Urteil des VG Saarlouis vom 18.11.2009

VG Saarlouis: von Ausbildungsförderung, Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X verstrichen., unterbrechung der verjährung, einstellung der ermittlungen, behörde, rückforderung, verwirkung

VG Saarlouis Entscheidung vom 18.11.2009, 11 K 308/08
Rückforderung von Ausbildungsförderung - Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X
verstrichen.
Leitsätze
1. Der Begriff der Kenntnis im Sinne des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X enthält subjektive und
objektive Elemente.
2. Erforderlich ist eine hinreichend sichere Information über alle für die Aufhebung
bedeutsamen Fakten.
3. Maßgeblich ist nicht die Einstellung des zuständigen Sachbearbeiters, sondern der
Standpunkt der Behörde als solcher.
4. Die Verwaltung entscheidet, auf welche sachgerechten Umstände sie für ihr Ermessen
abstellen will.
5. Weitere Ermittlungen lösen dann keinen neuen Fristbeginn aus, wenn deren Einfluss auf
die Entscheidung nicht erkennbar ist.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2006 und der Widerspruchsbescheid vom
26.2.2008 werden aufgehoben.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt die Beklagte.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich
aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsförderungsleistungen.
Mit Bescheid vom 31.03.2000 waren dem Kläger Leistungen nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Bewilligungszeitraum Oktober 1999 bis
September 2000 bewilligt worden. In dem Bescheid wurde ihm entsprechend seinen
vorherigen Angaben im Antragsformblatt kein eigenes Vermögen angerechnet. Nachdem
die Beklagte durch eine Mitteilung des Bundesamtes für Finanzen Kenntnis davon erlangt
hatte, dass der Kläger im Jahre 2001 Zinserträge erwirtschaftet hatte, erfolgte mit
Schreiben vom 26.02.2003 (Bl. D 36 der Beiakte) eine ergänzende Vermögensabfrage.
Mit Schreiben vom 09.03.2003, 27.08.2003 und 16.09.2003 trug der Kläger zu seinen
Vermögensverhältnissen vor und reichte Unterlagen zu den Akten. Mit Schreiben vom
04.12.2003 zur Vorlage ergänzender Unterlagen aufgefordert, trug er unter dem
13.01.2004 weiter vor. Insbesondere machte er geltend, das Depot bei der KSK sei
bereits im Jahr 2000 geschlossen worden. Das einzige bei ihm noch vorhandene Dokument
habe er bereits vorgelegt. Auf dem Konto sei kein eigenes Vermögen, sondern nur das
seiner Mutter verwaltet worden. Nach Auflösung des Depots habe er das Geld teilweise
seiner Mutter ausgezahlt, teilweise sei es in andere Aktien investiert worden. Außerdem
äußerte der Kläger in diesem Zusammenhang seine Auffassung, eine weitere
Sachaufklärung sei weder notwendig noch möglich; die Nachprüfung sei einzustellen. Mit
Schriftsatz vom 09.02.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, nach dem derzeitigen
Sachstand sei man verpflichtet, die Wertpapiere in Höhe von 5.550,-- DM weiterhin, auch
für die Bewilligungszeiträume 10/00 bis 09/01 und folgend als Vermögen anzurechnen. Es
wurde ihm jedoch anheimgestellt, weiter vorzutragen und den Weg des Geldes nach der
Auflösung des Depots bei der KSK im Jahr 2000 anhand geeigneter Unterlagen
nachzuweisen (Bl. D 49 ff. der Beiakte). Mit Schreiben vom 29.02.2004, bei der Beklagten
am 02.03.2004 eingegangen, reichte der Kläger weitere Unterlagen zu den Akten, die er
zum Teil (Anlagen 9 bis 11) wegen der schlechten Lesbarkeit der ursprünglichen
Unterlagen am 03.03.2004 erneut einreichte (Bl. D 65 bis D 50 der Beiakten). Mit
Schreiben vom 09.03.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, auch die mit Schreiben
vom 29.02.2004 nachgereichten Unterlagen seien nicht umfassend aufschlussreich. Es sei
zwar nachgewiesen, dass seine Mutter im Jahre 1998 (November 1998) offenbar einen
Betrag von insgesamt 2.150,- DM zur Verfügung gestellt habe, was durch die
Bareinzahlung vom 11.11.1998 auf das Konto des Klägers bei der KSK konkludent
erscheine. Die Wertpapiere im Depot der Sparkasse seien jedoch per 31.12.1998 mit
einem Wert von 5.550,--DM ausgewiesen. Wann genau diese Aktien erworben worden
seien, sei daraus weiter nicht ersichtlich. Soweit eine Rückzahlung in Höhe von 2.000,-- DM
am 07.08.2000 an die Mutter des Klägers erfolgt sei (Überweisungsbeleg) fehle die
entsprechende Kontobewegung. Zudem wurden Zweifel geäußert, ob die avisierte
Rückzahlung in Höhe von 2.000,-- DM vom 07.08.2000 nicht auch im Zusammenhang mit
Überweisungen seiner Mutter vom 24.02.2000 oder 28.02.2000 stehe. Der Kläger
verwies mit Schreiben vom 14.04.2005 unter Vorlage von teils bereits vorgelegten und
teils neuen Unterlagen auf seinen bisherigen Vortrag. Insbesondere verwies er hinsichtlich
der umstrittenen Rückzahlung von 2.000,-- DM an seine Mutter auf den bereits (am
02.03.2004) vorgelegten Überweisungsbeleg. Er reichte ergänzend einen Beleg über die
entsprechende Kontobewegung bei seiner Mutter nach (Bl. D 69 der Beiakte), wonach die
2.000,- DM am 10.08.2000 dem Konto der Mutter gutgeschrieben wurden.
Mit Bescheid vom 13.03.2006 (D 109 der Beiakte) berechnete die Beklagte die dem
Kläger im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum Oktober 1999 bis September 2000
zustehenden Förderungsleistungen neu, wobei ein eigenes Vermögen angerechnet wurde.
Dabei ergab sich eine Rückforderung in Höhe von 1.609,74 EUR.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 03.04.2006 Widerspruch. Zur Begründung
machte er geltend, man habe ihm zu Unrecht Aktien bei der KSK als eigenes Vermögen
angerechnet. Hierbei habe es sich um eine verdeckte Treuhand zu Gunsten seiner Mutter
gehandelt. Der Bescheid sei aber im Übrigen bereits deshalb rechtswidrig, weil er nicht
innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X erlassen worden sei. Seine letzte
Mitteilung von Tatsachen sei mit Schreiben vom 13.01.2004 erfolgt.
Der Widerspruch wurde durch den Widerspruchsbescheid vom 26.02.2008, dessen
Zustellungsdatum sich der Verwaltungsakte nicht entnehmen lässt, zurückgewiesen. Zur
Begründung wurde ausgeführt, der Sachvortrag des Klägers, er habe als Treuhänder seiner
Mutter in den Jahren 1998 und 2000 Aktien für die Rechnung seiner Mutter erworben und
für diese (teilweise) wieder verkauft bzw. neu angelegt, sei nicht überzeugend. Selbst
wenn man, was vorliegend fraglich sei, tatsächlich ein verdecktes Treuhandverhältnis
annehme, stehe dies einer Anrechnung des streitigen Betrages von 5.550,- DM nicht
entgegen. Insofern sei der im Sozialhilferecht entwickelten Rechtsprechung zu folgen,
wonach derjenige, der Gelder eines Dritten auf eigenen Konten verwahre und hierdurch
den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeuge, sich hieran auch im Rahmen der
Bedürftigkeitsprüfung durch einen Sozialleistungsträger festhalten lassen müsse, sofern der
Treuhandcharakter nicht offenkundig sei. Die Rückforderung scheitere auch nicht an § 45
Abs. 4 SGB X. Die dort vorgesehene Jahresfrist sei nicht überschritten. Die Jahresfrist könne
nur von dem Zeitpunkt an laufen, zu dem die Behörde in der Lage gewesen sei, den
angefochtenen Bescheid zu erlassen. Die Beklagte habe noch im März 2005 ergänzende
Unterlagen vom Kläger angefordert, was zeige, dass sie seinerzeit davon ausging, dass
nicht alle erforderlichen Unterlagen erhalten zu habe. Der Kläger habe noch im April 2005
seinerseits ergänzende Unterlagen eingereicht, so dass die Jahresfrist des für den im März
2006 erlassenen angefochtenen Bescheid nicht überschritten worden sei.
Mit der am 28.03.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein
Anfechtungsbegehren weiter. Zur Begründung macht er geltend, das treuhänderisch
gehaltene Vermögen sei entgegen der Ansicht der Beklagten ihm nicht zuzurechnen.
Jedenfalls sei die Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 SGB X nicht eingehalten. Die Frist beginne
zu laufen, wenn die Behörde ohne weitere Sachverhaltsaufklärung objektiv in der Lage sei,
unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme des Verwaltungsakts
zu entscheiden. Zwischen dem letzten Schreiben vor dem angefochtenen Bescheid und
dem vorletzten Schreiben liege über ein Jahr der Untätigkeit. Alle entscheidungserheblichen
Daten hätten mit Schreiben vom 29.02.2004 vorgelegen. Das Schreiben vom 14.04.2005
habe nur wiederholenden Charakter gehabt und enthalte keine neuen Informationen. Das
Antwortschreiben des Klägers vom 14.04.2005 auf das Auskunftsverlangen der Beklagten
sei umso mehr irrelevant für die Entscheidung gewesen, als die Beklagte ohnehin die
Rechtsmeinung vertrete, dass es bei der verdeckten Treuhand nicht auf die Bereitstellung
der Finanzmittel durch den Treugeber ankomme. Selbst wenn die Beklagte nach Eingang
des Schreibens vom 29.02.2004 subjektiv der Ansicht gewesen sei, noch nicht alle
Tatsachen ermittelt zu haben, hätte sie nicht bis zum 09.03.2005 zuwarten dürfen. § 45
Abs. 4 Satz 2 SGB X sanktioniere auch Ermittlungspausen von über einem Jahr, wenn die
Vornahme der weiteren Ermittlungen allein von der Entscheidung der Behörde abhänge.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2006 und den
Widerspruchsbescheid vom 26.02.2008 aufzuheben.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf die Ausführungen im
Widerspruchsbescheid und macht weiter geltend, der Kläger habe zudem durch
Widerspruch vom 02.03.2004 ein weiteres Widerspruchsverfahren (betreffend einen
anderen Bewilligungszeitraum) eingeleitet, bei dem es um die nämlichen Vermögenswerte
gegangen sei. Das Schreiben vom 09.03.2005 sei nicht als Versuch der Unterbrechung der
Verjährung zu sehen. Vielmehr habe Anlass zu weiteren Ermittlungen bestanden. Zwar sei
im Zusammenhang mit Rücknahmeentscheidungen der Grundsatz der Verwirkung zu
beachten. Eine Verwirkung sei hier aber nicht anzunehmen, da der Kläger durch
Korrespondenz mit der Beklagten in die Entscheidungsprozesse der Beklagten nach dem
29.02.2004 eingebunden gewesen sei, was ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend,
es werde kein Rückforderungsanspruch mehr geltend gemacht, nicht habe begründen
können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf den Inhalt
der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen. Diese waren
Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 40, 42, 68 ff. VwGO zulässige Anfechtungsklage, über die nach Anhörung
der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden
kann, da die Sache – soweit entscheidungserheblich – keine besonderen Schwierigkeiten
tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, hat auch in der
Sache Erfolg.
Der Bescheid vom 13.03.2006 und der Widerspruchsbescheid vom 26.02.2008 sind
rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der auf § 45 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m Abs. 4 SGB X gestützten Rückforderung in Höhe von
insgesamt 1.609,74 EUR steht entgegen, dass die Beklagte den Rückforderungsanspruch
nicht innerhalb der in § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X geregelten Jahresfrist geltend gemacht hat.
Der Einjahreszeitraum des § 45 Abs. 2 SGB X beginnt mit der Kenntnis der Tatsachen, die
die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Damit sind zunächst alle tatsächlichen Umstände gemeint, die nach Maßgabe von § 45
SGB X zur tatbestandlichen Prüfung der Aufhebbarkeit des begünstigenden
Verwaltungsaktes erforderlich sind. Hierzu gehören alle Tatsachen, aus denen sich ergibt,
dass der begünstigende Verwaltungsakt ohne Rechtsgrund erlassen worden, also
rechtswidrig ist. (Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, Rdnr. 81, m.w.N.) Nach
der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) beginnt
die Jahresfrist für die rückwirkende Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsaktes
nicht eher zu laufen, als der für die Entscheidung über die Aufhebung nach der
Geschäftsverteilung des Leistungsträgers zuständigen Behörde die Tatsachen zur
Bearbeitung vorliegen, aus denen sich die tatbestandlichen Voraussetzungen der
Aufhebbarkeit des Verwaltungsaktes ergeben. Die einjährige Ausschlussfrist beginnt
jedenfalls dann, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des zurückzunehmenden
Verwaltungsaktes sowie die Tatsachen hinsichtlich der weiteren
Rücknahmevoraussetzungen kannte (Bayer.LSG, Urteil vom 19.02.2009 - L 9 AL 143/03 -,
juris, m.w.N.) .
Der Begriff Kenntnis im Sinne des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X enthält subjektive und objektive
Elemente. Die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis liegt dann vor, wenn
mangels vernünftiger, objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere
Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger
Tatsachen besteht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt Kenntnis voraus,
dass das bei der Behörde vorhandene Wissen den Erlass eines rechtmäßigen Aufhebungs-
bzw. Rücknahmebescheides ermöglicht. Dies erfordert eine hinreichend sichere Information
über alle, für die Aufhebung bedeutsamen Fakten. Die Kenntnis kann dabei nicht von der
individuellen Einstellung des zuständigen Sachbearbeiters abhängig gemacht werden.
Vielmehr kommt es auf den Standpunkt der Behörde als solcher an. Anderenfalls könnte
dem Ziel der Rechtssicherheit, das in § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X zum Ausdruck kommt, nicht
Rechnung getragen werden (Ebd.) .
Dabei obliegt der Verwaltung die Entscheidung, auf welche sachgerechten Umstände sie
für ihr Ermessen abstellen will. Es ist aber zu berücksichtigen, dass weitere Ermittlungen
dann keinen neuen Fristbeginn auslösen, wenn deren Einfluss auf die Entscheidung nicht
erkennbar ist (Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 61.
Ergänzungslieferung 2009, § 45 SGB X, Rdnr. 27, m.w.N.) .
Wenn nach Erkenntnis der die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes begründenden
Tatsachen die weiteren Ermittlungen treuwidrig verzögert werden, kann zudem
möglicherweise Verwirkung eintreten (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008,
Rdnr. 81, m.w.N.; BVerwG, Urt. V. 20.12.2000 – 7 C 42/98-, NJW 2000, 1512) .
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze war hier die Jahresfrist zum Zeitpunkt des
Erlasses des Ausgangsbescheides bereits verstrichen. Alle zum Erlass des Bescheides
maßgeblichen Tatsachen lagen offensichtlich bereits jedenfalls Anfang 2004 vor. Der Kläger
selbst vertrat bereits in seinem Schreiben von 13.01.2004 die Auffassung, dass eine
weitere Sachaufklärung weder notwendig noch möglich sei und forderte die Beklagte zur
Einstellung der Ermittlungen auf. Spätestens ab diesem Zeitpunkt stellte sich
entscheidungserheblich ausschließlich die Frage, wie die Beklagte den Vortrag des Klägers
bewertet. Dass und zu welcher Bewertung des Vorbringens des Klägers die Beklagte
bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in der Lage war, zeigt das Schreiben der Beklagten
vom 09.02.2004, in dem es u.a. heißt:
„Nach dem derzeitigen Sachstand sind wir daher verpflichtet, die
Wertpapiere in Höhe von 5.550,- DM weiterhin, auch für die
Bewilligungszeiträume 10/00 bis 09/01 und folgend als Vermögen
anzurechnen“.
Gerade diese Formulierung macht deutlich, dass jedenfalls hinsichtlich des hier
streitgegenständlichen Bewilligungszeitraumes die Entscheidung über die Anrechnung der
Wertpapiere als Vermögen des Klägers nicht nur möglich, sondern offensichtlich bereits
gefallen war.
Hinzu kommt, dass - wie der Kläger überzeugend dargelegt hat -, letztlich
entscheidungserheblich war, dass der Kläger den Rechtsschein der
Vermögensinhaberschaft gesetzt hatte (vgl. Seite 4 des Widerspruchsbescheides letzter
Absatz) und der Treuhandcharakter nicht offenkundig war. Die angeblich erforderlichen
weiteren Ermittlungen, die mit dem Schreiben vom 09.03.2005 nach mehr als einem Jahr
in Gang gesetzt wurden, betrafen indes diese Umstände ersichtlich nicht und waren
gerade auf Grundlage der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht erforderlich.
Die von der Beklagten im Vermerk vom 27.11.2008, auf den im Schriftsatz vom
28.07.2009 verwiesen wurde, angeführten Gründe, die eine zügige Bearbeitung des
Verfahrens verhindert haben, haben den Lauf der Jahresfrist weder gehemmt noch
unterbrochen. Dass wegen eines weiteren Widerspruchs des Klägers einen anderen
Bewilligungszeitraum betreffend im Sachgebiet der Beklagten die Akte nicht immer präsent
war, ist ebenso wie die Tatsache, dass sich die Akte wegen der Bearbeitung von weiteren
Förderungsanträgen des Klägers verschiedentlich auf den Geschäftsgängen befand, der
(Risiko-)Sphäre der Behörde zuzurechnen und von daher ungeeignet, den Lauf der
Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X zu beeinflussen. Nichts Anderes gilt für die von
der Beklagten angeführten „internen Entscheidungsprozesse“, die dazu geführt haben
sollen, dass die Vermögensverhältnisse des Klägers zunächst nicht weiter geklärt worden
sind.
Ist vorliegend aber der Rückforderungsanspruch bereits wegen § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X
ausgeschlossen, stellt sich die Frage nach der Verwirkung der Rücknahmebefugnis nicht
mehr.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 Abs. 2 VwGO,
708 Nr. 11, 711 ZPO.