Urteil des VG Stuttgart vom 26.06.2014

VG Stuttgart: bebauungsplan, tierhaltung, stadt, hof, konzept, kur, gemeinderat, erlass, heilbad, voruntersuchung

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 26.6.2014, 5 S 203/13
Leitsätze
1. Gemeinden können die Ansiedlung von Tierhaltungsanlagen grundsätzlich auch durch
einfache Bebauungspläne steuern, die weite Teile ihres Außenbereichs erfassen (wie st.Rspr.
OVG Nds., vgl. etwa Urteil vom 13.09.2011 - 1 KN 56/08 -). Dies gilt auch nach der am
20.09.2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB.
2. Tierhaltungsanlagen ist bei einer solchen Steuerung durch einfachen Bebauungsplan im
Außenbereich in substantieller Weise Raum einzuräumen (wie OVG Nds., Urteil vom 13.08.2013
- 1 KN 69/11 -). Dies gilt in besonderem Maße für Anlagen zur landwirtschaftlichen Tierhaltung i.
S. d. § 201 BauGB.
3. Will eine Gemeinde in einem einfachen Bebauungsplan die Nutzung weiter Teile ihres
Außenbereichs durch nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben über die
Steuerungsmöglichkeiten des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hinaus abweichend von § 35 BauGB
regeln, verlangt § 1 Abs. 3 BauGB eine nachvollziehbare, an hinreichend gewichtigen
städtebaulichen Allgemeinwohlbelangen orientierte Begründung und konsistentes Verhalten im
Hinblick auf die selbst gesetzten städtebaulichen Ziele (wie BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 4
C 21.07 -, BVerwGE 133, 310 zur Steuerung von Einzelhandelsbetrieben zum Zweck des
Zentrenschutzes).
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine
Veränderungssperre der Antragsgegnerin für einen Teilbereich des künftigen
Geltungsbereichs des „Bebauungsplans zur Steuerung von Tierhaltungsanlagen im
Bereich der Ostbaar“.
2 Der Antragsteller bewirtschaftet mit seiner Familie den bäuerlichen, 1986 ausgesiedelten
„... Hof“ in Ortsnähe zu Oberbaldingen, einem auf der Ostbaar gelegenen Stadtteil der
Antragsgegnerin.
3 Der Antragsteller hatte zunächst die Erweiterung seines bestehenden Betriebs geplant,
dieses Vorhaben aber in Absprache mit dem Regierungspräsidium Freiburg zu Gunsten
eines Neubaus an einem weiter vom Siedlungsbereich entfernt liegenden Standort auf der
Gemarkung Oberbaldingen aufgegeben. Für diesen Standort, der die im Eigentum des
Antragstellers stehenden Grundstücke Flurstück-Nrn. 3045, 3046, 3047 und 3049 umfasst,
beantragte er beim Regierungspräsidium im Dezember 2011 die Erteilung einer immis-
sionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Neubau eines Schweinezuchtbetriebs mit
1.362 aktiven Sauenplätzen sowie 5.544 Ferkelplätzen einschließlich zwei Güllebehältern
mit einem Lagervolumen von jeweils 2.896 m³, zwei Futtersilos mit jeweils 1.500 t, eines
Trocknungssilos, zweier Umlagerungssilos, eines Technikgebäudes sowie eines
Gastanks.
4 Die Vervollständigung und Veröffentlichung dieses Antrags im Frühjahr 2012 nahm die
Antragsgegnerin zum Anlass, am 19.07.2012 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur
Steuerung von Tierhaltungsanlagen im Bereich der Ostbaar sowie die angefochtene
Veränderungssperre zu beschließen. Die Veränderungssperre beschränkt sich räumlich
auf die vier genannten Grundstücke des Antragstellers. Der Geltungsbereich des künftigen
Plans soll die Gemarkungen der Stadtteile Hochemmingen, Sunthausen, Öfingen,
Biesingen, Oberbaldingen und Unterbaldingen der Antragsgegnerin umfassen, wobei die
Ortslagen dieser Stadtteile aus dem Geltungsbereich ausgenommen sein sollen.
5 In dem Entwurf der Planbegründung, der der Gemeinderatsvorlage für den
Aufstellungsbeschluss beigefügt war, wird zu Anlass und Ziel der Planung
hervorgehoben, dass weitgreifende Veränderungen im Bereich der landwirtschaftlichen
Entwicklung und der gewerblichen Tierhaltung zu erkennen seien. Landwirtschaftliche
Betriebe entwickelten sich aufgrund der mit dem Strukturwandel der Landwirtschaft
verbundenen Veränderungen der Produktions- und Absatzbedingungen zunehmend von
den traditionellen Betriebsformen der familiär geführten Bauernhöfe zu
Tierhaltungsanlagen agrarindustrieller Ausprägung. Auf den Genehmigungsantrag des
Antragstellers wird explizit Bezug genommen. Sodann wird ausgeführt, dass aufgrund der
besonderen strukturellen und wirtschaftlichen Ausrichtung der Antragsgegnerin als
Heilkur- und naturnaher Tourismusort die Außenbereiche als Erholungs- und
Bewegungsräume von besonders großer Bedeutung für die Stadt und ihre Entwicklung
seien. Eine über die traditionelle Haltungsform hinausgehende Landwirtschaft mit
industriellem Charakter sei in diesen Bereichen deshalb mit großem Konfliktpotenzial und
der Gefahr städtebaulicher Missstände verbunden. Die Stadt halte es daher für
erforderlich, die Ansiedlung und Erweiterung von Tierhaltungsanlagen frühzeitig
planerisch zu steuern. Mit der Aufstellung des Bebauungsplans würden vor allem die Ziele
verfolgt, die noch vorhandene freie Landschaft vor der Zersiedlung durch
Tierhaltungsanlagen zu schützen, den Außenbereich als Freizeit- und
Erholungslandschaft für die Einwohner sowie als wichtiges Potenzial zum Erhalt und zur
Weiterentwicklung des örtlichen Tourismus zu sichern, das Landschaftsbild zu bewahren
und den Kurbetrieb der Kur- und Bäderstadt Bad Dürrheim nachhaltig zu sichern. Darüber
hinaus sollten die Belange der Tierhaltungsbetriebe größtmöglich und die
Erweiterungspotenziale im Bereich vorhandener Hof- und Betriebsstellen vorrangig
berücksichtigt, Flächenvorsorge für eine weitere städtebauliche Entwicklung durch
Vermeidung einer Beeinträchtigung zukünftiger Suchräume für Baugebiete betrieben und
gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie das gemeindliche Erschließungssystem
gesichert werden.
6 Die dargelegten Ziele gälten prinzipiell für den gesamten Außenbereich der Stadt Bad
Dürrheim. Der Plan sei Bestandteil eines übergeordneten städtebaulichen Konzepts, aus
dem bei entsprechendem Anlass weitere Bebauungspläne zu entwickeln seien. Aufgrund
des gestellten immissionsschutzrechtlichen Antrags sehe die Gemeinde jedoch den
dringendsten Handlungsbedarf im Bereich der Ostbaar, auf den sich der räumliche
Geltungsbereich der Planung daher konzentriere. Diese Konzentration begründe sich
auch mit der Notwendigkeit, die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen
bei den im Vergleich zu herkömmlichen Bebauungsplanungen sehr aufwändigen
Grundlagenermittlungen und Untersuchungen möglichst effizient einzusetzen. Die im
Rahmen des vorliegenden Plans entwickelte Vorgehensweise und Methodik könne in
ihren Grundzügen auf andere Bereiche des Stadtgebiets angewandt werden, sobald sich
dort das Planungsbedürfnis konkretisiere.
7 Für die touristische Vermarktung und Entwicklung der Stadt Bad Dürrheim als
heilklimatischer Kurort und als Bäderstadt - Sole-Heilbad - stehe vor allem die
landschaftliche Qualität und natürliche Umgebung im Vordergrund. Daraus folge eine
besonders hohe Sensitivität im Hinblick auf Luftschadstoffemissionen und lufthygienische
Auswirkungen, insbesondere aufgrund von Geruchsimmissionen aus
Tierhaltungsanlagen. Nach der Untersuchung eines Ingenieurbüros für technischen
Umweltschutz sei davon auszugehen, dass die ohne weiteres planungsrechtliches
Regulativ in Aussicht stehende Entwicklung Geruchsbelastungen nach sich ziehen werde,
die nicht mit den Anforderungen an eine Kur- und Bäderstadt in Einklang zu bringen seien.
8 Zur nachhaltigen Sicherung des Kurbetriebes der Kur- und Bäderstadt Bad Dürrheim
seien geringere Geruchsimmissionen anzustreben, als sie üblicherweise in Wohn- oder
Mischgebieten zumutbar seien. Mit Rücksicht auf die über das gesamte Stadtgebiet
verteilten touristischen Einrichtungen und Nutzungen strebe die Stadt Bad Dürrheim den
Zwischenwert von 8 % Geruchsstunden als Mittelwert zwischen dem Wert für Kurgebiete
von 6 % und dem üblicherweise in Wohn- und Mischgebieten zulässigen Immissionswert
von 10 % Geruchstunden im Jahr an. Diesen Wert von 8 % werde sie voraussichtlich als
Maximalwert für Geruchsbelästigungen im Stadtgebiet zugrunde legen.
9 Die zur Erreichung der dargestellten Ziele zweckmäßigen und zulässigen Festsetzungen
seien im Bebauungsplanverfahren im Einzelnen auszuarbeiten. In Betracht komme
insbesondere ein einfacher Bebauungsplan gemäß § 30 Abs. 3 BauGB. Durch die
Ausweisung von sonstigen Sondergebieten gemäß § 11 BauNVO könnten so konkrete
Standorte für landwirtschaftliche und gewerbliche Tierhaltungsanlagen bestimmter
Größenordnungen festgelegt werden. Die künftigen Standorte für Tierhaltungsanlagen
seien vor allem in den Bereichen vorgesehen, in denen schon heute solche Anlagen
vorhanden seien, sowie an dem Standort nahe Oberbaldingen, für den ein
immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsantrag vorliege. Durch Regelungen zu den
zulässigen Immissionen und zum Maß der baulichen Nutzung würden diese Anlagen auf
ein städtebaulich verträgliches Maß beschränkt. Es sei eine Größenbeschränkung
künftiger Tierhaltungsanlagen auf rund das Doppelte bisheriger Anlagen vorgesehen, was
bedeute, dass die Gebäudelänge zukünftig bei maximal ca. 120 m liegen solle.
10 Inhalt der Veränderungssperre sind die Verbote, in ihrem räumlichen Geltungsbereich
Vorhaben im Sinne von § 29 BauGB durchzuführen oder bauliche Anlagen zu beseitigen
und erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und
baulichen Anlagen, deren Veränderung nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder
anzeigepflichtig sind, vorzunehmen (vgl. § 3 Abs. 1 der Satzung). In der
Gemeinderatsvorlage wird dazu vor allem auf den Schutz des Landschaftsbilds und der
touristischen Funktionen und Einrichtungen der Antragsgegnerin insbesondere vor
Geruchsimmissionen verwiesen. Der Geltungsbereich werde auf den Bereich beschränkt,
für den der immissionsschutzrechtliche Antrag eingereicht worden sei. Im weiteren
Geltungsbereich des geplanten Bebauungsplans seien derzeit keine Anträge auf
Errichtung oder Erweiterung von Tierhaltungsanlagen anhängig und auch keine Vorhaben
kurzfristig geplant. Eine Veränderungssperre für alle Grundstücke im künftigen Plangebiet
erscheine daher nicht erforderlich und sogar unverhältnismäßig gegenüber den weiteren
Grundstückseigentümern.
11 Der Planaufstellungsbeschluss wurde am 26.07.2012 öffentlich bekannt gemacht, die
Veränderungssperre am 02.08.2012.
12 Mit Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 15.01.2013 wurde der Antrag
des Antragstellers auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die
Sauen- und Ferkelaufzucht abgelehnt. Dabei wurde zur Begründung ausgeführt, dass das
Vorhaben zwar nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert und seine Erschließung
ausreichend gesichert sei. Ihm stünden auch keine öffentlichen Belange im Sinne des §
35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BauGB entgegen. Insbesondere verunstalte es nicht das
Landschaftsbild und verursache in den benachbarten Wohngebieten keine die
Irrelevanzschwelle von 2 % überschreitenden Geruchsemissionen. Das Vorhaben sei
jedoch wegen der Veränderungssperre bauplanungsrechtlich unzulässig. Diese lasse
keine zur Nichtanwendung berechtigenden Unwirksamkeitsgründe erkennen. Gegen
diese Entscheidung hat der Antragsteller fristgerecht Klage zum Verwaltungsgericht
Freiburg erhoben; das Klagverfahren ruht im Hinblick auf das vorliegende Verfahren.
13 Am 28.01.2013 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag gegen die Veränderungssperre
gestellt. Zur Begründung trägt er vor, dass er es bereits einmal auf sich genommen habe,
die angestammte und von seinen Eltern übernommene Hofstelle im Dorfzentrum von
Oberbaldingen zu verkaufen. In enger Abstimmung mit der Antragsgegnerin und auf der
Grundlage, dass zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten bestünden, habe er seinen Betrieb
an den Standort „... Hof“ verlagert. Nachdem ihn die Fachbehörden darauf hingewiesen
hätten, dass die jetzt geplante Erweiterung von der Wohnbebauung am Standort „... Hof“
abgerückt werden müsse, habe er sich in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium unter
Einbeziehung der Antragsgegnerin zur Planung der Erweiterung an dem nunmehr zur
Genehmigung gestellten Standort entschieden. Die Standortdiskussion sei schon im Jahre
2010 öffentlich geführt worden. Seit diesem Zeitraum seien andere Hofentwicklungen zur
Genehmigung geführt worden, ohne dass die Antragsgegnerin eine Planung für
erforderlich gehalten habe. Mit der Planung gehe es der Antragsgegnerin allein darum,
sein Vorhaben zu verhindern. Insgesamt nehme die Tierhaltung auf der Gemarkung der
Antragsgegnerin ab, so dass schon gar kein Planungsbedarf bestehe. Der in Aufstellung
befindliche Bebauungsplan umfasse zudem die eigentliche Gemarkung Bad Dürrheim
nicht, obwohl dort eine Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe deutlich siedlungs- und
kurbezirksnäher und in unmittelbarer Westwindrichtung zum Kurgebiet lägen.
Stadtpolitisch werde zwischen der Stadt Bad Dürrheim einerseits und der Ostbaar
andererseits mit den dortigen Stadtteilen unterschieden, die von der Stadt durch eine zum
Teil bewaldete Anhöhe, die Hirschhalde, getrennt seien. Aufgrund der geografischen Lage
und unterstützt durch die Trennung durch die Hirschhalde und die Windrose mit einer Süd-
/Südwestpräferenz könne eine Geruchsbelästigung durch den Betrieb des Antragstellers
zu Lasten des Kurbetriebs praktisch ausgeschlossen werden. Bezogen auf die
beschriebene Windsituation dürften die Stadtteile auf der Ostbaar gar nicht betroffen sein.
Die behauptete Steuerungsfunktion könne der Plan auch deshalb nicht übernehmen, weil
er die Ortslagen und die dort vorhandene Tierhaltung nicht umfasse.
14 Es fehle an einer positiven Planungskonzeption. Die Antragsgegnerin führe den Schutz
des Landschaftsbilds der Baar und die Steuerung des Flächenverbrauchs an, habe aber
gleichzeitig einen mit jederzeit sichtbaren Reflektionen verbundenen Solarpark mit
insgesamt 27 ha geplant, der teilweise schon verwirklicht worden und dessen Erweiterung
in Planung sei. Der Flächenverbrauch durch die Fotovoltaikanlagen sei wesentlich höher
als derjenige durch die von ihm - dem Antragteller - geplante Anlage, zumal die
Fotovoltaikanlagen durch Zäune eingefasst werden müssten. Die Landschaft sei ohnedies
nicht von uneingeschränkter touristischer Anziehungskraft. Sie werde auch durch die
Bundesfernstraßenplanung, durch die BAB 81, geprägt. Auch sein geplanter Betrieb liege
in der Nähe des Autobahndreiecks. Soweit die Antragsgegnerin den Kurbereich schützen
wolle, stelle sich schon die Frage, wie dieser definiert werde. Es fehle eine Analyse der
Kursituation. Das Prädikat „Bad“ sei der Antragsgegnerin bei einer hohen Dichte
landwirtschaftlicher Betriebe erteilt worden, deren Zahl inzwischen stark geschmolzen sei,
so dass eine Aberkennung oder auch eine Belastung des Kurbetriebs zumal bei
modernster Stalltechnik nicht zu befürchten sei. Im Bereich der Ostbaar befinde sich kein
einziger Kurbetrieb. In Oberbaldingen gebe es nur zwei Betriebe mit Ferienwohnungen,
Kurgäste gebe es dort nicht. Für den Stadtteil werde auch mit dem Begriff „Suländle“
geworben, also damit, dass dort seit Generationen Schweine gehalten würden. Die
Planung bilde nur das allgemeine Unbehagen in der Bürgerschaft gegen
Massentierhaltung ab.
15 Der Ansatz, eine Geruchsimmissionsbelastung von 8 % der Jahresgeruchsstunden zu
erreichen, sei angesichts dessen, dass in den ländlich geprägten Stadtteilen der
Antragsgegnerin, in denen teilweise noch Tierhaltung betrieben werde, üblicherweise 10
% oder 15 % der Jahresgeruchsstunden anzusetzen seien, unverhältnismäßig. Würde der
angestrebte Bebauungsplan für die Flächen des Antragstellers einen Wert von 8 % der
Jahresgeruchsstunden nach GIRL festsetzen, wäre dies abwägungsfehlerhaft. Die
Vorbelastung im dem Vorhaben nächstgelegenen Wohngebiet im Stadtteil Oberbaldingen
betrage bereits 14 bis 22 % der Jahresgeruchsstunden. Dies könne nicht dadurch
korrigiert werden, dass eine Belastung von nur 8% der Jahresgeruchsstunden
durchgesetzt werden solle. Zudem gehe das der Planung zu Grunde liegende Gutachten
hinsichtlich der Windrichtung von unzutreffenden meteorologischen Eingangsdaten aus,
wie durch die von ihm - dem Antragsteller - mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten
Unterlagen belegt werde.
16 Insgesamt fehle es an einer für jede Planung grundlegenden präzisen Bestandsaufnahme.
Das für eine Veränderungssperre erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung der
Planungsziele sei nicht erreicht. Das Konzept erschöpfe sich darin, allein sein Vorhaben
auszuschließen.
17 Die Veränderungssperre sei auch verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen. Der
Ortschaftsrat Unterbaldingen sei nicht befasst worden. Insgesamt hätten acht
Ortschaftsräte befasst werden müssen. Den vorgelegten Unterlagen lasse sich nicht
entnehmen, wer an den jeweiligen Sitzungen teilgenommen habe und ob der jeweilige
Ortschaftsrat beschlussfähig gewesen sei. Es bestehe die Besorgnis der Befangenheit in
Bezug auf die Mitglieder der Ortschaftsräte und des Gemeinderats. Durch den
Bebauungsplan solle die Immissionssituation in Bad Dürrheim insgesamt gesteuert
werden, was wegen der Begrenzung auf 8 % der Jahresgeruchsstunden für die
Gemeinderäte mit Wohnsitz oder Grundbesitz im räumlichen Geltungsbereich des Plans
von Vorteil sei.
18 Der Antragsteller beantragt,
19 die Satzung der Antragsgegnerin über den Erlass einer Veränderungssperre für einen
Teilbereich des Bebauungsplanentwurfs "Bebauungsplan zur Steuerung von
Tierhaltungsanlagen im Bereich der Ostbaar" vom 19.07.2012 für unwirksam zu erklären.
20 Die Antragsgegnerin beantragt,
21 den Antrag abzuweisen.
22 Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen in den
Gemeinderatsvorlagen für ihre Beschlüsse der Aufstellung des Bebauungsplans zur
Steuerung von Tierhaltungsanlagen und der Veränderungssperre. Seit den Beschlüssen
habe sie das Bebauungsplanverfahren mit großem Aufwand fortgeführt. Im Mai 2013 sei
mit einer umfangreichen Windmessung begonnen worden, die voraussichtlich im Juli 2014
abgeschlossen sein werde. Ein Planungsbüro sei mit der Untersuchung der Belange des
Natur– und Landschaftsschutzes sowie mit der Erstellung eines Umweltberichts beauftragt
worden. Die Landwirtschaft sei frühzeitig über Ziele und mögliche Planungsinhalte
informiert worden; derzeit finde zudem eine Befragung der vorhandenen Betriebe statt. Der
Standort für das geplante Vorhaben des Antragstellers sei entgegen seiner Behauptung
nicht mit der Antragsgegnerin abgestimmt worden. Zu den vom Antragsteller behaupteten
Ansiedlungen und Erweiterungen von Tierhaltungsbetrieben in den vergangenen Jahren
sei festzuhalten, dass die Antragsgegnerin die Aussiedlung von Landwirtschaftsbetrieben
aus den Dorflagen in den Außenbereich in den vergangenen Jahren grundsätzlich
befürwortet habe, es sich dabei aber um geruchlich wenig bedeutsame Milchviehbetriebe
und Stallgrößen unterhalb der nach dem Konzept vorgesehenen Beschränkungen
gehandelt habe. Die städtebauliche Zielsetzung beziehe sich nicht auf ein
gemarkungsweites Emissionsniveau, sondern nehme in den Blick, wo schutzbedürftige
Nutzungen vorhanden seien. Die Geruchsgesamtbelastung solle in den schützenswerten
Siedlungsbereichen auf 8 % der Jahresgeruchsstunden beschränkt werden. Die
Veränderungssperre sei verfahrensfehlerfrei zu Stande gekommen. Insbesondere sei die
Beteiligung der Ortschaftsräte ordnungsgemäß erfolgt. Die in Aussicht genommene
Planung erfülle das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung, so dass ihre Sicherung
durch die Veränderungssperre habe erfolgen dürfen. Die räumlich beschränkte,
individuelle Veränderungssperre für die Grundstücke des Antragstellers sei derzeit zur
Sicherung ihrer Planung ausreichend, weil im weiteren Geltungsbereich des künftigen
Bebauungsplans keine Vorhaben beantragt worden seien, die den städtebaulichen Zielen
der Stadt widersprächen. Der Flächennutzungsplan solle im Parallelverfahren nach § 8
Abs. 3 S. 1 BauGB geändert werden. Der Erlass einer Veränderungssperre setze nicht
voraus, dass der Gemeinderat zuvor oder gleichzeitig mit ihr die Aufstellung oder
Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen habe. Die Erweiterung des Solarparks
„Stierberg“ stehe unter den Gesichtspunkten des Landschaftsbilds und des
Flächenverbrauchs nicht im Widerspruch zu der vorliegenden Planung, wie sich im
Einzelnen aus einer Stellungnahme des beauftragten Planungsbüros ergebe.
23 Dem Senat liegen die Akten der Antragsgegnerin zur Veränderungssperre und zum
Bebauungsplanverfahren sowie Kopien der Bebauungspläne „Solarpark Stierberg“ und
„Solarpark Stierberg II“ vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser
Akten sowie den Inhalt der gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
24 Der Normenkontrollantrag des Antragstellers gegen die am 02.08.2012 bekannt gemachte
Veränderungssperre der Antragsgegnerin vom 19.07.2012 hat keinen Erfolg. Er ist zwar
zulässig, jedoch nicht begründet. Die Veränderungssperre leidet an keinen formellen
(dazu I.) oder materiellen Fehlern (dazu II.).
I.
25 1. Die Veränderungssperre ist am 19.07.2012 ordnungsgemäß vom Gemeinderat der
Antragsgegnerin beschlossen worden, nachdem der Aufstellungsbeschluss für den
Bebauungsplan gefasst war. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Auszügen des
Sitzungsprotokolls des Gemeinderats vom 19.07.2012 sowie der Einladung mit
Tagesordnung, in der der Aufstellungsbeschluss unter 3.2 vor dem Erlass der
Veränderungssperre unter 3.3 aufgeführt ist. Der Aufstellungsbeschluss ist am 26.07.2012
und damit vor der Bekanntmachung der Veränderungssperre bekannt gemacht worden.
26 2. Vor dem Gemeinderatsbeschluss sind ausweislich der vorgelegten Auszüge aus den
Protokollen der Ortschaftsräte entsprechend § 70 Abs. 1 Satz 2 GemO die Ortschaftsräte
der betroffenen sechs Ortschaften - Biesingen, Hochemmingen, Oberbaldingen, Öfingen,
Sunthausen und Unterbaldingen - gehört worden. Die Behauptung des Antragstellers, es
seien acht Ortschaftsräte anzuhören gewesen, entbehrt jeder Grundlage. Laut
Hauptsatzung der Antragsgegnerin gibt es in Bad Dürrheim nur sechs Ortschaften,
nämlich die oben genannten (vgl. dazu § 15 i. V. m. § 13 Abs. 1 der Hauptsatzung der
Antragsgegnerin i. d. F. v. 15.07.2004).
27 Ob an den maßgeblichen Sitzungen der jeweiligen Ortschaftsräte befangene Mitglieder
teilgenommen haben, ist unerheblich. Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist nicht
die Beschlussfassung des Ortschaftsrats im Rahmen der Anhörung nach § 70 Abs. 1 Satz
2 GemO, sondern der danach ergangene Satzungsbeschluss des Gemeinderats der
Antragsgegnerin über die Veränderungssperre. Dieser Beschluss wäre nur
verfahrensfehlerhaft, wenn der Ortschaftsrat entgegen der gesetzlichen Regelung des § 70
Abs. 1 Satz 2 GemO nicht angehört worden wäre (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom
24.09.1999 - 5 S 2519/98 -, juris).
28 3. Die Veränderungssperre ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil bei dem
Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan oder bei dem Satzungsbeschluss wegen
Befangenheit ausgeschlossene Gemeinderatsmitglieder mitgewirkt hätten (§ 18 Abs. 6
Satz 1 GemO). Der vom Antragsteller ins Feld geführte Umstand, dass die vorgesehene
Reduktion der Geruchsimmissionen Gemeinderatsmitgliedern mit Grundbesitz oder
Wohnsitz im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen Vorteil bringe, vermag keine
Befangenheit zu begründen. Das Ziel der Reduktion der Geruchsbelastung im gesamten
Gemeindegebiet betrifft keinen abgrenzbaren Personenkreis, sondern die gesamte
Bevölkerung Bad Dürrheims. Werden aber nur die gemeinsamen Interessen einer
Bevölkerungsgruppe berührt, gilt nach § 18 Abs. 3 GemO die Regelung in § 18 Abs. 1 und
Abs. 2 GemO über den Ausschluss wegen Befangenheit nicht (vgl. zu einer ähnlichen
Konstellation VGH Bad.-Württ., Urteil vom 08.05.2012 - 8 S 1739/10 -, BauR 2012, 1761).
Ein sonstiger Verstoß gegen § 18 GemO ist binnen der insoweit maßgeblichen Jahresfrist
ab Bekanntmachung der Veränderungssperre (§ 18 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 1
und 4 GemO) nicht geltend gemacht worden; insbesondere ist eine entsprechende Rüge
nicht der vom Antragsteller selbst gefertigten Liste zu entnehmen, die dem Schreiben
seines Prozessbevollmächtigten vom 31.07.2013 an die Antragsgegnerin als Anlage
beigefügt war.
II.
29 Die Veränderungssperre leidet auch nicht an materiellen Fehlern.
30 Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung
eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen
Planbereich eine Veränderungssperre mit dem in Nrn. 1 und 2 der genannten Regelung
näher bezeichnetem Inhalt - der auch derjenige der hier angefochtenen
Veränderungssperre ist - beschließen. Dabei darf eine Veränderungssperre erst erlassen
werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt,
was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die
Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt
hat. Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen,
reicht nicht aus (stRspr BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 30.08.2012 - 4 C 1.11 -, BVerwGE
144, 82). Auch eine Veränderungssperre, die der Gemeinde erst die Zeit für die
Entwicklung eines bestimmten Planungskonzepts geben soll, ist mangels eines
beachtlichen Sicherungsbedürfnisses unwirksam (BVerwG, Urteil vom 19.2.2004 - 4 CN
16.03 -, BVerwGE 120, 138). Nicht erforderlich ist dagegen ein detailliertes und
abgewogenes Planungskonzept (stRspr BVerwG, vgl. etwa Beschluss vom 10.10.2007 - 4
BN 36.07 -, BauR 2008, 328). Darüber hinaus scheidet die Veränderungssperre als
Sicherungsmittel aus, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche
Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, weil der
beabsichtigte Plan der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die
Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind, oder rechtliche Mängel
vorliegen, die schlechterdings nicht behebbar sind (BVerwG, Beschluss vom 21.12.2005 -
4 BN 61.05 -, juris). Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass sich die Rechtmäßigkeit eines
Bebauungsplans vor Beendigung des Planaufstellungsverfahrens in der Regel nicht
abschließend beurteilen lässt. Potentielle Rechtsmängel des künftigen Bebauungsplans
können deshalb nur dann ausnahmsweise zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre
führen, wenn bereits sicher ist, dass sie dem Bebauungsplan unvermeidbar anhaften
müssen (BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE 120, 138).
31 Nach diesen Maßgaben ist die angefochtene Veränderungssperre nicht zu beanstanden.
32 1. Die Veränderungssperre erfolgt zur Sicherung einer positiven Planungskonzeption.
33 a) Ausweislich des Entwurfs der Planbegründung will die Antragsgegnerin durch die
Steuerung der Ansiedlung und Erweiterung von Tierhaltungsanlagen - landwirtschaftlicher
(vgl. § 201 BauGB) wie gewerblicher Anlagen - vor allem die Ausrichtung Bad Dürrheims
als Heilkur- und naturnaher Tourismusort sichern; insoweit misst sie gerade dem „sich
durch eine dünne Besiedlung und oftmals hohe landschaftliche Qualität“ auszeichnenden
Außenbereich besondere Bedeutung bei (Begründungsentwurf, S. 1). Dieser Konzeption
entsprechend führt sie als Ziele die Sicherung und weitgehende Schonung der noch
vorhandenen freien Landschaft und des Außenbereichs als Freizeit- und
Erholungslandschaft sowie die Bewahrung des Landschaftsbilds an. Auch die weiter
genannten Ziele der Beibehaltung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse, der
Flächenvorsorge und der Sicherung des gemeindlichen Erschließungssystems stehen mit
dieser Konzeption in Einklang. Selbst die landwirtschaftlich orientierten Zielvorgaben der
Berücksichtigung der Belange der Tierhaltungsbetriebe sowie der vorrangigen
Berücksichtigung von Erweiterungspotenzialen im Bereich vorhandener Hof- und
Betriebsstellen werden ausdrücklich unter den Vorbehalt der Verträglichkeit mit der
Ausrichtung Bad Dürrheims als Kur- und Tourismusgemeinde gestellt.
34 b) Dass die Planung auch darauf zielt, das Vorhaben des Antragstellers zu verhindern,
schadet nicht. Bauleitplanung kann auch dann, wenn eine Gemeinde erst aus Anlass
eines konkreten Bauantrages mit der Aufstellung eines Bebauungsplans reagiert und
dabei mitbezweckt, die künftig vom Eigentümer gewollte Nutzung zu verhindern, im Sinne
des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich sein, wenn einer sich abzeichnenden Fehlentwicklung
entgegengesteuert werden soll (BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 4 CN 16.03 -, BVerwGE
120, 138; Beschluss vom 23.06.1992 - 4 B 55.92 -, NVwZ-RR 1993, 456). Auch aus dem
Umstand, dass die Antragsgegnerin hier die vorhandene Situation mehr bewahren als
verändern will, lässt sich nicht auf eine unzulässige Verhinderungsplanung schließen
(BVerwG, Beschluss vom 15.03.2012 - 4 BN 9.12 -, BauR 2012, 1067); bei der
Bestimmung ihrer städtebaulichen Ziele besitzt die Gemeinde ein weites planerisches
Ermessen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -, BVerwGE 133, 310).
Eine unzulässige Verhinderungsplanung ist nur dann anzunehmen, wenn eine positive
Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um einen bestimmten Bauwunsch zu durchkreuzen
(vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 22.01.2013 - 4 BN 7.13 -, juris; Beschluss vom
15.03.2012 - 4 BN 9.12 -, BauR 2012, 1067). Davon kann hier jedoch entgegen der
Auffassung des Antragstellers weder im Hinblick auf den beschränkten Geltungsbereich
des künftigen Bebauungsplans (dazu aa)) noch im Hinblick darauf ausgegangen werden,
dass sich die Veränderungssperre allein auf seine Grundstücke bezieht (dazu bb)).
35 aa) Der Antragsteller rügt, dass gerade für den westlichen Bereich der Gemarkung der
Antragsgegnerin keine Planungsbemühungen unternommen würden, obwohl dort zehn
Betriebe in der Hauptwindrichtung zur Innerortslage und zum Kurbetrieb lägen. Dies zeige,
dass es vorliegend um eine reine Verhinderungsplanung gehe, die städtebaulich nicht
erforderlich sei.
36 Der Antragsteller übergeht aber, dass die Antragsgegnerin anlässlich ihrer Planung nicht
nur den Geltungsbereich des zukünftigen Plans in den Blick genommen hat, sondern ihren
gesamten Außenbereich einschließlich des westlichen Bereichs ihrer Gemarkung.
Ausweislich des Entwurfs der Begründung des aufzustellenden Bebauungsplans geht sie
davon aus, dass die von ihr verfolgten städtebaulichen Ziele „prinzipiell für den gesamten
Außenbereich der Stadt Bad Dürrheim“ gälten; aufgrund des vom Antragsteller gestellten
immissionsschutzrechtlichen Antrags sehe sie den dringendsten Handlungsbedarf aber im
Bereich der Ostbaar (Begründungsentwurf, S. 3). Für eine unzulässige
Verhinderungsplanung lässt sich diesem Vorgehen nichts entnehmen. Es ist anerkannt,
dass die Gemeinde ihre planerische Tätigkeit auf diejenigen Bereiche beschränken darf,
in denen ein „akuter“ planerischer Handlungsbedarf besteht. Eine planerische Konzeption,
die sich auf größere Teile des Gemeindegebiets auswirkt, muss nicht notwendig auf einen
Schlag realisiert werden; vielmehr ist eine Planung in Abschnitten grundsätzlich zulässig
(BVerwG, Beschluss vom 10.10.2013 - 4 BN 36.13 -, BauR 2014, 57). Gründe, weshalb
eine solch abschnittsweise Planung hier ausnahmsweise ausgeschlossen sein sollte, sind
weder dargelegt noch ersichtlich.
37 Dafür ergibt sich auch nichts aus der Behauptung des Antragstellers, der zu erwartende
Plan könne die behauptete Steuerungsfunktion schon deshalb nicht übernehmen, weil er
die Ortslagen und die dort vorhandene Tierhaltung nicht umfasse. Die Antragsgegnerin hat
die Siedlungsbereiche in ihren Stadtteilen vom Geltungsbereich des künftigen Plans
ausgenommen, weil sie davon ausgeht, dass diese ohnehin nicht für die Ansiedlung
größerer Tierhaltungsanlagen in Betracht kämen (Begründungsentwurf, S. 3). Sie hat
allerdings sowohl in ihrer Antragserwiderung als auch in der mündlichen Verhandlung
deutlich gemacht, dass sich ihre Ermittlungen auf ihre gesamte Gemarkung erstreckten. In
die Untersuchungen zur Geruchssituation würden sämtliche relevanten
Tierhaltungsbetriebe einbezogen; bei entsprechendem Planungsanlass würden
Planungsschritte auch in den bisher nicht erfassten Bereichen erfolgen. Anhaltspunkte
dafür, dass dies nur eine vorgeschobene Behauptung der Antragsgegnerin wäre, sind
nicht zu erkennen und vermochte auch der Antragsteller auf Nachfrage in der mündlichen
Verhandlung nicht zu nennen. Die von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebene
Voruntersuchung belegt bereits Ermittlungen über den Geltungsbereich des künftigen
Plans hinaus. Sie beinhaltet orientierende Testrechnungen sowohl unter Einbeziehung
größerer Tierhaltungsbetriebe auf der Westbaar als auch unter Berücksichtigung
innerörtlicher Tierhaltungen in Oberbaldingen (Voruntersuchung Dr. ... v.
23.05.2012/06.07.2012). Auch die vom Antragsteller explizit erwähnte innerörtliche
Tierhaltung des Betriebs M... in Öfingen wird dort aufgeführt (Dr. ..., S. 12).
38 bb) Dass sich die Veränderungssperre nur auf die für das Vorhaben des Antragstellers
vorgesehenen Grundstücke bezieht, spricht als solches ebenfalls nicht für eine
unzulässige Verhinderungsplanung. Eine Veränderungssperre kann auch für wenige
Grundstücke oder sogar für nur ein einziges Grundstück erlassen werden (BVerwG, Urteil
vom 10.09.1976 - IV C 39.74 -, BVerwGE 51, 121). Ihr räumlicher Geltungsbereich muss
sich auch nicht etwa mit demjenigen des angestrebten Bebauungsplans decken; vielmehr
muss sie sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit räumlich auf das zur
Sicherung der Planung Erforderliche beschränken (vgl. dazu etwa Stock, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 2013, § 14 Rn. 62).
39 c) Es kann entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht davon ausgegangen
werden, dass die von der Antragsgegnerin im Begründungsentwurf benannten
Planungsziele der Sicherung des Außenbereichs als Freizeit– und Erholungslandschaft,
der Verhinderung der Zersiedlung durch Tierhaltungsanlagen, des Schutzes des
Landschaftsbilds und der Steuerung des Flächenverbrauchs nur vorgeschoben wären.
40 Der Antragsteller meint, diese Planungsziele würden nicht ernsthaft verfolgt, weil die
Antragsgegnerin zum einen noch nach Beginn der Standortdiskussion für den Betrieb des
Antragstellers andere Hofentwicklungen durch Aussiedlung zugelassen und zum anderen
im Außenbereich einen flächenintensiven und mit jederzeit sichtbaren Reflektionen
verbundenen Solarpark geplant habe. Diese Schlussfolgerung überzeugt aber nicht.
Weder die zugelassenen Aussiedlungen (dazu aa)) noch der Solarpark (dazu bb))
sprechen für eine nur vorgeschobene Planungskonzeption.
41 aa) Zu den erfolgten Aussiedlungen in Bad Dürrheim hat der Antragsteller einen
Übersichtslageplan mit Erläuterungstabelle vorgelegt, der allerdings nur eine Aussiedlung
seit 2010 zu entnehmen ist, nämlich diejenige des Betriebs M... in Öfingen in den Jahren
2011/2012. Dazu hat die Antragsgegnerin vorgetragen, der im Außenbereich errichtete
Milchviehstall sei für ca. 138 Tiere vorgesehen und weise Abmessungen von ca. 56 m x
42 m auf. Seine Maße liegen damit deutlich unter denjenigen, die die Antragsgegnerin
nach ihrem Konzept zukünftig zulassen will. Danach soll die Gebäudelänge zukünftig
maximal bei ca. 120 m liegen (Begründungsentwurf S. 8).
42 Darüber hinaus hat der Antragsteller auf die Erweiterung eines vor zwei Jahrzehnten
ausgesiedelten Milchviehbetriebs (F... in Hochemmingen) in den Jahren 2013/2014
verwiesen. Der Betrieb sei baulich erweitert, eine Güllegrube sei hinzugebaut und die
Großvieheinheiten seien erhöht worden. Darauf hat die Antragsgegnerin entgegnet, die
Betriebserweiterung sei nicht mit einer Erhöhung der Tierzahlen verbunden gewesen; sie
habe vor allem dazu gedient, den neuen tierschutzrechtlichen Anforderungen mit der
Folge eines höheren Raum- und Flächenbedarfs Rechnung zu tragen. Ein maßvolles
Erweiterungspotential für bestehende Betriebe sieht aber auch das planerische Konzept
der Antragsgegnerin vor. Zudem handelt es sich bei dem Betrieb F... um einen Betrieb von
überschaubarer Größe; nach der Schätzung in der Voruntersuchung Dr. ... liegt der
Tierbestand bei 80 Milchkühen und 120 Nachzuchttieren (Dr. ..., S. 12).
43 Nach alledem ergeben sich aus den von der Antragsgegnerin zugelassenen
Aussiedlungen keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit der von der Antragsgegnerin
genannten Planungsziele. Diese Aussiedlungen unterscheiden sich deutlich von dem
Vorhaben des Antragstellers, das den Anlass für die Planung und die Veränderungssperre
gesetzt hat. Dies gilt sowohl hinsichtlich ihrer Größe als auch hinsichtlich der Art der zu
erwartenden Geruchsemissionen. In jenen Betrieben wird nur Milchvieh gehalten, dessen
Geruchswirkung nach der Geruchsimmissionsrichtlinie 50% geringer gewichtet wird als
diejenige von Mastschweinen und Sauen (Nr. 4.6, Tabelle 4 der GIRL i. d. F. v.
29.02.2008, ergänzt am 10.09.2008).
44 bb) Auch der Solarpark „Stierberg“ westlich der B 37 (vgl. Bebauungsplan „Solarpark
Stierberg“ mit einem Geltungsbereich von 7,1 ha) sowie seine am 26.09.2013 vom
Gemeinderat der Antragsgegnerin beschlossene Erweiterung entlang der BAB 81 (vgl.
Bebauungsplan „Solarpark Stierberg II“ mit einem Geltungsbereich von 4,31 ha) sind nicht
geeignet, Zweifel an der Ernsthaftigkeit der von der Antragsgegnerin genannten
Planungsziele zu begründen. Allein die Tatsache, dass die Antragsgegnerin andere
Vorhaben im bisherigen Außenbereich zulässt, die Fläche verbrauchen und das
Landschaftsbild beeinträchtigen, belegt nicht, dass die Belange des Schutzes des
Landschaftsbilds und der Sicherung von Flächen im vorliegenden Verfahren nur
vorgeschoben, tatsächlich aber für die Antragsgegnerin ohne Bedeutung sind. Die
Zulassung des Solarparks zeigt nur, dass die Antragsgegnerin diese Belange nicht als so
gewichtig ansieht, dass sie sich bei jeder planerischen Abwägung durchsetzen müssten.
Die Verfahrensakten zu den Bebauungsplänen „Solarpark Stierberg“ und „Solarpark
Stierberg II“, deren Beiziehung der Antragsteller beantragt hat, sind insoweit - wie auch für
das vorliegende Verfahren insgesamt - ohne Bedeutung. Davon, dass das Landschaftsbild
hier gar nicht mehr schutzfähig wäre, weil die Fotovoltaikanlagen derart groß und
dominant wären, kann jedenfalls nicht die Rede sein.
45 2. Die Planung der Antragsgegnerin lässt angesichts der im Entwurf vorliegenden
detaillierten Planbegründung auch ein hinreichend konkretisiertes Mindestmaß dessen
erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans in dem von der
Veränderungssperre erfassten Bereich sein soll. Welches Mindestmaß der
Konkretisierung erforderlich ist, hängt im Wesentlichen von den Umständen des
Einzelfalls ab (BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138 Rn. 31).
In jedem Fall bedarf es planerischer Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen
Nutzung der betroffenen Grundflächen. Die nachteiligen Wirkungen der
Veränderungssperre wären vor dem Hintergrund von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG nicht
erträglich, wenn sie zur Sicherung einer Planung dienen sollte, die sich in ihrem Inhalt
noch in keiner Weise absehen ließe. Das Gebot eines Mindestmaßes an konkreter
planerischer Vorstellung ergibt sich auch aus der Konzeption des § 14 BauGB. Nach
seinem Abs. 2 S. 1 kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen
werden, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste
öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten
Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen
Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind. Daher müssen die Bereiche, in
denen unterschiedliche Nutzungen verwirklicht werden sollen, zumindest grob bezeichnet
sein (BVerwG, Urteil vom 19.02.2004 - 4 CN 13.03 -, Buchholz 406.11 § 14 BauGB Nr. 26;
s. auch OVG Nds., Urteil vom 06.04.2009 - 1 MN 289/09 - BauR 2009, 1421 zu einem
„praktisch gemeindeweiten“ einfachen Bebauungsplan zur Steuerung von
Tierhaltungsanlagen).
46 Danach ist der zukünftige Planinhalt hier hinreichend konkretisiert. Es soll ein einfacher
Bebauungsplan nach § 30 Abs. 3 i.V.m. § 35 BauGB aufgestellt werden, in dem sonstige
Sondergebiete nach § 11 BauNVO für landwirtschaftliche und gewerbliche
Tierhaltungsanlagen bestimmter Größenordnungen ausgewiesen werden. Die künftigen
Standorte für diese Tierhaltungsanlagen sind vor allem in den Bereichen vorgesehen, in
denen schon heute solche Anlagen vorhanden sind, sowie an dem Standort des
Vorhabens des Antragstellers. Durch Regelungen zu den zulässigen Immissionen und
zum Maß der baulichen Nutzung sollen diese Anlagen auf ein städtebaulich verträgliches
Maß beschränkt werden (Begründungsentwurf S. 16). Mit Rücksicht auf die über das
gesamte Stadtgebiet verteilten touristischen Einrichtungen und Nutzungen soll der
Zwischenwert von 8 % Jahresgeruchsstunden als Mittelwert zwischen dem Wert für
Kurgebiete und dem üblicherweise in Wohn- und Mischgebieten zulässigen Wert
angestrebt werden; die Form der planungsrechtlichen Regelung - Emissionsradien,
Abstandsbestimmungen oder Emissionskontingentierung - soll im Zuge der weiteren
Untersuchungen im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens festgelegt werden
(Begründungsentwurf S. 17 ff.). Damit ist die im Geltungsbereich der Veränderungssperre
geplante Art der Nutzung - Tierhaltung - konkret bezeichnet. Darüber hinaus sind auch die
Ziele benannt, die zu Beschränkungen dieser Nutzung im Hinblick auf Immissionen und
die Größe baulicher Anlagen führen sollen. Ein Mehr an Konkretisierung kann nicht
verlangt werden; das Konkretisierungserfordernis darf nicht überspannt werden, weil sonst
die praktische Tauglichkeit der Veränderungssperre verloren ginge (BVerwG, Urteil vom
19.02.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138 Rn. 31). Die Veränderungssperre soll die
Erarbeitung einer tragfähigen Planung erst ermöglichen (VGH Bad.-Württ., Urteil vom
22.06.2010 - 3 S 1391/08 -, VBlBW 2010, 475).
47 3. Die Planung lässt auch keine nicht behebbaren Mängel erkennen.
48 a) Gemeinden können die Ansiedlung von Tierhaltungsanlagen grundsätzlich auch durch
großflächig angelegte einfache Bebauungspläne steuern (so stRspr. OVG Nds., vgl. etwa
Urteil vom 13.09.2011 - 1 KN 56/08 -, ZfBR 2011, 780; vgl. dazu auch Schrödter, AUR
2011, 177, 187 f.). Dies gilt sowohl für gewerbliche Tierhaltungsanlagen, die wegen ihrer
nachteiligen Wirkung auf die Umgebung grundsätzlich nur im Außenbereich ausgeführt
werden sollen und daher regelmäßig unter den Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1
Nr. 4 BauGB fallen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.06.1983 - 4 B 201.82 -, Buchholz
406.11 § 35 BBauG Nr. 204; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB,
2013, § 35 Rn. 57a m. w. N.), als auch für die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im
Außenbereich privilegierten landwirtschaftlichen Betriebe, also diejenigen Betriebe, die
das Futter überwiegend auf betriebszugehörigen Flächen erzeugen können (§ 201
BauGB).
49 aa) Die Möglichkeit der Konzentrationsplanung über den Flächennutzungsplan (§ 35 Abs.
3 Satz 3 BauGB) steht der Aufstellung eines solchen Bebauungsplans nicht entgegen. §
35 Abs. 3 Satz 3 BauGB regelt Konzentrationsplanungen im Außenbereich nicht
abschließend. Auf Bebauungspläne findet die Vorschrift keine Anwendung, auch wenn
diese, wie hier vorgesehen, weite Teile des Außenbereichs einer Gemeinde überplanen. §
35 Abs. 3 Satz 3 BauGB soll den Gemeinden eine zusätzliche Befugnis eröffnen, im
Flächennutzungsplan ausnahmsweise auch Darstellungen mit rechtlicher Außenwirkung
zu treffen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.04.2007 - 4 CN 3.06 -, BVerwGE 128, 382),
nicht aber ihre Planungsmöglichkeiten auf der Ebene des Bebauungsplans beschränken
(vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 25.11.2003 – 4 BN 60.03 –, BauR 2004, 634).
Daher kann auch daraus, dass § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB landwirtschaftliche Vorhaben
von der Möglichkeit der Konzentrationsplanung auf der Ebene des Flächennutzungsplans
ausnimmt, nicht geschlossen werden, dass dies auch für die planerische Steuerung auf
der Ebene des Bebauungsplans gelten soll.
50 bb) Auch der am 20.09.2013 in Kraft getretenen Neufassung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
kann keine gesetzliche Schranke bei der planerischen Steuerung von
Tierhaltungsbetrieben entnommen werden. Die Neuregelung nimmt gewerbliche Anlagen
zur Tierhaltung, die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder
allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über
die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen, von der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr.
4 BauGB aus. Solche Anlagen sollen nur nach Aufstellung eines entsprechenden
Bebauungsplans errichtet werden können (Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs.
17/11468 S. 15). Damit wollte der Gesetzgeber jedoch nicht ausschließen, dass die
Ansiedlung anderer Tierhaltungsanlagen im Außenbereich planerisch gesteuert wird. Für
die gewerblichen Tierhaltungsanlagen wird dies in der Begründung des Gesetzentwurfs
ausdrücklich festgestellt (a. a. O., S. 16). Es gilt aber auch für die Steuerung
landwirtschaftlicher Tierhaltungsbetriebe. Dass diese Betriebe in der Begründung des
Gesetzentwurfs keine Erwähnung gefunden haben, resultiert daraus, dass nur die
Regelung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB geändert werden sollte, deren
Anwendungsbereich die unter § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB fallenden landwirtschaftlichen
Betriebe auch nach alter Fassung nicht erfasste.
51 b) Bedenken dagegen, dass das Baugesetzbuch grundsätzlich das rechtliche
Instrumentarium für die vorgesehene Planung zur Verfügung stellt, sind weder vorgetragen
noch ersichtlich. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Entwurf der Planbegründung nicht nur
Sondergebiete für Tierhaltungsanlagen vorgesehen, sondern für den übrigen Planbereich
auch auf die Möglichkeit der Festsetzung von Flächen für die Landwirtschaft, von Flächen
oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und
Landschaft oder von Flächen, die von Bebauung freizuhalten sind, hingewiesen
(Begründungsentwurf S. 16). Dass die vorgesehene Planung mit Blick auf die
erforderlichen Ermittlungen und die Abwägung (s. dazu auch BVerwG, Beschluss vom
17.12.1998 - 4 NB 4/97 -, BauR 1999, 608; OVG Rheinl.-Pf., Urteil vom 20.01.2011 - 1 C
10801/10 -, BauR 2011, 1779; BayVGH, Urteil vom 15.01.2007 - 1 N 04.1226 -, juris;
Henschke/Gramsch, LKV 2012, 433, 436; Schink, AUR 2012, 285, 292; Schrödter, AUR
2011, 177, 188) durchaus ambitioniert ist, bedeutet keine unüberwindbare Hürde.
52 c) Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Planung daran scheitern könnte, dass
Tierhaltungsanlagen nicht in substantieller Weise Raum eingeräumt würde.
53 Tierhaltungsanlagen sind im Außenbereich privilegierte Nutzungen (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 oder
Nr. 4 BauGB). Der Gemeinde ist es daher verwehrt, solche Anlagen unter dem
Deckmantel der planerischen Steuerung in Wahrheit zu verhindern; vielmehr muss sie der
Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und der privilegierten
Nutzung in substantieller Weise Raum einräumen. Dies gilt nicht nur bei einer
Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom
17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287), sondern auch bei der gemeindlichen
Steuerung privilegierter Außenbereichsnutzungen durch einen einfachen Bebauungsplan
(ebenso OVG Nds., Urteil vom 13.08.2013 - 1 KN 69/11 -, BauR 2014, 72, Urteil vom
13.09.2011 - 1 KN 56/08 -, ZfBR 2011, 780), und zwar in besonderem Maße für
landwirtschaftliche Anlagen. Ihrer Zuweisung in den Außenbereich durch die
„planersetzende“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.04.2007 - 4 CN 3.06 -, BVerwGE 128, 382)
Regelung des § 35 Abs. 1 BauGB kommt besonderes Gewicht zu. Anders als die
gewerbliche Tierhaltung, die nur über den Auffangtatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB
und seit der Neufassung dieser Vorschrift nur noch in beschränktem Umfang privilegiert
ist, sind landwirtschaftliche Vorhaben und damit auch die landwirtschaftliche Tierhaltung
im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB explizit dem Außenbereich zugewiesen (so auch
Söfker, NVwZ 2008, 1273). Zudem belegt der Umstand, dass land- und forstwirtschaftliche
Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB von der Möglichkeit der
Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ausgenommen sind, dass diese
Vorhaben im Außenbereich eine besondere Vorzugsstellung (BVerwG, Urteil vom
17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287) genießen sollen.
54 Dass die Planung der Antragsgegnerin diesen Vorgaben nicht gerecht werden kann, ist
nicht ersichtlich. Nach ihrer Konzeption sollen Tierhaltungsanlagen bestimmter
Größenordnungen vor allem an den Standorten schon bestehender Anlagen zugelassen
werden; dies sind ausgehend von den in der Voruntersuchung Dr. ... genannten
vorhandenen Betriebe 16 Standorte (Tabelle 3, S. 11 f.). Der Bestand und die
betrieblichen Entwicklungsziele dieser vorhandenen Betriebe werden, wie die
Antragsgegnerin erläutert hat, derzeit im Einzelnen ermittelt. Als weiterer Standort
hinzukommen soll in jedem Fall derjenige, für den der Antragsteller den
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag eingereicht hat. Größen- und
Emissionsbeschränkungen für die einzelnen Anlagen, wie sie die Antragsgegnerin hier
plant, sind durch das Gebot, der privilegierten Tierhaltung substanziellen Raum zu
belassen, nicht von vornherein ausgeschlossen.
55 d) Es ist auch nicht absehbar, dass die Planung am Gebot der Konsistenz scheitern
müsste. Will eine Gemeinde die Nutzung ihres Außenbereichs oder wesentlicher Teile
davon durch nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierte Vorhaben über die ihr nach § 35 Abs. 3
Satz 3 BauGB eingeräumte Möglichkeit der Konzentrationsplanung hinaus abweichend
von § 35 BauGB regeln, bedarf es dafür einer hinreichend gewichtigen städtebaulichen
Rechtfertigung (§ 1 Abs. 3 BauGB; vgl. BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 4 C 21.07 -,
BVerwGE 133, 310). Dabei hat sich die Gemeinde in Bezug auf die von ihr zur
Rechtfertigung angeführten Ziele konsistent zu verhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom
26.03.2009 - 4 C 21.07 -, a. a. O.). Diese Maßgaben, die das Bundesverwaltungsgericht
anlässlich der planerischen Steuerung von Einzelhandelsbetrieben zum Zweck des
Zentrenschutzes entwickelt hat, gelten auch bei der hier in Angriff genommenen Planung
zum Schutz der von der Antragsgegnerin hervorgehobenen Ausrichtung Bad Dürrheims
als Heilkur- und naturnaher Tourismusort. Denn hier sollen - insoweit vergleichbar mit der
Abweichung von den in der BauNVO vorgegebenen Gebietstypen durch den Ausschluss
von Einzelhandelsbetrieben nach § 1 Abs. 5 BauNVO - privilegierte Vorhaben
abweichend von ihrer Zuweisung in den Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB und
über die in der Norm selbst angelegte Möglichkeit (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) hinaus in
weiten Teilen des Außenbereichs ausgeschlossen werden.
56 Die Antragsgegnerin hat in ihrem Entwurf der Planbegründung hervorgehoben, dass Bad
Dürrheims Ausrichtung und Entwicklung als Heilkur- und naturnaher Tourismusort
gesichert werden solle (S. 1 und 2). Der Senat hat keine Bedenken gegen die Annahme,
dass dieses Ziel grundsätzlich eine Steuerung und Beschränkung der
Tierhaltungsanlagen rechtfertigen kann. Ein nicht ausräumbares, mit diesem Ziel
inkonsistentes Verhalten der Antragsgegnerin ist nicht zu erkennen. In dem Entwurf der
Planbegründung führt sie aus, der Plan sei Bestandteil eines übergeordneten
städtebaulichen Konzepts, aus dem bei entsprechendem Anlass weitere Bebauungspläne
auf der Gemarkung Bad Dürrheim zu entwickeln seien (S. 2); die dargelegten Ziele gälten
prinzipiell für den gesamten Außenbereich der Antragsgegnerin (S. 3); die im Rahmen des
vorliegenden Plans entwickelte Vorgehensweise und Methodik könne in ihren
Grundzügen auf andere Bereiche des Stadtgebiets von Bad Dürrheim angewandt werden,
sobald sich dort das Planungsbedürfnis konkretisiere (S. 4). Dass es ausgeschlossen
wäre, für die Steuerung der Tierhaltungsanlagen ein solches schlüssiges
gesamträumliches Konzept zu entwickeln, behauptet auch der Antragsteller nicht. Aus der
von ihm beanstandeten Erweiterung des Solarparks kann, wie oben ausgeführt, kein
inkonsistentes Verhalten der Antragsgegnerin abgeleitet werden.
57 e) Der von der Antragsgegnerin angenommene Steuerungsbedarf und damit die
städtebauliche Rechtfertigung (§ 1 Abs. 3 BauGB) der Planung wird auch nicht durch die
Behauptung des Antragstellers in Frage gestellt, dass die Tierhaltung auf der Gemarkung
der Antragsgegnerin deutlich abnehme. Die Antragsgegnerin hat ihre Planung nicht mit
der Zahl der Tierhaltungsanlagen, sondern mit den Veränderungen in der
landwirtschaftlichen Entwicklung und der gewerblichen Tierhaltung weg von den
traditionellen Betriebsformen der familiär geführten Bauernhöfe zu Tierhaltungsanlagen
agrarindustrieller Ausprägung begründet (Beratungsvorlage für den Gemeinderat am
19.07.2012, S. 1). Dass diese Einschätzung durchaus realitätsnah ist, belegt gerade der
immissionsschutzrechtliche Genehmigungsantrag des Antragstellers.
58 f) Auch das vom Antragsteller beanstandete Ziel der Antragsgegnerin, die
Immissionssituation so zu steuern, dass die Jahresgeruchsstunden auf 8 % begrenzt
werden, ist nicht etwa von vornherein rechtlich unzulässig. Ungeachtet dessen, dass
dieser Wert wohl nicht gemarkungsweit gelten soll, hebelt die Antragsgegnerin damit
keinen bestehenden gesetzlichen Grenzwert aus und setzt sich nicht in unzulässiger
Weise an die Stelle des Gesetz– oder Verordnungsgebers (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom
30.08.2012 - 4 C 1.11 -, BVerwGE 144, 82 juris Rn. 18 zur Standortplanung für
Mobilfunkanlagen). Für Gerüche bestehen keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte. Zwar
wird für die Beantwortung der Frage, ob Geruchsimmissionen als schädliche
Umwelteinwirkungen qualifiziert werden können, die Geruchsimmissionsrichtlinie in der
Fassung vom 29.02.2008 und einer Ergänzung vom 10.09.2008 herangezogen, die
Immissionswerte für verschiedene Nutzungsgebiete in Form einer relativen Häufigkeit der
Geruchsstunden (Jahresgeruchsstunden) angibt, deren Überschreitung regelmäßig als
erhebliche Belästigung (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG) zu werten sein soll. Nach der GIRL liegt
der Immissionswert für Wohn–/Mischgebiete bei 0,10 und für
Dorf–/Gewerbe–/Industriegebiete bei 0,15, so dass der von der Antragsgegnerin
angestrebte Wert von 0,08 darunter liegt. Deshalb ist die Planung jedoch nicht unzulässig.
59 Schon nach den Auslegungshinweisen der GIRL sollen für die Beurteilung eines
Kurgebiets andere Kriterien gelten als die Immissionswerte für die in der Richtlinie
ausdrücklich genannten Gebiete; insbesondere in Luftkurorten soll in der Regel der Wert
von 0,06 nicht überschritten werden. Zudem kommt der GIRL keine Bindungswirkung zu,
sondern sie kann nur als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. dazu BVerwG,
Beschluss vom 28.07.2010 - 4 B 29.10 -, BauR 2010, 2083). Vor allem aber enthält das
Immissionsschutzrecht keine verbindliche Vorgabe in dem Sinne, dass jegliche
Immissionen bis zur der Grenze des § 3 BImSchG hinzunehmen wären. Das
Vorsorgegebot im Sinne eines vorbeugenden Umweltschutzes lässt auch
Vermeidungsanstrengungen gegenüber umweltbeeinträchtigenden Umweltschadstoffen
zu, die mit dem Ziel ergriffen werden, längerfristig nach Maßgabe eines generellen
Sanierungskonzepts eine Luftqualität herbeizuführen oder zu sichern, die einen
angemessenen Sicherheitsabstand zur konkreten Schädlichkeitsgrenze herstellt
(BVerwG, Beschluss vom 22.05.2014 - 7 B 3.14 -, juris). Eine Gemeinde darf daher auch
im Wege der Bauleitplanung unterhalb der durch § 3 Abs. 1 BImSchG bestimmten
Erheblichkeitsschwelle eigenständig gebietsbezogen das Maß hinnehmbarer
Geruchsbeeinträchtigungen nach den Maßstäben des Vorsorgegrundsatzes steuern,
wenn städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (BVerwG, Urteil vom 28.02.2002 - 4 CN
5.01 -, BauR 2002, 1348).
60 Hier wird als städtebauliche Begründung für den angestrebten Wert von 8 %
Geruchsstunden die nachhaltige Sicherung des Kurbetriebs der Kur– und Bäderstadt Bad
Dürrheim angeführt (Begründungsentwurf S. 11): Die von landwirtschaftlichen und
gewerblichen Anlagen auf die benachbarten Wohngebiete und touristischen Angebote
einwirkenden Emissionen würden oftmals unabhängig von der Einhaltung gesetzlicher
Grenzwerte als Belästigung empfunden. Bad Dürrheim sei als heilklimatischer Kurort und
Sole-Heilbad besonders schutzbedürftig gegenüber Luftverunreinigungen. Auch der
Ortsteil Öfingen besitze das Prädikat als „staatlich anerkannter Erholungsort"; ein
entsprechendes Prädikat für Sunthausen sei in Vorbereitung. Im Stadtgebiet existierten
zahlreiche Tourismuseinrichtungen und Einrichtungen der Gesundheitsvorsorge. Für den
Kurbetrieb und den Tourismus seien die Möglichkeit des ungestörten Aufenthalts in freier
Natur, des Genusses des Landschaftsbilds und schadstoffarmer Luft von großer
Bedeutung. Mit Rücksicht auf die über das gesamte Stadtgebiet verteilten touristischen
Einrichtungen und Nutzungen werde ein Mittelwert von 8 % der Geruchsstunden zwischen
dem Wert für Kurgebiete (6 %) und demjenigen für Wohn– und Mischgebiete (10 %)
angestrebt. Dieser werde voraussichtlich im Stadtgebiet als Maximalwert für
Geruchsbelästigungen zugrunde gelegt.
61 Dass diese städtebauliche Begründung von vornherein nicht geeignet wäre, das Ziel der
Begrenzung der Geruchsstunden auf 8 % zu rechtfertigen, ist nicht ersichtlich. Bad
Dürrheim ist seit 1976 als heilklimatischer Kurort (§ 5 KurortG), seit 1985 als Sole-Heilbad
(§ 4 KurortG) und im Übrigen seit 2013 auch als Kneippkurort (§ 7 KurortG) anerkannt.
Heilklimatische Kurorte wie auch Kneippkurorte zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein
Klima besitzen, dessen Eignung für die therapeutische Anwendung wissenschaftlich
anerkannt und durch Erfahrung bewährt ist (vgl. §§ 5a) und 7b) KurortG). Auch ein Heilbad
verlangt ein Lage– und Witterungsklima, das die Gesundungs- und
Erholungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt (§ 4 KurortG). Selbst wenn Bad Dürrheim, wie
der Antragsteller vorträgt, die Prädikate Heilklimatischer Kurort und Sole-Heilbad bei einer
hohen Dichte landwirtschaftlicher Betriebe erhalten hat und deshalb wohl nicht die Gefahr
der Aufhebung der entsprechenden Anerkennungen besteht, steht außer Frage, dass
Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen nachteilig für das örtliche Kurklima sind
und sich damit negativ auf die Anziehungskraft Bad Dürrheims als Kurort auswirken
können.
62 Der Einwand des Antragstellers, es sei schon nicht klar, wie der zu schützende Kurbereich
definiert werden solle, übergeht, dass die Antragsgegnerin die über das ganze Stadtgebiet
verteilten touristischen Einrichtungen als schützenswert ansieht. Dass § 2 Abs. 3 BauGB
hier möglicherweise für die endgültige Planung auch eine vom Antragsteller vermisste
Analyse der Kursituation verlangt, spielt für die Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre
keine Rolle.
63 Soweit der Antragsteller meint, dass die Planung schon jetzt an ihrer fehlenden
Vollzugsfähigkeit scheitere, weil der angestrebte Wert von höchstens 8 %
Jahresgeruchsstunden angesichts des Bestandsschutzes vorhandener Tierhaltungen
nicht erreichbar sei, trifft dies nicht zu.
64 Für eine Überschreitung des Wertes von 8 % im Stadtgebiet bestehen keinerlei
Anhaltspunkte. In der Gemeinderatsvorlage zur Veränderungssperre heißt es, nach den
vorliegenden Informationen zum Tierbestand der Tierhaltungsbetriebe auf der Westbaar
und in Hochemmingen betrage die Geruchswahrnehmungshäufigkeit in der Kernstadt von
Bad Dürrheim bis zu 6 % der Jahresstunden. Dies entspricht der in der Voruntersuchung
Dr. ... errechneten Immissionsgesamtbelastung für die Kernstadt unter Berücksichtigung
der Immissionsbeiträge größerer Betriebe auf der Westbaar sowie auf der westlichen
Ostbaar in Hochemmingen, Biesingen und Oberbaldingen (S. 25, Fall 18). Selbst wenn
die Zusammenfassung des Gutachtens (S. 47) dahin zu verstehen wäre, dass der Wert
von 8 % durch den Bestand der Tierhaltungsbetriebe auf der Westbaar bereits erreicht
wird, folgt daraus keine Überschreitung der 8 %. Soweit der Antragsteller einwendet, das
Gutachten gehe hinsichtlich der Windrichtungen von unzutreffenden meteorologischen
Eingangsdaten aus, ist ihm entgegenzuhalten, dass es für die Rechtmäßigkeit der
Veränderungssperre keine Rolle spielt, ob das Gutachten im Detail zutreffend ist. Die
Veränderungssperre soll die Erarbeitung einer tragfähigen Planung ermöglichen; dies
schließt eine „antizipierte Normenkontrolle“ des zu erstellenden Bebauungsplans aus
(VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.06.2010 - 3 S 1391/08 -, VBlBW 2010, 475).
Entscheidend ist nur, dass nicht jetzt schon feststeht, dass die angedachte Planung nicht
vollzugsfähig ist. Im Übrigen stellt das Gutachten selbst fest, dass für die Ostbaar und die
Westbaar keine meteorologischen Messdaten vorlägen und deshalb auf synthetische
Windrosen zurückgegriffen werde. Die Antragsgegnerin hat daher eine umfangreiche
Windmessung in Auftrag gegeben.
65 In Teilen der Ortschaft Oberbaldingen werden nach dem Immissionsgutachten, das der
Antragsteller zur - überholten - Planung der Erweiterung seines bestehenden Betriebs
eingeholt hat, zwar schon jetzt aufgrund der Belastung durch die bestehenden Betriebe
Werte zwischen 14 % und 22 % der Jahresgeruchsstunden erreicht. Eine Überschreitung
des angestrebten Werts von 8 % an einzelnen Punkten der Gemarkung bedeutet jedoch
nicht, dass die gesamte Planung von vornherein hinfällig ist. Vielmehr ist durchaus
denkbar, dass einem solchen Umstand durch Nachjustierung des Konzepts und durch
eine entsprechende Abwägung Rechnung getragen werden kann. Änderungen einzelner
Planungsvorstellungen können auch nach Erlass der Veränderungssperre erfolgen,
solange die Grundkonzeption der Gemeinde entsprechend der im Zeitpunkt des Erlasses
der Veränderungssperre konkretisierten Planung nicht aufgegeben worden ist (BVerwG,
Beschluss vom 10.10.2007 - 4 BN 36.07 -, BauR 2008, 28). Im Übrigen muss
Bestandsschutz für die Betriebe, die hier die Vorbelastung verursachen, angesichts der
dynamischen immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten (§§ 5, 22 BImSchG) nicht
auch bedeuten, dass die von ihnen ausgehenden Immissionen dauerhaft fortbestehen.
66 g) Es ist auch nicht zu erkennen, dass der beabsichtigte Bebauungsplan das
Entwicklungsgebot (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB) nicht einhalten könnte. Derzeit ist im
Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin zwar noch keine Grundlage für die geplante
Steuerung von Tierhaltungsanlagen enthalten. Die Antragsgegnerin beabsichtigt aber,
den Flächennutzungsplan im Parallelverfahren (§ 8 Abs. 3 BauGB) zu ändern. Der
Gemeinderat der Antragsgegnerin hat zwar erst am 20.02.2014 einen
Aufstellungsbeschluss für eine punktuelle Änderung des Flächennutzungsplans gefasst.
Dies schadet jedoch nicht. § 8 Abs. 3 BauGB sieht vor, dass mit der Aufstellung eines
Bebauungsplans gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan geändert werden kann.
Gleichzeitig bedeutet dabei nicht, dass alle Verfahrensabschnitte in vollständigem
zeitlichem Gleichlauf stattfinden müssen. Kennzeichnend und ausreichend ist es vielmehr,
dass die einzelnen Schritte des Bebauungsplanverfahrens und des
Flächennutzungsplanverfahrens in einem dem Zweck des Entwicklungsgebots
entsprechenden angemessenen zeitlichen Bezug zueinander stehen und dass im
jeweiligen Fortgang beider Verfahren eine inhaltliche Abstimmung zwischen beiden
Planentwürfen möglich und gewollt ist. Ein bloß zeitlicher Rückstand des
Flächennutzungsplanverfahrens gegenüber dem Bebauungsplanverfahren schließt mithin
das Vorliegen eines Parallelverfahrens nicht aus (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.06.1995
- 3 S 2680/93 -, BWGZ 1995, 617).
67 Auch wenn Einiges dafür spricht, dass für den zu erstellenden Bebauungsplan wie für eine
verbindliche Standortplanung im Flächennutzungsplan nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
(vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 4 CN 1.12 -, BVerwGE 146, 40) ein schlüssiges
gesamträumliches Planungskonzept erforderlich ist und die im Aufstellungsbeschluss vom
20.02.2014 vorgesehene Beschränkung der Änderung des Flächennutzungsplans auf den
Geltungsbereich des Bebauungsplans damit nicht ohne Weiteres zu vereinbaren ist,
kommt es darauf im vorliegenden Verfahren nicht an. Denn es ist jedenfalls nicht
ausgeschlossen, dass der Flächennutzungsplan so geändert wird, dass das
Entwicklungsgebot eingehalten wird.
68 4. Schließlich ist die Veränderungssperre - ungeachtet der Frage, inwieweit Änderungen
der Sachlage nach ihrem Erlass hier zu berücksichtigen sind - auch nach wie vor zur
Sicherung der Planung erforderlich. Der Genehmigungsantrag des Antragstellers bezieht
sich zwar auf eine umweltverträglichkeitsprüfungspflichtige Tierhaltungsanlage (vgl. § 3 b
Abs. 1 UVPG i. V. m. Anlage 1 Nr. 7.8.1) und damit auf eine Anlage, die nach der Novelle
des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht mehr privilegiert und ohne entsprechenden
Bebauungsplan nicht mehr genehmigungsfähig wäre. Auf das Vorhaben des
Antragstellers ist die Novelle aber nicht anwendbar, weil er den Genehmigungsantrag vor
Ablauf des 04.07.2012 gestellt hat (§ 245a Abs. 4 BauGB n. F.). Zudem ist die für das
Sicherungsbedürfnis erforderliche abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung der Planung (vgl.
dazu Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, BauGB, 2013, § 14 Rn. 64)
solange zu bejahen, bis gewährleistet ist, dass der Antragsteller die Planung der
Antragsgegnerin nicht durch ein möglicherweise auch reduziertes Vorhaben gefährdet.
Die Antragsgegnerin beruft sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf, dass
auch Anlagen unterhalb der in der Novelle des § 35 BauGB genannten Größe sowie
landwirtschaftliche Anlagen bedeutsame Auswirkungen auf ihre städtebaulichen Ziele
haben könnten. Dies gelte insbesondere für den angestrebten Schutz des
Landschaftsbilds, die Geruchsbelastung und die ordnungsgemäße Erschließung.
69 Das Sicherungsbedürfnis ist schließlich auch nicht etwa deshalb in Frage gestellt, weil
sich absehen ließe, dass die Antragsgegnerin ihre Planung innerhalb der maximalen
Dauer der Veränderungssperre nicht beendigen könnte (vgl. dazu OVG Nds., Urteil vom
13.08.2013 - 1 KN 69/11 -, a. a. O.). Der Antragsteller stellt zwar in den Raum, die
Antragsgegnerin sei in Verzug mit den gebotenen Ermittlungen. Die Antragsgegnerin hat
jedoch im Einzelnen dargestellt, welche Schritte sie bereits unternommen hat und dass die
notwendigen Erhebungen, insbesondere die Windmessungen, voraussichtlich im Sommer
2014 abgeschlossen sein werden. Daher ist nicht ersichtlich, das sie ihre Planung nicht
innerhalb der Höchstdauer der Veränderungssperre (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
BauGB) beenden kann.
70 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
71 Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht
vorliegen.
72
Beschluss vom 26. Juni 2014
73 Der Streitwert wird für das Normenkontrollverfahren endgültig auf EUR 10.000,--
festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 1 GKG).
74 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.