Urteil des VG Stuttgart vom 26.05.2014

VG Stuttgart: bvo, beihilfe, fürsorgepflicht, kinderbetreuung, ehepartner, krankenversicherung, lehrer, auskunft, sport, vergleich

VGH Baden-Württemberg Urteil vom 26.5.2014, 2 S 1877/13
Leitsätze
1. Die Frage, wer im Normalfall ohne Erkrankung den Haushalt allein oder überwiegend im
Sinne des § 10a Nr. 3 lit. a BVO geführt hat, ist anhand einer generellen und typisierenden
Betrachtungsweise zu beantworten. Dabei ist ein längerer Zeitraum in den Blick zu nehmen und
nicht etwa in Bezug auf jeden einzelnen Tag gesondert zu prüfen, wer an diesem Tag
überwiegend den Haushalt führt.
2. Bei dieser generellen und typisierenden Betrachtungsweise ist in erster Linie auf objektive
Indizien zurückzugreifen. Das größte Gewicht kommt dabei dem Umfang der von den Ehegatten
jeweils ausgeübten Erwerbstätigkeit zu. Daneben ist maßgeblich zu berücksichtigen, wie die
Ehegatten die sog. Elternzeit untereinander aufgeteilt haben.
3. Der Verordnungsgeber hat den unter beihilferechtlichen Aspekten zulässigen Umfang der
Erwerbstätigkeit des erkrankten Ehegatten nicht absolut begrenzt, sodass es genügen muss,
wenn der erkrankte Ehegatte trotz seiner Erwerbstätigkeit überwiegend den Haushalt führt. Dies
kann auch bei einer mehr als geringfügigen Erwerbstätigkeit der Fall sein, beispielsweise dann,
wenn der andere Ehepartner in noch größerem Umfang erwerbstätig ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. Juli 2013
- 6 K 874/11 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1 Der Kläger begehrt Beihilfe für die Kosten einer Haushaltshilfe.
2 Der Kläger ist beamteter Lehrer an einer Gewerbeschule mit einem (vollen) Deputat von
25 Wochenstunden. Er ist verheiratet und hat drei Kinder, die im Herbst 2010 zwei, vier
und sieben Jahre alt waren. Sie besuchten zu dieser Zeit drei verschiedene Einrichtungen
(Waldkindergruppe, Kindergarten, Schule). Die Ehefrau des Klägers ist ebenfalls Lehrerin.
Sie befand sich Ende 2010 in der Elternzeit, unterrichtete aber mit einem Teilzeitdeputat
von sieben bzw. acht Wochenstunden Sport an einem Gymnasium, nachdem sie zuvor
eine fünfjährige Elternzeit mit voller beruflicher Freistellung in Anspruch genommen hatte.
3 In der Zeit vom 07.10.2010 bis zum 08.12.2010 befand sich der Kläger aufgrund einer
Erkrankung teilstationär in einer Tagesklinik. Dort hielt er sich von Montag bis Freitag
jeweils von 8.00 bis 16.00 Uhr auf. Während dieser Zeit beschäftigten die Kläger an den
Wochentagen, an denen auch die Ehefrau des Klägers unterrichtete, verschiedene
Haushaltshilfen.
4 Mit Beihilfeantrag vom 16.12.2010 beantragte der Kläger, ihm Beihilfe zu den dadurch
entstandenen Aufwendungen in Höhe von insgesamt 1.938,75 Euro zu bewilligen, und
legte dazu Rechnungen eines professionellen Familienpflegedienstes sowie eine mit
„Rechnung: Haushaltshilfe“ überschriebene Aufstellung vor, in der die Stunden aufgezählt
waren, in denen ein Wohnungsnachbar ebenfalls als Haushaltshilfe tätig gewesen sei. Im
Antragsformular beantwortete der Kläger die Frage, wer normalerweise den Haushalt
führe, wie folgt: „Ich, der Beihilfeberechtigte, an den Tagen, an denen meine Ehefrau
arbeitet".
5 Mit Bescheiden vom 11.01.2011, vom 10.03.2011 und vom 11.03.2011 lehnte der
Beklagte diesen Antrag jeweils ab. Erläuternd hat er vorgetragen, mit dem Bescheid vom
11.01.2011 sei die Beihilfe lediglich vorläufig abgelehnt worden, mit Bescheid vom
10.03.2011 sei der Antrag endgültig abgelehnt worden und versehentlich sei am
11.03.2011 nochmals ein gleichlautender Bescheid erlassen worden. Zur Begründung
verwies der Beklagte darauf, dass die Kosten für eine Haushaltshilfe nicht beihilfefähig
seien, da nicht der erkrankte Kläger, sondern seine Ehefrau überwiegend den Haushalt
führe.
6 Mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011 wies der Beklagte die Widersprüche des
Klägers gegen diese Bescheide zurück.
7 Der Kläger und seine Ehefrau haben am 12.05.2011 Klage beim Verwaltungsgericht
Freiburg erhoben. Die Ehefrau des Klägers hat ihre Klage vor der mündlichen
Verhandlung zurückgenommen.
8 Zur Begründung der Klage trägt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor: Die
Versorgung der Kinder und des Haushalts habe er sich mit seiner Ehefrau seinerzeit etwa
zu gleichen Teilen aufgeteilt. Nur er fahre das Familienauto, unter anderem, um die Kinder
täglich zur Schule bzw. zum Kindergarten zu fahren und um die Einkäufe zu erledigen. An
den Tagen, an denen seine Ehefrau unterrichtet habe, habe er überwiegend die
Haushaltsarbeit und Kinderversorgung übernommen, da er an diesen Tagen nur in
begrenztem Umfang habe unterrichten müssen. Infolge des Blockunterrichtssystems habe
er damals fünf Stunden weniger zu unterrichten gehabt. Wegen seiner langjährigen
Berufsroutine und der Flexibilität der Stundenplangestaltung habe er es so einrichten
können, dass er dienstags nur drei, mittwochs nur vier und freitags nur zwei
Unterrichtsstunden zu leisten gehabt habe. Im Übrigen habe er als Lehrer zu Hause
arbeiten und dort auch den Haushalt führen und die Kinder betreuen können.
Einschließlich aller Fahrzeiten und den in der Schule verbrachten Vorbereitungszeiten sei
seine Ehefrau insgesamt fünfzehn Stunden in der Woche außer Haus beschäftigt
gewesen, nämlich jeweils dienstags drei Stunden, mittwochs sechs Stunden und freitags
sechs Stunden (in der Zeit vom 25.10. - 31.10.2010 am Montag sechs, am Dienstag drei
und am Freitag sechs Stunden und abweichend hiervon an einem Mittwoch zehn
Stunden). Sie habe zwar nur sieben bzw. infolge einer Deputatserhöhung acht
Wochenstunden Unterricht zu leisten gehabt, aber nach der langen vollständig außerhalb
des Berufs verbrachten Elternzeit einen höheren Vorbereitungsaufwand gehabt.
9 Bei der Frage, wer überwiegend den Haushalt führe, komme es auf eine tagesweise
Betrachtung an, nämlich darauf, ob der krankheitsbedingt ausgefallene Ehepartner an den
Tagen, an denen der andere Partner berufstätig sei, überwiegend die Hausarbeit erledige
und die Kinder versorge. Das sei hier an drei von fünf Wochentagen er gewesen. Weder
Wortlaut noch Zweck des Gesetzes verlangten eine Gesamtbetrachtung. Es müsse
genügen, dass eine Person den Haushalt zwar nicht an allen Wochentagen, wohl aber an
einzelnen Tagen allein oder überwiegend führe. Es widerspreche dem Grundrecht auf
Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG, wenn man nur die
klassische Ehe mit einer Lastenverteilung zwischen einem hauptsächlich berufstätigen
und einem hauptsächlich im Haushalt tätigen Partner privilegiere. Die Ansicht des
Beklagten, im Falle einer nicht vorhersehbaren Erkrankung eines Elternteils könne die
Versorgung der Kinder und des Haushalts über Kindergärten, -krippen oder Tagesmütter
sichergestellt werden, sei unrealistisch. Solche Angebote stünden kurzfristig ebenso
wenig zur Verfügung wie andere Familienangehörige. Abgesehen davon sei hier seiner
Ehefrau eine unrichtige telefonische Auskunft durch die beiden verantwortlichen
Sachbearbeiter des Beklagten erteilt worden, wonach an den Tagen, an denen sie arbeite,
eine Haushaltshilfe beihilfefähig sei.
10 Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und trägt vor: Der Wortlaut des § 10a Nr. 3a
BVO stehe dem geltend gemachten Beihilfeanspruch entgegen. Wegen seines vollen
Lehrerdeputats habe der Kläger nicht allein oder zumindest überwiegend Haushalt und
Kinder versorgt. Gegen eine tageweise Betrachtung sprächen praktische Erwägungen, da
die individuelle Zeitgestaltung und Tagesplanung kaum im Einzelnen nachprüfbar sei und
von Zufällen abhänge. Die sich aus einer typisierenden und generalisierenden
Konkretisierung der Fürsorgepflicht ergebenden Härten müssten hingenommen werden.
Da die Ehefrau des Klägers in Elternzeit gewesen sei, folge daraus, dass im Wesentlichen
sie sich um Haushalt und Kinder gekümmert habe. Wenn sie daneben einer
Teilzeitbeschäftigung nachgehe, beruhe dies auf ihrer freien eigenen Entscheidung; die
Eheleute könnten die Kinderbetreuung und Haushaltsversorgung in dieser Zeit nicht dem
Dienstherrn aufbürden. Schließlich handle es sich bei den Aufwendungen für
Haushaltshilfen nur um mittelbare Folgekosten einer Erkrankung. Da Haushaltsführung
und Kinderbetreuung der allgemeinen Lebensführung zuzurechnen seien, habe vorrangig
der Beamte organisatorische Maßnahmen zu treffen. Für die Zusicherung einer
tageweisen Haushaltshilfe fehlten der angeblichen telefonischen Auskunft des Beklagten
der erforderliche Regelungsgehalt und die vorgeschriebene Schriftform. Außerdem habe
die Ehefrau des Klägers selbst vorgetragen, ihr sei mitgeteilt worden, dass eine
Vorabanerkennung nicht stattfinde, sondern eine Beihilfegewährung erst nach
Rechnungslegung und Überprüfung in Betracht komme.
11 Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren in seinem Urteil vom 25.07.2013 eingestellt,
soweit die Ehefrau des Klägers ihre Klage zurückgenommen hat, und die Klage des
Klägers abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird hierzu ausgeführt: Nach § 10a
Sätze 1 Nr. 3 BVO seien die Aufwendungen für eine Familien- und Haushaltshilfe u.a.
dann beihilfefähig, wenn die sonst den Haushalt allein oder überwiegend führende
beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Person wegen ihrer notwendigen
außerhäuslichen Unterbringung den Haushalt nicht weiterführen könne. Die Frage,
welche Person den Haushalt sonst allein oder überwiegend führe, sei aufgrund einer
typisierenden und pauschalierenden Gesamtbetrachtung zu beantworten. Bei der
Vorgängervorschrift habe sich dies schon daraus ergeben, dass diese auf den Umfang der
Erwerbstätigkeit der den Haushalt führenden Person abgestellt habe. Der Umfang der
Erwerbstätigkeit aber bestimme sich nicht tageweise, sondern nach dem Arbeitsvertrag
und den geschuldeten Wochenarbeitszeiten. Auch die aktuell gültige Vorschrift stelle nicht
auf die Verhältnisse an einzelnen Tagen ab, sondern auf eine Gesamtbetrachtung, indem
sie danach frage, wer den Haushalt führe, wenn er nicht aufgrund einer Erkrankung
außerhäuslich untergebracht sei. Die Vorschrift des § 10a Sätze 1 Nr. 3 BVO stelle
insofern typisierend auf die sogenannte Haushaltsführungsehe ab, in der ein Ehegatte
ganz oder zumindest überwiegend diese Haushaltsarbeit und Kinderbetreuungsleistung
erbringe. Auf die konkreten Einzelfallverhältnisse an einzelnen Tagen oder während
einzelner Stunden könne es deshalb nicht ankommen. Ein Überwiegen sei vielmehr das
Ergebnis einer die gesamten Verhältnisse bilanzierenden Gesamtbetrachtung. Dabei sei
auch zu berücksichtigen, wer von den beiden Ehepartnern gegebenenfalls zum Zwecke
der Kinderbetreuung und Haushaltsführung Elternzeit in Anspruch genommen habe oder
ob sich die Ehepartner die Elternzeit aufgeteilt hätten.
12 Auch der Sinn und Zweck des § 10a Sätze 1 Nr. 3 BVO spreche für eine
Gesamtbetrachtung. Die Vorschrift bezwecke nämlich nicht, immer eine Kinderbetreuung
und Haushaltsversorgung finanziell sicherzustellen, denn dies sei eine dem Bereich der
allgemeinen Lebensführung zuzuordnende Aufgabe des Beamten, für die er den
Dienstherrn nicht in Anspruch nehmen könne. Vielmehr habe der Dienstherr seine
Unterstützungsleistung zu den Kosten einer Haushaltshilfe generalisierend auf die Fälle
beschränkt, in denen der zeitweise Ausfall dessen, der mit seiner vollen oder ganz
überwiegenden Arbeitskraft den Haushalt führe, einen typischerweise besonders starken
Einschnitt in die Lebensführung der Familie darstelle. Das spreche für eine die gesamten
Lebensverhältnisse der Familie in den Blick nehmende Betrachtung. Erst der
krankheitsbedingte Ausfall des hauptsächlich den Haushalt führenden Partners werde
vom Verordnungsgeber als so einschneidend angesehen, dass dies eine gesonderte
Fürsorgeleistung rechtfertige. Werde der Ausfall hingegen dadurch gemildert, dass eine
andere im Haushalt lebende Person den Haushalt gegebenenfalls (nur) an einzelnen
Tagen führen könne, sei die Beihilfe zu den Kosten einer Haushaltshilfe ausgeschlossen.
13 Auf eine tageweise Betrachtung abzustellen sei schließlich wenig praktikabel, sondern
bliebe der Beliebigkeit eines kaum überprüfbaren und von eigenen Wertungen
abhängigen Vorbringens des Beamten überlassen. Die Auslegung der Norm müsse auch
dies in den Blick nehmen und insofern darauf abstellen, dass der Dienstherr im Bereich
der beihilferechtlichen Massenverwaltung eine typisierende Betrachtung vornehmen dürfe.
Denn er müsse in der Lage sein, ohne großen Ermittlungsaufwand die Beihilfefähigkeit
bejahen oder verneinen zu können. Das könne er aber nur, wenn man auf das Maß der
Haushaltsführung abstelle, wie es generell unter Berücksichtigung der beruflichen
Verpflichtungen und der Ausgestaltung einer in Anspruch genommenen Elternzeit verteilt
sei.
14 Nach diesen Maßstäben sei der Kläger nicht derjenige, der bis zu seinem
krankheitsbedingten Ausfall im Herbst 2010 überwiegend den Familienhaushalt geführt
habe. Denn er habe ein volles Deputat mit 25 Wochenstunden Unterricht und insgesamt
41 Stunden wöchentlich an Arbeitsleistung erbringen müssen (§ 4 AzUVO). Seine Frau
hingegen habe nur ein Deputat von sieben bzw. acht Wochenstunden gehabt und sei
daher diejenige, die sich gleichviel bzw. überwiegend um die Kinderbetreuung und den
Haushalt gekümmert habe. Das ergebe sich aus dem Umstand, dass nur sie die diesem
Zweck dienende Elternzeit in Anspruch genommen habe, also die Eheleute nicht etwa von
der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, die Elternzeit unter sich aufzuteilen (§ 40 Abs. 4
AzUVO).
15 Auf die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau zu den an unterschiedlichen Tagen
geleisteten Arbeitsstunden komme es nach allem nicht an. Diese Angaben seien im
Übrigen auch kaum eindeutig und könnten daher nicht als Grundlage einer Entscheidung
taugen. Es lasse sich nämlich gerichtlich nicht feststellen, ob und wann der Kläger
Haushaltsarbeit verrichte, ob nur er mit dem Familienauto fahre, wann die einzelnen
Verpflichtungen erfüllt würden und inwieweit es dem Kläger als Berufsroutinier eher
möglich sei, seinen Vorbereitungsaufwand zu den von ihm wöchentlich zu leistenden 25
Stunden im Rahmen der zu Hause erbrachten Berufstätigkeit auf ein mit seinen
Kinderbetreuungslasten und Haushaltsführungsaufgaben vereinbares Maß zu reduzieren,
und ob es bei seiner Ehefrau demgegenüber aufgrund langjähriger Berufspause insoweit
zu mehr Aufwand komme.
16 Die Klage sei auch unbegründet, soweit der Kläger darauf abstelle, seiner Ehefrau sei
eine Falschauskunft erteilt und bestätigt worden, dass sie an den Tagen, an denen sie
selbst berufstätig sei, eine Haushaltshilfe bekomme. Es fehlten insoweit schon eindeutige
einer gerichtlichen Überprüfung zugängliche Anhaltspunkte zum genauen Zeitpunkt der
beiden Anrufe, zu den Identitäten der beiden unterschiedlichen für den Beklagten
seinerzeit am Telefon antwortenden Sachbearbeiter sowie zum genauen Inhalt der
Gespräche. Zu Recht weise der Beklagte darauf hin, dass eine Auskunft immer
maßgeblich davon abhänge, welcher Sachverhalt geschildert wurde. Es erscheine hier
schon zweifelhaft, ob die Ehefrau des Klägers die Wochenstundenzahlenverteilung
hinsichtlich ihrer Berufstätigkeit und den Anteil der Haushaltstätigkeit in einem
Telefongespräch so genau geschildert habe, dass eine vernünftige Auskunft hätte
gegeben werden können. Schließlich habe sie wohl auch vor diesem Hintergrund offenbar
Anlass gehabt, nicht nur ein weiteres Mal beim Beklagten anzurufen, sondern außerdem
noch um eine schriftliche Vorabanerkennung zu bitten, die ihr aber unstreitig verweigert
worden sei.
17 Ein besonderer Härtefall, in dem ausnahmsweise aus Fürsorgegründen nach § 5 Abs. 6
BVO Beihilfe zu gewähren wäre, sei auch nicht gegeben. Von einer unerträglichen
Beeinträchtigung der Möglichkeit zur amtsangemessenen Lebensführung und damit einer
Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht infolge der Verweigerung von Beihilfe
könne hier keine Rede sein.
18 Zur Begründung seiner gegen die in diesem Urteil erfolgte Klagabweisung fristgerecht
eingelegten - vom Verwaltungsgericht zugelassenen - Berufung macht der Kläger geltend:
Vorliegend werde die Beihilfe für Fälle ausgeschlossen, in denen eine
„Doppelverdienerehe" vorliege. Nur die klassische „Haushaltsführungsehe" könne nach
der Auslegung des Verwaltungsgerichts in den Genuss einer Beihilfe für eine
Haushaltshilfe bei Erkrankung eines Ehepartners kommen. Im Beamtenrecht gelte der
allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz in besonderem Maße, wenn es um
Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehe. Selbiges gelte noch
mehr dann, wenn der Gesetzgeber aus Gründen eine Ungleichbehandlung vorsehe, die
dem Schutz von Ehe und Familie zuzuordnenden Anknüpfungsgegenständen
entstammten. Hier sei dies die Bevorzugung der klassischen „Haushaltsführungsehe" im
Unterschied zur „Doppelverdienerehe". Benachteiligt würden Ehepaare, wenn weder der
eine noch der andere Ehepartner den Haushalt allein oder überwiegend führe. Sowohl der
Ausfall des einen wie des anderen Ehepartners führe dann dazu, dass in den vakant
gewordenen Zeiten eine Haushaltshilfe benötigt werde. Dabei möge es sein, dass
Ehepaare mit dieser Gestaltung der Ehe sowieso schon (also bei Gesundheit beider
Partner) für die Kinderbetreuung Hilfe von außen in Anspruch nähmen. Zwingend sei dies
allerdings nicht, denn in der Regel werde es deren Bestreben sein, die Zeiten möglichst
passgenau aufzuteilen, sodass möglichst durchgehend für eine Kinderbetreuung durch die
Eltern gesorgt sei. Dabei sei aber zu sehen, dass es in der Realität häufig große
Schwierigkeiten bereite, die Zeiten der beiderseitigen Berufstätigkeit so zu gestalten.
Lediglich deshalb sei es richtig, von einer durch die beiderseitige Berufstätigkeit sowieso
erforderlichen Hilfe von dritter Seite auszugehen. Dies allein könne aber kaum den
nötigen sachlichen Unterscheidungsgrund liefern. Weder finanziell noch faktisch hätten es
Eheleute mit der geschilderten Aufgabenaufteilung in Bezug auf die Notwendigkeit einer
Haushaltshilfe leichter. Vielmehr sei von einer größeren finanziellen Vorbelastung
auszugehen. Sodann sei die tageweise Organisation einer kurzfristig nötigen zusätzlichen
Betreuung oft reichlich kompliziert und erfordere ein hohes Maß an Flexibilität. Hinzu
komme, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Haushaltshilfe benötigt werde, in Fällen
wie dem vorliegenden doppelt so hoch sei wie in Fällen einer „Haushaltsführungsehe",
denn die Erkrankung beider Eheleute könne zu deren Notwendigkeit führen. Damit
verblieben als sachliche Gründe für die Regelung allein die Gründe der Praktikabilität und
der hinzunehmenden notwendigen Pauschalierung. Dies genüge aber nicht, um über eine
ansonsten sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung hinwegzuhelfen.
19 Der Kläger beantragt,
20 das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25.07.2013 - 6 K 874/11 - zu ändern,
die Bescheide des Landesamts für Besoldung und Versorgung vom 11.01.2011, vom
10.03.2011 und vom 11.03.2011 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 13.04.2011
aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihm die geltend gemachte Beihilfe zu
den Aufwendungen für die von Oktober bis Dezember 2010 beschäftigten
Haushaltshilfen zu gewähren.
21 Der Beklagte beantragt,
22 die Berufung zurückzuweisen.
23 Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei erheblicher
Erwerbstätigkeit beider Ehegatten obliege die Haushaltsführung beiden Ehegatten
gemeinsam. In diesem Fall (beide arbeiteten mehr als geringfügig) sei typisierend davon
auszugehen, dass die Betreuung der im Haushalt lebenden Kinder - auch bei Gesundheit
- anderweitig sichergestellt sei. Eine erhöhte Fürsorgepflicht löse der Ausfall eines
Ehegatten in diesen Konstellationen regelmäßig nicht aus. Entgegen der Ansicht des
Klägers sei es daher nicht geboten, die Bestimmung der Person, die den Haushalt alleine
oder überwiegend führe, im Wege einer tageweisen Betrachtung vorzunehmen. Der
Kläger werde hierdurch nicht in seinen Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 GG (Schutz von
Ehe und Familie) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichbehandlungsgrundsatz) bzw. Art. 12 Abs.
1 GG (Berufsfreiheit) verletzt, ebenso wenig werde gegen die in Art. 33 Abs. 5 GG
normierte Fürsorgepflicht des Dienstherrn verstoßen. Die Regelung greife nicht in die
Wahlfreiheit von Ehepaaren ein. Wie sie die Familienführung ausgestalteten und die
Vereinbarung von Familie und Beruf im Alltag sicherstellten, bleibe ihnen überlassen.
Eine grundrechtswidrige Benachteiligung der „Doppelverdienerehe" gegenüber der
„Alleinverdienerehe" sei nicht gegeben. Es werde lediglich vorausgesetzt, dass die sonst
den Haushalt überwiegend oder alleine führende Person den Haushalt aufgrund einer
notwendigen außerhäuslichen Unterbringung nicht weiterführen könne. Dadurch solle
klargestellt werden, dass ein Anspruch nur in Notfällen bestehe, in denen dieser Ausfall
innerfamiliär nicht aufgefangen werden könne. Bei der „Doppelverdienerehe" könne
typischerweise davon ausgegangen werden, dass das Familienleben entsprechend
organisiert werde und auch bei Gesundheit beider Ehegatten eine anderweitige
Kinderbetreuung sichergestellt sei. Die Regelung des § 10a Nr. 3 Satz 2a BVO solle dann
einen Anspruch auf Beihilfe gewähren, wenn das Auffangen des Anteils des anderen
Partners nicht möglich sei. Dies stelle einen sachlichen Rechtfertigungsgrund dar und
benachteilige „Doppelverdienerehen“ nicht. Im vorliegenden Fall sei von der
überwiegenden Haushaltsführung durch die Ehefrau des Klägers auszugehen. Es sei
nicht davon auszugehen, dass der in Vollzeit tätige Kläger bei pflichtgemäßer Ausübung
des ihm durch seinen Dienstherrn übertragenen Amtes lediglich aufgrund seiner
beruflichen Routine den gemeinsamen Haushalt überwiegend alleine geführt habe.
24 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren
gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und
Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
25 Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der
Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
26 Die Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch
des Klägers auf Beihilfe zu den Aufwendungen für die zwischen Oktober und Dezember
2010 beschäftigten Haushaltshilfen verneint und seine Klage daher zu Recht abgewiesen
(vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
27 1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die
Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für
die Beihilfe verlangt wird (BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21
m.w.N.). Ob der Kläger die begehrte Beihilfe für die von ihm zwischen Oktober und
Dezember 2010 beschäftigten Haushaltshilfen beanspruchen kann, beurteilt sich deshalb
nach der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in
Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 in der ab dem 01.09.2009
geltenden Fassung (Beihilfeverordnung - BVO).
28 2. Nach § 10a Nr. 3 BVO sind die aus Anlass einer Krankheit entstandenen
Aufwendungen für eine Familien- und Haushaltshilfe beihilfefähig, sofern - lit. a) - die sonst
den Haushalt allein oder überwiegend führende beihilfeberechtigte oder
berücksichtigungsfähige Person wegen ihrer notwendigen außerhäuslichen
Unterbringung den Haushalt nicht weiterführen kann, - lit. b) - im Haushalt mindestens ein
berücksichtigungsfähiges Kind verbleibt, das das 15. Lebensjahr noch nicht vollendet hat
und - lit. c) - keine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt, gegebenenfalls
auch an einzelnen Tagen, weiterführen kann.
29 Der hier geltend gemachte Anspruch auf Beihilfe für die zwischen Oktober und Dezember
2010 beschäftigten Haushaltshilfen scheitert schon daran, dass der wegen einer
Erkrankung unter der Woche tagsüber außerhäuslich untergebrachte Kläger nicht sonst
den Haushalt allein oder überwiegend geführt hat (3.). Diese in § 10a Nr. 3 BVO genannte
Voraussetzung steht auch in Einklang mit höherrangigem Recht (4.). Deshalb muss der
Senat der Frage nicht weiter nachgehen, ob ansonsten die allgemeinen beihilferechtlichen
Anforderungen, insbesondere für die geltend gemachten Aufwendungen für den zeitweise
als Haushaltshilfe beschäftigten Wohnungsnachbarn des Klägers, erfüllt sind.
30 3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass der erkrankte Kläger vor und
nach seiner Erkrankung den Haushalt nicht allein oder überwiegend im Sinne des § 10a
Nr. 3 lit. a BVO geführt hat.
31 a) Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich der früheren Rechtsprechung des erkennenden
Gerichtshofs keine unmittelbar einschlägigen Erkenntnisse für die Auslegung der
streitgegenständlichen Vorschrift des § 10a Nr. 3 lit. a BVO entnehmen lassen. Denn die
Vorgängervorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 8 BVO a.F., in der früher die Regelung der Beihilfe
für eine Haushaltshilfe enthalten war, enthielt u.a. eine feste Begrenzung des
Jahreseinkommens der sonst - also im Normalfall ohne Erkrankung - den Haushalt
führenden Person; vor 2003 durfte die den Haushalt führende Person sogar überhaupt
nicht oder allenfalls nur geringfügig erwerbstätig sein. Auch die Beihilfevorschriften
anderer Beihilfeträger enthalten häufig eine mit der früheren baden-württembergischen
Rechtslage vergleichbare Regelung, sodass die zum Recht anderer Beihilfeträger
ergangene Rechtsprechung ebenfalls nicht ohne weiteres auf die aktuelle baden-
württembergische Rechtslage übertragbar ist.
32 Auch die für den Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung nach § 38 SGB V (vgl.
insbes. Abs. 1 und 3) und das Beihilferecht des Bundes (§ 28 BBhV) geltenden
Voraussetzungen unterscheiden sich von den baden-württembergischen
Beihilferegelungen. § 38 SGB V enthält wie § 28 BBhV weder das Erfordernis, dass der
erkrankte Versicherte nicht oder nur geringfügig erwerbstätig sein darf, noch ist dort
bestimmt, dass er sonst den Haushalt ganz oder überwiegend allein geführt haben muss.
Demzufolge dürfte es für diese Rechtsbereiche genügen, dass die bisherige
Haushaltsführung krankheitsbedingt nicht mehr weiter fortgesetzt werden kann, ohne dass
es dort darauf ankommt, ob der erkrankte Versicherte oder Beihilfeberechtigte vor seiner
Erkrankung den Haushalt allein oder überwiegend geführt hat (so jedenfalls Padé in
jurisPK-SGB V, § 38 SGB V Rn. 24). Der Übertragung dieses Gedankens auf das baden-
württembergische Beihilferecht steht indes die ausdrückliche Formulierung in § 10a Nr. 3
lit. a BVO entgegen, die gerade dieses Erfordernis explizit aufstellt.
33 b) Die Frage, wer sonst - also im Normalfall ohne Erkrankung - den Haushalt allein oder
überwiegend im Sinne des § 10a Nr. 3 lit. a BVO geführt hat, ist anhand einer generellen
und typisierenden Betrachtungsweise zu beantworten. Dies ergibt sich aus dem Sinn und
Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (hierzu:
Schröder/Beckmann/Keufert/Hellstern, BVO, § 10 a Anm. 3.2). Vor 2003 durfte nach der
damals noch einschlägigen Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 8 BVO a.F. die sonst den
Haushalt führende Person überhaupt nicht oder allenfalls nur geringfügig erwerbstätig
sein. Später wurde dieses Erfordernis insoweit gelockert, als die den Haushalt führende
Person Einkünfte bis zur Jahresarbeitsentgeltgrenze der Gesetzlichen
Krankenversicherung in Höhe von 18.000 EUR erzielen durfte (Änderungsverordnung
vom 20.02.2003, GABl. 2003, 125). Erst mit Wirkung zum 01.01.2009
(Änderungsverordnung vom 30.10.2008, GABl. 2008, 407) wurde die auch heute noch
geltende Regelung des § 10a Nr. 3 lit. a BVO geschaffen, nach der die erkrankte Person,
deren Ausfall durch eine Haushaltshilfe kompensiert werden soll, den Haushalt ganz oder
überwiegend geführt haben muss. Daraus lässt sich ersehen, dass der Normgeber zwar
einerseits die Anforderungen an den Umfang der Führung des Haushalts durch den
erkrankten Ehepartner schrittweise gelockert hat, sodass es mittlerweile schon genügt,
wenn er vor der Erkrankung den Haushalt überwiegend - also zu mehr als der Hälfte -
geführt hat. Andererseits jedoch wollte der Normgeber insoweit auch nicht auf jedes
Korrektiv verzichten, denn sonst hätte er - vergleichbar mit den in § 38 SGB V oder § 28
BBhV getroffenen Regelungen - ganz auf das Erfordernis der zumindest überwiegenden
Führung des Haushalts verzichten können.
34 Daraus folgt mittelbar, dass die Frage, wer im Normalfall den Haushalt allein oder
überwiegend im Sinne des § 10a Nr. 3 lit. a BVO geführt hat, in sinnvoller Weise nur
anhand einer generellen und typisierende Betrachtungsweise beantwortet werden kann.
Insbesondere ist dabei ein längerer Zeitraum in den Blick zu nehmen und nicht etwa in
Bezug auf jeden einzelnen Tag gesondert zu prüfen, wer an diesem Tag überwiegend den
Haushalt führt. Wollte man insoweit der Auffassung des Klägers folgen und es genügen
lassen, dass der erkrankte Ehegatte an einzelnen Tagen - oder gar nur zu einzelnen
Stunden oder in Bezug auf bestimmte konkrete Tätigkeiten - überwiegend den Haushalt
führt, wäre dieses Erfordernis überflüssig. Denn unabhängig von der Frage, wer
gewöhnlich ganz oder überwiegend den Haushalt führt, muss ohnehin geprüft werden, ob
und inwieweit ein Ursachenzusammenhang zwischen der aufgrund der Erkrankung
erfolgten Ortsabwesenheit und der nicht möglichen Weiterführung des Haushalts besteht.
Insoweit bestimmt § 10a Nr. 3 lit. c BVO konkretisierend, dass die Beihilfefähigkeit von
Aufwendungen für eine Haushaltshilfe voraussetzt, dass keine andere im Haushalt
lebende Person, gegebenenfalls auch an einzelnen Tagen, den Haushalt weiterführen
kann. Daher scheidet unabhängig von dem Erfordernis, dass der Erkrankte im Normalfall
den Haushalt allein oder überwiegend geführt haben muss, die Bewilligung einer
Haushaltshilfe für die Zeiten aus, in denen der erkrankte und ortsabwesende Ehegatte
ohnehin den Haushalt nicht geführt hätte, weil er z.B. in dieser Zeit einer Erwerbstätigkeit
nachgegangen wäre oder die Kinder anderweitig (z.B. Kindergarten/Schule oder durch
den anderen Partner) betreut werden (vgl. für den Bereich der GKV: Padé in jurisPK-SGB
V, § 38 SGB V Rn. 25). Genau auf eine solche bloße Kausalitätsprüfung würde es aber
regelmäßig hinauslaufen, wenn man der Ansicht des Klägers folgen und für die Frage, wer
für gewöhnlich überwiegend den Haushalt geführt hat, eine tage- oder gar stundenweise
Betrachtung genügen lassen würde. Sinnvollerweise hat dieses Erfordernis nur dann
einen eigenständigen Regelungsgehalt, wenn man es in einer generellen und
typisierenden Weise versteht und dabei einen längeren Zeitraum in den Blick nimmt.
35 c) Bei dieser generalisierenden und typisierenden Betrachtung ist zu untersuchen, wer
regelmäßig bei gewöhnlichem Ablauf einer Woche den Haushalt ganz oder überwiegend
führt. Aus Praktikabilitätsgründen kann es dabei nicht Sache der Verwaltung und der
Gerichte sein, minutengenau jede Tätigkeit für den Haushalt, die beide Ehegatten leisten,
zu erfassen, und diese vergleichend gegenüberzustellen. Zu Recht sind das
Verwaltungsgericht und der Beklagte insoweit der Auffassung, dass vielmehr in erster
Linie auf objektive Indizien zurückzugreifen ist und nur im Zweifelsfall eine nähere
Aufklärung der im Einzelnen erbrachten Leistungen für den gemeinsamen Haushalt in
Betracht kommt. Das größte Gewicht kommt dabei dem Umfang der von den Ehegatten
jeweils ausgeübten Erwerbstätigkeit zu, da sich hieran ersehen lässt, welcher Ehegatte in
welchem zeitlichen Umfang überhaupt in der Lage ist, Haushaltstätigkeiten zu verrichten.
Es entspricht dabei der allgemeinen Lebenserfahrung, dass derjenige, der in wesentlich
geringerem Umfang als der andere Ehegatte erwerbstätig ist, dafür typischerweise schon
allein aus zeitlichen Gründen mehr Aufgaben im gemeinsamen Haushalt übernimmt.
36 Daneben ist maßgeblich zu berücksichtigen, wie die Ehegatten die sog. Elternzeit
untereinander aufgeteilt haben. Nach deren Sinn und Zweck steht der Elternteil, der die
Elternzeit in Anspruch nimmt, dem familiären Haushalt grundsätzlich zur Verfügung, denn
der Anspruch auf Elternzeit setzt voraus, dass die Beamtin oder der Beamte das eigene
Kind selbst betreut und erzieht (so ausdrückl. § 40 Abs. 1 Nr. 2 AzUVO). Der
Verordnungsgeber geht somit erkennbar davon aus, dass derjenige, der die Elternzeit in
Anspruch nimmt, in diesem Zeitraum innerhalb der Familie im Wesentlichen für die
Betreuung und Erziehung der Kinder zuständig ist (vgl. VG Köln, Urteil vom 30.01.2004 -
27 K 4400/01 - juris). Nimmt eine Beamtin oder ein Beamter Elternzeit in Anspruch, würde
es dieser Wertung widersprechen, wenn im beihilferechtlichen Verfahren demgegenüber
vorgetragen wird, der andere - oft in vollem Umfang erwerbstätige - Ehegatte führe den
Haushalt ganz oder zumindest zum überwiegenden Teil.
37 Regelmäßig wird nur dann, wenn die Arbeitszeit beider Ehegatten jeweils ungefähr den
gleichen Umfang einnimmt und die Ehegatten die Elternzeit untereinander aufgeteilt
haben, ein weiterer Aufklärungsbedarf bestehen. Ist hingegen ein Ehegatte in erheblich
geringerem zeitlichen Umfang als der andere Ehegatte erwerbstätig und nimmt er zudem
die Elternzeit in Anspruch, ist nach der gebotenen typisierenden und generalisierenden
Betrachtungsweise davon auszugehen, dass er den Haushalt zumindest zum
überwiegenden Teil führt. Eine Ausnahme hiervon dürfte höchstens dann in Betracht
kommen, wenn ausschließlich der andere Ehepartner eine atypische Tätigkeit (z.B.
Heimarbeit) ausübt, die es ihm erlaubt, auch während der Erwerbstätigkeit in erheblichem
Umfang Aufgaben im Haushalt wie die Beaufsichtigung der Kinder wahrzunehmen.
38 d) Gemessen an diesen Kriterien ist im vorliegenden Fall nicht der Kläger derjenige, der
sonst den Haushalt überwiegend im Sinne des § 10a Nr. 3 lit. a BVO führt. Einerseits war
er mit einem vollen Deputat, das einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41
Stunden wöchentlich entspricht (§ 4 AzUVO), als Lehrer an einer Gewerbeschule
beschäftigt. Auf der anderen Seite befand sich seine Ehefrau in der Elternzeit und hat mit
einem weitaus geringeren Teilzeitdeputat von sieben bzw. acht Wochenstunden Sport an
einem Gymnasium unterrichtet. Nach der gebotenen typisierenden und generalisierenden
Betrachtung ist bei dieser Sachlage insgesamt davon auszugehen, dass die Ehefrau des
Klägers zum überwiegenden Teil den Haushalt geführt hat. Dies wird auch nicht dadurch
in Frage gestellt, dass der Kläger als Lehrer einen Teil seiner Arbeitszeit (wie z.B.
Unterrichtsvorbereitung oder Korrekturen) zu Hause ableisten kann, denn dies gilt nach
der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise in gleichem Maße für seine Ehefrau,
die ebenfalls Lehrerin ist.
39 Demzufolge kann es hier nicht im Detail darauf ankommen, welcher Ehegatte welche
konkrete Haushaltstätigkeit an welchem Tag ausübt. Wie schon das Verwaltungsgericht
zu Recht ausgeführt hat, wäre es auch kaum zweifelsfrei aufzuklären, ob und wann der
Kläger oder seine Ehefrau welche Haushaltsarbeiten verrichtet haben, ob nur er mit dem
Familienauto fährt, wann die einzelnen Verpflichtungen erfüllt werden und inwieweit es
dem Kläger als Berufsroutinier eher möglich ist, seinen Vorbereitungsaufwand zu den von
ihm wöchentlich zu leistenden 25 Unterrichtsstunden auf ein mit der Kinderbetreuung und
der Haushaltsführung vereinbares Maß zu reduzieren, und ob schließlich seine das Fach
Sport unterrichtende Ehefrau als Wiedereinsteigerin einen größeren
Vorbereitungsaufwand zu leisten hat, obwohl sie nur sieben bzw. acht Schulstunden
unterrichtet.
40 4. Diese in § 10a Nr. 3 lit. a BVO getroffene Regelung steht mit höherrangigem Recht in
Einklang. Sie verstößt insbesondere nicht gegen Grundrechte.
41 a) Die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für eine Haushaltshilfe auf
die Fälle, in denen der Ehegatte krankheitsbedingt ausfällt, der normalerweise ganz oder
überwiegend den Haushalt führt, ist mit der in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten
beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht zu vereinbaren.
42 Zwar muss der Dienstherr zur Wahrung seiner Fürsorgepflicht bei der Ausgestaltung des
Beihilferechts grundsätzlich gewährleisten, dass der Beamte nicht mit erheblichen
Aufwendungen belastet bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht
absichern oder aufbringen kann. Allerdings können konkrete Beihilfeansprüche
grundsätzlich nicht unmittelbar aus der Fürsorgepflicht hergeleitet werden, soweit
Beihilfevorschriften für bestimmte Aufwendungen eine Beihilfe ausschließen oder
beschränken. Etwas anderes gilt höchstens dann, wenn sonst die Fürsorgepflicht in ihrem
Wesenskern verletzt wäre. Von einer solchen Verletzung dieses Wesenskerns durch die in
§ 10a Nr. 3 lit. a BVO getroffene Regelung kann aber schon deshalb keine Rede sein, weil
Aufwendungen für eine Haushaltshilfe nach allgemeiner Auffassung nicht unmittelbare
Aufwendungen eines Beihilfeberechtigten in einem Krankheitsfall, sondern nur mittelbare
Folgekosten betreffen, die typischerweise ihrer Art nach dem Bereich der allgemeinen
Lebensführung zuzuordnen sind (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Urteil vom 23.09.2005 - 10 A
10492/05 - IÖD 2006, 6 m.w.N.; BayVGH, Urteil vom 24.11.1994 - 3 B 94.1260 - BeckRS
1994, 15050). Daher hat vorrangig die Beamtin oder der Beamte organisatorische
Maßnahmen zu ergreifen, um die Haushaltsführung im Falle einer Erkrankung aufrecht zu
erhalten. Erst wenn bei einer Gesamtbetrachtung die Haushaltsführung nicht durch
zumutbare Eigenleistung oder eigene finanzielle Aufwendungen gewährleistet werden
kann, wäre möglicherweise der Wesenskern der dem Dienstherrn obliegenden
Fürsorgepflicht verletzt (BayVGH, Beschluss vom 14.08.2008 - 14 ZB 07.1314 - juris).
Dafür, dass die Vorschrift des § 10a BVO generell zu unzumutbaren Belastungen der
betroffenen Beamten führen könnte, sind indes keine zureichenden Anhaltspunkte
vorhanden.
43 b) Auch der geltende gemachte Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG i.Verb.m. Art. 3 Abs. 1 GG
liegt nicht vor. Der Kläger sieht in dem Erfordernis, dass der erkrankte Ehegatte nach §
10a Nr. 3 lit. a BVO den Haushalt zumindest überwiegend geführt haben muss, eine
sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung der „Doppelverdienerehe“ im Vergleich zur
„Haushaltsführungsehe“.
44 Dies trifft jedoch schon im Ansatz nicht zu. Denn der Senat versteht die Vorschrift des §
10a Nr. 3 lit. a BVO - anders als der Beklagte - nicht in dem Sinne, dass die
Beihilfefähigkeit einer Haushaltshilfe bereits dann ausgeschlossen ist, wenn beide
Ehegatten in mehr als nur geringfügigem Umfang erwerbstätig sind. Soweit sich der
Beklagte zum Beleg seiner gegenteiligen Auffassung auf eine Kommentarstelle beruft
(Schröder/Beckmann/Keufert/Hellstern, BVO, § 10a Anm. 3.2), beruhen die dortigen
Ausführungen erkennbar noch auf der früheren Rechtslage, nach der Beihilfe für eine
Haushaltshilfe ausgeschlossen war, wenn beide Ehegatten mehr als nur geringfügig
erwerbstätig waren. Insoweit liegt jedoch mittlerweile eine geänderte Rechtslage vor (vgl.
bereits oben unter 3.b). Der Normgeber ist erkennbar von dem Konzept einer absoluten
Begrenzung des unter beihilferechtlichen Aspekten zulässigen Umfangs der durch den
erkrankten Partner ausgeübten Erwerbstätigkeit abgerückt und hat es durch ein relatives -
vergleichendes - Kriterium ersetzt. Wenn er den zulässigen Umfang der Erwerbstätigkeit
des erkrankten Ehegatten auf eine geringfügige Tätigkeit beschränken oder einen anderen
zeitlichen Umfang als Obergrenze hätte festsetzen wollen, wäre es naheliegend gewesen,
dies in Anlehnung an die Vorgängerregelung ausdrücklich als Voraussetzung der
Beihilfefähigkeit einer Haushaltshilfe zu bestimmen. Diesen Weg ist der
Verordnungsgeber indes nicht gegangen. Er hat den absoluten Umfang der
Erwerbstätigkeit des erkrankten Ehegatten vielmehr nicht mehr begrenzt, sodass es
genügen muss, wenn der erkrankte Ehegatte trotz seiner Erwerbstätigkeit allein oder im
Vergleich zu seinem Ehepartner überwiegend den Haushalt führt. Dies kann auch bei
einer mehr als geringfügigen Erwerbstätigkeit der Fall sein, beispielsweise dann, wenn
der andere Ehepartner in noch größerem Umfang erwerbstätig ist. Damit unterscheidet
sich die in § 10a Nr. 3 lit. a BVO getroffene Regelung deutlich von der Vorgängervorschrift
(§ 6 Abs. 1 Nr. 8 BVO a.F.), nach der das zulässige Maß der Erwerbstätigkeit des
erkrankten Ehegatten in einer Weise begrenzt war, die es schon von vornherein
ausschloss, dass „Doppelverdienerehen“ eine Beihilfe für eine Haushaltshilfe erhalten
konnten.
45 Das Erfordernis der überwiegenden Haushaltsführung nach § 10a Nr. 3 lit. a BVO wirkt
sich demnach hauptsächlich in der Weise aus, dass nur der krankheitsbedingte Ausfall
des ganz oder überwiegend den Haushalt führenden Ehepartners zu einem
Beihilfeanspruch für eine Haushaltshilfe führt, während eine Erkrankung des nur in
geringerem Maße oder gar nicht den Haushalt führenden Ehepartners keinen solchen
Anspruch zur Folge hat. Diese Unterscheidung lässt sich jedoch sachlich rechtfertigen.
Der Vorschriftengeber sieht offenbar nur in dem krankheitsbedingten Ausfall dessen, der
sonst allein oder zumindest zum überwiegenden Teil den Haushalt führt, einen
typischerweise besonders starken Einschnitt in die Lebensführung der Familie, die ihn zu
einer besonderen Fürsorgeleistung veranlasst. Diese Gründe greifen aber dann nicht ein,
wenn - wie auch hier - der erkrankte Ehegatte den Hauhalt vor seiner Erkrankung nicht
überwiegend geführt hat (vgl. zu diesem Gedanken: BVerwG, Urteil vom 17.10.1991 - 2 C
21.90 - NJW 1992, 775). Daher hält es sich noch im Rahmen der dem Normgeber
zustehenden Typisierungsbefugnis, für solche Fälle die Beihilfefähigkeit einer
Haushaltshilfe auszuschließen, auch wenn - in Anlehnung an § 38 SGB V oder § 28 BBhV
- ein Verzicht auf dieses Erfordernis ebenfalls zulässig wäre.
46 c) Auch ein Vergleich des baden-württembergischen Beihilferechts mit dem Recht der
Gesetzlichen Krankenversicherung führt nicht zu einem Verstoß gegen den
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Allerdings ist die für den Bereich der gesetzlichen
Krankenversicherung geltende Vorschrift des § 38 SGB V in Bezug auf den hier
streitgegenständlichen Problemkreis günstiger als die in § 10a Abs. 3 BVO getroffene
Regelung. § 38 SGB V enthält - wie bereits dargelegt - nicht das Erfordernis, dass der
erkrankte Versicherte sonst den Haushalt ganz oder überwiegend allein geführt haben
muss. Bei § 38 SGB V handelt es sich jedoch um eine ausschließlich den Rechtskreis
zwischen der gesetzlichen Krankenkasse und ihren Mitgliedern betreffende spezielle
Regelung und nicht um eine grundlegende Wertentscheidung des Gesetzgebers, die ohne
Weiteres zwingend auf das baden-württembergische Beihilferecht übertragen werden
müsste (vgl. OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 23.09.2005 - 10 A 10492/05 - IÖD 2006, 6
m.w.N.; BayVGH, Urteil vom 24.11.1994 - 3 B 94.1260 - BeckRS 1994, 15050). Angesichts
der grundsätzlichen Strukturunterschiede beider Sicherungssysteme (hierzu z.B. BVerwG,
Urteil vom 18.06.1980 - 6 C 19.79 - BVerwGE 60, 212; OVG Rheinl.-Pf., Urteil vom
04.03.2005 - 2 A 11887/04 - IÖD 2005, 176) besteht daher mangels Vergleichbarkeit der
Sachverhalte kein Anspruch auf Gleichbehandlung der Beamten mit den Mitgliedern der
Gesetzlichen Krankenversicherung, zumal hier lediglich mittelbare Krankheitskosten
betroffen sind und lediglich der Randbereich der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht
berührt ist.
47 5. Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass sich aus einer behaupteten
telefonischen Falschauskunft des Beklagten sowie aus der Härtefallvorschrift des § 5 Abs.
6 BVO kein Anspruch auf die begehrte Beihilfe ergibt, hat der Kläger im
Berufungsverfahren keine Einwendungen erhoben. Daher nimmt der Senat insoweit auf
die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtes Bezug, die er sich zu eigen
macht.
48 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO
genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
49
Beschluss vom 26. Mai 2014
50 Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.551,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1,
52 Abs. 3 GKG).
51 Der Beschluss ist unanfechtbar.