Urteil des VG Stuttgart vom 03.12.2013

VG Stuttgart: wiedereinsetzung in den vorigen stand, treu und glauben, tod, echte rückwirkung, anpassung, rückabwicklung, versorgung, gesetzliche frist, dispositionen treffen, ex nunc

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 3.12.2013, 4 S 221/13
Leitsätze
Der aus § 38 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 VersAusglG folgende Ausschluss eines vollständigen
Rückausgleichs der aufgrund des Versorgungsausgleichs erfolgten Kürzung von
Versorgungsbezügen ist nicht verfassungswidrig.
Die Übergangsvorschrift des § 49 VersAusglG begegnet keinen verfassungsrechtlichen
Bedenken.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober
2011 - 5 K 1858/10 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10% über dem aufgrund des Urteils vollstreckbaren
Betrag abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 10%
über dem zu vollstreckenden Betrag leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, seine Versorgungsbezüge für die Zeit
vom 01.01.1993 bis zum 31.03.2010 ohne Berücksichtigung eines Kürzungsbetrags nach
§ 55c SVG festzusetzen und die einbehaltenen Kürzungsbeträge zu erstatten.
2 Der am 23.02.1940 geborene Kläger stand als Soldat im Dienst der Beklagten. Auf seinen
Antrag hin wurde er mit Ablauf des 31.12.1992 nach § 2 des Gesetzes über die
Verminderung der Personalstärke der Streitkräfte vom 20.12.1991 (BGBl. I S. 2376) als
Oberstleutnant in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid des Wehrbereichsgebührnisamts
III vom 21.04.1993 wurden seine Versorgungsbezüge festgesetzt und diese mit Bescheid
vom 22.04.1993 nach § 55c Abs. 1 Satz 1 SVG ab dem 01.01.1993 um monatlich 665,42
DM gekürzt. Durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 10.11.1980 waren im Rahmen des
Versorgungsausgleichs für die geschiedene Ehefrau des Klägers, Brigitte P., bei der
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich
384,69 DM, bezogen auf den 31.12.1976, begründet worden. Die elterliche Sorge für die
1965 geborene Tochter Christiane war dem Kläger übertragen worden. Weder er noch
seine Tochter hatten nach der Scheidung Kontakt zu Brigitte P., die am 17.05.2004 in Köln
verstarb, ohne Leistungen aus ihrem im Versorgungsausgleich erworbenem Anrecht
erhalten zu haben.
3 Mit Schreiben vom 08.01.2010 wandte sich der Kläger an die Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte und fragte unter Hinweis darauf, dass seine geschiedene Ehefrau jetzt 67
Jahre alt sei, u.a. an, ob sie noch lebe und ob sie je Rentenbezüge erhalten habe. Unter
dem 22.02.2010 sandte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland dem Kläger das
Schreiben zurück und bat ihn, sich mit seiner Versorgungsdienststelle in Verbindung zu
setzen. Der Kläger übermittelte sein Schreiben sodann an die Wehrbereichsverwaltung
Süd, ohne von dort eine Antwort zu erhalten. In Telefongesprächen vom 30. und
31.03.2010 teilte er dieser mit, dass seine Ehefrau bereits am 17.05.2004 verstorben sei.
Mit Schreiben der Stadt Köln vom 06.04.2010 wurde der Tochter des Klägers die
Sterbeurkunde ihrer Mutter übersandt. Am 22.04.2010 beantragte der Kläger die sofortige
Einstellung der Einbehaltung des Versorgungsausgleichs, die Überprüfung auf eine
Härtefallregelung wegen des erst im September 2009 geänderten Gesetzes und der
Nichtkenntnis über das bereits 2004 erfolgte Ableben seiner Frau und die Rückzahlung
einbehaltener Versorgungsbezüge. Mit Bescheid vom 10.05.2010 hob die
Wehrbereichsverwaltung Süd ihren Bescheid über die Kürzung der Versorgungsbezüge
vom 22.04.1993 ab dem 01.04.2010 auf und stellte fest, dass aufgrund des Antrags des
Klägers vom 30.03.2010 in Verbindung mit seinem Schreiben vom 20.04.2010 die
Kürzung der Versorgungsbezüge gemäß § 37 VersAusglG ab dem 01.04.2010 entfalle.
Den Widerspruch des Klägers, mit dem er sein Begehren auf Rückzahlung der
einbehaltenen Beträge weiterverfolgt hat, wies die Wehrbereichsverwaltung Süd mit
Widerspruchsbescheid vom 30.06.2010 zurück.
4 Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom
19.10.2011 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, der Kläger habe
keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, seine Versorgungsbezüge mit Wirkung
ab 01.01.1993 ohne Berücksichtigung eines Kürzungsbetrags nach § 55c SVG
festzusetzen und die bislang einbehaltenen Kürzungsbeträge an ihn zu erstatten. Er könne
sich für sein Begehren nicht auf die zum 31.08.2009 außer Kraft getretene Regelung des §
4 VAHRG stützen. Nach der Übergangsregelung in § 49 VersAusglG fänden die §§ 4 - 10
VAHRG nur noch in Fällen Anwendung, in denen der Antrag auf Anpassung des
Versorgungsausgleichs vor dem 01.09.2009 beim Versorgungsträger eingegangen sei.
Der Kläger habe jedoch erst am 22.04.2010 die sofortige Einstellung der Einbehaltung des
Versorgungsausgleichs und die Überprüfung auf eine Härtefallregelung beantragt. Er
habe keine gesetzliche Frist versäumt, so dass eine Wiedereinsetzung wegen
Versäumung einer Frist nicht erfolgen könne. § 49 VersAusglG sei eine Stichtagsregelung,
die nicht verfassungswidrig sei. Maßgeblich für den Anspruch des Klägers sei daher § 37
Abs. 1 Satz 1 VersAusglG. Diese Vorschrift bestimme in Verbindung mit § 38 Abs. 2 und §
34 Abs. 3 VersAusglG, dass die Versorgung des Ausgleichsverpflichteten ab dem ersten
Tag des auf eine entsprechende Antragstellung des Ausgleichsverpflichteten folgenden
Monats nicht weiter gekürzt werde, wenn der Ausgleichsberechtigte gestorben sei und die
Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36
Monate bezogen habe. Die in dieser Vorschrift für die Zukunft vorgesehene Kürzung sei
auf den entsprechenden Antrag des Klägers vorgenommen worden. Da die Kürzung erst
erfolgen könne, nachdem ein Antrag gestellt worden sei, sei eine Kürzung nicht bereits ab
Eintritt des Sterbefalls vorzunehmen. Dass sowohl nach der früheren Rechtslage (§ 9 Abs.
1 VAHRG) als auch nach § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG verfahrensmäßig vom
Ausgleichspflichtigen ein entsprechender Antrag gefordert werde, sei nicht zu
beanstanden. Eine Vorschrift, wonach ein Anspruch auf Rückabwicklung des
Versorgungsausgleichs nach dem Tod des Ausgleichsberechtigten für die Zeit vor dessen
Versterben bestehe, enthalte das Versorgungsausgleichsgesetz nicht mehr. § 37 Abs. 1
Satz 1 VersAusglG, der den Fall, dass der Berechtigte vor seinem Tod keine Leistungen
erhalten habe, nicht anspreche, regle den Härtefall abschließend. Er schließe als lex
specialis - anders als bisher - ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG
wegen des Todes des Ausgleichsberechtigten aus. Der Ausschluss einer vollständigen
Rückabwicklung ab dem Zeitpunkt des Todes des Ausgleichsberechtigten entspreche
dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Dass § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG keine
vollständige Rückabwicklung ab dem Zeitpunkt des Todes des Ausgleichsberechtigten
mehr ermögliche, sei verfassungsrechtlich mit Blick auf Art. 14 GG wie auch das
Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht zu beanstanden. Auch sei ein Vertrauen auf den
Fortbestand gesetzlicher Vorschriften - hier der vollständigen Rückabwicklung nach § 4
VAHRG - nicht geschützt, und die Einschränkung des Wegfalls der Versorgungskürzung
beim vorzeitigen Tod der ausgleichsberechtigten Person führe nicht zu unzumutbaren
Belastungen des Ausgleichsverpflichteten. Vielmehr gehe es um den Ausgleich der
Kürzung von Versorgungsbezügen, der kein entsprechendes Äquivalent auf Seiten einer
durch den Versorgungsausgleich begünstigten Person gegenüberstehe. Dass durch die
Kürzung der Versorgung im konkreten Fall die amtsangemessene Alimentation des
Klägers nicht mehr gewährleistet gewesen wäre, sei nicht ersichtlich.
5 Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 29.01.2013 - 4 S 81/12 - die
Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.
6 Der Kläger beantragt,
7
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2011 - 5 K 1858/10 - zu
ändern und die Beklagte zu verpflichten, seine Versorgungsbezüge für die Zeit vom
01.01.1993 bis zum 31.03.2010 ohne Berücksichtigung eines Kürzungsbetrags nach §
55c SVG festzusetzen und ihm die insoweit einbehaltenen Kürzungsbeträge zu erstatten,
und den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 10.05.2010 und deren
Widerspruchsbescheid vom 30.06.2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
8 Zur Begründung trägt er vor, er habe vom Tod seiner geschiedenen Ehefrau im Jahr 2004
infolge von eigenen Ermittlungen erst am 30.03.2010 offiziell Kenntnis erlangt. Weder er
noch die gemeinsame Tochter hätten nach der Scheidung Kontakt zu seiner ehemaligen
Frau gehabt. Diese sei stark alkoholabhängig und auch nicht an einem Umgang mit der
Tochter interessiert gewesen. Im Januar 2010 habe er die BfA angeschrieben, weil er sich
gefragt habe, ob seine geschiedene Ehefrau, die mittlerweile 67 Jahre alt sein müsste,
wohl Rente beziehe. Die Deutsche Rentenversicherung Rheinland habe ihm unter dem
22.02.2010 das Anschreiben mit dem Hinweis zurückgesandt, er solle sich mit seiner
Versorgungsdienststelle in Verbindung setzen; von dort würden alle weiteren Ermittlungen
eingeleitet werden. Er habe daraufhin sein Schreiben an die Beklagte übersandt, die sich
aber geweigert habe, tätig zu werden. Er habe mehrfach mit der zuständigen
Sachbearbeiterin telefoniert, die sich für unzuständig erklärt und die angeforderte Auskunft
aus Datenschutzgründen verweigert habe. Am 29.03.2010 habe er per E-Mail auch bei der
Meldebehörde Köln um Auskunft über den Verbleib seiner Exfrau gebeten. Von dort habe
er überhaupt keine Auskunft bekommen. Zugleich habe er über das Telefonbuch und das
Internet die Hausbewohner seiner ehemaligen Frau und den Vermieter ermittelt und dort
angefragt, ob sie über deren Verbleib informiert seien. Diese hätten ihm schließlich am
Telefon mitgeteilt, dass seine Exfrau schon vor Jahren verstorben sei. Daraufhin habe er
sich sofort telefonisch mit der Meldebehörde der Stadt Köln und der Beklagten in
Verbindung gesetzt. Die zuständige Sachbearbeiterin der Beklagten habe ihm erklärt, er
müsse die Sterbeurkunde der Ausgleichsberechtigten anfordern und vorlegen. Der
Sachbearbeiter bei der Meldebehörde habe ihm auf Frage telefonisch den Sterbetag
mitgeteilt, sich aber geweigert, die Sterbeurkunde seiner Exfrau zu übersenden. Daraufhin
habe er am 31.03.2010 telefonisch die Sterbeurkunde im Namen seiner Tochter
angefordert, die in der Folge auch dorthin übersandt worden sei. Nach der Korrespondenz
seiner Tochter mit der Meldebehörde Köln habe sich herausgestellt, dass seine Exfrau am
03.06.2004 in Köln beerdigt worden sei, ohne dass irgendjemand davon informiert worden
sei. Im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens habe die „Fehlerquelle“ ermittelt
werden können. So habe die Deutsche Rentenversicherung Rheinland auf Anfrage des
Verwaltungsgerichts Karlsruhe am 17.02.2011 mitgeteilt, dass am 14.08.2004 eine
Sterbemeldung des Meldeamtes im Versicherungskonto der verstorbenen Maria P.
maschinell verarbeitet worden sei. Eine Benachrichtigung des im Versicherungskonto
gespeicherten Versorgungsträgers sei jedoch nicht erfolgt. Damit sei für ihn erst im
Februar 2011 klar gewesen, dass die Deutsche Rentenversicherung Rheinland bereits am
14.08.2004 Kenntnis vom Tod der Ausgleichsberechtigten gehabt habe und den ihr
aufgrund des Scheidungsurteils bekannten Versorgungsträger, die Beklagte, nicht
informiert habe. Die Deutsche Rentenversicherung habe sich in der außergerichtlichen
Korrespondenz (mit ihm) auf den Standpunkt gestellt, dass keine Rechtsgrundlage für eine
Mitteilungspflicht an ihn existiere. Das Verwaltungsgericht habe dem besonderen
Umstand, dass er über den Sterbefall nicht informiert worden sei und bis Ende März 2010
keine Kenntnis von dem Ableben seiner Exfrau gehabt habe, rechtsfehlerhaft überhaupt
keine Bedeutung beigemessen. Die Tatsache, dass er nicht über den Tod seiner Exfrau in
Kenntnis gesetzt worden sei, beruhe auf staatlichem Fehlverhalten und er sei im Wege der
Nachsichtgewährung so zu stellen, als wäre der Anpassungsantrag auf Wegfall der
Kürzung der Versorgungsbezüge wegen Vorversterbens der Ausgleichsberechtigten
schon im Jahre 2004 gestellt worden. Sowohl in § 4 VersAusglG als auch in § 9 Abs. 4
VAHRG sei zwar ein Auskunftsanspruch des antragsberechtigten Ausgleichsverpflichteten
normiert, jedoch keine Verpflichtung der Versorgungsträger, unaufgefordert Auskunft zu
erteilen. Aus der jeweiligen Gesetzesbegründung gehe hervor, dass der Gesetzgeber
davon ausgehe und voraussetze, dass der antragsberechtigte Ausgleichsverpflichtete
bereits Kenntnis über das Ableben seines geschiedenen Ehegatten habe und infolge
dieser Kenntnis den Versorgungsträger seines geschiedenen Ehegatten auffordere,
Auskunft zu erteilen. Fakt sei aber, dass der Ausgleichsberechtigte in der Regel keine
Kenntnis vom Ableben des geschiedenen Ehegatten habe und sich die Versorgungsträger
bei der geltenden Rechtslage auf den Standpunkt stellen könnten, dass sie eine
Auskunftspflicht nur auf Nachfrage und Aufforderung treffe. Der Gesetzgeber meine, der
Ausgleichsverpflichtete habe den Zeitpunkt der Antragstellung zu verantworten, und habe
dabei offensichtlich verkannt, dass es kein Benachrichtigungsverfahren gebe, das
vorsehe, dass der Ausgleichsverpflichtete selbst oder dessen Versorgungsträger über das
Ableben informiert würden. Damit liege der Zeitpunkt der Antragstellung nicht im
Machtbereich des Ausgleichsverpflichteten, sondern sei von völliger Willkür und
Zufälligkeiten geprägt. Die Übergangsregelungen der §§ 48, 49 VersAusglG seien
verfassungswidrig. Da die Übergangsregelung auf einen abgeschlossenen Sachverhalt
treffe, komme auch ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlich geschützten
Vertrauensgrundsatz und das Rückwirkungsverbot in Betracht.
9 Das Verwaltungsgericht sei weiter rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die
Regelungen in §§ 37 Abs. 1, 34 Abs. 3 VersAusglG, die keine Rückabwicklung mehr
ermöglichten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Diese Bestimmungen
stünden nicht im Einklang mit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 28.02.1980. In dieser Entscheidung habe das Bundesverfassungsgericht die Frage
des verfassungsrechtlich gebotenen Absehens von einer Kürzung aufgeworfen und in
diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit der Schaffung einer Härteregelung
erörtert. Zugleich habe das Bundesverfassungsgericht die unbedingte Verpflichtung des
Gesetzgebers bekräftigt, für Fälle des Vorversterbens des Berechtigten vor dem
Ausgleichsverpflichteten eine wegen der Kürzung der Rentenleistungen an den
ausgleichsberechtigten Ehegatten eingetretene Härtelage grundsätzlich zu
berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sei vom Gesetzgeber auch der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit zu wahren. Im vorliegenden Fall habe die Kürzung
verfassungswidrige Auswirkungen, zu deren Vermeidung weiterhin eine Härtefallregelung
notwendig wäre. Insbesondere werde ihm ein unverhältnismäßiges Opfer abverlangt,
denn die Kürzung seiner Versorgungsbezüge, mit der die Begründung der
Rentenanwartschaften zugunsten seiner Exfrau refinanziert werde, habe zwar
ursprünglich dem Ausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten gedient. Doch mit
dem Tod der Ausgleichsberechtigten im Jahre 2004 diene die Kürzung nicht mehr dem
Ausgleich, sondern komme ausschließlich dem Rentenversicherungsträger bzw. dem
Dienstherrn zugute. Hier seien in der Zeit vom 01.01.1993 bis zum 31.03.2010 Kürzungen
in Höhe von ca. 85.000,-- EUR vorgenommen worden, von denen weder er noch seine
Exfrau profitierten, sondern ausschließlich der Staat. Weiter sei festzustellen, dass die
Versorgungsbezüge auch noch nach dem Ableben der Ausgleichsberechtigten in der Zeit
von April 2004 bis März 2010 gekürzt worden seien. Hier liege eine völlige
Zweckverfehlung vor, die auch nicht mehr mit dem Vorrang des Versicherungsprinzips zu
erklären sei. Ferner komme es bei der geltenden Rechtslage im Ergebnis zu einer
willkürlichen Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG. Denn hätten er und seine
geschiedene Frau denselben Versorgungsträger gehabt, wäre er sofort durch seinen
Versorgungsträger über den Tod seiner Exfrau informiert worden. Das bedeute im
Ergebnis, dass geschiedene Eheleute, die bei unterschiedlichen Versorgungsträgern
versichert seien, ohne sachlichen Grund ungleich behandelt würden. Die Antragstellung
könne bei der geltenden Rechtslage nicht zum Anknüpfungspunkt gemacht werden. Denn
im besten Fall erfahre der Ausgleichsberechtigte - wie auch immer - wohl zufällig nach vier
bis fünf Monaten vom Ableben seines geschiedenen ausgleichsberechtigten Ehegatten.
Erst danach könne er auch einen entsprechenden Anpassungsantrag stellen. Damit
müsse der Ausgleichsverpflichtete unwiederbringlich, wenn auch nur vier bis fünf Monate,
die Kürzung hinnehmen, obwohl der Berechtigte verstorben sei. Die Rentenkassen habe
der Gesetzgeber mit § 5 der Zweiten Datenübermittlungsverordnung bedacht. Vom
Gesetzgeber müsse auch eine entsprechende Regelung gefordert werden, die den
Ausgleichsverpflichteten schütze.
10 Die Beklagte beantragt,
11 die Berufung zurückzuweisen.
12 Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
13 Wegen des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze,
wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten und die
Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.
Entscheidungsgründe
14 Der Schriftsatz des Klägers vom 13.12.2013 hat dem Senat keinen Anlass gegeben, die
mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
15 Die Berufung des Klägers ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch im
Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu
Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass seine
Versorgungsbezüge für die Zeit vom 01.01.1993 bis zum 31.03.2010 ohne
Berücksichtigung eines Kürzungsbetrags nach § 55c SVG festgesetzt und ihm die
insoweit einbehaltenen Kürzungsbeträge erstattet werden. Der Bescheid der
Wehrbereichsverwaltung Süd vom 10.05.2010 und deren Widerspruchsbescheid vom
30.06.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten.
16 Ein Anspruch des Klägers auf Aufhebung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge ab dem
01.01.1993 und auf Rückerstattung der bis zum 31.03.2010 einbehaltenen Beträge ergibt
sich nicht aus dem am 01.09.2009 in Kraft getretenen Versorgungsausgleichsgesetz
(VersAusglG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700, zuletzt geändert durch Art. 25 des Gesetzes
vom 08.12.2010 (BGBl. I S. 1768). Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG wird nach dem
Tod der ausgleichsberechtigten Person ein Anrecht der ausgleichspflichtigen Person nicht
länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt. Die ausgleichsberechtigte
geschiedene Ehefrau des Klägers ist am 17.05.2004 verstorben und hatte bis dahin auch
keine Leistungen aus der Rentenversicherung in Anspruch genommen. Bei der
Beamtenversorgung des Klägers handelt es sich um ein anpassungsfähiges Anrecht nach
§ 32 Nr. 2 VersAusglG, so dass die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG
für einen Wegfall der Kürzung der Versorgungsbezüge erfüllt sind. Der Wegfall der
Kürzung tritt allerdings gemäß § 38 Abs. 2 in Verbindung mit § 34 Abs. 3 VersAusglG erst
mit dem ersten Tag des Monats ein, der auf den Monat der Antragstellung folgt. Eine
Rückerstattung von einbehaltenen Beträgen ist nicht vorgesehen. Zugunsten des Klägers
ist die Beklagte von einer Antragstellung am 30.03.2010 ausgegangen und hat
dementsprechend die Kürzung (erst) ab dem 01.04.2010 aufgehoben.
17 Ein Anspruch des Klägers auf vollständige Rückgängigmachung der aufgrund des
durchgeführten Versorgungsausgleichs erfolgten Kürzung seiner Versorgungsbezüge
nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich
(VAHRG) vom 21.02.1983 (BGBl. I S. 105; zuletzt geändert durch Art. 65 des Gesetzes
vom 17.12.2008, BGBl. I S. 2586; vgl. dazu nur BSG, Urteil vom 01.09.1988 - 4/11a RA
38/87 -, Juris) besteht nicht. Denn dieses Gesetz ist nach Art. 23 Nr. 2 des Gesetzes zur
Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I. S. 700)
mit Ablauf des 31.08.2009 außer Kraft getreten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger
beim zuständigen Leistungsträger keinen Antrag nach § 9 VAHRG auf Wegfall der
Kürzung nach dem Tod des Berechtigten (§ 4 VAHRG) gestellt.
18 Auch die Übergangsvorschriften der §§ 48 ff. VersAusglG führen nicht zur Anwendbarkeit
des bis zum 31.08.2009 geltenden Rechts. Nach dem hier allein in Betracht kommenden §
49 VersAusglG sind die Bestimmungen der §§ 4 bis 10 VAHRG nur anwendbar, wenn der
entsprechende Antrag vor dem 1. September 2009 beim Versorgungsträger eingegangen
ist. Der Antrag des Klägers auf Wegfall der Kürzung und Rückzahlung der einbehaltenen
Beträge nach dem Tod seiner geschiedenen Ehefrau vor Rentenbezug ist jedoch
frühestens am 30.03.2010 und damit nach dem Stichtag gestellt worden.
19 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 32 VwVfG) kann dem Kläger nicht gewährt
werden. Die Antragsfrist des § 49 VersAusglG ist als materiellrechtlich wirkende
Ausschlussfrist ausgebildet, die nicht verlängert werden kann und nach deren Ablauf
insbesondere eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich ausgeschlossen
ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23.02.1010 - 5 C 13.09 -, Buchholz 436.36 § 36 BAföG
Nr. 17; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., § 32 RdNr. 16, § 31 RdNr. 9ff.;
Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 32 RdNr. 6, § 31 RdNr. 8ff.).
20 Die Übergangsvorschrift des § 49 VersAusglG ist wie auch § 48 VersAusglG von der
Erwägung getragen, dass das neue Recht im Interesse der Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit möglichst weitgehend und möglichst schnell zur Anwendung kommen soll.
Es soll vermieden werden, dass die Praxis über einen langen Zeitraum zwei
Rechtsordnungen nebeneinander anwenden muss (BT-Drs.16/10444 S. 85). Dieser
Zweck kann aber nur erreicht werden, wenn eine nicht fristgerechte Antragstellung zum
endgültigen Verlust der Berechtigung führt, die Anwendung des alten Rechts zu erlangen.
Dies gebietet es, die Antragsfrist des § 49 VersAusglG als materielle Ausschlussfrist
aufzufassen. Sie erweist sich damit als Frist, die den uneigentlichen gesetzlichen Fristen
zuzurechnen ist, also denjenigen Zeitspannen, deren Ende einen äußersten Zeitpunkt
festlegt, nach dem auch bei fehlendem Verschulden eine Parteihandlung endgültig nicht
mehr vorgenommen werden kann (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 23.04.1985 - 9 C 7.85 -,
Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 4).
21 Die Versäumung einer gesetzlichen Ausschlussfrist geht indes nicht ausnahmslos mit dem
Verlust des vor ihrem Ablauf geltend zu machenden materiellrechtlichen Anspruchs
einher. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass sich
Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die
weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung
vernichtenden Ausschlussfrist berufen dürfen (BVerwG, Urteil vom 28.03.1996 - 7 C 28.95
-, BVerwGE 101, 39, m.w.N.). Eine ausnahmsweise „Nachsichtgewährung“ kommt zum
Ausgleich besonderer Härten in Betracht, wenn die Ausschlusswirkung nicht mit Treu und
Glauben vereinbar wäre oder in einem Fall höherer Gewalt bei außergewöhnlichen
Ereignissen, die nach den Umständen des Falles auch durch die größte,
vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe zu
erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnten (vgl. BVerwG,
Urteil vom 23.04.1985, a.a.O.; Bayerischer VGH, Urteil vom 10.01.2007 - 24 BV 03.722 -,
Juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.10.1988 - 2 B 26/88 -, NVwZ 1989, 381).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
22 Auch wenn für den Kläger nachvollziehbar eine Härte darin liegt, dass seine
Versorgungsbezüge zu Gunsten seiner geschiedenen Frau über deren Tod hinaus in
einer Gesamthöhe von ca. 85.000,-- EUR gekürzt worden sind, obwohl diese keine Rente
bezogen hat, ist es nach Treu und Glauben nicht geboten, eine Ausnahme von der
Ausschlusswirkung anzunehmen. Der Kläger nimmt schon nicht hinreichend in den Blick,
dass aufgrund des Versorgungsausgleichs zwei Versicherungsverhältnisse entstehen, die
grundsätzlich - und in Folge des Versicherungsprinzips vor allem auch hinsichtlich der
jeweiligen Leistungen oder Ansprüche - voneinander unabhängig sind. Dies verdeutlicht
auch der Umstand, dass es unter der Geltung des VAHRG nach dessen § 4 Abs. 2 bei der
Kürzung der Versorgungsbezüge des Ausgleichsverpflichteten schon dann endgültig
verblieb, wenn der Berechtigte mehr als zwei Jahre Leistungen aus dem im
Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erhalten hatte, obwohl auch in diesem Fall -
bei einer diesen Zeitraum nur geringfügig übersteigenden Rentenbezugsdauer - der
Kürzungsbetrag insgesamt weit über den gewährten Leistungen gelegen haben dürfte.
Der Umstand, dass der Kläger und seine Frau nach der Scheidung keinen Kontakt mehr
zueinander hatten und er deshalb von ihrem Tod im Jahr 2004 bis zum Jahr 2010 keine
Kenntnis hatte, betrifft allein seine persönliche Sphäre. Um Rechtssicherheit zu
gewährleisten, ist eine Ausnahme von der Ausschlusswirkung nach Treu und Glauben nur
in eng begrenzten Sonderkonstellationen möglich. Eine solche liegt nicht vor, wenn die
mangelnde Kenntnis in Bezug auf ein bestimmtes Ereignis in der Sphäre des Betroffenen
begründet liegt. Auch ein Fall höherer Gewalt ist nicht gegeben, da nichts dafür ersichtlich
ist, dass es dem Kläger auch unter größtmöglicher Anstrengung unmöglich war, vom Tod
seiner geschiedenen Ehefrau noch vor dem 01.09.2009 zu erfahren und einen Antrag
nach § 9 VAHRG zu stellen.
23 Ob und unter welchen Voraussetzungen eine weitere Ausnahme dann eingreift, wenn die
Versäumung der Ausschlussfrist allein auf einem Fehlverhalten einer Behörde beruht (vgl.
dazu Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 31 RdNr. 13; BVerwG, Urteil vom 28.03.1996, a.a.O.),
bedarf keiner Entscheidung. Dies gilt ebenso für die Frage, ob ein Betroffener sich bei
Versäumung einer materiellen Ausschlussfrist ausnahmsweise auf die Grundsätze des
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs berufen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom
23.02.1010, a.a.O.). Dieser setzt voraus, dass eine Behörde durch fehlerhaftes
Verwaltungshandeln nachteilige Folgen für die Rechtsstellung des Versicherten
herbeigeführt hat und dass diese rechtlichen Nachteile durch rechtmäßiges
Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (BSG, Urteil vom 17.12.1980 - 12
RK 34/80 -, BSGE 51, 89). Der Herstellungsanspruch hat indes auch und gerade zur
Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines
Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§
14, 15 SGB I), verletzt hat (vgl. BSG, Urteile vom 01.04.2004 - B 7 AL 52/03 R -, BSGE 92,
267, und vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R -, Juris; Beschluss vom 16.12.2008 - B 4
AS 77/08 B -, Juris; BVerwG, Urteil vom 23.02.1010 - 5 C 13.09 -, a.a.O.; vgl. auch das
vom Kläger in Bezug genommene Urteil des SG Münster vom 17.02.2012 [- S 14 R 744/10
-, Juris], das durch Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 07.01.2013 [- L 3 R 274/12 -,
Juris] aufgehoben worden ist). Denn ein derartiges behördliches Fehlverhalten ist hier
nicht gegeben.
24 Ein Fehler der Beklagten ist vorliegend weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.
Die Beklagte traf auch nicht die Pflicht, den Kläger über die hier in Rede stehende
Rechtsänderung zu unterrichten (vgl. dazu OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.05.2013 - 5
LA 46/13 -, NVwZ-RR 2013, 850). Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts besteht grundsätzlich keine aus der beamtenrechtlichen
Fürsorgepflicht abzuleitende allgemeine Pflicht zur Belehrung über alle für die Beamten
einschlägigen Vorschriften, und zwar vor allem dann nicht, wenn es sich um rechtliche
Kenntnisse handelt, die zumutbar bei jedem Beamten vorausgesetzt werden können oder
die sich der Beamte unschwer selbst verschaffen kann. Demgemäß gebietet es die
Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht, die Beamten von sich aus auf für sie etwa in Betracht
kommende Möglichkeiten einer Antragstellung aufmerksam zu machen. Nur in
besonderen Fällen können Umstände vorliegen, die geeignet sind, eine Belehrungspflicht
auszulösen. Ein derartiger Umstand kann insbesondere in einer üblicherweise
erfolgenden Belehrung oder aber in einer ausdrücklichen Bitte um Auskunft liegen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 30.01.1997 - 2 C 10.96 -, BVerwGE 104, 55, m.w.N.). Danach bestand
hier keine Pflicht der Beklagten, den Kläger über die Änderung des Rechts des
Versorgungsausgleichs und die daraus folgenden möglichen Auswirkungen auf eine
Anpassung seiner Versorgungsbezüge zu informieren. Weder kann sich der Kläger auf
eine entsprechende Verwaltungspraxis der Beklagten berufen noch lagen sonstige
Umstände vor, die ausnahmsweise eine Belehrungspflicht begründen könnten. Das
Versorgungsausgleichsgesetz regelt in umfassender Weise die Teilung von Ansprüchen
auf Versorgung im Fall einer Ehescheidung. Es handelt sich mithin um Regelungen, die
ihren Sachgrund in den Folgen der Ehescheidung als solcher finden und die nicht in
besonderer Weise auf das Beamtenverhältnis bezogen sind. Schon deshalb besteht keine
Belehrungspflicht des Dienstherrn, sondern es ist die originäre Aufgabe des geschiedenen
Beamten, die Entwicklung des Scheidungsfolgenrechts eigenständig im Blick zu behalten.
Hinzu kommt, dass die Möglichkeit der Anpassung des Versorgungsausgleichs wegen
des Todes der ausgleichsberechtigten Person einen Ausnahmefall zum Zweck der
Vermeidung von Härten darstellt. Angesichts der eng gefassten
Tatbestandsvoraussetzungen kommt die Vorschrift nur in besonderen Fällen zum Tragen,
die der Dienstherr nicht von sich aus ermitteln und in den Blick nehmen muss.
25 Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Fehlverhalten anderer Behörden vorliegt, das der
Beklagten zuzurechnen wäre. Die Meldebehörde der Stadt Köln hat die Deutsche
Rentenversicherung Rheinland über den Tod der geschiedenen Ehefrau des Klägers
informiert. Sie ist damit ihrer Übermittlungspflicht aus § 5 der Verordnung zur Durchführung
von regelmäßigen Datenübermittlungen der Meldebehörden an Behörden oder sonstige
öffentliche Stellen des Bundes (Zweite Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung) vom
31.07.1995 (BGBl. I S. 1011, mit nachfolgenden Änderungen) nachgekommen. Eine
Verpflichtung, auch den Kläger hierüber zu unterrichten, bestand nicht. Die Deutsche
Rentenversicherung Rheinland hat auf Anfrage des Verwaltungsgerichts Karlsruhe unter
dem 17.02.2011 mitgeteilt, dass am 14.08.2004 eine Sterbemeldung des Meldeamts im
Versicherungskonto von Maria P. verarbeitet worden sei. Eine Benachrichtigung des im
Versicherungskonto gespeicherten Versorgungsträgers (Wehrbereichsgebührnisamt,
Düsseldorf) sei nicht erfolgt. Dass dies geboten gewesen wäre, vermag der Senat nicht
festzustellen; eine gesetzliche Verpflichtung, den Versorgungsträger des geschiedenen
Ehegatten ohne Vorliegen eines Auskunftsersuchens über den Tod des
ausgleichsberechtigten Ehegatten zu unterrichten, bestand nicht (vgl. auch § 9 Abs. 4
VAHRG). Soweit sich der Kläger auf im Internet (www.deutsche-rentenversicherung-
regional.de) veröffentlichte „Rechtliche Arbeitsanweisungen“ der Deutschen
Rentenversicherung beruft, folgt daraus nichts anderes. Zwar heißt es darin unter der
Überschrift „R7 Mitteilungspflichten“: „Oft hat die ausgleichspflichtige Person keine
Kenntnis vom Tod der ausgleichsberechtigten Person, wohl aber der
Rentenversicherungsträger, der dies über die Sterbemeldungen erfährt… Hier ist die
ausgleichspflichtige Person aufgrund der Beratungspflichten der
Rentenversicherungsträger von Amts wegen zu informieren.“ Indes bezieht der Kläger
Versorgungsbezüge von der Beklagten und steht in keinem Versicherungsverhältnis zur
Deutschen Rentenversicherung; deshalb trifft diese ihm gegenüber auch keine
Beratungspflicht. Soweit der Kläger geltend macht, dass in den Arbeitsanweisungen
weiter vorgesehen sei (R 7.1 und R 10.2 Benachrichtigungsverfahren), dass bei
Versterben des Ausgleichsberechtigten der Versicherungsträger des Ausgleichspflichtigen
durch ein maschinelles Benachrichtigungsverfahren informiert werde, hat die Deutsche
Rentenversicherung im Schreiben vom 25.06.2012 an die Prozessbevollmächtigten des
Klägers darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht bei der Deutschen Rentenversicherung
versichert sei und sein Versorgungskonto deshalb auch nicht am
Benachrichtigungsverfahren teilnehmen könne. Auch darüber hinaus ist für ein
Fehlverhalten der Deutschen Rentenversicherung nichts ersichtlich, so dass offen bleiben
kann, ob ein solches der Beklagten zugerechnet werden könnte. Auch bedarf keiner
Vertiefung, dass der Kläger wohl nicht unverschuldet an der Einhaltung der Frist gehindert
war. Denn es nicht erkennbar, dass es ihm nicht zuzumuten gewesen wäre, sich bereits
früher darüber zu informieren, ob seine geschiedene Ehefrau eine Rente bezieht. Dies
hätte zumindest zu dem Zeitpunkt nahegelegen, als sie - im Jahr 2007 - die
Regelaltersgrenze erreicht hatte. Dies wäre dem Kläger auch, wie der Verfahrensablauf
zeigt, ungeachtet des Umstands möglich gewesen, dass er keinen Kontakt mehr zu seiner
geschiedenen Ehefrau hatte. Es oblag ihm sowohl nach der alten als auch nach der neuen
Gesetzeslage, entsprechende Erkundigungen einzuholen. Dies war ihm auch zumutbar,
da die Nachwirkungen seiner Ehe und seine Vermögensinteressen betroffen waren, die
weiterhin seine Befassung erforderten. Dass der Kläger danach die gebotene und nach
den Umständen zumutbare Sorgfalt eingehalten hätte, das heißt diejenige Sorgfalt, die für
einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrenden
Verfahrensbeteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zuzumuten war
(vgl. zu diesem Maßstab Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 32 RdNr. 20), ergibt sich nicht.
26 Der Senat sieht keinen Anlass, nach Art. 100 Abs. 1 GG das Verfahren auszusetzen und
eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
27 Der aus § 38 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 VersAusglG folgende Ausschluss eines
rückwirkenden Rückausgleichs ist nicht verfassungswidrig (ebenso: Bayerisches LSG,
Urteil vom 13.11.2013 - L 13 R 316/13 -, Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom
11.06.2013 - L 18 KN 160/12 -, Juris; LSG Saarland, Urteil vom 29.03.2012, a.a.O.; VG
Berlin, Urteil vom 24.09.2013 - 28 K 80.11 -, Juris; VG Trier, Urteil vom 31.01.2012 - 1 K
1349/11.TR -, Juris; VG München, Urteile vom 07.08.2012 - M 5 K 11.3211 - und vom
29.03.2011 - M 5 K 1 0.4285 -, jeweils Juris). Er verstößt nicht gegen Art. 33 Abs. 5 oder
Art. 3 Abs. 1 GG.
28 Für die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten übernimmt Art. 33 Abs. 5 GG die
gleiche Funktion, die außerhalb von Beamtenverhältnissen Art. 14 Abs. 1 GG zukommt.
Daher hängt das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Prüfung der §§ 38 Abs. 2, 34 Abs. 3
VersAusglG nicht davon ab, ob Rentenanwartschaften betroffen sind, die durch Art. 14 GG
geschützt sind, oder ob der Anspruch eines Beamten auf standesgemäßen Unterhalt
berührt wird, der durch Art. 33 Abs. 5 GG gesichert ist (BVerfG, Urteil vom 05.07.1989 - 1
BvL 11/87 u.a. -, BVerfGE 80, 297).
29 Dass die Kürzung der Versorgung des Ausgleichsverpflichteten nach der Neuregelung nur
noch ab dem ersten Tag des auf den Antrag des Ausgleichsverpflichteten folgenden
Monats wegfällt, verstößt im Gesamtkontext des Versorgungsausgleichsgesetzes nicht
gegen Verfassungsrecht. Eine vollständige Rückabwicklung der durchgeführten Kürzung
der Versorgungsbezüge ist auch beim Versterben der ausgleichsberechtigten Person vor
Inanspruchnahme von Leistungen aus den übertragenen Anwartschaften
verfassungsrechtlich nicht geboten. Das folgt mit hinlänglicher Klarheit bereits aus den
Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.1980 (- 1 BvL 17/77 u.a. -, BVerfGE
53, 257) und vom 05.07.1989 (a.a.O.). Danach war und ist zur Beseitigung von Härten eine
§ 4 Abs. 1 VAHRG in der durch das Bundessozialgericht vorgenommenen Auslegung
entsprechende Regelung einer vollständigen Rückerstattung (BSG, Urteil vom
01.09.1988, a.a.O.) verfassungsrechtlich nicht erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht
hat in seiner Grundsatzentscheidung vom 28.02.1980 (a.a.O.) keine für die Durchführung
des Versorgungsausgleichs maßgebliche Bestimmung für nichtig oder für unvereinbar mit
dem Grundgesetz erklärt. Der Gesetzgeber war nach dieser Entscheidung lediglich
gehalten, eine ergänzende Härteregelung zu schaffen und bei deren Ausgestaltung die
beschriebene Härtelage - Vorversterben des Berechtigten vor dem
Ausgleichsverpflichteten - grundsätzlich zu berücksichtigen. Im Übrigen lag und liegt es in
seiner weiten Gestaltungsfreiheit, die Grenzen für die „Rückabwicklung“ des
Versorgungsausgleichs zu ziehen und damit zugleich die Gruppe der
Ausgleichsverpflichteten zu bestimmen, die bei Vorversterben des Ausgleichsberechtigten
einen Anspruch auf ihre ungekürzte Versorgung zurückgewinnen. Soweit dabei der
Regelungsgehalt von Art. 33 Abs. 5 und Art. 3 Abs. 1 GG berührt wird, muss sich bei der
gesetzlichen Regelung die sachliche Vertretbarkeit aus der Eigenart des zu regelnden
Sachverhältnisses heraus entwickeln lassen; der Grund muss in diesem Sinne
„sachbezogen“ sein und unter diesem Gesichtspunkt vertretbar erscheinen; ferner muss
der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein (BVerfG, Urteil vom 05.07.1989,
a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
30 Dem Bundesgesetzgeber waren bei der Schaffung des Versorgungsausgleichsgesetzes
sowohl § 4 VAHRG als auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom
28.02.1980 und 05.07.1989 bekannt. Der Gesetzgeber sah sich (erneut) zwei
Anforderungen gegenüber: Zum einen galt es, die Forderung des
Bundesverfassungsgerichts nach einer Härtefallregelung zu beachten, zum anderen
mussten im Interesse der Versichertengemeinschaft die mit der Härteregelung
einhergehenden Mehrkosten für die Versicherungsträger in Grenzen gehalten werden (so
schon BVerfG, Urteil vom 05.07.1989, a.a.O.). Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs.
16/10144 S. 76) sollten mit der Neuregelung zum zeitlichen Beginn des Rückausgleichs
ein Gleichlauf mit den anderen Anpassungsfällen und dem Abänderungsverfahren
hergestellt werden sowie eine Beschränkung der Anpassung dahingehend erfolgen, dass
diese - was aus dem bisherigen Gesetzeswortlaut nicht eindeutig erkennbar gewesen und
vom Bundessozialgericht im Sinne einer ex-tunc-Wirkung ausgelegt worden sei - nunmehr
ex nunc wirke. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass mit der nachträglichen
Anpassung zu Lasten der Versichertengemeinschaft das Versicherungsprinzip
durchbrochen wird, sollten die Versorgungsträger vor einer weitergehenden
Rückabwicklung geschützt werden. Dies ist sachgerecht; der ausgleichsverpflichtete
Ehegatte hat von Verfassungs wegen keinen Anspruch auf eine von den übrigen
Rentenversicherungsverhältnissen völlig losgelöste Regelung seiner
Versorgungsansprüche; andernfalls wären gleichheitswidrige Ergebnisse innerhalb der
Versichertengemeinschaft zu befürchten, die vermieden werden müssen. Die
grundsätzliche Orientierung der Härteregelegung am System der Rentenversicherung ist
danach ein vertretbarer sachlicher Gesichtspunkt (vgl. BVerfG, Urteil vom 05.07.1989,
a.a.O.). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die gesetzliche Regelung an den Tod des
Ausgleichsberechtigten als Grund für den Wegfall der Kürzung und den daraufhin zu
stellenden Antrag des Ausgleichsverpflichteten als zeitliche Grenze für den Anspruch aus
§ 37 VersAusglG anknüpft.
31 Der eigentliche Eingriff in die versorgungsrechtliche Position des Ausgleichsverpflichteten
findet bereits im Zeitpunkt des Vollzugs des Versorgungsausgleichs statt und ist durch Art.
6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert. Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs
bestehen zwei selbständige Versicherungsverhältnisse; die rentenrechtlichen Schicksale
der geschiedenen Ehegatten sind grundsätzlich unabhängig voneinander zu sehen.
Daraus folgt, dass der Versicherungsverlauf des Ausgleichsverpflichteten regelmäßig
nicht von dem des Ausgleichsberechtigten beeinflusst werden kann. Des Weiteren ist zu
berücksichtigten, dass Rentenversicherungsansprüche und
Rentenversicherungsanwartschaften in einem ausgeprägten sozialen Bezug stehen; sie
sind Bestandteil eines Leistungssystems, dem eine besondere soziale Funktion zukommt.
Die Berechtigung des einzelnen „Eigentümers“ lässt sich nicht von den Rechten und
Pflichten anderer lösen. Bei diesen „Anderen“ ist es ausgeschlossen, dass der Tod des
Versicherten - selbst wenn der Versicherungsträger keine Leistungen erbracht hat - zu
einer Übertragung seiner Anwartschaften auf Dritte führt. Insoweit stellt jede Härteregelung
ohnehin ein Sonderrecht für geschiedene Eheleute dar (BVerfG, Urteil vom 05.07.1989,
a.a.O.). Mit einer Anpassung nach § 37 Abs. 1 und 2 VersAusglG wird bereits das
Versicherungsprinzip zu Lasten der Versichertengemeinschaft durchbrochen. Es ist nicht
sachwidrig, dass der Wegfall der Kürzung nur unter den weiteren Voraussetzungen der §§
38 Abs. 2, 34 Abs. 3 VersAusglG erfolgt. Vor ihrem Tod standen der
ausgleichsberechtigten Person aufgrund des Versorgungsausgleichs
Versorgungsanwartschaften zu, die ihr Versicherungsschutz gewährten. Ob der
Versicherungsfall tatsächlich eintritt und Leistungen zu gewähren sind, ist ohne Belang.
Daraus ergibt sich, dass die übertragenen Versorgungsanwartschaften der früheren
Ehefrau ihr bis zu ihrem Tod lückenlos Versicherungsschutz geboten haben. Erst mit dem
Tod stand endgültig fest, dass sich dieser Schutz nicht mehr verwirklichen wird. Diese
Zäsur „Ende des Versicherungsschutzes“ ist ein sachlicher Grund, den Rückausgleich auf
einen Zeitraum zu beschränken, der nach dem Zeitpunkt des Wegfalls des
Versicherungsschutzes liegt. Der Ausgleichspflichtige konnte bis dahin zu keiner Zeit
damit rechnen, von den Folgen des Versorgungsausgleichs verschont zu bleiben. Die
Anpassung der Versorgung hing (sowohl nach dem VAHRG als auch nach dem
VersAusglG) von einem grundsätzlich ungewissen Ereignis, nämlich dem Vorversterben
des Ausgleichsberechtigten nach allenfalls kurzer Leistungsbezugsdauer, ab.
32 Die Regelungen der §§ 37, 38 Abs. 2, 34 Abs. 3 VersAusglG sind auch deshalb im
Rahmen des gesamten Regelungskonzepts des Versorgungsausgleichsgesetzes durch
den weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers gedeckt und nicht
unverhältnismäßig, weil sie zwar einerseits - wie vorliegend - eine Einschränkung, aber
andererseits (etwa hinsichtlich der unschädlichen Rentenbezugsdauer des
Ausgleichsberechtigten sowie bei deren Hinterbliebenen) auch eine Ausweitung von
Leistungsansprüchen vorsehen. Die (zeitlich begrenzte) Kürzung der Anrechte der
ausgleichspflichtigen Person wird über den Zuwachs an Versorgungen bei der
ausgleichsberechtigten Person (und deren Hinterbliebenen) kompensiert (BT-Drs.
16/10144 S. 44).
33 Leistungen aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht wurden nach § 4 Abs.
2 VAHRG auf die rückausgleichsbedingte Versorgungserhöhung angerechnet. Eine
solche Anrechnung von Leistungen sieht das Versorgungsausgleichsgesetz nun nicht
mehr vor. Nach § 37 Abs. 1 und 2 VersAusglG wird ein Anrecht des Ausgleichspflichtigen
nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt, wenn die
ausgleichsberechtigte Person gestorben ist und die Versorgung aus dem im
Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate (bisher: 24 Monate)
bezogen hat. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, erhält die ausgleichspflichtige Person
ungekürzte Versorgungsbezüge. Gleichzeitig und davon unabhängig können auch die
Hinterbliebenen der ausgleichsberechtigten Person ungekürzte
Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage der (familien-)gerichtlichen
Versorgungsausgleichsentscheidung erhalten, so dass es im Ergebnis zu
Doppelleistungen aus dem übertragenen Anrecht kommen kann. Um dies auszugleichen,
verlagert § 38 Abs. 2 i.V.m. § 34 Abs. 3 VersAusglG den Beginn der Anpassung wegen
Todes der ausgleichsberechtigten Person in nicht zu beanstandender Weise auf den
ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt.
34 Dass der Gesetzgeber die Anpassung nach § 37 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG -
entsprechend der früheren Rechtslage (§ 9 Abs. 1 VAHRG) - von einem Antrag des
Ausgleichspflichtigen abhängig macht, ist mit Blick auf seinen weiten
Gestaltungsspielraum ebenfalls nicht zu beanstanden und insbesondere nicht
unverhältnismäßig. Der Ausgleichspflichtige hat ein Interesse daran, dass eine
Anpassung (hier: Wegfall der Kürzung der Versorgungsbezüge) alsbald nach dem Tod
des früheren Ehegatten erfolgt. Insoweit stehen seine Vermögensinteressen im Raum,
deren Verfolgung ihm zuzumuten ist. Die in § 4 VersAusglG eingeräumten
Auskunftsansprüche gegenüber dem Ehegatten und dessen Erben bzw. subsidiär
gegenüber den Versorgungsträgern versetzen den Ausgleichspflichtigen grundsätzlich in
die Lage, alle maßgeblichen Umstände in Erfahrung zu bringen. Dieses formalisierte
Verfahren dient auch den Interessen des Dienstherrn, der von einer - im Übrigen auch
kaum praktikablen - Prüfung von Amts wegen entlastet wird.
35 Nach alledem ist auch eine Unzumutbarkeit der Regelung im Sinne einer
Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne nicht gegeben. Zwar kann es den einzelnen
Ausgleichsverpflichteten hart treffen, wenn er nach dem Tod seines geschiedenen
Ehegatten erkennen muss, dass es bei der Kürzung der Versorgung endgültig verbleibt,
weil die Voraussetzungen der §§ 37, 38, 34 VersAusglG nicht erfüllt sind. Daraus folgt
indes nicht, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, dass die Regelung die
Betroffenen übermäßig belastete (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 17.10.1990 - 1
BvR 283/85 -, BVerfGE 83, 1). Diese Zumutbarkeitsgrenze wird daher auch nicht
überschritten, wenn ein Wegfall der Kürzung unter den weiteren Voraussetzungen der §§
38 Abs. 2, 34 Abs. 3 VersAusglG nur für die Zukunft erfolgt.
36 Auch die (Übergangs-)Regelung des § 49 VersAusglG begegnet keinen durchgreifenden
verfassungsrechtlichen Bedenken. Dem Gesetzgeber ist es insbesondere durch Art. 3
Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte
Stichtagsregelungen einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidbar gewisse Härten mit
sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung eines Stichtags notwendig
ist und dass sich die Wahl des Zeitpunktes am gegebenen Sachverhalt orientiert und
damit sachlich vertretbar ist (BVerfG, Beschluss vom 20.04.2011 - 1 BvR 1811/08 -, Juris,
m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Intention des Gesetzgebers war es, eine
parallele Anwendung von altem und neuem Recht über längere Zeit zu vermeiden;
vielmehr sollte das neue Recht möglichst schnell und möglichst weitgehend zur
Anwendung kommen (BT-Drs. 16/10144 S. 85). Die Einführung eines Stichtags für den
Übergang von altem zu neuem Versorgungsausgleichsrecht gemäß § 49 VersAusglG war
angesichts dieses gesetzgeberischen Ziels notwendig. Die Orientierung am Zeitpunkt des
Inkrafttretens des neuen Gesetzes ist ebenso sachlich vertretbar und nicht willkürlich wie
die Anknüpfung an die auch nach altem Recht erforderliche Antragstellung (vgl. auch LSG
Saarland, Urteil vom 29.03.2012 - L 1 R 78/11 -, Juris).
37 Eine unzulässige Rückwirkung liegt ebenfalls nicht vor. Die Änderung der Härteregelung
verstößt weder gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot noch gegen den
rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.
38 Insoweit ist im Hinblick auf die Erstreckung von Rechtsfolgen auf zeitlich zurückliegende
Sachverhalte zu unterscheiden: Eine sog. echte Rückwirkung, die eine Rückbewirkung
von Rechtsfolgen zum Inhalt hat, liegt vor, wenn ein formelles oder materielles Gesetz
nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende
Tatbestände eingreift, wenn also der von der Rückwirkung betroffene Tatbestand in der
Vergangenheit nicht nur begonnen hat, sondern bereits abgeschlossen war. Eine echte
Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Jedoch tritt das
Rückwirkungsverbot zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand
des rückwirkend geänderten Rechts bilden konnte. Wird dagegen auf gegenwärtige, noch
nicht abgeschlossene Sachverhalte bzw. Rechtsbeziehungen für die Zukunft eingewirkt,
so handelt es sich lediglich um eine sog. unechte Rückwirkung, die eine bloße
tatbestandliche Rückanknüpfung zum Inhalt hat. Eine solche ist verfassungsrechtlich
grundsätzlich zulässig; im Einzelfall können sich aber Einschränkungen aus
Vertrauensschutz- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ergeben (BVerfG, Urteil vom
27.09.2005 - 2 BvR 1387/02 -, BVerfGE 114, 258, m.w.N.; Senatsurteil vom 16.10.2006 - 4
S 725/06 -, Juris).
39 Bei der Anwendung der Regelungen der §§ 32 bis 38 VersAusglG auf Ehen, deren
Versorgungsausgleich noch nach altem, also dem vor dem 01.09.2009 geltenden Recht
durchgeführt wurde, handelt es sich nicht um eine rückwirkende Änderung von bereits
abgewickelten Tatbeständen, sondern um eine bloß tatbestandliche Rückanknüpfung.
Diese greift nicht ändernd in die Rechtslage ein, die vor ihrem Inkrafttreten bestanden hat.
Die Regelung wirkt vielmehr in zulässiger Weise auf noch nicht abgeschlossene
Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein. Grundsätzlich kann der Bürger nicht darauf
vertrauen, dass eine für ihn günstige gesetzliche Regelung bestehen bleibt. Der Grundsatz
des Vertrauensschutzes, der im Bereich des Beamtenversorgungsrechts durch Art. 33
Abs. 5 GG seine besondere Ausprägung erfahren hat (BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987
- 2 BvR 933/82 -, BVerfGE 76, 256), gebietet nicht, den von einer bestimmten Rechtslage
Begünstigten vor jeder Enttäuschung seiner Erwartung in deren Fortbestand zu bewahren
(BVerfG, Beschluss vom 15.05.1985 - 2 BvL 24/82 -, BVerfGE 70, 69). Dies gilt auch hier.
Dem Gesetzgeber steht die Möglichkeit zu, aus Gründen des Allgemeinwohls an früheren
Entscheidungen nicht mehr festzuhalten und Neuregelungen zu treffen, die den
gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 20.06.2006 - 2 BvR 361/03 -, NVwZ 2006, 1280). Die Änderung
des Versorgungsausgleichsrechts trägt dem Erfordernis Rechnung, einen Ausgleich zu
schaffen, der zu einer gerechten Teilhabe im Versorgungsfall führt, für die Praxis
verständlich und leicht handhabbar ist und die Versorgungsträger so wenig wie möglich
belastet, nachdem das vormals geltende Versorgungsausgleichsrecht diesen
Anforderungen nicht mehr gerecht wurde. Der bei der Scheidung durchgeführte
Versorgungsausgleich verfehlte häufig die gerechte Teilhabe, unter anderem deshalb,
weil sich das alte Recht auf Prognosen stützen musste, die regelmäßig von den
tatsächlichen Werten im Versorgungsfall abwichen. Eine Korrektur dieser Fehler fand in
der Praxis nicht statt. Das Recht war außerdem unübersichtlich geworden und wurde nur
noch von wenigen Expertinnen und Experten verstanden. Durch die zunehmende Vielfalt
der Alterssicherungssysteme, insbesondere wegen des Ausbaus der betrieblichen und
privaten Vorsorge, hatten sich diese Grundprobleme noch verschärft (BT-Drs. 16/10144 S.
1). Dem trägt die Reform Rechnung, ohne dass sie für die Betroffenen zu unzumutbaren
Belastungen führt.
40 Auch soweit das bisherige Recht nach § 49 VersAusglG (nur) für die Verfahren nach den
§§ 4 bis 10 VAHRG weiterhin anzuwenden ist, in denen der Antrag beim Versorgungträger
vor dem 1. September 2009 eingegangen ist, liegt keine unzulässige Rückwirkung vor.
41 Eine echte Rückwirkung ist, wie dargelegt, nur gegeben, wenn der Beginn des zeitlichen
Anwendungsbereichs einer Norm und der Eintritt ihrer Rechtsfolgen auf einen Zeitpunkt
festgelegt sind, der vor demjenigen liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist, sodass der
Gesetzgeber nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende
Tatbestände eingreift (BVerfG, Beschluss vom 03.12.1997 - 2 BvR 882/97 -, BVerfGE 97,
67). Bei Normen, die Rechtsansprüche einräumen, bedeutet „abgewickelter Tatbestand“,
dass ein Sachverhalt abgeschlossen ist, der die materiellen Voraussetzungen des bisher
geltenden Anspruchstatbestandes erfüllt (BVerfG, Beschluss vom 23.03.1971 - 2 BvL 2/66
u.a. -, BVerfGE 30, 367; BVerwG, Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 36.02 -, BVerwGE 118, 277).
Es bedarf keiner Vertiefung, ob diese Voraussetzungen hier ungeachtet des Umstands
vorliegen, dass der Kläger den zur Durchsetzung seines Anpassungsrechts auch nach
altem Recht erforderlichen Antrag noch nicht gestellt hatte. Denn das Verbot echter
Rückwirkung findet im Gebot des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern
auch seine Grenze (BVerfG, Beschluss vom 25.05.1993 - 1 BvR 1509, 1648/91 -, BVerfGE
88, 384). Deshalb tritt es zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den
Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Davon ist unter anderem dann auszugehen,
wenn der Betroffene schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen war, nicht mit
dem Fortbestand der Regelung rechnen durfte. Dasselbe gilt, wenn durch die
Rückwirkung nur ein ganz unerheblicher Schaden verursacht würde. Schutzwürdig ist von
Verfassungs wegen auch nur das betätigte Vertrauen, die „Vertrauensinvestition“, die zur
Erlangung einer Rechtsposition geführt hat (BVerfG, Beschluss vom 05.05.1987 - 1 BvR
724/81 u.a. -, BVerfGE 75, 246). Um Vertrauensschutz zu begründen, muss die
rückwirkend geänderte gesetzliche Regelung generell geeignet sein, aus dem Vertrauen
auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dispositionen herbeizuführen oder zu
beeinflussen, die sich bei der Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen (BVerfG,
Beschluss vom 23.03.1971, a.a.O.). Der Betroffene soll in seinem Vertrauen darauf
geschützt sein, dass der Gesetzgeber nicht nachträglich eine Regelung trifft, auf die er
nicht mehr durch eine Verhaltensänderung reagieren kann. Er bedarf eines solchen
Schutzes nicht, wenn ihn auch die rechtzeitige Kenntnis der geänderten Rechtslage nicht
zu einem alternativen Verhalten veranlasst hätte. Der Schutz des Vertrauens in den
Bestand des alten Rechts endet in jedem Fall mit dem Beschluss des neuen Rechts
(BVerfG, Beschluss vom 15.10.1996 - 1 BvL 44, 48/92 -, BVerfGE 95, 64, m.w.N.).
42 Davon ausgehend war die geänderte Regelung schon nicht geeignet, eine
Vertrauensinvestition herbeizuführen. Bei der Aussicht auf eine vollständige
Rückabwicklung der Kürzung der Versorgungsbezüge kann es sich für die Betroffenen
allenfalls um eine vage Hoffnung gehandelt haben. Denn sie hing ab von dem zukünftigen
ungewissen Eintritt eines Ereignisses - dem Vorversterben des Ausgleichsberechtigten -
und weiteren Voraussetzungen, nämlich einer Rentenbezugsdauer von unter zwei Jahren.
Deshalb konnte ein Betroffener mit dieser Möglichkeit nicht verlässlich rechnen und umso
weniger im Vertrauen auf die alte Gesetzeslage - nunmehr entwertete - Entscheidungen
oder Dispositionen treffen. Dies hat auch der Kläger, wie sein Verhalten zeigt, nicht getan.
43 Darüber hinaus ist Vertrauensschutz auch deshalb ausgeschlossen, weil das
Versorgungsausgleichsgesetz vom 03.04.2009 bereits am 08.04.2009 - und damit nahezu
fünf Monate vor seinem Inkrafttreten - im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist. Dem
Kläger stand danach wie allen anderen Betroffenen ausreichend Zeit zur Verfügung, um
sich auf die Änderung der Gesetzeslage einzustellen. Insbesondere hätte er die
Bemühungen, die er im Jahr 2010 entfaltet hat und die alsbald zum Erfolg geführt haben,
auch in der Zeit zwischen Verkündung des Gesetzes und seinem Inkrafttreten mit der
Folge unternehmen können, dass er noch rechtzeitig unter der Geltung des alten Rechts
einen Antrag auf Anpassung hätte stellen können. Auch vor diesem Hintergrund ist
Vertrauensschutz nicht gegeben.
44 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711, 709
Satz 2 ZPO.
45 Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO
gegeben ist.
46
Beschluss vom 03. Dezember 2013
47 Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG auf
85.000,-- EUR festgesetzt.
48 Der Beschluss ist unanfechtbar.