Urteil des VG Stuttgart vom 07.08.2012
VG Stuttgart: leistungsfähigkeit, stand der technik, nacht, grundstück, steigerung, klima, luft, mensch, raststätte, fahrstreifen
VGH Baden-Württemberg Urteil vom 7.8.2012, 5 S 1749/11
Leitsätze
Ein vordringlicher Bedarf im Sinne des Fernstraßenausbaugesetzes besteht nur für die im
Bedarfsplan konkret bezeichneten Vorhaben. Dies sind der Ausbau von bestehenden
Bundesautobahnen mit einer genau festgelegten Anzahl von zusätzlichen Fahrspuren und der
Neubau von Bundesautobahnen mit einer ebenfalls exakt bestimmten Fahrstreifenanzahl. Der
Ausbau einer Verkehrsanlage an einer Tank- und Rastanlage einer Bundesautobahn wird vom
Bedarfsplan auch dann nicht erfasst, wenn für den Ausbau des betreffenden Autobahnabschnitts
ein vordringlicher Bedarf besteht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des
Regierungspräsidiums Karlsruhe zum Umbau und zur Erweiterung der Verkehrsanlage
der Tank- und Rastanlage Bühl an der Bundesautobahn A 5 Basel -Frankfurt vom
29.03.2011. Die bestehende Tank- und Rastanlage Bühl liegt östlich der A 5 zwischen
den Anschlussstellen Bühl und Baden-Baden in Fahrtrichtung Basel - Karlsruhe. Der
sechsstreifige Ausbau der A 5 auf diesem Streckenabschnitt ist im Jahr 2004
bestandskräftig planfestgestellt worden; er soll bis Oktober 2012 fertiggestellt sein.
2 Durch den Ausbau auf dem parallel zur A 5 gelegenen Gelände nördlich der bestehenden
Tank- und Rastanlage sollen insbesondere Stellplätze für Lkw geschaffen werden; ihre
Zahl erhöht sich von 19 auf 128. Auf der Fläche der bestehenden Verkehrsanlage der
Raststätte sollen Pkw-Stellplätze angelegt werden. Dadurch erhöht sich ihre Anzahl von
98 auf 137. Außerdem sollen erstmals 10 Stellplätze für Busse und 4 Stellplätze für
Behinderte geschaffen werden.
3 Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 14671/3, L...-straße ..., in Sinzheim-
Halberstung. Das Grundstück befindet sich am südlichen Ortsrand von Halberstung mit
Blickkontakt zum bestehenden Rasthof Bühl in einem durch Bebauungsplan festgesetzten
allgemeinen Wohngebiet. Es ist mit einem Einfamilienwohnhaus bebaut, das die Kläger
selbst bewohnen. Die Hauptwohnräume sowie die Terrasse und der Balkon sind nach
Süden orientiert. Die Entfernung des Hauses der Kläger zur A 5 beträgt ca. 350 m, die
Entfernung zur neuen Parkfläche der Tank- und Rastanlage Bühl ca. 250 m. Dazwischen
befinden sich jeweils Freiflächen. Die Entfernung zur östlich von Halberstung
verlaufenden B 3 und der parallel geführten Rheintalbahntrasse beträgt ca. 1,4 km, die
nördlich von Halberstung verlaufende L 80 ist ca. 500 m entfernt.
4 Dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses lag folgendes Verfahren zugrunde: Am
13.08.2008 beantragte die Straßenbaubehörde des Regierungspräsidiums Karlsruhe bei
der Anhörungs- und Planfeststellungbehörde des Regierungspräsidiums die Durchführung
eines Planfeststellungsverfahrens für das Vorhaben. Mit Entscheidung vom 24.08.2009
stellte die Planfeststellungsbehörde fest, dass für das beantragte Vorhaben eine
Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe. Mit
Schreiben vom 15.09.2009 leitete sie das Planfeststellungsverfahren ein. Die
Planunterlagen einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans, einer
Umweltverträglichkeitsstudie, einer schalltechnischen Untersuchung und eines
Luftschadstoffgutachtens wurden nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung am
25.09.2009 vom 05.10.2009 bis einschließlich 04.11.2009 in den Städten Bühl und
Baden-Baden sowie in der Gemeinde Sinzheim ausgelegt. Den Trägern öffentlicher
Belange und den anerkannten Naturschutzverbänden gab das Regierungspräsidium mit
Schreiben vom 15.09.2009 Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 18.11.2009.
5 Am 18.11.2009 erhoben die Kläger Einwendungen gegen die Planung. Sie machten -
auch unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bevollmächtigten der Stadt Sinzheim
vom 16.11.2009 - geltend, ihre Lebens- und Wohnqualität sowie ihre Gesundheit werde
durch die von dem Vorhaben ausgelösten Lärm- und Luftschadstoffimmissionen
beeinträchtigt. Südöstlich der bestehenden Tank- und Rastanlage befinde sich ein für
deren Erweiterung geeignetes, durch Aufschüttungen vorbelastetes Waldstück. Dort
müssten nach dem Sturm „Lothar“ nur noch einige weitere Bäume gefällt werden. Es sei
allerdings schon nicht dargelegt, dass die Schaffung von Lkw-Stellplätzen überhaupt an
dieser Stelle zwingend erforderlich sei, noch dass diese in dem vorgesehenen Umfang
erfolgen müsse. Stellplätze könnten auch im Bereich von P/WC-Anlagen entlang der
Autobahn geschaffen werden. Dies sei nicht untersucht worden. Die Variantenprüfung sei
fehlerhaft. Insbesondere sei die der Variantenauswahl zugrunde liegende
Umweltverträglichkeitsstudie nicht korrekt. Einzelne Teile der artenschutzrechtlichen
Ausführungen seien nicht zutreffend. Zudem sei die Bewertung der Gebiete nördlich der
Tank- und Rastanlage einerseits sowie des südlich gelegenen Waldes andererseits
fehlerhaft. Der Schalluntersuchung sei eine mangelhafte Verkehrsprognose zugrunde
gelegt worden, da der Verkehrsgutachter ein zu geringes Verkehrsaufkommen auf der A 5
prognostiziert habe. Zudem sei nicht berücksichtigt worden, dass der planfestgestellte
Lärmschutzwall im Bereich der Tank- und Rastanlage verkürzt ausgeführt werde. Dies
habe zur Folge, dass die im Rahmen der Planfeststellung für den Ausbau der A 5 erstellte
Lärmprognose ebenfalls überarbeitet werden müsse. Auch das Luftschadstoffgutachten
basiere auf den zu niedrig angesetzten Verkehrszahlen. Außerdem sei weder bei der
Lärm- noch bei der Schadstoffprognose berücksichtigt worden, dass es aufgrund des
Sonntagsfahrverbots für Lkw zu bestimmten Zeiten zu Ex-trembelastungen komme. Im
Hinblick auf das Schutzgut „Mensch und Erholung“ gelange die Planfeststellung zu dem
absurden Ergebnis, dass die Nordvariante gegenüber den anderen beiden Varianten
vorzugswürdig sei, obwohl sie am nächsten an die Wohnbebauung heranrücke. Aufgrund
des Heranrückens müsse zumindest geprüft werden, ob die Belastung der Menschen
durch eine deutliche Verringerung der Stellplatzzahl reduziert werden könne.
6 Nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen wurden die Planunterlagen an
mehreren, die Kläger nicht betreffenden Stellen geändert. Diese erhoben zu den
Änderungen auch keine Einwendungen. Am 29.09.2010 fand in Sinzheim ein
Erörterungstermin statt. Der Termin war zuvor ortsüblich bekannt gemacht worden.
7 Am 29.03.2011 erließ das Regierungspräsidium Karlsruhe den streitgegenständlichen
Planfeststellungsbeschluss.
8 Gegen den vom 28.04.2011 bis zum 12.05.2011 öffentlich ausgelegten
Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 14.06.2011 (Dienstag nach Pfingsten)
Klage erhoben. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihre im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens vorgebrachten Einwendungen. Sie tragen zusammengefasst
vor: Dem planfestgestellten Vorhaben mangele es an der Planrechtfertigung. Es sei nicht
dargelegt, dass die Schaffung neuer Lkw-Stellplätze am Standort Bühl erforderlich sei, und
zwar weder dem Grunde, noch der Höhe nach. Standortalternativen seien nicht geprüft
worden. Die unterbliebene Berücksichtigung von Alternativstandorten stelle auch einen
Abwägungsfehler dar. Die Ablehnung des im Auftrag der Gemeinde Sinzheim vom Büro
K..., L... und Partner erstellten Alternativvorschlags sei ebenfalls abwägungsfehlerhaft. Der
Vorhabenträger habe von vornherein nur die Nordvariante im Blick gehabt, denn in der
Plausibilitätsprüfung des Fachbeitrags Fauna werde die Nordvariante als Vorzugsvariante
bezeichnet und der Vorhabenträger sei im Bereich der Nordvariante bereits Eigentümer
eines Großteils der benötigten Grundstücke.
9 Die der Planung zugrunde gelegten Verkehrszahlen seien zu gering. Dies belegten die
Verkehrsprognosen im Planfeststellungsverfahren zum Ausbau der A 5, der Bericht des
Bundesverkehrsministeriums zur Lkw-Parkstandsituation auf und an Bundesautobahnen
aus dem Jahr 2008 und der Generalverkehrsplan Baden-Württemberg. Auch im
Erläuterungsbericht würden höhere Verkehrszahlen genannt. Im Übrigen basierten Lärm-
und Luftschadstoffgutachten auf unterschiedlichen Annahmen hinsichtlich des
Schwerlastanteils.
10 Bei der schalltechnischen Untersuchung sei zudem nicht berücksichtigt worden, dass der
bereits planfestgestellte Lärmschutzwall entlang der A 5 verkürzt ausgeführt werde. Ferner
hätte eine Gesamtlärmbetrachtung erfolgen müssen, da das planfestgestellte Vorhaben
zusammen mit der Vorbelastung durch den Flugzeug- und Schienenlärm sowie den Lärm
weiterer Straßen zu Gesundheitsgefahren führen könne. Im Übrigen liege eine atypische
Konstellation vor, bei der schädliche Umwelteinwirkungen auch unterhalb bestehender
Grenzwerte anzunehmen seien. Denn ihr Grundstück sei von Verkehrsanlagen
eingekesselt; es befinde sich nur in einem Abstand von 200 m zur geplanten Lkw-
Stellplatzanlage und die Hauptwohnräume sowie der Außenwohnbereich lägen in dieser
Richtung. Darüber hinaus komme es zu einer Spitzenbelastung am Sonntag um 22 Uhr,
wenn sämtliche Lkw starteten.
11 Die Variantenprüfung in der Umweltverträglichkeitsstudie sei fehlerhaft. Beim Schutzgut
„Mensch“ sei die Leistungsfähigkeit und die Empfindlichkeit der Nordvariante hinsichtlich
der Erholungsnutzung zu gering und die der Südvariante zu hoch eingestuft worden. Beim
Schutzgut „Tiere und Pflanzen“ sei nicht berücksichtigt worden, dass für die festgestellten
Verstöße gegen § 44 BNatSchG eine Ausnahme nach § 45 Abs. 5 BNatSchG greife. Im
Übrigen sei die Möglichkeit von CEF-Maßnahmen nicht geprüft worden. Beim Schutzgut
„Klima/Luft“ sei es unterlassen worden zu prüfen, ob der Wald trotz der Sturmschäden
durch „Lothar“ seine Funktionen noch erfüllen könne. Außerdem beruhe die Bewertung auf
einem fehlerhaften Luftschadstoffgutachten. Ferner sei der Raumwiderstand der
Nordvariante sowohl beim Schutzgut „Klima/Luft“ als auch beim Schutzgut „Boden“ zu
gering bewertet worden. Schließlich seien die Risiken bei der Nordvariante fehlerhaft als
gering und die der Südvariante als zu hoch eingestuft worden.
12 Die Kläger beantragen,
13 den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Karlsruhe zum Umbau und
zur Erweiterung der Verkehrsanlage der Tank- und Rastanlage Bühl an der
Bundesautobahn A 5 Basel - Frankfurt vom 29.03.2011 aufzuheben,
14 hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts über die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche
Schutzauflagen gegen Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit und ihres Eigentums durch
Verkehrslärm zu entscheiden.
15 Das beklagte Land beantragt,
16 die Klage abzuweisen.
17 Zur Begründung wird ausgeführt: Die Planrechtfertigung sei gegeben. Es bestehe sowohl
dem Grunde als auch der Höhe nach ein Bedarf an zusätzlichen Lkw-Stellplätzen. Diese
sollten an einzelnen Standorten konzentriert werden. Die reinen Parkplätze, auf denen
aufgrund von Müllablagerungen schlimme Zustände herrschten, sollten durch Tank- und
Rastanlagen und P/WC-Anlagen ersetzt werden. Dort seien solche Probleme besser
beherrschbar, da diese Plätze beleuchtet und bewacht seien. Der Ausbau bestehender
Anlagen sei ökologisch und ökonomisch vorteilhaft. Andere Lösungen seien zwar
denkbar, drängten sich aber nicht auf. Im Übrigen würden im fraglichen Autobahnabschnitt
weitere Lkw-Stellplätze geschaffen, beispielsweise durch die neue P/WC-Anlage
Brachfeld.
18 Die der Planung zugrunde gelegten Verkehrszahlen stammten aus dem Gutachten von
Modus Consult aus dem Jahr 2007; sie seien korrekt ermittelt worden. Die im
Erläuterungsbericht genannten höheren Zahlen bezögen sich auf den nördlich der Tank-
und Rastanlage gelegenen Autobahnabschnitt zwischen Rastatt und Baden-Baden, der
ein höheres Verkehrsaufkommen aufweise. Die dem Planfeststellungsverfahren zum
Ausbau der A 5 zugrunde gelegten Verkehrszahlen seien zwar ebenfalls höher gewesen,
jedoch sei die Verkehrszunahme deutlich geringer ausgefallen, als seinerzeit
prognostiziert.
19 Die Verkürzung des Lärmschutzwalles zur A 5 sei für die Lärmbelastung unerheblich, da
in der schalltechnischen Untersuchung im Verfahren zum Ausbau der A 5 mit einem
kürzeren Wall gerechnet worden sei. Der Wall sei damals nachträglich verlängert worden,
so dass der Wall nun auf den seinerzeit anfangs geplanten und berechneten Zustand
zurückgeführt werde. Im Übrigen seien die Lärmschutzwirkungen des wegfallenden,
gebogenen Wallabschnitts ohnehin marginal. Eine Gesamtlärmbetrachtung habe am
ungünstigsten Immissionsort einen Schallpegel von 51 dB(A) ergeben; dieser liege
deutlich unter der Schwelle zur Gesundheitsgefahr, die bei 70 dB(A) tags und 60 dB(A)
nachts anzusetzen sei. Ein Anspruch auf Lärmminderung unterhalb der Grenzwerte der
16. BImSchV und unterhalb der Schwelle zur Gesundheitsgefahr sei nur im Rahmen der
Abwägung zu berücksichtigen gewesen. Eine atypische Situation, die die Einhaltung
strengerer Grenzwerte gebiete, liege trotz der Summierung der Geräusche durch die
Stellplatzanlage, die Tankstelle und die Kühlaggregate nicht vor. Die Lärmzunahme durch
die Tank- und Rastanlage erscheine vergleichsweise gering im Verhältnis zum Lärm, der
auf der A 5 entstehe.
20 Bei der Verkehrsprognose einerseits und der Schadstoffprognose andererseits sei nur
scheinbar ein unterschiedlicher Schwerlastanteil zugrunde gelegt worden. Das
Verkehrsgutachten gehe von einem Schwerlastanteil von 17,5 % am Tag (6 bis 22 Uhr)
und 35 % in der Nacht (22 bis 6 Uhr) aus. Die Stundenzahlen stünden zueinander im
Verhältnis 2:1. Gewichte man den Tagwert doppelt und den Nachtwert einfach und teile
die Summe durch drei, erhalte man den dem Luftschadstoffgutachten zugrundelegten Wert
von 23,3 %.
21 Die Umweltverträglichkeitsstudie sei korrekt. Ihr sei der planfestgestellte Ausbauzustand
der A 5 zugrunde gelegt worden und sie basiere auf der zutreffenden Verkehrsprognose
von Modus Consult aus dem Jahr 2007. Die von den Klägern in Zweifel gezogenen
Waldfunktionen folgten aus dem Forstlichen Rahmenplan vom 17.07.1980 und der
Waldfunktionskartierung Stand Januar 1990. Der Wald erfülle trotz der Sturmschäden
durch „Lothar“ weiterhin seine Funktionen; die zuständigen Forstbehörden hätten trotz der
Schäden keinen Anlass für eine Aktualisierung der Waldfunktionskartierung gesehen. Die
artenschutzrechtliche Betrachtung sei ebenfalls fehlerfrei. Die Nordvariante biete
gegenüber der Süd- und der Ostvariante den Vorteil, dass dort keine Arten mit
besonderem Schutzstatus betroffen seien. Die Leistungsfähigkeit der einzelnen Bereiche
der drei Varianten zur Erholungsnutzung sei zutreffend bewertet worden. Gleiches gelte für
den Raumwiderstand „Boden“ und „Klima/Luft“. Im Bereich der Nordvariante seien die
jeweils bestehenden Vorbelastungen zu berücksichtigen gewesen. Selbst wenn man beim
Schutzgut „Mensch“ zu einem anderen Ergebnis als die Umweltverträglichkeitsstudie
komme, würde sich das Gesamtergebnis nicht ändern, da die Nordvariante bei allen
anderen Schutzgütern vorzugswürdig sei.
22 Die Planungsvarianten des Büros K..., L... und Partner drängten sich nicht auf. Ihr größter
Nachteil sei die erhebliche Reduzierung der Lkw-Stellplätze, die die Schaffung solcher
Plätze an anderen Orten notwendig mache.
23 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Schriftsätze der Beteiligten und der zur Sache gehörenden Gerichts- und Behördenakten
verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
A.
24 Die Klage ist zulässig.
25 Sie ist rechtzeitig vor Ablauf der am 14.06.2012, dem Dienstag nach Pfingsten, endenden
einmonatigen Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO beim erkennenden Gerichtshof
eingegangen. Die Kläger sind nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, da sie geltend
machen, durch die mit dem Ausbau und Umbau der Tank- und Rastanlage verbundene
Erhöhung der Lärm- und Schadstoffimmissionen in ihrer Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und
ihrem Grundeigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) beeinträchtigt zu werden und eine solche
Beeinträchtigung nach ihrem Vortrag möglich erscheint.
26 Der erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsantrag auf Gewährung
zusätzlichen Lärmschutzes ist nach § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig. Der Sache nach
haben die Kläger den Anspruch auf zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen bereits in ihren
Klageschriftsätzen angesprochen und der Beklagte hat sich mit diesem Vorbringen in
seinen Erwiderungsschriftsätzen auseinandergesetzt. Darüber hinaus ist die
Klageänderung sachdienlich, da der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die
Klageänderung die endgültige Beilegung des Streits fördert.
B.
27 Die Klage ist aber weder mit ihrem Hauptantrag (dazu I.) noch mit ihrem Hilfsantrag (dazu
II.) begründet.
I.
28 Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Rechtsfehler, der die Kläger in ihren
Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Aufhebung des Beschlusses oder
die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.
29 1. Die Kläger sind durch den Planfeststellungsbeschluss nur mittelbar betroffen, denn ihr
Grundstück wird durch das planfestgestellte Vorhaben nicht in Anspruch genommen. Sie
können daher nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des
Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten
Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung
verlangen (BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris Rn. 12).
30 2. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine Verfahrensfehler auf, die die Rechte der
Kläger berühren könnten. Die Kläger haben solche nicht geltend gemacht und sie sind
auch für den Senat nicht ersichtlich.
31 3. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem materiell-rechtlichen Fehler, der nach
dem oben dargestellten Prüfungsmaßstab zum Erfolg der Anfechtungsklage führen würde.
Das planfestgestellte Vorhaben ist erforderlich (dazu a)) und der
Planfeststellungsbeschluss verstößt weder gegen zwingendes Recht (dazu b)) noch
gegen das Abwägungsgebot (dazu c)).
32 a) Es kann offen bleiben, ob die mittelbar betroffenen Kläger befugt sind, die fehlende
Planrechtfertigung zu rügen (verneinend: BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 –
juris Rn. 27; bejahend: BVerwG, Urteil vom 26.04.2007 - 4 C 12.05 -; BVerwGE 128, 358).
Denn sie ist für das planfestgestellte Vorhaben gegeben. Die nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts für jede staatliche Planung als ungeschriebenes
Tatbestandsmerkmal erforderliche Planrechtfertigung erfordert eine Prüfung, ob für das
konkrete Vorhaben ein Bedarf besteht, d.h. ob es gemessen an den Zielsetzungen des
jeweiligen Fachgesetzes vernünftigerweise geboten ist (sog. fachplanerische
Zielkonformität). Bei Bundesfernstraßen ist ein Vorhaben somit an den Zielsetzungen des
§ 1 Abs. 1 FStrG zu messen. Soweit die Erforderlichkeit und zeitliche Dringlichkeit eines
Vorhabens in einem vom Gesetzgeber beschlossenen Bedarfsplan konkretisiert worden
ist, ist diese Festlegung auch für das gerichtliche Verfahren verbindlich und nur einer
eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich (st. Rspr. vgl. BVerwG, Urteil vom
24.11.2011 - 9 A 24.10 -, juris Rn. 27 und Urteil vom 28.12.2009 - 9 B 26.09 -, NVwZ 2010,
380).
33 Das Vorhaben der Beigeladenen ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum
Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) als
Vorhaben des vordringlichen Bedarfs nicht enthalten. Denn ein vordringlicher Bedarf
besteht nur für die im Bedarfsplan konkret bezeichneten Vorhaben. Dies sind der Ausbau
von bestehenden Bundesautobahnen mit einer genau festgelegten Anzahl von
zusätzlichen Fahrspuren und der Neubau von Bundesautobahnen mit einer ebenfalls
exakt bestimmten Fahrstreifenanzahl. Der Ausbau von weiteren in § 1 Abs. 4 FStrG
genannten Teilen der Bundesfernstraßen, die mit dem Ausbau oder dem Neubau von
Fahrstreifen nicht notwendig in Zusammenhang stehen, zählt dagegen nicht zum
vordringlichen Bedarf. Zu solchen weiteren Teilen gehören auch die Verkehrsanlagen an
Tank- und Rastanlagen.
34 aa) Die planfestgestellte Stellplatzanlage ist allerdings kein Nebenbetrieb im Sinne des §
1 Abs. 4 Nr. 5 i.V.m. § 15 Abs. 1 FStrG. Denn es fehlt an dem für einen Nebenbetrieb
erforderlichen Merkmal des "Betreibens". Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 FStrG definiert
Nebenbetriebe als Betriebe an Bundesautobahnen, die den Belangen der
Verkehrsteilnehmer der Bundesautobahnen dienen und nennt beispielhaft Tankstellen,
bewachte Parkplätze, Werkstätten, Verlade- und Umschlagsanlagen sowie Raststätten.
Die Aufzählung ist zwar nicht abschließend, wie schon der Wortlaut der Vorschrift ("z.B.")
zeigt. Sämtlichen der genannten Beispiele ist jedoch gemein, dass es sich um
Einrichtungen handelt, die mit Personal betrieben werden. Es wird nicht nur eine Fläche
oder eine Einrichtung zur Verfügung gestellt, die die Verkehrsteilnehmer ohne
Unterstützung durch Betriebspersonal nutzen können, sondern die Einrichtungen werden
von Personal betreut, das regelmäßig, wenn nicht sogar dauernd anwesend ist. Auf eine
unbewachte Stellplatzanlage, die nicht Teil einer Raststätte ist, trifft diese Eigenschaft
nicht zu, selbst wenn sie sich - wie im vorliegenden Fall - in unmittelbarer Nähe zu einer
Raststätte befindet. Denn die Stellplatzanlage wird nicht von dem Raststättenbetrieb
betreut. Die in regelmäßigen, aber größeren zeitlichen Abständen erforderliche Leerung
der Müllbehälter und eine gegebenenfalls notwendige Reinigung der Stellplatzanlage
stellen keine Betreuung mit Personal dar, die einem "Betreiben" der in § 15 Abs. 1 FStrG
genannten Einrichtungen vergleichbar wäre.
35 bb) Die Stellplatzanlage ist unter funktionalen Gesichtspunkten Teil des Straßenkörpers
im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG (vgl. OVG Sachsen Anhalt, Urteil vom 10.12.1997 - A
4 S 2/97 - juris Rn. 25; Linke, in Marschall FStrG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 6). Trotz dieser
Zuordnung wird sie nicht vom Bedarfsplan erfasst. An der gegenteiligen Auffassung im
Urteil vom 22.03.1995 (- 5 S 2341/94 -, VBlBW 1996, 18) hält der Senat nicht mehr fest.
Der Bedarfsplan enthält insoweit keine Festlegung. Eine solche wäre jedoch erforderlich,
um nach § 1 Abs. 2 FStrAbG verbindlich sein zu können für die Planfeststellung nach § 17
FStrG. Denn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG entsprechen die in den Bedarfsplan
aufgenommenen Bau- und Ausbauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG;
nach Satz 2 der Vorschrift ist die Feststellung des Bedarfs für die Planfeststellung nach §
17 FStrG verbindlich. Diese Verbindlichkeit gilt nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts nicht nur für das behördliche, sondern auch für das
gerichtliche Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 -, a.a.O.). Da der
Bedarfsplan die Rechtfertigung einer Planfeststellung somit weitgehend der gerichtlichen
Kontrolle entzieht, muss er den Gegenstand des jeweiligen Bau- oder Ausbauvorhabens
konkret bezeichnen. Der Gesetzgeber hat im Bedarfsplan lediglich festgelegt, an welchen
Streckenabschnitten der Bundesautobahnen welche Anzahl an Fahrstreifen hergestellt
werden sollen; Bestimmungen zu Stellplatzanlagen an den Bundesautobahnen enthält der
Bedarfsplan dagegen nicht. Er ist deshalb für die Beurteilung des Ausbaubedarfs einer
solchen Anlage auch nicht verbindlich.
36 Dies gilt auch im vorliegenden Fall, denn der Bedarfsplan enthält keine verbindliche
Aussage über den Ausbaubedarf der Verkehrsanlage an der Tank- und Rastanlage Bühl.
Er weist zwar den Ausbau des Autobahnabschnitts der A 5, an dem sich das Vorhaben
befindet, als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs aus. Er regelt jedoch nur den Ausbau
von vier auf sechs Fahrspuren und betrifft daher nicht die Verkehrsanlage an der Tank-
und Rastanlage Bühl.
37 cc) Dem Vorhaben fehlt gleichwohl nicht die erforderliche Planrechtfertigung. Denn
gemessen an den Zielsetzungen des Bundesfernstraßengesetzes erweist es sich als
vernünftigerweise geboten. Die mit der Planung verfolgten Ziele, den Bedarf insbesondere
an Lkw-Stellplätzen, aber auch an Pkw- und Busstellplätzen entlang der A 5 zwischen
dem Autobahndreieck Karlsruhe und Appenweier in Fahrtrichtung Karlsruhe zu decken,
entsprechen den generellen Vorgaben des Bundesfernstraßengesetzes. Gemäß § 3 Abs.
1 FStrG sind Bundesfernstraßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis
genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern.
Die A 5 ist als europäische Fernstraße (Europastraße 35 und 52) eine Straße mit hoher
überregionaler Bedeutung. Zu einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden
Zustand gehört nicht nur die ausreichende Leistungsfähigkeit des Autobahnnetzes selbst.
Im Interesse der Schnelligkeit und Leichtigkeit des Verkehrs gehören dazu auch
Stellplatzanlagen, die Gelegenheiten für Pausen bieten und Berufskraftfahrern die
Möglichkeit einräumen, die gesetzlich geregelten Lenkzeiten einzuhalten (vgl. OVG
Nordrh.-Westf., Beschluss vom 15.04.2010 - 11 B 1731/09.AK -, juris Rn. 12 ff.). Der
Planfeststellungsbeschluss führt hierzu aus, das derzeitige Stellplatzangebot sei
angesichts des Verkehrsaufkommens mit seinem hohen Lkw-Anteil und des sich daraus
ergebenden Bedarfs besonders für den Schwerlastverkehr völlig unzureichend und
entspreche nicht dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis. Die Kläger haben dies auch nicht
in Abrede gestellt. Diese öffentlichen Interessen sind grundsätzlich geeignet, etwa
entgegenstehende Rechte zu überwinden.
38 Die Feststellung eines "zwingenden" Bedarfs ist im Rahmen der Prüfung der
Planrechtfertigung entgegen der Ansicht der Kläger nicht erforderlich, und zwar weder
hinsichtlich des Vorhabens an dieser Stelle dem Grunde nach, noch hinsichtlich seiner
konkreten Ausgestaltung, d.h. der Zahl der planfestgestellten Fahrzeugstellplätze. Die
Möglichkeit, die nach der Bedarfsermittlung des Bundesverkehrsministeriums erforderliche
Anzahl von Lkw-Stell-plätzen an anderer Stelle zu schaffen, besteht zwar ohne Weiteres.
Denn es könnten bestehende Parkplätze entlang der A 5 ausgebaut oder neue Parkplätze
errichtet werden. Diese Möglichkeit bedeutet jedoch nicht, dass das planfestgestellte
Vorhaben nicht vernünftigerweise geboten ist. Vielmehr sprechen gute Argumente dafür,
den bestehenden Bedarf durch den Ausbau der vorhandenen Rastanlagen zu schaffen.
Zum einen besteht dort die Möglichkeit für die Verkehrsteilnehmer, die bereits vorhandene
Tankstelle und die bestehenden Einrichtungen der Raststätte zu nutzen. Zum anderen ist
dort nach der im März 2008 im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums durchgeführten
Vollerhebung der Lkw-Parkstandsituation der Mangel am größten. Die Erhebung hat
ergeben, dass an der A 5 in Fahrtrichtung Norden an der Tank- und Rastanlage Bühl mit
19 Stellplätzen 65 Lkw abgestellt waren, mithin ein Defizit von 46 Stellplätzen bestand.
Die hohe Zahl fehlender Stellplätze macht zudem deutlich, dass eine Behebung dieses
Mangels ohne den massiven Ausbau der vorhandenen Rastanlagen nicht möglich ist.
39 Im Rahmen der Planrechtfertigung ist ferner nicht zu prüfen, inwiefern die festgestellte
Planung die verfolgten Ziele erreicht. Denn die Prüfung der Planrechtfertigung darf nicht
mit der Prüfung der Abwägung vermengt werden. Sie ist ihr vielmehr vorgelagert (BVerwG,
Urteil vom 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364; Senatsurteil vom 06.04.2006 - 5
S 847/05 -, UPR 2006, 454). Auch aus diesem Grund bedarf es an dieser Stelle daher
keiner Erörterung, ob andere Möglichkeiten bestanden, die mit der Planung verfolgten
Ziele zu erreichen. Schließlich ist an dieser Stelle nicht zu prüfen, ob es eine Alternative
zu der festgestellten Planung gab, die gegenüber der festgestellten Planung
vorzugswürdig gewesen wäre.
40 b) Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht zu Lasten der Kläger gegen solche
zwingenden Vorschriften des materiellen Rechts, deren Verletzung eine Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses zur Folge hätte. Die Rüge der Kläger, der
Planfeststellungsbeschluss sei mit den zwingenden Vorschriften der §§ 41 ff. BImSchG
i.V.m. der 16. BImSchV nicht vereinbar, führte auch dann nicht zu einem Anspruch auf
Planergänzung, wenn er zuträfe. Vielmehr bestünde auch bei unzureichender
Lärmvorsorge nur ein Anspruch auf Planergänzung, wie ihn die Kläger hilfsweise geltend
machen. Der Planfeststellungsbeschluss wäre nur dann aufzuheben, wenn das Fehlen
entsprechender Schutzauflagen zugleich einen Verstoß gegen das
fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot darstellen würde und nicht durch eine
Planergänzung behoben werden könnte (§ 17 Abs. 6 FStrG; vgl. dazu BVerwG, Urteil vom
01.12.2010 - 9 A 26.09 -, Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 7).
41 c) Der Planfeststellungsbeschluss leidet aber auch nicht zu Lasten der Kläger an
Abwägungsfehlern, die zu seiner Aufhebung führen. Er genügt dem in § 17 Satz 2 FStrG
normierten fachplanerischen Abwägungsgebot. Nach dieser Vorschrift sind bei der
Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange
einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
Die gerichtliche Kontrolle der Abwägungsentscheidung ist darauf beschränkt, ob eine
Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt worden ist, was nach
Lage der Dinge eingestellt werden musste, ob die Bedeutung der betroffenen Belange
verkannt und ob der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist,
der zum objektiven Gewicht einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so
gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Behörde bei
einer Kollision der verschiedenen Belange für die Bevorzugung des einen und damit
notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet (vgl.
BVerwG, Urteil vom 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56). Mängel der Abwägung
sind zudem nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf
das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom
16.08.1995 - 4 B 92.95 -, NVwZ-RR 1996, 68). Darüber hinaus führen nach § 17 Abs. 6
Satz 2 FStrG nur solche erheblichen Mängel zur Planaufhebung, die nicht durch eine
Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden können.
42 Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Beklagte die von dem Vorhaben berührten
öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit zutreffend
berücksichtigt. Soweit dennoch in einzelnen Punkten Defizite zu verzeichnen wären,
führten sie nicht zum Erfolg der Klage. Denn sie hätten keinen Einfluss auf das
Abwägungsergebnis gehabt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Abwägung
zugunsten der Kläger anders ausgefallen wäre.
43 aa) Abwägungsmängel im Hinblick auf die Lärm- und Schadstoffbelastung der Kläger
liegen nicht vor.
44 Der Planfeststellungsbeschluss verstieße zwar gegen den aus § 17 Satz 2 FStrG
folgenden Anspruch der Kläger auf gerechte Abwägung ihrer rechtlich schutzwürdigen
Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen, wenn die Planfeststellungsbehörde
infolge unrichtiger Grundannahmen oder methodischer Fehler bei der Verkehrsprognose
die auf dem Grundstück der Kläger zu erwartenden Belastungen durch Lärm und
Luftverunreinigungen zu ihrem Nachteil verkannt oder objektiv fehlgewichtet hätte (vgl.
dazu BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, NVwZ 2009, 1498). Ein solcher
Abwägungsmangel lässt sich jedoch nicht feststellen.
45 aaa) Der Schallgutachter hat in seine Immissionsprognose zutreffend sowohl den von den
Fahrstreifen der A 5 ausgehenden Lärm als auch die von der Nutzung der neuen
Verkehrsanlage an der Tank- und Rastanlage Bühl verursachten Geräuschimmissionen
berücksichtigt. Gegenstand des Vorhabens ist zwar ausschließlich der Ausbau der
Verkehrsanlage an der Tank- und Rastanlage Bühl. Die Verkehrsanlage ist jedoch Teil
des Straßenkörpers der A 5 (s.o.3. a) bb); vgl. OVG Sachsen Anhalt, Urteil vom 10.12.1997
- A 4 S 2/97 - juris Rn. 25; Linke, in Marschall FStrG, 6. Aufl. 2012, § 15 Rn. 6), so dass der
Ausbau der Verkehrsanlage letztlich zugleich ein Ausbau der A 5 ist.
46 bbb) Grundlage dieser Lärmberechnungen sind die von Modus Consult im Rahmen der
Verkehrsuntersuchung für den Baden-Airpark im Jahr 2007 ermittelten Verkehrszahlen.
Diese Untersuchung wird zwar unter Nr. 3.2 "Planungsgrundlagen" der schalltechnischen
Untersuchung nicht erwähnt. Es wird unter Nr. 4.1 nur mitgeteilt, die
Emissionsberechnungen beruhten auf Verkehrszahlen des Regierungspräsidiums. Die
Höhe der in der schalltechnischen Untersuchung verwendeten Zahlen entsprechen jedoch
denen des Verkehrsgutachtens von Modus Consult, so dass - wie auch der Beklagte
vorträgt - ohne Zweifel die Ergebnisse dieser Untersuchung Grundlage der
schalltechnischen Untersuchung waren. Bei der streitgegenständlichen Planfeststellung
geht der Schallgutachter daher für den Prognose-Nullfall und den Prognose-Planfall von
71.700 Kfz/24 h auf der A 5 aus; der Anschluss der L 80 an die A 5 ist hierbei
berücksichtigt. Diese Zahlen sind wesentlich geringer als diejenigen, die im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau der A 5 im Jahr 2004 prognostiziert wurden;
dem seinerzeit im Jahr 2001 erstellten Schallgutachten wurde ein Ist-Zustand von 56.400
Kfz/24 h (Zählung 1995) und ein Prognosezustand von 90.000 Kfz/24 h zugrunde gelegt.
47 Die im vorliegenden Verfahren verwendeten niedrigeren Verkehrszahlen beruhen nach
Angaben des Beklagten auf der Erkenntnis, dass sich das Verkehrsaufkommen nicht in
dem Umfang erhöht hat, wie noch im Jahr 2001 angenommen. Im
Planfeststellungsverfahren zum Ausbau der A 5 sei festgestellt worden, dass die alten
Prognosewerte zu niedrig gelegen hätten, weil die ursprünglich auf der Basis der Zahlen
von 1995 berechnete Verkehrsstärke des Jahres 2015/2020 bereits im Jahr 2000 erreicht
gewesen sei. Daher seien damals die Zählergebnisse der zurückliegenden Jahre linear
hochgerechnet worden, was zu einer Prognose von 90.000 Kfz/24 h im Jahr 2015/2020
geführt habe. Diese Zahl sei jedoch - wie sich nun aus einem Vergleich der Zählungen in
den Jahren 2000 und 2002 ergeben habe - zu hoch angesetzt gewesen. Für die
vorliegende Planfeststellung sei deshalb von den von Modus Consult für den Baden-
Airpark im Jahr 2007 festgestellten und prognostizierten Werten ausgegangen worden, die
ihrerseits auf den Ergebnissen der Verkehrszählung aus dem Jahr 2005 aufbauten.
48 Die Annahme von Modus Consult, dass sich das Verkehrsaufkommen nicht in der Weise
erhöht habe, wie noch im Jahr 2001 prognostiziert, wird durch die vom Verkehrsgutachter
der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Auswertung der Ergebnisse der
Dauerzählstelle an der A 5 bei Achern bestätigt. Danach schwankte das tägliche
Verkehrsaufkommen zwischen 64.798 Fahrzeugen im Jahr 2000 und 67.480 Fahrzeugen
im Jahr 2011. Betrachtet man nur die Jahre 2000 und 2011 liegt eine Steigerung um 4,1 %
vor. Die vorgelegte Auswertung zeigt jedoch, dass keine kontinuierliche Verkehrszunahme
zu verzeichnen war, sondern die Verkehrszahlen zwischen diesen Werten schwankten.
Das Verkehrsaufkommen stieg in den Jahren 2000 bis 2004, sank anschließend zwei
Jahre lang, stieg bis 2009 wieder an, sank dann im Jahr 2010 auf den zweitniedrigsten
Stand des 11-Jahres-Zeitraums, um schließlich im Jahr 2011 auf den höchsten Stand zu
steigen. Ähnlich verhält es sich mit dem Schwerverkehrsaufkommen. Betrachtete man nur
die Jahre 2000 und 2011, wäre sogar eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen.
Tatsächlich schwankten die Zahlen jedoch zwischen dem Tiefststand mit 12.407 Kfz/24 h
im Jahr 2011 und dem Höchststand mit 14.296 Kfz/24 h im Jahr 2004.
49 Ausgehend von den gesamten dargestellten Erkenntnissen ist es daher nicht zu
beanstanden, dass der Lärmprognose nicht die im Jahr 2001 prognostizierten 90.000
Kfz/24 h zugrunde gelegt wurden. Auch die Kläger rügen dies letztlich nicht mehr. Sie
erachten dennoch einige der Annahmen, die der Verkehrsprognose zugrunde liegen, als
fehlerhaft. Insbesondere sei das Verkehrsaufkommen des Factory-Outlet-Centers in
Roppenheim (Elsass) zu gering angesetzt worden. Tatsächlich sei mit 15 bis 20 % mehr
Verkehr zu rechnen; bezogen auf das Fahrzeugaufkommen bedeute dies, dass von
82.000 Kfz/24 h auszugehen sei. Zudem sei ein Schwerverkehrsanteil von 20 bis 25 % am
Tag und 40 bis 45 % in der Nacht zu erwarten.
50 Angesichts der dargestellten Entwicklung des Verkehrsaufkommens zwischen 2000 und
2011 drängt sich diese Annahme indes nicht auf. Denn sie bedeutete eine
Verkehrszunahme von ca. 26 % bezogen auf den Zeitraum 2010 (rund 65.000 Kfz/24 h)
bis 2025. Das der Lärmprogose zugrunde gelegte, für 2025 prognostizierte
Verkehrsaufkommen von 71.700 Kfz/24 h stellt zwar nur eine Erhöhung um ca. 10 %
bezogen auf den gleichen Zeitraum dar. Dieser Zuwachs ist jedoch immer noch mehr als
doppelt so hoch wie die Steigerung zwischen 2000 und 2011. Dass allein das
Verkehrsaufkommen des Factory-Outlet-Centers Roppenheim zu einer Steigerung um 16
% (bezogen auf das Fahrzeugaufkommen 2010) führt, erscheint äußerst unwahrscheinlich,
denn dies würde einem zusätzlichen Fahrzeugaufkommen von fast 10.000 Kfz/24 h
gleichkommen. Das der Lärmprognose zugrunde gelegte, für 2025 prognostizierte
Fahrzeugaufkommen von 71.700 Kfz/24 h ist für den Senat dagegen nachvollziehbar; es
bedeutet eine Steigerung, die deutlich über das zwischen 2000 und 2011 dokumentierte
Ausmaß hinausgeht, so dass von ihm auch zusätzlicher Verkehr umfasst wird, und zwar
insbesondere auch solcher des Factory-Outlet-Centers. Auch im Hinblick auf den
Schwerverkehrsanteil hat der Senat durchgreifende Zweifel, dass die von den Klägern
erwartete Höhe zutrifft. Denn auch insofern bedeutete dies eine Steigerung, die weit über
das zwischen 2000 und 2011 verzeichnete Maß hinausginge. Konkrete Anhaltspunkte für
eine solche Entwicklung des Schwerverkehrsanteils liegen indes nicht vor.
51 Selbst wenn aber - wie die Kläger vortragen - von 82.000 Kfz/24 h auszugehen gewesen
wäre, hätte ihre Klage keinen Erfolg. Die Erhöhung des Fahrzeugaufkommens steigerte
zwar die Lärmbelastung der Kläger. Dies hätte jedoch nicht zur Folge, dass das
Abwägungsergebnis fehlerhaft und der Planfeststellungsbeschluss deshalb aufzuheben
wäre. Der von den Klägern in der mündlichen Verhandlung fürsorglich beantragten
Beweiserhebung zur Höhe des Verkehrsaufkommens und des Schwerlastanteils bedarf es
daher nicht.
52 Ausgehend von der überschlägigen Berechnung des Lärmgutachters des Beklagten in der
mündlichen Verhandlung ist bei einem Verkehrsaufkommen von 82.000 Kfz/24 h und dem
von den Klägern genannten Schwerverkehrsanteil ein um 1 dB(A) höherer
Beurteilungspegel zu erwarten. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieses
Wertes zu zweifeln. Auch die Kläger greifen sie nicht substantiiert an. Die Erhöhung um 1
dB(A) hätte zur Folge, dass der als Richtwert zu berücksichtigende Beurteilungspegel des
§ 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV in Höhe von 49 dB(A) nachts um 0,6 dB(A) überschritten
würde, ohne dass dies in der Abwägung Berücksichtigung gefunden hätte. Der darin
liegende Verstoß gegen den Anspruch der Kläger auf gerechte Abwägung ihrer rechtlich
schutzwürdigen Belange (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13.05.2009 - 9 A 72.07 -, NVwZ
2009, 1498) hätte jedoch das Abwägungsergebnis nicht beeinflusst. Denn es liegen keine
Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte von der Vorzugsvariante Abstand genommen
hätte. Vielmehr spricht alles dafür, dass er wegen der relativ geringen, unterhalb der
Hörbarkeitsschwelle von 1 dB(A) liegenden Überschreitung an ihr festgehalten hätte.
53 ccc) Der weitere Vorwurf der Kläger, in der Abwägung sei nicht hinreichend berücksichtigt
worden, dass der Ortsteil Halberstung und damit auch sie selbst von Verkehrswegen und
Infrastrukturanlagen „eingekesselt“ seien, das „Maß“ also bereits jetzt „voll“ sei, führt
ebenfalls nicht zum Erfolg der Klage. Denn die für eine Gesundheitsgefährdung kritischen
Beurteilungspegel werden nach der schalltechnischen Untersuchung nicht erreicht. Dies
gilt selbst unter Zugrundlegung eines Verkehrsaufkommens von 82.000 Kfz/24 h und des
von den Klägern genannten Schwerverkehrsanteils. Nach der überschlägigen
Berechnung des Lärmgutachters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist bei
Zugrundelegung von 82.000 Kfz/24 h sowie unter Berücksichtigung des von den Klägern
genannten Schwerlastanteils mit einem um ca. 1 dB(A) höheren Beurteilungspegel
auszugehen. Der Beurteilungspegel würde dann bei den Klägern am ungünstigsten
Immissionsort 53,6 dB(A) am Tag und 49,6 dB(A) in der Nacht betragen. Damit läge er
immer noch deutlich unter der kritischen Schwelle von 70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) in
der Nacht. Der Senat hat keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die überschlägige
Berechnung die Belastung der Kläger zutreffend wiedergibt. Denn nach den
Rechenregeln der Schallberechnung würde sogar eine Verdoppelung der Verkehrsstärke
nur zu einer Erhöhung des Beurteilungspegels um 3 dB(A) führen. Auch in diesem Fall
wären die kritischen Werte bei weitem nicht erreicht.
54 Bei welcher Belastung unterhalb dieser Schwelle das „Maß voll“ sein soll, ist nicht
erkennbar; auch die Kläger legen hierzu nichts dar. Die von ihnen vermisste
Gesamtlärmbetrachtung unter Einschluss des Flugzeug- und Schienenlärms hat das
Regierungspräsidium in seinem Schriftsatz vom 11.05.2012 nachgeholt. Eines Gutachtens
hierzu bedurfte es nicht, denn bereits die überschlägige Betrachtung hat bestätigt, dass
Lärmimmissionen an der Schwelle zur Gesundheitsgefahr nicht im Raum stehen (s. unten
II.2).
55 ddd) Die schalltechnische Untersuchung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der im Jahr
2004 planfestgestellte Lärmschutzwall an der A 5 bei km 662+570 verkürzt wird, ohne
dass insoweit eine Neuberechnung der Lärmimmissionen erfolgte. Den von dem
Beklagten vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass in der schalltechnischen
Untersuchung aus dem Jahr 2001, die im Planfeststellungsverfahren für den Ausbau der A
5 erstellt worden war, zur Bewältigung der Lärmproblematik nur ein Wall bis km 662+550
vorgesehen war. Planfestgestellt wurde jedoch ein Wall bis km 662+570. Die Verkürzung
des Lärmschutzwalls bis km 662+550 im vorliegenden Planfeststellungsverfahren
entspricht daher der Situation, die seinerzeit schalltechnisch untersucht wurde. Aus
diesem Grund war die Untersuchung aus dem Jahr 2001 taugliche Grundlage für die
schalltechnische Untersuchung im vorliegenden Verfahren.
56 eee) Mit ihrer weiteren Rüge, bei der schalltechnischen Untersuchung sei nicht
berücksichtigt worden, dass es sonntags um 22 Uhr zu einer extremen Lärmbelastung
komme, weil dann das Sonntagsfahrverbot ende und alle Lkw gleichzeitig losführen,
dringen die Kläger ebenfalls nicht durch. Denn der von dem planfestgestellten Vorhaben
ausgehende Lärm wurde zutreffend auf der Grundlage der 16. BImSchV i.V.m. den RLS-
90 (Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen des Bundesverkehrsministeriums)
berechnet und bewertet. Nach diesen Regelwerken sind Zuschläge für solche Ereignisse
ebenso wenig vorgesehen wie ein Spitzenpegelkriterium. Die RLS-90 enthalten unter Nr.
4.5 spezielle Maßgaben für die Berechnung des von einem öffentlichen Parkplatz
ausgehenden Lärms. Die dortige Tabelle 5 nennt Anhaltswerte für die
Fahrzeugbewegungen je Stellplatz und Stunde auf Tank- und Rastanlagen. Diese sind
bei der Berechnung im vorliegenden Fall berücksichtigt worden. Der Sondersituation an
Sonntagen um 22 Uhr, die wohl an sämtlichen Tank- und Rastanlagen in Deutschland
auftreten dürfte, misst der Gesetzgeber offensichtlich kein solches Gewicht zu, dass sie bei
der Ermittlung der Lärmbelastung gesondert zu berücksichtigen wäre.
57 fff) Die Abwägung weist im Hinblick auf die durch das Vorhaben verursachte
Schadstoffbelastung ebenfalls keinen Fehler zu Lasten der Kläger auf. Den Vorwurf der
Kläger, dem Schadstoffgutachten sei ein von der schalltechnischen Untersuchung
abweichender Schwerverkehrsanteil zugrunde gelegt worden, hat der Beklagte bereits in
seiner Klageerwiderung entkräftet. Die Kläger haben ihren Vorwurf in der mündlichen
Verhandlung daraufhin nicht weiter aufrechterhalten.
58 Aber auch ihr Vorwurf, das Schadstoffgutachten sei fehlerhaft, weil der Gutachter von
einem zu geringen Verkehrsaufkommen ausgegangen sei, trifft nicht zu. Dass keine
durchgreifenden Bedenken an der Höhe des zugrunde gelegten Verkehrsaufkommens
bestehen, hat der Senat bereits oben dargelegt. Selbst bei einem unterstellten
Verkehrsaufkommen von 82.000 Kfz/24 h und einem Schwerverkehrsanteil, wie ihn die
Kläger für zutreffend halten, ändert sich jedoch nichts am Ergebnis.
59 Der Gutachter hat auf der Basis der von ihm zugrunde gelegten 71.700 Kfz/24 h
festgestellt, dass die Grenzwerte für Feinstaub (PM 10) und Stickstoff (NO
2
) deutlich
unterschritten werden. In beiden Fällen liegen die Grenzwerte bei 40 µg/m³ im
Jahresmittel. Die prognostizierten NO
2
-Immissionen betragen nach dem Gutachten am
maßgeblichen Untersuchungspunkt 2 im Jahresmittel 24 µg/m³; die PM 10-Immissionen
betragen 21 µg/m³ im Jahresdurchschnitt. Diese Werte sind so weit vom Grenzwert
entfernt, dass auch bei einer unterstellten Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf 82.000
Kfz/24 h keine entscheidungserhebliche Veränderung eintreten würde. Auch der
Äquivalenzwert von NO
2
in Höhe von 130 µg/m³ wird mit 71 µg/m³ deutlich unterschritten.
Gleiches gilt für die maximal zulässigen Überschreitungen des Grenzwertes von PM 10.
Zulässig sind 35 Überschreitungen, prognostiziert werden nur 14. Im Hinblick auf diese
beiden Kenngrößen ist daher ebenfalls keine ergebnisrelevante Veränderung zu erwarten,
wenn der Prognose ein Verkehrsaufkommen von 82.000 Kfz/24 h zugrunde gelegt wird.
Solches behaupten auch die Kläger nicht in substantiierter Weise.
60 bb) Die Variantenauswahl ist schließlich gleichfalls nicht zu Lasten der Kläger mit Fehlern
behaftet.
61 Hinsichtlich der Variantenprüfung können sich die mittelbar betroffenen Kläger zwar darauf
berufen, dass die Auswahl der Nordvariante für sie mit größeren Belastungen verbunden
sei als die Süd- oder die Ostvariante oder auch eine Variante unter Einbeziehung von
privaten Autohöfen und P/WC-Anlagen an dem fraglichen Autobahnabschnitt. Sie können
ausgehend davon geltend machen, dass die für die Nordvariante sprechenden
öffentlichen Belange fehlerhaft bewertet und mit der daraus folgenden Fehlgewichtung
ihren geschützten Privatbelangen gegenübergestellt worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom
24.11.2011 - 9 B 24.10 -, juris Rn. 53). Es gibt jedoch keine Anhaltspunkte, dass ein
solcher Abwägungsmangel tatsächlich vorliegt.
62 Der Abwägungsvorgang verläuft stufenweise. Bei der Zusammenstellung des
Abwägungsmaterials müssen alle ernsthaft in Betracht kommenden, von Amts wegen
ermittelten oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativlösungen berücksichtigt
werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von
den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen
(BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 B 24.10 -, juris Rn. 54). Die Planfeststellungsbehörde
ist indes nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und sämtliche
Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie ist befugt,
Alternativen, die sich aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, schon in
einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Stellt sich im Rahmen einer solchen
Vorprüfung heraus, dass das mit der Planung zulässigerweise verfolgte Konzept bei
Verwirklichung der Alternativtrasse nicht erreicht werden kann und daher die Variante in
Wirklichkeit auf ein anderes Projekt hinausliefe, so kann die Planfeststellungsbehörde
diese Variante ohne weitere Untersuchungen als ungeeignet ausscheiden. Über die Fälle
der fehlenden Eignung zur Zielverwirklichung hinaus ist die Planfeststellungsbehörde
befugt, Alternativen bereits in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden, die sich
nach den in diesem Stadium des Planungsprozesses angestellten
Sachverhaltsermittlungen hinsichtlich der berührten öffentlichen und privaten Belange als
weniger geeignet erweisen als andere Trassenvarianten. Ergibt sich dagegen nicht bereits
bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so
muss die Planfeststellungsbehörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden
Trassenvarianten im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und in ihre
Überlegungen ebenso einbeziehen wie die von ihr favorisierte Trasse (BVerwG,
Beschluss vom 24.04.2009 - 9 B 10.09 -, NVwZ 2009, 986).
63 Neben diesen, in erster Linie die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials
betreffenden Vorgaben ist zu berücksichtigen, dass die eigentliche planerische
Entscheidung zwischen zwei oder mehreren Trassenvarianten nur eingeschränkter
gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Nach der gefestigten Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der
Auswahl zwischen verschiedenen Trassen-varianten erst dann überschritten, wenn eine
andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller
abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private
Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese
Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2009 - 9 B
10.09 -, NVwZ 2009, 986).
64 aaa) Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt der von den Klägern vorgeschlagene
Ausbau und die Neuerrichtung privater Autohöfe bereits keine Planungsvariante dar, die
die Planfeststellungsbehörde hätte weiterverfolgen müssen, denn es besteht keine
Verpflichtung Privater, solche Autohöfe zu schaffen. Das Ziel, dem Stellplatzdefizit entlang
der Autobahn entgegenzuwirken, kann auf diesem Weg nicht erreicht werden.
65 bbb) Die von der Gemeinde Sinzheim vorgeschlagenen, vom Büro K..., L... und Partner
erarbeiteten beiden Varianten drängen sich jedenfalls nicht auf. Die beiden Varianten
basieren auf der Nordvariante und bedeuten eine Reduzierung der Lkw-Stellplätze von
128 auf 99 bei Variante 1 bzw. auf 95 bei Variante 2. Die Kläger zeigen nicht auf, dass
eine dieser Varianten sowohl den öffentlichen als auch den privaten Belange mehr
Rechnung tragen würde als die ausgewählte Variante. In diesem Zusammenhang ist
insbesondere von Bedeutung, dass bei diesen Lösungen zusätzliche Parkplätze an
anderen Stellen entlang der Autobahn eingerichtet oder bestehende Parkplätze ausgebaut
werden müssten, ohne insoweit die an der Tank- und Rastanlage Bühl bereits vorhandene
Infrastruktur ausnutzen zu können. Vielmehr müsste eine solche erst geschaffen werden.
Hierzu zählen vor allem WC-Anlagen, da nach dem verfolgten Ausbaukonzept Park- und
Rastplätze ohne diese Anlagen zugunsten von P/WC-Anlagen aufgegeben werden sollen.
66 ccc) Die von den Klägern favorisierte Südvariante drängt sich ebenfalls nicht auf. Die
Abwägung zugunsten der Nordvariante ist auch mit Blick auf die Berücksichtigung
sämtlicher mit der Klage angesprochener Belange nicht zu Lasten der Kläger fehlerhaft.
Die Belange, die die Kläger für sich in Anspruch nehmen können, sind nicht zugunsten
anderer Belange zu gering bewertet worden. Die Umweltverträglichkeitsstudie kommt bei
allen von den Klägern thematisierten Belangen zu dem Ergebnis, dass die Nordvariante
sowohl der Ostvariante als auch der Südvariante vorzuziehen ist. Dem folgt auch die
Planfeststellungsbehörde in ihrer Entscheidung.
67 (1) Entgegen der Ansicht der Kläger ist der planfestgestellte sechsspurige Ausbau der A 5
in die Umweltverträglichkeitsstudie eingestellt worden. Denn bereits in der Einleitung der
Umweltverträglichkeitsstudie unter Nr. 0.1.1 heißt es:
68 „Nördlich der Tank- und Rastanlage Bühl besteht entlang der BAB A 5 ein
Lärmschutzwall zwischen dem Ortsteil Halberstung der Gemeinde Sinzheim und der
BAB A 5 bis zum Brückenbauwerk bei Autobahnkilometer 662,270. Die planfestgestellte
Fortsetzung des Lärmschutzwalls in südlicher Richtung zwischen dem Brückenbauwerk
und der bestehenden Tank- und Rastanlage bei Autobahnkilometer 662,550 wird im
Zuge der Erweiterung der Tank- und Rastanlage verkürzt ausgeführt.“
69 Dieser Passus entkräftet zugleich den Vorwurf der Kläger, bei der
Umweltverträglichkeitsstudie sei die verkürzte Ausführung der Lärmschutzwand nicht
berücksichtigt worden. Soweit die Kläger rügen, die Umweltverträglichkeitsstudie sei
fehlerhaft, weil sie auf unzutreffenden Verkehrszahlen, einem fehlerhaften Schallgutachten
sowie einem mangelhaften Schadstoffgutachten beruhe, dringen sie ebenfalls nicht durch.
Insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Selbst unter
Zugrundelegung der von den Klägern genannten höheren Verkehrszahlen ändern sich die
Rahmenbedingungen nicht in einer Weise, dass der Umweltverträglichkeitsstudie die
Grundlage entzogen wäre. Vielmehr sind die Auswirkungen gering; die Lärmbelastung
steigt nur um 1 dB(A)
.
70 (2) Bei der Prüfung des Schutzgutes „Mensch und Erholung“ soll nach Auffassung der
Kläger die Ausgangslage fehlerhaft beurteilt worden sein, weil der Ortsteil Halberstung
von Verkehrs- und Infrastrukturanlagen „eingekesselt“ sei. Neben der A 5 sei der Ortsteil
durch Immissionen des Flughafens mit Baden-Airpark im Westen, des geplanten
Autobahnanschlusses der L 80 an die A 5 im Norden sowie der Schnellbahntrasse mit der
parallel verlaufenden B 3 im Osten belastet. Folgt man dieser Auffassung, so wird
allerdings ihr weiterer Vortrag entkräftet, die Leistungsfähigkeit der für die Nordvariante
beanspruchten Fläche sei unter dem Gesichtspunkt „Mensch und Erholung“ zu gering
bewertet worden. Denn die von den Klägern genannten Beeinträchtigungen bestehen in
gleicher Weise für die Erweiterungsfläche wie für die nördlich davon gelegene
Wohnbaufläche. Im Übrigen besteht für eine zu geringe Bewertung der Leistungsfähigkeit
der Erweiterungsfläche für die genannten Schutzgüter kein Anhaltspunkt. Die
Leistungsfähigkeit für die Erholungsnutzung der von den Klägern zum Beleg ihrer
Einschätzung genannten Radwege wurde in der Umweltverträglichkeitsstudie als „hoch“
eingestuft, die Leistungsfähigkeit der Flächen, die die Radwege umgeben, dagegen mit
„gering“. Letzteres ist nachvollziehbar, da es sich im Wesentlichen um intensiv genutzte
Ackerflächen, gartenbaulich genutzte Bereiche und die Fläche einer ehemaligen Gärtnerei
handelt. Das Vorhandensein der befestigten Feldwege, die als Rad- und Spazierwege
genutzt werden, steigert die Attraktivität der restlichen Fläche nicht in einem solchen Maß,
dass ihre Leistungsfähigkeit ebenfalls mit hoch zu bewerten wäre. Die von den Klägern als
zu hoch empfundene Einstufung der Waldrandbereiche ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Umweltverträglichkeitsstudie bewertet ihre Leistungsfähigkeit für die
Erholungsnutzung wegen der Attraktivität der Grenzsäume Wald-Feld und dem dort
entlangführenden Weg als „sehr hoch“. Selbst wenn dieser Weg nicht befestigt sein sollte,
wie die Kläger behaupten, änderte dies nichts daran, dass die Einstufung in der
Umweltverträglichkeitsstudie plausibel ist. Jedenfalls aber ist dieser Bereich in seiner
Leistungsfähigkeit für die Erholungsnutzung deutlich höher zu bewerten als die
landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzten Flächen sowie die Fläche einer
ehemaligen Gärtnerei im Bereich der Nordvariante. Da die Abwägung der Einschätzung
der Umweltverträglichkeitsstudie folgt, ist sie insoweit frei von Rechtsfehlern zu Lasten der
Kläger.
71 (3) Die Richtigkeit der Beurteilung der drei Varianten in der Umweltverträglichkeitsstudie
unter dem Gesichtspunkt des Schutzgutes „Fauna“ vermögen die Kläger ebenfalls nicht zu
erschüttern. Sie rügen in diesem Zusammenhang insbesondere, dass für die im Gebiet der
Ostvariante und der Südvariante vorkommenden streng oder besonders geschützten Arten
ein Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 BNatSchG nicht erfüllt sei, weil ein Ausnahmefall
nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vorliege und im Übrigen CEF-Maßnahmen nicht geprüft
worden seien. Die Kläger übersehen jedoch, dass durch die Nordvariante von vornherein
keine der streng oder besonders geschützten Arten betroffen ist, so dass sich dort die
Frage nach einer Ausnahme schon nicht stellt. Das gleiche gilt für die Frage von CEF-
Maßnahmen. Die Möglichkeit solcher Maßnahmen sind unter Nr. 3.4.4 in der
Umweltverträglichkeitsstudie im Übrigen ebenso angesprochen worden wie die einer
Ausnahme. Die Notwendigkeit solcher Maßnahmen belegt, dass die Südvariante
gegenüber der Nordvariante nicht vorzugswürdig ist. Denn bei der Nordvariante sind
solche Maßnahmen nicht erforderlich.
72 (4) Im Zusammenhang mit dem Schutzgut „Klima und Luft“ rügen die Kläger, es liege eine
Fehlbewertung vor, weil die Planfeststellungsbehörde nicht geprüft habe, ob der Wald
südlich der Tank- und Rastanlage Bühl die angenommene Funktion als Klimaschutzwald
noch erfüllen könne, nachdem Orkan „Lothar“ im Jahr 1999 auch dort Schäden angerichtet
habe. Die Umweltverträglichkeitsstudie berücksichtigt unter Nr. 2.2 jedoch, dass sich
südlich der Tank- und Rastanlage Bühl im Südwesten des Untersuchungsgebiets eine
Sturmfläche befindet. Diese Sturmfläche umfasst aber nicht die gesamte Waldfläche,
sondern nur einen kleinen Teil. Im Übrigen wurde die Fläche wieder aufgeforstet und der
Baumbestand dürfte nach mittlerweile mehr als 10 Jahren auch wieder sichtbar
nachgewachsen sein. Dass es sich insoweit jedenfalls um einen jungen Wald handelt,
berücksichtigt die Umweltverträglichkeitsstudie ebenfalls (s. z.B. Nr. 3.5.1). Bei dieser
Sachlage hätte es näherer Darlegungen der Kläger bedurft, weshalb nach ihrer
Auffassung der Wald insgesamt seine Funktionen als Klimaschutzwald nicht mehr erfüllen
kann. Selbst wenn eine Einstufung als Klimaschutzwald nicht mehr gerechtfertigt sein
sollte und deshalb die Bedeutung des Waldes für die Frischluftregeneration nach den
Bewertungskriterien der Umweltverträglichkeitsstudie (Nr. 3.3.4) nicht mit sehr hoch
sondern mit hoch zu bewerten wäre, wäre die Nordvariante in dieser Funktion nicht
überlegen. Denn die Bedeutung der landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzten
Flächen im Bereich der Nordvariante wird als gering eingestuft, da es dort an Pflanzen
fehle, die für die Frischluftproduktion verantwortlich seien.
73 Soweit die Kläger bemängeln, der Raumwiderstand sei hinsichtlich des Schutzgutes
Klima/Luft fehlerhaft bewertet worden, dringen sie ebenfalls im Ergebnis nicht durch. Die
Umweltverträglichkeitsstudie bewertet den Raumwiderstand der Waldflächen wegen
seiner Fähigkeit zur Frischluftregeneration mit sehr hoch und die landwirtschaftlich und
gartenbaulich genutzten Flächen wegen ihrer Fähigkeit zur Kaltluftproduktion mit hoch.
Selbst wenn - entspre-chend den vorstehenden Ausführungen zur Leistungsfähigkeit des
Waldes -dessen Raumwiderstand nur mit hoch zu bewerten wäre, wären die Nord- und die
Südvariante bezogen auf dieses Schutzgut allenfalls gleichwertig; die Südvariante wäre
jedoch nicht vorzugswürdig.
74 (5) Die Kläger rügen es als nicht nachvollziehbar, dass der Raumwiderstand bezüglich
des Schutzgutes Boden im nordwestlichen Bereich des Untersuchungsraums am
geringsten bewertet werde, obwohl die Böden im Bereich der Nordvariante und der
Ostvariante hinsichtlich der Funktionen „Leistungsfähigkeit als Filter für Schadstoffe“ und
Leistungsfähigkeit als Ausgleichskörper im Wasserkreislauf gleich bewertet wurden. Diese
Sichtweise greift zu kurz. Der Raumwiderstand spiegelt die Konfliktdichte wider. Nach der
Umweltverträglichkeitsstudie sollten wegen der Schadstoffimmissionen des Vorhabens
eher Böden mit einer sehr hohen oder hohen Leistungsfähigkeit als Filter und Puffer für
Schadstoffe in Anspruch genommen werden und Böden mit sehr hoher oder hoher
Empfindlichkeit gegen Schadstoffeintrag gemieden werden. Die
Umweltverträglichkeitsstudie sieht im Bereich des Offenlandes der Nordvariante die
Konfliktdichte als am geringsten an, weil dieses Gebiet zum einen durch seine
Bodenbeschaffenheit (sandiger Lehm) besser als Waldböden oder Lehmböden in der
Lage sei, als Filter und Puffer für Schadstoffe zu dienen. Sandiger Lehm ist zwar auch bei
der Ostvariante vorhanden, dies jedoch nur zu einem kleinen Teil. Überwiegend sind dort
Lehmböden zu finden. Zum anderen spreche für die Nordvariante, dass der dort
vorhandene sandige Lehm auch weniger empfindlich gegen Schadstoffeintrag sei als die
Waldböden der Südvariante oder die Lehmböden der Ostvariante. Darüber hinaus
besäßen die Böden der Süd- und der Nordvariante eine gleiche oder höhere
Leistungsfähigkeit als Ausgleichskörper im Wasserkreislauf. Vor dem Hintergrund dieser
Ausführungen in der Umweltverträglichkeitsstudie trifft der Vorwurf der Kläger nicht zu, der
Raumwiderstand sei fehlerhaft bewertet worden.
75 (6) Der Vorwurf der Kläger, die Umweltverträglichkeitsstudie habe die Sturmfläche im
Wald nicht mitbewertet, trifft nicht zu. Wie oben ausgeführt, wurde die Sturmfläche
berücksichtigt und sie betrifft auch nur einen kleinen Bereich am südwestlichen Rand des
Untersuchungsgebiets.
76 Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Umweltverträglichkeitsstudie die von
den Klägern gerügten Mängel nicht aufweist. Selbst wenn einzelne Bewertungen zu
korrigieren wären, folgte daraus nicht die Untauglichkeit der Umweltverträglichkeitsstudie
als Grundlage der Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde. Denn es
handelte sich allenfalls um eine Änderung um eine Bewertungsstufe, die eine Änderung
der Gesamtbewertung nicht erforderlich macht. Die Südvariante erweist sich auch dann
nicht als eine Variante, die gegenüber der planfestgestellten Nordvariante vorzugswürdig
wäre, weil sie sich geradezu aufdrängen würde.
II.
77 Die Klage bleibt auch mit ihrem Hilfsantrag ohne Erfolg. Die Kläger haben keinen
Anspruch auf eine erneute Entscheidung über die Ergänzung des
Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche Schutzauflagen gegen Beeinträchtigungen
ihrer Gesundheit und ihres Eigentums durch Verkehrslärm. Der
Planfeststellungsbeschluss verletzt die Kläger nicht dadurch in ihren Rechten, dass er
ihnen einen Anspruch auf Lärmschutz versagt.
78 1. Die Kläger können auf der Grundlage der §§ 41, 42 und 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG
i.V.m. der 16. BImSchV keinen weiteren Lärmschutz beanspruchen, da keine wesentliche
Änderung einer öffentlichen Straße im Sinne von § 1 der 16. BImSchV vorliegt.
79 Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 der 16. BImSchV ist eine Änderung wesentlich, wenn 1. eine
Straße um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr
erweitert wird oder 2., wenn durch einen erheblichen baulichen Eingriff der
Beurteilungspegel des von dem zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms
um mindestens 3 dB(A) oder auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A)
in der Nacht erhöht wird. Die Voraussetzungen der hier allein einschlägigen Nr. 2 sind
nicht erfüllt. Weder erreicht der Beurteilungspegel einen Wert von 70 dB(A) am Tage oder
60 dB(A) in der Nacht, noch erhöht sich durch das planfestgestellte Vorhaben für die
Kläger der Beurteilungspegel um mehr als 3 dB(A). Nach der schalltechnischen
Untersuchung beträgt die für die Kläger zu erwartende Belastung durch Lärmimmissionen
am Tag maximal 52,6 dB(A) und in der Nacht maximal 48,6 dB(A). Wie oben dargestellt,
ist auch dann nicht zu befürchten, dass die durch das planfestgestellte Vorhaben
ausgelösten Immissionen bei den Klägern die Schwelle der Gesundheitsgefahr erreicht,
wenn das von den Klägern für zutreffend erachtete Verkehrsaufkommen berücksichtigt
wird. Die schalltechnische Untersuchung hat zudem ergeben, dass sich der
Beurteilungspegel um maximal 1,6 dB(A) erhöhen wird. Berücksichtigt man die von den
Klägern erwartete höhere Verkehrsbelastung auf der A 5, fällt die Steigerung noch
geringer aus. Denn gegenüber dem Lärm, der von den Fahrzeugen auf den Fahrbahnen
ausgelöst wird, fällt der Lärm, der auf der Stellplatzanlage der Tank- und Rastanlage Bühl
entsteht, dann entsprechend geringer ins Gewicht.
80 2. Ein Anspruch auf Lärmschutz besteht auch nicht deshalb, weil wegen des
Zusammenwirkens mehrerer Lärmquellen eine Gesundheitsgefährdung der Kläger zu
befürchten wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss
vom 24.11.2010 - 4 BN 28.10 -, BRS 76 Nr. 19) ist bei dem Bau oder der wesentlichen
Änderung öffentlicher Straßen nur sicherzustellen, dass "durch diese" keine schädlichen
Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar
sind. Maßgeblich ist ausschließlich der Beurteilungspegel des Verkehrslärms, der von
dem zu bauenden oder zu ändernden Verkehrsweg ausgeht. Die Bildung eines
Summenpegels kann aber dann geboten sein, wenn der neue oder der zu ändernde
Verkehrsweg in Zusammenwirkung mit vorhandenen Vorbelastungen anderer
Verkehrswege insgesamt zu einer Lärmbelastung führt, die mit Gesundheitsgefahren oder
einem Eingriff in die Substanz des Eigentums verbunden ist. Allgemein wird diese Grenze
bei etwa 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts angenommen (vgl. BVerwG, Urteil vom
13.05.2009 - 9 A 72.07 -, NVwZ 2009, 1498).Steht eine Gefährdung dieses Ausmaßes
konkret zu befürchten, bedarf es genauerer Erhebungen und Berechnungen hierzu.
81 Solche konkreten Anhaltspunkte lagen im vorliegenden Fall nicht vor. Dies hat die
überschlägige Berechnung bestätigt, die das Regierungspräsidium in seinem Schriftsatz
vom 11.05.2012 vorgenommen hat. Das Regierungspräsidium hat für das mit 50,8 dB(A) in
der Nacht am meisten lärmbelastete Grundstück A...straße x unter Zuhilfenahme des dB-
Rechners unter www.staedtebauliche-laermfibel.de einen Summenpegel aus den
Immissionen des Straßenverkehrs, des Schienenlärms und des Flugzeuglärms ermittelt.
Danach ergibt sich für dieses Gebäude ein Gesamtpegel von 53,7 dB(A) in der Nacht. Bei
seiner überschlägigen Berechnung geht das Regierungspräsidiums davon aus, dass
durch den Schienenlärm der in ca. 1,4 km Entfernung verlaufenden Rheintalbahntrasse
ein Beurteilungspegel von 49 dB(A) und durch den Flugzeuglärm ein Beurteilungspegel
von 45 dB(A) verursacht wird. Der Wert von 49 dB(A) für die Rheintalbahntrasse folgt aus
dem Schallgutachten des Planfeststellungsverfahrens für die Errichtung der
Rheintalbahntrasse. Dort wird auf Seite 43 ausgeführt, die aktiven
Schallschutzmaßnahmen seien derart bemessen worden, dass für die von der Bahntrasse
weiter entfernt liegenden Bereiche - u.a. Halberstung - die Grenzwerte für alle
Flächennutzungen eingehalten werden. Dies ist für das Grundstück A...-straße x der Fall,
wenn der nächtliche Beurteilungspegel 49 dB(A) nicht überschreitet. Der Wert von 45
dB(A) für den Flugzeuglärm berücksichtigt, dass im Planfeststellungsverfahren Flughafen
Karlsruhe/Baden-Baden für den Immissionsort Leiberstung Friedhof ein äquivalenter
Dauerschallpegel von 40,8 dB(A) tags und 31,4 dB (nachts) berechnet wurden. Da der
Immissionsort Leiberstung Friedhof deutlich näher am Flughafen liegt als das Grundstück
A...straße x, dürfte die Annahme eines Beurteilungspegels von 45 dB(A) in der Nacht
sogar eher zu hoch als zu niedrig sein. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass der von
der A 5 ausgelöste Beurteilungspegel für das Grundstück A...straße x wegen des höheren
Verkehrsaufkommens um 1 dB(A) auf 51,8 dB(A) zu erhöhen ist, läge der Summenpegel
mit 54,3 dB(A) immer noch deutlich unter der kritischen Marke von 60 dB(A). Erst recht gilt
dies für die Lärmbelastung der Kläger, deren Grundstück aufgrund der größeren
Entfernung zu den Emissionsorten geringeren Immissionen ausgesetzt ist als das
Grundstück A...straße x.
82 3. Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg auf das Urteil des Senats vom 13.03.1996
(- 5 S 1743/95 -, VBlBW 1996, 423) berufen. Nach dieser Entscheidung liegen
ausnahmsweise in atypischen Fällen auch dann schädliche Lärmeinwirkungen im Sinne
des § 41 Abs. 1 BImSchG vor, wenn die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV nicht
überschritten sind. Es seien dann unter direktem Rückgriff auf die gesetzliche Bestimmung
in § 41 Abs. 1 BImSchG (ggfs. zusätzliche) aktive Schallschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Solche atypischen Fälle könnten vorliegen, wenn Verkehrslärmbelastungen absehbar
seien, die wegen besonderer örtlicher Gegebenheiten oder mit Rücksicht auf die in der 16.
BImSchV festgelegten Berechnungsmethoden zur Bestimmung der maßgeblichen
Beurteilungspegel auch unter Berücksichtigung des Kompromisscharakters der in der 16.
BImSchV bestimmten Lärmgrenzwerte und ihrer bewussten Pauschalierung erkennbar in
ihrer Belastungsintensität nicht angemessen erfasst würden - etwa wegen der
Nichtberücksichtigung von Schallspitzen oder der ungelösten Frage der Summierung von
Verkehrsgeräuschen aus mehreren Straßenbauvorhaben. Von dieser Rechtsprechung ist
der Senat jedoch bereits im Jahr 2002 wieder abgerückt. In seinem Urteil vom 28.01.2002
(- 5 S 2328/99 -, juris) hat der Senat ausgeführt, dass er auf Grund der nach dem Urteil
vom 13.03.1996 ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dazu
neige, seine im Urteil vom 13.03.1996 geäußerte Rechtsauffassung jedenfalls insoweit
aufzugeben, als danach Rechtsansprüche auf Schallschutz nach § 41 Abs. 1 BImSchG
unabhängig von der in der 16. BImSchV konkretisierten Erheblichkeitsschwelle selbst bei
(Gesamt-)Lärmbelastungen in Betracht kämen, die zu keiner mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG
unvereinbaren Gesundheitsgefährdung führen und nicht in die Substanz des Eigentums
im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eingreifen.
83 In Anbetracht der tatsächlich wohl zu erwartenden besonders hohen Lärmbelastung
sonntags um 22 Uhr erscheint im vorliegenden Fall vordergründig ein atypischer
Sonderfall im Sinne der Rechtsprechung des Senats in seinem Urteil vom 13.03.1996
zwar denkbar. Denn diese Spitzenbelastung wird von der in der 16. BImSchV i.V.m. den
RLS-90 vorgeschriebenen Berechnungsmethode nicht erfasst. Es kommt hinzu, dass die
Lärmbelastung der Kläger durch das planfestgestellte Vorhaben in der Nacht allenfalls
knapp unterhalb des Grenzwerts der 16. BImSchV liegt. Daraus folgt jedoch kein
gesetzlicher Anspruch auf Lärmschutz, der auch im Wege der Abwägung nicht zu
überwinden wäre. Denn es ist Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, unter welchen
Voraussetzungen Lärmschutz zu gewähren ist, solange die Schwelle zur
Grundrechtsverletzung nicht überschritten ist. Da die von der 16. BImSchV in Bezug
genommenen RLS-90 die Lärmsituation von Parkplätzen und speziell von Tank- und
Rastanlagen behandeln, sieht der Senat keine Lücke, die durch eine erweiternde
Auslegung zu schließen wäre. Die Schwelle zur grundrechtsverletzenden Lärmbelastung
überschreiten die Lärmimmissionen bei den Klägern - wie dargelegt - nicht.
84 4. Liegen nach den vorstehenden Ausführungen die Voraussetzungen für einen
gesetzlichen Anspruch auf Lärmschutz nicht vor, gelten die Lärmwerte des § 2 Abs. 1 der
16. BImSchV den Klägern gegenüber nicht als Grenzwerte. Sie dienen jedoch als
Orientierungshilfe (BVerwG, Urteil vom 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367). Denn
die Verordnung gibt sachverständige bzw. fachliche Erkenntnisse der
Lärmwirkungsforschung wieder (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 11.05.1999 - 7 A
10095/99 -, juris).
85 Die Kläger können jedoch nicht verlangen, dass die Planfeststellungsbehörde im Hinblick
auf die Lärmbelastung durch das planfestgestellte Vorhaben oder die
Gesamtlärmbelastung ihr Planungsermessen erneut ausübt. Denn es ist von Rechts
wegen nicht zu beanstanden, dass die Behörde ihr Ermessen nicht zugunsten der Kläger
ausgeübt und ihnen weitergehenden Lärmschutz gewährt hat. Nach der vom Senat nicht
beanstandeten Schallprognose werden die Grenz- bzw. Orientierungswerte des § 2 Abs.
1Nr. 2 der 16. BImSchV eingehalten; bei dem von den Klägern für zutreffend erachteten
Verkehrsaufkommen würde der nächtliche Wert nur geringfügig - unterhalb der
Hörbarkeitsschwelle - überschritten. Die Gesamtlärmbelastung bewegt sich zudem in
keinem Fall an der Grenze zur Gesundheitsgefahr. Darüber hinaus ist bei Grundstücken in
der Umgebung der Kläger, die mit Lärmimmissionen knapp oberhalb der Lärmwerte des §
2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV belastet sind, kein zusätzlicher (passiver) Lärmschutz
festgestellt worden. Nach der schalltechnischen Untersuchung wird der Richtwert bereits
unter Zugrundelegung von 71.700 Kfz/24 h an vier Häusern überschritten. So beträgt der
maximale Beurteilungspegel am Haus A...straße x 50,3 dB(A), am Haus A...-straße x 49,9
dB(A), am Haus A...straße x 49,5 dB(A) und am Haus A...-straße x 49,3 dB(A). Passive
Lärmschutzmaßnahmen sind für die betroffenen Fassaden dennoch nicht planfestgestellt
worden. Ein Beurteilungspegel von 49,6 dB(A) bei den Klägern hätte daher den Beklagten
nicht veranlasst, ihnen passiven Lärmschutz zuzuerkennen. Bei dieser Sachlage sind
Ermessensfehler der Planfeststellungsbehörde nicht zu erkennen.
C.
86 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Der Senat sieht
davon ab, sie entsprechend § 167 Abs. 2 VwGO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
87 Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
88
Beschluss vom 7. August 2012
89 Der Streitwert des Klageverfahrens wird nach § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr.
34.2 und 2.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 endgültig
auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
90 Der Beschluss ist unanfechtbar.