Urteil des VG Stuttgart vom 19.11.2012

VG Stuttgart: aufschiebende wirkung, verfügung, firma, ex nunc, werbung, ex tunc, konzession, veranstaltung, anbieter, anfechtungsklage

VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 19.11.2012, 6 S 342/12
Leitsätze
1. Eine auf den bis zum 30.06.2012 geltenden Glücksspielstaatsvertrag gestützte
Untersagungsverfügung muss in ihren Ermessenserwägungen die durch das Inkrafttreten des
Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen
berücksichtigen, um (weiterhin) rechtmäßig zu sein.
2. Unter der Geltung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags liegt unerlaubtes
Glücksspiel, dessen Bewerbung untersagt werden darf, nicht schon dann vor, wenn Sportwetten
über das Internet angeboten werden, sondern nur dann, wenn dieses Angebot nicht
erlaubnisfähig ist.
Tenor
Auf den Antrag der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom
03. Februar 2012 - 1 K 2280/11 - geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der
Antragstellerin gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15. August 2011
wird ab dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Antragstellerin ist die Fußballspielbetriebsgesellschaft des Vereins xxx. Sie betreibt
auch den Internetauftritt des Vereins (xxx). Zwischen der Antragstellerin und der Firma
xxx, Malta (im Folgenden: xxx), besteht ein Sponsoringvertrag. Die Firma xxx bietet -
neben terrestrischen Glücksspielangeboten - Onlineglücksspiele in Form von
Sportwetten, sonstigen Wetten und Casinospielen an. Auf der Internetseite des Vereins ist
das Logo „xxx“ eingefügt, das mit der Internetseite xxx verlinkt ist, über die das
Onlineangebot der Firma xxx erfolgt. Bei Heimspielen des Vereins, von denen in der
Regel in Fernsehübertragungen berichtet wird, sind Banner für „xxx“ bzw. „xxx“ an den
Stadionbanden angebracht.
2
Mit auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV in der bis zum 30.06.2012 gültigen Fassung
(im Folgenden: GlüStV a.F.) gestützten Verfügung vom 15.08.2011 untersagte das
Regierungspräsidium Karlsruhe der Antragstellerin jegliche Werbung in Baden-
Württemberg für unerlaubtes Glücksspiel, insbesondere für die Firma xxx, gab ihr auf,
bereits begonnene Werbemaßnahmen einzustellen (Ziff. 1 der Verfügung) und die
Einstellung der Werbetätigkeiten dem Regierungspräsidium Karlsruhe unverzüglich
schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2). Für den Fall, dass die Antragstellerin dieser Verpflichtung
bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachgekommen sein sollte,
wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht (Ziff. 3).
3
Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. sei Werbung für
unerlaubtes Glücksspiel verboten. § 5 Abs. 3 GlüStV a.F. verbiete jegliche Werbung im
Internet für Glücksspiel. Nach § 21 Abs. 2 GlüStV a.F. sei Bandenwerbung für Sportwetten
nicht zulässig. Hiergegen verstoße die Antragstellerin durch die - zwischenzeitlich
eingestellte - Verwendung des verlinkten Internetlogos der Firma xxx und der Banner im
Stadion. Die Firma xxx verfüge über keine Erlaubnis für die Veranstaltung bzw.
Vermittlung von Sportwetten und anderen Glücksspielen in Baden-Württemberg. Der
Erteilung einer solchen Erlaubnis stehe das staatliche Glücksspielmonopol entgegen.
Unabhängig davon könne eine Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die Firma xxx ihre
Glücksspiele unter Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. über das Internet anbiete.
4
Die Antragstellerin hat hiergegen Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben (1
K 2262/11) und beantragt, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen die kraft
Gesetzes sofort vollziehbare Verfügung anzuordnen. Mit Beschluss vom 03.02.2012 hat
das Verwaltungsgericht diesen Antrag abgelehnt. Hiergegen wendet sich die
Antragstellerin mit der vorliegenden Beschwerde.
5
Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags zum 01.07.2012 (Gesetz zu dem
Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag (Erster Staatsvertrag zur Änderung des
Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die
Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012
S. 385 in Verbindung mit der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das
Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012
S. 515, im Folgenden: GlüStV n.F.) hat die Firma xxx eine Konzession nach §§ 4a ff., 10a
GlüStV n.F. beantragt. Die Antragstellerin hat auf Anfrage mitgeteilt, dass sie
Vollstreckungsschutz nur ex nunc begehrt.
II.
6
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts hat Erfolg. Die von der Antragstellerin in der
Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf
deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben
dem Senat Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern und auf den Antrag der
Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des
Antragsgegners vom 15.08.2011 im tenorierten Umfang anzuordnen.
7
Der Senat kann dabei seiner Prüfung ausschließlich die Rechtslage ab Inkrafttreten des
Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zugrundelegen. Zwar kommt es für die
Entscheidung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO maßgeblich auf die
Erfolgsaussichten der von der Antragstellerin erhobenen Klage an, deren Gegenstand die
einen Dauerverwaltungsakt darstellende Verfügung des Antragsgegners vom 15.08.2011
im gesamten Zeitraum seit ihrem Erlass ist, nachdem die Antragstellerin bislang ihren
Klageantrag nicht zeitlich begrenzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B
62/11 -, NVwZ 2012, 510). Die angefochtene Verfügung trifft auch eine unbefristete
Regelung, die selbst für den Fall einer Änderung der Sach- und Rechtslage Fortgeltung
beansprucht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61-63/12 -, juris). Ihre
Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen
Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise
geprüft und beurteilt werden (BVerwG, a.a.O.). Die Antragstellerin macht aber
Vollstreckungsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO im Beschwerdeverfahren ausdrücklich nur
für die Zukunft geltend, so dass in diesem Verfahren auch nur die Erfolgsaussichten der
von der Antragstellerin erhobenen Klage ex nunc und damit unter Zugrundelegung des
Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags zu beurteilen sind. Es bedarf vor diesem
Hintergrund auch keiner Entscheidung, ob die Wirkungen des vorliegenden Beschlusses,
der grundsätzlich ex tunc wirken würde, in zeitlicher Hinsicht auch deshalb auf den
Zeitpunkt seiner Zustellung an den Antragsgegner zu beschränken sind, weil von der
angefochtenen Verfügung für die Vergangenheit keine der Antragstellerin nachteiligen
Rechtswirkungen mehr ausgehen, sich die Anfechtungsklage mithin insofern erledigt
haben könnte und es deshalb insoweit schon am Rechtsschutzbedürfnis für die
Anfechtungsklage fehlen würde oder ob solche Rechtswirkungen noch bestehen und
diese auch die rückwirkende Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen
würden, vorausgesetzt die - für den Zeitraum vor dem 01.07.2012 am Maßstab des alten
Glücksspielstaatsvertrages zu messende - angefochtene Verfügung würde sich auch für
diesen Zeitraum als rechtswidrig erweisen.
8
Jedenfalls für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum wird die Anfechtungsklage der
Antragstellerin voraussichtlich Erfolg haben.
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Die angegriffene Verfügung erweist sich dabei - ohne zeitliche Einschränkung - bereits
insofern als ermessensfehlerhaft, als mit ihr Werbung für nicht von der Firma xxx
angebotenes unerlaubtes Glücksspiel untersagt wurde bzw. deren Einstellung verlangt
wurde. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV a.F. kann der Antragsgegner die erforderlichen
Anordnungen zur Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag begründeten
Verpflichtungen erlassen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin
beabsichtigt hat, Werbung für andere Anbieter zu machen, hat der Antragsgegner nicht
ermittelt. Sie sind auch nicht ersichtlich. Damit hat der Antragsgegner aber insofern sein
Entschließungsermessen entgegen dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung (§ 114
Satz 1 VwGO) ausgeübt; denn es bestand bereits kein Anlass für ein behördliches
Einschreiten.
10 Soweit sich die angefochtene Verfügung auf Werbemaßnahmen für die Firma xxx bezieht,
erweist sie sich jedenfalls für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum als
ermessensfehlerhaft, weil die Ermessenserwägungen der veränderten Rechtslage auf
Grund des Inkrafttretens des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags nicht Rechnung
tragen. Die angefochtene Verfügung trifft, wie bereits ausgeführt, eine unbefristete
Regelung, die auch für den vorliegenden Fall einer Änderung der Rechtslage Fortgeltung
beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Rechtslage zum
jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher
zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden. Liegt wie hier eine
Ermessensentscheidung vor und ändert sich der rechtliche Rahmen für die untersagten
Tätigkeiten, muss die Untersagungsverfügung in ihren Erwägungen zum Ermessen, das
sich am gesetzlichen Zweck der Ermächtigung zu orientieren hat (§ 114 Satz 1 VwGO),
die veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen, um (weiterhin)
rechtmäßig zu sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 2.10 -, NVwZ 2011, 1328).
Hieran fehlt es. Die Berücksichtigung der veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen
könnte - was vorliegend aber nicht erfolgt ist - im Rahmen der Ermessenserwägungen
dadurch geschehen, dass gesetzliche Änderungen einschlägiger materiell-rechtlicher
Vorschriften bereits im Entwurfsstadium als ermessensrelevante Gesichtspunkte
berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17.10.2012 - 8 B 61-63/12 -, a.a.O.).
Ob auch das (spätere) Nachschieben und Ersetzen von Ermessenserwägungen mit Blick
auf die geänderte Rechtslage verwaltungsverfahrensrechtlich möglich ist und im
Verwaltungsprozess berücksichtigt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl.
dazu BVerwG, a.a.O.). Denn entsprechende, tragfähige Erwägungen hat der
Antragsgegner auch nachträglich nicht angestellt.
11 1. Der Antragsgegner hat die angefochtene Verfügung zum einen auf §§ 9 Abs. 1 Satz 2
und 3 Nr. 3, 5 Abs. 4 GlüStV a. F. gestützt. Danach kann der Antragsgegner die Werbung
für unerlaubtes Glücksspiel untersagen.
12 a) Der Antragsgegner hat die Annahme, die Antragstellerin werbe für unerlaubtes
Glücksspiel, zum einen damit begründet, dass die Firma xxx nicht über die erforderliche
Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. verfüge und ihr eine solche wegen des faktischen
Glücksspielmonopols des § 10 Abs. 2 GlüStV a.F. (vgl. jetzt § 10 Abs. 2 GlüStV n.F.) auch
nicht erteilt werden könne. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass für den Bereich
der auch von der Firma xxx angebotenen Sportwetten durch die Experimentierklausel (§
10a GlüStV n.F.) § 10 Abs. 2 GlüStV n.F. durchbrochen wird. Ist die Veranstaltung und
Vermittlung von Sportwetten für private Dritte erlaubnisfähig, kann sich der Antragsgegner
nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages - ungeachtet etwaiger
europarechtlicher oder verfassungsrechtlicher Bedenken - auf § 10 Abs. 2 GlüStV aber
nur noch insoweit berufen, als es dabei nicht um Sportwetten oder Lotterien und
Ausspielungen nach den Vorschriften des dritten Abschnitts des Vertrages geht (§ 10 Abs.
6 GlüStV n.F.), bezogen auf das Angebot der Firma xxx also nur noch für einen
Teilbereich.
13 b) Soweit die angefochtene Verfügung weiter davon ausgeht, dass die Voraussetzungen
des § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. (jetzt § 5 Abs. 5 GlüStV n.F.) erfüllt seien, weil der Firma xxx
keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. erteilt worden ist und auch wegen des
Verstoßes gegen das umfassende Verbot für das Veranstalten und Vermitteln von
Glücksspielen über das Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. auch nicht erteilt werden
kann, lässt die angefochtene Verfügung bereits unberücksichtigt, dass diese Bestimmung
der Erlaubnisfähigkeit des terrestrischen Sportwettenangebots der Firma xxx nicht
entgegensteht. Auch soweit die Firma xxx Sportwetten über das Internet anbietet, hat sich
mit Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages die Rechtslage aber
geändert. Zwar enthält § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. dieselbe Regelung wie § 4 Abs. 4 GlüStV
a.F.. Unter den Voraussetzungen der §§ 10a, 4 Abs. 5 GlüStV n.F. kann aber die
Veranstaltung und Vermittlung u.a. von Sportwetten im Internet erlaubt werden.
14 aa) Damit ist zunächst die Frage aufgeworfen, ob über das Internet angebotene
Sportwetten dann schon unerlaubt im Sinne des § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. bzw. § 5 Abs. 5
GlüStV n.F. sind, wenn hierfür (noch) keine Erlaubnis erteilt wurde - wie der
Antragsgegner meint - oder ob insoweit auf die Erlaubnisfähigkeit abzustellen ist. Insofern
kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten als im Fall des
Erlaubnisvorbehalts des § 4 Abs. 1 GlüStV a.F.. Unerlaubtes Glücksspiel im Sinne dieser
Vorschrift setzt aber neben dem Fehlen einer Erlaubnis auch das Fehlen der
Erlaubnisfähigkeit voraus. Bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art
und Weise der Gewerbetätigkeit kommen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht
(BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 2.10 -, NVwZ 2011, 1328; vgl. dazu auch Senat,
Beschluss vom 20.01.2011 - 6 S 1685/10 -, ZfWG 2011, 136). Dies ergibt sich aus
Folgendem: Dem Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. kommt nicht derselbe
materielle Gehalt zu wie dem ausnahmslosen Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F..
Vielmehr kommt mit der Neuregelung zum Ausdruck, dass die besonderen Gefahren, die
von einem Glücksspielangebot im Internet ausgehen, nicht mehr nur bei einem generellen
Verbot beherrschbar erscheinen, sondern ihnen gerade (auch) dadurch begegnet werden
kann (vgl. § 4 Abs. 5 GlüStV n.F.: „Zur besseren Erreichung der Ziele des § 1“), dass unter
bestimmten Voraussetzungen einzelne Glücksspielarten wie Sportwetten auch über das
Internet angeboten werden.
15 bb) Das Angebot von Sportwetten über das Internet kann dann aber nicht schon unerlaubt
i.S.d. § 5 Abs. 4 GlüStV a.F. bzw. § 5 Abs. 5 GlüStV n.F. sein, wenn hierfür (noch) keine
Genehmigung vorliegt, sondern nur dann, wenn es derzeit nicht erlaubnisfähig ist, z.B.
weil es wirksamen materiell-rechtlichen Verboten wie § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV n.F.
entgegenläuft (möglicherweise weitergehend OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom
24.08.2012 - 1 S 44.12 -, juris). Feststellungen hierzu hat der Antragsgegner nicht
getroffen. Soweit der Antragsgegner demgegenüber darauf abstellt, dass der Firma xxx
derzeit eine Erlaubnis nach §§ 4 Abs. 5, 4 a ff, 10 a GlüStV n.F. nicht erteilt werden kann,
weil sie nach wie vor nach dem Glücksspielstaatsvertrag nicht erlaubnisfähige, unter
anderem gegen das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. verstoßende Glücksspiele
anbietet, verkennt er, dass die Einhaltung der Verpflichtung des Konzessionsbewerbers,
kein (sonstiges) unerlaubtes Glückspiel zu veranstalten oder zu vermitteln (§ 4b Abs. 2
Satz 3 Ziff. 6 GlüStV n.F.) nach der eigenen Regelungskonzeption des neuen
Glücksspielstaatsvertrags (zunächst) durch Nebenbestimmungen zur Konzession
sicherzustellen ist (§ 4c Abs. 2 GlüStV n.F.).
16 c) Der Antragsgegner hätte mithin erwägen müssen, ob und wie er einschreitet, wenn wie
hier Werbung für einen Anbieter von Glücksspielen erfolgt, dessen Angebot zwar ohne
Erlaubnis erfolgt, zum Teil aber erlaubnisfähig ist und dieser eine Konzession beantragt
hat. Hieran fehlt es.
17 2. Es erscheint dem Senat bereits zweifelhaft, ob der Antragstellerin auch gestützt auf §§
9 Abs. 1 Satz 2, 5 Abs. 3 GlüStV a.F. Werbung für öffentliches Glücksspiel unter anderem
im Internet verboten werden sollte und durfte, nachdem sie die Internetpräsenz im
Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung eingestellt hatte. Zum anderen erscheint
zweifelhaft, ob dies auch vom Tenor der Verfügung umfasst ist und ob bei Abweichung
von Tenor und Gründen der Verfügung insofern eine wirksame Verpflichtung der
Antragstellerin begründet wurde. Dies kann aber letztlich dahingestellt sein. § 5 Abs. 3
Satz 1 GlüStV n.F. übernimmt zwar das grundsätzliche Werbeverbot für öffentliches
Glücksspiel im Internet. § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV n.F. eröffnet aber die Möglichkeit,
Werbung z.B. für Sportwetten unter anderem im Internet zu erlauben. Insofern gelten die
vorstehenden Ausführungen entsprechend. Dass die Antragstellerin bislang (wohl) eine
solche Internetwerbeerlaubnis noch nicht beantragt hat, kann nicht zu ihrem Nachteil sein,
nachdem der Erlass der Werberichtlinie, die der Entscheidung über die
Internetwerbeerlaubnis zugrundegelegt werden soll, noch aussteht.
18 3. Die Begründung der angefochtenen Verfügung geht weiter davon aus, dass der
Antragstellerin nach §§ 9 Abs. 1 Satz 2, 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV a.F. auch die
Bandenwerbung für Sportwetten bei der Übertragung von Fußballspielen in Telemedien
verboten werden sollte. Insofern werden mit Blick auf die hiervon abweichende
Tenorierung des Bescheides dieselben Fragen aufgeworfen wie im Fall des
Internetwerbeverbots. Auch stellt sich die Frage, ob überhaupt auf § 21 Abs. 2 Satz 2
GlüStV a.F. rekurriert werden konnte, wenn - wie hier - der mit Bandenwerbung
beworbene Anbieter nicht nur Sportwetten anbietet und auch nicht nur für die von ihm
angebotenen Sportwetten geworben wird. Dies kann aber ebenfalls dahinstehen.
Jedenfalls für den hier streitgegenständlichen Zeitraum erweist sich die angefochtene
Verfügung auch insofern als ermessensfehlerhaft. Denn der neue
Glücksspielstaatsvertrag enthält kein ausdrückliches Verbot der Bandenwerbung mehr.
Die angefochtene Verfügung enthält keinerlei Ermessenserwägungen dazu, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang sie auch unter dieser veränderten rechtlichen
Ausgangslage aufrechterhalten bleiben soll. Entsprechende Erwägungen hat der
Antragsgegner auch nach Erlass der Verfügung nicht angestellt.
19 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
20 Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
21 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).