Urteil des VG Sigmaringen vom 08.11.2010

VG Sigmaringen: vergleich, medizin, numerus clausus, vergabeverfahren, stiftung, hochschule, glaubhaftmachung, anerkennung, import, anatomie

VG Sigmaringen Beschluß vom 8.11.2010, NC 6 K 2176/10
Hochschulzulassungsstreit - Anordnungsanspruch nach Ablehnung eines Vergleichsvorschlages
Leitsätze
Zur Glaubhaftmachung eines Anerkennungsanspruchs im Hochschulzulassungsstreits nach Ablehnung eines Vergleichsvorschlags
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller / Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Antragsteller / Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin
im 1. Fachsemester nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2010/2011 außerhalb der festgesetzten Kapazität.
2
Die Antragsgegnerin errechnete in ihrem Kapazitätsbericht für das Studienjahr 2010/2011 für die Lehreinheit Vorklinische Medizin eine
Aufnahmekapazität von (abgerundet) 310 Studienanfängerplätzen. Davon abweichend schlug sie dem Wissenschaftsministerium die
Festsetzung von 320 Vollstudienplätzen und weiteren 5 Teilstudienplätzen vor. Diesem Festsetzungsvorschlag entsprach das
Wissenschaftsministerium in der Verordnung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die Studiengänge im zentralen Vergabeverfahren
der Stiftung für Hochschulzulassung im Wintersemester 2010/2011 und im Sommersemester 2011 - ZZVO Zentrales Vergabeverfahren
2010/2011 - vom 11.06.2010 (GBl. S. 487). Mit Bescheid vom 07.10.2010 lehnte die Antragsgegnerin sämtliche Anträge auf Zulassung außerhalb
der festgesetzten Kapazität ab.
3
Der Antragsteller / Die Antragstellerin hat beim Verwaltungsgericht Sigmaringen um Eilrechtsschutz nachgesucht. Die Antragsgegnerin hat dem
Gericht am 25.10.2010 mitgeteilt, dass im zentralen Vergabeverfahren der Stiftung für Hochschulzulassung insgesamt 331 Studienplätze belegt
worden seien (326 Voll- und 5 Teilstudienplätze). Mit Beschlüssen vom 29.10.2010 und vom 02.11.2010 hat die Kammer der
Bewerberkonkurrenz um außerkapazitäre Studienplätze im Studiengang Humanmedizin (1. Fachsemester) nach § 106 Satz 2 VwGO folgenden
Vergleich vorgeschlagen:
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1. Die Antragsgegnerin führt bis (spätestens) zum 10.11.2010 ein Losverfahren betreffend die Bewerberkonkurrenz für den Studiengang
Humanmedizin im ersten Fachsemester durch und beteiligt den Antragsteller / die Antragstellerin daran.
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2. Sie wird dem Antragsteller / der Antragstellerin seinen / ihren jeweiligen Rangplatz unverzüglich formlos bekannt geben und dem
Gericht unverzüglich eine Protokollabschrift über den Verlauf der Verlosung sowie eine Liste mit den ausgelosten Rangplätzen
zukommen lassen.
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3. Die Antragsgegnerin weist dem Antragsteller / der Antragstellerin im Studiengang Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des
Wintersemesters 2010/2011 im ersten Fachsemester durch zuzustellenden Bescheid einen (endgültigen) Teilstudienplatz beschränkt
auf den Studienabschnitt bis zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für
Ärzte vom 27.06.2002 (BGBl. I, S. 2405) zu, wenn auf ihn / sie bei der Auslosung der Rangplatz 1 entfällt; der Zuweisungsbescheid wird
unwirksam, wenn der Antragsteller / die Antragstellerin die Zulassung und Immatrikulation nicht innerhalb einer Woche nach Zustellung
beantragt und deren Voraussetzungen nachweist; dazu gehört auch eine eidesstattliche Versicherung, dass er / sie bisher nicht an einer
deutschen Hochschule zum Voll- oder Teilstudium im Studiengang Humanmedizin oder einem vergleichbaren Modellstudiengang
vorläufig oder endgültig zugelassen ist oder im Zeitraum zwischen Erlass dieses Vergleichsbeschlusses und seiner Annahme
zugelassen war. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, so lässt die Antragsgegnerin den Antragsteller / die Antragstellerin zum Studium der
Humanmedizin endgültig zu und immatrikuliert ihn / sie.
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4. Die Antragsgegnerin wird den Antragsteller / die Antragstellerin entsprechend seinem / ihrem Rangplatz im Losverfahren nachrücken
lassen, wenn der Zuweisungsbescheid eines vorrangigen Bewerbers unwirksam oder dieser vor Semesterende exmatrikuliert wird und
der Antragsteller / die Antragstellerin den nächsten Rangplatz einnimmt.
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5. Die Antragsgegnerin wird dem Gericht nach Immatrikulation des/der im Los- bzw. Nachrückverfahren erfolgreichen Antragstellers /
Antragstellerin diesen benennen.
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6. Der Antragsteller / Die Antragstellerin verpflichtet sich, binnen 2 Wochen nach Zustandekommen des Vergleichs alle bei der
Antragsgegnerin ggf. gestellten weiteren Anträge auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl zurückzunehmen (der hier
streitige Eilantrag muss nicht zurückgenommen werden, das Verfahren endet durch diesen Vergleich). Sofern noch keine Klage
erhoben ist, verpflichtet sich der Antragsteller / die Antragstellerin auch keine Klage mehr zu erheben. Die Antragsgegnerin erklärt, dem
Antragsteller / der Antragstellerin im Falle des Erhaltens des Rangplatzes 1 im Losverfahren bzw. im Falle des Nachrückens eine ggflls.
bis dahin eingetretene Bestandskraft eines Ablehnungsbescheids nicht entgegenzuhalten. Für bereits anhängige Klageverfahren mit
einem NC-Aktenzeichen, betreffend eine Zulassung zum Studiengang Humanmedizin (1. Fachsemester; WS 2010/11) verpflichtet sich
der Antragsteller / die Antragstellerin, die Klage zurückzunehmen. Die Antragsgegnerin erklärt, in diesen Hauptsacheverfahren keine
außergerichtlichen Kosten geltend zu machen. Die Beteiligten sind sich insoweit einig, dass durch diese Regelung im Eilverfahren kein
Mehrwert entsteht.
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7. Die Beteiligten schließen diesen Vergleich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Insbesondere ist mit der Vergabe von weiteren
Studienplätzen über die festgesetzte Kapazität hinaus nicht die Aussage verbunden, dass eine höhere als die festgesetzte
Aufnahmekapazität auch materiellrechtlich vorhanden ist.
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8. Der Antragsteller / Die Antragstellerin verzichtet auf etwaige Ansprüche wegen verzögerter Zulassung. Die Beteiligten sind sich
darüber einig, dass durch diesen Verzicht gebührenrechtlich kein Mehrwert entsteht.
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9. Der Antragsteller / Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Antragsgegnerin erklärt, dass sie keine Einigungsgebühr
geltend machen wird. Sie wird lediglich die 1,3-Verfahrensgebühr zzgl. Auslagen und USt zur Erstattung anmelden.
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10. Die Beteiligten sind sich einig, dass der Streitwert 5.000,00 EUR beträgt.
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11. Der Antragsteller / Die Antragstellerin kann diesen Vergleich (spätestens) bis zum 07.11.2010 annehmen. Die Antragsgegnerin kann
diesen Vergleich am 08.11.2010 annehmen, sobald die Annahmeerklärungen der Antragstellerseite in allen Verfahren vorliegen, in
denen die Kammer einen solchen - jeweils gleich lautenden - Vergleich vorgeschlagen hat und die noch nicht erstinstanzlich
entschieden oder anderweitig durch Prozesserklärungen erstinstanzlich erledigt sind.
15 Zugleich hat der Berichterstatter AntragstellerInnen, die sich zu einer Annahme des Vergleichsvorschlags nicht bereit sehen wollten, aufgefordert,
bis zum 07.11.2010 glaubhaft zu machen, dass die Antragsgegnerin über eine Aufnahmekapazität von mehr als 331 Studienplätzen verfügt, und
dabei konkret inhaltlich und substantiiert zur vorliegenden Kapazitätsberechnung Stellung zu nehmen. Weiter wies der Berichterstatter darauf
hin, dass ggf. strengere Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs zu stellen seien, nachdem der
Vergleichsvorschlag ausdrücklich auf Vorschlag des Gerichts und nach einer materiellen Kapazitätsprüfung der Kammer erfolgt sei. In den vom
Prozessbevollmächtigten des Antragstellers / der Antragstellerin vertretenen Eilverfahren wurde die Frist auf 08.11.2010, 14.00 Uhr, verlängert.
16 Sämtliche AntragstellerInnen der Bewerberkonkurrenz haben den Vergleichsvorschlag fristgemäß angenommen, lediglich der
Prozessbevollmächtigte des Antragstellers / der Antragstellerin hat für die von ihm vertretenen Mandanten die Ablehnung des
Vergleichsvorschlags erklärt. Zur Begründung der von ihm behaupteten höheren Aufnahmekapazität trägt er im Wesentlichen vor, in der
Ausländerquote des zentralen Vergabeverfahrens sei eine drastische Überbuchung erfolgt, die nicht als kapazitätsdeckend anzuerkennen sei.
Es seien 58 Zulassungen für Nicht-EU-Ausländer über die entsprechende Vorabquote hinaus ausgesprochen worden. Weiter sei die von der
Antragsgegnerin im Vergleich zum Vorjahr vorgenommene Lehrdeputatskürzung von 12,5 SWS unverhältnismäßig und nicht von einer
ordnungsgemäßen Abwägung getragen. Der Masterstudiengang Molekulare Medizin habe nicht der Lehreinheit Vorklinische Medizin
zugeordnet werden dürfen. Überdies habe die Antragsgegnerin im Bachelorstudiengang Molekulare Medizin 55 statt der beschlossenen 25
Studienanfängerplätze festsetzen lassen. Der CAp von 1,4738 SWS für den Studiengang Humanmedizin sei entschieden zu hoch angesetzt. Es
dürfe nicht mit einer Gruppengröße von g=180 für Vorlesungen gerechnet werden. Bei den sog. Integrierten Seminaren sei der
Curriculareigenanteil der Vorklinik zu hoch angesetzt. Ferner sei es unzulässig, auf Lehrnachfrageseite mit einer Semesterdauer von 14 Wochen
zu rechnen; die Realität sehe anders aus. Letztlich sei die vorgelegte Schwundberechnung unklar und nicht nachvollziehbar.
17 Der Antragsteller / Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
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die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller / die Antragstellerin zur Zuweisung eines
Studienplatzes im Studiengang Humanmedizin im 1. Fachsemester, hilfsweise für den vorklinischen Studienabschnitt, an einem vom
Gericht anzuordnenden Vergabeverfahren zu beteiligen und zuzulassen, falls auf ihn / sie ein ermittelter Rangplatz entfällt.
19 Die Antragsgegnerin beantragt,
20
den Antrag abzulehnen.
21 Die festgesetzte Kapazität sei ausgeschöpft. Es gebe keine Anhaltspunkte für Fehler in der Kapazitätsberechnung.
22 Nach Übergabe des ablehnenden Tenors an die Geschäftsstelle und nach dessen Bekanntgabe an die Beteiligten hat die Antragsgegnerin die
Vergleiche in allen übrigen noch anhängigen Eilverfahren der Bewerberkonkurrenz um außerkapazitäre Studienplätze angenommen und den
Vergleich damit in diesen Verfahren wirksam werden lassen.
23 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der bei der Kammer geführten
Generalakte verwiesen, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde.
II.
24 Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
25 Es besteht zwar ein Anordnungsgrund. Dieser folgt hier aus dem Umstand, dass dem Antragsteller / der Antragstellerin ein Zuwarten bis zu einer
Entscheidung im Hauptsacheverfahren, das erst geraume Zeit nach Beginn des Bewerbungssemesters durchgeführt und abgeschlossen werden
kann, und eine damit verbundene Zurückstellung seiner / ihrer Berufsausbildung nicht zuzumuten ist.
26 Es fehlt jedoch an einer hinreichenden Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsanspruch.
27 Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf
ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der Antragsteller muss das
Bestehen eines Rechts (Anordnungsanspruch) jedoch glaubhaft machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO). Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG
ist das Verwaltungsgericht in solchen Verfahren allerdings gehalten, bei Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen - hier § 123
VwGO - der besonderen Bedeutung der betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen.
Der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Anspruch des Bürgers auf eine tatsächlich und rechtlich wirksame Kontrolle verpflichtet die Gerichte,
bei ihrer Entscheidungsfindung diejenigen Folgen zu erwägen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes für den Bürger verbunden
sind. Je schwerer die sich daraus ergebenden Belastungen wiegen, je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in
der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der
geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Besondere verfassungsrechtliche Bedeutung kommt dem Rechtsschutzbegehren zu,
weil die Begrenzung von Studienplätzen auf der Grundlage einer Numerus-Clausus-Regelung für das Studium einer bestimmten Fachrichtung
einen schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit der Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG darstellt. Gerade in Fällen, in denen die Versagung
vorläufigen Rechtsschutzes zu einer erheblichen Ausbildungsverzögerung führt, sind besondere Erfordernisse an die Effektivität des
Rechtsschutzes zu stellen. Daraus folgt, dass die Gerichte gemäß Art. 19 Abs. 4 GG gehalten sind, die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes
jedenfalls dann auf eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu stützen, wenn diese Versagung zu schweren und unzumutbaren
Nachteilen führt. Vor diesem Hintergrund darf sich das Verwaltungsgericht einer Prüfung der tatsächlich vorhandenen Kapazitäten nicht allein
unter Berufung darauf entziehen, dass in Eilverfahren im Regelfall nur summarisch geprüft wird. Effektiver Rechtsschutz in
Hochschulzulassungsverfahren gebietet, dass dem Studienbewerber eine reelle Chance auf eine möglichst zeitnahe Zuteilung eines
Studienplatzes eröffnet wird, soweit vorhandene Kapazitäten noch ungenutzt geblieben sind. Da eine Entscheidung in der Hauptsache für den
Studienbewerber aufgrund der Dauer eines Verfahrens über drei Instanzen im Regelfall schwere Nachteile mit sich bringt, bedeutet dies, dass
dem Bewerber diese Chance schon im Eilverfahren eröffnet sein muss. Eine tatsächliche Chance auf Zuweisung eines noch vorhandenen
Studienplatzes besteht jedoch nur dann, wenn die kapazitätsbestimmenden Faktoren durch die Gerichte auch schon im Eilverfahren geprüft
werden. Anderenfalls könnte sich jede Universität letztlich der Verpflichtung entziehen, Studierende bis zur vollen Ausschöpfung aller
vorhandenen Kapazitäten aufzunehmen, indem sie Zahlen benennt, die nicht völlig außerhalb der Plausibilität liegen und im Rahmen einer nur
summarischen Prüfung daher unbeanstandet bleiben (zu alledem: BVerfG, Beschluss vom 31.03.2004 - 1 BvR 356/04 -, NVwZ 2004, 1112
m.w.N.).
28 Nach diesen Maßgaben verfährt die Kammer in ständiger Praxis. In der hier zu beurteilenden besonderen und singulären Konstellation legt die
Kammer ihrer Prüfung danach aber allein die vom Antragstellervertreter vorgebrachten Rügen der Kapazitätsberechnung zugrunde, ohne auf
sonst womöglich erörterungsbedürftige Aspekte der Berechnung einzugehen. Diese Vorgehensweise findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand,
dass die Kammer nach Vorberatung und Vornahme einer (internen) materiellen Kapazitätskontrolle der Bewerberkonkurrenz als Ergebnis dieser
Kapazitätskontrolle und in Absprache mit der Antragsgegnerin einen Vergleichsvorschlag unterbreitet hat, den allein der Prozessbevollmächtigte
des Antragstellers / der Antragstellerin für die von ihm vertretenen (sechs) BewerberInnen mit der Behauptung einer höheren Aufnahmekapazität
abgelehnt hat. Es steht einem jeden Antragsteller bzw. einer jeden Antragstellerin selbstredend frei, einen - aus seiner / ihrer Sicht womöglich
unbefriedigenden - Vergleichsvorschlag abzulehnen und die Vergabe einer höheren Zahl von Studienplätzen zu erstreiten zu versuchen. Dann
jedoch ist nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO zu verlangen, dass eine höhere als die belegte bzw. die im Vergleichswege
zugestandene Aufnahmekapazität auch jeweils konkret glaubhaft gemacht wird. Schließlich nimmt ein/e AntragstellerIn, der/die dem
Vergleichsangebot nicht zustimmt, den übrigen (hier: 188) - vergleichsbereiten - BewerberInnen deren durch den Vergleichsvorschlag
konkretisierte „reelle Chance auf eine möglichst zeitnahe Zuteilung eines Studienplatzes“. Überdies würde das Scheitern des Massenvergleichs
allen (188) übrigen BewerberInnen in Anbetracht der unmittelbar drohenden Bestandskraft des jeweiligen Ablehnungsbescheids ein unnötiges
und kostenpflichtiges Hauptsacheverfahren aufnötigen, das die Kammer in gleichfalls ständiger Praxis durch eine zeitnahe Entscheidung nach
Abschluss des letzten Nachrückverfahrens oder eine zeitnahe unstreitige Erledigung im wohlverstandenen Interesse der Antragstellerseite zu
vermeiden sucht. Vor diesem Hintergrund hält es die Kammer nur dann für angezeigt, den Versuch eines Massenvergleichs insgesamt
„abzubrechen“ und streitig zu entscheiden, wenn von Antragstellerseite substantiiert eine höhere Aufnahmekapazität dargelegt und glaubhaft
gemacht wird. Dies muss in besonderem Maße gelten, wenn die Zulassungszahlenfestsetzung - wie hier - im Vergleich zur
Kapazitätsberechnung bereits eine beträchtliche freiwillige Überlast (15 Studienplätze) enthält und zudem eine Überbuchung auf eine -
unterstellt - kapazitätsdeckende Belegung von weiteren sechs Studienplätzen über der festgesetzten Zulassungszahl erfolgt ist, sodass die
Vergabe weiterer vorläufiger Studienplätze außerhalb der festgesetzten Kapazität nur möglich ist, wenn Beanstandungen der
Kapazitätsberechnung im Umfang von 22 weiteren Studienplätzen vorzunehmen sein sollten.
29 Nach diesen Maßgaben beschränken sich die nachfolgenden Erörterungen im Wesentlichen allein auf die vom Antragstellervertreter in seinem
Schriftsatz vom 08.11.2010 vorgebrachten Rügen der Kapazitätsberechnung, was zugleich auch dem vom Antragstellervertreter in Anspruch
genommenen sog. „Entdeckerprinzip“ Rechnung trägt und dem - von ihm beklagten - „Trittbrettfahrertum“ entgegenwirkt.
30 Der bei Antragseingang zunächst vorgelegten textbausteinartig gehaltenen Antragsbegründung lassen sich keine konkret auf die
Kapazitätsberechnung der Antragsgegnerin bezogenen Einwände entnehmen. Den darin ohne nähere Substantiierung geforderten Rückgriff auf
Finanzmittel des Hochschulpakts hat die Kammer in ihrer dem Antragstellervertreter bekannten Rechtsprechung der Vorjahre abgelehnt
(Beschlüsse vom 09.11.2007 - NC 6 K 1426/07 u.a. -; vgl. dazu nunmehr auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.06.2010 - NC 9 S
1056/10 -). Ansonsten erschöpft sich der Schriftsatz in pauschaler und unsubstantiierter Kritik an vorgeblich zu hoch oder zu niedrig angesetzten
Berechnungsparametern. Nicht ohne Grund hat der Antragstellervertreter in diesem Schriftsatz auch bereits angekündigt, nach Vorlage der
Kapazitätsberechnungsunterlagen „zu den aufgeworfenen Sach- und Rechtsproblemen der Kapazitätsberechnung im Leitverfahren dezidiert
Stellung“ zu nehmen.
31 Die mit Schriftsatz vom 08.11.2010 gerügte „drastische Überbuchung der Ausländerquote“ lässt sich so nicht feststellen. Der
Antragstellervertreter meint irrig, aus der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 29.10.2010 eine Überbelegung der Ausländerquote in Höhe
von 74 (statt 16) Studienplätzen ableiten zu können bzw. zu müssen, was seiner Ansicht zufolge bereits zur außerkapazitären Vergabe der
Differenz von (74 - 16 =) 58 Studienplätzen führen müsse. Es trifft zwar zu, dass in der Vorabquote des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VergabeVO Stiftung
insgesamt 74 Zulassungen ausgesprochen worden sind. Das bedeutet indes nicht, dass auch alle der davon begünstigten 74
StudienbewerberInnen die Zulassung angenommen haben. Bereits aus dem von der Antragsgegnerin geschilderten Verfahrensablauf wird
deutlich, dass ein Nachrückverfahren hat stattfinden müssen. Folglich haben weniger als 16 StudienbewerberInnen die zunächst im Wege der
Überbuchung ausgesprochenen 61 Zulassungen angenommen. Für die danach noch verfügbaren Studienplätze wurden weitere 13
Zulassungen ausgesprochen, ohne dass damit gesagt ist, dass sich daraufhin auch weitere 13 Studienbewerber immatrikuliert haben. Dem
diesbezüglichen Vortrag des Antragstellervertreters fehlt danach bereits die erforderliche Grundlage im Tatsächlichen.
32 Soweit der Antragstellervertreter vorträgt, das „gesamte Landesquotensystem bezüglich der Verteilung der Quoten unter Absolventen deutscher
Bundesländer [sei] (...) obsolet und verfassungswidrig geworden“ und verstoße „gegen das europarechtliche Verbot der Inländerdiskriminierung“,
rügt er eine vorgebliche Rechtswidrigkeit des innerkapazitären Vergabeverfahrens. Inwieweit dadurch die von ihm vertretenen
AntragstellerInnen, die eine außerkapazitäre Zulassung geltend machen, in eigenen Rechten verletzt sein sollen, legt der Antragstellervertreter
nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich (vgl. dazu in anderem Zusammenhang OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.08.2010 - 13 B
1065/10 -). Auf eine Einhaltung der Verfahrensvorschriften, die dem zentralen Vergabeverfahren zugrunde liegen, haben Studienbewerber, die
einen Studienplatz außerhalb desselben in Anspruch nehmen, keinen Anspruch (VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 31.01.2003 - NC 9
S 45/02 u.a. -, NVwZ-RR 2003, 500).
33 Die im Hinblick auf die erfolgte Überbuchung geäußerte Auffassung des Antragstellervertreters, die Antragsgegnerin habe im zentralen
Vergabeverfahren Studienplätze über die festgesetzte Zulassungszahl hinaus „wohl offensichtlich in der vollen Absicht vergeben, die
Eilantragsteller, die ihr Zulassungsbegehren gerichtlich durchsetzen wollten, sozusagen leerlaufen zu lassen und damit finanziell zu schädigen
(...)“, vermag die Kammer nicht zu teilen. Konkret auf die vom Antragstellervertreter vertretenen StudienbewerberInnen bezogen, trifft dies bereits
deshalb nicht zu, weil der Antragstellervertreter die Eilanträge für seine MandantInnen erst in der Zeit vom 30.09.2010 bis 15.10.2010 gestellt hat;
zu diesem Zeitpunkt war die Einschreibefrist im Auswahlverfahren der Hochschulen (2. Stufe im Hauptverfahren) bereits abgelaufen und die
(Über-)Belegung abgeschlossen, ohne dass der Antragstellervertreter sich im Übrigen bei Gericht oder bei der Hochschule nach dem
Belegungsstand erkundigt hatte; den Überbuchungsfaktor in der 2. Stufe des Auswahlverfahrens der Hochschulen hatte die Antragsgegnerin
bereits am 16.09.2010 festgelegt. Absichtsvolle „böswillige“ oder „treuwidrige“ Maßnahmen, „vorsätzliche sittenwidrige Schädigungen“ oder
ähnliches hat die Antragsgegnerin daher jedenfalls nicht während des Laufs der hier streitigen Eilverfahren vorgenommen. Vor diesem
Hintergrund kann auch keine Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin „auf anwaltliche Kapazitätsrüge nach Einleitung von Anträgen gem. §
123 VwGO eine erhebliche Anzahl von Plätzen an andere Bewerber (...) vergeben“ und damit „in unerträglicher Weise das Grundrecht der
klagenden Studienbewerber“ ausgehebelt hat. Davon abgesehen ist die durch Überbuchung erfolgte Überbelegung nach den diesbezüglichen
Erläuterungen der Antragsgegnerin im Eilverfahren auch als kapazitätsdeckend anzusehen. Die VergabeVO Stiftung sieht entsprechende
Rechtgrundlagen für die Vornahme einer Überbuchung vor (§ 7 Abs. 3 Satz 5, § 10 Abs. 1 Satz 4). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich oder vom Antragstellervertreter dargetan, dass die Überbuchung willkürlich erfolgt sein könnte, sodass sich die AntragstellerInnen den
aktuellen Belegungsstand entgegenhalten lassen müssen (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.10.1995 - NC 9 S 19/95 -,
KMK-HSchR/NF 41C Nr. 18; Hess. VGH, Beschluss vom 18.01.2001 - 8 GM 3131/00.S0.T -, NVwZ-RR 2001, 448), nachdem Sie auf eine
entsprechende Mitteilung hin auch keine verfahrensbeendenden Erklärungen abgegeben haben. Die von der Antragsgegnerin für das
Hauptverfahren (1. und 2. Stufe) im Auswahlverfahren der Hochschulen mitgeteilten Überbuchungsfaktoren von 1,5 bzw. 1,45, die sich im
Übrigen in der Größenordnung an den nachträglich ermittelten Überbuchungsfaktoren der drei Vorjahre orientieren, hat der Antragstellervertreter
nicht konkret beanstandet.
34 Dass „die hier praktizierte Verfahrensweise der Antragsgegnerin (...) bei ihrer gerichtlichen Billigung das Ende und den Tod aller
Kapazitätsprozesse und auch einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG bedeuten“ soll, „weil dann der reinen
verwaltungsmäßigen Willkür Tür und Tor geöffnet würde“, vermag die Kammer entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellervertreters nicht
anzunehmen. Der Antragstellervertreter wurde vom Gericht am 27.10.2010 telefonisch und mit der Übersendung des Vergleichsvorschlags
schriftlich von der Überbelegung in Kenntnis gesetzt; zugleich hat er - zuletzt schriftlich mit Telefax vom 04.11.2010 - Gelegenheit erhalten, die
Rechtsstreite im Hinblick auf die erfolgte Überbelegung für erledigt zu erklären, was zu einer entsprechenden Berücksichtigung bei der nach §
161 VwGO ggf. zu treffenden Kostenentscheidung geführt hätte. Weshalb in Anbetracht dessen die Existenz des Kapazitätsprozesses gefährdet
sein soll, erschließt sich der Kammer nicht, zumal das Phänomen der Überbelegung einer Kohorte aufgrund Überbuchung dem
Kapazitätsprozess schon bislang nicht unbekannt war.
35 Soweit der Antragstellervertreter in seinem Schriftsatz vom 08.11.2010 in den Raum stellt, die Antragsgegnerin habe „nachträglich als frei
erkannte Plätze“ an BewerberInnen vergeben, die kein gerichtliches Eilverfahren betrieben hätten, was mit einer Vergabe von weiteren „58,
hilfsweise jedoch mindestens 6 Plätzen (...) an die Antragsteller“ zu sanktionieren sei, trifft dies nicht zu. Die Überbelegung beruht nicht auf der
Erkenntnis einer höheren Aufnahmekapazität und einer darauf aufbauenden Nachmeldung oder Nachvergabe weiterer Studienplätze, sondern
ist Folge einer - dem prognostizierten Annahmeverhalten der Bewerberseite Rechnung tragenden - Überbuchung, deren Ziel es war, einen der
festgesetzten Zulassungszahl möglichst entsprechenden tatsächlichen Belegungsstand zu erreichen.
36 Die vom Antragstellervertreter zuletzt gerügte „im Vergleich zum Vorjahr vorgenommene Lehrdeputatskürzung von 12,5 SWS insgesamt“ hat er
nicht im Einzelnen einer rechtlichen Überprüfung unterzogen, sondern lediglich pauschal beanstandet. Es trifft zwar zu, dass sich das
unbereinigte Lehrangebot nunmehr (S = 263 SWS) gegenüber dem Vorjahr (S = 275,5 SWS) um 12,5 SWS verringert hat. Dem liegt aber eine
Vielzahl von kapazitätsrelevanten - und z.T. auch kapazitätsgünstigen - Maßnahmen zugrunde, die individueller Erörterung bedurft hätten. Dies
gilt in besonderem Maße deshalb, weil auf Lehrangebotsseite auch zahlreiche kapazitätsgünstige Veränderungen zu verzeichnen sind (z.B. die
Aufstockung der Lehrverpflichtung einer E13-Stelle in der Abteilung für Angewandte Physiologie von 9 auf 16 SWS oder die Neubesetzung einer
W1-Stelle in der Abteilung für Biochemie mit einem befristen beschäftigten Akademischen Mitarbeiter, der sein Weiterbildungsziel bereits erreicht
hat), die dazu führen, dass die bloße Bezugnahme des Antragstellervertreters auf das Saldo von - 12,5 SWS einzelnen kapazitätsungünstigen
Maßnahmen nicht mehr zuzuordnen ist.
37 Die negativen Veränderungen auf Lehrangebotsseite beruhen auf mehreren Einzelmaßnahmen: Der Wegfall einer W3-Stelle (9 SWS) in der
Abteilung für Anatomie und Zellbiologie, zu dessen Kompensation nach dem Vortrag der Antragsgegnerin schon 2004 eine zusätzliche W3-
Stelle als vorgezogene Nachfolge geschaffen worden sein soll, wirkt sich bereits wegen der zugleich neu eingerichteten unbefristeten AT-Stelle
(9 SWS) nicht kapazitätsungünstig aus; die damit verbundenen stellenbezogenen Maßnahmen sind folglich von der auf die
Lehrdeputatsverringerung um 12,5 SWS bezogenen Rüge des Antragstellervertreters nicht erfasst. In Anbetracht des Umstands, dass sich der
Antragstellervertreter damit auch nicht inhaltlich auseinandersetzt, sieht sich die Kammer zu keinen weiteren Ausführungen veranlasst. Die
Umwandlung einer E13-Dauerstelle (9 SWS) in zwei halbe befristete Stellen (zusammen 4 SWS) in der Abteilung für Molekulare und Zelluläre
Anatomie, die zu einem Deputatsverlust von 5 SWS führt, ist von der Antragsgegnerin ebenso wie die befristete Wiederbesetzung einer halben
E13-Dauerstelle in der Abteilung für Biochemie (-2,5 SWS) unter Berufung darauf gerechtfertigt worden, dass sie im akademischen Mittelbau zur
Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses generell ein Verhältnis von 75 % befristeten Stellen zu 25 % unbefristeten Stellen anstrebt.
Diese generelle Leitlinie hat der VGH Baden-Württemberg (Beschlüsse vom 29.01.2002 - NC 9 S 24/02 u.a. -, WissR 2002, 184) gebilligt. Auch
damit setzt sich der Antragstellervertreter nicht auseinander. Gleiches gilt für die sonstigen (teilweise derzeit kapazitätsneutralen)
Stellenveränderungen in der Abteilung für Angewandte Physiologie und in der Physiologischen Chemie. Auch insoweit sieht die Kammer daher
von weiteren Ausführungen ab.
38 Die einzige ansatzweise näher konkretisierte Rüge des Antragstellervertreters auf Lehrangebotsseite betrifft die vorgeblich
abwägungsfehlerhafte Erhöhung der funktionsbezogenen Deputatsreduzierungen in der Vorklinischen Lehreinheit. Durch die Neuwahl des
Fakultätsvorstands und der Studiendekane haben sich die Lehrdeputatsermäßigungen zulasten der Lehreinheit um 6 SWS erhöht. Selbst wenn
man jedoch den mit der Neuzuordnung der Freistellungspauschale nach § 6a LVVO verbundenen Verringerungen des Lehrdeputats die
Anerkennung versagen wollte, würde sich das unbereinigte Lehrangebot um lediglich 6 SWS - und nicht, wie vom Antragstellervertreter in den
Raum gestellt, um 12,5 SWS - erhöhen. Diese Korrektur allein würde aber die Aufnahmekapazität - wie vom Fakultätsvorstand berücksichtigt - im
Studiengang Humanmedizin lediglich um 8 Studienplätze auf (abgerundet) 318 Studienplätze erhöhen. Die festgesetzte Zulassungszahl würde
damit aufgrund der beträchtlichen freiwilligen Überlast noch immer nicht überschritten, sodass kein Raum für eine Vergabe außerkapazitärer
Studienplätze auf dieser Grundlage verbliebe. Einer Entscheidung über die Anerkennung der Erhöhung der Lehrdeputatsermäßigungen bedarf
es daher nicht.
39 Ebenso kann offen bleiben, ob die vom Antragstellervertreter kritisierte Zuordnung des Masterstudiengangs Molekulare Medizin zur
Vorklinischen Lehreinheit kapazitätsrechtlich zu akzeptieren ist. Selbst wenn man - bei kapazitätsgünstigster Betrachtungsweise - den
Masterstudiengang bei der Kapazitätsberechnung für den Studiengang Humanmedizin völlig außer Betracht lassen wollte, würde sich immer
noch eine unter der festgesetzten Zulassungszahl liegende Aufnahmekapazität für den Studiengang Humanmedizin errechnen, wobei die
soeben erörterte - fiktiv unterstellte - Korrektur bezüglich der funktionsbezogenen Lehrverpflichtungsermäßigungen (abermals) in Höhe von 6
SWS mit berücksichtigt ist. Unter Zugrundelegung eines einfachen unbereinigten Lehrangebots von 269 SWS und nach Abzug des vom
Antragstellervertreter nicht in Frage gestellten Dienstleistungsexports von 25,214 SWS und - unterstellter - Hinzurechnung der Anteilquote des
Masterstudiengangs zu derjenigen des Studiengangs Humanmedizin beträgt die Aufnahmekapazität lediglich (aufgerundet) 323 Studienplätze:
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322,7812
1
322,7812
MolMed BA
0,0667
0,514
0,0343
23,0682
0,8867
26,0157
MolMed MA
1
CA=
1,4098
41 Soweit der Antragstellervertreter in diesem Zusammenhang behauptet, die Anteilquote des Masterstudiengangs von z
MolMed MA
= 0,0667
entspreche 25 Studienplätzen, ist klarzustellen, dass 25 Studienplätze des Studiengangs Molekulare Medizin (Master) nicht 25 Studienplätzen
des Studiengangs Humanmedizin entsprechen. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (vgl. zuletzt Beschlüsse vom 06.11.2008 - NC 6 K
1500/08 u.a. -) sind Studienplätze unterschiedlicher Studiengänge in diesem Zusammenhang vielmehr unter Ansatz der jeweiligen
Curriculareigenanteile zueinander ins Verhältnis zu setzen (vgl. dazu auch die „Vergleichsberechnung“ des VGH Baden-Württemberg,
Beschlüsse vom 02.05.2007 - NC 9 S 105/06 u.a. -). Entsprechend § 2 Satz 2 der jeweiligen Zulassungszahlenverordnung würde sich dann die
Aufnahmekapazität des Studiengangs Humanmedizin um die Zahl erhöhen, die sich daraus ergibt, dass die 25 Studienplätze des
Masterstudiengangs Molekulare Medizin mit dem Curriculareigenanteil dieses Studiengangs multipliziert und das Ergebnis durch den
Curriculareigenanteil des Studiengangs Humanmedizin dividiert wird. Mithin entsprechen 25 Studienplätze des Masterstudiengangs Molekulare
Medizin lediglich (25 x 0,24 / 1,4738 =) 4,0711 Studienplätzen des Studiengangs Humanmedizin. Von einer Kapazitätseinbuße dieser
Größenordnung zulasten des Studiengangs Humanmedizin ist auch die Antragsgegnerin ausgegangen, sodass von einer „abenteuerlichen“
Begründung keine Rede sein kann.
42 Soweit der Antragstellervertreter bemängelt, dass für den Bachelorstudiengang Molekulare Medizin statt der vorgesehenen 25 (bzw. der
errechneten 28) Studienplätze insgesamt 55 Studienanfängerplätze vergeben worden seien, lässt er außer Acht, dass darin 25 aus dem
Programm „Hochschule 2012“ finanzierte Studienplätze enthalten sind. Die Behauptung des Antragstellervertreters, diese über die
Kapazitätsberechnung hinaus vergebenen Studienplätze seien „zu Lasten der Vorklinik“ vergeben worden, trifft indes nicht zu. Die
Antragsgegnerin hat in ihrem Schreiben vom 25.10.2010 zu Nr. 16 der Aufklärungsverfügung des Berichterstatters vom 06.10.2010 den Umfang
der Mittelzuweisungen für die Befriedigung der von diesen Studienplätzen ausgehenden Lehrnachfrage dargelegt. Ferner hat die Kammer - in
Anwesenheit des Antragstellervertreters - im Erörterungstermin des Vorjahrs die kapazitätsrechtliche Behandlung derartiger „extrakapazitärer“
Studienplätze ausführlich diskutiert und verdeutlicht, dass es der Bilanzierungssymmetrie von Lehrangebot und Lehrnachfrage gerade entspricht,
diese Studienplätze ebenso wie das durch das Programm Hochschule 2012 finanzierten Stellen „neben“ der Kapazitätsberechnung zu führen.
Nachdem aus den zugewiesenen Mitteln lediglich eine W3-Professur finanziert wurde, hätte es dem Antragsteller oblegen glaubhaft zu machen,
wie damit eine Lehrnachfrage von mehr als 25 Studierenden soll befriedigt werden können. Daran fehlt es hier völlig.
43 Den vom Antragstellervertreter vorgetragenen Beanstandungen des CA
Humanmedizin
von 1,4738 SWS auf Lehrnachfrageseite folgt die Kammer
nicht. Der Antragstellervertreter geht zwar zutreffend davon aus, dass das von der Kammer in ihren Urteilen vom 17.03.2005 - NC 6 K 396/04 u.a.
- vertretene Modell zum Umgang mit der für Vorlesungsveranstaltungen anzusetzenden Gruppengröße „logisch und nachvollziehbar“ „war und
ist“. Er lässt jedoch außer Acht, dass die Kammer daran im Eilverfahren bereits seit ihren Beschlüssen vom 03.11.2006 - NC 6 K 216/06 u.a. -
unter Verweis auf die Rechtsansicht des VGH Baden-Württemberg (Urteile vom 23.11.2005 - NC 9 S 142/05 u.a. -) nicht mehr festhält. Die
Revisionsverfahren beim Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26.09.2006 - 6 B 18.06 u.a. -) haben sich ohne Entscheidung
zur Sache erledigt. Neue Gesichtspunkte, die ein Überdenken dieser Entscheidungspraxis nahe legen würden, hat der Antragstellervertreter
insoweit nicht vorgebracht.
44 Der Antragstellervertreter hat auch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Beteiligung der Klinischen Lehreinheiten bei den Seminaren
mit klinischen Bezügen und den Integrierten Seminaren zu gering angesetzt sein soll. Seine diesbezügliche Behauptung, die Beweisaufnahme
in der mündlichen Verhandlung der Kammer vom 11.03.2005 zum Wintersemester 2004/05 habe einen hälftigen Anteil der Klinik ergeben, trifft
nicht zu. Die Kammer hat vielmehr in ihren Urteilen vom 17.03.2005 - NC 6 K 396/04 u.a. - das von der Antragsgegnerin damals wie heute in
Ansatz gebrachte Verhältnis von Seminaren, die von der vorklinischen Lehreinheit erbracht werden, zu solchen, die als klinischer Import zählen,
gerade nicht beanstandet. Dass bei der Antragsgegnerin 6 von 11 Seminaren der Vorklinik zugerechnet und 5 dagegen als klinischer Import
angesetzt werden, hat die Kammer als ausreichende Beteiligung auch des klinischen Lehrpersonals an der Abhaltung der neuen Seminare
angesehen. Ein abweichendes Ergebnis der damaligen Beweisaufnahme in tatsächlicher Hinsicht ist vom Antragstellervertreter weder dargelegt
noch für die Kammer sonst ersichtlich.
45 Auch soweit der Antragstellervertreter rügt, der CA
p
sei deshalb überhöht, weil er auf der Grundlage einer 14-wöchigen Semesterdauer
berechnet worden sei, ein Semester in der Wirklichkeit aber durchschnittlich 14,5 Wochen dauere, vermag ihm die Kammer nicht zu folgen. Der
VGH Baden-Württemberg hat bereits in seinem Beschluss vom 17.12.1979 - IX 1236/78 - (KMK/HSchR 1980, 531, 541 ff.; vgl. dazu ebenso VGH
Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.12.1992 - NC 9 S 26/92 -) darauf hingewiesen, dass die beteiligten Gremien der damaligen ZVS bei der
Ermittlung der Curricularrichtwerte grundsätzlich an die tatsächlichen Verhältnisse im Geltungsbereich des Staatsvertrags über die Vergabe von
Studienplätzen und damit an die bei den deutschen Universitäten traditionell übliche Vorlesungsdauer angeknüpft haben. Dementsprechend
wurde seither in der Regel mit einer der Ausbildungswirklichkeit entsprechenden durchschnittlichen Dauer der Vorlesungszeit an
wissenschaftlichen Hochschulen von 14 Semesterwochen (16 Wochen im Wintersemester, 12 Wochen im Sommersemester) gerechnet. Unter
Hinweis auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Systemgerechtigkeit, der im Kapazitätsrecht eine besondere Ausprägung durch das Gebot der
Bilanzierungssymmetrie von Lehrangebot und Lehrnachfrage erfährt, hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausgeführt, dass das
Kapazitätsberechnungssystem unstimmig wird, wenn auf Lehrangebots- und Lehrnachfrageseite ein unterschiedlicher zeitlicher Bezugsrahmen
in Ansatz gebracht wird. Der Begriff der Deputatsstunde muss auf beiden Seiten der Berechnung dieselbe Bedeutung haben. Die der Ermittlung
des CAp zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse vermag der Antragstellervertreter ohnehin nicht mit der isolierten Betrachtung der letzten
beiden Studienjahre in Frage zu stellen. Die Zusammenstellung der vorlesungsfreien Zeiten im jeweiligen Sommersemester im Schriftsatz des
Antragstellervertreters vom 08.11.2010 leidet überdies daran, dass lediglich die vorlesungsfreien Feiertage wiedergegeben werden; dass die
Pfingstwoche traditionell insgesamt vorlesungsfrei ist, lässt der Antragstellervertreter ebenso unerwähnt wie den Umstand, dass auf der
angegebenen Internet-Seite der Antragsgegnerin für das Sommersemester jeweils vermerkt ist, dass die Fakultäten entscheiden, ob eine sog.
„Reading Week“ stattfindet. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht hinreichend dargelegt, dass die Dauer des Semesters in der
Hochschulwirklichkeit 14 Wochen im Durchschnitt tatsächlich überschreitet.
46 Die Beanstandung der von der Antragsgegnerin vorgelegten Schwundberechnung erschöpft sich in der bloßen Behauptung, dieselbe sei „unklar
und nicht nachvollziehbar“; die Kammer war ohne Weiteres in der Lage, die Berechnung nachzuvollziehen. Im Übrigen hat die Kammer die
Schwundberechnung in der Vergangenheit jährlich kontrolliert und auch mit den ihr bekannten Belegungszahlen (einschließlich gerichtlicher
Zulassungen) abgeglichen. Sie hat keinerlei Anhaltspunkte, dass die der Berechnung zugrunde liegenden Eingabeparameter unzutreffend sein
könnten. Vor diesem Hintergrund hatte die Kammer auch keine Veranlassung, der Antragsgegnerin - wie vom Antragstellervertreter gewünscht -
„aufzugeben, ordnungsgemäß die genauen Besetzungszahlen der letzten 5 vorklinischen Semester vorzulegen“. Die (ordnungsgemäßen)
Besetzungszahlen der Vorjahre, die für eine Berechnung des Schwundfaktors nach dem Hamburger Modell erforderlich sind, sind in der
Schwundtabelle enthalten. Dass es der Antragstellervertreter für nicht glaubhaft hält, dass kein Schwund eingetreten sein soll, ist insoweit
irrelevant. Das Phänomen eines positiven Schwundverhaltens in einzelnen Übergangsquoten (und auch im Gesamtergebnis) ist ohne Weiteres
damit erklärlich, dass die Zulassungszahlen - und damit auch die jeweilige Auffüllverpflichtung für höhere Fachsemester - im
Betrachtungszeitraum der Schwundtabelle angestiegen sind.
47 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Aus Gründen der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung in Baden-Württemberg setzt die Kammer hier auch im Eilverfahren den (vollen) Auffangstreitwert an (vgl. die ständige
Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, etwa Beschluss vom 06.05.2004 - NC 9 S 281/04 -; Beschluss vom 04.04.2005 - NC 9 S 3/05 -).