Urteil des VG Stuttgart vom 02.02.2010
VG Stuttgart (schüler, eltern, jugend und sport, höhe, baden, württemberg, schulgeld, gebühr, einkommen, genehmigung)
VG Stuttgart Urteil vom 2.2.2010, 13 K 3238/09
Voraussetzungen der Genehmigung einer Ersatzschule
Leitsätze
Zum Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG als Voraussetzung der Genehmigung einer Ersatzschule
(Ableitung des höchstzulässigen durchschnittlichen monatlichen Schulgeldes)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, ist Trägerin von beruflichen Ersatzschulen, die sich vornehmlich dem
gestalterisch-kreativen Bereich widmen. Die Klägerin beantragte am 09.04.2009 beim Regierungspräsidium
Stuttgart die Genehmigung für ein neu gegründetes Berufskolleg für Technische Dokumentation mit Sitz in ....
Im Genehmigungsantrag war angegeben, die schulische Grundgebühr betrage jährlich 1.800,00 EUR, die
Gebühr für zusätzliche Aufwendungen (z. B. Medien- und Werkstattnutzung) jährlich 1.800,00 EUR.
2
Mit Bescheid vom 22.07.2009 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag ab und führte zur
Begründung u. a. aus: Nach § 5 Abs. 1 a des Privatschulgesetzes (PschG) sei die Genehmigung zu erteilen,
wenn die Schule - u. a. - in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den bestehenden
öffentlichen Schulen zurückstehe und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern
nicht gefördert werde. Bei einigen der von der Klägerin mitgeteilten Lehrkräfte seien die Anforderungen nach § 5
Abs. 3 PSchG nicht erfüllt. Es bestünden darüber hinaus Bedenken, ob dem Sonderungsverbot in
ausreichendem Maße Rechnung getragen worden sei. Zwar wäre das als „schulische Grundgebühr“
bezeichnete Schulgeld bei Gebührenerleichterungen für wirtschaftlich schlechter gestellte Schüler/-innen noch
in dem von der Rechtsprechung gesteckten Rahmen. Es sei jedoch unklar, was unter „Gebühr für zusätzliche
Aufwendungen (z. B. für Medien- und Werkstattnutzungen) gemeint sei. Sollte damit ein Entgelt für die von der
Schulung zur Verfügung gestellten Einrichtungen und Lehrmittel gemeint sein, wäre dies als „verkapptes
Schulgeld“ anzusehen und der Gesamtbetrag würde eine Höhe erreichen, die gegen das Sonderungsverbot
verstoße.
3
Am 24.08.2009 hat die Klägerin Klage erhoben und gleichzeitig beantragt, ihr im Wege der einstweiligen
Anordnung zu gestatten, den Betrieb des Berufskollegs für technische Kommunikation für das Schuljahr
2009/2010 aufzunehmen. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist von den Beteiligten in der
Hauptsache für erledigt erklärt worden, nachdem das Regierungspräsidium Stuttgart der Klägerin eine bis zum
31.07.2011 befristete Genehmigung zur Aufnahme des Schulbetriebs erteilt hat (vgl. Bescheid des
Regierungspräsidiums Stuttgart - Schule und Bildung - vom 02.11.2009).
4
Mit Schreiben vom 28.08.09 hat die Klägerin dem Regierungspräsidium Stuttgart eine Gebührenordnung
vorgelegt, die sowohl für bestehende Schulverträge im Wege der Vertragsänderung den Schülern angeboten
werde als auch Bestandteil künftiger Angebote auf Abschluss der Schulverträge sei. Die vorgelegte
Gebührenordnung sieht eine Gebührenstaffel vor, die u. a. für das Berufskolleg für Technische Kommunikation
... gilt. Als „Grundsatz“ wird hierin festgelegt: „Ausgehend von einer Normgebühr werden bei Schülern, die nach
ihren Einkommens- oder Vermögensverhältnissen nicht in der Lage sind, die Normgebühr in vollem Umfang zu
bestreiten, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen reduzierte Gebühren vereinbart.“. Nach der
Gebührenordnung wird die Höhe der Gebühr bei Vertragsschluss vereinbart. Treten die Voraussetzungen der
Vereinbarung einer reduzierten Gebühr nach Vertragsschluss ein oder entfallen diese, sind die Parteien zu
einer entsprechenden Änderung des Vertrages verpflichtet. Die Gewährung reduzierter Gebühren ist nach
Abschnitt A) 2. der Gebührenordnung von der Bedürftigkeit des Schülers und von der Prognose des
Schulerfolgs abhängig. Die Bedürftigkeit des Schülers ist danach gegeben, wenn und solange der Schüler
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende oder Sozialgeld nach SGB II oder Ausbildungsförderung
nach dem BAföG oder Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII erhält. Die Prognose für den Schulerfolg
bestimmt sich einerseits nach den bisherigen Schulleistungen (Notendurchschnitt im maßgeblichen
Abschlusszeugnis von mindestens 2,5 in den Fächern Deutsch, Englisch, Mathematik bzw. ein
Notendurchschnitt im Versetzungszeugnis in Klasse 11 des Gymnasiums von mindestens 3,0 in den Fächern
Deutsch, Englisch und Mathematik) und dem Ergebnis eines Tests (Notendurchschnitt der drei Testklausuren
von mindestens 3,0) bzw. dem Ergebnis eine Kolloquiums (Notendurchschnitt in den Prüfungsfächern des
Kolloquiums von 2,0), andererseits, soweit Bedürftigkeit nach Vertragsschluss eintritt und mindestens ein
Halbjahreszeugnis vorliegt, im Wesentlichen nach dem Notendurchschnitt im letzten Halbjahreszeugnis. Zur
Berechnung der Höhe der reduzierten Gebühren führt Abschnitt C) 10. der Gebührenordnung aus:
5
„Die reduzierten Gebühren sind wie folgt zu berechnen:
6
a) Im Falle des Bezugs von Leistungen nach dem BAföG oder nach dem SGB II belaufen sich die
reduzierten Gebühren monatlich auf den gesetzlichen Freibetrag vom Einkommen des Auszubildenden
für den Auszubildenden nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG abzüglich 20 %. Berechnungsbeispiel:
Gesetzlicher Freibetrag EUR 255,-- abzüglich 20 % = reduzierte Gebühr EUR 204,--.
7
Solange und soweit es dem Schüler nicht durch den Einsatz seiner Arbeitskraft möglich ist, den nach
Abs. 1 Satz 1 berechneten Betrag zu erwirtschaften, reduzieren sich die monatlichen Gebühren auf
den Betrag, den der Schüler durch Einsatz seiner Arbeitskraft oder seines Vermögens im Sinne von §
90 Abs. 2 SGB XII erwirtschaften kann.
8
b) Im Falle des Bezugs von Leistungen nach dem SGB XII belaufen sich die monatlichen Gebühren
auf EUR 75,--. Buchstabe a) Abs. 2 gilt entsprechend.
9
c) Dem Schüler kann eine weitere Reduzierung der Schulgebühren bewilligt werden, soweit dies zur
Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist.“
10 Die in den Schulverträgen festgelegte „Normgebühr“ beträgt nach Angabe der Klägerin 300,00 EUR.
11 Nach Vorlage der Gebührenordnung hat das beklagte Land in der Antragserwiderung vom 02.09.2009
(Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) zum Ausdruck gebracht, dass es die von der Klägerin vorgelegte
Gebührenordnung im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Sonderungsverbot nicht für ausreichend halte,
denn sie erlege den Empfängern von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zum
Bestreiten der Gebührenzahlung eine Hinzuverdienstpflicht auf, die notwendigerweise die Möglichkeit der
Konzentration auf die schulischen Erfordernisse mindere, setze aber gleichzeitig für eine Gebührenreduzierung
einen Schulerfolg voraus, der über das bloße Bestehen weit hinausgehe. Sie verkenne zudem, dass das
Sonderungsverbot einen anderen Zweck habe, als lediglich den Verbleib des Existenzminimums zu sichern.
Zur Obergrenze des durchschnittlichen monatlichen Schulgeldes je Schüler verweist das Regierungspräsidium
Stuttgart in dem genannten Schriftsatz auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-
Württemberg, der insbesondere in seinem Urteil vom 19.07.2005 die Erhebung eines durchschnittlichen
monatlichen Schuldgeldes bis zur Höhe von etwa 120,00 EUR ohne weiteres für verfassungsrechtlich
unbedenklich gehalten habe. Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport habe in seiner Antwort vom
29.07.2009 auf eine Landtagsanfrage für das Jahr 2008 ein durchschnittliches monatliches Schulgeld in Höhe
von 128,00 EUR je Schüler für zulässig gehalten. Soweit ersichtlich, gingen auch andere Bundesländer von
einem zulässigen Schulgeld in dieser Größenordnung aus.
12 Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Das beklagte Land verweise für die
Bestimmung der Obergrenze der Schulgebühren auf Summen, die in der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts bzw. des Bundesverwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg genannt worden
seien. Eine inhaltliche Begründung der Berechnung fehle. Die vom beklagten Land herangezogene Summe von
120,00 EUR, die der VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 19.07.2005 angeführt habe, könne nicht
als Obergrenze herangezogen werden. Im Rahmen des dortigen Rechtsstreits, bei dem die Höhe von
Zuschüssen streitgegenständlich gewesen sei, sei für den VGH entscheidend nur gewesen, dass die von der
dortigen Klägerin als überhöht bezeichneten Gebühren ohne Verstoß gegen das Sonderungsverbot verlangt
werden konnten und somit keine höhere als die vom VGH für zulässig gehaltene Deckungslücke habe
entstehen können. Dem VGH habe es in diesem Zusammenhang genügt, eine Höhe von Schulgebühren
festzustellen, die „ohne weiteres … verfassungsrechtlich unbedenklich“ sei. Auch das
Bundesverfassungsgericht habe die Höhe der verfassungsrechtlich zulässigen Schulgebühren nicht bestimmt.
Im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.03.1994 (1 BvR 682/88) werde, ohne die Unzulässigkeit
der Schulgebühren in Höhe von damals 170,00 bis 190,00 DM explizit festzustellen, lediglich ausgeführt, dass
nicht jeder sich dies leisten könne. Damit sei aber ein Verstoß gegen das Sonderungsverbot weder zwingend
verbunden noch sei er festgestellt worden. Das Kultusministerium habe sich in einer Antwort auf eine
parlamentarische Anfrage einer solchen Berechnung enthalten und lediglich auf die hier nicht anwendbaren
Summen aus der Rechtsprechung rekurriert.
13 Entscheidend für die Anwendung des Sonderungsverbots seien jedoch die jeweils konkret angesprochenen
Verkehrskreise. Da sich die Schulen der Klägerin an Jugendliche fortgeschrittenen Alters und Erwachsene
richteten, seien Hinzuverdienstmöglichkeiten zu berücksichtigen. Das beklagte Land verkenne, dass das
Sonderungsverbot nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nur die Gefahr einer Sonderung „nach den Besitzverhältnissen
der Eltern“ bekämpfe. Der Verfassungsgeber habe dabei ersichtlich einer Sonderung bei allgemein bildenden
Schulen mit vollzeitschulpflichtigen Kindern entgegenwirken und - so wörtlich das Bundesverfassungsgericht -
„Standes- oder Plutokratenschulen“ verhindern wollen. Es sei daher keineswegs ausgemacht, dass
Jugendliche oder gar Erwachsene vom Schutzbereich des Sonderungsverbots umfasst seien. Selbst wenn
man dies aber annähme, wäre jedenfalls dann kein Raum für die Anwendung des Sonderungsverbotes, wenn
Schüler nicht der Vollzeitschulpflicht unterlägen und erst recht nicht, wenn die Leistungsfähigkeit unabhängig
von den Eltern sichergestellt sei. Jedenfalls müsse bei der Auslegung des Sonderungsverbots der
zunehmenden Selbständigkeit der Schüler in ihrer Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen, gerade auch in
wirtschaftlicher Hinsicht, mit fortschreitendem Alter Rechnung getragen werden. Die Klägerin gehe im Übrigen
nicht von einer Berufstätigkeit der Schüler aus, sondern berücksichtige lediglich Einnahmen aus geringfügiger
Tätigkeit, wie sie etwa durch Ferienjobs oder durch Aushilfstätigkeiten an unterrichtsfreien Tagen oder in
unterrichtsfreien Zeiten zu erzielen seien. Auch werde von der Klägerin eine Hinzuverdienstpflicht nicht
begründet, sondern der Hinzuverdienst sei eine freiwilligen Leistung des Schülers, die er zum Bestreiten der
Schulgebühren erbringen könne. Schließlich werde die Konzentration auf die schulischen Erfordernisse - im
Gegensatz zur Annahme des Landes - nicht beeinträchtigt. Die von der Klägerin gewählte Gebührenregelung
knüpfe an die Vorgabe des beklagten Landes an, dass durch das Schulgeld das Existenzminimum
unangetastet bleibe. Das Existenzminimum sei entweder durch eigenes Vermögen bzw. Einkommen des
Schülers, durch Leistungen der Eltern oder durch BAföG oder sonstige Transferleistungen des Staates
gesichert. Schon durch die Ausbildungsförderung werde nicht nur das Existenzminimum, sondern auch ein
zusätzlicher Betrag in Höhe von 20 % gewährleistet. Es sei kein Grund ersichtlich, warum mit dieser Grundlage
nicht aus dem Hinzuverdienst des Schülers die Schulgebühren sollten bestritten werden können. Die in der
Gebührenregelung der Klägerin enthaltene Ermäßigung sei auch nicht an den Schulerfolg gebunden. Die
Annahme des beklagten Landes, die Klägerin setze in ihrer Gebührenordnung neben einer - nicht bestehenden -
„Hinzuverdienstpflicht“ gleichzeitig für eine Gebührenreduzierung einen Schulerfolg voraus, der über das bloße
Bestehen weit hinaus gehe, finde in der Gebührenordnung keine Stütze. Dort würden gerade keine
Anforderungen an den Schulerfolg gestellt, geschweige denn eine Gebührenreduzierung davon abhängig
gemacht oder gar Nachzahlungspflichten im Falle eines schulischen Misserfolgs begründet.
14 Die Klägerin beantragt,
15
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Schule und Bildung - vom 22.07.2009 aufzuheben
und das beklagte Land zu verpflichten, das private Berufskolleg für Technische Dokumentation der
Klägerin mit Sitz in ... zu genehmigen mit der Maßgabe, dass den Schülern die Änderung der bereits
abgeschlossenen Schulverträge unter Einbeziehung der Gebührenordnung laut Anlage K 13 zum
Schriftsatz vom 10.09.2009 angeboten wird und diese Gebührenordnung als Bestandteil zukünftig
abzuschließender Schulverträge den Schülern angeboten wird.
16 Der Beklagte beantragt,
17
die Klage abzuweisen.
18 Zur Begründung nimmt der Beklagte auf seine Ausführungen im Schriftsatz vom 02.09.2009 im Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes Bezug. Ergänzend trägt er vor: Die Beachtung des Sonderungsverbots sei eine
Genehmigungsvoraussetzung für eine Ersatzschule. Fehle einer der Genehmigungsvoraussetzungen, so
entfalle der Genehmigungsanspruch, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sogar die
Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens insgesamt. Das Sonderungsverbot solle gewährleisten, dass auch die
private Ersatzschule der Allgemeinheit offen stehe und damit der Integrationsfunktion des Schulwesens
Rechnung trage. Das ggf. erhobene Schulgeld dürfe nicht in dem Sinne überhöht sein, dass dadurch eine
Auswahl unter den Schülern nach sozialer Herkunft gefördert werde. Zu der Frage, wann ein Schulgeld als
„überhöht“ in diesem Sinne anzusehen sei, werde in der Literatur auf die Entscheidungen des
Bundesverfassungsgerichts ( z. B. BVerfGE 90, 107, 119 f.) und des VGH Baden-Württemberg Bezug
genommen. Der Hinweis auf die „Besitzverhältnisse der Eltern“ führe nicht zu einer Beschränkung des
Sonderungsverbots auf allgemeinbildende Schulen. Da es seinerzeit - wohl - kaum berufsbildende
Ersatzschulen gegeben habe, schon gar nicht in dieser Differenziertheit nach Schularten und -typen, habe der
Verfassungsgeber lediglich in der Formulierung auf die in erster Linie ins Auge fallende Fallgestaltung
abgehoben. Der oben dargestellte Zweck sei jedoch auch - vielleicht sogar gerade - auf berufsbildende Schulen
anwendbar, da die beruflichen Schularten Bildungswege neben dem herkömmlichen direkten Weg öffneten, die
oftmals von Schülern aus bildungsferneren oder finanziell schlechter gestellten Elternhäusern oder aus
Elternhäusern mit Migrationshintergrund beschritten würden. Die bildungs- und gesellschaftspolitische
Forderung nach Durchlässigkeit des Bildungswesens erfordere also gerade hier nicht überhöhte Schulgelder.
Auch eine Beschränkung auf schulpflichtige Schüler sei weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der
Vorschrift zu entnehmen.
19 In Erwiderung der Stellungnahme des Beklagten trägt die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.01.2010
insbesondere vor, wenn das Land behaupte, die Schulgebühren der Klägerin könnten eine Sonderung nach
Besitzverhältnissen fördern, blende es aus, dass die Sonderung der Schüler bereits stattgefunden habe, wenn
die Schüler sich zur Aufnahme bei der Klägerin meldeten. Das Land habe in der Klageerwiderung in der
Tendenz richtig ausgeführt, dass „die beruflichen Schularten Bildungswege neben dem herkömmlichen direkten
Weg eröffnen, die oftmals von Schülern aus bildungsferneren oder finanziell schlechter gestellten
Elternhäusern oder aus Elternhäusern mit Migrationshintergrund beschritten werden“. Die somit bereits
vorgefundene Sonderung nach sozialen Schichten könnten berufliche Privatschulen nicht korrigieren, so gering
ihre Schulgebühren auch sein mögen. Im Übrigen hätten sich die bei Schaffung des Grundgesetzes
herrschenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse grundlegend verändert. Auch die bildungsfernen
Schichten, typischerweise gerade Migranten, verfügten über finanzielle Mittel, die es ihnen gestatteten,
Bildungsdefizite durch Schulgebühren auszugleichen, wie sie von der Klägerin zugrundegelegt würden. Dies
habe die Klägerin bereits vorgetragen und nachgewiesen. Mit Schriftsatz vom 29.01.2010 hat die Klägerin in
Bezug auf den Anteil von Schülern, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten,
noch ausgeführt: In Heilbronn schwanke der Anteil der BAföG-Empfänger zwischen 44,45 % und 71,43 %.
Insgesamt empfingen in Heilbronn 53,57 % der Schüler Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz. In Stuttgart seien es 14,8 %.
20 Dem Gericht haben die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart vorgelegen; wegen weiterer
Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen. Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die im
Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
21 Die Klage ist als Verpflichtungsklage zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin hat auch nach Vorlage
ihrer neuen Gebührenordnung, die eine Gebührenstaffelung vorsieht, keinen Anspruch auf Genehmigung des
privaten Berufskollegs für Technische Dokumentation mit Sitz in ....
22 Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG bedürfen private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen der Genehmigung
des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG ist die Genehmigung zu
erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen
Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlicher Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler
nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG zuletzt genannte
Voraussetzung, das sogenannte Sonderungsverbot, ist danach eine Genehmigungsvoraussetzung. Bei einem
Verstoß gegen das Sonderungsverbot entfällt der Genehmigungsanspruch und nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts sogar die Genehmigungsfähigkeit der Ersatzschule insgesamt (vgl. BverfG, Urt. v.
08.04.1987, BverfGE 75, 40; zur abweichenden Auffassung - keine obligatorische Mindestvoraussetzung - vgl.
Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 7 GG, Abschn. 4. c). Die für die Genehmigung von Ersatzschulen
einschlägige landesrechtliche Norm, § 5 Abs. 1 a) des Privatschulgesetzes, wiederholt demgemäß nur den
Genehmigungstatbestand des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG. Das Bundesverfassungsgericht hat das
Genehmigungserfordernis, dass eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht
gefördert wird, dahingehend ausgelegt, dass die Ersatzschule in dem Sinne allgemein zugänglich sein muss,
dass sie grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Wirtschaftslage des Schülers und seiner Eltern besucht werden
kann. (BVerfG a.a.O.). Einige wenige Freiplätze oder Schulgeldstipendien in Ausnahmefällen für besonders
begabte oder besonders arme Kinder gewährleisten die allgemeine Zugänglichkeit in diesem Sinne nicht. Im
Beschluss vom 09.03.1994 (BVerfGE 90, 107, 111) hat das Bundesverfassungsgericht - bezogen wohl auf das
Jahr 1985 - festgestellt, dass ein Schulgeld in der Größenordnung von 170,00 bis 190,00 DM nicht von allen
Eltern bezahlt werden könne. Aus dieser Bemerkung des Bundesverfassungsgerichts hat der VGH Baden-
Württemberg in seinem Urteil vom 12.01.2000 - 9 S 317/98 - abgeleitet, dass, bezogen auf das Jahr 1986, ein
monatliches Schulgeld in Höhe von 130,00 DM als obere Grenze („Grenze des Hinnehmbaren“) anzusehen sei.
Der VGH Baden-Württemberg hat in derselben Entscheidung allerdings ausgeführt, dass es sich hierbei um
einen durchschnittlichen Wert handle. Dem Privatschulträger stehe frei, das tatsächlich erhobene Schulgeld
nach den Einkommensverhältnissen der Eltern zu staffeln. Ebenso könne er bei gleichzeitigem Schulbesuch
mehrerer Geschwister Nachlässe gewähren. Aus diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass eine
Gebührenstaffelung nach den Einkommensverhältnissen der Eltern zulässig ist, die bei erheblich höheren
Beträgen als dem vom VGH Baden-Württemberg angegebenen durchschnittlichen Wert enden kann, wenn nur
das durchschnittliche Schulgeld die angegebene Grenze nicht übersteigt. Schließlich hat der VGH Baden-
Württemberg a.a.O.) ausgeführt, bewege sich das tatsächlich erhobene Schulgeld für 1986 in einer
Schwankungsbreite von 100,-- bis 160,-- DM ( für 1992: 120,-- bis 180,-- DM) je Monat und Kind, sei das
„Sonderungsverbot“ noch nicht verletzt. In seiner Entscheidung vom 19.07.2005 - 9 S 47/03 - hat der VGH
Baden-Württemberg diese Betrachtung für die Jahre 2000 und 2005 fortgeführt. Hierbei hat er einerseits auf den
seitherigen weiteren Anstieg des Verbraucherpreisindex abgestellt, andererseits aber auch auf weitere
Faktoren, z. B. die steuerliche Absetzbarkeit des Schulgeldes als Sonderausgabe, Fördermöglichkeiten im
Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und sozialrechtliche Leistungsansprüche sowie die
kinderbezogenen Leistungen des Staates. Ausgehend hiervon hielt der VGH Baden-Württemberg (a.a.O.) für
das Jahr 2000 die Erhebung eines durchschnittlichen monatlichen Schulgeldes je Schüler bis zur Höhe von
220,-- DM (112,48 EUR) und für das Jahr 2005 bis zur Höhe von etwa 120,-- EUR „ohne weiteres für
verfassungsrechtlich unbedenklich“. Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Steigerung der
Lebenshaltungskosten ergibt sich hieraus, dass für den Zeitraum 2008/2009 ein durchschnittliches monatliches
Schulgeld in Höhe von ca. 130,-- EUR verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Hiervon geht ersichtlich auch das
Regierungspräsidium Stuttgart aus (vergleiche weiter die Stellungnahme des Ministeriums für Kultus, Jugend
und Sport, Landtagsdrucksache 14/4806: „durchschnittliches monatliches Schulgeld in Höhe von 128,00 EUR
je Schüler ohne Weiteres zulässig“). Unter Berücksichtigung der vom VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil
vom 12.01.2000 herangezogenen „Schwankungsbreite“ ergibt sich für die Kammer eine obere Grenze des -
durchschnittlichen - monatlichen Schulgelds in Höhe von ca. 150,00 EUR im Zeitraum 2008/ 2009.
23 Es ist der Kammer bewusst, dass diese Ableitung eines höchstzulässigen durchschnittlichen Schulgeldes
angreifbar ist. Auch der VGH Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 12.01.2000 (a.a.O.) eingeräumt,
dass es sich hierbei um eine teilweise willkürliche Grenzziehung handele. Es ist zuzugeben, dass die
erkennbare Basis dieser Rechtsprechung nur in der oben genannten Bemerkung in der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 09.03.1994 (a.a.O.) besteht. Auch hatte der VGH Baden-Württemberg in den
genannten Entscheidungen nicht über das Sonderungsverbot als Genehmigungsvoraussetzung für die
Genehmigung einer Ersatzschule, sondern nur im Rahmen von Klagen von Ersatzschulen auf staatliche
Förderung zu entscheiden. Dennoch ist es nach Ansicht der Kammer erlaubt, auf die Ausführungen des VGH
Baden-Württemberg zur Höhe eines noch verfassungsmäßigen Schulgeldes zurückzugreifen. Die Ableitung des
VGH Baden-Württemberg entspricht noch am ehesten den Anforderungen des Sonderungsverbotes des Art. 7
Abs. 4 Satz 3 GG, das - wie ausgeführt - vom Bundesverfassungsgericht dahingehend interpretiert wird, dass
die Privatschulen in dem Sinne allgemein zugänglich sein müssen, dass sie grundsätzlich ohne Rücksicht auf
die Wirtschaftslage des Schülers und seiner Eltern besucht werden können. Bei einem höchstzulässigen
durchschnittlichen monatlichen Schulgeld von ca. 150,00 EUR ist nach Ansicht der Kammer sichergestellt,
dass - bei entsprechender Schulgeldstaffelung - eine Privatschule grundsätzlich für nahezu alle
Bevölkerungskreise zugänglich ist. Ein wesentlich überzeugenderes Verfahren zur Festlegung der
Schulgeldobergrenze ist für die Kammer nicht ersichtlich. Insbesondere kann nach Auffassung der Kammer die
Einhaltung des Sonderungsverbotes nicht danach bestimmt werden, welcher Überschuss etwa zwischen dem
ausgabefähigen Einkommen für einen Vier-Personen-Haushalt von Angestellten und Arbeitern mit mittlerem
Einkommen und den durchschnittlichen tatsächlichen Ausgaben statistisch verbleibt (vgl. zu dieser
Rechnungsweise: BFH, Urt. v. 14.12.2004, Az.: XI R 66/03, veröffentlicht in: BB 2005, 1043). Denn die sich
danach ergebenden Ersparnisse bzw. Überschüsse sind lediglich statistische Durchschnittszahlen, die keine
Aussagen für die Belastbarkeit von Familien mit unterdurchschnittlichem Einkommen enthalten (vgl. die vom
Klägervertreter im Termin zu mündlichen Verhandlung vorgelegten statistischen Unterlagen). Im Übrigen ergibt
sich gerade aus der vom Klägervertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten „Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe - Einnahmen und Ausgaben privater Haushalte“ des Statistischen Bundesamts für
das Jahr 2003, dass die ermittelte Ersparnis bei Paaren mit ledigem Kind/ledigen Kindern unter 18 Jahren erst
ab einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von 2.600,00 bis 3.600,00 EUR einen Betrag erreicht, der ein
Schulgeld in Höhe von ca. 130,00 EUR im Monat als noch zumutbar erscheinen ließe.
24 Aus der genannten Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (vgl. insbesondere das Urteil vom
12.01.2000, a.a.O.) ergibt sich weiter, dass bei der Anwendung des verfassungsrechtlichen Sonderungsverbots
nicht nach dem Schultyp zu differenzieren ist; insbesondere kann nicht zwischen allgemeinbildenden Schulen
und beruflichen Schulen unterschieden werden. Der VGH Baden-Württemberg hat in dem genannten Urteil
(a.a.O.) ausdrücklich festgestellt, jedenfalls bei privaten beruflichen Vollzeitschulen scheide es aus, ein
höheres Schulgeld für zumutbar anzusehen. Dem Senat sei kein sachlicher Grund ersichtlich, der es
rechtfertigen könnte, Schüler (bzw. deren Eltern) von beruflichen Schulen stärker zu belasten als gleichaltrige
Schüler allgemeinbildender Schulen. Ein Differenzierungskriterium kann auch nicht sein, dass es sich bei den
Schülern berufsbildender Schulen, die - wie im Falle der Klägerin - regelmäßig den Realschulabschluss erreicht
haben, um Schüler handele, die nicht mehr im gleichen Maße von den Eltern abhängig seien wie Schüler, die
noch ihre Schulpflicht erfüllen. In der Regel erzielen auch diese Schüler kein eigenes Einkommen und bleiben
während ihrer Ausbildungszeit im Wesentlichen von den Eltern abhängig. Zwar mögen ältere Schüler über
vermehrte Möglichkeiten verfügen, ein eigenes Hinzuverdienst zu erzielen. Abgesehen davon, dass dies bei
Besuch einer Vollzeitschule - wie der von der Klägerin betriebenen Schule - nur eingeschränkt möglich ist,
würde auch ein Hinzuverdienst der Schüler nichts daran ändern, dass ein - am Sonderungsgebot gemessen -
überhöhtes Schulgeld eine soziale Sonderung der Schüler nach dem Besitz - bzw. Einkommensverhältnissen
der Eltern fördern würde.
25 Gemessen an dem oben dargelegten Maßstab steht die von der Klägerin vorgelegte Gebührenordnung mit dem
verfassungsrechtlichen Sonderungsverbot des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG nicht im Einklang. Zwar enthält die
Gebührenordnung eine Gebührenstaffel die von der Normgebühr von 300,00 EUR monatlich, wie sie in den von
der Klägerin abgeschlossenen Schulverträgen festgelegt wird, bis zum völligen Erlass des Schulgeldes reicht.
Diese Staffelung ist jedoch 1. verhältnismäßig wenig differenziert und knüpft 2. allenfalls mittelbar an die
Einkommensverhältnisse der Eltern der Schüler an. Reduzierte Gebühren werden danach nach der
Bedürftigkeit des S c h ü l e r s und nach der Prognose für den Schulerfolg gewährt. An das Einkommen der
Eltern wird mittelbar lediglich insoweit angeknüpft, als die Bedürftigkeit nach dem Kriterium der Gewährung von
Ausbildungsförderung nach dem BAföG bzw. nach der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB
XIII bestimmt wird. Im engeren Sinne findet eine Anknüpfung an die Einkommensverhältnisse der Eltern auch
nur insoweit statt, als auf den Empfang von Ausbildungsförderung nach dem BAföG abgestellt wird. Denn die
Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII knüpft nur über den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§
2 SGB XII) an die Einkommensverhältnisse der Eltern an, soweit diese noch unterhaltspflichtig sind. Im Falle
des Bezugs von Leistungen nach dem BAföG bzw. von Leistungen nach dem SGB II findet auch keine weitere
Differenzierung nach der Höhe dieser Leistungen, die - jedenfalls bei Leistungen nach dem BAföG - in der
Regel durch die Einkommensverhältnisse der Eltern bestimmt werden, statt, sondern es ergibt sich
grundsätzlich eine reduzierte Gebühr von 204,00 EUR, vgl. Abschn. C 10. a) der Gebührenordnung. Dieser
Betrag bestimmt sich nach der Gebührenordnung aufgrund des gesetzlichen Freibetrags vom Einkommen des
Auszubildenden für den Auszubildenden selbst nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 BAföG. Auch hier wird somit nicht an
das Einkommen der Eltern, sondern an das Einkommen des Auszubildenden, d. h. des Schülers, angeknüpft.
Eine weitere Reduzierung der Gebühren kommt nach Abschn. C. 10. a) der Gebührenordnung nur in Betracht,
solange und soweit es dem Schüler nicht durch Einsatz seiner Arbeitskraft möglich ist, den nach Abs. 1 Satz 1
berechneten Betrag, d. h. die reduzierte Gebühr von 204,00 EUR, zu erwirtschaften. Auch hier wird ersichtlich
nicht an die Einkommensverhältnisse der Eltern angeknüpft. Ebenso knüpft die in Abschnitt C 10.b)
vorgesehene Gebührenreduzierung nicht an die Einkommensverhältnisse der Eltern an.
26 Eine Staffelung, die - abgesehen vom Fall des Bezugs von Leistungen nach dem SGB XII - neben der
Normgebühr von 300,00 EUR im Wesentlichen lediglich eine reduzierte Gebührenstufe in Höhe von 204,00
EUR vorsieht (und eine weitere Staffelung nach unten an die Unmöglichkeit des Einsatzes der Arbeitskraft des
Schülers bzw. des Vermögenseinsatzes knüpft), stellt schon an und für sich keine ausreichende, sich an den
Einkommensverhältnissen der Eltern orientierende Staffelung des Schulgeldes dar. Dies wäre allerdings
unschädlich, wenn die monatliche Normgebühr von 300,00 EUR bzw. die reduzierte Gebühr von 204,00 EUR
schon für sich dem Sonderungsverbot genügen würden. Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich aus den oben
gemachten Ausführungen. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Gebührenstaffel nach der
vorgelegten Gebührenordnung noch in zureichender Weise an die Einkommensverhältnisse der Eltern anknüpft
- was nach den obigen Ausführungen nicht der Fall ist -, ergäbe sich auch unter Berücksichtigung der nur von
einem geringen Teil der Schüler in Anspruch zu nehmenden weiteren Gebührenreduzierungen eine
durchschnittliche Schulgebühr, die erheblich über dem von der Kammer angenommenen Wert von 150,00 EUR
monatlich liegt. Nach Mitteilung der Klägerin im Schriftsatz vom 29.01.2010 empfangen in Heilbronn 53,57 %
der Schüler Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Der Anteil von Empfängern von
Leistungen nach dem SGB II kann auch nach Einschätzung der Klägerin vernachlässigt werden. Selbst wenn
man den Schwund an reduzierungsberechtigten Schülern nicht berücksichtigen würde, der durch die von der
Gebührenordnung vorgesehenen Prognose für den Schulerfolg eintritt, ergäbe sich unter der Berücksichtigung
der Tatsache, dass nahezu die Hälfte der Schüler danach die Normgebühr von 300,00 EUR im Monat bezahlen
müsste, eine durchschnittliche Gebühr im Bereich von 230,00 - 250,00 EUR. Diese durchschnittliche
monatliche Schulgebühr läge weit über dem noch hinnehmbaren Wert von durchschnittlich 150,00 EUR im
Monat. Die nach der Gebührenordnung erhobene Durchschnittsgebühr würde sich auch nicht aufgrund der
Reduzierungsregelungen in Abschnitt C 10. b) und c) der Gebührenordnung wesentlich vermindern; denn diese
Fälle (Bezug von Leistungen nach dem SGB XII bzw. weitere Reduzierungen der Schulgebühren zur
Vermeidung unbilliger Härten) dürften eher seltene Ausnahmen darstellen. Dasselbe dürfte für Schüler gelten,
die eine weitere Reduzierung durch den Nachweis erreichen wollen, dass es ihnen nicht durch Einsatz ihrer
Arbeitskraft möglich ist, die reduzierte Gebühr von 204,00 EUR monatlich zu erwirtschaften. Denn nach
Abschn. B 3. b) v. der Gebührenordnung wird für diesen Nachweis die Vorlage eines Gutachtens des
Medizinischen Dienstes der Krankenkassen verlangt, in dem bescheinigt wird, in welchem Zeitraum und
Umfang dem Schüler der Einsatz seiner Arbeitskraft zur Erwirtschaftung der reduzierten Gebühren im Sinne
von Ziffer 10 Abs. 1 nicht möglich ist. Es muss sich sonach um den Fall einer gesundheitlich bedingten
Arbeitsunfähigkeit handeln, ein Fall, der eher selten vorkommen dürfte.
27 Es kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben, ob während der Gründungsphase einer Privatschule bis zum
Einsetzen staatlicher Förderung eine vorübergehende Anhebung des Schulgeldes über das zulässige Maß
hinaus angesichts des Sonderungsverbots rechtlich zulässig ist; diese Möglichkeit wird im Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12.01.2000 (a.a.O., RdNr. 109) als Vorstellung des
Gesetzgebers - ohne rechtliche Bewertung - erwähnt. Denn die Gebührenordnung der Klägerin enthält keinen
Hinweis darauf, dass die Erhebung der Normgebühr in Höhe von 300,00 EUR monatlich bzw. die Erhebung der
reduzierten Gebühr von 204,00 EUR monatlich nur für eine Übergangszeit vorgesehen ist.
28 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
29 Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gemäß §§ 124 a Abs. 1
Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO liegen nicht vor.
30
Beschluss vom 2. Februar 2010
31 Der Wert des Streitgegenstands wird gemäß den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 1 GKG auf
30.000,00 EUR
(vgl. Nr. 38.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).