Urteil des VG Stuttgart vom 13.03.2014

VG Stuttgart: verfügung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, verwaltungsakt, bodenschutz, gebot der erforderlichkeit, treu und glauben, aufschiebende wirkung, systematische auslegung

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 13.3.2014, 10 S 2210/12
Leitsätze
1. Zwar stellen unselbständige Verfahrenshandlungen wie die behördliche Aufforderung zur
Mitwirkung mangels Regelungswirkung grundsätzlich keinen Verwaltungsakt dar; anderes kann
namentlich im Fall behördlicher Datenerhebungen gelten, wenn eine verbindliche Entscheidung
über deren Umfang getroffen wird und sie unmittelbar den Rechtskreis des Bürgers berühren.
2. Bei der bodenschutzrechtlichen Störerauswahl auf der Primärebene hat sich die Behörde in
erster Linie von dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr unter Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes leiten zu lassen (Anschluss an Senatsurteil vom 18.12.2012 -
10 S 744/12 - VBlBW 2013, 189). Dies schließt es jedoch nicht aus, daneben auch andere
Gesichtspunkte wie etwa die gerechte Lastenverteilung unter den einzelnen
Sanierungspflichtigen und in diesem Rahmen die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
eines Störers in die Ermessenserwägungen einzustellen. Die Behörde hat auch in diesem Fall
ihre Ermessensentscheidung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage zu treffen und darf
von der Leistungsunfähigkeit eines Betroffenen nicht ohne nähere Überprüfung ausgehen.
3. Die Bodenschutzbehörde ist auf der Grundlage des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG nicht nur
zur Erhebung grundstücksbezogener Daten berechtigt, sondern kann auch Informationen und
Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen eines potentiell Sanierungspflichtigen
erheben, sofern dies im Einzelfall zu einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung erforderlich
ist. Der darin liegende Eingriff in das grundrechtlich garantierte Recht auf informationelle
Selbstbestimmung erfolgt auf einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage und ist
materiell gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. April 2012
- 6 K 3427/11 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Die Beteiligten streiten über die dem Kläger durch die Bodenschutz- und Altlastenbehörde
auferlegte Verpflichtung, seine persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse
anhand von Unterlagen nachzuweisen.
2 Der Kläger betrieb von 1969 bis 1995 auf dem Grundstück ...... (...) in ..., welches nicht in
seinem Eigentum stand, eine chemische Reinigung. Auf diesem Grundstück wurde im
Jahre 2003 im Rahmen einer Gefahrverdachtserkundung eine hohe bis sehr hohe
Belastung der Bodenluft mit leichtflüchtigen, halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW)
sowie eine Grundwasserverunreinigung festgestellt. Das Landratsamt ... forderte mit einer
für sofort vollziehbar erklärten Verfügung vom 21.09.2009 den Grundstückseigentümer auf,
eine erweiterte Detailuntersuchung nach § 9 Abs. 2 BBodSchG durchzuführen. Mit
Beschluss vom 07.12.2009 (Az. 6 K 2978/09) stellte das Verwaltungsgericht Karlsruhe die
aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen diese Verfügung mit der Begründung
her, sie leide an einem Ermessensfehler, da die Auswahl des herangezogenen
Grundstückseigentümers als Störer allein auf der Erwägung beruhe, der weiter in Betracht
kommende Handlungsstörer - also der Kläger des gegenständlichen Verfahrens -sei
vermögenslos; der Kläger habe seine Vermögenslosigkeit stets nur behauptet, nicht
jedoch im erforderlichen Umfang nachgewiesen. Die Störerauswahl könne nicht lediglich
auf mehr oder weniger wahrscheinliche Erwartungen gestützt werden, sondern setze eine
Sachverhaltsermittlung durch die Behörde voraus. Daraufhin hob das Landratsamt am
18.12.2009 seine Verfügung vom 21.09.2009 auf.
3 Im Anschluss hieran hörte das Landratsamt den Kläger mit Schreiben vom 12.01.2010 als
weiteren möglichen Sanierungsverantwortlichen an und gab ihm Gelegenheit, sich zur der
beabsichtigten Entscheidung, insbesondere auch zu seinen aktuellen Finanz- und
Vermögensverhältnissen, bis zum 19.02.2010 zu äußern und diese durch Vorlage
beglaubigter Kopien nachzuweisen. Nachdem eine Stellungnahme seitens des Klägers
ausblieb, wandte sich das Landratsamt mit Schreiben vom 26.02.2010 erneut an den
Kläger. In diesem Schreiben forderte das Landratsamt den Kläger „formell auf, die
Nachweise über Ihre aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse bis zum
17.03.2010 vorzulegen“. Die Behörde wies den Kläger darauf hin, dass die Verweigerung
der Vorlage der erforderlichen Unterlagen und Auskünfte eine Ordnungswidrigkeit nach §
17 LBodSchAG darstelle und mit einer Geldbuße bis zu 10.000,-- EUR geahndet werden
könne; bei Nichterfüllung der Auskunftspflicht werde ohne weitere Anhörung ein
Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet und ein angemessenes Bußgeld festgesetzt.
Hiergegen legte der Kläger am 17.03.2010 Widerspruch ein.
4 In der Folgezeit wurde tatsächlich ein Ordnungswidrigkeitenverfahren durchgeführt und
ein Bußgeld in Höhe von 1.000,-- EUR verhängt; der Bußgeldbescheid ist nach Aktenlage
noch nicht rechtskräftig. Am 06.09.2010, also noch vor Erlass eines
Widerspruchsbescheides, erließ das Landratsamt ... eine weitere Verfügung gegenüber
dem Kläger, mit der es ihn - anstelle des Grundstückseigentümers - als Pflichtigen zur
Durchführung der erweiterten Detailuntersuchung entsprechend § 9 Abs. 2 BBodSchG
heranzieht. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Störerauswahl nun auf den
Kläger gefallen sei, da er trotz mehrmaliger Aufforderung seine wahren Vermögens- und
Einkommensverhältnisse nicht offengelegt habe. Deshalb sei von seiner
Leistungsfähigkeit auszugehen, so dass die pflichtgemäße Ermessensausübung zu einer
Heranziehung des Klägers als Verursacher der Bodenverunreinigung führe.
5 Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2011 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den
Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus,
der Widerspruch sei zwar zulässig, er bleibe jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das
Schreiben vom 26.02.2010 stelle einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 LVwVfG dar,
insbesondere komme ihm Regelungswirkung zu. Die Bodenschutzbehörde habe ihr
Auskunftsverlangen in nicht zu beanstandender Weise auf die Rechtsgrundlage des § 3
Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG gestützt, die eine Verpflichtung zur Erteilung der erforderlichen
Auskünfte statuiere. Hiervon sei auch die Vorlage von Nachweisen hinsichtlich der
Einkommens- und Vermögensverhältnissen einer als Sanierungspflichtiger in Betracht
kommenden Person erfasst. Die Kenntnis dieser persönlichen Verhältnisse sei für die
Bodenschutzbehörde zur Ausübung des Ermessens erforderlich. Im Rahmen der
Störerauswahl sei insbesondere der Aspekt der effektiven Gefahrenabwehr zu
berücksichtigen; für eine wirksame und zügige Gefahrenabwehr komme es auch auf die
finanzielle Leistungsfähigkeit eines zu verpflichtenden Störers an. Voraussetzung für eine
fehlerfreie Ermessensausübung sei in jedem Fall, dass die Behörde bei ihrem Handeln
von zutreffenden und vollständig ermittelten Tatsachen ausgehe; hierzu sei im
vorliegenden Fall die Kenntnis der Behörde von den finanziellen Verhältnissen der in
Betracht kommenden Störer erforderlich. Der zu erteilenden Auskunft seien Nachweise
über Einkommens- und Vermögensverhältnisse als beglaubigte Kopien beizufügen, bloße
Behauptungen reichten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe
nicht.
6 Der Kläger hat am 23.12.2011 Klage bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Zur
Begründung macht er im Wesentlichen geltend, die von der Behörde herangezogene
Bestimmung des § 3 Abs. 2 LBodSchAG stelle keine Rechtsgrundlage für die
aufgegebene Verpflichtung zur Glaubhaftmachung der Einkommens- und
Vermögensverhältnisse dar. Der Anwendungsbereich dieser Norm sei auf „sachliche“
Informationen zur Erfüllung der behördlichen Aufgabe begrenzt. Persönliche Angaben
potentiell Sanierungspflichtiger könnten nicht auf der Grundlage des § 3 Abs. 2
LBodSchAG gefordert werden. Er sei daher nicht verpflichtet, intime Daten - wie seine
persönlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse - gegenüber dem Umweltamt
preiszugeben. Die Bestimmung des § 3 Abs. 2 LBodSchAG sei nach dem Willen des
Gesetzgebers und aus verfassungsrechtlichen Gründen einschränkend auszulegen.
Sowohl den Gesetzesmaterialien zu der streitgegenständlichen baden-württembergischen
Norm als auch den Gesetzesmaterialien anderer Bundesländer zu identischen Normen
wie etwa der in Schleswig-Holstein gültigen sei zu entnehmen, dass der Gesetzgeber
lediglich an die Erteilung sachlicher, vor allem grundstücksbezogener Informationen
gedacht habe. Werde § 3 Abs. 2 LBodSchAG nicht teleologisch reduziert ausgelegt, sei
die gesamte Norm aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 20 Abs. 3 und Art. 1 Abs. 1 GG
nichtig. Im Übrigen sei die Kenntnis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse für die
Aufgabenerfüllung der Umweltbehörde überhaupt nicht erforderlich; bei Nichterteilung der
Auskunft könne sie ohne Weiteres von der Leistungsfähigkeit des in Anspruch
genommenen Sanierungsverantwortlichen auszugehen.
7 Mit Urteil vom 03.04.2012 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage als
unbegründet abgewiesen. Die Klage sei als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt.
VwGO statthaft, da es sich bei dem behördlichen Schreiben vom 26.02.2010 um einen
Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG handele. Mit dieser förmlichen
Aufforderung stelle das Landratsamt bindend fest, in welchem Umfang der Kläger
Informationen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen habe;
durch die Anordnung werde das Rechtsverhältnis zwischen Behörde und Betroffenem in
verbindlicher Weise geregelt. Der Verwaltungsakt habe sich auch nicht durch die am
06.09.2010 ergangene Verfügung auf andere Weise im Sinne von § 43 Abs. 2 LVwVfG
erledigt. Denn der mit der Verfügung vom 26.02.2010 erstrebte Regelungszweck, nämlich
die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers aufzuklären, um eine
ermessensfehlerfreie Störerauswahl treffen zu können, sei nach wie vor erreichbar. Die
Klage bleibe jedoch in der Sache ohne Erfolg, da die Behörde die Verfügung in
zutreffender Weise auf die Bestimmung des § 3 Abs. 2 LBodSchAG gestützt habe. Der
Kläger komme aufgrund von Tatsachen als Verursacher einer schädlichen
Bodenveränderung in Betracht. Die Bestimmung ermächtige die Bodenschutzbehörde zur
Erhebung sämtlicher Informationen, die zur sachgemäßen Aufgabenerfüllung erforderlich
seien. Hierzu könnten im Einzelfall auch Nachweise über die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse eines Verursachers einer schädlichen Bodenveränderung oder
Altlast gehören, soweit deren Kenntnis zur ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens
über die Störerheranziehung erforderlich sei. Im Rahmen der Störerauswahl dürfe die
Behörde im Hinblick auf eine effektive Gefahrenbeseitigung auch die finanzielle
Leistungsfähigkeit der möglichen Verantwortlichen mit einbeziehen. Für die vom Kläger
vorgeschlagene einschränkende Auslegung des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG ließen
sich der allein maßgeblichen baden-württembergischen Gesetzesbegründung keine
Anhaltspunkte entnehmen. Mit der vom Kläger gewählten Auslegung bzw. teleologischen
Reduktion der Norm dahingehend, dass lediglich sachliche Informationen erfasst seien,
würde der Regelungsgehalt weitestgehend leerlaufen, da der Bodenschutzbehörde
sachliche Informationen in aller Regel ohne weiteres bereits bekannt seien oder durch
fachtechnisches Personal ermittelt werden könnten. Dagegen bestehe für die Behörde
keine Möglichkeit, selbst Erkundigungen hinsichtlich der Einkommens- und
Vermögensverhältnisse eines potentiell Sanierungsverantwortlichen anzustellen. Die so
verstandene Bestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG verstoße weder gegen den
Bestimmtheitsgrundsatz noch gegen die grundrechtliche Garantie der allgemeinen
Handlungsfreiheit. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und zur Überlassung von
Unterlagen stelle ein geeignetes Mittel zur Erreichung des gesetzgeberischen Zieles dar,
eine rasche und sichere Beurteilung von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten
zu ermöglichen; ein hierzu gleich geeignetes, aber milderes Mittel sei nicht ersichtlich.
8 Mit Beschluss vom 09.11.2012 - dem Kläger zugestellt am 14.11.2012 - hat der Senat die
Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Mit einem per
Telefax am 11.12.2012 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger die Berufung unter
Stellung eines Antrags begründet. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger
seinen bisherigen Sachvortrag, wonach die Norm des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG einer
einschränkenden Auslegung bedürfe und lediglich dingliche Informationen, nicht jedoch
Auskünfte über Einkommens- und Vermögensverhältnisse, erfasse. Das
Verwaltungsgericht verkenne bei seiner Argumentation, dass sich § 3 Abs. 2 LBodSchAG
von vornherein nur auf sachliche Informationen beziehe. Dies ergebe sich unmittelbar aus
den Gesetzesmaterialien, wo ausschließlich Beispiele für sachliche Informationen
genannt würden. Die vom Verwaltungsgericht vorgeschlagene unangemessen weite
Auslegung führe dazu, dass die Behörde auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 1
LBodSchAG höchstpersönliche Daten von lediglich entfernt in Betracht kommenden
Sanierungsverantwortlichen erheben könne. Bei der vom Verwaltungsgericht für richtig
gehaltenen Auslegung stünden der Bodenschutzbehörde daher weitergehende
Kompetenzen als einer Steuerbehörde zu, ohne jedoch den Einschränkungen des
Abgabengeheimnisses zu unterliegen. Vergleichbare Datenerhebungskompetenzen auf
der Grundlage einer Generalermächtigung gebe es auch in anderen Rechtsgebieten nicht;
vielmehr seien im Bereich des Abgaben- und Sozialrechts gesetzliche Einschränkungen
normiert, um die Datenerhebung in Einklang mit rechtsstaatlichen Anforderungen zu
bringen. Schließlich sei die angefochtene Verfügung vom 26.02.2010 auch unabhängig
von der fehlenden Rechtsgrundlage rechtwidrig. Die Verfügung genüge nicht dem
Bestimmtheitsgrundsatz, da unklar bleibe, welche Nachweise die Behörde genau erwarte.
Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, woraus sich ein Anspruch auf die Vorlage von
beglaubigten Kopien ergeben solle; auch insoweit fehle es an einer
Ermächtigungsgrundlage. Die verfügte Verpflichtung zur Vorlage von Einkommens- und
Vermögensnachweisen verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, nachdem die Behörde
lediglich den Kläger, nicht jedoch den als Zustandsstörer in Betracht kommenden
Grundstückseigentümer mit einem Auskunftsverlangen in Anspruch genommen habe.
Schließlich sei die auferlegte Verpflichtung auch unverhältnismäßig. Die Kenntnis der
Einkommens- und Vermögensverhältnisse potentieller Störer sei bereits nicht für die
Aufgabenerfüllung der Bodenschutzbehörde erforderlich. Vielmehr dürfe die Behörde bei
der Störerauswahl grundsätzlich von der Leistungsfähigkeit der Beteiligten ausgehen; es
sei dann Sache des in Anspruch Genommenen, sich im Rahmen einer freien
Entscheidung auf seine Leistungsunfähigkeit zu berufen und diese dann nachzuweisen.
9 Der Kläger beantragt,
10 das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. April 2012 - 6 K 3427/11 - zu ändern
und den Bescheid des Landratsamts ... vom 26.02.2010 sowie den
Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.12.2011
aufzuheben.
11 Der Beklagte beantragt,
12 die Berufung zurückzuweisen.
13 Der Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts.
Zutreffend habe das Verwaltungsgericht im einzelnen näher dargelegt, dass die
Bestimmung des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG bei dem von dem Kläger vorgeschlagenen
Normverständnis weitgehend leerliefe. Denn die sachlichen Gegebenheiten in Bezug auf
Immobilien seien der Bodenschutzbehörde häufig bekannt oder für diese leicht ermittelbar;
von größerer Bedeutung für die behördliche Ausgabenerfüllung seien daher Auskünfte
über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse potentieller Sanierungsverant-
wortlicher. Das vom Verwaltungsgericht gefundene Auslegungsergebnis verletze den
Kläger nicht in seinen Grundrechten. Der vom Kläger geltend gemachte Verstoß gegen die
Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG liege ersichtlich nicht vor; der allein in
Betracht kommende Eingriff in den Auffangtatbestand des Art. 2 Abs. 1 GG sei
verhältnismäßig und gerechtfertigt. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und
Überlassung von Unterlagen sei geeignet, die legitimen Gemeinwohlbelange des
Bodenschutzes zu erreichen, ein gleich effektives milderes Mittel stehe der Behörde nicht
zur Verfügung. Fehl gehe die Annahme des Klägers, die Bodenschutzbehörde könne den
Betroffenen ohne die Preisgabe persönlicher Daten in Anspruch nehmen und ihm
überlassen, sich im Einzelfall auf seine finanzielle Leistungsunfähigkeit zu berufen. Zum
einen stelle das materielle Recht eine derartige Vermutungsregel bezüglich der
Leistungsfähigkeit nicht auf, zum anderen sei dieses Vorgehen aus Sicht der
Bodenschutzbehörde nicht gleichermaßen geeignet wie die Einholung konkreter
Auskünfte. Durch die vom Kläger vorgeschlagene Vorgehensweise sei nicht sichergestellt,
dass die Behörde die Kosten einer etwa vorgenommenen Ersatzvornahme erstattet
erhalte.
14 Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Verwaltungsgerichts sowie 1 Bd.
Behördenakten des Landratsamts ... und die Widerspruchsakte des Regierungspräsidiums
Karlsruhe vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf
und auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
15 Der Senat kann gemäß § 101 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO über die
Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich
hiermit einverstanden erklärt haben.
16 Die zulässige, insbesondere rechtzeitig unter Stellung eines Antrags begründete Berufung
des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die
Klage zulässig ist (dazu unter 1.), jedoch in der Sache ohne Erfolg bleibt (dazu unter 2.).
17 1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klage als
Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig
ist. Das Schreiben des Landratsamts ... vom 26.02.2010 stellt einen Verwaltungsakt dar
(dazu unter 1.1), der sich bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung
nicht erledigt hat (dazu unter 1.2).
18 1.1 Bei der im Schreiben des Landratsamts vom 26.02.2010 enthaltenen Aufforderung an
den Kläger, Nachweise über seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse
vorzulegen, handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 Satz 1 LVwVfG.
Für die Frage, ob eine Erklärung der Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, ist im
Rahmen einer Gesamtwürdigung neben dem Wortlaut und dem objektiven Erklärungswert
- insbesondere unter Berücksichtigung der Regelungsbefugnis der Behörde und dem
Regelungsgehalt - auf die äußere Form (z.B. Bezeichnung als Bescheid oder Verfügung)
sowie eine gegebenenfalls beigefügte bzw. fehlende Rechtsbehelfsbelehrung
abzustellen. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung kann ein Indiz gegen das
Vorliegen eines Verwaltungsaktes sein, schließt jedoch für sich allein das Vorliegen eines
Verwaltungsaktes nicht zwingend aus. Unklarheiten hinsichtlich der von der Behörde
gewählten Verwaltungsakt-Form gehen zu deren Lasten; bei Auslegungszweifeln ist bei
belastenden Verwaltungsakten das für den Betroffenen weniger belastende
Auslegungsergebnis vorzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 14.02.2012 - 10 S 1115/10 - DÖV
2012, 570; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.10.2009 - 2 S 1457/09 - VBlBW 2010,119).
19 Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Schreiben des Landratsamts vom 26.02.2010
als einseitig verbindliche Regelung anzusehen, obwohl es nicht als Bescheid bezeichnet
ist und ihm keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war. Wie das Verwaltungsgericht und
die Widerspruchsbehörde zutreffend ausgeführt haben, kommt der auferlegten
Verpflichtung Regelungswirkung zu. Eine Regelung ist anzunehmen, wenn die
Maßnahme der Behörde darauf gerichtet ist, eine verbindliche Rechtsfolge zu setzen, d.h.
wenn Rechte des Betroffenen unmittelbar begründet, geändert, aufgehoben, mit bindender
Wirkung festgestellt oder verneint werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.05.1987 - 7 C 83.84
-BVerwGE 77, 268). Zwar stellen unselbständige Verfahrenshandlungen wie die
Aufforderung zur Mitwirkung grundsätzlich keine Regelung dar, da sie eine solche
lediglich vorbereiten und das Verwaltungsverfahren durch sie nicht abgeschlossen wird
(vgl. hierzu näher Stuhlfauth in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 4. Aufl. 2014, Rn 62 ff.
zu § 35). Allerdings kann auch Vorbereitungsmaßnahmen ausnahmsweise eine
Verwaltungsaktqualität zukommen; dies ist namentlich dann der Fall, wenn behördliche
Datenerhebungen unmittelbar den Rechtskreis des Bürgers berühren und eine
verbindliche Entscheidung über deren Umfang getroffen wird (vgl. OVG NRW, Beschluss
vom 24.04.1990 - 8 A 1662/88 - NVwZ 1990, 1192; OLG Hamm, Beschluss vom
22.10.1992 - 3 Ss Owi 539/92 - NVwZ-RR 1993, 244). In diesem Fall muss nämlich die
Möglichkeit bestehen, bereits gegen die vorbereitende hoheitliche Maßnahme
verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Entsprechendes gilt in
dem hier vorliegenden Fall. Der Aufforderung kommt Regelungscharakter zu, weil über
den Umfang der geltend gemachten Auskunfts- und Vorlagepflicht entschieden wird,
mithin die Behörde entscheidet, worüber, in welchem Umfang und wie der in Anspruch
genommene potentielle Störer Auskunft zu erteilen hat. Es handelt sich somit um eine
gesetzeskonkretisierende Verfügung, mit der sich die aus § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG
ergebende Handlungspflicht verbindlich festgestellt und in Form eines Verwaltungsaktes
konkretisiert wird. Letzteres ist von Bedeutung, weil die Behörde nur einen den Einzelfall
regelnden Verwaltungsakt, nicht aber den allgemeinen gesetzlichen Befehl mit
Zwangsmitteln durchsetzen kann (vgl. Senatsurteil vom 31.05.2011 - 10 S 794/09 -
ESVGH 61, 246).
20 Unabhängig hiervon ist die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage bereits deshalb zu
bejahen, weil das Regierungspräsidium in seinem Widerspruchsbescheid die
Verwaltungsaktqualität der Maßnahme ausdrücklich anerkannt und der Entscheidung
damit die Gestalt eines Verwaltungsaktes gegeben hat. Aus dem Gebot des effektiven
Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) folgt, dass eine behördliche Entscheidung in der
Weise angegriffen werden kann, in der sie sich äußerlich für den Adressaten darstellt.
Qualifiziert die mit der Ausgangsbehörde nicht identische Widerspruchsbehörde im
Widerspruchsbescheid eine Regelung als Verwaltungsakt, ist gegen die so gestaltete
Maßnahme die Anfechtungsklage statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.06.1987 - 8 C
21.86 -BVerwGE 78, 3).
21 1.2 Dieser Verwaltungsakt hat sich auch nicht durch die Inanspruchnahme des Klägers als
Handlungsstörer mit Verfügung vom 06.09.2010 erledigt. Nach § 43 Abs. 2 LVwVfG bleibt
ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen,
anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Die
Erledigung eines Verwaltungsakts tritt ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche
Wirkungen zu entfalten oder wenn die ihm ursprünglich innewohnende
Steuerungsfunktion entfallen ist (BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 7 C 5.08 - NVwZ 2009,
122; Senatsbeschluss vom 25.01.2010 - 10 S 2701/09 - VBlBW 2010, 204). Dies ist
vorliegend nicht der Fall. Denn das Landratsamt leitet immer noch Rechtsfolgen aus
seiner Verfügung vom 26.02.2010 her. So begründet es die Entscheidung über die
Heranziehung des Klägers zu Maßnahmen nach § 9 Abs. 2 BBodSchG mit Bescheid vom
06.09.2010 ausdrücklich mit der Verletzung der aufgegebenen Pflicht aus dem
verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt. Zudem hat die Behörde ein
Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen nicht erfolgter Auskunftserteilung eingeleitet und
gegen den Kläger ein Bußgeld festgesetzt. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt
bildet nach wie vor die Grundlage des Auskunftsverlangens des Landesamts und kann
Gegenstand der Verwaltungsvollstreckung sein.
22 2. Die Klage bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die mit Bescheid vom 26.02.2010
ausgesprochene Verpflichtung des Klägers, Nachweise über seine aktuellen
Einkommens- und Vermögensverhältnisse vorzulegen, in Gestalt des
Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.12.2011 ist
rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass auf der
Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG auch die Erteilung von Auskünften über
persönliche Verhältnisse des potentiell Sanierungsverantwortlichen verlangt werden kann
(dazu unter 2.1). Gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 26.02.2010 bestehen nicht
die von dem Kläger geltend gemachten formellen und inhaltlichen Bedenken (dazu unter
2.2).
23 2.1 Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 des
Gesetzes zur Ausführung des Bundes-Bodenschutzgesetzes (Landes-Bodenschutz- und
Altlastengesetz - LBodSchAG - vom 14.12.2004 - GBl. 2004, 908) die tragende
Rechtsgrundlage für die Verfügung vom 26.02.2010 ist. Danach hat, wer aufgrund von
Tatsachen als Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast in Betracht
kommt, dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Eigentümer, der frühere Eigentümer und der
Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück der Bodenschutz- und
Altlastenbehörde und deren Beauftragten auf Verlangen Auskünfte zu erteilen und
Unterlagen vorzulegen, die diese zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Bundes-
Bodenschutzgesetz oder nach diesem Gesetz benötigen.
24 Die Auslegung anhand der klassischen Auslegungsmethoden ergibt, dass auch die von
der Behörde angeforderten Unterlagen solche im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG
sind. Für dieses auch vom Verwaltungsgericht vertretene Normverständnis spricht bereits
der Wortlaut von § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG (dazu unter 2.1.1). Entgegen der
Auffassung des Klägers ist eine abweichende restriktive Auslegung weder bei
systematischer Betrachtung (dazu unter 2.1.2) noch aufgrund der Gesetzesbegründung
(dazu unter 2.1.3) geboten. Für das hier vertretene Auslegungsergebnis spricht vor allem
auch der Sinn und Zweck der Bestimmung (dazu unter 2.1.4). Schließlich ist eine
Reduktion der Norm auch nicht erforderlich, um verfassungsrechtlichen Anforderungen,
insbesondere im Hinblick auf die Garantie der informationellen Selbstbestimmung gemäß
Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Genüge zu tun (dazu unter 2.1.5).
25 2.1.1 Bereits der Wortlaut von § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG spricht dafür, dass auch
Informationen und Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen eines potentiell
Sanierungsverantwortlichen auf der Grundlage dieser Bestimmung verlangt werden
können. In der Norm ist nämlich nur von Unterlagen die Rede, die die Bodenschutz- und
Altlastenbehörde „zur Erfüllung ihrer Aufgaben“ benötigt. Es handelt sich mithin um eine
(eingeschränkte) Generalklausel, wie sie der Gesetzgeber gerade im Bereich der
Gefahrenabwehr häufig verwendet. Teil der Aufgaben der Bodenschutzbehörde ist es
auch, im Rahmen der Ermessensausübung eine Entscheidung über die Heranziehung
mehrerer in Betracht kommender Pflichtigen für die diversen im Bundes-Bodenschutz-
gesetz vorgesehenen Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen zu treffen. Die fehlerfreie
Ausübung dieses Ermessens kann dabei auch Ermittlungen zu der finanziellen und
wirtschaftlichen Lage der in Betracht kommenden Sanierungspflichtigen voraussetzen. Für
das von dem Kläger vertretene Auslegungsergebnis, wonach lediglich „sachliche“
Informationen und entsprechende Unterlagen verlangt werden können, findet sich
jedenfalls im Wortlaut der Bestimmung kein Anhaltspunkt.
26 2.1.2 Entgegen der Auffassung der Berufung führt auch die systematische Auslegung zu
keinem eindeutigen Ergebnis. Wie der Kläger richtigerweise feststellt, werden in
vergleichbaren Eingriffsnormen, welche Behörden zur Datenerhebung ermächtigen, häufig
deutlich restriktivere Voraussetzungen normiert. Im vom Kläger angeführten Bereich des
Sozialrechts ermächtigt § 60 SGB I Sozialbehörden dazu, von den Antragstellern
Nachweise für ihre Bedürftigkeit und vergleichbare Unterlagen zu verlangen. In dieser
Norm wird auch ausdrücklich klargestellt, dass Unterlagen über die persönlichen
Verhältnisse des Antragstellers verlangt werden können. Richtig ist auch, dass der
Gesetzgeber mit der Normierung des Sozialgeheimnisses in § 35 SGB I besondere
Vorkehrungen hinsichtlich des Umgangs mit Sozialdaten geschaffen hat und dabei unter
anderem sicherstellt, dass diese Daten ausschließlich für die in diesem Gesetz genannten
Zwecke verwendet werden. Ähnliche Regelungen finden sich - worauf die Berufung
zutreffend hinweist - in steuer- und abgabenrechtlichen Vorschriften. Daraus lässt sich
jedoch nicht das von dem Kläger angeführte systematische Argument herleiten, dass in
allen anderen Fällen der staatlichen Eingriffsverwaltung kein weniger strenges
Regelungskonzept zulässig sei. Ansonsten wäre der Gesetzgeber stets an sein strengstes
Konzept für alle zukünftigen Normgebungen gebunden. Die gesetzesübergreifende
Systematik gibt mithin kein eindeutiges Auslegungsergebnis vor.
27 2.1.3 Schließlich bietet auch die Begründung der Landesregierung zum Entwurf eines
Gesetzes zur Ausführung des Bundes-Bodenschutzgesetzes und zur Änderung
abfallrechtlicher und wasserrechtlicher Vorschriften vom 20.10.2004 (LT-Drs. 13/3677, S. 1
ff.) keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass sich der Anwendungsbereich des § 3
Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG lediglich auf „sachliche“ Informationen und damit nicht auf
Angaben über Einkommens- und Vermögensverhältnisse bezieht. Zur Erläuterung des § 3
Abs. 2 und 3 LBodSchAG wird in der Begründung zum Gesetzentwurf ausgeführt, dass
den Behörden auch solche Informationen zugänglich sein müssten, welche sie nicht selbst
oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand beschaffen könnten (vgl. LT-Drs. 13/3677,
S. 29). Zur Qualität der Informationen oder inhaltlichen Einschränkungen schweigt die
Begründung. Es werden lediglich einzelne Beispiele wie die historische Erkundung und
die Änderung der Grundstücksnutzung und -bewirtschaftung genannt. Dem Kläger ist
deshalb zwar zuzugeben, dass die Begründung zu § 3 Abs. 2 und 3 LBodSchAG
vorrangig diejenigen Informationserhebungen im Blick hat, die er als „sachliche“
Informationen bezeichnet und nicht solche, welche die persönlichen Verhältnisse des
Pflichtigen betreffen. Der Senat vermag dem Schluss des Klägers, daraus lasse sich eine
Einschränkung auf die sachliche Qualität der vorzulegenden Informationen herleiten,
allerdings nicht zu folgen. Wie der Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, handelt es sich
bei den genannten Beispielen um „besonders augenfällige“, also solche, denen der
Gesetzgeber besondere Bedeutung zumisst. Daraus folgt aber nicht, dass andere
Bereiche damit einem Zugriff entzogen sind. Gerade bei der hier in Rede stehenden
Gefahrenabwehr wäre es schlicht nicht möglich, alle Bereiche, die von einer Befugnisnorm
erfasst werden, bereits im Rahmen der Gesetzesbegründung aufzuführen und zu
berücksichtigen. Gerade vor diesem Hintergrund hat sich der Gesetzgeber zur Schaffung
einer (eingeschränkten) Generalklausel unter Verwendung von unbestimmten
Rechtsbegriffen entschlossen. Trifft der Gesetzgeber aber die Entscheidung, unbestimmte
Rechtsbegriffe zu verwenden, um so eine Befugnisnorm für eine Vielzahl von
gefahrenabwehrrechtlichen Situationen zu schaffen, wäre es sinnwidrig, ihn gerade an
den in der Gesetzesbegründung aufgeführten Beispielen festzuhalten und den
Anwendungsbereich der Norm hierauf zu beschränken. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich
eine derartige Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 3 Abs. 2 Satz 1
LBodSchAG regeln wollen, hätte er diese Absicht deutlich gemacht, wie sich aus den
vorgenommenen Einschränkungen hinsichtlich der Beschaffungspflicht von Dritten ergibt.
Danach sind im Bereich der Amtsermittlung nach § 9 Abs. 1 BBodSchG und gegenüber
Dritten, welche nicht Pflichtige nach § 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 BBodSchG sind, nur
solche Auskünfte und Unterlagen pflichtgemäß vorzulegen, auf welche die Betroffenen
ohne Weiteres Zugriff haben, eine Beschaffungspflicht bei Dritten werde nicht begründet
(vgl. LT-Drs. 13/3677, S. 29). Hier zeigt sich anhand der Formulierung der klare
Ausnahmecharakter („nur“) und die Klarstellung der Grenzen des unbestimmten
Rechtsbegriffs („wird nicht begründet“). Ähnlich verhält es sich mit der Ausnahme für
Informationen, durch welche der Pflichtige sich oder nahe Angehörige in die Gefahr der
Strafverfolgung bringen würde (§ 3 Abs. 2 Satz 2 LBodSchAG). Diese tatsächlich vom
Gesetzgeber beabsichtigten Einschränkungen sind mithin als solche klar im Tatbestand
formuliert. Hinsichtlich der hier in Rede stehenden Frage der Qualität der Informationen
wird eine derartige ausdrückliche Einschränkung indes weder im Tatbestand noch in der
Gesetzesbegründung vorgenommen.
28 Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch die Betrachtung der Gesetzesmaterialien
zu verwandten Regelungen anderer Bundesländer zu keinem abweichenden
Auslegungsergebnis. Derartigen Gesetzesmaterialien kann insoweit nur eine indizielle
Bedeutung zukommen, da die Motive der Gesetzgeber anderer Bundesländer keinen
sicheren Rückschluss für die Auslegung des baden-württembergischen Gesetzes
ermöglicht. Ein Vergleich der Gesetzesbegründung zu wortgleichen (vgl. Niedersachsen,
§ 1 Abs. 1 NBodSchG) oder ähnlichen Formulierungen (vgl. Bayern, Art. 1 Satz 2
BayBodSchG; Berlin, § 2 Abs. 3 Bln BodSchG; Bremen, § 4 Abs. 1 BremBodSchG;
Hamburg, § 1 Abs. 2 und 3 HambBodSchG; Nordrhein-Westfalen, § 3 Abs. 1 LBodSchG;
Rheinland-Pfalz, § 5 Abs. 1 LBodSchG; Saarland, § 2 Abs. 1 SBodSchG; Sachsen, § 10
Abs. 2 SächsABG; Sachsen-Anhalt, § 3 BodSchAG LSA; Schleswig-Holstein, § 2 Abs. 1
LBodSchG; Thüringen, § 2 Abs. 3 ThürBodSchG) in den Ausführungsgesetzen anderer
Bundesländer zum Bundes-Bodenschutzgesetz bestätigt tendenziell das hier vertretene
Auslegungsergebnis. So statuiert die wortgleiche Regelung in § 1 Abs. 1 des
niedersächsischen Bodenschutzgesetzes (NBodSchG) laut der Gesetzesbegründung
ausdrücklich eine „umfassende Auskunftspflicht“, welche ebenfalls nur insoweit
eingeschränkt wird, als die Auskunft einer strafrechtlichen Selbstbezichtigung oder
Bezichtigung naher Angehöriger gleichkäme (vgl. LT-Drs. 14/380, Begründung zu § 1, S.
11). Eine weitergehende Eingrenzung wird nicht vorgenommen. Auch finden sich hier
keine besonders aufgelisteten Beispiele für den möglichen Inhalt eines
Auskunftsbegehrens. Eine solche umfassende Auskunftserteilung hat der jeweilige
Gesetzgeber auch in anderen Bundesländern mit ähnlich formulierten oder inhaltsgleichen
Voraussetzungen im Blick (vgl. etwa hinsichtlich Bayern, LT-Drs. 14/31, S. 11; Bremen,
LT-Drs. 15/1188, S. 13; Hamburg, LT-Drs. 16/4508, S. 8; Nordrhein-Westfalen, LT-Drs.
12/4475, S. 39; Sachsen-Anhalt, LT-Drs. 3/4909, S. 19; Schleswig-Holstein, LT-Drs.
15/1049, S. 26; Thüringer Landtagsdrucksache 3/3413, S. 14). Neben der Auskunftspflicht,
welche inhaltlich der in § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG Baden-Württemberg gleichkommt,
haben Hessen und Mecklenburg-Vorpommern darüber hinaus noch eine klarstellende
Regelung bezüglich Angaben zu Tatsachen, welche die Sanierungsverantwortlichkeit
oder die wirtschaftlichen Verhältnisse betreffen, aufgenommen. So heißt es wortgleich in §
4 Abs. 4 HAltBodSchG und § 2 Abs. 4 LBodSchG M-V, dass die Bodenschutzbehörde bei
Angaben über Tatsachen, welche die Sanierungsverantwortlichkeit oder die
wirtschaftlichen Verhältnisse des Sanierungspflichtigen betreffen, verlangen kann, dass
die Angaben durch eine Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht werden. Hieraus
kann indes nicht geschlossen werden, dass die Landesgesetzgeber damit eine spezielle
Ermächtigungsgrundlage gerade für die Vorlage von personenbezogenen Daten zur
Leistungsfähigkeit geschaffen haben und diese nötig sei, da die allgemeine Regelung zu
Auskünften nur die grundstücksbezogenen Daten erfasse. Diesem Schluss steht bereits
entgegen, dass ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 4 HAltBodschG und § 2
Abs. 4 LBodSchG M-V der Zweck dieser Regelungen allein darin besteht, die
Richtigkeitsgewähr der Auskünfte zu erhöhen, da die Abgabe falscher eidesstattlicher
Versicherungen einen Straftatbestand erfüllt (vgl. Hessen LT-Drs. 16/7240, S. 15 und
Mecklenburg-Vorpommern LT-Drs. 5/4169, S. 26). Durch diese Vorschriften soll nur die
Glaubhaftmachung durch eidesstattliche Versicherung genauer geregelt werden
(vergleichbar mit der Regelung des § 27 LVwVfG). Eine Ermächtigungsgrundlage für das
Auskunftsverlangen hinsichtlich persönlicher Daten wird in diesen gesonderten
Regelungen gerade nicht geschaffen. Dieses ist vielmehr von der allgemeinen und mit der
Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG Baden-Württemberg vergleichbaren Norm
des § 4 Abs. 1 Satz 2 HAltBodSchG und § 2 Abs. 1 Satz 2 LBodSchG M-V gedeckt. Laut
der hessischen Gesetzesbegründung räumt diese Regelung der Behörde ein
Auskunftsrecht ein, das nur durch die oben genannte Gefahr der strafrechtlichen
Selbstbezichtigung und das Kriterium, dass die Auskunft zur Aufgabenerfüllung nach dem
Bundes-Bodenschutzgesetz und nach diesem Gesetz „benötigt“ werde, eingeschränkt
wird (vgl. Hessen, LT-Drs. 16/7240, S. 14). Damit sind hier die gleichen Voraussetzungen
wie nach § 3 Abs. 2 LBodSchAG maßgeblich. Eine einschränkende Auslegung des
Tatbestands ist mithin auch nach dem Gesetzgeberwillen anderer Bundesländer nicht
geboten.
29 2.1.4 Entscheidend muss vor dem Hintergrund der im Ergebnis nicht vollständig
stringenten grammatischen und historischen Auslegung die Frage sein, welcher
Normzweck mit § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG verfolgt wird. Sinn und Zweck der Vorschrift
sprechen jedoch eindeutig dafür, auch die persönlichen Informationen unter die Norm zu
subsumieren. Der Kläger macht geltend, es sei eine teleologische Begrenzung des
Wortlauts dahingehend geboten, dass lediglich „sachliche“ Informationen auf dieser
Grundlage erlangt werden können. Dem ist indes nicht zuzustimmen. Telos des § 3 Abs. 2
LBodSchAG ist nämlich gerade, der Behörde die Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem
BundesBodenschutzgesetz zu ermöglichen und ihr die hierzu erforderlichen Instrumente
in die Hand zu geben. Zu diesen Aufgaben gehört es auch, bei mehreren in Betracht
kommenden Erkundungs- bzw. Sanierungspflichtigen im Rahmen der
Ermessensausübung eine sachgerechte Störerauswahl zu treffen. Fehl geht die Erwägung
des Klägers, hierzu seien Auskünfte über die persönlichen, insbesondere wirtschaftlichen
Verhältnisse eines Sanierungspflichtigen nicht zwingend notwendig.
30 Im Falle einer sogenannten Störermehrheit ist bei der behördlichen Auswahlentscheidung,
welcher Störer mit einer Verfügung herangezogen wird, zwischen der primären Ebene und
der sekundären Ebene zu unterscheiden; dabei sind die Auswahlkriterien nicht
notwendigerweise identisch (vgl. hierzu ausführlich Senatsurteil vom 18.12.2012 - 10 S
744/12 - VBlBW 2013, 189). Auf der hier in Rede stehenden primären Ebene geht es aus
einer ex ante-Sicht um die Gefahrenabwehr. Leitender Gesichtspunkt für die
Störerauswahl ist die Effektivität der Gefahrenabwehr; anzustreben ist die schnelle und
wirksame Gefahrenbeseitigung. Ein gesetzliches Rangverhältnis zur
gefahrenabwehrrechtlichen Heranziehung von Störern gibt es dabei grundsätzlich nicht.
Bei der Ausübung ihres Auswahlermessens hat sich die Behörde in erster Linie von dem
Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr unter Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes leiten zu lassen. Dies schließt nicht aus, dass daneben
auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden; dies kann z.B. die größere
Gefahrennähe eines der Störer sein. Ferner darf die Behörde bereits auf der Primärebene
den Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung berücksichtigen (vgl. zum Ganzen
Senatsurteile vom 24.01.2012 - 10 S 1476/11 - NVwZ-RR 2012, 387; sowie vom
30.04.1996 - 10 S 2163/95 - VBlBW 1996, 351). In diesem Rahmen darf auch die fehlende
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Sanierungspflichtigen in die
Ermessenserwägungen auf der Primärebene eingestellt werden (vgl. Senatsurteil vom
30.04.1996 - 10 S 2163/95 -, a.a.O.). Die Behörde hat ihre Ermessensentscheidung aber
auch insoweit auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage zu treffen und darf von der
Leistungsunfähigkeit eines Betroffenen nicht ohne nähere Überprüfung ausgehen (vgl.
VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 16.11.1992 - 1 S 2727/91 -, NVwZ-RR 1994, 52;
sowie vom 28.06.1989 - 5 S 721/88 -, VBlBW 1990, 31). Die Kenntnis der Einkommens-
und Vermögensverhältnisse der in Betracht kommenden Sanierungsverantwortlichen ist
für die Ermessensentscheidung der Bodenschutzbehörde mithin immer dann erforderlich,
wenn sie sich bei der Störerauswahl - nach dem oben Gesagten in zulässiger Weise - von
dem Gesichtspunkt der gerechten Lastenverteilung neben dem primären Gesichtspunkt
der Effektivität des behördlichen Handelns leiten lässt.
31 Fehl geht vor diesem Hintergrund die Auffassung des Klägers, die Bodenschutzbehörde
könne bei verweigerter Vorlage von Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen
eines Sanierungsverantwortlichen aufgrund nicht ordnungsgemäßer Mitwirkung zu seinen
Lasten davon ausgehen, er sei wirtschaftlich leistungsfähig, und ihn auf dieser Grundlage
als Störer in Anspruch nehmen. Dabei bedarf keiner abschließenden Klärung, ob und
gegebenenfalls unter welchen konkreten Voraussetzungen eine Behörde trotz ihrer
Amtsermittlungspflicht gemäß § 24 LVwVfG aufgrund unterbliebener Mitwirkung auf das
Vorliegen oder Nichtvorliegen bestimmter an sich aufzuklärender Umstände schließen
darf (vgl. hierzu näher Schenk in: Obermayer/Funke-Kaiser, a.a.O., Rn 140 zu § 24). Denn
eine effektive Aufgabenerfüllung wäre selbst dann nicht gewährleistet, wenn die
Bodenschutzbehörde grundsätzlich von der Leistungsfähigkeit der Beteiligten ausgehen
dürfte und es an ihnen läge, das Gegenteil durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen
nachzuweisen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Bodenschutzbehörde
dann Gefahr liefe, spätestens zum Zeitpunkt der Vollstreckung der Kosten einer etwaigen
Ersatzvornahme festzustellen, dass die Leistungsfähigkeit des für die Maßnahme
Herangezogenen tatsächlich nicht gegeben war.
32 2.1.5 Der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG ist auch unter
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht derart zu reduzieren, dass die Vorschrift nur
zur Anforderung von Nachweisen hinsichtlich sachlicher Informationen berechtigt. Zwar
stellt die Verpflichtung zur Vorlage von Unterlagen über Eigentums- und
Vermögensverhältnisse auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG einen
Eingriff in das grundrechtlich garantierte Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar
(dazu unter 2.1.5.1). Der Eingriff erfolgt indes auf einer ausreichenden gesetzlichen
Grundlage und steht auch sonst mit den materiellen Gewährleistungen des Grundgesetzes
im Einklang (dazu unter 2.1.5.2).
33 2.1.5.1 Die dem Kläger auferlegte Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften über seine
wirtschaftlichen Verhältnisse stellt sich als ein Eingriff in sein Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung dar. Das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG
geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt unter anderem die aus dem
Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst
zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte
offenbart werden, d.h. über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten
selbst zu bestimmen (Recht auf informationelle Selbstbestimmung). In dieses Recht wird
nicht nur eingegriffen, wenn der Staat von Einzelnen die Bekanntgabe persönlicher Daten
verlangt oder diese der automatisierten Datenverarbeitung zuführt. Das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung schützt vielmehr generell vor staatlicher Erhebung und
Verarbeitung personenbezogener Daten einschließlich staatlicher Datenübermittlung (vgl.
grundlegend BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1; Urteil
vom 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239; Kammerbeschluss vom 14.12.2000 -
2 BvR 1741/99 u.a. - BVerfGE 103, 21; BVerwG, Urteil vom 09.03.2005 - 6 C 3.04 - NJW
2005, 2330). Dabei sind unter personenbezogenen Daten Einzelangaben über
persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zu
verstehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - a.a.O. - unter Verweis
auf § 2 Abs. 1 BDSG a.F.), also alle Informationen über eine natürliche Person,
unabhängig davon, welcher Aspekt der Person angesprochen wird. Um Informationen
dieser Art handelt es sich bei den Unterlagen, die der Kläger der Bodenschutz- und
Altlastenbehörde vorlegen soll. Gerade die von dem Kläger geforderten Nachweise über
seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse stellen personenbezogene Daten eines
Einzelnen dar, die nicht zur allgemeinen Verbreitung bestimmt sind. Auch liegt ein Eingriff
in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor. Ein Eingriff in die Gewährleistung
des Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG liegt in jeder Form staatlicher Erhebung oder
Verarbeitung personenbezogener, auch manuell registrierter Daten, wobei die bloße
Kenntnisnahme genügt (vgl. näher Di Fabio in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, 66.
Ergänzungslieferung 2012, Rn 175 zu Art. 2 GG). Dementsprechend stellt auch die
vorliegende Verpflichtung zur Vorlage entsprechender Nachweise über die
wirtschaftlichen Verhältnisse einen Eingriff in das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung dar.
34 2.1.5.2 Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Eingriff in sein Recht auf
informationelle Selbstbestimmung im vorliegenden Fall gerechtfertigt. Das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung wird nicht schrankenlos gewährt. Der Einzelne muss
vielmehr Einschränkungen dieses Rechts im überwiegendem Allgemeininteresse
hinnehmen (vgl. BVerfGE, Urteile vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - a.a.O.; vom
15.12.1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361; sowie vom 03.03.2004 - 1 BvR 2378/98 -
BVerfGE 109, 279). Solche Beschränkungen bedürfen aber nach Art. 2 Abs. 1 GG einer
ausreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage und müssen dem Prinzip der
Verhältnismäßigkeit genügen. Außerdem hat der Gesetzgeber organisatorische und
verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des
Persönlichkeitsrechts entgegenwirken. Namentlich muss er sicherstellen, dass die
Verwendung personenbezogener Informationen nur zu einem Zweck erfolgt, der auch ihre
Erhebung rechtfertigen konnte oder könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.06.2004 - 3 C
41.03 - BVerwGE 121, 115, m.w.N.).
35 2.1.5.2.1 Die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG ist als Ermächtigungsgrundlage
für die Erhebung von Daten über die wirtschaftlichen Verhältnisse eines potentiell
Sanierungsverantwortlichen hinreichend bestimmt. Die so verstandene Vorschrift genügt
dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20
Abs. 3 GG herzuleitende Bestimmtheitsgebot verlangt vom Normgeber, die
Rechtsvorschriften so genau zu fassen, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden
Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfG, Urteil vom
17.11.1992 - 1 BvR 8/87 - BVerfGE 87, 234; Beschluss vom 18.05.2004 - 2 BvR 2374/99 -
BVerfGE 110, 370). Die Auslegungsbedürftigkeit einer Regelung nimmt ihr jedoch nicht
die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit. Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es
dem Gesetzgeber nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden.
Die Vielfalt der Verwaltungsaufgaben lässt sich nicht immer in klar umrissene Begriffe
einfangen. Der Gesetzgeber muss sich abstrakter und unbestimmter Formulierungen
bedienen können, um die Veraltungsbehörden in die Lage zu versetzen, den besonderen
Umständen des einzelnen Falles und den schnell wechselnden Situationen des Lebens
gerecht zu werden. Zwar darf der Gesetzgeber die Grenzziehung im einzelnen nicht
mittels einer vagen Generalklausel dem Ermessen der Verwaltung überlassen; an die
tatbestandliche Fixierung dürfen aber auch keine nach der konkreten Sachlage
unerfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Welche Anforderungen an das Ausmaß der
erforderlichen Bestimmtheit im Einzelfall zu stellen sind, lässt sich danach nicht allgemein
festlegen. Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt vielmehr
von der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbesondere auch davon, in welchem
Umfang der zu regelnde Sachverhalt einer genaueren begrifflichen Umschreibung
überhaupt zugänglich ist. Darüber hinaus ist auch auf die Intensität der Auswirkungen der
Regelung für den Betroffenen Bedacht zu nehmen. Je schwerwiegender die
Auswirkungen sind, desto höhere Anforderungen werden an die Bestimmtheit der
Ermächtigung zu stellen sein. Insoweit berührt sich das Bestimmtheitsgebot mit dem
Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der fordert, dass der Gesetzgeber
die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die den Freiheits- und
Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen, selbst festlegt und dies nicht dem
Handeln der Verwaltung überlässt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.01.1981 - 2 BvL 3/77,
9/77 -NJW 1981, 1311). Im Fall der Datenerhebung ist zur Wahrung der Bestimmtheit eine
aufgaben- und bereichsspezifische Regelung der Eingriffstatbestände zu gewährleisten
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.02.2007 - 1 BvR 2368/06 - DVBl. 2007, 497).
36 Gemessen hieran stellt die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG eine hinreichend
bestimmte Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung von Daten zu den persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen eines potentiell Sanierungsverantwortlichen dar. Die Norm
bietet hinreichend konkrete Maßstäbe für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer
Datenerhebung durch die Bodenschutz- und Altlastenbehörde; der Betroffene kann in
ausreichendem Maße voraussehen, bei welcher Gelegenheit und zu welchem Zweck von
ihm Daten erhoben werden dürfen. So beschränkt die Vorschrift die Datenerhebung
bereits auf das Aufgabengebiet der Bodenschutz- und Altlastenbehörde. Darüber hinaus
ist die Datenerhebung durch das Gebot der Erforderlichkeit hinreichend eingeschränkt.
Die Behörde darf auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG lediglich Auskünfte
und Unterlagen einholen, die zur Erfüllung der Aufgaben des Bodenschutzes und der in
diesem Rahmen zu treffenden Ermessensentscheidungen erforderlich sind. Durch diese
Vorgaben der Norm wird auch der Kreis der in Betracht kommenden Auskunftspflichtigen
eingegrenzt. Die Bodenschutzbehörde darf auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 1
LBodSchAG lediglich Auskünfte von Personen einholen, die als potentiell Erkundungs-
oder Sanierungspflichtige gemäß § 9 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG in Betracht
kommen. Entgegen der Meinung des Klägers ist es deshalb auch bei dem hier vertretenen
Normverständnis der Bodenschutzbehörde nicht möglich, Unterlagen von beliebigen
Dritten heranzuziehen. Vielmehr wird die Erhebung von Daten über die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse nur im Ausnahmefall möglich sein, nämlich wenn ein
Betroffener - wie hier - sich selbst auf seine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit beruft.
Gerade aufgrund des Ausnahmecharakters war der Gesetzgeber nicht gehalten, präzisere
und einschränkendere Regelungen hinsichtlich einer Datenerhebung zu wirtschaftlichen
Verhältnissen durch die Bodenschutz- und Altlastenbehörde zu treffen. Vielmehr war es
dem Gesetzgeber unbenommen, sich auch hinsichtlich der Datenerhebung auf
unbestimmte Rechtsbegriffe zu beschränken, wie sie der Gesetzgeber im Bereich der
Gefahrenabwehr häufig verwendet, um so dem Erfordernis der Effektivität beim Umgang
mit Gefahren jedweder Art zu begegnen. Die Mannigfaltigkeit und Verschiedenartigkeit
von gefahrenabwehrrechtlich relevanten Situationen macht es besonders schwer,
präzisere Normeingrenzungen vorzunehmen, die die erforderliche Gefahrenabwehr in
allen denkbaren Situationen sicherstellen.
37 2.1.5.2.2 Die Erhebung von Daten zu den persönlichen Verhältnissen eines potentiell
Sanierungspflichtigen auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG genügt auch
dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Dieses verlangt, dass eine
Grundrechtseinschränkung von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt
wird, das gewählte Mittel zu Erreichung des Zwecks geeignet und erforderlich ist und bei
einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn
rechtfertigenden Gründe die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 09.03. 1988 - 1 BvL 49/86 - BVerfGE 78, 77).
38 Bei der hier von der Bodenschutzbehörde wahrgenommenen Aufgabe der Klärung der
Sanierungsverantwortlichkeit für eine Bodenverunreinigung handelt es sich um einen
Gemeinwohlbelang von hohem Rang. Der Staat ist von Verfassungs wegen verpflichtet,
den Boden und das Grundwasser als Bestandteile der natürlichen Lebensgrundlagen zu
schützen (Art. 20a GG). Mit Blick auf diese Verpflichtung hat der Gesetzgeber mit
Einführung des Bundes-Bodenschutzgesetzes und des Landes-Bodenschutz- und
Altlastengesetzes Regelungen geschaffen, die der Verwaltung Befugnisse einräumen,
deren Anwendung bzw. Ausübung dem Zweck zu dienen hat, schädliche
Bodenveränderungen abzuwehren, den Boden und Altlasten sowie hierdurch verursachte
Gewässerverunreinigungen zu sanieren und Vorsorge gegen nachteilige Einwirkungen
auf den Boden zu treffen. Die Verwaltung und die Gerichte haben Art. 20a GG als
verfassungsrechtliche Wertentscheidung sowohl bei der Auslegung als auch bei der
Anwendung der Bestimmungen des einfachen Rechts zu beachten (vgl. Senatsbeschluss
vom 03.09.2002 - 10 S 957/02 - VBlBW 2004, 100). Ferner gebietet es die
Grundentscheidung des Gesetzgebers, in erster Linie die nach § 4 BBodSchG
Verantwortlichen zur Erkundung und Sanierung von Altlasten heranzuziehen, aber auch
die Begrenztheit der verfügbaren öffentlichen Mittel und der verfassungsrechtliche
Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass die für eine Altlast Verantwortlichen ihren
Erkundungs- und Sanierungspflichten zeitnah nachkommen. Die Datenerhebung aufgrund
von § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG dient deshalb einem wichtigen Gemeinwohlbelang.
Wie oben näher dargelegt, ist die Kenntnis der wirtschaftlichen und finanziellen
Verhältnisse des potentiell Sanierungspflichtigen hier im Einzelfall erforderlich, um der
Bodenschutzbehörde eine sachgerechte Ermessensausübung zu ermöglichen. Auch sind
keine milderen, gleich wirksamen Maßnahmen denkbar. Insbesondere stellt die vom
Kläger vorgeschlagene Vermutungsregel dahingehend, die Behörde könne die
Leistungsfähigkeit eines potentiell Sanierungspflichtigen bis zu dem freiwilligen Nachweis
des Gegenteils unterstellen (dazu unter 2.2.2.3), nicht in gleich wirksamem Maße die
Effektivität des Verwaltungshandelns sichern. Bei der erforderlichen Gesamtabwägung
überwiegt das von der Behörde wahrgenommene öffentliche Interesse des Schutzes der
natürlichen Lebensgrundlagen das private Interesse des Klägers an der Geheimhaltung
seiner wirtschaftlichen Situation.
39 2.1.5.2.3 Entgegen der Annahme des Klägers bestehen auch ausreichende
organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen, um der Gefahr einer
missbräuchlichen Verwendung der erhobenen Daten entgegenzuwirken. Zutreffend weist
der Kläger zwar darauf hin, dass keine sondergesetzlichen Geheimnisschutzregelungen
für die Datenerhebung und -verarbeitung durch die Bodenschutz- und Altlastenbehörde
bestehen, wie sie etwa für die Tätigkeit der Finanzbehörden (§ 30 AO) und der
Sozialbehörden (§ 35 SGB I) geschaffen worden sind. Dies hat indes nicht zur Folge, dass
die von der Bodenschutzbehörde erhobenen Daten nicht in hinreichendem Maße
geschützt sind. Der gebotene Datenschutz wird vielmehr dadurch gewährleistet, dass in §
12 Abs. 3 LBodSchAG auf die Bestimmungen des Landesdatenschutzgesetzes verwiesen
wird. Das Landesdatenschutzgesetz enthält zahlreiche Vorschriften zur Erhebung und
Verarbeitung personenbezogener Daten, die den erforderlichen Datenschutz sicherstellen.
So wird in § 6 LDSG den bei öffentlichen Stellen beschäftigten Personen ein umfassendes
Datengeheimhaltungsgebot auferlegt, das einer missbräuchlichen Weitergabe
entgegensteht. Ferner werden in § 9 LDSG detaillierte technische und organisatorische
Maßnahmen normiert, um eine unbefugte Verwendung und Zweckänderung der
erhobenen Daten zu verhindern. Diesem Zweck dienen auch die im zweiten Abschnitt (§
13 ff.) des Landesdatenschutzgesetzes geregelten Rechtsgrundlagen der
Datenverarbeitung. Schließlich werden in § 21 ff. LDSG den Betroffenen zahlreiche
Rechte eingeräumt, die ihnen eine Wahrung ihrer Geheimhaltungsinteressen ermöglichen.
40 Fehl geht auch die Auffassung der Berufung, einer allgemeinen Verwaltungsbehörde sei
es anders als Finanz- und Sozialbehörden nicht möglich, effektiv Auskunftsansprüche
Dritter abzuwehren und somit die Daten Betroffener zu sichern. Insbesondere besteht auch
im Geltungsbereich des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes kein uneingeschränktes
Akteneinsichtsrecht Dritter, das einen effektiven Geheimnisschutz nicht ermöglichen
würde. Vielmehr ist eine Verwaltungsbehörde gemäß § 29 Abs. 2 LVwVfG zur
Verweigerung der Akteneinsicht an Dritte berechtigt und regelmäßig im Rahmen einer
Ermessensreduzierung auf Null sogar verpflichtet, soweit berechtigte
Geheimhaltungsinteressen einer anderen Person entgegenstehen. Auch spezialgesetzlich
gewährte Informationsansprüche bestehen grundsätzlich nicht, soweit dem der Schutz
persönlicher Daten Dritter entgegensteht. So wird etwa gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG
(das über die Verweisung in § 3 Abs. 1 LUIG für den Vollzug der Umweltgesetze durch
Landesbehörden einschlägig ist) der allgemeine Informationsanspruch dann
ausgeschlossen, sofern durch die Erteilung der Information personenbezogene Daten
offenbart würden. Schließlich ermöglicht die Vorschrift über das in-camera-Verfahren in §
99 Abs. 2 VwGO der Behörde eine effektive Geheimhaltung der erhobenen
wirtschaftlichen Daten Dritter auch im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens
und schränkt insoweit die Vorlage- und Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht und
dritten Prozessbeteiligten ein. Bei einer Gesamtschau der anwendbaren
Verfahrensvorschriften ist daher der Geheimnisschutz durch die Bodenschutz- und
Altlastenbehörde in gleich effektivem Maße wie im Bereich der Sozial- und
Finanzverwaltung gewährleistet, obwohl die dort geltenden Geheimhaltungsvorschriften
nicht anwendbar sind. Zur Schaffung ähnlicher spezialgesetzlicher Vorschriften für die
Tätigkeit der Bodenschutz- und Altlastenbehörde war der Gesetzgeber bereits deshalb
nicht gehalten, weil die Erhebung sensibler persönlicher Daten nicht den Regelfall
darstellt, sondern - wie oben näher dargestellt -auf Ausnahmefälle beschränkt sein wird.
41 2.2 Gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 26.02.2010 bestehen schließlich nicht
die von dem Kläger geltend gemachten formell- (dazu unter 2.2.1) und materiell-
rechtlichen Bedenken (dazu unter 2.2.2).
42 2.2.1 Die Aufforderung zur Vorlage von Nachweisen hinsichtlich der finanziellen und
wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers mit Bescheid vom 26.02.2010 ist formell
rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt. Das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1
LVwVfG verlangt, dass aus der getroffenen Regelung, d. h. aus dem Entscheidungssatz im
Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres
erkennbaren Umständen, für den Adressaten der Inhalt der Regelung so vollständig, klar
und unzweideutig erkennbar sein muss, dass er sein Verhalten danach richten kann.
Abzustellen ist dabei nicht auf die Vorstellungen oder den subjektiven wirklichen oder
gegebenenfalls hypothetischen Willen der Behörde, sondern auf den objektiven
Erklärungswert und Erklärungsinhalt des dem Betroffenen Mitgeteilten, so wie dieses nach
Treu und Glauben verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen hierbei zu
Lasten der Behörde. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der befehlende
Verwaltungsakt ohne weitere Erklärungen als Grundlage für die Vollstreckung und die
spätere Durchsetzung von Kostenersatzansprüchen geeignet sein muss. Im Einzelnen
richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts
nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt
umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.02.1990 - 4 C 41.87 -
BVerwGE 84, 335; sowie vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 - juris; Senatsurteil vom 08.03.2013
- 10 S 1190/09 - VBlBW 2013, 455).
43 Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die dem Kläger mit Bescheid vom 26.02.2010
auferlegte Verpflichtung, „Nachweise über die aktuellen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse“ vorzulegen, noch inhaltlich hinreichend bestimmt. Der von der
Behörde verwendete Begriff der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist bereits
nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auf die Höhe der Einkünfte und die Höhe des
Vermögens eines Betroffenen bezogen. Bei der gebotenen objektiven Auslegung des
Bescheids aus dem Empfängerhorizont musste sich dem Kläger daher aufdrängen, dass
er zum Nachweis seiner Einkommensverhältnisse primär den Einkommensteuerbescheid
bzw. etwaige Bescheide über die Nichterzielung von Einkünften (z.B. Leistungsbescheide
der Sozialbehörden) und hinsichtlich der geforderten Darlegung der
Vermögensverhältnisse Kontoauszüge oder Grundbuchauszüge vorzulegen hat.
Zutreffend weist der Beklagte im Übrigen darauf hin, dass es der Bodenschutz- und
Altlastenbehörde mangels Überblick über die wirtschaftliche Situation des Klägers bei
Erlass der Verfügung nicht möglich war, nach konkret bezeichneten Einkommens- und
Vermögensarten und zu deren Nachweis geeigneten Unterlagen zu fragen. Bei einer
weitergehenden Präzisierung der vorzulegenden Unterlagen liefe die Behörde Gefahr,
nicht notwendige Unterlagen anzufordern und sich dabei dem Vorwurf einer
unverhältnismäßigen Vorgehensweise auszusetzen.
44 2.2.2 Die Verfügung vom 26.02.2010 ist auch materiell rechtmäßig.
45 2.2.2.1 Zutreffend hat das Verwaltungsgericht im Einzelnen näher dargelegt, dass die
Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG vorliegen. Der Kläger
kommt aufgrund von Tatsachen als Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung
und damit als Sanierungsverantwortlicher gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. BBodSchG in
Betracht. Wie die vom Landratsamt im Wege der Ersatzvornahme durchgeführte
Gefahrenverdachtserkundung im Jahre 2003 zutage gefördert hat, ist die Bodenluft des
besagten Grundstücks mit hohen bis sehr hohen Konzentrationen von leichtflüchtigen,
halogenierten Kohlenwasserstoffen belastet; ferner wurde eine
Grundwasserverunreinigung festgestellt. Aufgrund dieser Untersuchungen ist davon
auszugehen, dass die sanierungsrelevanten Eintragungen im Boden ganz oder zumindest
teilweise dem Betrieb der Reinigung des Klägers zuzuordnen sind. Zu Recht ist das
Landratsamt davon ausgegangen, dass aufgrund dieser - im Einzelnen zwischen den
Beteiligten nicht umstrittenen - Befunde eine Heranziehung des Klägers als (Mit-
)Verursacher einer Bodenverunreinigung in Betracht kommt. Unerheblich ist in diesem
Zusammenhang der von dem Kläger im Verwaltungsverfahren aufgeworfene
Gesichtspunkt, dass möglicherweise ein weiterer (namentlich nicht bekannter) früherer
Betreiber der Reinigung ebenfalls zu der Bodenverunreinigung beigetragen hat. Nach der
Rechtsprechung des Senats kann bei mehreren Handlungsverantwortlichen jeder
Verursacher auf die vollständige Beseitigung der Störung in Anspruch genommen werden;
aus Gründen der Verhältnismäßigkeit setzt dies lediglich eine Erheblichkeit des
Verursachungsbeitrags voraus (vgl. Senatsurteil vom 18.12.2012 - 10 S 744/12 - a.a.O.;
Senatsbeschluss vom 03.09.2002 - 10 S 957/02 - a.a.O. - jeweils m.w.N.). Auch in Fällen
dieser Art ist nicht zwangsläufig allein der Grundstückseigentümer oder Inhaber der
tatsächlichen Sachherrschaft nach § 4 Abs. 3 BBodSchG zur Verantwortung zu ziehen,
vielmehr hat der Gesetzgeber die Haftung des Verursachers einer Bodenverunreinigung
gleichrangig neben diejenige des Grundstückseigentümers und Inhabers der tatsächlichen
Sachherrschaft gestellt.
46 2.2.2.2 Entgegen der Auffassung der Berufung werden materiell-rechtliche Bedenken
gegen die Verfügung vom 26.02.2010 auch nicht dadurch begründet, dass von dem Kläger
die Vorlage von „beglaubigten Kopien“ zur Glaubhaftmachung seiner Einkommens- und
Vermögensverhältnisse gefordert wird. Bei der gebotenen Auslegung der Verfügung vom
26.02.2010 dürfte dem Kläger diese Verpflichtung so nicht auferlegt worden sein.
Dagegen spricht, dass der Kläger mit der Verfügung vom 26.02.2010 ausdrücklich
lediglich zur Vorlage von Nachweisen über die aktuellen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse aufgefordert wurde; von den im Anhörungsschreiben vom
12.01.2010 erwähnten beglaubigten Kopien ist in der Verfügung zumindest nicht mehr
ausdrücklich die Rede. Bei der nach dem oben Gesagten vorzunehmenden objektiven
Auslegung aus dem Empfängerhorizont ist die Verfügung vielmehr so zu verstehen, dass
dem Kläger die Vorlage aussagekräftiger Nachweise hinsichtlich seiner Einkommens- und
Vermögensverhältnisse auferlegt wird. Dieser Verpflichtung kann entweder durch die
Vorlage beglaubigter Kopien oder von Originalen, die von der Behörde zu beglaubigen
sind (vgl. § 33 LVwVfG), nachgekommen werden. Gegen die so verstandene Verfügung
bestehen nicht die vom Kläger geltend gemachten Bedenken. Die Rechtsgrundlage des §
3 Abs. 2 Satz 1 LBodSchAG deckt zur Erhöhung der inhaltlichen Richtigkeitsgewähr die
von der Behörde aufgestellten Anforderungen hinsichtlich der Glaubhaftmachung durch
Vorlage beglaubigter Kopien oder von Originalen.
47 2.2.2.3 Des weiteren erweist sich die Verfügung vom 26.02.2010 nicht als
unverhältnismäßig. Wie oben bereits in anderem Zusammenhang näher dargestellt, ist die
Behörde zur sachgerechten Ausübung des Ermessens darauf angewiesen, über Kenntnis
der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der als Störer in Betracht kommenden
Personen zu verfügen; die vom Kläger vorgeschlagene Vermutung der Leistungsfähigkeit
eines Störers bis zum Nachweis des Gegenteils trägt demnach nicht. Unerheblich ist in
diesem Zusammenhang, dass das Landratsamt mit Bescheid vom 06.09.2010 in der
Sache die vom Kläger postulierte Vermutung aufgegriffen und ihn als finanziell
leistungsfähig angesehen hat. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen,
dass dies allenfalls Bedenken gegen die Verfügung vom 06.09.2010 aufwirft, die
Rechtmäßigkeit des hier gegenständlichen Auskunftsverlangens indes unberührt lässt.
48 2.2.2.4 Fehl geht schließlich die Rüge des Klägers, das Landratsamt habe unter Verstoß
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG Nachweise hinsichtlich der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit lediglich von ihm als potentiellen Handlungsstörer,
nicht aber von dem Grundstückseigentümer als ebenso sanierungsverantwortlichen
Zustandsstörer verlangt. Keiner Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob eine
derartige einseitig nur an den Handlungsstörer gerichtete Aufforderung zum Nachweis
seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse tatsächlich einen vor Art. 3 Abs. 1 GG
nicht zu rechtfertigenden Gleichheitsverstoß darstellen würde. Gegen eine sachlich nicht
gerechtfertigte Ungleichbehandlung könnte bereits sprechen, dass die Bodenschutz- und
Altlastenbehörde für eine ordnungsgemäße Störerauswahl regelmäßig nicht auf Kenntnis
der Vermögensverhältnisse des Grundstückseigentümers als Zustandsstörer angewiesen
sein dürfte. Denn dieser verfügt mit dem Grundstück über einen erheblichen
Vermögenswert; auch ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seine
Haftung aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten regelmäßig auf den Wert des Grundstücks
begrenzt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 16.02.2000 - 1 BvR 242/91 - BVerfGE 102,
1). Unabhängig von diesen rechtlichen Erwägungen geht die Annahme des Klägers an
dem Sachverhalt vorbei. Ausweislich der Verwaltungsakten hat das Landratsamt mit
Schreiben vom 02.03.2010 auch den Grundstückseigentümer als potentiellen
Zustandsstörer zum Nachweis seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse
aufgefordert. Entgegen der Annahme des Klägers hat das Landratsamt gerade keine
Ungleichbehandlung von Handlungs- und Zustandsstörer vorgenommen.
49 Nach alldem bleibt die Berufung des Klägers ohne Erfolg.
50 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
51 Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2
VwGO vorliegt.
52
Beschluss vom 13. März 2013
53 Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR festgesetzt.
54 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.