Urteil des VG Stuttgart vom 08.11.2007

VG Stuttgart (stadt, gemeinde, kläger, vertrag, höhe, rechnung, kontrolle, auftrag, verhältnis zu, juristische person)

VG Stuttgart Urteil vom 8.11.2007, 2 K 2708/07
Erschließungsrecht-Übertragung der Erschließung
Leitsätze
Eine Gemeinde kann gemäß § 124 Abs. 1 BauGB die Baulanderschließung durch Vertrag auf ihre eigene
Wohnungsbaugesellschaft als Erschließungsträger übertragen.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Kläger begehren von der Beklagten die Rückzahlung von Geldleistungen in Höhe von 7.163,00 EUR, die
sie im Zusammenhang mit der Baulanderschließung im Bereich des Bebauungsplans ... der Stadt ..., in Kraft
seit 8.8.1997, an die Beklagte erbracht haben.
2
Die Kläger haben durch notariellen Kaufvertrag vom 28.07.1999 von der Stadt ... das im Geltungsbereich des
Bebauungsplans liegende Baugrundstück FlstNr. ..., ..., zu einem Kaufpreis von ... DM erworben. Unter Ziff. 1
des Kaufvertrages heißt es u.a.:
3
„Die Erschließungskosten, die Kosten für städtebauliche Maßnahmen, die Abwasserbeseitigung und
die Versorgungsbeiträge sind im Kaufpreis nicht enthalten. Diese gehen zu Lasten der Erwerber.
Näheres ist in Ziffer III. dieser Urkunde geregelt. Die Stadt ... hat bisher Kosten für Erschließung und
städtebauliche Maßnahmen in Höhe von ... DM an die ... Wohnbau GmbH bezahlt. Diese sind neben
dem Kaufpreis an die Stadt ... zu entrichten.“
4
Unter Ziffer II. 2. des Vertrags ist u.a. ausgeführt: „Aufgrund eines Städtebaulichen- und
Erschließungsvertrages mit der Stadt ... wurde die ... GmbH beauftragt, im Gebiet „...“ im Auftrag und auf
Rechnung der Grundstückseigentümer die Erschließungsanlagen, städtebauliche Anlagen und Anlagen für die
Abwasserbeseitigung herzustellen. Die Erwerber treten in den Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag mit
der ... Wohnbau GmbH mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der Stadt ... ein“. Im Weiteren wurde darauf
hingewiesen, dass den Erwerbern die wesentlichen Regelungen dieses Vertrages, die im Einzelnen benannt
wurden, bekannt sind.
5
Der im Kaufvertrag angesprochene „Städtebauliche- und Erschließungsvertrag“ wurde von der Stadt ... mit der
Beklagten am 03.03.1997 abgeschlossen. Nach der Vorbemerkung I soll die Erschließung dieses Gebietes auf
die ... Wohnbau GmbH übertragen werden und werden die Arbeiten „grundsätzlich im Auftrag und für Rechnung
der am Baulandumlegungsverfahren und am Kleingartenumlegungsverfahren beteiligten
Grundstückseigentümer und teilweise im Auftrag und für Rechnung der Stadt“ ausgeführt.
6
Der Vertrag selbst ist in einen Städtebaulichen Vertrag gemäß § 6 Wohnungsbauerleichterungsgesetz (Teil I §§
1 - 3) und einen Erschließungsträgervertrag gemäß §§ 123 ff. Baugesetzbuch (Teil II §§ 4 ff.) gegliedert. Nach
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 übernimmt die Wohnbau GmbH im Auftrag und für Rechnung der Grundstückseigentümer die
Freilegung des gesamten Gebietes sowie den Ausbau des ... und dessen Einmündung in das Gebiet „...“. Die
Kosten der städtebaulichen Planungen und Maßnahmen sollten nach § 2 von den Grundstückseigentümern
entsprechend den Grundstücksflächen bzw. Grundstücks- und Geschossflächen (§ 3) getragen werden.
7
Im Erschließungsträgervertrag (§ 4) übertrug die Stadt ... im Auftrag und für Rechnung der
Umlegungsbeteiligten der ... Wohnbau GmbH die Erschließung des Wohngebietes und die
Abwasserbeseitigung im Bereich „...“ sowie die Erschließung des Kleingartengebietes, wozu im Bereich der
Wohnbebauung die Herstellung sämtlicher befahrbaren Straßen, Wohn- und Gehwege sowie die öffentlichen
Flächen für den ruhenden Verkehr, die Straßenbeleuchtung, die Grünanlagen im öffentlichen Bereich, die
Abwasserbeseitigung einschließlich Hausanschlussleitungen bis ca. 1 m in jedes neu gebildete
Baugrundstück, die Entschädigung der wegfallenden Bausubstanz und den Spielplatz im Bebauungsplangebiet
gehört. Vereinbart wurde ferner, dass die entstehenden Kosten der Erschließung auf die Bauplatzgrundstücke
entsprechend der Grundstücks- und Geschossfläche zu verteilen sind (§ 6 Abs. 1 und 2), die Anlagen und
Einrichtungen von der Beklagten nach Weisung und unter Aufsicht der Stadt hergestellt und nach Fertigstellung
sämtlicher Anlagen und Einrichtungen im Zusammenhang mit der Erschließung und nach deren Übernahme
durch die Stadt die angefallenen Erschließungskosten endgültig abgerechnet werden (§ 13). Nach § 13 Abs. 5
des Vertrages hat die Stadt das Recht, die ordnungsgemäße Verteilung des Erschließungsaufwandes auf die
einzelnen Baugrundstücke und Kleingartengrundstücke innerhalb des Abrechnungsgebietes zu kontrollieren.
Auf die Aushändigung von Einzelbelegen der Kontoauszügen hat die Stadt Anspruch, nicht aber die
Eigentümer von Grundstücken. Die Kosten der technischen und wirtschaftlichen Betreuung der
Erschließungsmaßnahme durch die ... Wohnbau GmbH wurde auf 5 % der Summe der Kosten der
Erschließungsmaßnahmen festgesetzt (§ 7 Abs. 1 c).
8
In einem notariellen Vertrag zwischen der Stadt ... und der Beklagten vom 17.04.1997 wurden ferner zur
Abwicklung der Vereinbarungen zwischen der Stadt und den einzelnen Umlegungsbeteiligten im Rahmen der
amtlichen Umlegung „...“ sowie für die Neuordnung und Erschließung „Allgemeine Bestimmungen für die
Baulandumlegung“ getroffen. Nach § 12 dieses Vertrages erfolgt die Abwicklung der Neuordnung und die
Erschließung des Umlegungsgebietes über einen Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag zwischen der
Stadt und der Beklagten und wird der Gesamtaufwand unabhängig von den rechtlichen Bestimmungen des
Erschließungsbeitragsrechtes auf die einzelnen Grundstücke entsprechend der Grundstücks- und
Geschossfläche übertragen. Auf den als Anlage beigefügten Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag wurde
ausdrücklich Bezug genommen. Nach § 12 Abs. 2 des Vertrages tritt der einzelne Umlegungsbeteiligte für sein
Zuteilungsgrundstück in vollem Umfang in diese vertraglichen Bestimmungen ein.
9
Die aufgrund dieser Vereinbarungen auf das Grundstück der Kläger entfallenden Erschließungskosten werden
von der Beklagten mit insgesamt 32.005,05 EUR und die Kosten des städtebaulichen Vertrags mit 1.943,76
EUR angenommen. Die im Grundstückskaufvertrag vom 28.07.1999 neben dem Kaufpreis ausgewiesenen
Kosten für Erschließung und städtebaulichen Maßnahmen in Höhe von 46.559,50 DM, die von der Stadt bereits
an die Beklagte bezahlt wurde, wurden von den Klägern der Stadt ... erstattet. Auf Anforderung der Beklagten
vom 11.09.2001 (4. AZ) zahlten die Kläger 2.865,20 EUR und auf Anforderung vom 06.08.2003 (5. AZ)
4.297,80 EUR. Die Abschlussrechnung vom 09.07.2005 über 1.943,76 EUR für den städtebaulichen Vertrag
sowie die Schlussrechnung über die Erschließungskosten vom 09.06.2005 in Höhe von 1.036,56 EUR wurden
von den Klägern bisher nicht bezahlt.
10 Die Kläger haben am 14.08.2006 beim Landgericht Stuttgart Klage erhoben, mit der sie die Rückzahlung der 4.
und 5. Abschlagszahlung begehren. Auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2007 hat das Landgericht
Stuttgart den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das
Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die
von den Klägern erbrachten Zahlungen gründeten sich auf den Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag vom
03.03.1997. Dabei handle es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, da die gesetzlichen Regelungen über
Erschließungsbeiträge durch die Regelung im Kaufvertrag ersetzt worden sei. Die Kläger seien nicht
Vertragspartner der Beklagten bzgl. des Städtebaulichen- und Erschließungsvertrages geworden, sondern
hätten nur einzelne Verpflichtungen übernommen. Der Charakter der übernommenen Schuld habe sich dadurch
nicht geändert. Für die Rückabwicklung dieses Vertrags sei daher der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
11 Zur Begründung ihrer Klagen machen die Kläger geltend, ohne wirksame vertragliche Vereinbarung stehe ihnen
ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 814 BGB gegen die
Beklagte zu, da der zwischen der Stadt ... und der Beklagten geschlossene Städtebauliche- und
Erschließungsvertrag vom 03.03.1997 nichtig sei. Nichtig sei auch die Vereinbarung über die Zahlung der
Erschließungskosten in ihrem mit der Stadt abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag.
12 Bei dem Vertrag vom 03.03.1997 handle es sich nicht um einen Erschließungsvertrag i.S.d. § 124 BauGB,
sondern der Sache nach um einen zivilrechtlichen Generalunternehmervertrag, mit dem der Beklagten
sämtliche Bauarbeiten zur Erstellung der Erschließungsanlagen gegen Kostenerstattung und Vergütung eines
Generalunternehmerzuschlags von 5 % übertragen werden. Die Beklagte sei unter dem Deckmantel eines
Erschließungsvertrages nicht als selbständiger Erschließungsträger, sondern als schlichter Werkunternehmer
für die Stadt tätig. Charakteristisch für einen Erschließungsvertrag sei, dass dem Unternehmer nicht nur die
technische Durchführung, sondern auch die finanzielle Abwicklung der Erschließung übertragen werde. Die
Beklagte trage aber kein finanzielles Risiko, weil sie die Kosten erstattet erhalte und zusätzlich einen Werklohn
für ihre Tätigkeit erhalte. Ein Vertrag, dessen Gegenstand die Herstellung von Erschließungsanlagen sei,
jedoch nicht unter § 124 BauGB falle, sei auch kein städtebaulicher Vertrag i.S.d. § 6 Abs. 1 BauG-BMaßnG
oder des § 11 Abs. 2 BauGB. § 124 BauGB sei die speziellere Regelung und entfalte gegenüber den anderen
Vorschriften eine Sperrfunktion.
13 Die Nichtigkeit ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte als von der Stadt beherrschtes Unternehmen nicht
Dritter i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB sein könne. Dafür spreche insbesondere, dass sonst ein Kontrolldefizit
entstehe. Die Gemeinde könne keine Aufsicht über sich selbst ausüben. Im vorliegenden Fall hätten auch die
Eigentümer keine Möglichkeit der Kontrolle. Zudem habe die Beklagte ein Interesse an möglichst hohen
Erschließungskosten, weil sich danach ihre Vergütung richte. Die Gefahr, für kostenerhöhende Maßnahmen zur
Rechenschaft gezogen zu werden, bestehe kaum. Ein Beispiel hierfür sei die nicht korrekte Abrechnung der
nachträglichen Änderung des Spielplatzes. Diese Änderungen wären nicht erforderlich geworden, wenn richtig
geplant und ausgeführt worden wäre. Der erschließungsrechtliche Teil II des Vertrages vom 03.03.1997 sei
daher gemäß § 134 BGB nichtig. Die Nichtigkeit dieses Vertragsteils erfasse auch den städtebaulichen Teil I
des Vertrages und führe zur Nichtigkeit von Ziff. II. 2 des notariellen Kaufvertrages.
14 Die Regelung in Ziff. II. 2 des Grundstückskaufvertrages sei ferner wegen eines Verstoßes gegen § 9 Abs. 2
AGBGB unwirksam. Die Regelung stelle eine unangemessene Benachteiligung der Grundstückseigentümer
dar, da sie entgegen § 124 Abs. 1 und 3 BauGB zur Übernahme von unangemessen hohen
Erschließungskosten verpflichtet worden seien. Im Falle der Erhebung von Erschließungsbeiträgen wären u.a.
die Kosten für den Kinderspielplatz und die Arbeiten an den bestehenden Straßen von der Stadt zu tragen
gewesen. Hinzu komme die Eigenbeteiligung von 10 %. Auch die Kosten der Kanalisation hätten nur zu einem
Bruchteil auf den abwasserrechtlichen Anschlussbeitrag umgelegt werden können. Zudem hätte man bei einer
direkten Vergabe der Bauarbeiten den Erschließungsträgerzuschlag von 5 % einsparen können. Außerdem
seien im Rahmen der Erschließung durch Änderungen Mehrkosten entstanden, die man den Eigentümern in
Rechnung gestellt habe. Eine Unangemessenheit ergebe sich auch daraus, dass die Übernahme einer Schuld
vereinbart worden sei, die von den Grundstückseigentümern nicht überprüft werden könne. Die Kontrolle durch
die Stadt sei ebenfalls nicht ausreichend. Der Vertrag verstoße gegen den Grundsatz, dass sich Kontrolleure
nicht selbst kontrollieren könnten und dürften. Als Vergleichsmaßstab sei die Rechtsstellung der Kläger auf der
Grundlage des geschlossenen Kaufvertrages mit der Stadt mit der Rechtsstellung der Kläger bei einer
Beitragserhebung heranzuziehen. Bei der Prüfung der Angemessenheit sei zu berücksichtigen, dass sie am
Umlegungsverfahren nicht beteiligt gewesen seien, sondern erstmals das Grundstück im Jahr 1999 von der
Stadt erworben hätten. Der Umlegungsvorteil sei ihnen nicht zugute gekommen. Bereits aus Sicht der an der
Umlegung beteiligten Grundstückseigentümer ergebe sich eine unangemessene Benachteiligung. Die
Verpflichtung der Umlegungsbeteiligten, die Erschließungsanlagen auf eigene Kosten zu entrichten, sei nur
dann angemessen, wenn die Stadt nicht ohnehin verpflichtet sei, das Baugebiet zu erschließen. Dies sei der
Fall gewesen, weil bereits ein Ansiedlungsdruck bestanden habe. Im Übrigen seien die Grundstückseigentümer
nicht freiwillig in den Umlegungsvertrag eingetreten, weil sie keine andere Wahl gehabt hätten.
15 Zu beanstanden sei auch die Höhe des geltend gemachten Erschließungsaufwandes. Die Richtigkeit der von
der Beklagten vorgelegte tabellarische Aufstellung über Kosten, Rechnungen und Gebührenbescheide für die
Erschließungsmaßnahmen werde mit Nichtwissen bestritten. Den Unterlagen könne jedoch entnommen
werden, dass die Fa. ... für den Kinderspielplatz einen Nachtrag für den Umbau in Höhe von 8.700,30 EUR in
Rechnung gestellt habe. Der Grund hierfür liege jedoch in einem Ausführungsfehler dieser Firma oder an einem
Planungsfehler des Landschaftsarchitekten. Außerdem seien auch Planungs- und Bauüberwachungsaufgaben
auf Dritte übertragen worden. Diese Leistung hätte die Stadt selbst mit eigenem Personal erbringen können.
Die Einschaltung der Beklagten sei nicht erforderlich gewesen und auch die Vergütung in Höhe von 5 % der
entstehenden Kosten sei unangemessen hoch.
16 Die Kläger beantragen,
17
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.163,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
18 Die Beklagte beantragt,
19
die Klagen abzuweisen.
20 Sie erwidert: Der zwischen ihr und der Stadt ... geschlossene Vertrag sei wirksam. Nach dem Verständnis der
Vertragsparteien und den an der Umlegung beteiligten Grundstückseigentümer habe die Stadt die
städtebaulichen Maßnahmen und die Erschließung des Gebiets auf die Beklagte übertragen. Die Formulierung
in § 2 des Vertrags, wonach die Grundstückseigentümer hierfür die Kosten zu tragen hätten, sei
missverständlich, weil die Grundstückseigentümer nicht Partei des Vertrags seien. Zu berücksichtigen seien
dabei aber die zwischen der Stadt und den Grundstückseigentümern vereinbarten „Allgemeinen Bestimmungen
für die Baulandumlegung ...“. Nach deren Regelungen träten die Grundstückseigentümer mit schuldbefreiender
Wirkung gegenüber der Stadt in den Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag ein. Die an der Umlegung
beteiligten Grundstückseigentümer hätten sich dadurch bereit erklärt, die der Beklagten entstehenden Kosten
zu übernehmen, um damit deren Refinanzierung zu sichern. Hieraus ergebe sich auch, dass nicht die Stadt im
Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten die Erschließung auf den Beklagten übertragen haben,
sondern in ihrer Eigenschaft als Träger der Erschließungslast. Die Umlegungsbeteiligten hätten sich zur
Refinanzierung der der Beklagten entstehenden Kosten bereit erklärt. Sie sei daher nicht als
Generalunternehmer für die Stadt tätig geworden, sondern als Erschließungsträger. Ein Werkvertrag liege nur
insoweit vor, als nach dem Städtebaulichen Vertrag bestimmte Leistungen ausdrücklich im Auftrag der Stadt
ausgeführt worden seien. Dritte im Sinne von § 124 Abs. 1 BauGB könne auch ein von der Stadt beherrschtes
Unternehmen sein, wofür sowohl der Wortlaut als auch der Normzweck sprächen. Die in der Literatur vertretene
gegenteilige Auffassung berücksichtige nicht ausreichend, dass die Erwerber der Grundstücke nicht schlechter
gestellt seien als bei einem Erschließungsträger, an dem die Gemeinde nicht beteiligt sei. Von einer defizitären
Kontrolle könne nicht gesprochen werden.
21 Eine unangemessene Benachteiligung der Kläger liege nicht vor. Gegenstand des Erschließungsvertrages
könnten nach § 124 BauGB auch nicht beitragsfähige Erschließungsanlagen sein, wie z.B. der
Kinderspielplatz. Für die Gemeinde bestehe auch keine Verpflichtung zur Tragung des Eigenanteils. Allein der
Umstand, dass auf vertraglicher Basis höhere Erschließungskosten entstünden als bei einer
gesetzlichen/satzungsmäßigen Abrechnung bedeute daher keine unangemessene Benachteiligung. Anlagen,
die mit dem Baugebiet nicht in Zusammenhang stünden bzw. überdimensioniert gebaut worden wären, seien
jedenfalls nicht abgerechnet worden. Die vorgelegte tabellarische Aufstellung über Kosten, Rechnungen und
Gebührenbescheiden entspreche den ausgeführten Arbeiten und den abgeschlossenen Verträgen. Das
pauschale Bestreiten durch die Kläger sei nicht geeignet, dies in Frage zu stellen. Auch der Nachtrag für den
Kinderspielplatz sei zu Recht in Höhe von 8.700,30 EUR bezahlt worden. Obwohl der TÜV die DIN-Konformität
der Rutsche bestätigt hatte, seien wünschenswerte Verbesserungen der Rutsche in Auftrag gegeben worden.
Die Einschaltung des Büros ... zur Kontrolle der Planungs- und Bauüberwachung sei durchaus üblich. Die Stadt
sei nicht verpflichtet gewesen, diese Arbeiten mit eigenem Personal durchzuführen. Die Vergütung der
Beklagten in Höhe von 5 % der entstehenden Kosten sei nicht unangemessen hoch. Bei diesem Betrag handle
es sich um Kosten der Erschließung, die von der Beklagten auf die Grundstückseigentümer umgelegt werden
dürften, nicht aber um einen Betrag, den die Stadt an die Beklagte zu zahlen habe. Der Vergütungssatz sei
üblich und sei von der Beklagten auch in einem Erschließungsvertrag mit einer anderen Gemeinde vereinbart
worden. Die Umlegungsvereinbarung zwischen der Stadt und den Grundstückseigentümern könne nicht außer
acht gelassen werden, weil sich nur unter deren Berücksichtigung die maßgeblichen Rechtsbeziehungen
zwischen den Beteiligten ergäben. Dass die Kläger an der Umlegung nicht beteiligt gewesen seien, sondern
das Grundstück erst anschließend von der Stadt gekauft hätten, sei nicht entscheidend. Der Hinweis der
Kläger, die Stadt habe die Kläger als Grundstückseigentümer bzw. Erwerber erst nach Herstellung der
Erschließungsanlagen verpflichtet, die Erschließungskosten zu tragen, sei nicht relevant. Die Stadt sei in ihrer
Funktion als privatrechtlicher Grundstückseigentümer Umlegungsbeteiligte gewesen und habe sich verpflichtet,
die anteiligen Erschließungskosten zu tragen. Die Weitergabe der Kosten an die Erwerber im Rahmen des
Kaufvertrages sei daher ohne weiteres einleuchtend.
22 Die Nichtigkeit der kaufvertraglichen Regelung ergebe sich nicht aus Vorschriften des AGBGB. Eine
unangemessene Benachteiligung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AGBGB liege nur dann vor, wenn eine
Vertragsklausel als allgemeine Geschäftsbedingung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen
Regelung, von der abgewichen werde, nicht zu vereinbaren sei. Mit der Regelung der Übernahme von
Erschließungskosten werden jedoch keine zwingenden öffentlich-rechtliche Regelungen über die Höhe der
Erschließungskosten modifiziert. Mit der Regelung in § 13 Abs. 5 Satz 2 des Vertrages vom 03.03.1997,
wonach die Grundstückseigentümer keinen Anspruch auf Aushändigung von Einzelbelegen oder
Kontoauszügen haben, würden keine Einwendungen aus dem Hauptvertrag abgeschnitten. Selbst wenn die
Regelung unwirksam wäre, würde sie nicht den gesamten Grundstückskaufvertrag bzw. die Übernahme der
Erschließungskosten erfassen.
23 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie die
Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
24 Zu Beginn der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Verzicht auf die Einlegung von Rechtsmitteln
gegen den nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Verweisungsbeschluss des Landgerichts erklärt.
Mit der dadurch eingetretenen Rechtskraft des Beschlusses ist der Rechtsstreit gemäß § 17 b Abs. 1 S. 1
GVG beim Verwaltungsgericht Stuttgart anhängig geworden. Ob das Landgericht die Zulässigkeit des
Verwaltungsrechtswegs zu Recht bejaht hat, ist von der Kammer gemäß § 17 Abs. 1 GVG nicht zu prüfen.
II.
25 Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung von 7.163,00
EUR, weil sie diesen Betrag nicht ohne Rechtsgrund an die Beklagte geleistet haben. Rechtsgrund für die
Zahlung ist der „Städtebauliche- und Erschließungsvertrag“ zwischen der Beklagten und der Stadt ... vom
03.03.1997 i.V.m. dem Kaufvertrag zwischen den Klägern und der Stadt ... vom 28.07.1999. Diese Verträge
sind wirksam.
26 1. Der von den Klägern verfolgte Erstattungsanspruch ist öffentlich-rechtlicher Natur. Erstattungsansprüche
sind gleichsam umgekehrte Leistungsansprüche. Sie teilen daher die Rechtsnatur des ihnen entsprechenden
Leistungsanspruchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.05.2000 - 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162). Dem geltend
gemachten Erstattungsanspruch entspricht hier der in §§ 2, 6 Abs. 1 und 2 des Städtebaulichen- und
Erschließungsvertrages geregelte Zahlungsanspruch der Beklagten. Sowohl die Übernahme von Kosten
städtebaulicher Planungen und Maßnahmen auf der Grundlage von § 6 BauGB-MaßnG als auch der Abschluss
eines Erschließungsvertrages nach § 124 BauGB betreffen eine nach ihrem Gegenstand und Zweck vom
öffentlichen Recht geordneten Sachbereich (vgl. Quaas in Schrödter, BauGB, § 124 Rdn. 2).
27 2. Die Kläger sind laut Kaufvertrag mit der Stadt ... in den Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag mit der
... Wohnbau GmbH mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber der Stadt ... eingetreten. Entgegen dieser
missverständlichen Formulierung kann nicht davon ausgegangen werden, dass nach dem Willen der
Kaufvertragsparteien eine Vertragsübernahme erfolgen sollte und nunmehr die Kläger Partner der Beklagten
bezüglich des Städtebaulichen- und Erschließungsvertrages werden sollten. Ein Erschließungsvertrag im Sinne
des § 124 BauGB kann immer nur zwischen der Gemeinde und dem die Erschließung von der Gemeinde
übernehmenden Dritten abgeschlossen werden. Die Kläger haben nur die Verpflichtungen der Stadt ...
übernommen, die sie als beteiligte Grundstückseigentümerin des Umlegungsverfahren abgegeben hat. In den
zwischen der Beklagten und der Stadt ... am 17.04.1997 vereinbarten Allgemeinen Bestimmungen für die
Baulandumlegung „...“ ist in § 3 ausdrücklich geregelt, dass die Kosten des Umlegungsverfahren, für
städtebauliche Planungen und Maßnahmen, sowie die Kosten für Anlagen und Einrichtungen von den
Umlegungsbeteiligten entsprechend der endgültigen Zuteilung zu tragen sind. In § 12 dieses Vertrages wird auf
die näheren Regelungen des Städtebaulichen- und Erschließungsvertrages Bezug genommen. In § 12 Abs. 2
des Umlegungsvertrages ist ferner geregelt, dass der einzelne Umlegungsbeteiligte, wozu auch die Stadt ...
gehört, für sein Zuteilungsgrundstück in vollem Umfang in diese vertraglichen Bestimmungen eintritt. Die
Verpflichtungen aus diesen vertraglichen Bestimmungen haben die Kläger mit dem Kaufvertrag 28.07.1999
übernommen. Dort ist unter Bezugnahme auf die Regelungen des Städtebaulichen- und Erschließungsvertrags
sowie des Vertrages über die allgemeinen Umlegungsbestimmungen eindeutig geregelt, dass die Kläger als
Erwerber des Grundstücks die Kosten entsprechend den vertraglichen Bestimmungen zu tragen haben.
28 Bei dem Vertrag vom 03.03.1997 handelt es sich um einen städtebaulichen Vertrag im Sinne von § 6 BauGB-
MaßnG (Teil I) bzw. um einen Erschließungsvertrag im Sinne von § 124 BauGB (Teil II) und nicht um einen
zivilrechtlichen Werkvertrag. In einem Erschließungsvertrag gemäß § 124 Abs. 1 BauGB überträgt eine
Gemeinde die ihr nach § 123 Abs. 1 BauGB obliegende Erschließung ganz oder teilweise auf einen Dritten. Der
Dritte stellt die vertraglich vereinbarten Erschließungsanlagen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung her
(Burmeister, Praxishandbuch Städtebauliche Verträge‚ Rdnr. 173). Beim Werkvertrag werden dagegen lediglich
einzelne Bauleistungen, bzw beim Generalunternehmervertrag die gesamten Bauleistungen übertragen. Der
Unternehmer stellt die Anlagen dabei im Namen und auf Rechnung der Gemeinde her, weshalb die
Erschließungskosten bei der Gemeinde und nicht beim Unternehmer anfallen. Die Gemeinde ist zur Zahlung
des vereinbarten Werklohns verpflichtet. Eine derartige Vertragskonstruktion liegt hier nicht vor. Dem steht
schon die Vorbemerkung I zum Vertrag vom 03.03.1997 entgegen, wo es heißt, dass die Erschließung auf die
Beklagte übertragen wird. Darüber hinaus ergeben sich aus den vertraglichen Bestimmungen keinerlei
Zahlungsansprüche der Beklagten gegen die Stadt ... als Träger der Erschließungslast. Die Beteiligten haben
stattdessen vereinbart, dass die Kosten der Erschließung auf die Baugrundstücke aufgeteilt werden und von
der Stadt keine Beiträge erhoben werden (§ 6 Abs. 1 u. 4 des Vertrags). Auch die sonstigen vertraglichen
Regelungen machen deutlich, dass es übereinstimmender Wille der Stadt ... und der Beklagten war, einen
Erschließungsvertrag und keinen Werkvertrag abzuschließen, um damit von der nachträglichen Finanzierung
der Erschließungsmaßnahmen durch Erlass von Erschließungsbeitragsbescheiden und der in diesem Fall
erforderlichen Kostenübernahme von 10 % befreit zu werden.
29 Zum Wesen des Erschließungsvertrags gehört es zwar, dass dem Dritten die tatsächliche Ausführung der
Erschließung auf seine Kosten übertragen wird. Dies ist hier der Sache nach jedoch erfolgt.
Zahlungsansprüche der Beklagten aus dem Erschließungsvertrag gegen die Stadt ... und umgekehrt bestehen
ersichtlich nicht. Die Regelungen in dem Vertrag vom 03.03.1997, wonach die Arbeiten grundsätzlich im
Auftrag und für Rechnung der Umlegungsbeteiligten erfolgen (Vorbemerkung I und § 4 Abs. 2) sprechen nicht
dagegen. Diese Vertragsgestaltung hatte ersichtlich nur den Sinn, die Refinanzierung der Beklagten
sicherzustellen, die als grundstücksloser Erschließungsträger nicht bereit gewesen wäre, die Erschließung mit
dem Risiko der mangelnden Refinanzierung durchzuführen. Gegen eine derartige Vertragskonstruktion
bestehen keine rechtliche Bedenken, da es keinen Unterschied macht, ob der Erschließungsträger selbst mit
den Eigentümern Kostenerstattungsvereinbarungen trifft, oder ob dies von der Gemeinde schon vorher zu
seinen Gunsten mit den Grundstückseigentümern vereinbart wurde. Die Beklagte ist deshalb auch in der Lage,
die Erschließungsmaßnahmen durchzuführen.
30 3. Der Erschließungsvertrag und die damit im Zusammenhang stehende Verpflichtung der Kläger, die
vertraglich entstandenen Kosten zu tragen, verstößt nicht deshalb mit der Folge der Nichtigkeit (vgl. §§ 54 S.
1, 59 Abs. 1 LVwVG) gegen § 124 Abs. 1 BauGB, weil die Beklagte zu 100 % ein Unternehmen der Stadt ...
ist. Nach § 124 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde die Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten übertragen.
Wer Dritter im Sinne dieser Bestimmung sein kann, ist umstritten. Ein Teil der Literatur hält einen
Erschließungsvertrag zwischen der Gemeinde und einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der Gemeinde
für unzulässig (vgl. Driehaus, BauR 1999, 862 ff., ders., Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 6
Rn. 13 ff.; ders. in Berliner Kommentar zum BauGB, § 124 Rn. 8; Birk, BauR 1999, 205/207 und in
Städtebauliche Verträge nach BauGB, 2002 Rn. 147; Quaas, BauR 1999, 113/123 und in Schrödter, BauGB, 7.
Aufl., § 124 Rdnr. 5; Vogel in Kohlhammer-Komm., § 124 Rn 19; Weber, VBlBW 2001, 95 ff.). Begründet wird
dies im Wesentlichen damit, dass die Gemeinde auch nach Abschluss eines Erschließungsvertrages für die
Durchführung der Erschließung nach § 123 BauGB verantwortlich bleibe und der Dritte von ihr kontrolliert und
beaufsichtigt werden müsse. Bei weitgehender Identität zwischen Kontrolleur und Kontrolliertem könne jedoch
keine wirksame Aufsicht ausgeübt werden. Dieser Auffassung haben sich auch das Verwaltungsgericht
Göttingen (Beschl. v. 15.10.2002 - 3 B 3191/02 -) und das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Beschl.
v. 20.12.2002 - 9 ME 472/02) in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne nähere Begründung
angeschlossen
31 Für die gegenteilige Auffassung, wonach auch eine gemeindliche Eigengesellschaft als Erschließungsträger
fungieren kann (vgl. Grziwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 124 Rdnr. 94; Dirnberger in
Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, § 124 Rn. 9; Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 124 Rn 1; Schmidt-
Eichstaedt, BauR 1998, 899/903 und ZfBR 2007, 316ff.; Ruff, KStZ 2002, 21ff; Reif, BWGZ 1994, 200, 219;
Pencereci, KStZ 2003, 129 ff.), wird angeführt, dass nach dem Wortlaut des § 124 Abs. 1 BauGB jedes von
der Gemeinde verschiedene Rechtssubjekt als „Dritter“ angesehen werden könne. Eine unzulässige Umgehung
der Pflicht zur Kostenbeteiligung könne darin nicht gesehen werden, da § 124 Abs 2 S. 3 BauGB ausdrücklich
regele, dass § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB keine Anwendung finde. Eine gesteigerte Kontrollpflicht sei nicht
geboten, da die Kontrolle durch die Gemeindeorgane erfolge. Das von der Gemeinde beherrschte Unternehmen
könne von ihr auch vollständig kontrolliert werden. Die Kontrolle stelle sich sogar günstiger dar, als bei einem
nicht von der Gemeinde beherrschten Unternehmen.
32 Die Kammer hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend. Es ist zwar richtig, dass der Gemeinde aus der
Erschließungslast, die nicht auf den Erschließungsträger abgewälzt werden kann, Kontroll- und
Überwachungsbefugnisse erwachsen. Dass diese Befugnisse nicht oder nicht in der gebotenen Weise
übernommen würden, kann im Regelfall jedoch nicht angenommen werden, da die Gemeinde die
Erschließungsanlagen nach Fertigstellung übernehmen und unterhalten muss. Sie wird daher schon aus
eigenem Interesse auf eine Überwachung und Kontrolle nicht verzichten. So sind auch in dem vorliegenden
Erschließungsvertrag weitgehende Kontrollrechte und Weisungsrechte der Stadt geregelt, welche die Stadt
auch tatsächlich wahrgenommen hat. Die erst auf Veranlassung der Stadt vorgenommenen Verbesserungen an
der Rutsche des Spielplatzes zeigen dies. Dass die für eine Erschließung und den Erlass von
Erschließungsbeitragsbescheiden zuständigen Bediensteten der Gemeinde die gleiche Funktion bei der
Eigengesellschaft wahrnehmen, erscheint zwar bei kleinen Gemeinden nicht ausgeschlossen, bei größeren
Gemeinden jedoch eher fernliegend. Auch im vorliegenden Fall stehen die handelnden Personen der Beklagten
nicht gleichzeitig im Dienst der Stadt. Die Beklagte ist ein kommunales Wohnbauunternehmen, das nicht nur
Erschließungsmaßnahmen im Gebiet der Stadt ... durchführt, sondern auch überörtlich für andere Städte und
Gemeinden tätig wird. Insofern unterscheidet sich die Eigengesellschaft nicht von anderen privaten
Erschließungsträgern. Die Kontrollmöglichkeiten der Gemeinde sind bei einer Vergabe der Erschließung an ein
eigenes Unternehmen jedenfalls nicht schlechter gestellt, als bei einem beliebigen Dritten. Wenn die Gemeinde
das Erschließungsunternehmen zu hundert Prozent beherrscht, kontrolliert sie es auch vollständig über die
gesellschaftsrechtlichen Kontrollbefugnisse. Demgegenüber richten sich die Kontrollbefugnisse bei einem
außen stehenden privaten Dritten allein nach den vertraglichen Vereinbarungen. Dabei wird der Dritte als
privates wirtschaftliches Unternehmen darauf aus sein, bei möglichst wenig Kontrolle den höchstmöglichen
Verdienst zu erzielen. In welcher Weise die Kontrolle seitens der Gemeinde in derartigen Fällen erfolgt, hängt
auch hier von ihrem eigenen Willen ab. Insofern besteht deshalb kein gravierender Unterschied im Verhältnis
zur Beauftragung einer Eigengesellschaft (vgl. hierzu Schmidt-Eichstaedt, a.a.O. S. 318). Die
Eingriffsmöglichkeiten der Kommunalaufsicht sind sowohl bei der Übertragung auf eine Eigengesellschaft als
auch bei einer Übertragung auf einen anderen Dritten in der Weise eingeschränkt, dass nur eine Kontrolle des
Inhalts des Erschließungsvertrag und der Kontrolle darüber, ob die Gemeinde ihrer Pflicht für eine
ordnungsgemäße Vertragserfüllung seitens des Dritten zu sorgen, nachkommt. Eine unterschiedliche
Behandlung ist daher aus diesem Grunde nicht geboten. Beanstandungen seitens der Kommunalaufsicht
könnte die Gemeinde gegenüber der eigenen Gesellschaft sogar auf wesentlich einfachere Weise Rechnung
tragen, als gegenüber einem anderen privaten Erschließungsträger. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte
oder Erfahrungssätze dafür, dass einer Eigengesellschaft durch Erschließungsvertrag höhere Kosten auferlegt
würden, die zu einer Verteuerung der Erschließung führt, als bei Übertragung auf einen sonstigen Dritten.
Möglicher Weise ist sogar das Gegenteil richtig, weil eine Eigengesellschaft keine hohen Gewinne machen
muss und deshalb günstiger bauen kann (vgl. Ruff, a.a.O. S. 26; Schmidt-Eichstadt, a.a.O. S. 318).
Missbräuche sind nicht zu befürchten, da die entstehenden Kosten ohnehin nur auf vertraglicher Grundlage auf
die Grundstückseigentümer abgewälzt werden können, die aus ihrer Interessenlage heraus frei entscheiden
können, ob sie die Kosten übernehmen oder nicht. Ein rechtlicher Zwang zur Kostenübernahme durch den
jeweiligen Grundstückseigentümer besteht nicht.
33 Von einer Umgehung der Bestimmungen des Erschließungsbeitragsrecht und einer „Flucht ins Privatrecht“
kann bei der Beauftragung einer Eigengesellschaft ebenfalls nicht gesprochen worden. Dem steht schon
entgegen, dass der Gesetzgeber im Jahr 1993 in § 124 Abs. 1 und 2 BauGB ausdrücklich die Beauftragung
eines Dritten zugelassen und geregelt hat, dass in diesem Fall keine Pflicht zur Kostenbeteiligung der
Gemeinde nach § 129 Abs. 1 S. 3 BauGB besteht. Zudem kann der Dritte auch die Kosten nicht
beitragsfähiger Erschließungsanlagen übernehmen. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, den Gemeinden
trotz angespannter Haushaltslage die Erschließung neuer Baugebiete zu ermöglichen, indem die sonst
erforderliche Vorfinanzierung durch die Gemeinde entfällt (BT-Dr 12/3944 S. 29). Welche juristische Person ihr
diese Last durch den Vertragsschluss abnimmt, entscheidet die Gemeinde selbst (Pencereci a.a.O. S. 131).
Das von der Stadt ... mit der Beauftragung eines Erschließungsträgers verfolgte Ziel, Bauland möglichst
schnell und günstig zur Verfügung zu stellen, können privatrechtlich tätige Gesellschaften wegen der
günstigeren arbeits- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen leichter erreichen (vgl. Battis/Krautzberger,
a.a.O., Rn. 2). Die Erwerber der Baugrundstücke sind in diesem Fall auch nicht schlechter gestellt als bei
einem Erschließungsträger, an dem die Gemeinde nicht beteiligt ist. Ob man von einer Umgehung sprechen
könnte, wenn eine kommunale Eigengesellschaft ausschließlich zum Zwecke der Durchführung einer einzigen
konkreten Erschließungsmaßnahme gegründet würde (vgl. Antweiler, NZBau 2003, 93) kann dahingestellt
bleiben, da ein derartiger Ausnahmefall hier nicht vorliegt.
34 Das Gericht hat auch keine Bedenken dagegen, dass die Stadt ... ihre eigenen Grundstücke durch die
Beklagte erschließen lässt, da sie zivilrechtlich wie jeder andere Grundstückseigentümer zu behandeln ist. In
dieser Eigenschaft war sie auch zur Übernahme der der Beklagten entstehenden Kosten der Erschließung
berechtigt (vgl. Schmidt-Eichstadt, a.a.O. S. 322). Die Weitergabe dieser Kosten durch die Stadt im notariellen
Kaufvertrag vom 28.07.1999 ist daher ebenfalls nicht zu beanstanden.
35 4. Die von der Beklagten mit der Stadt ... getroffenen Vereinbarungen verstoßen auch nicht gegen § 124 Abs. 3
BauGB, wonach die vertraglich vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein und
in sachlichem Zusammenhang mit der Erschließung stehen müssen.
36 Der Begriff der Angemessenheit bezieht sich bei öffentlich-rechtlichen Verträgen auf die vereinbarten
Leistungen und die gesamten Umstände des Vertrages. Bei wirtschaftlicher Betrachtung des
Gesamtvorganges darf die vom Bürger geschuldete Leistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem
wirtschaftlichen Wert der von der Behörde erbrachten oder zu erbringenden Leistung stehen; ferner darf sich
aus der vertraglichen Vereinbarung auch keine unzumutbare Belastung für den Vertragspartner oder für etwaige
Dritte, auf die die Lasten abgewälzt werden, ergeben (vgl. hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 124 Rdnr.
77 ff; Burmeister, a.a.O, Rdnr. 223; Oehmen/Busch, BauR 1999, 1402). Die Übernahme der
Herstellungskosten durch Erschließungsvertrag dient im vorliegenden Fall dem Ausgleich des Vorteils, der dem
Grundstückseigentümer dadurch erwächst, dass die Herstellung der Erschließungsanlagen nach Maßgabe des
Erschließungsvertrags ihm überhaupt erst und zudem bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Erschließung
und infolgedessen die mit einer erheblichen Wertsteigerung verbundenen Bebaubarkeit des Grundstücks
ermöglicht. Abzustellen ist dabei auf die Verhältnisse der Eigentümer, die sich bereits im Umlegungsvertrag
mit den Regelungen des Städtebaulichen- und Erschließungsvertrag vom 03.03.1997 einverstanden erklärt
haben. Dazu gehört auch die Stadt ... in ihrer Funktion als privater Eigentümer. Bei ihr und den anderen
Eigentümern sind die oben genannten Vorteile der früheren Erschließung angefallen. Die Kläger haben mit
Eintritt in diesen Vertrag, der als Schuldübernahme zu qualifizieren ist, nur die Zahlungsverpflichtungen
gegenüber der Beklagten übernommen und können sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, sie hätten das
Grundstück erst viel später erworben und seien daher nicht in den Genuss der Wertsteigerung gekommen.
Durch die befreiende Schuldübernahme tritt der Übernehmer an Stelle des Schuldners bei Identitätswahrung der
Verbindlichkeit (Münchner Kommentar z. BGB, 5. Aufl. 2007, Vorbem. zu § 414-418 Rn 6). Nach § 417 Abs. 1
BGB kann der Übernehmer dem Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, welche sich aus dem Verhältnis
zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben. Es ist daher nicht entscheidend, ob die
Leistungen im Sinne von § 124 Abs. 3 BauGB gegenüber den Klägern als spätere Grundstückserwerber
angemessen sind. Auch das Vorbringen, die Erschließungskosten seien im Vergleich mit den Kosten, die im
Falle der Erhebung von Erschließungsbeiträgen und Entwässerungsbeiträgen angefallen wären, unangemessen
hoch, schlägt nicht durch. Dem kann schon deshalb in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden, weil es
gerade der Sinn des Erschließungsvertrages nach § 124 BauGB ist, dass auch Kosten für nicht
beitragspflichtige Anlagen eingerechnet werden können und der Gemeindeanteil in Höhe von 10 % in Wegfall
kommt (§ 129 Abs. 2 BauGB). Bei nach Landesrecht beitragsfähigen Anlagen entfällt die Eigenbeteiligung in
Höhe von 5 % (§ 10 Abs. 2 und § 23 Abs. 2 KAG a.F.; § 30 Abs. 3 KAG n.F.). Mit diesen Regelung ist schon
vorgegeben, dass die Erschließung mittels Erschließungsvertrag im Regelfall nicht unwesentlich teurer wird.
37 Eine Erschließung, die sich am ortsüblichen Standard orientiert, gilt grundsätzlich als angemessen
(Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 124 Rdnr.82). Die Kläger haben nicht geltend gemacht, es sei von der
Stadt ... mit der Beklagten eine Luxuserschließung vereinbart worden. Da die Erschließungsanlagen auch im
Zusammenhang mit den erschließungsbezogenen Erfordernissen des Gebiets stehen und nicht der
Erschließung weiterer Baugebiete dienen, ist auch die volle Kostenüberwälzung gerechtfertigt
(Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 124 Rdnr. 83; OVG Saarlouis, Urt. v. 09.06.1994, NVwZ-RR 1995, 22). ).
Dies gilt auch für die Anlegung des Spielplatzes. Dieser steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Bauleitplanung für das Baugebiet und den Bauwünschen der Grundstückseigentümer in diesem Gebiet. Der
Bedarf an Spielmöglichkeiten ist durch die beabsichtigte Bebauung ausgelöst worden und war bei der
Bauleitplanung zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Nr. 5, 15 BauGB). Es kommt auch nicht zu einer
unangemessenen Doppelbelastung durch die Heranziehung zu Beiträgen. In § 6 Abs. 4 des Städtebaulichen-
und Erschließungsvertrages vom 03.03.1997 ist ausdrücklich geregelt, dass die Stadt Bietigheim-Bissingen im
Erschließungsgebiet keine einmaligen Beiträge für die erstmalige Erschließung der Baugrundstücke sowie für
den erstmaligen Anschluss an die Abwasserbeseitigungsanlagen erhebt, da diese von den
Grundstückseigentümern finanziert werden.
38 Auch die in § 7 c) des Vertrages vom 03.03.1997 getroffene Vereinbarung, mit der die Kosten der technischen
und wirtschaftlichen Betreuung der Erschließungsmaßnahme durch die Beklagte auf 5 % der Summe der
Kosten incl. Mehrwertsteuer festgesetzt wurden, kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht als
unangemessen angesehen werden. Der Einwand, diese Kosten hätte man sich ersparen könne, wenn die Stadt
... die Maßnahme selbst betreut hätte, greift nicht durch, weil § 124 Abs. 1 BauGB die Übertragung der
Erschließung durch Vertrag auf einen Dritten zulässt. Dass der Dritte, diese Aufgabe als grundstücksloser
Erschließungsträger nicht kostenlos durchführen kann, bedarf keiner weiteren Begründung. Auch die Höhe von
5 % der Kosten begegnet keinen Bedenken. Der Umstand, dass die Beklagte diese Kostenregelung auch
gegenüber anderen Gemeinden vereinbaren konnte, spricht dafür, dass es sich um einen Marktpreis handelt.
Auch der Vergleich mit den Regelungen der HOAI, wonach z.B. bei Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen
allein für die Bauüberwachung ein Honorar zwischen 2,1 und 3,2 v.H. der anrechenbaren Kosten vereinbart
werden kann, spricht gegen eine unangemessene Kostenvereinbarung.
39 Die Unangemessenheit ergibt sich auch nicht aus fehlenden Kontrollmöglichkeiten der Kläger gegenüber der
Beklagten. Folge einer Schuldübernahme ist gemäß § 417 BGB, dass der Übernehmer der Schuld dem
Gläubiger die Einwendungen entgegen setzen kann, welche sich aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem
Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben. Diese Möglichkeit ist den Klägern durch § 13 Abs. 5 S. 2
des Vertrags vom 03.03.1997 nicht abgeschnitten. Dort heißt es zwar, dass die Stadt Anspruch auf
Aushändigung von Einzelbelegen oder Kontoauszügen hat, nicht aber die Eigentümer der Grundstücke. Diese
Regelung kann aber nicht dahin gehend verstanden werden, dass die Kläger keinerlei Kontrollmöglichkeiten
hätten. Vielmehr zielt diese Regelung darauf ab, einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu
vermeiden, wenn jedem Grundstückseigentümer alle Einzelbelege und Kontoauszüge übersandt werden
müssten. Schon nach dem Wortlaut ist auch eine Einsichtnahme in die maßgeblichen Abrechnungsunterlagen
der Beklagten nicht ausgeschlossen. Auch im Streitfall ist die Beklagte verpflichtet, ihre Forderung
nachvollziehbar zu begründen und die entsprechenden Belege vorzulegen. Unter diesen Umständen kann von
einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne von § 9 AGB (jetzt § 307 BGB) nicht gesprochen werden.
40 Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht veranlasst, wenn die Stadt wegen eines bestehenden
Ansiedlungsdruckes verpflichtet gewesen sein sollte, das Baugebiet zu erschließen, wie dies von den Klägern
angenommen wird. Der Ansicht der Kläger, dass die Stadt in diesem Fall die entstehenden Kosten nur über
das Beitragsrecht finanzieren könne, kann nicht gefolgt werden, da der Gesetzgeber der Gemeinde zwei Wege
für die Bewältigung der ihr auferlegten Erschließungslast zur Verfügung gestellt hat (Regimeentscheidung). Es
liegt deshalb nach § 123 Abs. 1 BauGB generell im Ermessen der Gemeinde, ob sie den Wege über den
Abschluss eines Erschließungsvertrages wählt, oder die Kosten über das Beitragsrecht finanziert (vgl. Quaas,
a.a.O., § 124 Rdrn. 4)
41 Da der Erschließungsvertrag nach den obigen Ausführungen nicht gegen § 124 BauGB verstößt, besteht kein
Grund an der Wirksamkeit des Städtebaulichen Vertrages (Teil I) vom 03.03.1997 zu zweifeln. Selbständige
Gründe, die zur Nichtigkeit dieses auf § 6 BauGB-MaßnG gestützten Vertragteils führen könnten, haben die
Kläger nicht geltend gemacht. Im Übrigen steht den Klägern bezüglich dieses Vertragsteils kein
Erstattungsanspruch zu, weil sie bisher darauf keine Zahlungen geleistet haben.
42 5. Ob die Kläger sich zu Recht dagegen wenden, dass die für die nachträgliche Änderung des
Kinderspielplatzes entstandenen Kosten in Höhe von 8.700,30 EUR in die Abrechnung eingestellt wurden,
bedarf im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner Entscheidung, da die Kläger die Schlussrechnung in
Höhe von 1.036,56 EUR bisher nicht bezahlt haben. Setzt man den Nachtrag zum Kinderspielplatz von den
gesamten Erschließungskosten in Höhe von 1.237.379,91 EUR ab und verteilt diese Kosten auf die gesamte
Grundstücks- und Geschossfläche von ca. 27000 qm, ergibt sich daraus allenfalls eine geringfügige
Reduzierung, die weit unter dem Betrag liegt, der von den Klägern noch zu zahlen wäre. Ob dies auch für
diejenigen Kosten gilt, die dadurch entstanden sind, dass die Beklagte zur Kontrolle der Planungs- und
Bauüberwachung ein Fremdunternehmen eingeschaltet hat, kann dahinstehen. Entgegen der Ansicht der
Kläger ist dieses Vorgehen der Beklagten nicht zu beanstanden, weil die Maßnahmen in unmittelbarem
Zusammenhang mit den Erschließungsmaßnahmen standen. Vertraglich ist nichts Gegenteiliges geregelt. Eine
Verpflichtung der Stadt, diese Maßnahmen auf eigene Kosten mit eigenen Mitarbeitern durchzuführen bestand
nicht. Es geht dabei um Kontrollen, die die Beklagte als Erschließungsträger veranlasst hat und nicht um
Kontrollen, die von der Stadt als Träger der Erschließungslast veranlasst worden wären.
43 Die Klage war daher abzuweisen.
44 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO.
45 Die Berufung wird nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da die Frage, ob eine von der Gemeinde zu 100
% beherrschte Eigengesellschaft „Dritter“ im Sinne von § 124 Abs. 1 BauGB sein kann, von grundsätzlicher
Bedeutung ist.