - NuR 1998, 217) ist ein Kraftfahrzeug ganz generell kein
tauglicher Ort, an dem ein Hund verhaltensgerecht untergebracht werden kann.
Ein Hund ist im Kraftfahrzeug auf Dauer nicht ausreichend gegen Kälte und Hitze
geschützt und hat keinen ausreichenden Raum zur Bewegung zur Verfügung, wie
sich aus den Maßen des § 6 Abs. 2 Tierschutz-Hundeverordnung für die
Zwingerhaltung ergibt; diese Vorschrift gibt einen Maßstab für die längere
Unterbringung ohne Auslaufmöglichkeit und ist daher entsprechend anwendbar.
Daher ist ein Kraftfahrzeug wegen seiner beengten Raumverhältnisse nur zum
Transport, nicht aber zur Unterbringung von Hunden über mehrere Stunden
geeignet.
5 Ohne Erfolg macht der Antragsteller geltend, die Hündin „C...“ werde während des
Tages regelmäßig beschäftigt und erhalte den benötigten Auslauf. In welcher
Weise dies geschieht, hat der Antragsteller nicht näher geschildert, sondern nur
mehrere Zeugen genannt, ohne anzugeben, was diese aussagen könnten und
welche Wahrnehmungen sie gemacht haben. Im Übrigen würde dies auch nicht
weiterhelfen, denn es bleibt auch dann bei einer Unterbringung der Hündin über
viele Stunden im - ungeeigneten - Kraftfahrzeug, wenn zwischendurch jemand mit
ihr einen Spaziergang macht.
6 Der vom Antragsteller angemietete Tiefgaragenstellplatz kann zwar dazu führen,
dass die Hündin vor Hitze geschützt ist, ein Schutz vor Kälte ist aber dadurch nicht
gegeben. Außerdem befindet sich die Hündin dann im Dunkeln, so dass ihr der
notwendige Zugang zum Licht fehlt. Dazuhin wird dadurch das Problem der
mangelnden Bewegungsmöglichkeit natürlich nicht gelöst. Ohne dass es
entscheidend darauf ankäme, sei zusätzlich darauf hingewiesen, dass es sich bei
der Rasse der Weimaraner um ausgesprochen große und sehr
bewegungsfreudige Tiere handelt.
7 Der Antragsgegner hat erkannt, dass ihm bei der Untersagung der Haltung des
Hundes im Auto Ermessen eingeräumt ist; er hat dieses Ermessen mit
zureichenden Erwägungen ausgeübt. Die Maßnahme wird mit zutreffenden
Erwägungen als erforderlich und geeignet bewertet.
8 Es besteht auch ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung.
Zutreffend weist der Antragsgegner darauf hin, dass im Interesse des Tieres eine
weitere nicht artgerechte Haltung nicht hingenommen werden kann, weil dieses
unter der übermäßigen Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit im Fahrzeug
leidet. Dieser Schutz des Tieres vor weiteren Leiden genießt den Vorrang vor dem
Interesse des Antragstellers an seiner Bequemlichkeit.
9 Die Zwangsgeldandrohung in C.) des Bescheides findet ihre Rechtsgrundlage in
den §§ 20 Abs. 1, 2 und 3, 23 LVwVG. Rechtliche Bedenken sind insoweit nicht
gegeben.
10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
11 Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.