Urteil des VG Saarlouis vom 17.03.2009

VG Saarlouis: abschiebungshaft, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, ausländer, transportkosten, ärztliche behandlung, haftkosten, einreisesperre, georgien, strafvollzug, pauschalbetrag

VG Saarlouis Urteil vom 17.3.2009, 2 K 1028/08
Erstattungspflicht eines Ausländers bezüglich der Kosten seiner Abschiebung
Leitsätze
1. Die Erstattungspflicht eines Ausländers für die Kosten seiner Abschiebung erstreckt sich
auf alle erforderlichen, tatsächlich entstandenen Kosten.
2. Eine etwaige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ausländers steht der Erhebung der
Abschie-bungskosten nicht entgegen.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden
Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe
leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattung von Abschiebungskosten.
Der Kläger, georgischer Staatsangehöriger, reiste am 24.08.1995 erstmals in die
Bundesrepublik Deutschland ein. Nach erfolgloser Durchführung eines Asyl- sowie eines
Folgeverfahrens wurde er am 22.12.1999 nach Georgien abgeschoben.
Im Rahmen einer Kontrolle der Bundespolizei wurde der Kläger am 23.01.2008 in einem
Zug auf der Strecke von Frankfurt nach Paris ohne gültigen Aufenthaltstitel aufgegriffen
und festgenommen. Mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 24.01.2008 wurde
der Kläger zur Sicherung seiner Abschiebung in Abschiebehaft genommen und in die
Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige (GfA) in Ingelheim verbracht. Ein daraufhin
von dem Kläger unter dem 28.01.2008 gestellter weiterer Asylfolgeantrag wurde mit
Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22.02.2008 abgelehnt.
Seine hiergegen sowie gegen seine bevorstehende Abschiebung eingelegten Rechtsbehelfe
blieben erfolglos.
Am 28.02.2008 wurde der Kläger aus der Abschiebungshaft heraus auf dem Luftweg nach
Georgien abgeschoben.
Mit Schreiben vom 14.03.2008 beantragte der Kläger, die Rechtswirkungen seiner
Abschiebung zu befristen.
Daraufhin teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 28.04.2008 mit, dass die
Befristung davon abhängig gemacht werden solle, dass die Abschiebungskosten sowie
sonstige während des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland für den Ausländer
aufgewandten öffentlichen Mittel erstattet würden, und wies im Weiteren darauf hin, dass
der Ausländer zu deren Erstattung verpflichtet sei. Zugleich wurde der Kläger gebeten, die
entstandenen Abschiebungskosten in Höhe von 7.422,48 Euro zu erstatten, und erklärt,
dass nach Zahlungseingang über die Befristung der Wirkungen der Abschiebung gemäß §
11 Abs. 1 AufenthG abschließend entschieden werde.
Die entstandenen Abschiebungskosten setzten sich dabei ausweislich einer dem Schreiben
vom 28.04.2008 beigefügten Kostenaufstellung wie folgt zusammen:
- 1.033,19 Euro für die Beschaffung eines Flugtickets von München
nach Tbilissi;
- 3.132,00 Euro Abschiebehaftkosten (GfA Ingelheim: 36 Tage x 87,00
Euro);
- 146,57 Euro Arztkosten (Haftfähigkeitsprüfung);
- 517,70 Euro Transportkosten für die Zuführung in die GfA
Ingelheim;
- 2.593,02 Euro Transportkosten, die anlässlich des Transportes des
Klägers zum Flughafen durch die Polizei entstanden sind.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 06.05.2008 Widerspruch ein, zu dessen
Begründung er geltend machte, die berechneten Kosten in Höhe von 7.422,48 Euro
bedeuteten für ihn eine faktische Einreisesperre. Soweit die Pflicht zur Erstattung der
Haftkosten wegen ihrer Höhe zu einer faktischen Einreisesperre führe, sei aber deren
Verhältnismäßigkeit bei der Entscheidung über die Wiedereinreise zu prüfen. Dabei sei zu
berücksichtigen, dass seine Ehefrau und ihre gemeinsamen beiden Kinder, für die er das
Sorgerecht habe, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG besäßen. Sowohl
seine Ehefrau als auch vor allem sein Sohn litten so sehr unter der Trennung, dass sie sich
in ärztliche Behandlung hätten begeben müssen. Darüber hinaus müsse die Höhe der
einzelnen Rechnungsposten nachgewiesen werden, etwa wie teuer das Flugticket selbst
gewesen sei und welche Beschaffungskosten darüber hinaus angefallen seien. Überdies
werde um Aufschlüsselung der Abschiebehaftkosten in Höhe von insgesamt 3.132,00 Euro
sowie Übersendung detaillierter Rechnungen für die Transportkosten in Höhe von 517,70
Euro und 2.593,02 Euro gebeten. Die entsprechenden Transportkosten könnten ihm nur in
Rechnung gestellt werden, soweit sie notwendig gewesen seien. Unabhängig hiervon
schlage er, da er nicht zahlungsfähig sei, vor, die Rechtswirkungen der Abschiebung zu
befristen, nachdem er ein Drittel der angefallenen Abschiebungskosten bezahlt habe. Den
restlichen Betrag werde er vorbehaltlich der Widerspruchsentscheidung in Raten nach
seiner Einreise zahlen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2008, dem Kläger zu Händen seiner
Prozessbevollmächtigten am 12.09.2008 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch
des Klägers zurück. Zur Begründung wurde klarstellend darauf hingewiesen, dass sich der
Widerspruch des Klägers nur auf die Höhe der Abschiebungskosten beziehe, und im
Weiteren dargelegt, dass die geltend gemachten Kosten der Abschiebung rechtlich nicht zu
beanstanden seien. Die gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in Ansatz gebrachten
Flugkosten in Höhe von 1.033,19 Euro seien durch die entsprechende Rechnung eines
Reisebüros belegt und setzten sich aus den Kosten für das Flugticket in Höhe von 993,19
Euro sowie einer Hinterlegungsgebühr in Höhe von 40,00 Euro zusammen. Die
entstandenen Kosten für die Zuführung des Klägers zur GfA Ingelheim am 24.01.2008
seien durch die Kostenrechnung der Landespolizeidirektion, Abteilung Bereitschaftspolizei
vom 25.01.2008 nachgewiesen. Diese Kosten beinhalteten die Transport- sowie
Personalkosten für die begleitenden Polizeibeamten. Auch seien die durch den Transport
von der GfA Ingelheim zum Flughafen München entstanden Transportkosten in Höhe von
2.593,02 Euro als Reisekosten mit zu berücksichtigen. Die Transportkosten setzten sich
aus den Kosten der saarländischen Polizei für den Transport des Klägers von Ingelheim
nach München sowie den Personalkosten für die den Transport begleitenden
Polizeibeamten zusammen. Diese Kosten, die auch der Höhe nach nicht zu beanstanden
seien, seien durch die Kostenrechnung der Landespolizeidirektion, Abteilung
Bereitschaftspolizei vom 13.03.2008 sowie ergänzenden Unterlagen nachgewiesen.
Ebenfalls in direktem Zusammenhang mit der Abschiebung des Klägers stünden die Kosten
für dessen Haftfähigkeitsuntersuchung in Höhe von 146,57 Euro, welche durch die
Rechnung des untersuchenden Arztes belegt seien. Die Kosten der der Abschiebung
vorausgegangenen Abschiebungshaft habe der Kläger gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG
zu tragen. Die Erstattungspflicht für Kosten einer in Justizvollzugsanstalten vollzogenen
Abschiebungshaft erstrecke sich gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG auf alle
erforderlichen, tatsächlich entstandenen Kosten der Abschiebungshaft. Die Kosten der
Abschiebungshaft in Höhe von 87,00 Euro je Tag setzten sich aus Sachkosten in Höhe von
51,49 Euro, Personalkosten in Höhe von 14,87 Euro sowie Mietkosten in Höhe von 20,64
Euro zusammen. Die Höhe der Haftkosten als Pauschalbetrag ergebe sich aus der
Verwaltungsvereinbarung zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland vom 20.04.1999.
Wie sich dieser Pauschalbetrag errechne, sei nicht entscheidend. Bei der GfA Ingelheim
handele es sich um eine Einrichtung, in der lediglich vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer
im Rahmen der Abschiebungshaft untergebracht würden, so dass dort die im Strafvollzug
entstehenden Kosten, welche Abschiebehäftlinge nicht beträfen, etwa Maßnahmen zur
Resozialisierung oder sozialtherapeutische Betreuung von Sexualstraftätern, nicht anfielen.
Da die tatsächlich entstandenen Kosten für die Abschiebungshaft zu erstatten seien,
scheide auch eine Begrenzung auf den sog. Haftkostenbeitrag nach § 50 StVollzG aus.
Bedenken an der Rechtmäßigkeit der Anordnung und Fortdauer der Abschiebungshaft, die
Voraussetzung für die Heranziehung zu deren Kosten sei, bestünden ebenfalls nicht.
Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, die
entstandenen Abschiebungskosten im Wege der Ratenzahlung zu begleichen. Vor der
Entscheidung über die Gewährung einer Ratenzahlung müsse der Kläger allerdings seine
finanzielle Leistungsfähigkeit darlegen.
Am 29.09.2008 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er über sein
bisheriges Vorbringen hinaus geltend macht, insbesondere die Transportkosten von
Ingelheim nach München in Begleitung eines Polizeibeamten in Höhe von 2.593,02 Euro
sowie diejenigen für die Zuführung in die GfA Ingelheim in Höhe von 517,70 Euro seien
mangels Vorlage entsprechender Rechnungen nicht nachgewiesen. Zudem werde die
Notwendigkeit der berechneten Transportkosten bestritten. Wenngleich die
Abschiebungshaft rechtens gewesen sei, so sei doch die den Haftkosten zugrunde liegende
Höhe der Tagessätze nicht akzeptabel. Zwar begründe die Verwaltungsvereinbarung
zwischen Rheinland-Pfalz und dem Saarland eine Pflicht des Saarlandes gegenüber dem
Land Rheinland-Pfalz, einen Betrag in Höhe von 87,00 Euro pro Tag und Abschiebehäftling
zu zahlen. Dass die in Anrechnung gebrachten Kosten dem Land Rheinland-Pfalz tatsächlich
entstanden seien, werde dadurch jedoch nicht bewiesen. Insbesondere erschienen
Sachkosten in Höhe von 51,49 Euro nicht plausibel. Es werde bestritten, dass tatsächlich
Haftkosten in Höhe von 87,00 Euro pro Tag notwendig gewesen seien. Unabhängig davon
bedeuteten jedoch die Abschiebungskosten in Höhe von insgesamt 7.422,48 Euro eine
faktische Einreisesperre. Die Höhe der Abschiebungskosten führe dazu, dass seine Kinder
gezwungen seien, ohne ihren Vater aufzuwachsen. Er habe daher ein legitimes Interesse
daran, wieder nach Deutschland einzureisen. Dieses Interesse sei bei der Festsetzung der
Höhe der Abschiebungskosten zu berücksichtigen. Weder seiner religiös angetrauten
Ehefrau noch seinen Kindern sei ein Leben in Georgien zuzumuten. Ausweislich der
Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes sei die Sicherheitslage in Georgien unsicher.
Dementsprechend rate das Auswärtige Amt auch von nicht erforderlichen Reisen nach
Georgien, das zudem einer humanitären Katastrophe ausgesetzt sei, ab. Im Übrigen
dürften solche Kosten des Strafvollzuges, die Abschiebehäftlinge nicht beträfen, wie etwa
Maßnahmen zur Resozialisierung, nicht in Rechnung gestellt werden. Ein akzeptabler
Maßstab für die zu erhebenden Kosten werde überdies durch § 50 Abs. 2 StVollzG gesetzt.
In Verbindung mit der SvEV ergebe sich insoweit ein monatlicher Betrag von 205,00 Euro
für Verpflegung und von 198,00 Euro für Unterkunft, woraus sich wiederum ein täglicher
Sachkostenbeitrag von 13,43 Euro errechne. Selbst diese Beträge würden den Beklagten
aber nicht seiner Pflicht entheben, sein Ermessen auszuüben.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 28.04.2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 05.09.2008 insoweit aufzuheben, als
Abschiebungskosten nach der Rechtauffassung des Gerichts zu
Unrecht erhoben worden sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt im Wesentlichen Bezug auf die angefochtenen Bescheide und weist
erneut klarstellend darauf hin, dass in der GfA Ingelheim lediglich vollziehbar zur Ausreise
verpflichtete Ausländer im Rahmen der Abschiebungshaft untergebracht seien, so dass
dort die im Strafvollzug entstehenden Kosten, welche Abschiebungshäftlinge nicht
beträfen, nicht anfielen. Eine generelle Begrenzung des Umfanges der zu erstattenden
Abschiebungshaftkosten auf den Haftkostenbeitrag nach § 50 StVollzG sei auch nicht aus
verfassungsrechtlichen Gründen im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
geboten. Soweit die Pflicht zur Erstattung der Haftkosten wegen ihrer Höhe zu einer
faktischen Einreisesperre führe, sei deren Verhältnismäßigkeit zwar bei der Entscheidung
über die Wiedereinreise und dem Antrag auf Befristung der Wirkungen der Abschiebung zu
prüfen. Dies stehe aber der Erhebung der tatsächlich entstandenen Kosten nach § 67
AufenthG nicht entgegen. Es verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass nach
bisheriger Praxis Ausländer in einigen anderen Bundesländern nur zu dem
Haftkostenbeitrag nach § 50 StVollzG herangezogen worden seien. Der allgemeine
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 GG gewähre nur einen Anspruch auf Gleichbehandlung
durch den nach der Kompetenzverteilung konkret zuständigen Hoheitsträger. Für die
Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Tagessatzes von 87,00 Euro sei nicht
entscheidend, dass hierzu der Pauschalbetrag aufgrund der Vereinbarung des Bundes und
der Länder über den Kostenausgleich in Staatsschutz-Strafsachen entsprechend zugrunde
gelegt worden sei und wie sich dieser Pauschalbetrag errechne. Maßgeblich sei nach § 67
Abs. 1 Satz 1 AufenthG allein, ob in dieser Höhe Haftkosten tatsächlich entstanden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die
Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten,
deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Da der Kläger unter Hinweis auf § 102 Abs. 2 VwGO zum Termin geladen worden ist,
konnte ohne ihn verhandelt und entschieden werden.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 28.04.2008, mit dem der Kläger zur
Erstattung der Abschiebungskosten in Höhe von 7.422,48 Euro aufgefordert worden ist, in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2008 ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Heranziehung des Klägers zu den
Abschiebungskosten ist § 66 Abs. 1 AufenthG. Danach hat der Ausländer die Kosten, die
durch die Abschiebung entstehen, zu tragen. Nach § 67 Abs. 1 umfassen die Kosten der
Abschiebung die Beförderungs- und sonstigen Reisekosten für den Ausländer innerhalb des
Bundesgebietes und bis zum Zielort außerhalb des Bundesgebietes (Nr. 1), die bei der
Vorbereitung und Durchführung der Maßnahme entstehenden Verwaltungskosten
einschließlich der Kosten für die Abschiebungshaft und der Übersetzungs- und
Dolmetscherkosten und die Ausgaben für die Unterbringung, Verpflegung und sonstige
Versorgung des Ausländers (Nr. 2) sowie sämtliche durch eine erforderliche Begleitung des
Ausländers entstehenden Kosten einschließlich der Personalkosten (Nr. 3).
Danach begegnen zunächst die von dem Beklagten als Beförderungskosten im Sinne von §
67 Abs. 1 Nr. 1 AuslG in Ansatz gebrachten und vom Kläger zu tragenden Flugkosten in
Höhe von 1.033,19 Euro keinen durchgreifenden Bedenken. Dafür, dass die seitens des
Reisebüros R. in Frankfurt am Main insoweit in Rechnung gestellten Kosten für ein
Flugticket nach Tbilissi in Höhe von 993,19 Euro zuzüglich einer Hinterlegungsgebühr von
40,00 Euro aus dem Rahmen des Üblichen fielen, spricht nichts.
Ohne Erfolg wendet sich der Kläger darüber hinaus gegen die Erstattung der durch seine
Zuführung in die GfA Ingelheim in Höhe von 517,70 Euro sowie seine Verbringung zum
Flughafen München durch die Polizei entstandenen Transportkosten in Höhe von 2.593,02
Euro. Die dem zugrunde liegenden jeweiligen Personal- und Sachkosten sind durch die
entsprechenden Kostenmitteilungen der Landespolizeidirektion, Abteilung
Bereitschaftspolizei vom 25.01. und 13.03.2008 in hinreichender Weise nachgewiesen und
auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Dass diese Kosten tatsächlich nicht erforderlich
oder ansonsten nicht gerechtfertigt gewesen wären, ist nicht erkennbar; hierfür hat der
Kläger auch nicht ansatzweise konkrete Anhaltspunkte dartun können.
Die Erstattungspflicht des Klägers umfasst im Weiteren gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG
auch die Kosten der der Abschiebung vorausgegangenen Abschiebungshaft in Höhe von
insgesamt 3.132,00 EUR.
Dass die Anordnung der Abschiebungshaft durch das Amtsgericht Saarbrücken oder deren
Dauer von 36 Tagen rechtswidrig gewesen wären, ist nicht ersichtlich und wird von dem
Kläger selbst auch nicht behauptet.
Ebenso wenig ist die Erhebung eines Tageskostensatzes in Höhe von 87,00 Euro durch den
Beklagten rechtlich zu beanstanden. Soweit der Kläger sich hiergegen mit dem Hinweis
wendet, dass solche Kosten des Strafvollzuges nicht in Rechnung gestellt werden dürften,
die Abschiebehäftlinge nicht beträfen, so trifft es zwar zu, dass der Beklagte gemäß § 67
Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 AufenthG nur die tatsächlich entstandenen Kosten der
Abschiebungshaft, nicht aber die für Strafgefangene im Justizvollzug anfallenden höheren
Kosten beanspruchen kann. Im Strafvollzug fallen nämlich auch Kosten für solche
Maßnahmen an, die für den Vollzug der Abschiebungshaft nicht erforderlich sind, wie etwa
Maßnahmen zur Resozialisierung oder sozialtherapeutische Betreuung von
Sexualstraftätern
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 14.06.2005 – 1 C 15/04 -,
BVerwGE 124, 1.
Der Einwand des Klägers, dass die dadurch verursachten Kosten bei der Berechnung der
Kosten für die Abschiebungshaft auszuscheiden sind, greift aber schon deshalb nicht durch,
weil es sich bei der GfA Ingelheim um eine Einrichtung handelt, in der lediglich vollziehbar
ausreisepflichtige Ausländer im Rahmen der Abschiebungshaft untergebracht werden, so
dass dort die im Strafvollzug entstehenden Kosten, die Abschiebehäftlinge nicht betreffen,
von vorneherein nicht anfallen. Einer gesonderte Berechnung der Haftkosten gerade für
Abschiebehäftlinge bedurfte es daher vorliegend nicht.
Soweit der Kläger überdies den geltend gemachten Tagessatz von 87,00 Euro für
überzogen hält und eine Begrenzung des Umfangs der zu erstattenden
Abschiebungshaftkosten auf den Haftkostenbeitrag nach § 50 Abs. 2 StVollzG fordert,
vermag er damit ebenfalls nicht durchzudringen. Bei der Vorschrift des § 67 Abs. 1 Nr. 2,
Abs. 3 Satz 1 AufenthG handelt es sich um eine abschließende und spezielle
Kostenregelung, die ausdrücklich die Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten bei
angeordneter Abschiebungshaft verlangt und für die Anwendung der
Haftkostenbeitragsvorschrift des § 50 Abs. 2 StVollzG keinen Raum lässt
so ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 14.06.2005, a.a.O.
Der Beklagte war daher ohne Weiteres berechtigt, den für ihn nach der
Verwaltungsvereinbarung für Rheinland-Pfalz und dem Saarland vom 20.04.1999
angefallenen Tagessatz für die Unterbringung und Verpflegung eines Abschiebehäftlings in
der GfA Ingelheim in Höhe von 87,00 Euro gegenüber dem Kläger geltend zu machen.
Dafür, dass tatsächlich niedrigere Haftplatzkosten in der GfA Ingelheim angefallen wären
oder der geltend gemachte Betrag von 87,00 EUR täglich ansonsten unangemessen hoch
ausfiele, sind keine greifbaren Anhaltspunkte dargetan
vgl. dazu auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
27.07.2006 – 7 A 11671/05 -, AS RP – SL 33, 279,
wonach die tatsächlich entstandenen und
berücksichtigungsfähigen Haftplatzkosten in der GfA
Ingelheim bereits in den Jahren 2003 und 2004 über dem
geltend gemachten Betrag von 87,00 Euro lagen.
Durchgreifende Bedenken an der Höhe und Erforderlichkeit der mit der Vorbereitung und
Durchführung der Abschiebung des Klägers in unmittelbarem Zusammenhang stehenden
und von dem Kläger nicht angegriffenen Kosten für dessen ärztliche
Haftfähigkeitsuntersuchung in Höhe von 146,57 EUR sind ebenfalls nicht veranlasst.
Die Heranziehung des Klägers zum Kostenersatz erweist sich schließlich auch nicht deshalb
als rechtsfehlerhaft, weil der Beklagte keine Ermessenerwägungen über die
Kostenerhebung selbst angestellt hat.
Da der Ausländer nach der gesetzlichen Regelung des § 66 Abs. 1 AufenthG zwingend zur
Kostenerstattung heranzuziehen ist, bedarf es grundsätzlich keinen dahingehenden
Ermessenserwägungen. Insbesondere wird der Umfang der Kostenhaftung nach § 67 Abs.
1 AufenthG nicht durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zur Erstattung
verpflichteten Ausländers begrenzt. Soweit die Verpflichtung zur Erstattung der
Abschiebungskosten – wie der Kläger meint – wegen ihrer Höhe zu einer faktischen
Einreisesperre führt, ist deren Verhältnismäßigkeit zwar bei der Entscheidung über die
Wiedereinreise zu prüfen, steht aber der Erhebung dieser Kosten nach § 66 Abs. 1
AufenthG, die hier allein streitgegenständlich sind, nicht entgegen
so ausdrücklich zur Erhebung von Abschiebungshaftkosten
nach § 83 Abs. 4 AuslG – jetzt § 67 Abs. 3 AufenthG –
BVerwG, Urteil vom 14.06.2005 a. a. O.
Aber selbst wenn man jedenfalls in atypischen Fällen eine Ermessensentscheidung und in
deren Rahmen eine Berücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit des Ausländers
bereits bei der Geltendmachung der Abschiebungskosten für erforderlich hielte
so etwa BayVGH, Urteil vom 15.12.2003 – 24 B 03.1049
– sowie VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom
07.03.2006 – 13 S 155/06 -; offen gelassen OVG
Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.07.2006 – 7 A 11671/05 –,
jeweils zitiert nach juris,
würde dies vorliegend keine andere Entscheidung rechtfertigen. Einen atypischen, eine
Ermessensentscheidung bereits bei der Kostenerhebung erforderlich machenden Fall hat
der Kläger nämlich nicht in hinreichend substantiierter Weise dargetan. Dagegen, dass die
uneingeschränkte Heranziehung zu den Abschiebungskosten für den Kläger unter dem
Gesichtspunkt fehlender Leistungsfähigkeit eine unzumutbare Belastung darstellen würde
und damit fallbezogen ein Härtefall vorliegen würde, spricht unabhängig davon, dass er eine
etwaige finanzielle Leistungsunfähigkeit nicht konkret belegt hat, bereits, dass er von sich
aus dem Beklagten die Zahlung von zunächst eines Drittels der angefallenen
Abschiebungskosten sowie des restlichen Betrages in Ratenzahlung angeboten hat.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO
abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708
Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß 52 Abs. 1 GKG auf 7.422,48 EUR festgesetzt.