Urteil des VG Stuttgart vom 25.11.2008

VG Stuttgart (kläger, grundstück, anlage, fläche, landwirtschaftlicher betrieb, betrieb, gebäude, anordnung, hütte, landschaft)

VG Stuttgart Urteil vom 25.11.2008, 6 K 778/08
Beseitigungsanordnung gegen Anlagen im Außenbereich
Leitsätze
Teilweise Rechtswidrigkeit einer Anordnung, durch die die Beseitigung verschiedener baulicher Anlagen im
Außenbereich verlangt wird.
Tenor
Die baurechtliche Anordnung des Landratsamts Göppingen vom 23.04.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.01.2008 wird aufgehoben, soweit darin die
Beseitigung des Stacheldrahtes, der mit Leberkies befestigten Fläche (sogenannter Reitplatz) und des
Schotterweges verlangt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger und der Beklagte tragen des Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten des Klägers war notwendig.
Tatbestand
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Der Kläger ist Eigentümer des im Außenbereich gelegenen Grundstücks Flurstück Nr. ..., Gemarkung D.. Am
15.07.2002 sprach die Ehefrau des Klägers beim Landratsamt Göppingen vor und fragte an wegen der
Errichtung eines Gebäudes mit Viehunterstand und Lagerraum auf dem Grundstück Flurstück Nr. .... Das
damalige Amt für Landwirtschaft, Landschafts- und Bodenkultur Göppingen teilte dem Landratsamt Göppingen
durch Schreiben vom 15.08.2002 mit, der Kläger sei außerhalb der Landwirtschaft beschäftigt. Der Vater helfe
noch bei der Bewirtschaftung der kleinen Landwirtschaft mit. Die Familie bewirtschafte ca. 10 ha Grünland. Die
Flächen lägen überwiegend im Bereich des geplanten Schuppens. Ca. 3 ha Fläche seien eingezäunt. Derzeit
würden vier Mutterkühe, vier Jungrinder und zwei Pferde gehalten. Die Rinder seien in der Weidezeit auf den
Weiden am geplanten Standort des neuen Schuppens. Hier bestehe seit langem ein Weideunterstand. Winters
würden die Tiere im Stallgebäude der Hofstelle in der Ortslage gehalten. Die Pferde seien derzeit anderweitig
untergebracht. Nach Aussage des Klägers sei vorgesehen, die Rinderhaltung längerfristig von der Hofstelle in
den neuen Schuppen zu verlagern. Die Tierhaltung entspreche im jetzigen Umfang einer Hobbyhaltung. Eine
Privilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB werde nicht befürwortet.
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Nachdem verschiedene Baukontrollen auf dem Grundstück stattgefunden hatten, wurde am 26.04.2007 eine
weitere Baukontrolle durchgeführt. Nachdem der Kläger bereits durch Schreiben vom 22.08.2006 angehört
worden war und dessen Prozessbevollmächtigter durch Schreiben vom 19.09.2006 Stellung genommen hatte,
verfügte das Landratsamt Göppingen durch baurechtliche Anordnung vom 23.04.2007, dass die auf dem
Grundstück Flurstück Nr. ... befindliche Blockhütte sowie der anschließende Plattenbelag, die Einfriedigungen -
ausgenommen die äußere Einfriedigung entlang der Grundstücksgrenzen -, der Stacheldraht an der äußeren
Einfriedigung, die gelagerten Gegenstände (Baumaterial), die Befestigung mit Leberkies und der Schotterweg
bis zum 01.09.2007, bei Einlegung eines Rechtsmittels binnen eines Monats nach Eintritt der Bestandskraft
dieser Anordnung zu beseitigen seien. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, die Beseitigungsanordnung
stütze sich auf § 65 Satz 1 LBO. Die Blockhütte mit dem Plattenbelag und die Zäune seien Gebäude bzw.
bauliche Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 2 bzw. 1 Satz 1 LBO, die Lagerung von Baumaterial erfülle den Begriff
des Lagerplatzes, der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 LBO als bauliche Anlage gelte. Auch der befestigte (Reit-
) Platz und der Schotterweg erfüllten den Begriff der baulichen Anlage, denn sie seien aus Bauprodukten
hergestellte, mit dem Erdboden verbundene Anlagen. Keine der Anlagen sei von einer Genehmigung gedeckt.
Die Blockhütte weise mit dem Vordach einen Brutto-Rauminhalt von mehr als 20 m³ auf und sei damit
baurechtlich genehmigungspflichtig nach § 49 LBO i. V. m. § 50 Abs. 1 LBO, Anhang Nr. 1. Auch der
Schotterweg und der befestigte Reitplatz seien nach § 49 Abs. 1 LBO genehmigungspflichtig. Verfahrensfrei
seien nur Zufahrten zu verfahrensfreien Anlagen im Innenbereich (Nr. 64 des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO).
Reitplätze seien nicht im Katalog der verfahrensfreien Anlagen des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO aufgeführt
und bedürften daher einer Baugenehmigung. Selbst wenn keine Genehmigungspflicht vorläge, fänden die
Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 35 BauGB Anwendung, denn das Gebäude und die anderen Anlagen
entfalteten bodenrechtliche Relevanz im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB. Die Anlagen stünden seit ihrer
Errichtung im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Das Amt für Landwirtschaft, Landschafts- und
Bodenkultur habe in seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2002 die Tierhaltung des Klägers als Hobbytierhaltung
bezeichnet. Dies gelte umso mehr für die Haltung von nur noch zwei Pferden, auch wenn es sich um
Weidetiere handle. Es handle sich bei den Anlagen somit um sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB. Es
würden Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt, nämlich die natürliche Eigenart der Landschaft. Ein
Bauvorhaben, das keinem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb diene, stelle sich in einer an sich freien
Landschaft als Fremdkörper dar. Auch beeinträchtigten das Gebäude und die Einfriedigungen öffentliche
Belange insoweit, als ihre Zulassung die Verfestigung einer ungeordneten Streu- und Splittersiedlung in dem
fraglichen Landschaftsteil befürchten lasse (§ 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB). Die baurechtliche Anordnung sei
verhältnismäßig. Der Kläger sei richtiger Adressat der Anordnung. Das Landratsamt akzeptiere den
Bestandsschutz für das umgebaute Scheunengebäude sowie grundsätzlich für die das Grundstück umgebende
äußere Einfriedigung, allerdings ohne den Stacheldraht, der auch aus Sicherheitsgründen entfernt werden
sollte.
3
Der Kläger erhob dagegen rechtzeitig Widerspruch. Er brachte vor, der vom Landratsamt akzeptierte
Bestandsschutz erstrecke sich nicht auf die bloße Existenz der Scheune, sondern auch auf deren gewachsene
Nutzung. Es müsse daher eine dem Nutzungszweck entsprechende Erreichbarkeit gegeben sein. Folglich sei
der vorhandene Schotterweg als verfahrensfrei einzustufen. Die seit Jahrzehnten vorhandene äußere
Einfriedigung habe im Laufe der Zeit teilweise mit Stacheldraht versehen werden müssen, weil das reifende
Obst in unvorstellbaren Mengen durch Passanten von den Bäumen weg gestohlen worden sei. Deshalb habe
sich bereits der Rechtsvorgänger des Klägers dazu entschieden, an besonders „einladenden“ Stellen zusätzlich
eine Stacheldrahtverstärkung anzubringen. Die Baumaterialien würden nicht mehr gelagert, insoweit habe sich
die Anordnung erledigt. Es werde darauf hingewiesen, dass der Kläger sich auf die Privilegierung als Landwirt
berufen könne. Die aus dem Jahre 2002 stammende Einschätzung des Landwirtschaftsamtes könne keinen
Bestand haben. Gerade der ökologische Nischenbetrieb habe eine ökonomische Zukunft, auch wenn er klein
sei. Er, der Kläger, betreibe geförderten Anbau von biologischem Streuobst, gerade auch auf dem betroffenen
Grundstück. Die in diesem Zusammenhang schon immer vorhandene Pferdehaltung erfülle einen betrieblichen
Zweck, nämlich die schonende Beweidung. Hierzu sei die innere Einzäunung erforderlich, um die stückweise
Beweidung sowie eine tiergerechte Pferdehaltung überhaupt ermöglichen zu können. Bei dem vermeintlichen
Reitplatz handle es sich um eine Fläche, die der Bewegung der Tiere diene. Der Platz werde nicht als
Reitanlage genutzt und sei als solche auch nicht konzipiert. Auch die Mutmaßung, der Platz sei mit Leberkies
verdichtet worden, sei unzutreffend. Auf dieser Fläche seien Hackschnitzel ausgebracht worden, um auf
biologisch wertvolle Weise und ohne Wirkung einer Verdichtung die vorhandene Bodennässe zu reduzieren.
Leberkies sei nur an einer Stelle, dem Standort des Mistwagens, zur Abstützung des Schotterweges in
geringfügigem Umfang auf einer Fläche von insgesamt weniger als einem Quadratmeter aufgebracht worden.
Die beanstandeten Anlagen seien daher privilegiert. Aber auch ohne Privilegierung sei eine Beseitigungspflicht
nicht gegeben. Das Gesamtbild des Grundstücks wirke harmonisch als naturnahe und natürliche Liegenschaft
mit alten wertvollen Streuobstbäumen und frei weidenden Pferden. Von einer Störung des Landschaftsbildes
könne nicht ausgegangen werden. Dies gelte auch für die Blockhütte und den Plattenbelag. Diese Anlage
könne von außen überhaupt nicht eingesehen werden. Schließlich sei auch nicht die Gefahr gegeben, dass
durch die Gestaltung des Grundstücks Nachahmer angeregt würden und deshalb eine Streu- und
Splittersiedlung zu befürchten sei. Bereits seit Jahren sei auf einem Grundstück unterhalb seiner Liegenschaft
eine bauliche Anlage zugelassen worden, deren Genehmigungsfähigkeit nicht erkannt werden könne. Dort wäre
also zuerst anzusetzen, und nicht bei ihm.
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Das Landwirtschaftsamt des Landratsamts Göppingen teilte dem Bauamt auf dessen Anfrage durch Schreiben
vom 31.07.2007 noch mit, nach Aussage der Ehefrau des Klägers sei die Flächenbewirtschaftung und
Rinderhaltung aufgegeben worden, die Flächen seien teilweise verpachtet. Weiterhin bewirtschaftete
Streuobstflächen würden zur Ablieferung von Mostobst genutzt. Diese Flächennutzung entspreche nicht dem
Umfang eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Baurechts. Die Stellungnahme vom 15.08.2002 sei
weiterhin gültig. Auf dem Grundstück Flurstück Nr. ... würden zwei Hobbypferde gehalten. Die Ausführungen
des Kläger-Vertreters hinsichtlich einer schonenden Beweidung mit Pferden würden nicht geteilt. Grasnarben
auf Pferdekoppelflächen würden in der Regel sehr stark durch hohe Beanspruchung leiden. Daher würden
häufig befestigte Bewegungsflächen angelegt, um „Matschkoppeln“ zu verhindern.
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Das Referat 21 des Regierungspräsidiums Stuttgart bat das Referat 32 um Stellungnahme. Dieses teilte durch
Schreiben vom 17.12.2007 mit, es teile die Bewertung des Landwirtschaftsamtes, dass die Voraussetzungen
für eine Privilegierung nicht gegeben seien. Zwar handle es sich um Landwirtschaft nach § 201 BauGB, aber
nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb, sondern um einen sogenannten Hobbylandwirt.
Damit liege derzeit kein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des Baurechtes vor. Diese Einstufung beruhe im
Wesentlichen auf dem geringen Umfang und der Art der Flächenbewirtschaftung, mit der sich kaum ein
Erlös/Gewinn erzielen lasse. Die Bewirtschaftung der Wiesen trage nicht zu einem nennenswerten Teil des
Familieneinkommens bei, eine Gewinnerzielungsabsicht bestehe nicht.
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Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24.01.2008 als
unbegründet zurück. Es führte aus, die Voraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO lägen vor. Auf die angefochtene
Verfügung des Landratsamts werde verwiesen. Genehmigungen könnten nicht erteilt werden, weil die Anlagen,
die planungsrechtlich nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen seien, öffentliche Belange beeinträchtigten. Auch
das Regierungspräsidium gehe davon aus, dass der Kläger keinen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb
betreibe. Hierfür sei die bewirtschaftete Fläche viel zu gering und auch nicht geeignet, zu einem nennenswerten
Teil zum Familieneinkommen beizutragen. Die Vorhaben beeinträchtigten die natürliche Eigenart der
Landschaft und den Erholungswert im Sinne von § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB. Dabei komme es nicht darauf an,
ob die Blockhütte einsehbar sei. Alle Anlagen stellten einen Fremdkörper in der Außenbereichslandschaft dar.
Darüber hinaus bestehe auch die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung. Sollte es zutreffen, dass in der
näheren Umgebung bereits eine Anlage vorhanden sei, so werde das Landratsamt diese zu überprüfen und das
Erforderliche zu veranlassen haben. Rechtmäßige Zustände könnten auf andere Weise nicht hergestellt
werden. - Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger-Vertreter am 29.01.2008 zugestellt.
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Am 28.02.2008 erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Er trägt weiter vor, das Grundstück
Flurstück Nr. ... liege an einem Hang unterhalb der bekannten Wallfahrtskirche ... in D.. Es stehe seit vielen
Jahrzehnten im Eigentum seiner Familie, einer alt eingesessenen Bauernfamilie. Dementsprechend sei das
Grundstück landwirtschaftlich genutzt worden, und zwar seit Menschengedenken als Obstwiese
(Streuobstbestand) und gleichzeitig auch als Viehweide. Hierfür habe auf dem Grundstück seither ein
geschlossener Viehunterstand (Stall) existiert. Außerdem sei das Grundstück in seiner Gesamtheit
dementsprechend seit jeher mit einem stabilen, festen Weidezaun, bestehend aus fest eingerammten
Holzpfählen und Metalldrahtverspannung, umfriedet gewesen. Die ursprüngliche Beweidung der Liegenschaft
sei durch Rindvieh erfolgt. Die Familie des Klägers sei vor einigen Jahren behördlicherseits dazu gebracht
worden, die Rindviehhaltung einzustellen. Es sei keine andere Möglichkeit mehr geblieben, als den Betrieb der
Landwirtschaft deutlich zu reduzieren und in den landwirtschaftlichen Nebenerwerb zu gehen. Seither bestehe
die landwirtschaftliche Nebenerwerbstätigkeit in der Nutzung der vorhandenen Streuobstwiesen für die
Vermarktung biologischen Obstes zur Saftgewinnung. Auch das strittige Grundstück werde aufgrund der dort
vorhandenen Streuobstbaumbestände entsprechend genutzt. Diese Nutzung sei dabei sehr wohl auf Dauer
angelegt und erfolge zudem auch mit Gewinnerbringungsabsicht. Die zertifizierte Gesamtfläche für diese Art
des landwirtschaftlichen Nebenerwerbs liege immerhin bei 3,22 ha. Insgesamt würden 258 Obstbäume genutzt.
Zwar handle es sich um keine sehr große Fläche, angesichts der hohen Qualität der Produkte und der
Besonderheit der entsprechenden Marktnische erfüllten der Anbau und die daraus folgende Vermarktung aber
sehr wohl die Erfordernisse eines echten landwirtschaftlichen Nebenbetriebes. Es könne weder von Liebhaberei
noch von einer vergleichbaren Freizeitaktivität im Hobbybereich oder von einem Gelegenheitsbetrieb
ausgegangen werden. Er, der Kläger habe allein zum Obstbau einen beachtlichen Maschinenpark. Auch wenn
dieser zu einem beachtlichen Teil aus der früheren landwirtschaftlichen Tätigkeit seines Vaters stamme,
kämen die Geräte und Maschinen zweckentsprechend und nutzbringend im Betrieb zum Einsatz. Mit den
Einnahmen könne sehr wohl ein gewisser Beitrag zum Lebensunterhalt aufgebracht werden, auch wenn sie
2006 und 2007 nicht besonders hoch gewesen seien. Er sei also Landwirt, wenn auch im Nebenerwerb. Zwar
habe er keine Fördermittel beantragt, aber er wolle Einkünfte mit bodenständiger Landwirtschaft und nicht mit
Subventionen erzielen. Es bestehe die Notwendigkeit und auch die Pflicht, die Streuobstwiesen
ordnungsgemäß zu bewirtschaften, d. h. zu mähen oder zu beweiden. Betriebswirtschaftlich bestehe keine
andere Möglichkeit, als die Fläche zu beweiden. Dies erfolge landwirtschaftlich sinnvoll durch zwei Pferde. Sie
seien in dem im Ausgangsbescheid als älteres Gebäude bezeichneten Unterstand untergebracht. Dieser sei im
Laufe der Zeit repariert und teilweise erneuert worden. Die Nutzung des Grundstücks erfolge exakt in der seit
jeher gegebenen Weise. Der Obstanbau sei seit Jahrzehnten durchgehend gepflegt worden und diene nicht als
Alibi für die jetzige Situation. Daher habe die baurechtliche Anordnung nicht getroffen werden dürfen.
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Das beanstandete Blockhaus sei ein industriell vorgefertigter Geräteschuppen, dessen Hersteller die
Produktion speziell auf die Daten und Maße des Baurechts abgestimmt habe. Bei einer Grundfläche von 2,90
auf 2,90 m und einer Raumhöhe von 2,35 m sei der Grenzwert von 20 m³ nicht überschritten. Der Schuppen
mit Plattenbelag sei daher zulässig. Er diene im Übrigen der landwirtschaftlichen Nutzung, nämlich der
Unterbringung von Gerätschaften. Der Schuppen sei völlig versteckt hinter dem älteren Gebäude errichtet, so
dass er von außen überhaupt nicht erkennbar sei.
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Die äußeren Einfriedigungen mit Stacheldraht unterlägen dem Bestandsschutz, weil bereits der Vater des
Klägers vor vielen Jahren die vorhandene Einfriedigung stellenweise mit Stacheldraht habe versehen müssen,
um an besonders einladenden Stellen potenzielle Obstdiebe fernzuhalten. Im Übrigen diene auch diese
Einrichtung dem Schutz des landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes. Eine Beeinträchtigung öffentlicher
Belange sei mit der Privilegierung nicht verbunden, weil der Draht sichtbar sei und außer bei widerrechtlichen
Versuchen, den Zaun zu überklettern, keine Gefährdung gegeben sei.
10 Die Anlage der inneren Einfriedigungen sei notwendig, um eine ordnungsgemäße Beweidung der Liegenschaft
zu garantieren. Das Gesamtgrundstück müsse geteilt werden können, um eine intensive, gleichmäßige
Abweidung einzelner Bereiche erreichen zu können. Die inneren Zäune seien daher zum Zwecke des
landwirtschaftlichen Betriebs unbedingt erforderlich. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange sei nicht
erkennbar, zumal die Einfriedigung filigran gestaltet sei und durch die vorhandenen, jederzeit abnehmbaren
Bänder ohnehin nicht der Eindruck einer starren und massiv wirkenden Einzäunung vermittelt werde.
11 Der Bestandsschutz des älteren Gebäudes erstrecke sich nicht nur auf die Existenz, sondern auch auf die
Nutzung. Diese sei aber nur dann möglich, wenn das Gebäude über einen Weg erreicht werden könne. Es sei
notwendig, dass das Gebäude angefahren werde, und zwar für den Transport der Pferde, der Futtermittel, des
Heus und der Abfuhr des Mistes. Die vorhandene Zufahrt diene ausschließlich diesem Zweck. Im Übrigen sei
lediglich der vorhandene Naturweg ausgebessert worden, um ein Absinken zu vermeiden. Der Weg sei optisch
völlig unauffällig gestaltet. Zudem sei er teilweise bewachsen. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange sei
nicht gegeben.
12 Auf dem Grundstück sei auch kein Reitplatz angelegt worden. Es handle sich um eine Fläche, die
ausschließlich der natürlichen Bewegung der Tiere diene (Freilauf und auch Longieren). Die Mutmaßung, der
Platz sei mit Leberkies verdichtet worden, treffe nicht zu. Auf dieser Fläche seien Hackschnitzel ausgebracht
worden, um die vorhandene Bodennässe zu reduzieren. Leberkies sei nur an einer Stelle, dem Standort des
Mistwagens, auf einer Fläche von insgesamt weniger als einem Quadratmeter aufgebracht worden. Auch diese
Einrichtungen seien privilegiert. Anlage und Gestaltung der Fläche seien völlig unauffällig, Unterschiede zur
Umgebung seien nicht festzustellen. Eine Beseitigungspflicht sei mithin nicht gegeben.
13 Auch ohne Privilegierungstatbestand gäbe es keine Beseitigungspflicht. Die Beeinträchtigung öffentlicher
Belange sei nicht erkennbar.
14 Der Kläger beantragt,
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die baurechtliche Anordnung des Landratsamts Göppingen vom 23.04.2007 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.01.2008 aufzuheben.
16 Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
18 Er erwidert, der Kläger könne sich für die Gebäude und Anlagen auf dem Grundstück, die keinen
Bestandsschutz genießen würden und deshalb Gegenstand der Beseitigungsanordnung seien, nicht auf eine
dienende Funktion für einen landwirtschaftlichen Betrieb (Obstbau) im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
berufen. Pferdehaltung diene dem Obstbau in keiner Weise. Unvermeidliche Verbissschäden an Bäumen und
die hohe Gefahr von Belastungen der Grasnarbe durch Huftritte schlössen dies aus. Das Landwirtschaftsamt
habe festgestellt, dass auf den eingezäunten Flächen eine regelmäßige Weidenutzung nicht oder allenfalls
gelegentlich stattfinde. Die Weidehaltung sei nur eine gelegentliche Ausnahme. Die geringen Einnahmen für
das abgelieferte Mostobst in den Jahren 2006 und 2007 sprächen für eine reine Hobbylandwirtschaft. Zudem
müssten Kosten für Pflege und Ernte angesetzt werden. Auf eine Stellungnahme des Landwirtschatsamtes
vom 19.08.2008 werde verwiesen. Gegen die Privilegierung spreche auch, dass der Kläger schon seit Jahren
keine Fördermittel mehr beantragt habe. Der umfangreiche Bestand an Maschinen und Geräten komme von der
früheren landwirtschaftlichen Tätigkeit seines Vaters. Für das Landwirtschaftsamt und den Fachberater für
Obst- und Gartenbau stehe fest, dass die Obstbäume auf dem Grundstück in einem schlechten Zustand seien.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieser Anlagen beurteile sich nach § 35 Abs. 2 BauGB, und sie würden
öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigen. Die Beeinträchtigung öffentlicher
Belange liege für das Blockhaus und die inneren Einfriedigungen, die das Grundstück zum Zwecke einer
gleichmäßigen Beweidung teilten, zum einen in der Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft.
Von einer völlig freien unbelasteten Landschaft könne zwar allein wegen der bestehenden bestandsgeschützten
Gebäude auf dem Grundstück nicht gesprochen werden. Die streitgegenständlichen Anlagen führten aber zu
einer signifikanten zusätzlichen Belastung der Umgebung. Zum anderen würden die Zulassung bzw. die
Duldung der Anlagen die Verfestigung einer ungeordneten Streu- und Splittersiedlung in dem fraglichen
Landschaftsteil befürchten lassen. Der Weg auf dem Grundstück zu dem bestandsgeschützten
Viehunterstand/Stall habe eine erhebliche qualitative und auch optisch wahrnehmbare Änderung dadurch
erfahren, dass 2003 in erheblichem Umfang Schotter aufgebracht worden sei. Für den somit im rechtlichen
Sinne erneuerten Schotterweg könne ein Bestandsschutz nicht beansprucht werden. Der befestigte Platz, der
nach der Klagebegründung u. a. dem Longieren der Pferde diene, sei unabhängig davon, welcher Teil davon
tatsächlich mit Leberkies verdichtet worden sei, eine bauliche Anlage im Sinne von § 2 Abs. 1 LBO.
Maßgebend dafür sei, dass die betreffende Fläche befestigt worden sei. Die positive Bewertung der Anlage
durch Teile der Bevölkerung könne nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung bezüglich der
Beeinträchtigung öffentlicher Belange führen.
19 Die beim Augenscheinstermin entdeckte Hütte sei ein Wochenendhäuschen, bei dem er, der Beklagte, von
Bestandschutz ausgehe. Dies gelte auch für die Hecke und das Eingangstor. Hinsichtlich der weiteren Anlagen
sei der Eigentümer angehört worden. Gegebenenfalls werde eine Beseitigungsanordnung erlassen werden.
20 Die einschlägigen Akten des Landratsamts Göppingen und des Regierungspräsidiums Stuttgart liegen dem
Gericht vor. Auf sie sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
21 Der Vorsitzende hat am 28.05.2008 auf dem Grundstück Flurstück Nr. ... einen Augenschein eingenommen.
Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
22 In der mündlichen Verhandlung legte der Kläger ein Zertifikat vom 15.08.2008 über den Streuobstanbau sowie
einen Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.10.2008 über 200,-- EUR zur
Stärkung des ökologischen Landbaus vor. Auf Nachfrage durch das Gericht gaben er und seine Frau noch an,
der Weg auf dem Grundstück sei schon immer vorhanden und befahrbar gewesen, aber er sei dreckig
gewesen. Er habe ihn daher mit Schotter versehen, ihn aber weder verbreitert noch verlängert. Für die
Obsternte 2008 habe er ca. 1.000,-- EUR erlöst. Zum Zustand der Bäume, wie er durch den Fachberater für
Obst- und Gartenbau festgestellt wurde, sagte er, er arbeite schon an der Verbesserung, aber zunächst auf
anderen Grundstücken. Er werde dies nach und nach auf allen Grundstücken machen. Er habe ja kein
Spalierobst, und die Bäume seien schon lange in diesem Zustand. Auf dem strittigen Grundstück seien es ca.
15 (wohl 17) Obstbäume für Mostobst; ansonsten seien Birnen- und Kirschbäume vorhanden. Er vermarkte das
Obst auch. Der äußere Zaun mit dem Stacheldraht sei schon seit Großvaters Zeiten vorhanden gewesen. Er
habe den Stacheldraht dort ersetzt, wo er alt und unbrauchbar gewesen sei. Die Terrasse neben dem
Häuschen sei angelegt worden, damit der Hufschmied bei schlechtem Wetter einen befestigten Platz zum
Arbeiten habe. Er könne dann bei Regen unter das Vordach. Die Hütte und die Platten für die Terrasse seien
angebracht worden, als die Pferde auf das Grundstück gekommen seien. Das schwarze Pferd hätten sie seit
2004, das andere sei zuvor in einem anderen Betrieb eingestellt gewesen. Das schwarze Pferd sei nicht
eingeritten, und das andere Pferd sei seit drei Jahren nicht mehr geritten worden. Die Pferde würden zum
Zwecke der Beweidung auf dem Grundstück gehalten. Die Obstbaumgrundstücke würden von der Hofstelle aus
bewirtschaftet.
23 Die Vertreterin des Beklagten erklärte noch, der Stacheldraht sei aus bauplanungsrechtlichen und aus
bauordnungsrechtlichen Gründen unzulässig. Auch wenn das Häuschen an sich verfahrensfrei sein sollte, sei
es dies hier deshalb nicht, weil bereits ein Gebäude auf dem Grundstück vorhanden sei.
Entscheidungsgründe
24 Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet. Die baurechtliche Anordnung des Landratsamts Göppingen vom
23.04.2007 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.01.2008 sind
rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit die Beseitigung des Stacheldrahts, der mit
Leberkies befestigten Fläche und des Schotterweges verlangt wird. Im Übrigen ist die baurechtliche Anordnung
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aber rechtmäßig.
25 Rechtsgrundlage für die baurechtliche Anordnung ist § 65 Satz 1 LBO. Danach kann der teilweise oder
vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde,
angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Der
Abbruch bzw. die Beseitigung setzt voraus, dass die bauliche Anlage nicht durch eine Baugenehmigung
gedeckt ist und dass sie seit ihrer Fertigstellung fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt.
26 1. Das umgebaute Scheunengebäude ist nicht im Streit, weil das Landratsamt Göppingen den Bestandsschutz
akzeptiert. In der Scheune dürfen daher in baurechtlich zulässiger Weise Pferde untergebracht werden.
27 2. Auch für die äußere Einfriedigung entlang der Grundstücksgrenze akzeptiert das Landratsamt
Bestandsschutz, jedoch nicht für den Stacheldraht. Die Vertreterin des Landratsamts erklärte dazu, der
Stacheldraht müsse aus bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Gründen entfernt werden. Dem folgt das
Gericht aber nicht:
28 Wie beim Augenschein festgestellt wurde, ist eine Stacheldrahtreihe sehr rostig und damit alt, eine zweite
Reihe ist angerostet, eine weitere relativ neu. Der Kläger sagte dazu, der äußere Zaun mit dem Stacheldraht
sei „schon seit Großvaters Zeiten“ vorhanden gewesen. Er habe den Stacheldraht dort erneuert, wo er alt und
unbrauchbar geworden sei. Dies leuchtet dem Gericht ein und es glaubt dies dem Kläger auch, denn das
Grundstück wurde schon seit langer Zeit landwirtschaftlich genutzt, und durch die Wallfahrtskirche ... gab es
schon seit langem Publikumsverkehr in der Nähe des Grundstücks. Es bestand daher schon in früherer Zeit
das Bedürfnis, das Grundstück durch Stacheldraht zu schützen. Das Gericht kommt daher zu dem Ergebnis,
dass der Zaun zusammen mit dem Stacheldraht Bestandsschutz genießt. Dieser ist auch nicht deshalb
untergegangen, weil Teile des Stacheldrahts erneuert wurden. Alte Teile des Drahtes sind nämlich noch in
erheblichem Umfang vorhanden, und der Rest wurde, wie sich beim Augenschein zeigte, nicht auf einmal
ausgebessert, sondern je nach Zustand des Stacheldrahtes nach und nach (vgl. zu zulässigen
Instandsetzungsmaßnahmen Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17.01.1986 - 4 C 80/82 -, Juris).
29 Die Einfriedigung mit Stacheldraht verstößt auch nicht gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften. Das
Landratsamt nennt keine konkrete Bestimmung der LBO, welche verletzt sein soll. In Betracht kommt aber § 3
Abs. 1 Satz 1 LBO. Die öffentliche Sicherheit, die auch den Schutz von Leben und Gesundheit umfasst, wird
durch den Stacheldraht jedoch nicht bedroht, denn es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit des
Schadenseintritts. Der Fußweg zur Wallfahrtskirche führt nicht unmittelbar am Grundstück entlang, sondern
lediglich die Straße. Menschen, die trotzdem direkt am Grundstück vorbeigehen, haben keine Veranlassung,
sich dem Zaun zu nähern, es sei denn in rechtswidriger Absicht. Im Übrigen ist der Stacheldraht auch deutlich
sichtbar; ferner handelt es sich um „normalen“ Stacheldraht, also nicht etwa um eine Variante, die besonders
gefährlich ist, weil sie beim kleinsten Körperkontakt zu erheblichen Schnitt- und anderen Verletzungen führt.
30 Nach allem verstößt der bestandsgeschützte Zaun mit Stacheldraht nicht gegen materielles Baurecht, so dass
die Beseitigung des Stacheldrahtes nicht angeordnet werden durfte.
31 3. Die Beseitigung der sogenannten Blockhütte wurde zurecht angeordnet. Sie bedarf allerdings keiner
Baugenehmigung, weil sie nach § 50 Abs. 1 LBO i. V. m. Nr. 1 der Anlage zu dieser Vorschrift verfahrensfrei
ist. Sie ist ein Gebäude im Außenbereich bis 20 m³ Brutto-Rauminhalt, denn das Vordach ist nicht
anzurechnen. Dies wäre es nur dann, wenn der von dem Vordach überdachte Raum seitlich von Stützen, einer
Brüstung oder Fachwerkkonstruktion oder von zwei Schiebetüren und einer gegenüberliegenden Hauswand
begrenzt würde, so dass eine Raumwirkung entstünde (vgl. Sauter, Kommentar zur LBO, 3. Aufl., § 50 Rdnr.
17 m. w. N.). Wie beim Augenschein festgestellt wurde, ist dies aber nicht der Fall. Das Vordach ragt vielmehr
ohne irgendeine Seitenbegrenzung auf die Terrasse.
32 Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass lediglich ein verfahrensfreies Gebäude auf
dem Außenbereichsgrundstück zulässig sei. Dies wäre zwar dann der Fall, wenn Umgehungen der LBO und
somit Missbrauch verhindert werden müssten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.01.2001 - 5 S
2545/00 -, VBlBW. 2001, 1410). Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber nur ein einziges verfahrensfreies
Gebäude nach der Anlage 1 zu § 50 Abs. 1 LBO errichtet; das umgebaute Scheunengebäude genießt
Bestandsschutz und wäre heute wohl nicht verfahrensfrei. Beide Gebäude bilden funktional auch keine
einheitliche verfahrenspflichtige Gesamtanlage, sondern die Scheune dient als Unterkunft für die Pferde, die
Hütte hingegen zur Lagerung verschiedener Gegenstände; auch ist das Erscheinungsbild nicht einheitlich. Eine
Umgehung des § 50 Abs. 1 LBO nebst dessen Anlage kann dem Kläger also nicht vorgeworfen werden.
33 Indessen müssen auch verfahrensfreie Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen (§ 50
Abs. 5 LBO). Die Blockhütte verstößt aber gegen materielles Baurecht:
34 Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Hütte keinem landwirtschaftlichen Betrieb dient und dass sie
damit nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert ist, sondern ein sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2
BauGB darstellt. Zwar spricht manches dafür, dass der Kläger Landwirtschaft im Sinne von § 201 BauGB
betreibt, nämlich Erwerbsobstbau (im Nebenerwerb). Er hat auf verschiedenen Grundstücken von insgesamt
3,22 ha ca. 250 Obstbäume und vermarktet das Obst, wobei er einen - wenn auch bescheidenen - Gewinn
erzielt. Auch deutet manches darauf hin, dass die Bewirtschaftung nachhaltig ist: Neben der Größe der
Streuobstfläche sind dies der Einsatz von zahlreichen Maschinen, die Durchführung des Kontrollverfahrens
gemäß EG-VO Nr. 2092/91 sowie der Antrag auf eine Zuwendung zur Stärkung des ökologischen Landbaus
(vgl. Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.10.2008). Der Kläger hat gegenüber
dem Gericht auch mehrfach die Absicht bekundet, den Betrieb auszubauen und dessen Substanz zu
verbessern. All dies spricht dagegen, dass es sich um ein bloßes Hobby des Klägers und seiner Ehefrau
handelt.
35 Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, denn auch wenn der Kläger Landwirtschaft betriebe, fehlte es an
der weiteren Tatbestandsvoraussetzung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, dass das Bauvorhaben dem
landwirtschaftlichen Betrieb dienen muss. Mit dieser Tatbestandsvoraussetzung soll sichergestellt werden,
dass das Vorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Es setzt
zum einen voraus, dass das Vorhaben eine bestimmte Hilfsfunktion innerhalb des landwirtschaftlichen
Betriebes erfüllt, und zum anderen in seiner Lage, Gestaltung, Ausstattung und sonstigen Beschaffenheit von
dieser Funktion geprägt wird (vgl. hierzu Schrödter, Kommentar zum BauGB, 7. Aufl., § 35 Rdnr. 26). Dies ist
aber nicht der Fall. Wie beim Augenschein festgestellt wurde, sind in der Hütte hauptsächlich Gegenstände, die
für die Haltung der Pferde benötigt werden (Sägemehl, Pferdezubehör u.ä.). Entgegen der Auffassung des
Klägers dient die zum Pferdestall umgebaute Scheune aber nicht dem Obstbaubetrieb; damit kann dies auch
nicht auf die Hütte zutreffen.
36 Das Gericht kommt zu diesem Ergebnis aufgrund der überzeugenden Stellungnahmen des Landratsamts
Göppingen - Landwirtschaftsamt. Dieses führt in seiner Stellungnahme vom 19.08.2008 aus, auch wenn die
Streuobstbewirtschaftung einen solchen Umfang hätte, dass der Betrieb als landwirtschaftlicher Betrieb
eingeschätzt werden könnte, wären die Baulichkeiten des Klägers für Pferdehaltung nicht seinem Obstbau
dienlich und könnten diese daher auch nicht begründen, denn vernünftigerweise würde niemand zur Beweidung
von Streuobstflächen Pferde einsetzen. Unvermeidliche Verbissschäden an Bäumen und die hohe Gefahr von
Belastungen der Grasnarbe durch Huftritte würden dies ausschließen. Ebenso führt das Landwirtschaftsamt in
seiner Stellungnahme vom 31.07.2007 aus, es teile die Ausführungen des Kläger-Vertreters hinsichtlich einer
„schonenden“ Beweidung mit Pferden nicht. Grasnarben auf Pferdekoppelflächen würden in der Regel sehr
stark durch hohe Beanspruchung leiden. Daher würden häufig befestigte Bewegungsflächen angelegt, um
„Matschkoppeln“ zu verhindern.
37 Das Gericht ist von den Ausführungen des Landwirtschaftsamtes überzeugt. An der Sachkunde des
Verfassers bestehen keine Zweifel. Inhaltlich ist die Stellungnahme widerspruchsfrei und unmittelbar
einleuchtend. Hinzu kommt die plausible Darstellung des Beklagten im Schriftsatz vom 03.11.2008 (Seite 3),
wonach auf den eingezäunten Flächen eine regelmäßige Weidenutzung nicht oder allenfalls gelegentlich
stattfinde. Dies habe bei der Begehung der Grundstücke durch das Landwirtschaftsamt festgestellt werden
können. Es sei insbesondere am vorzufindenden Altgrasbestand ersichtlich. Das Landwirtschaftsamt gehe
davon aus, dass die Pferde sich üblicherweise auf dem befestigten Bewegungsplatz aufhielten und im
danebenliegenden Stallschuppen auch regelmäßig gefüttert würden, so dass die Weidehaltung nur eine
gelegentliche Ausnahme sei. Dies sei auch vom Vater des Klägers bestätigt worden. Damit lasse sich
erklären, dass auf den eingezäunten Flächen die typischen Zeichen der Weideübernutzung von
Hobbypferdehaltung (grasfreie Stellen, bei Regenwetter Matschstellen) nicht zu finden seien. Würden die
Pferde tatsächlich nur auf den Weideflächen gehalten und nicht auf dem Bewegungsplatz, würden sich in
kürzester Zeit die Zeichen der Weideübernutzung und des Baumverbisses auf den Flurstücken einstellen.
38 Weiter ist vom Gericht noch zu berücksichtigen, dass auf dem strittigen Grundstück lediglich etwa fünfzehn
Obstbäume stehen; schon dieser geringe Umfang spricht deutlich dagegen, dass die Pferdehaltung dem
Erwerbsobstbau dient. Auf den anderen Obstbaumgrundstücken des Klägers werden die Pferde auch nach
dessen eigenem Vortrag nicht zur Beweidung eingesetzt.
39 Die Hütte kann auch nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, weil sie öffentliche Belange
beeinträchtigt. Dies wird allerdings wohl nicht für den Belang „Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der
Landschaft“ (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) gelten, wie das Landratsamt meint, denn die Hütte steht direkt
neben dem bestandsgeschützten Scheunengebäude und tritt neben diesem kaum in Erscheinung. Aus
demselben Grund dürften auch die weiteren öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht
beeinträchtigt werden. Dies kann letztlich aber offen bleiben, denn jedenfalls lässt die Hütte die Entstehung,
Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB). Diese
Bestimmung findet auf alle baulichen Anlagen Anwendung, die zum - auch nur gelegentlichen- Aufenthalt von
Menschen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.06.1976 - IV C 42.74 -, DVBl. 1977, 198 = DÖV 1976,
572 und Schrödter, Kommentar zum BauGB, § 35 Rdnr. 101). Dies trifft für die Hütte zu, weil der Kläger und
seine Frau zum Beispiel bei schlechtem Wetter Schutz in ihr suchen können. Anders wäre dies bei einer
handelsüblichen Gerätekiste, wie sie vom Gericht beim Augenscheinstermin für einen Vergleich vorgeschlagen
wurde.
40 Die Errichtung der Blockhütte leitet eine vom BauGB missbilligte unorganische Siedlungsentwicklung ein; dies
führt zur bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens, so dass es nicht mehr darauf ankommt, ob
die Hütte daneben auch gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften verstößt.
41 Die Ermessensausübung des Landratsamts ist im Hinblick auf die Beseitigung der Blockhütte nicht zu
beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO). Eine Verkleinerungsverfügung kommt nicht in Betracht, weil die Hütte
ohnehin schon verfahrensfrei ist. Öffentliche Belange würden auch durch eine kleinere Hütte beeinträchtigt. Der
Gleichbehandlungsgrundsatz wird ebenfalls nicht verletzt, weil das Landratsamt glaubhaft vorgetragen hat, es
gehe gegen die Anlagen auf dem Grundstück Flurstück Nr. ... vor, soweit es ihm rechtlich möglich sei.
42 4. Auch wenn die Terrasse neben der Blockhütte verfahrensfrei nach der Anlage Nr. 72 zu § 50 Abs. 1 LBO
sein sollte, müsste sie dennoch den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften entsprechen (vgl. wiederum § 50
Abs. 5 LBO). Dies ist aber nicht der Fall, denn auch sie ist ein sonstiges Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2
BauGB, und ihr stehen öffentliche Belange entgegen. Sie dient nicht der Landwirtschaft; hierzu wird auf die
Ausführungen zur Blockhütte verwiesen. Sie ist auch nicht notwendig für die Haltung der Pferde im
bestandsgeschützten Scheunengebäude. Zwar sagte die Ehefrau des Klägers in der mündlichen Verhandlung,
die Terrasse diene dazu, dass der Hufschmied seine Tätigkeit besser ausüben könne. Eine befestigte Fläche
hierfür sei praktisch, und der Schmied könne bei Regenwetter unter dem Vordach Schutz finden. Das Gericht
hat aber Zweifel, ob dies allein der Anlass war, die Terrasse anzulegen. Im Übrigen kann der Hufschmied seine
Tätigkeit auch anderswo auf dem Grundstück verrichten, wenn auch möglicherweise nicht unter genauso
günstigen Bedingungen.
43 Durch die Terrasse wird die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5
BauGB). Die naturgegebene Bodennutzung wird durch die bauliche Anlage aufgehoben. Hieran ändert sich
auch nichts durch die bestandsgeschützte Scheune. Die Blockhütte ist, wie bereits ausgeführt wurde, zu
entfernen und bleibt bei der Frage außer Betracht, ob die Landschaft schützenswert ist.
44 Dem Landratsamt sind auch hinsichtlich der Terrasse keine Ermessensfehler unterlaufen. Die
Beseitigungsanordnung ist insbesondere verhältnismäßig, und auch gegen den Gleichheitsgrundsatz wird nicht
verstoßen (vgl. dazu die Ausführungen zur Blockhütte).
45 5. Die inneren Einfriedigungen bedürfen einer Baugenehmigung (§ 49 Abs. 1 LBO). Sie sind nicht nach Nr. 46
der Anlage zu § 50 Abs. 1 LBO verfahrensfrei, weil sie keinem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Sie sollen,
wie der Kläger vorträgt, eine gleichmäßige Beweidung sicherstellen. Da die Beweidung durch die beiden Pferde
einem landwirtschaftlichen Betrieb aber, wie ausgeführt wurde, nicht dient, kann dies auch nicht auf die inneren
Zäune zutreffen.
46 Die Erteilung einer Baugenehmigung für die inneren Einfriedigungen ist ausgeschlossen, weil auch sie
öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs 2 BauGB beeinträchtigen. Sie sind, wie sich aus den soeben
gemachten Ausführungen ergibt, nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert und beeinträchtigen die
natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB), weil auch sie zur naturgegebenen
Bodennutzung nicht passen und diese negativ verändern. Auch sind sie zur Haltung der beiden Pferde nicht
zwingend erforderlich, da diese regelmäßig gefüttert werden und sich während der Zeit im Freien überwiegend
auf dem Bewegungsplatz aufhalten (vgl. hierzu nochmals die Feststellungen des Landwirtschaftsamtes im
Schriftsatz des Landratsamts Göppingen vom 03.11.2008, Seite 3).
47 Ermessensfehler sind dem Landratsamt auch bei der Anordnung, die inneren Einfriedigungen zu beseitigen,
nicht unterlaufen.
48 6. Zwar ist der Schotterweg nach heutiger Rechtslage nicht verfahrensfrei (vgl. Nr. 64 des Anhangs zu § 50
Abs. 1 LBO, die nur Zufahrten zu verfahrensfreien Anlagen im Innenbereich erfasst). Das Gericht kommt
jedoch zu dem Ergebnis, dass der Weg ebenso wie die Scheune und die äußere Einfriedigung Bestandsschutz
genießt und daher nicht beseitigt werden muss. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung sagte, war der
Weg schon seit langer Zeit vorhanden. Dies leuchtet dem Gericht unmittelbar ein, denn auch schon früher
musste die Scheune angefahren werden können. Der Kläger hat den Weg nach seinen glaubhaften Angaben
auch weder verbreitert noch verlängert, sondern er hat ihn mit Schotter versehen, damit er besser und
„dreckfreier“ zu befahren ist. Das Gericht wertet dies als reine Instandsetzungsmaßnahme, die einer
Neuerrichtung nicht gleichzusetzen ist (vgl. hierzu nochmals BVerwG, Urteil vom 17.01.1986 a. a. O.).
49 7. Der sogenannte Reitplatz (oder besser ausgedrückt Bewegungsplatz) ist eine bauliche Anlage (vgl. § 2 Abs.
1 Satz 3 Nr. 1 LBO), die nicht verfahrensfrei ist, denn er fällt unter keine der in der Anlage zu § 50 Abs. 1 LBO
aufgeführten Nummern. Wegen seiner Größe ist er auch keine untergeordnete unbedeutende Anlage im Sinne
von Nr. 72 der Anlage zu § 50 Abs. 1 LBO. Er verstößt aber gegen keine öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften,
so dass er baurechtlich genehmigt werden kann:
50 Zwar dient auch er nicht dem Erwerbsobstbau des Klägers, weil, wie ausgeführt wurde, die Beweidung durch
die Pferde dem Obstbau nicht dient. Der Platz ist mithin ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB. Er
beeinträchtigt aber keine öffentlichen Belange, insbesondere nicht diejenigen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5
BauGB. Der Kläger und seine Frau haben glaubhaft erklärt, es handle sich nicht um einen Reitplatz, weil das
schwarze Pferd nicht eingeritten sei und das andere Pferd schon seit drei Jahren nicht mehr geritten werde. Es
bestehe auch nicht die Absicht, die Pferde in Zukunft auf dem strittigen Grundstück zu reiten. Wie beim
Augenschein festgestellt wurde, handelt es sich um eine Fläche, auf der Hackschnitzel aufgebracht worden
sind. Vom Leberkies ist äußerlich nichts zu sehen. Da das als Stall für die Pferde dienende umgebaute
Scheunengebäude bestandsgeschützt ist, müssen die Pferde sich auch im Freien aufhalten können. Würden
sie auf der unbefestigten Wiese stehen, würde sich alsbald eine „Matschkoppel“ bilden, und der Zustand wäre
(auch in tierschutzrechtlicher Hinsicht) deutlich schlechter als jetzt. Eine Beeinträchtigung der natürlichen
Eigenart der Landschaft ist durch den allein dem Aufenthalt der Pferde dienenden Platz nicht zu erkennen.
Auch die weiteren in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten Belange werden nicht beeinträchtigt.
51 Da durch den sogenannten Reitplatz auch keine bauordnungsrechtlichen Vorschriften verletzt werden, kann
das Landratsamt seine Beseitigung nicht verlangen.
52 8. Das Baumaterial, dessen Beseitigung das Landratsamt außerdem verlangt hat, ist nicht Gegenstand des
Rechtsstreits; der Kläger hat das Material entfernt, wie beim Augenschein festgestellt wurde.
Dementsprechend bezog sich bereits der Widerspruch nicht auf die Baumaterialien (vgl.
Widerspruchsbegründung vom 29.06.2007, Seite 2).
53 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten
des Klägers für das Vorverfahren war notwendig, weil die Rechtslage nicht einfach ist (§ 162 Abs. 2 Satz 2
VwGO).