Urteil des VG Sigmaringen vom 02.02.2009

VG Sigmaringen (antragsteller, aufschiebende wirkung, verwarnung, verfügung, abgrenzung zu, gebühr, vollziehung, zahlung, zeitpunkt, teilnahme)

VG Sigmaringen Beschluß vom 2.2.2009, 1 K 2858/08
Mehrfach-Punkte-System; Verwarnung; Rechtskraftprinzip; Tattagprinzip; Punktereduzierung aufgrund
von Tilgung nach § 29 StVG
Leitsätze
Bei der Beurteilung der Frage, ob die im Verkehrszentralregister nach Tilgung nach § 29 StVG noch eingetragenen
Punkte die Schwelle der Maßnahmen nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 StVG wieder unterschritten haben, sind
nur rechtskräftige Entscheidungen über Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu berücksichtigen. Bereits
begangene, aber noch nicht rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße (Tattagprinzip) werden nicht berücksichtigt
und hindern das Unterschreiten dieser Schwelle nicht (Abgrenzung zu BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 3.07 -
juris).
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 13.11.2008 gegen den Bescheid des
Landratsamts R. vom 07.11.2008 wird hinsichtlich dessen Ziffer 1 angeordnet und hinsichtlich dessen Ziffer 2
wiederhergestellt und angeordnet.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klassen B, E,
M und L sowie gegen die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins.
2
Mit Verfügung vom 13.07.2007 wurde ihm ein Punktestand nach § 4 StVG von 18 Punkten mitgeteilt. Dieser
Punktestand werde nach § 4 Abs. 5 StVG gestellt wie 17 Punkte. Unter Hinweis auf § 4 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 4
Abs. 8 StVG und § 43 FeV wurde die Teilnahme an einem besonderen Aufbauseminar und die Vorlage der
Teilnahmebescheinigung bis spätestens 13.10.2007 angeordnet. Die Verfügung enthielt weitere Hinweise und
Belehrungen.
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Eine Teilnahmebescheinigung ging am 05.11.2007 beim Landratsamt R. ein.
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Aufgrund vorheriger Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts vom 25.07.2008 teilte das Landratsamt R. dem
Antragsteller mit Schreiben vom 26.09.2008 mit, er habe nun die Grenze von 18 Punkten erreicht. Die
Fahrerlaubnis müsse entzogen werden. Es bestehe die Gelegenheit, auf die Fahrerlaubnis zu verzichten und
sich zu äußern.
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Hierauf teilte der Antragsteller mit, da er kein Schreiben nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 StVG erhalten habe, sei er
gemäß § 4 Abs. 5 StVG so zu stellen, als habe er 13 Punkte erlangt. Ein Fahrerlaubnisentzug sei nicht
möglich.
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Mit Verfügung vom 07.11.2008 entzog das Landratsamt R. dem Antragsteller die Fahrerlaubnis aller Klassen,
zog den Führerschein ein und ordnete die Abgabe des Führerscheins unter Androhung der zwangsweisen
Wegnahme an. Bezüglich der Ablieferung des Führerscheins wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Im
Übrigen erfolgte der Hinweis, die sofortige Vollziehung der Verfügung ergebe sich aus § 4 Abs. 7 StVG. Zur
Begründung wurde ausgeführt, die Verwaltungsbehörde habe die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn ein
Fahrerlaubnisinhaber 18 oder mehr Punkte erreiche. Da der Antragsteller die Schwelle von 18 Punkten erreicht
habe, gelte er als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Aufgrund der mehrfachen Verstöße sei das
Landratsamt verpflichtet gewesen, die Eignung des Betroffenen zu überprüfen, ihn zunächst zu verwarnen und
dann ein Aufbauseminar anzuordnen. Zur Überzeugung der Behörde stehe fest, dass das
Verwarnungsschreiben vom 21.08.2002 dem Antragsteller zugegangen sei. Die Anordnung der sofortigen
Vollziehung der Ablieferung des Führerscheins wurde gesondert begründet.
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Am 13.11.2008 hat der Antragsteller Widerspruch erhoben. Hierzu wurde u.a. ausgeführt, laut Schreiben des
Kraftfahrt-Bundesamtes an das Landratsamt R. vom 09.08.2002 seien zu jenem Zeitpunkt insgesamt 8 Punkte
zu Lasten des Antragstellers im Verkehrszentralregister eingetragen gewesen. Eine Maßnahme nach § 4 Abs.
3 Satz 1 Nr. 1 StVG sei jedoch nicht ergriffen worden. Ein solches Schreiben habe den Antragsteller nie
erreicht. Damit lägen die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht vor. Die strikte
Einhaltung der Maßnahmen in § 4 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 StVG sei vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt. Da eine
Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG gegenüber dem Antragsteller nicht getroffen worden sei, sei er
so zu stellen, als habe er 13 Punkte erreicht, jedenfalls errechne sich kein höherer Punktestand als 14 Punkte.
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Am 14.11.2008 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung des Antrags auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führt er u.a. erneut aus, nach Erreichung von insgesamt 8 Punkten im
Jahr 2002 habe ihn damals keine Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG erreicht. Laut Bußgeldakte
hätten sich bis zum 20.04.2005 erstmals 19 Punkte angesammelt, durch Löschungen und weitere
Ordnungswidrigkeiten zwischen Juli 2005 und März 2006 habe der Stand der Eintragungen laut Bußgeldakte im
Juni 2006 18 Punkte betragen. Erst mit Schreiben vom 13.07.2007 sei dem Antragsteller dieser Punktestand
mitgeteilt und er wegen des Unterbleibens einer Maßnahme nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StVG so gestellt
worden, als habe er 17 Punkte. Nach einer Ordnungswidrigkeit vom 18.04.2008 betrage der Punktestand nach
Ansicht des Antragsgegners erneut 18 Punkte.
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Auf die Antragserwiderung des Landratsamts, er - der Antragsteller - habe am 03.09.2002 die Gebühr für ein
vom Landratsamt versandtes Verwarnungsschreiben vom 21.08.2002 bezahlt, wies der Antragsteller darauf
hin, eine solche Zahlung sei weder ihm noch seiner Ehefrau in Erinnerung. Entsprechende Bankbelege seien
leider einem Wasserschaden zum Opfer gefallen. Ein Zahlungseingang habe jedenfalls auch von Seiten des
Landratsamts telefonisch nicht bestätigt werden können. Fraglich sei, wie eine Überweisung von Seiten des
Antragstellers überhaupt durchgeführt und seitens der Behörde zugeordnet worden sein solle, gehe doch aus
dem scheinbar versandten Anschreiben - trotz gegenteiliger Ankündigung auf Seite 2 des Schreibens - keinerlei
Gebührennummer hervor, die eine Zuordnung der Überweisung ermöglichen würde. Ein Nachweis des
Zahlungseingangs zur Glaubhaftmachung sei nicht vorgelegt worden. Darüber hinaus sei nach dem Vortrag des
Landratsamts die Anzahl von 8 eingetragenen Punkten in der Zeit vom 21.08.2002 bis 10.06.2005 (dann: 9
Punkte) durch die Löschung von 3 Punkten am 29.04.2005 vorübergehend unterschritten worden. Weitere
Punkte seien erst am 18.05.2005 rechtskräftig und eingetragen worden. Dem zum damaligen Zeitpunkt vom
VGH Baden-Württemberg vertretenen Rechtskraftprinzip zufolge sei die 8 - Punkte -Grenze damit
unterschritten und erneut überschritten worden. Eine Verwarnung sei trotz erneuten Unterschreitens der 8-
Punkte-Marke unterblieben, hätte jedoch zwingend erfolgen müssen.
10 Der Antragsgegner ist dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entgegengetreten. Hierzu wird
vorgetragen, der Antragsteller sei mit Schreiben vom 21.08.2002 nach Mitteilung eines 8-Punkte-Standes durch
das Kraftfahrt-Bundesamt verwarnt und auf die Möglichkeit der freiwilligen Teilnahme an einem besonderen
Aufbauseminar (wegen eines Alkoholdelikts) hingewiesen worden. Nach Mitteilung eines Punktestands mit
Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 10.06.2005 von 9 Punkten sei eine Verwarnung nicht mehr
durchgeführt worden, da diese bereits am 21.08.2002 durchgeführt worden sei. Nach einer Mitteilung des
Kraftfahrt-Bundesamtes vom 22.05.2007 seien beim Antragsteller im Verkehrszentralregister
Zuwiderhandlungen, die mit insgesamt 18 Punkten zu bewerten gewesen seien, eingetragen gewesen. Da die
zweite Stufe des Punktesystems noch nicht durchlaufen gewesen sei, habe eine Besserstellung auf 17 Punkte
erfolgen müssen. Nach Vorlage der Bescheinigung vom 08.10.2007 über die Teilnahme an einem besonderen
Aufbauseminar, das am 13.07.2007 angeordnet worden sei, sei mit Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes
vom 25.07.2008 eine weitere Zuwiderhandlung und ein Punktestand von 19, gestellt wie 18 Punkte, mitgeteilt
worden. Bei dem Vortrag, die erste Verwarnung vom 21.08.2002 habe den Antragsteller nicht erreicht, handele
es sich um eine Schutzbehauptung. In der Behördenakte sei kein Rücklauf von Post an den Antragsteller
festzustellen, wie es z.B. mit dem Schreiben vom 24.06.2006, der ersten Anhörung zur Anordnung eines
Aufbauseminars, der Fall sei. Zudem sei die Gebühr von 17,90 Euro der Verwarnung am 03.09.2002 beim
Landratsamt R. bezahlt worden. Dies bedeute, dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt die Verwarnung
nach der ersten Stufe des Punktesystems erhalten habe müsse. Dass eine Gebühr gezahlt werde, ohne zu
wissen wofür, wäre verwunderlich. Zahlungsvorgänge könnten bei der Kreiskämmerei nur bis zum Jahr 2005
zurückverfolgt werden. Davor würden die Zahlungsvorgänge als Mikrofilm aufbewahrt. Deswegen sei es nicht
verwunderlich, dass bei einer telefonischen Anfrage hinsichtlich der Zahlung darüber keine genaue Auskunft
habe erteilt werden können. Trotz des Fehlens eines Buchungszeichens auf dem Entwurf der Verwarnung in
den Behördenakten bedeute dies nicht, dass dieses auch auf der Verwarnung gefehlt habe. Außerdem werde
grundsätzlich immer ein Überweisungsträger mit Buchungszeichen beigefügt. Der Eingang der Zahlung in Höhe
von 17,90 Euro am 03.09.2002 durch den Antragsteller habe durch das Buchungszeichen sowie nach Betrag
und zeitlichem Zusammenhang problemlos der Verwarnung der Fahrerlaubnisbehörde zugeordnet werden
können. Damit habe die Verwarnung den Antragsteller auch erreicht. Da nach Erteilung der ersten Verwarnung
wegen des durchgängig angewandten so genannten Tattagprinzips eine Unterschreitung der Grenze von 8
Punkten nicht erfolgt sei, sei eine erneute Verwarnung nicht durchzuführen gewesen.
11 Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und im Übrigen auf die der
Kammer vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.
II.
12 Der Antrag ist zulässig und begründet.
13 Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz
oder teilweise anordnen oder wiederherstellen, wenn die Behörde den Sofortvollzug nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr.
4 VwGO angeordnet hat (wie hier in Bezug auf die Pflicht zur Ablieferung des Führerscheins) bzw. anordnen,
wenn seine aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kraft Gesetzes entfällt (hier nach § 4
Abs. 7 Satz 2 StVG im Hinblick auf die Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. nach § 12 LVwVG im Hinblick auf
die Androhung von Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung). Das Gericht trifft seine Entscheidung aufgrund
einer eigenen Interessenabwägung, die sich an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs orientiert. Im Übrigen
ist die Begründetheit des Aussetzungsantrags unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache
danach zu beurteilen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse an der
Aussetzung der Vollziehung überwiegt.
14 Der Antrag hat Erfolg, weil die Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers nach summarischer
Überprüfung der Sach- und Rechtslage entgegen der Auffassung des Landratsamts nicht auf § 4 Abs. 3 Satz 1
Nr. 3 StVG gestützt werden kann. Dann besteht auch keine Verpflichtung zur unverzüglichen Rückgabe des
Führerscheins.
15 Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von
Kraftfahrzeugen, wenn sich 18 Punkte oder mehr Punkte nach dem Punktesystem des § 4 StVG ergeben, und
die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis zu entziehen. Entgegen der Auffassung des Landratsamts kann
beim Antragsteller derzeit jedoch kein Punktestand von 18 oder mehr Punkten festgestellt werden.
16 Denn beim Antragsteller ist eine Punktereduzierung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG auf 13 Punkte vorzunehmen,
weil das Landratsamt als Fahrerlaubnisbehörde die nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG erforderliche Maßnahme
nicht ergriffen hat.
17 Zwar ist aufgrund des Vorbringens der Beteiligten und nach Auswertung der vorliegenden Behördenakten davon
auszugehen, dass den Antragsteller entgegen seinem Vortrag die Verwarnung vom 21.08.2002 erreicht hat, mit
der ihm sein damaliger Stand von 8 Punkten mitgeteilt und er auf die Möglichkeit der Teilnahme an einem
Aufbauseminar gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG hingewiesen wurde. Die im Entwurf abgezeichnete
Mehrfertigung des Schreibens ist in den Behördenakten enthalten. Ein Hinweis auf den Rücklauf des Originals
wegen Unzustellbarkeit an den Antragsteller findet sich nicht. Zwar enthält die Behördenakte auch keinen
Nachweis über die Zustellung des Schreibens an den Antragsteller. Nach Auffassung der Kammer ergibt sich
aber durch die vom Landratsamt vorgetragene und durch einen Ausdruck belegte Zahlung der mit der
Verfügung vom 21.08.2002 gleichfalls festgesetzten Verwaltungsgebühr über 17,90 Euro für diese
Amtshandlung der Zugang dieser Verfügung insgesamt. Wenn danach ein Zahlungseingang gerade des
Antragstellers in Höhe von 17,90 Euro am 03.09.2002 belegt werden kann, hat die Kammer keine
durchgreifenden Zweifel daran, dass es sich dabei um die Bezahlung der am 21.08.2002 festgesetzten
Verwaltungsgebühr handelt. Die Argumente, die der Antragsteller dagegen vorbringt, sind wenig überzeugend.
Zwar räumt das Landratsamt ein, dass sich aus der Mehrfertigung der Verfügung vom 21.08.2002 kein
Buchungszeichen für die Zahlung der Gebühr entnehmen lässt. Nachdem jedoch ein Zahlungseingang vom
Antragsteller gerade in der Höhe des Betrags festgestellt werden konnte, der der Höhe der Gebühr entspricht,
die der Mehrfertigung der Verfügung vom 21.08.2002 in der Behördenakte zu entnehmen ist, folgt daraus, dass
dem Antragsteller die Gebührenfestsetzung und damit auch die zu Grunde liegende Verfügung zugegangen
sein muss. Angesichts der substantiierten Darlegung und Glaubhaftmachung des Zahlungseingangs durch das
Landratsamt reicht ein bloßes Bestreiten des Zugangs der Verfügung vom 21.08.2002 durch den Antragsteller
nicht aus.
18 Da der Antragsteller entgegen der Auffassung des Landratsamts jedoch nach Tilgung von 3 Punkten am
29.04.2005 einen Stand von 6 Punkten erreicht hatte, hätte er erneut wegen der als Ordnungswidrigkeit
geahndeten Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit vom 02.02.2005, bezüglich der das
Ordnungswidrigkeitenverfahren am 18.05.2005 rechtskräftig abgeschlossen war, nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
StVG verwarnt werden müssen, als er wieder einen Punktestand von mehr als 8 Punkten erreicht hatte.
Entgegen der Auffassung des Landratsamts konnte die zuletzt genannte Ordnungswidrigkeit nicht bereits mit
ihrer Begehung am 02.02.2005 hinzugerechnet werden. Die Hinzurechnung konnte erst nach rechtskräftigem
Abschluss des Ordnungswidrigkeitenverfahrens erfolgen. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt (Urteil vom 25.09.2008 - 3 C 3/07 -, Juris) setzen die
Maßnahmen, die die Fahrerlaubnisbehörden nach § 4 Abs. 3 StVG beim Erreichen der dort genannten
Punktezahlen zu treffen haben, rechtskräftig geahndete Verkehrsverstöße voraus. Die Verwarnung nach § 4
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG darf also nur erfolgen, wenn die dem Punktestand zu Grunde liegenden
Verkehrsverstöße rechtskräftig geahndet sind. Hier gilt das so genannte Rechtskraftprinzip. Nur bei der
Ermittlung des für einen Punkteabzug und dessen Umfang nach § 4 Abs. 4 StVG maßgeblichen Punktestands
sind nach der Rechtsprechung des BVerwG (a. a. O.) die Verkehrsverstöße zu berücksichtigen, die im
Zeitpunkt der Ausstellung der Teilnahmebescheinigung für das Aufbauseminar begangen waren, auch wenn sie
erst später rechtskräftig geahndet worden sind (sogenanntes Tattagprinzip). Letzteres gilt somit nicht, wie das
Landratsamt meint, durchgängig.
19 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.