Urteil des VG Stuttgart vom 10.01.2008

VG Stuttgart (trust, eigentum, geschäft, kläger, kag, höhe, transaktion, unmittelbarer besitz, tatsächliche sachherrschaft, wirtschaftliche betrachtungsweise)

VG Stuttgart Urteil vom 10.1.2008, 1 K 1259/06
Entwässerungsgebühren - Kalkulation der Abwassergebühren bei einem Cross-Border-Leasing-
Geschäft
Leitsätze
1. Der auf Grund eines sog. Cross-Border-Leasing-Geschäfts vereinnahmte Netto-Barwertvorteil muss bei der
Kalkulation der Abwassergebühren nicht gebührenmindernd berücksichtigt werden.
2. Bei einem Cross-Border-Leasing-Geschäft bleiben die betroffenen Vermögensgegenstände im bürgerlich-
rechtlichen und wirtschaftlichen Eigentum der Gemeinde. Abschreibungen können daher weiter als Kosten bei der
Kalkulation der Abwassergebühren berücksichtigt werden.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Tatbestand
1
Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu Entwässerungsgebühren.
2
Die Beklagte vereinbarte im Jahr 2002 mit einem US-amerikanischen Trust ein Cross-Border-Leasing (CBL)-
Geschäft über das in ihrem Eigentum stehende und von dem städtischen Eigenbetrieb ... betriebene
Abwasserkanalnetz mit einigen Sonderbauwerken (im Folgenden: Anlagen). Das Geschäft bestand aus einer
Reihe von Verträgen, durch welche die Anlagen für ca. 99 Jahre an den Trust vermietet (Hauptmiete) und
gleichzeitig für ca. 29 Jahre an die Beklagte zurückvermietet (Rückmiete) wurden. Am Ende der Rückmietzeit
hat die Beklagte die Möglichkeit, das dem Trust durch die Hauptmiete eingeräumte Nutzungsrecht zu einem
bei Beginn der Transaktion vereinbarten Festpreis zu erwerben. Mit Ausübung dieser Option durch die Beklagte
erlischt der Hauptmietvertrag durch Konfusion und die gesamte Transaktion ist beendet. Den sich aus der
Differenz von Hauptmiete einerseits und Transaktionskosten, Rückmiete und Rückerwerbskosten andererseits
für die Beklagte ergebenden sog. Netto-Barwertvorteil in Höhe von EUR 21,7 Mio. - der im Ergebnis aus dem
Steuervorteil resultiert, der in den USA entsteht - führte die Beklagte ihrem Kernhaushalt (Haushalt ohne die
Haushalte z.B. der Eigenbetriebe) zu. Bereits im Jahr 1999 hatte die Beklagte eine entsprechende CBL-
Transaktion über die in ihrem Eigentum stehenden und von ihrem Eigenbetrieb ... betriebenen Klärwerke ..., ...
und ... durchgeführt.
3
Am 05.12.2002 hat der Gemeinderat der Beklagten die Satzung der ... ... über die Erhebung von
Abwassergebühren (Abwassergebührensatzung - AbwGS) beschlossen, in der die Abwassergebühr auf EUR
1,59/cbm festgesetzt wurde. Im Rahmen ihrer Kalkulation des Gebührenansatzes für das Veranlagungsjahr
2003 stellte die Beklagte die Einnahmen aus dem die Anlagen betreffenden CBL-Geschäft, die sich auf EUR
21,7 Mio. beliefen, nicht gebührenmindernd in die Bedarfsberechnung ein. Wegen der Einzelheiten der
Kalkulation wird auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
4
Mit Bescheiden vom 28.07.2003 und 21.05.2004 setzte die Beklagte gegen die Kläger als Eigentümer des
bebauten Grundstücks ... in ... unter Zugrundelegung eines Gebührenansatzes in Höhe von EUR 1,59/cbm für
den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 12.04.2003 Abwassergebühren in Höhe von EUR 38,16 (24 cbm x EUR 1,59)
und für den Zeitraum vom 13.04.2003 bis 28.03.2004 in Höhe von EUR 117,66 (74 cbm x EUR 1,59),
zusammen also in Höhe von EUR 155,82 fest. Die gegen diese Bescheide erhobenen Widersprüche der
Kläger, die von diesen nicht begründet wurden, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2006
als unbegründet zurück.
5
Am 20.03.2006 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, dass die
angefochtenen Bescheide nicht auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruhten, da die Gebührensatzungen der
Beklagten wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Kostenüberschreitungsverbot unwirksam seien. Zum einen
hätten die bei den Aufwendungen in Ansatz gebrachten Abschreibungen der Anlagen in Höhe von EUR
29.165.600 bei der Kalkulation des Gebührenansatzes nicht berücksichtigt werden dürfen, da die Beklagte
nicht mehr Eigentümerin der Anlagen sei. Das Eigentum an den Anlagen sei nämlich durch das CBL-Geschäft
auf den Trust übergegangen. Aus demselben Grund hätte auch der Materialaufwand in Höhe von EUR
22.374.100 nicht in die Kalkulation der Abwassergebühr eingestellt werden dürfen. Außerdem hätte der aus der
Transaktion erlangte Netto-Barwertvorteil in Höhe von EUR 21,7 Mio. dem Eigenbetrieb ... ... zugeordnet und
bei der Kalkulation der Abwassergebühr gebührenmindernd berücksichtigt werden müssen. Schließlich sei das
CBL-Geschäft aus dem Jahr 2002 insgesamt rechtswidrig. Dies ergebe sich daraus, dass die
Beschlussfassung durch den Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung erfolgt und die erforderliche
aufsichtsrechtliche Genehmigung nicht in formwirksamer Weise erteilt worden sei. Außerdem habe der
Gemeinderat dem Geschäft auf der Grundlage nur einer Transaktionsbeschreibung zugestimmt, dem
eigentlichen Vertrag habe er jedoch nicht zugestimmt. Schließlich liege der Vertrag weder dem Gemeinderat
noch dem Gericht in deutscher Sprache vor.
6
Die Kläger beantragen,
7
die Bescheide der Beklagten vom 28.07.2003 und vom 21.05.2004 sowie den Widerspruchsbescheid
der Beklagten vom 17.02.2006 aufzuheben.
8
Die Beklagte beantragt,
9
die Klagen abzuweisen.
10 Zur Begründung trägt sie vor, dass die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses der Kläger bereits unzulässig
sei. Die Kläger argumentierten widersprüchlich, wenn sie auf der einen Seite die Unwirksamkeit der Transaktion
rügten, auf der anderen Seite aber davon ausgingen, dass das Eigentum an den Anlagen auf den Trust
übergegangen sei und außerdem verlangten, dass der daraus erzielte Netto-Barwertvorteil in der
Gebührenkalkulation für das Jahr 2003 hätte berücksichtigt werden müssen. Die Kläger wendeten sich nur
vordergründig gegen die Abwassergebührenbescheide, in Wirklichkeit ginge es ihnen jedoch nur um die
Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des von ihr im Jahr 2002 abgeschlossenen CBL-
Geschäfts. Für eine solche Überprüfung fehle den Klägern jedoch die Klagebefugnis. Im Übrigen entspreche
die von den Klägern beanstandete Transaktion der üblichen Struktur solcher Geschäfte und sei auch
rechtmäßig. Auf den konkreten Inhalt des Vertrags und dessen Wirksamkeit komme es aber auch nicht an.
Eine Übertragung des zivilrechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums der Anlagen an den Trust habe nicht
stattgefunden. Die Gebührenkalkulation für das Jahr 2003 sei rechtmäßig erfolgt, da der Netto-Barwertvorteil
habe nicht berücksichtigt werden müssen und die Berücksichtigung von Abschreibungen und des
Materialaufwands zulässig gewesen sei.
11 Mit Beschluss vom 06.12.2007 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung
übertragen.
12 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vor-liegenden Behördenakten
verwiesen.
Entscheidungsgründe
13 Die Klagen konnten keinen Erfolg haben.
14 Die Klagen sind zulässig, insbesondere liegt die bei Anfechtungsklagen nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche
Klagebefugnis bei den Klägern vor. An der Klagebefugnis fehlt es nur, wenn offensichtlich und eindeutig nach
keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klägers verletzt sein können (Kopp/Schenke, VwGO, 15.
Auflage 2007, § 42 Rdnr. 65 m.w.N.). Im vorliegenden Fall machen die Kläger (auch) geltend, dass durch eine
unzulässige Berücksichtigung der Abschreibungen und eine unzulässige Nichtberücksichtigung des Netto-
Barwertvorteils bei der Kalkulation der Abwassergebühr diese zu hoch ausgefallen sei. Sie haben damit die
Möglichkeit geltend gemacht, dass sie aufgrund einer fehlerhaften Gebührenkalkulation zu einer zu hohen
Zahlung herangezogen wurden. Dies stellt einen Sachverhalt dar, aus dem sich eine Verletzung ihrer Rechte
durch die angefochtenen Verwaltungsakte ergeben kann. Es ist damit nicht von vornherein ausgeschlossen,
dass sie in ihren Rechten verletzt sind. Soweit die Kläger auch Aspekte vortragen, die für sich gesehen eine
Klagemöglichkeit nicht eröffnen, ändert dies nichts an der bestehenden Möglichkeit einer Rechtsverletzung.
15 Die zulässigen Klagen sind jedoch sachlich nicht begründet. Die angefochtenen Abwassergebührenbescheide
sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16 Die angefochtenen Gebührenfestsetzungen finden ihre Rechtsgrundlage in der aufgrund der §§ 4 und 142
GemO und der §§ 2 und 9 KAG 1996 erlassenen Satzung der ... ... über die Erhebung von Abwassergebühren
(Abwassergebührensatzung - AbwGS) vom 05.12.2002 und der ebenfalls aufgrund der §§ 4 und 142 GemO und
der §§ 2 und 9 KAG 1996 erlassenen Satzung der ... ... über die Erhebung von Hausgebühren
(Hausgebührensatzung - HGS) vom 30.11.1978, zuletzt geändert am 05.12.2002 bzw. am 13.11.2003. Danach
erhebt die Beklagte für die Benutzung der öffentlichen Abwasserbeseitigung zur Deckung der Kosten eine
Abwassergebühr in Höhe von EUR 1,59 je cbm angefallener Abwassermenge (§§ 1, 5 und 6 AbwGS). Dieser
im vorliegenden Fall allein streitige Gebührenansatz ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere
verstoßen weder die Berücksichtigung von Abschreibungen und Materialaufwand noch die
Nichtberücksichtigung des Netto-Barwertvorteils bei der Kalkulation des Gebührenansatzes im Ergebnis gegen
das Kostenüberschreitungsverbot nach § 9 Abs. 2 KAG 1996 (entspricht § 14 Abs. 1 KAG n.F.).
17 Eine unzulässige Kostenüberschreitung ergibt sich zunächst nicht daraus, dass bei der Kalkulation der
Abwassergebühr Abschreibungen des auf den Trust übertragenen und gleichzeitig zur Nutzung auf sie zurück
übertragenen Anlagevermögens berücksichtigt wurden. Dies gilt unabhängig davon, ob das fragliche CBL-
Geschäft wirksam ist oder nicht. Unterstellt man die Unwirksamkeit der Transaktion, durften die
Abschreibungen zweifelsfrei als Kosten in der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden, da Abschreibungen
in § 9 Abs. 3 KAG 1996 (entspricht § 14 Abs. 3 Nr. 1 KAG n.F.) ausdrücklich als ansatzfähige Kosten benannt
sind. Die Berücksichtigung von Abschreibungen ist jedoch auch bei der Wirksamkeit der Transaktion nicht zu
beanstanden, da die Beklagte durch sie weder das zivilrechtliche noch das wirtschaftliche Eigentum verloren
hat und es aus gebührenrechtlicher Sicht allein maßgeblich auf das deutsche Recht ankommt.
18 Die Beklagte ist zweifelsfrei zivilrechtliche Eigentümerin der Anlagen geblieben. Eine Übereignung an den Trust
durch nach nationalem Recht erforderliche Auflassung und Eintragung ins Grundbuch (§§ 873, 925 BGB) ist
nicht erfolgt. Entgegen der Ansicht der Kläger kann das Eigentum an den Anlagen auch nicht nach dem von
den Beteiligten vertraglich vereinbarten US-amerikanischen Recht auf den Trust übergegangen sein. Dies ergibt
sich bereits daraus, dass die Anlagen nach Art. 43 Abs. 1 EGBGB nicht dem US-amerikanischen, sondern
allein dem nationalen Recht unterliegen und von dem sog. Recht des Lageorts von den Vertragsparteien auch
nicht durch eine andere Rechtswahl abgewichen werden kann (Palandt, BGB, 67. Auflage 2007, Art. 42
EGBGB, Rdnr. 3). Im Übrigen beinhalten solche CBL-Geschäfte nicht die Übereignung, sondern lediglich die
Vermietung des kommunalen Eigentums. Dass der Trust das gemietete Objekt dennoch steuerlich abschreiben
kann, resultiert daraus, dass aus Sicht des US-amerikanischen Steuerrechts bei einer entsprechend
langfristigen Miete eine dem hiesigen wirtschaftlichen Eigentum vergleichbare Rechtsposition vorliegt.
19 Ist die Beklagte demnach zivilrechtliche Eigentümerin der Anlagen geblieben, wäre die Berücksichtigung von
Abschreibungen bei der Kalkulation des Gebührenansatzes nur dann nicht zulässig, wenn sie durch das CBL-
Geschäft das wirtschaftliche Eigentum daran verloren hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall.
20 Die nach § 9 Abs. 2 KAG 1996 (entspricht § 14 Abs. Abs. 1 KAG n.F.) maßgebliche wirtschaftliche
Betrachtungsweise entspricht den Prinzipien des § 39 AO. Nach diesen ist abweichend von dem Grundsatz,
dass Wirtschaftsgüter abgabenrechtlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen sind (§ 39 Abs. 1 AO),
das Wirtschaftsgut dann einem anderen zuzurechnen, wenn dieser die tatsächliche Herrschaft über das
Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche
Nutzungsdauer von der Einwirkung auf dieses wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO).
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt auch das wirtschaftliche Eigentum an den Anlagen bei der Beklagten.
Diese hat zwar sämtliche Nutzungsrechte an den Trust übertragen, diese aber umgehend - nach einer sog.
logischen oder juristischen Sekunde - inhaltsgleich zurück erhalten. Unmittelbarer Besitz, Gefahr, Nutzen und
Lasten der Anlagen liegen damit nach wie vor bei der Beklagten, die damit die tatsächliche Sachherrschaft
über die Anlagen hat. Das CBL-Geschäft hat auch keinerlei Einfluss auf die Beziehung zwischen dem
Gebührenzahler und der Beklagten, welche ihm gegenüber auch weiterhin in gleicher Weise die Leistungen zu
erbringen hat. Die auch zur Erhaltung der Betriebsfähigkeit und zur ausreichenden Wartung und Erhaltung der
Anlagen verpflichtete Beklagte und nicht etwa der Trust nutzt die Anlagen und vereinnahmt erwirtschaftete
Erträge. Auch die Chance auf Wertsteigerungen sowie die Gefahr von Wertverlusten verbleiben bei der
Beklagten. Substanz und Ertrag der Anlagen verbleiben demnach auch wirtschaftlich bei der die tatsächliche
Herrschaft ausübenden Beklagten. Der Trust übt da-gegen nicht die tatsächliche Herrschaft über die Anlagen
aus. Es besteht mithin auch keine Möglichkeit des Trusts, die Beklagte etwa von der Nutzung der Anlagen
auszuschließen, sofern diese sich vertragstreu verhält. Auch die längere Laufzeit des Hauptmietvertrags
gegenüber derjenigen des Rückmietvertrags steht dem nicht entgegen, da nach Ablauf der im Rückmietvertrag
vereinbarten Mietdauer der Beklagten die Option eingeräumt ist, das dem Trust durch den Hauptmietvertrag
eingeräumte und für die Restlaufzeit noch bestehende Nutzungsrecht zu einem bei Beginn der Transaktion
vereinbarten Festpreis zu erwerben. Dabei liegt die Ausübung dieser Option einzig in der Hand der Beklagten.
21 Der Annahme, die Beklagte sei wirtschaftliche Eigentümerin der Anlagen geblieben, steht auch nicht entgegen,
dass aus Sicht des US-amerikanischen Steuerrechts der Trust eine dem hiesigen wirtschaftlichen Eigentum
vergleichbare Rechtsposition erlangt hat. Es ist denklogisch nicht ausgeschlossen, dass bei
grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften eine zweifache Zuordnung von wirtschaftlichem Eigentum erfolgt und
damit auch eine doppelte Abschreibungsmöglichkeit desselben Wirtschaftsguts eröffnet wird. Das
wirtschaftliche Eigentum ist nämlich kein Gegenstand, der in der realen Welt nur einmal existieren kann. Es ist
vielmehr ein steuerrechtlicher Begriff, der an bestimmte Voraussetzungen anknüpft. Diese Voraussetzungen
können die einzelnen Rechtsordnungen aber unter-schiedlich definieren, so dass unter Heranziehung der
jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften wirtschaftliches Eigentum zugleich an zwei Orten vorliegen kann.
Innerhalb ein und derselben Rechtsordnung kann die steuermindernde Position zwar nur einmal in Ansatz
gebracht werden, es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine andere Rechtsordnung denselben
Rechtsvorgang abweichend bewertet und der Steuervorteil dort eben-falls geltend gemacht werden kann. Auf
die Beurteilung der Frage, ob hier in Deutschland das wirtschaftliche Eigentum an den Anlagen bei der
Beklagten liegt, ist auch nicht etwa US-amerikanisches Recht anwendbar. Zwar haben die Beklagte und der
Trust die Geltung US-amerikanischen Rechts für das CBL-Geschäft vereinbart. Das betrifft aber nur das
Verhältnis der Vertragsparteien zueinander, nicht jedoch die abgabenrechtliche Einordnung des fraglichen
Wirtschaftsguts in Deutschland, für welche allein das deutsche Ab-gabenrecht maßgebend ist.
22 Da die Beklagte durch das CBL-Geschäft nach alledem weder das zivilrechtliche noch das wirtschaftliche
Eigentum an den fraglichen Anlagen verloren hat (so auch, jeweils m.w.N., OVG Münster, Urteil vom
23.11.2006 - 9 A 1029/04 - juris; VG Hamburg, Urteil vom 27.10.2004, NVwZ 2005, 115; Schulte/Wiesemann,
in: Driehaus [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2007, § 6 Rdnr. 64; Pschera/Hödl-Adick, ZKF
2002,50; Thomas/Wanner, KStZ 2002, 64; Biagosch/Kuchler, KStZ 2002, 85; Laudenklos/Pegatzky, NVwZ
2002, 1299; Smeets/Schwarz/Sander, NVwZ 2003, 1061; Jahndorf, Grundlagen der Staatsfinanzierung durch
Kredite und alternative Finanzierungsformen im Finanzverfassungs- und Europarecht, Habil. 2003, S. 340), ist
die gebührenerhöhende Einstellung der Abschreibungen auf das fragliche Anlagevermögen in die
Gebührenkalkulation nicht zu beanstanden. Dasselbe gilt für die in der Gebührenkalkulation in Ansatz
gebrachten Kosten für Materialaufwand, die unabhängig von dem CBL-Geschäft angefallen sind. Dass die
Abschreibungen und der Materialaufwand nicht in der jeweiligen Höhe als Kosten in die Gebührenkalkulation
hätten eingestellt werden dürfen, ist weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich.
23 Ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot nach § 9 Abs. 2 KAG 1996 (entspricht § 14 Abs. 1 KAG
n.F.) ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass der von der Beklagten vereinnahmte Netto-Barwertvorteil
bei der Kalkulation des Gebührenansatzes der Abwassergebühr keine gebührenmindernde Berücksichtigung
fand. Dabei kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht auf die Wirksamkeit des CBL-Geschäfts an. Im
Falle der Unwirksamkeit der Transaktion wäre diese nämlich rückabzuwickeln, so dass die von den Klägern
begehrte Berücksichtigung etwaiger Vorteile bei der Gebührenkalkulation mithin von vornherein nicht in
Betracht käme.
24 Das Gericht folgt der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung, wonach Einnahmen nur dann in
der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen sind, wenn sie Teil des Prozesses von Leistung und
Gegenleistung sind, wenn sie also mit einem leistungs-bedingten Werteverzehr des Anlagevermögens
korrespondieren (vgl. nur Schulte/Wiesemann, a.a.O., § 6 Rdnr. 45 ff., sowie Gössl/Reif, KAG, Stand: Juni
2007, § 14 Anm. 4, jeweils m.w.N.). Im Rahmen der Gebührenbedarfsberechnung sind die nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 KAG 1996
(entspricht § 14 Abs. 1 Satz 1 KAG n.F.) entsprechend der betriebswirtschaftlichen Praxis anhand des sog.
wertmäßigen Kostenbegriffs zu ermitteln, wonach Kosten der bewertete Verbrauch von Gütern und
Dienstleistungen für die Herstellung und den Absatz von betrieblichen Leistungen und die Aufrechterhaltung der
dafür erforderlichen Kapazitäten sind. Da der Kostenbegriff leistungsbezogen zu verstehen ist, dürfen in die
Kalkulation des Gebührenansatzes nur solche Kosten eingestellt werden, die im Zusammenhang mit der
Leistungserbringung, im vorliegenden Fall der Entsorgung von Abwasser, entstehen. Leistungsfremde Kosten,
d.h. Kosten, die nicht durch die Leistungserbringung bedingt sind, sind dagegen auszusondern. Entsprechend
diesem Kostenbegriff sind auch Erträge, Er-löse und Einnahmen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie mit der
durch die öffentliche Einrichtung vorgesehenen Leistungserbringung in einem Zusammenhang stehen und einen
Werteverzehr an Gütern oder Dienstleistungen bedingen. Dies ist jedoch bei dem von der Beklagten durch das
CBL-Geschäft erzielten Netto-Barwertvorteil nicht der Fall. Die Einnahmen in Höhe des Netto-Barwertvorteils
wurden von der Beklagten unabhängig von der Leistungserbringung Abwasserbeseitigung und ohne einen
leistungsbedingten Werteverzehr im Sinne des wertmäßigen Kostenbegriffs erzielt. Das vermietete und rück-
gemietete Abwasserkanalnetz ist lediglich in seiner Existenz, nicht aber in seiner Funktion Gegenstand des
CBL-Geschäfts. Die Beklagte erlangt den Netto-Barwertvorteil nicht als Gegenleistung für eine Leistung der
Abwasserbeseitigung, sondern als Ausgleich dafür, dass dem Trust ein Steuervorteil verschafft wird. Dass die
Beklagte diesen Vorteil durch ein Geschäft mit Vermögen erwirtschaftet hat, das letztendlich vom
Gebührenzahler finanziert wird, ändert daran nichts. Denn dieser Vorteil geht nicht zu Lasten der Gebühren-
pflichtigen, die durch die Gebührenzahlung auch nicht Eigentümer der Anlagen geworden sind. Auch werden die
Gebührenzahler nicht durch mögliche finanzielle Risiken des CBL-Geschäfts beeinträchtig, da auch diese in
keinem Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung im genannten Sinne stehen und deshalb vom
allgemeinen Haushalt der Beklagten zu tragen sind. Die aus dem CBL-Geschäft für die Beklagte resultierenden
(finanziellen) Risiken, dürfen deshalb folgerichtig ebenfalls nicht bei der Gebührenkalkulation berücksichtigt
werden.
25 Es ist somit nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Einnahmen in Höhe des Netto-Barwertvorteils im
Rahmen der Gebührenkalkulation nicht berücksichtigt, sondern ihrem allgemeinen Haushalt zugeführt hat.
Darauf, dass der Netto-Barwertvorteil in Gestalt eines verbilligten Darlehens der Beklagten an die ... den
Gebührenpflichtigen letztlich doch zugute kommen soll, kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an.
26 Auch im Übrigen sind Mängel der angefochtenen Gebührenbescheide oder der diesen zugrundeliegenden
Satzungen der Beklagten weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich. Da es auf die
Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des CBL-Geschäfts im vorliegenden Zusammenhang nicht ankommt,
bestand für das Gericht im Hinblick auf den Streitgegenstand kein Grund zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit
des CBL-Geschäfts als solchem, des zugrunde liegenden Gemeinderatsbeschlusses und der
aufsichtsrechtlichen Genehmigung; für eine solche Überprüfung fehlt den Klägern auch die Klagebefugnis bzw.
ein Rechtsschutzbedürfnis. Aus diesem Grund konnte von einem Verlangen des Gerichts nach Vorlage der
Vertragsdokumentation durch die Beklagte abgesehen werden, zumal es aufgrund der Bindung der Beklagten
an Gesetz und Recht gem. Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich davon ausgeht, dass deren Auskünfte der
Wahrheit entsprechen.
27 Nach alledem waren die Klagen abzuweisen.
28 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO.
29 Die Berufung war vom erkennenden Gericht (vgl. § 124a Abs. 1 VwGO) nicht zuzulassen, da die Gründe des §
124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO nicht vorliegen.