Urteil des VG Stuttgart vom 02.02.2009

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VG Stuttgart Urteil vom 2.2.2009, 11 K 2730/08
Zur Verlängerung der Beurlaubung eines Beamten der Deutschen Telekom AG
Leitsätze
Ein in sich beurlaubter Beamter der Deutschen Telekom AG hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner
beamtenrechtlichen Beurlaubung, weil er in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis zur Telekom AG steht
(hier: nach Wegfall des Tätigkeitsgebiets als Angestellter).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Verlängerung seiner Beurlaubung.
2
Der 1951 geborene, verheiratete Kläger war seit 01.09.1979 zunächst bei der Deutschen Bundespost und ist
seit deren Privatisierung bei der Beklagten tätig. Er ist Beamter auf Lebenszeit in der Besoldungsgruppe A 16.
3
Noch in seiner Eigenschaft als Beamter wurde ihm von der damaligen Bundespost zum 01.04.1992 die Leitung
des Fernmeldeamtes Dresden übertragen.
4
Infolge der Privatisierung wurde der Kläger erstmals mit Wirkung ab 01.06.1995 gemäß § 4 Abs. 3 PostPRG für
5 Jahre (in sich) beurlaubt, ab demselben Zeitpunkt wurde mit ihm ein unbefristeter Anstellungsvertrag
geschlossen, in dessen Rahmen ihm weiterhin die Leitung des Fernmeldeamtes Dresden oblag. Zum
01.11.1998 wurde ihm die Leitung der neu gebildeten Kundenniederlassung Dresden/Cottbus übertragen, dazu
wurde mit Wirkung zum 01.01.1999 am 10.05.1999 erneut auf unbestimmte Zeit ein Anstellungsvertrag und -
am 30.04.2002 - eine Vereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung geschlossen. Am 24.05.2000 wurde die
Beurlaubung bis zum 31.05.2005 verlängert. Im Jahr 2003 wurde der Kläger als Leiter Vertrieb Customer Care
in der seinerzeit neu errichteten Kundenniederlassung Südwest in Saarbrücken eingesetzt. Zuletzt wurde der
Kläger mit Verfügung der Beklagten vom 17.01.2005 ab dem 01.09.2004 bis 31.08.2007 "zur Wahrnehmung
einer Tätigkeit bei der Deutschen Telekom AG, T-Com, als "Leiter Vertrieb" VSE (V VSE) in der
Privatkundenniederlassung Südwest in Stuttgart" mit einem Jahreszielgehalt von 162.737,14 EUR brutto
beurlaubt. Dieser Personalposten ist zum 28.02.2007 entfallen und der Kläger ist seither unter Fortzahlung der
Vergütung freigestellt.
5
Nachdem die Beklagte sich im Hinblick darauf erfolglos um eine Befristung bzw. Auflösung des
Arbeitsvertrages mit dem Kläger bemüht hatte, wurde mit Bescheid vom 06.10.2006 mit Wirkung zum
28.02.2007 die beamtenrechtliche Beurlaubung widerrufen. Sein hiergegen erhobener Widerspruch wurde mit
Bescheid vom 20.02.2007 unter Anordnung des Sofortvollzugs des Widerrufs zurück gewiesen. Dem Antrag
des Klägers auf Wiederherstellung der aufschieb. Wirkung des Rechtsmittels gab das Verwaltungsgericht
Stuttgart mit Beschluss vom 05.04.2007 - 12 K 2385/97 - statt, eine dagegen gerichtete Beschwerde wurde
vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 28.08.2007 - 4 S 1055/07 - zurück
gewiesen. In der Hauptsache wurde der Klage mit Urteil vom 02.04.2008 - 12 K 2382/07 - stattgegeben und ein
Antrag auf Zulassung der Berufung mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom
17.07.2008 - 4 S 234/08 - ebenfalls abgelehnt.
6
Am 29.08.2007 beantragte der Kläger die Verlängerung der Beurlaubung mit der Begründung: Wegen des
unbefristeten und bislang nicht ordnungsgemäß gekündigten Arbeitsverhältnisses sei die Verlängerung
angezeigt. Mit Bescheid vom 19.10.2007 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab und führte zur Begründung aus:
Es mangele an einem wichtigen Grund für die beantragte Verlängerung der Insichbeurlaubung. Derzeit werde
der Kläger auf dem Sonderpersonalposten in der Kundenniederlassung Südwest geführt; dabei handele es sich
um eine amtsangemessene Beschäftigung der Besoldungsgruppe A 16. Eine Insichbeurlaubung werde
ausschließlich vor dem Hintergrund der unternehmerischen Notwendigkeit und aus betrieblichen Gründen
getroffen. Als Lebenszeitbeamtem sei die Verlängerung der Beurlaubung auch nicht wegen des noch
bestehenden Arbeitsverhältnisses angezeigt. Vielmehr sei eine Beschäftigung im Arbeitnehmerverhältnis nur
möglich, solange einer Beurlaubung im Rahmen des Beamtenverhältnisses bestehe; dies sei jedoch nicht mehr
der Fall. Der Kläger müsse nunmehr seit 01.09.2007 als aktiver Beamter seinen beamtenrechtlichen Pflichten
nachkommen.
7
Der Kläger erhob hiergegen mit Schreiben vom 26.10.2007 Widerspruch und ließ zur Begründung u.a.
ausführen: Aus seinem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis ergebe sich jedenfalls ein wichtiger
Grund für die Beurlaubung. Zunächst ergäben sich auch für die Beklagte Verpflichtungen aus diesem
Arbeitsverhältnis. Zum einen die weitergehende Verpflichtung zur Vergütung des Klägers, aus dem sich auch
ein Interesse der Beklagtenseite an einer angemessenen Beschäftigung ergebe. Zum anderen die
Verpflichtung, den sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Beschäftigungsanspruch zu erfüllen. Auch sei
die Ermessensentscheidung fehlerhaft, da es auf Null reduziert und die Entscheidung von sachfremden
Erwägungen getragen sei. So sei dem Kläger bereits 1995 im Gegensatz zu vielen anderen Mitarbeitern ein
unbefristeter Anstellungsvertrag angeboten wurde; daraus resultiere aber die Verpflichtung zur Verlängerung der
Insichbeurlaubung.
8
Mit Bescheid vom 27.06.2008 wies die Beklagte den Widerspruch aus den Gründen des Ausgangsbescheids
zurück.
9
Am 14.07.2008 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und zur Begründung noch
ausführen lassen: Die Beklagte habe den Kläger in Kenntnis der nur befristet möglichen Beurlaubung
unbefristet angestellt und damit seinen Willen zur jeweiligen Verlängerung der Beurlaubung bis zum Eintritt in
den Ruhestand zum Ausdruck gebracht. Die Beurlaubungen seien demgemäß auch stets ohne weiteres und
ohne Zweckbestimmung verlängert worden. Die Verknüpfung zwischen Beurlaubung und Arbeitsverhältnis
belege auch § 2 Abs. 8 des Anstellungsvertrages von 1005, wonach der Kläger aus dem Anstellungsverhältnis
früher ausscheiden könne, wenn dies beamtenrechtlich möglich sei, ebenso § 2 Ziff. 6 des
Anstellungsvertrages von 1999, wonach mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Kündigung nicht erforderlich
sei. Dementsprechend sei auch am 30.04.2002 noch eine Vereinbarung über die betriebliche Altersversorgung
geschlossen worden. Ein wichtiger Grund für die Verlängerung der Insichbeurlaubung des Klägers liege vor. Die
Erfüllung der unbefristet fortbestehenden arbeitsvertraglichen Verpflichtungen könnten von den Beteiligten nur
dann wahrgenommen werden, wenn die Beurlaubung entsprechend verlängert werde. Die Insichbeurlaubung
diene gerade dazu, die Konflikte zwischen dem Arbeitsrecht und dem Beamtenrecht zu lösen. Der Wegfall des
ursprünglich wahrgenommenen Leiterpostens stehe der Verlängerung der Insichbeurlaubung nicht entgegen.
Weder den Beurlaubungsverfügungen noch dem Arbeitsvertrag sei zu entnehmen, dass die Beklagte auf den
Kläger nicht eine andere, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechende und insoweit gleichwertige
Tätigkeit übertragen könne. Die Beklagte verfüge über eine ausreichende Anzahl entsprechender
Arbeitsposten. Dem Kläger sei jedenfalls nicht die Lösung des Konflikts durch einen Antrag auf Entlassung
nach § 30 BBG zuzumuten, zumal Streit über eine Kündigung des Anstellungsverhältnisses bestehe.
10 Der Kläger beantragt sinngemäß,
11
den Bescheid der Beklagten vom 19.10.2007 und deren Widerspruchsbescheid vom 27.06.2008
aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten,
12
ihn weiterhin ab dem 01.09.2007 nach § 4 Abs. 3 PostPRG iVm § 13 SUrlV zu beurlauben,
13
hilfsweise,
14
über den Antrag vom 29.08.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
entscheiden.
15 Die Beklagte beantragt,
16
die Klage abzuweisen.
17 Sie führt zur Begründung ergänzend noch aus: Als wichtiger Grund könnten nur bei objektiver Betrachtung
gewichtige und schutzwürdige Belange des Beamten in Betracht kommen. Mit zunehmender Dauer der
Beurlaubung bekäme das öffentliche Interesse an der uneingeschränkten Wahrnehmung der Dienstgeschäfte
größeres Gewicht und wüchsen die Anforderungen an die Gewichtigkeit und Schutzwürdigkeit des geltend
gemachten Urlaubsgrundes. Dabei müsse zwischen der beamtenrechtlichen Urlaubsbewilligung und der
arbeitsrechtlichen Situation des Betreffenden strikt getrennt werden. Die Insichbeurlaubungen seien auf
höchstens 10 Jahre zu beschränken, üblich seien früher 5, inzwischen 3 Jahre. Mit Ende der Beurlaubung lebe
das aktive Beamtenverhältnis wieder auf. Beamtenrechtlich stelle die Beurlaubung eine Ausnahme dar. Auf die
Gewährung der Insichbeurlaubung hätten Beamte keinen Anspruch, sie stehe im Ermessen der Beklagten und
für sie seien allein betriebliche Gründe bzw. unternehmerische Notwendigkeiten ausschlaggebend. Ein
wichtiger Grund liege keinesfalls im Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, sondern das Bestehen
einer tatsächlichen Beschäftigungsmöglichkeit. Mit dem Wegfall des betreffenden Arbeitsplatzes entfalle auch
der Anspruch auf Beurlaubung, die zu dessen Zweck erfolgt gewesen sei. Die Ablehnung der Verlängerung der
Beurlaubung verstoße nicht gegen Art. 12 GG, denn der Kläger sei in erster Linie Beamter auf Lebenszeit,
jedoch bleibe ihm unbenommen, jederzeit um seine Entlassung zu bitten. Im Übrigen sei zum Ende der
jeweiligen Beurlaubungsfrist geprüft worden, ob eine unternehmerische betriebliche Notwendigkeit für einer
weitere Insichbeurlaubung bestanden habe. Der Kläger könne auch nicht aus der Gesamtdauer der
Beurlaubungen einen Verlängerungsanspruch ableiten, ebenso wenig aus Vertrauensschutz oder der
Fürsorgepflicht. Auch seien die Gründe für den Wegfall des Beurlaubungsanlasses nicht rechtsmissbräuchlich
geschaffen worden, vielmehr obliege der Telekom im Rahmen ihres Organisationsermessens die Schaffung der
für den Widerruf der Insichbeurlaubung notwendigen Voraussetzungen. Schließlich habe die Beklagte von
Anfang an auf eine Befristung des Arbeitsverhältnisses verzichtet, weil dessen Geltung ohnehin unter dem
Vorbehalt von § 10 BBG gestanden habe.
18 Das Gericht hat die Akten der 12. Kammer in den o.g. Verfahren beigezogen. Hierauf, auf die gewechselten
Schriftsätze und auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
19 Die Klage ist im Haupt- wie im Hilfsantrag zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind
rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb auch nicht in seinen Rechten, denn er hat auf die beantragte
weitere Beurlaubung keinen Anspruch (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) und er kann auch keine Neubescheidung
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verlangen (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
20 Rechtsgrundlage für die beantragte weitere Beurlaubung ist § 4 Abs. 3 PostPersonalrechtsgesetz - PostPRG -
in Verbindung mit § 89 Abs. 2 BBG sowie § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung - SUrlV - in der im
Zeitpunkt des Antrags geltenden Fassung vom 11.11.2004.
21 Nach § 13 Abs. 1 SUrlV kann Urlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt werden, wenn ein wichtiger Grund
vorliegt und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen (Sonderurlaub). Dabei wird die Gewährung von
Sonderurlaub grundsätzlich auf 3 Monate beschränkt. Diese Beschränkung wird durch § 4 Abs. 3 S. 2
PostPRG dahin gehend erweitert, dass Beurlaubungen von Beamten für Beschäftigungen der dort näher
aufgeführten Arten auf höchstens 10 Jahre zu beschränken sind, allerdings mit der Maßgabe, dass
Verlängerungen zulässig sind. Der Grund hierfür besteht in dem Umstand, dass die Beurlaubungen im Sinne
von § 4 Abs. 3 S. 1 PostPRG ausschließlich dem öffentlichen Interesse (der Beklagten) dienen. Es handelt
sich um ein auf die Bedürfnisse der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost zugeschnittenes
Instrument des Statuswechsels zur Erleichterung eines flexiblen Personaleinsatzes, indem es den
Unternehmen ermöglicht, die Beamten befristet von ihren beamtenrechtlichen Pflichten grundsätzlich zu
befreien und zugleich mit ihnen Arbeitsverhältnisse einzugehen, die nicht den Zwängen des öffentlichen
Dienstrechts unterliegen (vgl. dazu BAG, Urteil vom 25.05.2005, - 7 AZR 402/04 -, mit weiteren
Nachweisen).
22 Ein derartiges dienstliches Interesse an einer weiteren Beschäftigung des Klägers im Rahmen des § 4 Abs. 3
PostPRG in einem Angestelltenverhältnis ist von der Beklagten verneint worden. Da der Kläger zuletzt zur
Wahrnehmung einer Tätigkeit bei der Deutschen Telekom AG als Leiter Vertrieb VSE in der
Privatkundenniederlassung Südwest in Stuttgart beurlaubt worden war und dieser Tätigkeitsbereich unbestritten
infolge von Umstrukturierungen zum 28.02.2007 weg gefallen ist, besteht das der Beurlaubung insoweit
zugrunde gelegte dienstliche Interesse an einer weiteren Beurlaubung offensichtlich nicht mehr (vgl. dazu OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.05.2008, - 10 B 10156/08 -, ).
23 Dagegen kann der Kläger nicht einwenden, dass im Konzern andere Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen,
die seiner bisherigen Verwendung entsprechen und deren Übertragung auf ihn ebenfalls ein öffentliches
Interesse der Beklagten an einer weiteren beamtenrechtlichen Beurlaubung begründen könnte. Denn hierauf
kann sich der Beamte mangels eigener Rechtsbetroffenheit nicht berufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom
21.04.1993, - 1 WB 48/92 -, ; OVG Rheinland-Pfalz, aaO.).
24 Damit steht bereits fest, dass die Voraussetzungen für eine Erweiterungen der Beurlaubungsmöglichkeiten, die
§ 13 SUrlV durch § 4 Abs. 3 PostPRG erfährt, nicht mehr erfüllt sind und schon deshalb eine weitere
Beurlaubung des Klägers rechtlich ausgeschlossen ist. Zudem dürfte mit der Annahme, es bestehe kein
weiteres dienstliches Interesse an einer (erneuten) Beurlaubung des Klägers nach § 4 Abs. 3 PostPRG, auch
die Konsequenz verbunden sein, dass damit auch ein gegen seine weitere Beurlaubung im Rahmen des § 13
SUrlV sprechendes öffentliches Interesse festzustellen ist, mit der weiteren Folge, dass das Ermessen der
Beklagten nach dieser Vorschrift nicht eröffnet ist.
25 Zum selben Ergebnis führt auch die isolierte Betrachtung der Ermessensermächtigung des § 13 SUrlV. Denn
das Ermessen, den Kläger (weiterhin) zu beurlauben, ist nur eröffnet, wenn zu seinen Gunsten vom Vorliegen
eines wichtigen Grundes auszugehen wäre. Das ist allerdings nicht der Fall.
26 Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals des wichtigen Grundes in § 13 SUrlV hat das BVerwG (Urteil vom
25.05.1996 - 1 WB 46/95 -, ) ausgeführt, dass die Beurteilung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die
Gewährung des Sonderurlaubs gegeben ist, in vollem Umfange der gerichtlichen Nachprüfung unterliege. Die
Angehörigen des öffentlichen Dienstes hätten die freiwillig eingegangenen Verpflichtungen zur Dienstleistung
grundsätzlich voll zu erfüllen. Da eine Beurlaubung aus wichtigem Grund die Erfüllung der Dienstpflichten
berühre, könne sie nur in Betracht gezogen werden, wenn die Belange des Beamten bei objektiver Betrachtung
gewichtig und schutzwürdig seien. Je länger der Sonderurlaub dauern solle, um so stärker werde das
öffentliche Interesse an der vollen Dienstleistung berührt und um so höhere Anforderungen seien demgemäß an
die Gewichtigkeit und Schutzwürdigkeit des geltend gemachten Urlaubsgrunds zu stellen. Deshalb könne sich
bei Anträgen auf Verlängerung einer Beurlaubung, auch wenn ein und derselbe Grund ohne Änderung der
tatsächlichen Verhältnisse fortdauere, von Mal zu Mal die Abwägung zugunsten der dienstlichen Verhältnisse
verändern. Dabei sei der aus ein und demselben Grund abschnittsweise ununterbrochen nacheinander
gewährte Urlaub als ganzes zu sehen. Handele es sich um einen längeren Urlaub, so könnten die persönlichen
Belange des Beamten als wichtiger Grund im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV das dienstliche Interesse an
der Dienstleistung nur dann überwiegen, wenn sich der Beamte in einer Ausnahmesituation befinde, die sich
als wirkliche und nicht von ihm zu vertretende Zwangslage darstelle.
27 Da die sog. Insichbeurlaubung des Klägers bis zu seinem hier streitgegenständlichen Verlängerungsantrag
bereits über 12 Jahre ununterbrochen angedauert hatte, müsste somit auch in seinem Fall eine
Ausnahmesituation im Sinne einer wirklichen und nicht von ihm zu vertretenden Zwangslage vorliegen.
28 Die maßgeblichen Gründe, auf die der Kläger sich zur Verlängerung/Neuerteilung der Beurlaubung beruft, liegen
sämtlich in dem - ungekündigten - Angestelltenverhältnis, von welchem gegenwärtig parallel zum wieder
aktiven Beamtenverhältnis auszugehen ist.
29 Wie das BAG (aaO.) ausgeführt hat, entsteht durch Begründung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen der
sog. Insichbeurteilung eine Doppelrechtsbeziehung. Der Beamte wird in seinem Beamtenverhältnis ohne
Dienstbezüge beurlaubt, wodurch seine beamtenrechtliche Dienstpflicht gegenüber seinem Dienstherrn entfällt,
ohne dass sich jedoch der Status des Beamten verändert. Andererseits entsteht durch Eingehen der
Beschäftigung im Sinne von § 4 Abs. 3 PostPRG auch ein arbeitsrechtliches Verhältnis, für welches der
Arbeitsvertrag und die arbeitsrechtlichen Regelungen bzw. Grundsätze Geltung beanspruchen.
30 Diese Situation begründet jedoch keine Ausnahmesituation für den Kläger und erst recht keine Zwangslage, die
als wichtiger Grund für eine weitere Sonderbeurlaubung streiten könnten. Vielmehr hat unter den vorliegend nur
relevanten beamtenrechtlichen Gesichtspunkten der Beamtenstatus einen absoluten Vorrang vor den aus dem
Angestelltenverhältnissen resultierenden Umständen, wie das OVG Rheinland-Pfalz in dem bereits erwähnten,
ebenfalls gegen die Beklagte gerichteten Parallelfall (aaO.) erst vor Kurzem entschieden hat. Danach ist
zwischen der - beamtenrechtlichen - Urlaubsbewilligung und der arbeitsrechtlichen Situation des betreffenden
Beamten in Bezug auf den mit der Urlaubsbewilligung verfolgten Zweck strikt zu trennen, weil es bei der
Gewährung von Sonderurlaub aus wichtigem Grund allein um die zeitlich begrenzte Suspendierung bestimmter
regelmäßig aus dem öffentlichen Dienstverhältnis folgender Rechte und Pflichten des Beamten nach Maßgabe
der hierfür geltenden - öffentlich-rechtlichen - Sonderregelungen geht. Aus einem - über die Urlaubsbefristung
"hinaus schießenden" - Arbeitsverhältnis folge kein Anspruch auf eine - erneute - Beurlaubung gemäß § 13
Abs. 1 SUrlV. Für einen Beamten habe das Arbeitsrecht dem Beamtenrecht zu folgen; wenn sich der Beamte
deswegen in seiner Berufsausübungsfreiheit ungebührlich eingeschränkt sehe, stehe es ihm frei, auf seinen
(Lebenszeit-) Beamtenstatus zu verzichten. Dieser - zwingenden - Rechtsauffassung hat sich die erkennende
Kammer, wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, angeschlossen.
31 Damit können auch die sonstigen, aus dem ungekündigten Angestelltenverhältnis des Klägers abgeleiteten und
geltend gemachten Umstände keinen wichtigen Grund im Sinne von § 13 SUrlV abgeben. Der Kläger kann eine
Ausnahmesituation im Sinne einer nicht zu vertretenden Zwangslage "selbstverständlich" (vgl. OVG Rheinland-
Pfalz, aaO.) nicht damit begründen, dass er im Angestelltenverhältnis ganz erheblich über den Bezügen nach
A 16 liegende Einkünfte hatte, noch darauf, dass eine andauernde Beurlaubung seine Chancen in den
anhängigen Kündigungsschutzverfahren vor den Arbeitsgerichten womöglich positiv beeinflussen könnte. Unter
Beachtung der strikten Trennung zwischen beamtenrechtlichem Sonderurlaubsrecht und Arbeitsrecht könnte
eine arbeitsrechtliche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auch keinen aktuellen wichtigen Grund für eine erneute
Beurlaubung begründen (OVG Rheinland-Pfalz, aaO). Zu keinem anderen Ergebnis führt der Hinweis des
Klägers, die Beklagte hätte den Anstellungsvertrag trotz nur befristet zulässiger beamtenrechtlicher
Beurlaubung unbefristet geschlossen und im Übrigen das Angestelltenverhältnis vertraglich - durch eine an
einen womöglich vorzeitigen Ruhestand anschließende Beendigungsregelung sowie durch eine Vereinbarung
zur betrieblichen Altersversorgung - mit dem Beamtenverhältnis verknüpft (zum Ganzen auch VG Mainz,
Beschluss vom 16.01.2008, - 6 L 901/07.MZ -; Bayerisches VG München, Beschluss vom 20.12.2007, - M 5
07.5661 -).
32 Weitere Gesichtspunkte, die einen wichtigen Grund zugunsten des Klägers abgeben könnten, sind nicht
ersichtlich oder vorgetragen.
33 Damit ist festzustellen, dass das Ermessen nach § 13 SUrlV nicht eröffnet war. Damit scheidet die
Berücksichtigung der weiteren, vom Kläger geltend gemachten Umstände, für die allenfalls im Rahmen der
auch durch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn geprägten Ermessensbetätigung seitens der Beklagten Raum
zu finden wäre, aus. Dies gilt insbesondere für das dem Rechtsstreit offenbar zugrunde liegende Interesse des
Klägers, eine höhere als die ihm angebotene Abfindung zur Beendigung des Angestelltenverhältnisses zu
bekommen, ebenso wie sein Interesse, weiterhin eine Aufgabe als Angestellter in leitender Position
wahrnehmen zu können. Ohnehin hat er als aktiver Beamter einen (einklagbaren) Anspruch auf
amtsangemessene Beschäftigung, die zudem in einem Amt der Besoldungsgruppe A 16 bei der Beklagten eine
Führungsaufgabe beinhalten muss.
34 Für die Berücksichtigung der beschäftigungs- und wirtschaftspolitischen Erwägungen, die der Kläger zur
Begründung des geltend gemachten Anspruchs in der mündlichen Verhandlung angestellt hat, bietet der
vorliegende Rechtsstreit keine Möglichkeit. Zwar ist dem Kläger einzuräumen, dass die Beklagte mit der
Ermessensermächtigung nach § 4 Abs. 3 PostPRG iVm § 13 SUrlV ein rechtliches Instrument zur Verfügung
gestellt bekommen hat, das eine Steuerung von unternehmerisch gewollten, personellen Maßnahmen
gegenüber der verbeamteten Belegschaft auch im großen Rahmen ermöglicht. Die Möglichkeit der
Insichbeurlaubung läßt jedoch keine gesetzgeberische Entscheidung darüber erkennen, dass die Beklagte
hierdurch verpflichtet sei, nunmehr überhaupt nur noch, überwiegend oder in bestimmten hierarchischen
Ebenen ausschließlich solche Beamte zu beschäftigen, deren Beamtenverhältnis durch Beurlaubung zum
Ruhen gebracht wurde. Und gegen eine solche Annahme sprechen auch der schon dargelegte, auch insoweit
geltende, Ausnahmecharakter der (Insich-)Beurlaubung sowie die zwingenden Befristungsregelungen. - Im
Übrigen ist vorliegend streitig, aber nicht Streit entscheidend, ob die Behauptung des Klägers, es würden in
bestimmten Unternehmensbereichen der Beklagten, z.B. bei der T-Service, nur noch beurlaubte Beamte
verwendet, überhaupt zutrifft. Die Beklagte hatte dem entgegen gehalten, es würden mehrheitlich zugewiesene
Beamte eingesetzt. Letztlich handelt es sich dabei aber um Organisationsmaßnahmen, die im
unternehmerischen Ermessen der Beklagten liegen (vgl. hierzu und zu den personellen Struktur verändernden
Maßnahmen der Telekom AG: OVG Rheinland-Pfalz, aaO. mwN.) und keinesfalls im Rahmen von
Rechtsstreitigkeiten der vorliegenden Art eine gerichtliche Kontrolle eröffnen.
35 Der Kläger kann seinen Anspruch schließlich auch nicht auf eine Zusicherung (vgl. § 38 VwVfG) stützen. Eine
solche Zusicherung wurde nicht abgegeben. Die Regelungen über die mögliche anderweitige Verwendung des
Klägers in den Arbeitsverträgen (sowie sie dem Gericht überhaupt vorgelegt wurden) haben nur Rechte der
Beklagten als Arbeitgeberin dahingehend begründet, dem Kläger konzernweit "eine andere oder zusätzliche
Tätigkeit zu übertragen, die seiner Eignung und seinen Fähigkeiten entspricht", womit sich umgekehrt der
Kläger auch einverstanden erklärt hat. Eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten wurde nicht begründet.
Damit wurde auch keine beamtenrechtliche Regelung im Sinne eines weitergehenden Beurlaubungsanspruchs
in Aussicht gestellt. Zudem konnten die Arbeitsverträge nur die privatrechtlichen Vertragsparteien binden, nicht
jedoch die Beklagte als Dienstherrn des Klägers (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, aaO.).
36 Die Berufung war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund vorliegt (§ 124 Abs. 1 VwGO). Insbesondere
weist die Rechtssache keine besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf und die Entscheidung
weicht auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab und ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung
ist (vgl. § 124 Abs. 2 VwGO).
37 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.