Urteil des VG Stuttgart vom 30.06.2008

VG Stuttgart (iran, kläger, bundesamt, nationale sicherheit, bundesamt für migration, treu und glauben, gemeinde, grobes verschulden, existenzminimum, christentum)

VG Stuttgart Urteil vom 30.6.2008, A 11 K 1623/08
Iran; religiöses Existenzminimum für Konvertiten
Leitsätze
1) Art. 10 Abs. 1 lit. b RL 2004/83 EG gilt nur für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, nicht aber für die
subsidiären Schutztatbestände nach Art. 15 und Art. 18 RL.
2) Das religiöse Existenzminimum eines Konvertiten ist bei einer Rückkehr in den Iran derzeit nicht gewährleistet.
3) Ein in Deutscher konvertierter iranischer Staatsbürger könnte bei einer Rückkehr in den Iran eine christliche
Hausgemeinschaft nicht finden und damit seinen christlichen Glauben im nachbarschaftlich-kommunikativen
Bereich nicht bekennen.
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass beim Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG
vorliegt. Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.04.2008 wird aufgehoben,
soweit er dem entgegensteht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je die Hälfte.
Tatbestand
1
Der Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 28.04.2004 in das Bundesgebiet ein. Am 06.05.2004
beantragte er die Gewährung von Asyl.
2
Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 08.07.2004 wurde der
Asylantrag abgelehnt und festgestellt, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch ein
Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG vorliegen, sowie mit einer Ausreisefrist von einem Monat die
Abschiebung angedroht. Die hierauf erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom
04.07.2005 - A 11 K 12412/04 - ab.
3
Mit Schriftsatz vom 14.08.2007 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag hinsichtlich der Zuerkennung der
Flüchtlingseigenschaft und der Feststellung von Abschiebungsverboten. Zur Begründung trug der Kläger vor,
bereits im Iran habe er offen die politischen Missstände sowie die staatliche Willkür angeprangert und öffentlich
verurteilt. Nach Abschluss des Asylverfahrens habe er sich verstärkt mit dem islamischen Glauben im
Vergleich zum christlichen Glauben kritisch auseinandergesetzt. Aufgrund seiner Kontakte zur persischen
Kirchengemeinde Stuttgart sei er hinsichtlich eines Religionswechsels bestärkt worden. Am 11.11.2006 sei er
getauft worden. Er sei praktizierender Christ und besuche jeden Samstag den Gottesdienst in seiner
Gemeinde, der evangelischen ... Ludwigsburg. Er übe das Amt des Bodyguards des Pastors ... aus, auf den
im Iran ein Kopfgeld ausgesetzt sei. Dieser Pastor betreibe in Dubai einen christlichen Missionssender, der
Missionsbotschaften auch in den Iran sende. In der Gemeinde in Ludwigsburg sei er voll integriert und ein
angesehenes Mitglied. Als muslimischer Iraner, der zum Christentum konvertiert sei, sei er bei einer Rückkehr
in den Iran besonders gefährdet. Diese Gefahr sei aufgrund seiner Tätigkeit als Bodyguard stark erhöht. Im Iran
gebe es derzeit eine pogromartige Stimmung in der Bevölkerung gegen Christen. Konvertiten befänden sich im
Iran in erhöhter Gefahr, festgenommen, angegriffen und getötet zu werden. Die Apostasie sei im Iran verboten
und könne mit dem Tode bestraft werden.
4
Bei der Anhörung durch das Bundesamt in Karlsruhe am 27.09.2007 trug der Kläger vor, seine Großeltern im
Iran seien sehr gläubig gewesen. Sein Vater sei Kommunist gewesen; er sei im Gefängnis gestorben, als er
zwei Jahre alt gewesen sei. Kurz nach seiner Einreise nach Deutschland habe er im Asylbewerberheim in
Karlsruhe Besuch von Zeugen Jehovas erhalten. Ca. neun Monate lang habe er danach Kontakt zu den
Zeugen Jehovas gehabt und an ihren Sitzungen teilgenommen. Als er einmal an einer Sitzung der Zeugen
Jehovas teilgenommen habe, habe er einen iranischen Priester kennengelernt. Dieser habe ihn in seine Kirche
eingeladen. Zuerst habe er an einem Hauskreis teilgenommen. Die Art und Weise, wie in dieser Gemeinde
gepredigt und gebetet worden sei, habe ihm stark imponiert. Er habe dann die Entscheidung getroffen, nicht
mehr die Zeugen Jehovas zu besuchen; vielmehr habe er sich nunmehr der Gemeinde dieses Priesters
angeschlossen. Im Winter 2005 sei ein Pastor aus den USA namens ... in die baptistische Gemeinde Heilbronn
gekommen. Da dieser Pastor bedroht und geschlagen worden sei, habe er die Aufgabe eines Bodyguards
übernommen. Auf den Pastor sei in Dubai ein Kopfgeld ausgesetzt. Bei der Aufzeichnung der Auftritte dieses
Pastors auf Video habe er mitgeholfen. Zusammen mit drei anderen Personen habe er dann an
Taufvorbereitungen teilgenommen. Am 11.11.2006 sei er in Stuttgart-Vaihingen durch den Pastor der
Gemeinde namens ... getauft worden. Innerhalb der Gemeinde sei er für Hilfsarbeiten, für Videoaufnahmen und
für Designfragen zuständig. Außerdem habe er eine Broschüre für die Kirche und eine Visitenkarte der Kirche
erstellt. Er sei auch für die Präsentation mit Powerpoint zuständig. Mittwochs finde ein Hauskreis in ... im
Landkreis Ludwigsburg statt. Einmal an einem Samstag im Monat treffe er sich mit anderen Männern, um die
Bibel zu lesen. Außerdem gehe es um die Frage, wie sie als christliche Männer sein müssten. Jeden Samstag
gehe er in den Gottesdienst der persischen Gemeinde Stuttgart, der in der ... stattfinde. Der Gottesdienst
dauere ca. eineinhalb bis zwei Stunden; er werde von ca. 15 bis 20 Personen besucht. Zudem gehe er ab und
zu sonntags in die ... in Ludwigsburg zum Gottesdienst. Der Islam sei für ihn nichts anderes als eine Lüge.
Dort finde sich das Wort Vergebung nicht. Der Gott der Muslime sei ein brutaler Gott. Im Christentum habe er
jedoch Vergebung und Liebe kennengelernt. Im Iran habe er zu Christen keinerlei Kontakt gehabt. In
Deutschland sei es ihm auch schon gelungen, einen Freund zu bekehren. Vor ca. vier Monaten habe er seiner
Mutter eine Bibel geschickt. Seit dem werde die Telefonleitung unterbrochen, wenn er mit seiner Mutter im Iran
telefoniere und über das Christentum spreche.
5
Mit Bescheid vom 07.04.2008 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag auf
Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und den Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 08.07.2004
hinsichtlich der Feststellung zu § 53 Abs. 1 bis 6 AuslG ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorbringen
des Klägers sei verfristet. Mit der Taufe des Klägers am 11.11.2006 habe sich die der Erstentscheidung
zugrundeliegende Sachlage geändert. Diese Änderung habe der Kläger jedoch nicht innerhalb der Drei-Monats-
Frist geltend gemacht. Abschiebungsverbote seien aufgrund der geltend gemachten Konversion nicht gegeben.
Der Glaubenswechsel allein führe im Iran zu keinen staatlichen Repressalien.
6
Am 22.04.2008 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte habe eine
ganztägige Anhörung durchgeführt. Sie könne sich deshalb auf eine Verfristung nicht berufen. Als Konvertit
drohe ihm im Iran Sanktionen, die im Sinne des Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 der Qualifikationsrichtlinie als
Verfolgungshandlung zu betrachten seien. Der Besuch öffentlicher Gottesdienste sei nach dem
Selbstverständnis der evangelischen Kirche unverzichtbarer Bestandteil des religiösen Lebens und deshalb zu
schützen. Der Islam kenne keine Möglichkeit, zum Christentum überzutreten. Da er sich dem Verdacht
aussetze, das auf muslimischer Grundlage etablierte Mullah-Regime schwächen zu wollen, begründe eine
Konversion den Verdacht einer regimekritischen Haltung. Auch bei einer Rückkehr in den Iran werde er
missionarisch tätig sein. Zudem sei er bei einer Rückkehr in den Iran wegen seiner Tätigkeit als Bodyguard
besonders gefährdet, zumal er aus seiner religiösen Überzeugung kein Geheimnis mache.
7
Der Kläger beantragt,
8
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 07.04.2008 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
9
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3,
5 oder 7 AufenthG vorliegen.
10 Die Beklagte beantragt,
11
die Klage abzuweisen.
12 Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheids.
13 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akte der Beklagten Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
14 Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger hat lediglich
Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs 5
AufenthG. Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten,
soweit er dem entgegensteht. Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids ist hingegen rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten.
15 Das Bundesamt ist aufgrund des gestellten Asylfolgeantrags nicht verpflichtet gewesen, das Verfahren im
Hinblick auf die begehrte Flüchtlingszuerkennung nach § 60 Abs. 1 AufenthG wieder aufzugreifen.
16 Nach § 71 Abs. 1 AsylVfG ist ein Folgeantrag nur asylverfahrensrelevant bzw. beachtlich, wenn die
Voraussetzungen des Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gegeben sind. Der
Folgeantragsteller muss die seiner Ansicht nach vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf
Wiederaufgreifen des Verfahrens selbst und umfassend vortragen; d.h. das Gericht ist nicht befugt, bei der
Prüfung des Folgeantrags andere als vom Antragsteller geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des
Verfahrens zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.1989, NVwZ 1990, 359). Die Voraussetzungen nach
§ 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG müssen schon im Antrag selbst abschließend und substantiiert dargetan werden (§
71 Abs. 3 AsylVfG). So ist substantiiert auszuführen, inwiefern der Folgeantragsteller ohne grobes Verschulden
außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen schon im früheren Verfahren geltend zu machen und
inwiefern er - es sei denn, dies wäre aktenkundig oder offensichtlich - die Drei-Monats-Frist eingehalten hat
(vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 02.07.1998 - A 12 S 1006/97 und Urt. v. 23.03.2000 - A 12 S 423/00). Einzelne
neue Tatsachen, die zur Begründung nachgeschoben werden, brauchen jedoch - ausnahmsweise - nicht
innerhalb der Ausschlussfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG vorgetragen zu werden, wenn sie einen bereits
rechtzeitig geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund bestätigen, wiederholen, erläutern oder konkretisieren,
also nicht qualitativ neu sind, d. h. nicht aus dem Rahmen der bisher für das Wiederaufgreifen angeführten
Umstände fallen und damit keinen neuen Wiederaufgreifensgrund darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.02.1998,
NVwZ 1998, 861). Bei Dauersachverhalten ist die erstmalige Kenntnis von dem Dauersachverhalt maßgebend
(vgl. OVG Weimar, Urt. v. 06.03.2002, NVwZ-Beilage I 2003, 19). Hinreichende Darlegung im Sinne von § 71
Abs. 3 AsylVfG setzt zudem ein Mindestmaß an Klarheit, Überschaubarkeit und Verständlichkeit voraus, was
ohne eine gewisse Strukturierung und inhaltliche Aufbereitung des Vorbringens nicht gelingen kann (vgl. VGH
Baden-Württemberg, Urt. v. 15.06.1999, AuAS 1999, 213).
17 Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe fehlt es im vorliegenden Fall an den Voraussetzungen für die
Durchführung eines weiteren Asylverfahrens.
18 Dem Begehren des Klägers, das Verfahren im Hinblick auf die Flüchtlingszuerkennung wieder aufzugreifen,
steht § 51 Abs. 3 VwVfG entgegen. Der Kläger ist am 11.11.2006 getauft worden. Ab diesem Zeitpunkt hatte
der Kläger im Sinne des § 51 Abs. 3 S. 2 VwVfG Kenntnis von dem nunmehr in Anspruch genommenen
Wideraufgreifensgrund. Er hätte ihn demnach binnen drei Monaten geltend machen müssen. Tatsächlich ist der
Asylfolgeantrag erst am 15.08.2007 beim Bundesamt gestellt worden.
19 Zwar kann das Bundesamt trotz Unbeachtlichkeit des Asylfolgeantrags den Weg zu einer Sachprüfung des
Klagebegehrens im gerichtlichen Verfahren erneut frei machen. Dies setzt jedoch voraus, dass das Bundesamt
eine negative Entscheidung in der Sache selbst getroffen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.1987, BVerwGE 78,
332 und Urt. v. 21.03.2000, BVerwGE 111, 77). Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt zwar durch die
mehrstündige Anhörung des Klägers am 27.09.2007 eine sachliche Prüfung vorgenommen. Nach dem Inhalt
des Bescheids vom 07.04.2008 wurde eine Entscheidung in der Sache selbst jedoch nicht getroffen. Vielmehr
hat das Bundesamt im Bescheid vom 07.04.2008 lediglich auf die Verfristung des geltend gemachten
Wiederaufgreifensgrundes abgehoben. Den Weg für eine gerichtliche Sachentscheidung im Hinblick auf die
begehrte Flüchtlingszuerkennung hat das Bundesamt damit nicht eröffnet.
20 Der Kläger hat aber unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 - 3 VwVfG einen
Anspruch darauf, dass das Bundesamt eine positive Feststellung zu § 60 Abs. 5 AufenthG trifft. Denn jenseits
des § 71 AsylVfG, der nur den Asylantrag im Sinne von § 13 AsylVfG betrifft, kann sich aus §§ 51 Abs. 5, 48,
49 VwVfG und einer in deren Rahmen i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 GG gebotenen
Ermessensreduzierung auf Null das Wiederaufgreifen des abgeschlossenen früheren Verwaltungsverfahrens,
die Aufhebung des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts und eine neue Sachentscheidung zu § 60 Abs.
2, 3, 5 oder 7 AufenthG dann ergeben, wenn tatsächlich Abschiebungsverbote vorliegen; auf die Frage, wann
diese geltend gemacht worden sind, kommt es wegen des materiellen Schutzgehalts der Grundrechte nicht an
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2000, DVBl. 2000, 179; BVerwG, Urteil vom 07.09.1999, InfAuslR 2000, 16
und Urteil vom 21.03.2000, NVwZ 2000, 940; VGH Baden-Württ., Beschluss vom 04.01.2000, NVwZ-RR 2000,
261). Einer Feststellung des geltend gemachten Abschiebungsverbots durch das Bundesamt steht auch nicht
die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die negative Feststellung des Bundesamts im
Asylerstverfahren entgegen. Das Bundesamt ist nicht gehindert, einen rechtskräftig abgesprochenen Anspruch
auf Feststellung von Abschiebungsverboten zu erfüllen, wenn es erkennt, dass der Anspruch tatsächlich
besteht und das rechtskräftige Urteil unzutreffend ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.12.1992, BVerwGE 91, 256;
Urteil vom 27.01.1994, BVerwGE 95, 86 und Urteil vom 07.09.1999, NVwZ 2000, 204). Ob eine Gefahr im
Sinne des § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegt, ist somit ohne Rücksicht auf die Versagung
asylrechtlichen Verfolgungsschutzes und ohne Bindung an etwa vorliegende rechtskräftige
Gerichtsentscheidungen zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1996, InfAuslR 1997, 284 und Urteil vom
30.03.1999, DVBl. 1999, 1213).
21 Die Beklagte ist für den Anspruch des Klägers auch passiv legitimiert. Das Bundesamt ist zur Entscheidung
über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG auch bei solchen
Folgeanträgen zuständig, die nach § 71 Abs. 1 AsylVfG nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens
führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.09.1999, NVwZ 2000, 204; Beschluss vom 23.11.1999, NVwZ 2000, 941
und Urteil vom 21.03.2000, NVwZ 2000, 940). Schließlich ist das Verwaltungsgericht im Hinblick auf § 60 Abs.
2, 3, 5 oder 7 AufenthG auch befugt und verpflichtet, in der Sache durch zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil
vom 10.02.1998, NVwZ 1998, 861).
22 Beim Kläger liegt ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG vor. Das dem Bundesamt eingeräumte
Ermessen auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung dieses Abschiebungsverbots
ist deshalb auf Null reduziert (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.01.2000, NVwZ-RR 2000, 261). Selbst wenn
eine Ermessensreduzierung auf Null nur dann angenommen werden könnte, wenn ein Festhalten an der
bestandskräftigen negativen Entscheidung zu § 53 AuslG zu einem schlechthin unerträglichen Ergebnis führen
würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.10.2004, BVerwGE 122, 103), ist die Beklagte vorliegend zu verpflichten
festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorliegt. Denn im vorliegenden Fall
kann ausschließlich eine für den Kläger günstige Entscheidung ermessensfehlerfrei ergehen.
23 § 60 Abs. 5 AufenthG begründet für den Kläger ein Abschiebungsverbot, da Art. 9 der Konvention vom
04.11.1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten der Abschiebung entgegensteht.
24 Nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 9 EMRK ist allerdings lediglich das religiöse Existenzminimum ("forum
internum") geschützt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.05.2000, BVerwGE 111, 223; Urt. v. 20.01.2004, BVerwGE 120,
16 und Urt. v. 07.12.2004, BVerwGE 122, 271). Zwar geht der in Art. 10 Abs. 1 lit. b der Qualifikationsrichtlinie
- RL - (Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von
Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen
Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004) als Verfolgungsgrund
definierte Begriff der Religion über das "forum internum" hinaus und umfasst auch die Religionsausübung in der
Öffentlichkeit sowie die missionarische Betätigung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.11.2007, InfAuslR 2008,
97; VGH München, Urt. v. 23.10.2007, DVBl. 2008, 67). Art. 10 Abs. 1 lit. b RL gilt jedoch nur für die
Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, nicht aber für die subsidiären Schutztatbestände nach Art. 15 und 18
RL, zu denen § 60 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 7 S. 2 AufenthG die nationale Umsetzung darstellen (vgl. VGH
München, Urt. v. 23.10.2007 aaO; VGH Kassel, Urt. v. 21.05.2008 - 6 A 612/08 A -; a. A. VG Hamburg, Urt. v.
17.07.2007 - 10 A 918/05 - juris -).
25 Das religiöse Existenzminimum umfasst den unverzichtbaren und unentziehbaren Kern der Privatsphäre des
glaubenden Menschen und damit seine religiöse Überzeugung als solche und die Religionsausübung abseits
der Öffentlichkeit und in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und
Glauben unter sich wissen darf. Ein Eingriff in dieses religiöse Existenzminimum ist etwa dann gegeben, wenn
den Angehörigen einer religiösen Gruppe unter Androhung von Strafen an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit
eine Verleugnung oder gar Preisgabe ihres Glaubens zugemutet wird oder sie daran gehindert werden, ihren
eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen.
Öffentlichkeitswirksame Betätigungen der Religionsausübung sind hingegen nicht geschützt, unabhängig
davon, wie stark der Ausländer sich selbst hierzu innerlich verpflichtet fühlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.2004
aaO).
26 Nach diesen Grundsätzen wäre das religiöse Existenzminimum des Klägers bei einer Rückkehr in den Iran
nicht gewährleistet.
27 In religiöser Hinsicht wird den anerkannten religiösen Minderheiten im Iran innerhalb des gesetzlichen Rahmens
das Recht zugestanden, ihre jeweiligen religiösen Gebräuche zu pflegen und sich in persönlichen und
glaubensspezifischen Belangen gemäß ihrer religiösen Vorschriften zu verhalten. Die alteingesessenen
christlichen Nationalkirchen Irans, insbesondere die armenisch-orthodoxe Kirche, die assyrische Kirche und die
chaldäischen Katholiken sind staatlicherseits anerkannte Religionsgemeinschaften; sie halten sich strikt an
das im Iran bestehende absolute Missionierungsverbot für Christen. Diese Kirchen halten sich auch an das
Gebot, Muslimen den Zutritt zu ihren Gottesdiensten zu verwehren; sie können im Iran deshalb weitestgehend
unbehelligt ihren Glauben praktizieren (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 06.07.2007; Deutsches Orient-
Institut, Gutachten vom 06.12.2004 an OVG Bautzen und vom 22.11.2004 an VGH München). Anders stellt
sich die Situation der freikirchlichen Gemeinden im Iran, zu denen der Kläger als Apostat allein Zugang haben
würde, dar. Nach der Ermordung von fünf Priestern in der Zeit zwischen 1990 und 1996 hatte sich die Situation
dieser christlichen Gemeinden im Iran unter der Präsidentschaft Khatamis zunächst deutlich entspannt. Dies
zeigt sich auch daran, dass bis zum Jahr 2004 über die Zeit von vier Jahren Apostaten am Betreten der
Kirchen der freikirchlichen Gemeinden anlässlich von Gottesdiensten nicht gehindert wurden (vgl. Auswärtiges
Amt, Auskunft vom 15.06.2005 an VG Koblenz; Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 06.12.2004 an OVG
Bautzen). Aus den letzten Jahren gibt es aber wieder vermehrt Berichte über Verfolgung von Christen im Iran.
Im Mai 2004 wurde die Familie des Pastors Yusefi anlässlich eines privaten Treffens mit 12 Gläubigen in
seinem Haus festgenommen. Die Inhaftierten wurden nach zehn Tagen mit anderen, bereits im April 2004
festgenommenen Angehörigen der Glaubensgemeinschaft „Assembly of God“ wieder entlassen. Der christliche
Hauskreis wurde aufgelöst und Herr Yusefi musste seine Tätigkeit als Priester einstellen. Im Sommer 2004
wurde bei einem Treffen von Referenten und Priestern der „Assembly of God“ in Karadj 86 Personen
festgenommen und inhaftiert. 76 Personen wurden nach kurzer Befragung am gleichen Tag, neun weitere
wurden am dritten Tag der Inhaftierung entlassen; der Priester Hamid Pourmand blieb inhaftiert. Seit diesem
Ereignis werden keine Taufen von Muslimen vorgenommen und ehemalige Muslime besuchen keine
Gottesdienste mehr (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 15.12.2004 an OVG Bautzen und Lageberichte vom
20.08.2005, 24.03.2006, 21.09.2006 und 04.07.2007; Sonderbericht des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge über die Situation christlicher Religionsgemeinschaften im Iran vom Januar 2005).
28 Seit der Wahl Ahmadinejads im Juni 2005 hat sich die Situation für Christen nochmals verschlechtert. Weitere
Verfolgungen von Konvertiten sind bekannt geworden: Am 22.11.2005 wurde Ghorban Tori, der vor über zehn
Jahren vom Islam zum Christentum übergetreten war, von unbekannten Personen aus seinem Haus entführt
und getötet. Nach seinem Tod durchsuchten Sicherheitsbehörden sein Haus nach Bibeln und verbotener
persischsprachiger christlicher Literatur. Am 02.05.2006 wurde der Konvertit und Pastor einer Hauskirche, Ali
Kaboli, festgenommen; ihm wurde Strafverfolgung angedroht, wenn er das Land nicht verlassen sollte. Am
13.06.2006 wurde er gegen Kaution freigelassen. Im August 2006 wurde der Konvertit Issa Motamadi
festgenommen, nachdem er versucht hat, seinem Kind einen christlichen Namen zu geben. Offiziell wurde er
wegen Drogenhandels angeklagt; am 24.08.2006 wurde er gegen Kaution freigelassen. Im September 2006
wurde die Konvertitin Fereshteh Dibaj und ihr Ehemann, die gemeinsam eine unabhängige Hauskirche leiteten,
in ihrer Wohnung festgenommen; am 05.10.2006 wurden sie gegen Kaution aus der Haft entlassen. Die
Behörden haben angedeutet, dass ihre Inhaftierung in Zusammenhang mit ihrem Glauben und christlichen
Aktivitäten stehe. Am 10.12.2006 wurden 10 Mitglieder der evangelikalen Hausgemeindebewegung „Jesus
Only“ festgenommen und ihre Häuser durchsucht; ihnen wurden Missionierungsaktivitäten und Handlungen
gegen die nationale Sicherheit des Iran vorgeworfen (vgl. zum Ganzen Svec, Eine Auswertung internationaler
Quellen, Asylmagazin 4/2007, 10 ff.). Diese für Apostaten und Christen im Iran verschärfte Situation kommt
auch darin zum Ausdruck, dass der Iran in den Jahren 2006 und 2007 an dritter Stelle auf dem
Weltverfolgungsindex des christlichen Hilfswerks „Open Doors“ stand (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom
24.03.2006).
29 Nach Einschätzung der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. Christen und Christinnen im Iran vom
18.10.2005) werden die Mitglieder evangelikaler Gemeinden gezwungen, Mitgliedsausweise bei sich zu tragen.
Zusammenkünfte seien nur sonntags erlaubt und teilweise würden die Anwesenden von Sicherheitskräften
überprüft. Die Kirchenführer seien aufgefordert, vor jeder Aufnahme von Gläubigen das Informationsministerium
und die islamische Führung zu benachrichtigen. Kirchenoffizielle müssten ferner Erklärungen unterschreiben,
dass ihre Kirchen weder Muslime bekehrten noch diesen Zugang in die Gottesdienste gewährten. Konvertiten
würden, sobald der Übertritt Behörden bekannt werde, zum Informationsministerium zitiert, wo sie scharf
verwarnt würden. Durch diese Maßnahmen solle muslimischen Iranern der Zugang zu den evangelikalen
Gruppierungen versperrt werden. Sollten Konvertiten weiter in der Öffentlichkeit auffallen, beispielsweise durch
Besuche von Gottesdiensten, Missionsaktivitäten oder ähnlichem, könnten sie mit Hilfe konstruierter Vorwürfe
wie Spionage, Aktivitäten illegaler Gruppen oder anderen Gründen vor Gericht gestellt werden. Als Beispiel
solcher staatlicher Willkür wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a.a.O.) der Fall des bereits 1980
konvertierten Moslems Pourmand angeführt. Er wurde - wie bereits dargelegt - anlässlich der Zusammenkunft
in Karadj im Sommer 2004 verhaftet und später wegen Handlungen gegen die nationale Sicherheit und wegen
Verschleierung der Religionszugehörigkeit angeklagt. Trotz entlastender Beweise wurde er zu drei Jahren Haft
verurteilt. Gerichtsangestellte äußerten im Februar 2005, dass Pourmand Angehöriger einer Untergrundkirche
sei, durch welche viele Muslime zum Christentum konvertiert seien. Der Sprecher der iranischen Justiz gab
demgegenüber im Mai 2005 an, Pourmand sei wegen Mitgliedschaft in einer politischen Gruppierung während
seiner Armeezeit bestraft worden. Nach Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a.a.O.) werden darüber
hinaus in neuerer Zeit mehrfach protestantisch-freikirchliche Treffen aufgelöst mit der Begründung, es handele
sich um politische illegale Gruppierungen. Konvertiten seien wegen der Vermutung einer regimekritischen
Haltung in erhöhtem Maße gefährdet. Schließlich seien fanatische muslimische Familienangehörige ein
Risikofaktor, da sie den Übertritt als Hochverrat, Staatsverrat bzw. Abfall von der eigenen Sippe und vom
eigenen Stamm sähen und es daher häufig zu Anzeigen an die iranischen Sicherheitsbehörden komme, die
schwere körperliche Misshandlungen und unter Umständen längere Verhaftungen zur Folge haben könnten.
30 In seinem Gutachten an das Verwaltungsgericht Mainz vom 29.02.2008 führt das Kompetenzzentrum Orient
Okzident Mainz, Geografisches Institut der Universität Mainz, aus, dass die Lage der evangelisch-
freikirchlichen Gemeinden im Iran prekär sei. Sie stünden unter strikter Überwachung der iranischen
Sicherheitsorgane und -behörden. Alle Gemeindemitglieder müssten mit Ausweisen ausgestattet werden, die
mit sich zu führen seien und von denen die iranischen Behörden Fotokopien einforderten. Die Behörden
erhielten Mitgliederlisten. Neuaufnahmen von Mitgliedern seien beim Ministerium für Information und islamische
Rechtsleitung zu beantragen. Die Versammlungsorte der Gemeinden und ihre Besucher würden kontrolliert.
Nach dem Amtsantritt von Präsident Ahmadinejad habe sich die Lage der Christen, insbesondere der
evangelikal-freikirchlichen, deutlich verschlechtert. Der Zugang zu Hauskirchen oder hauskirchlichen Kreisen
sei mindestens stark erschwert, wahrscheinlich schlicht unmöglich. Denn ein Outen als Christ sei in der
derzeitigen Lage im Iran extrem gefährlich. In den familiären Netzwerken lasse sich eine Konversion, sobald
sie bekannt geworden sei, kaum verbergen und werde von daher immer nach außen dringen. Anzeigen und
Verfolgungen bis hin zur Tötung seien innerhalb einer Familie recht wahrscheinlich. Konvertiten im Iran könnten
ihren christlichen Glauben nicht zeigen und bekennen. Sie hätten größte Schwierigkeiten, sich mit
Glaubensgenossen auch in Privathäusern zusammenzufinden.
31 Nach dem Gutachten von Brocks vom 05.06.2008 an VGH Kassel ist die Toleranz gegenüber den freikirchlich-
evangelikalen Christen tendenziell kleiner geworden. Besonders die Hauskirchen-Szene scheine stark oder
stärker in Bedrängnis gekommen zu sein. Das innenpolitische Klima gegenüber Konvertiten persischer
Volkszugehörigkeit sei äußerst ungünstig und feindlich geworden. Seit dem Jahr 2004 habe es eine signifikante
Zunahme von Verhaftungen christlich-freikirchlicher Iraner im Iran gegeben. Der Gesetzentwurf, der die
Aufnahme des Straftatbestandes der Apostasie in das kodifizierte iranische Strafgesetzbuch zum Gegenstand
habe, zeige, dass die Hauskirchen-Szene und die frei-evangelikale Szene im Iran zu einem "Ärgernis"
geworden sei.
32 Auch das Auswärtige Amt räumt im aktuellen Lagebericht vom 18.03.2008 ein, dass Mitglieder der religiösen
Minderheiten, denen zum Christentum konvertierte Muslime angehörten, staatlichen Repressionen ausgesetzt
sein könnten.
33 Bei dieser Auskunftslage ist für das Gericht beachtlich wahrscheinlich, dass ein in Deutschland zum
Christentum konvertierter iranischer Staatsbürger im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland seinen
christlichen Glauben in den durch das religiöse Existenzminimum bestimmten Grenzen nicht leben könnte. Die
Dichte der Hausgemeinschaften ist angesichts der Diaspora-Situation der christlichen Gemeinden sehr gering,
so dass das Gericht bereits nicht zu erkennen vermag, auf welchem Weg der Kläger eine Hausgemeinschaft
finden könnte. Zudem schotten sich die freikirchlichen Gemeinden im Iran aufgrund des verschärften Drucks
stärker nach außen hin ab und vermeiden es aus Sorge um die eigene Sicherheit, neue Mitglieder
aufzunehmen oder Interessenten über die bestehenden Aktivitäten zu informieren. Für die freikirchlichen
Gemeinden liegt zudem auf der Hand, dass es sich bei Interessenten um Spitzel handeln könnte, deren
Angaben sie der Gefahr staatlicher Verfahren wegen verbotener Missionierung aussetzen könnten (vgl. auch
VG Magdeburg, Urt. v. 06.12.2004 - 8 A 36/04. MD). Kann der Kläger somit mit beachtlicher
Wahrscheinlichkeit weder seinen christlichen Glauben im häuslich-privaten Bereich leben noch im häuslich-
privaten nachbarschaftlich-kommunikativen Bereich seinen christlichen Glauben bekennen, so ist das religiöse
Existenzminimum nicht gewährleistet. Dies begründet ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V.
m. Art. 9 EMRK.
34 Der Kläger hat auch in der mehrstündigen Anhörung durch das Bundesamt glaubhaft und lebensnah dargelegt,
wie er Christ geworden ist und warum er sich am 11.11.2006 hat taufen lassen. Bei dieser Anhörung hat er
auch ausführlich von seinem aktiven Gemeindeleben berichtet. Der Kläger hat weiter überzeugend dargelegt,
weshalb er sich vom Islam ab- und der christlichen Religion zugewandt hat. Das Gericht ist deshalb der
Überzeugung, dass die Konversion des Klägers auf einer glaubhaften Zuwendung zum christlichen Glauben im
Sinne einer ernsthaften Gewissensentscheidung, auf einem ernstgemeinten religiösen Einstellungswandel mit
einer identitätsprägenden festen Überzeugung und nicht lediglich auf bloßen Opportunitätsgründen beruht. Dies
hat das Bundesamt auch nicht in Abrede gestellt.
35 Da nach allem das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 9 EMRK vorliegt, ist die
Prüfung eines weiteren Abschiebungsverbots nicht mehr erforderlich. Denn nach der seit Inkrafttreten des
Aufenthaltsgesetzes zum 01.01.2005 bestehenden Gleichbehandlung der Abschiebungsverbote des § 60 Abs.
2 bis 7 AufenthG in § 25 Abs. 3 und § 59 Abs. 3 AufenthG besteht kein Rangverhältnis mehr zwischen den
Abschiebungsverboten (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 26.06.2007, InfAuslR 2007, 405).
36 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.