Urteil des VG Saarlouis vom 12.07.2006

VG Saarlouis: bunker, landschaft, nutzungsänderung, wesentliche veränderung, grundstück, eingriff, stadt, wohnhaus, begriff, raumordnung

VG Saarlouis Urteil vom 12.7.2006, 5 K 7/06
keine zulässig Wohnnutzung in einem Bunker; Bunker des Westwalls bewirken keine
Verschiebung des Bebauungszusammenhangs in den Außenbereich
Leitsätze
1. Kein Anspruch auf Zulassung von Wohnnutzung in einem aufgegebenen Bunker des
Westwalls.
2. Aufgegebene Bunker des Westwalls sind wie aufgegebene landwirtschaftliche
Nutzbauten nicht geeignet, den Bebauungszusammenhang i.S.d. § 34 BauGB in den
Außenbereich hinaus zu verschieben.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden
Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines
ehemaligen Westwallbunkers zu Wohnzwecken.
Er ist Eigentümer des Grundstücks in A-Stadt, Gemarkung E., Flur 5, Flurstück F1. Auf
diesem Grundstück befinden sich mehrere ehemalige Westwallbunker.
Am 01.12.2003 beantragte er beim Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zum
Ausbau eines der ehemaligen Westwallbunkers zu Wohnzwecken.
Die Gemeinde stellte hat das Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 1 BauGB zu dieser
Nutzungsänderung her.
Die Untere Naturschutzbehörde versagt das Einvernehmen zu dem Vorhaben: Die
Umnutzung des Bunkers in ein Wohnhaus sei mit einem Eingriff in Natur und Landschaft
nach § 10 SNG verbunden. Das Vorhaben sei nicht privilegiert und im Verständnis von § 11
SNG vermeidbar. Deshalb sei es naturschutzrechtlich unzulässig.
Das Ministerium für Umwelt äußerte mit Schreiben vom 01.03.2004 aus raumordnerischer
Sicht Bedenken gegen das Vorhaben: Der Landesentwicklungsplan „Siedlung“ vom
11.09.1997 postuliere als generelle siedlungsstrukturelle Zielsetzung eine an der Maxime
der Innenentwicklung orientierte, restriktive Siedlungsentwicklung. Nach den
Zielfestlegungen der L. „Siedlung“ sei insbesondere eine Zersiedelung der Landschaft zu
vermeiden (Kapitel II Ziff. 2). Bandartige bauliche Entwicklungen entlang von
Verkehrswegen außerhalb von Siedlungen sowie städtebauliche Fehlentwicklungen in den
Außenbereich hinein seien explizit zu begrenzen und Verfestigungen derartiger Zustände
unter allen Umständen zu vermeiden. Vorliegend ende der geschlossene
Siedlungszusammenhang am Wohnhaus des Klägers, U.Straße 94. Der Westwallbunker
befinde sich ca. 60 m östlich des Wohnhauses eindeutig im Außenbereich. Die geplante
Umnutzung des Bunkers zu Wohnzwecken stelle eine im Gesamtzusammenhang zu
sehende bandartige städtebauliche Fehlentwicklung in den freizuhaltenden Außenbereich
dar und stehe daher im Widerspruch zu den im Landesentwicklungsplan „Siedlung“
konkretisierten Zielsetzungen.
Mit Bescheid vom 22.03.2004 lehnte der Beklagte den Bauantrag des Klägers ab: Das
Grundstück liege außerhalb der bebauten Ortslage und damit im Außenbereich, in dem
grundsätzlich nur privilegierte Vorhaben zulässig seien. Dazu gehöre das Vorhaben des
Klägers nicht. Es könne auch nicht als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB
zugelassen werden, weil es öffentliche Belange beeinträchtige. Es laufe der Zielsetzung des
Landesentwicklungsplanes „Siedlung“ vom 11.09.1997 zuwider und stelle zugleich einen
Eingriff in Natur und Landschaft nach § 10 SNG dar.
Gegen den ihm am 25.03.2004 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 19.04.2004
Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, seiner Ansicht nach sei sein Vorhaben
nach § 35 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 BauGB zulässig, da es nicht raumbedeutsam sei und auch
nicht den Zielen der Raumordnung widerspreche. Ziele der Raumordnung könnten einem
raumbedeutsamen Vorhaben ohnehin nur entgegengehalten werden, wenn sie in
räumlicher und sachlicher Beziehung hinreichend konkret seien. Die Tangierung öffentlicher
Belange kraft landesplanerischer Vorentscheidung habe nur Rahmen setzende Funktion
und sei in räumlicher Hinsicht nur unter besonderen Voraussetzungen parzellenscharf. Ob
ein Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtige oder diesen entgegenstehe, sei aus einer
wertenden Gegenüberstellung von Vorhaben und öffentlichen Belangen zu ermitteln. Bei
Nutzungsänderungen sei nicht etwa die Differenz zwischen alter und neuer Nutzung,
sondern das Gebäude und die beabsichtigte Nutzung als Einheit zu werten. Die bloße
Existenz eines öffentlichen Belanges stehe nicht ohne weiteres der Errichtung eines
sonstigen Vorhabens entgegen. Denn ein öffentlicher Belang könne an einer bestimmten
Stelle durchaus ein so geringes Gewicht haben, dass daran selbst sonstige Vorhaben nicht
scheiterten. Die Behauptung der Oberen Baubehörde, durch das Vorhaben entstehe eine
unzulässige, bandartige Bebauung in den Außenbereich, sei völlig pauschal. Das reiche nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht aus. Im Bereich der Stadt A-
Stadt sei die bandartige Bebauung die gewachsene Siedlungsform. Weiterhin sei von
Bedeutung, dass das Vorhabengrundstück nahezu unmittelbar an die Gemeinde
Riegelsberg angrenze, die in diesem Bereich eine offensive Neubaupolitik betreibe. In einer
Entfernung von ca. 130 m von seinem Grundstück werde dort ein neues Wohngebiet
erschlossen. Von daher sei nicht nachzuvollziehen, dass die Obere Bauaufsicht der
Bauleitplanung der Gemeinde Riegelsberg zustimme und seinem unbedeutenden Fall
widerspreche. Sein Vorhaben stelle auch keinen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne
von § 10 SNG dar. § 10 Abs. 1 SNG verlange eine erhebliche oder nachhaltige
Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder des Landschaftsbildes.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 SNG sei der Verursacher eines Eingriffs verpflichtet,
vermeidbare Eingriffe von Natur und Landschaft zu unterlassen sowie unvermeidbare
Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege
auszugleichen. Ausgeglichen sei ein Eingriff, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche
oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushaltes zurückbleibe und das
Landschaftsbild wiederhergestellt oder neu gestaltet sei. Das treffe für sein Vorhaben zu.
Außerdem führe die Durchführung des § 10 SNG in seinem Falle zu einer nicht
beabsichtigten Härte im Verständnis von § 34 Abs. 2 SNG. Eine sinnvolle Nutzung des
Grundstücks zu landwirtschaftlichen Zwecken, wie sie im Flächennutzungsplan festgelegt
sei, komme wegen des aufstehenden Bunkers gerade nicht in Betracht. Dieser stelle ein
absolutes Hindernis beim Bestellen des Feldes und beim Düngen und Ernten dar. Der
vorhandene Bunker sei bei der Aufstellung des Flächennutzungsplanes offensichtlich nicht
berücksichtigt worden. Das zeige sich auch daran, dass er in normalen Katasterplänen
nicht erfasst sei und in der neuesten Katasterkarte nur angedeutet werde. Die Stadt A-
Stadt habe sein Vorhaben einstimmig befürwortet. Deshalb sei es für ihn eine
unzumutbare Härte, wenn er das vorhandene Bauwerk nicht in der von ihm gewünschten
Form nutzen könne.
Mit Widerspruchsbescheid aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2005 wies
der Rechtsausschuss für den Stadtverband Saarbrücken den Widerspruch des Klägers
zurück: Die Baugenehmigung sei nach § 77 Abs. 1 Satz 1 LBO 1996 zu erteilen, wenn das
Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspreche. Das sei nicht der Fall. Das
Vorhaben des Klägers widerspreche § 35 BauGB. Die Umnutzung eines ehemals
militärischen Zwecken dienenden Bauwerks zu Wohnzwecken sei ein Vorhaben im
Verständnis des § 29 BauGB. Der Standort des Vorhabens befinde sich im Außenbereich
und sei dort nicht privilegiert. Es sei auch nicht auf der Grundlage von § 35 Abs. 2 BauGB
genehmigungsfähig, weil es öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige.
Ob das geplante Vorhaben den Zielen der Raumordnung widerspreche sei fraglich. Dies
könne jedoch dahinstehen, weil das Vorhaben jedenfalls Belange des Naturschutzes und
der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, der natürlichen Eigenart der Landschaft und
ihres Erholungswertes beeinträchtige bzw. das Orts- und Landschaftsbild verunstalte (§ 35
Abs. 3 Satz 1 Ziff. 5 BauGB). Die Umnutzung des Bunkers in ein Wohnhaus sei mit einem
Eingriff in Natur und Landschaft nach § 10 SNG verbunden. Als Eingriff in diesem Sinne
gelte etwa die wesentliche Veränderung von Gebäuden im Außenbereich (§ 10 Abs. 2 Ziff.
4 SNG). Das sei vorliegend der Fall. Weiterhin werde durch das Vorhaben die natürliche
Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt. Als Eigenart der Landschaft
im Außenbereich sei nicht nur das reizvolle Landschaftsbild gegen Verunstaltung durch
Bauten geschützt, vielmehr solle diese Bestimmung dazu dienen, die
Außenbereichslandschaft in der ihrer besonderen Bestimmung entsprechenden Eigenschaft
zu erhalten und sie vor dem Eindringen wesensfremder Nutzung zu schützen. Zudem sei
davon auszugehen, dass das Vorhaben die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung
einer Splittersiedlung befürchten lasse (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 7 BauGB). Der Kläger
könne sich auch nicht mit Erfolg auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Ziff. 4 BauGB berufen. Der
Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 23.03.2005 zugestellt.
Mit der am 21.04.2005 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Zulassung
der Wohnnutzung im ehemaligen Westwallbunker weiter.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.03.2004 und des
Widerspruchsbescheides aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
28.01.2005 zu verpflichten, ihm die Baugenehmigung zur Nutzungsänderung
des vorhandenen Bunkers zum Wohnen zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Örtlichkeit am 28.06.2006 in Augenschein genommen; wegen der
Einzelheiten wird auf die Niederschrift der Ortsbesichtigung verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte
einschließlich der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten und des
Rechtsausschusses für den Stadtverband verwiesen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der
begehrten Baugenehmigung.
Zur Begründung wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im
Widerspruchsbescheid verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Dort ist ausgeführt, dass
Rechtsgrundlage für die Erteilung der vom Kläger begehrten Baugenehmigung § 77 Satz 1
LBO 1996 ist, weil der Kläger nicht entsprechend der Übergangsvorschrift des § 88 Abs. 2
Satz 2 LBO 2004 die Anwendung der Landesbauordnung in der Fassung vom 18.02.2004
(LBO 2004) verlangt hat. In der Sache hat sich der materiell-rechtliche Regelungsgehalt
insoweit ohnehin nicht geändert, so dass dem Kläger durch die Anwendung von § 77 Abs.
1 LBO 1996 anstelle von § 73 Abs. 1 LBO 2004 keine Nachteile entstehen.
Nach § 77 Abs. 1 LBO 1996 ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben
keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen
Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.
Da das Vorhabengrundstück weder von einem qualifizierten Bebauungsplan erfasst wird
und sich nach dem Ergebnis der gerichtlichen Ortsbesichtigung und der übereinstimmenden
Einschätzung der Verfahrensbeteiligten auch nicht innerhalb eines im Zusammenhang
bebauten Ortsteils befindet und deshalb begrifflich im Außenbereich liegt, richtet sich die
bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des (bereits ausgeführten) Vorhabens des Klägers nach
§ 35 BauGB.
Die aus sieben verbundenen Bunkern bestehende Bunkeranlage ist nicht geeignet, den
Bebauungszusammenhang über das Wohngebäude des Klägers hinaus weiter in Richtung
Süden bzw. Südwesten zu verschieben.
§ 34 BauGB betrifft die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang
bebauten Ortsteile, § 35 BauGB die von Vorhaben im Außenbereich. Außenbereich ist in
Anlehnung an die Begriffsbestimmungen des früheren § 19 Abs. 1 Nr. 3 BauGB derjenige
Teil eines Gemeindegebietes, der nicht qualifiziert oder vorhabenbezogen beplant (§ 30
Abs. 1 und 2 BauGB) ist und auch keinen im Zusammenhang bebauten Ortsteil (§ 34
BauGB) bildet. Angesichts dieser Begriffsbestimmung verbietet sich, den Außenbereich
begrifflich mit Vorstellungen zu verbinden, die ihm - anknüpfend vor allem an den Wortteil
"Außen" - ganz bestimmte Vorstellungsbilder zuordnen, etwa das der "freien Natur", der
"Stadtferne", der "Einsamkeit" o.ä.m. Ob derartige Bilder als Indizien eine gewisse
Berechtigung haben können, mag dahinstehen. Mit dem vom BauGB geprägten Begriff des
Außenbereichs als solchem haben sie nichts zu tun. Dass diese Flächen in einem
naturalistisch-geographischen Sinne "außen" liegen, wird mit dem Rechtsbegriff des
Außenbereichs nicht festgelegt und ist daher allenfalls eine außerrechtliche
Erfahrungstatsache.
Bebauung
bauliche Anlage. Im unbeplanten Innenbereich richtet sich die Zulässigkeit eines
Bauvorhabens gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 BauGB u.a. danach, ob es sich nach Art und Maß
der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll,
in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Der innere Grund für die Rechtsfolge des §
34 BauGB liegt darin, dass die nach der Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung
der Bebauung eines Bereichs zugelassen werden soll. Dies setzt eine Bebauung voraus, die
maßstabsbildend ist. Unter den Begriff der "Bebauung" im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB
optisch wahrnehmbar
Gewicht
bestimmten Charakter zu prägen. Selbst im Sinne von § 29 Satz 1 BauGB unbebaute
Flächen können einem Bebauungszusammenhang zurechenbar sein, wenn sie den
optischen Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbrechen. Dies ist sogar dann nicht
ausgeschlossen, wenn es sich um eine Grundstückslage am Ortsrand handelt. Zwar wird
Regel
Baukörper endet
natürlichen Grenze
zuzuordnen sind.
Geländehindernisse, Erhebungen oder
Einschnitte
Ein Grundstück liegt im Rechtssinne nicht schon deshalb innerhalb eines
Erforderlich ist
dass das Grundstück selbst einen Teil des Zusammenhangs bildet,
selbst also an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit
teilnimmt
im Sinne des § 34 BauGB innerhalb eines Bebauungszusammenhanges. Vielmehr handelt
es sich dann zwar um ein von Bebauung umgebenes, selbst aber in seiner Bebaubarkeit
nach § 35 BauGB zu beurteilendes Grundstück.
Mit den Begriffen "Bauten", "Bebauung", "Siedlung" ist nichts anderes gemeint, als dass die
dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen
sollen. Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken (Scheunen, Ställe)
kleingärtnerischen Zwecken
Bauten, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden
geeignet, den für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich notwendigen
Bebauungszusammenhang über die letzte Wohnbebauung und die mit ihr unmittelbar
einhergehende bebauungsakzessorische Nutzung hinauszuschieben.
Auf dieser Grundlage sind der Beklagte und der Rechtsausschuss zutreffend zu dem
Ergebnis gekommen, dass der Bebauungszusammenhang auf der Südseite der U.Straße
unmittelbar hinter dem Wohnhaus des Klägers endet. Weder der Bunker unmittelbar
südlich des Wohnhauses des Klägers und erst recht nicht der Bunker, dessen
„Nutzungsänderung“ der Kläger begehrt, nehmen an dem Bebauungszusammenhang von
A-Stadt-E. teil. Der Bunker unmittelbar südlich des Wohnhauses des Klägers ist ebenso wie
der streitige Bunker von der U.Straße nicht wahrnehmbar. Beide Bunker liegen die an
dieser Stelle nach Südwesten hin ansteigende Hangschulter hinauf in einem von drei Seiten
von Feldern umgebenen Wald- und Wiesengrundstück abseits des Bebauungsstranges
entlang der U.Straße und damit im Außenbereich im Verständnis von § 35 BauGB. Wenn
die aus sieben Bunkern bestehende Bunkeranlage unterirdisch miteinander verbunden sein
sollte, ist das jedenfalls optisch nicht wahrnehmbar. Da Bunker an ihrem Standort
ausschließlich aus militärtaktischen Erwägungen platziert sind und als strategische
Verteidigungsanlage (sog. Westwall) in keinerlei Zusammenhang mit einer benachbarten
Siedlung stehen, sind nicht geeignet Ausdruck einer bestimmten Siedlungsstruktur zu sein.
Sie haben baurechtlich nicht die Qualität, um als Gebäude eine angemessene
Fortentwicklung der benachbarten Siedlung sein zu können. Für Luftschutzbunker für die
Zivilbevölkerung mag unter Umständen anderes gelten. Um eine solche Anlage geht es
vorliegend aber nicht. Im Rahmen einer organischen Siedlungsstruktur ist ein solcher
Bunker auch nicht dazu bestimmt, dem ständigen Aufenthalt von Menschen zu dienen und
vermag auch deshalb nicht den Charakter eines Ortsteils zu prägen. Er ist deshalb der
Ortslage vorgelagerten, aufgegebenen landwirtschaftlichen Nutzbauten gleichzustellen.
Auch diese vermitteln keinen Bebauungszusammenhang. Im vorliegenden Fall käme die
Verkehrsauffassung ebenfalls nicht zu dem Schluss, wegen der Bunker sei die Ortslage bis
zu deren Standort auszudehnen und die dazwischen liegenden Flächen seien Bauland, das
nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 BauGB bebaubar wäre. Die Bunker stellen damit keine
Baulichkeiten dar, die geeignet wären, einen Bebauungszusammenhang im Verständnis
von § 34 BauGB zu begründen. Der fragliche Bunker steht daher rechtlich im Außenbereich.
Infolge dieser Lage beurteilt sich die bauliche Nutzbarkeit des Bunkers nach § 35 BauGB.
Da das Wohnvorhaben des Klägers keinem nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Zweck
dienen soll, kommt dessen Zulassung nur auf der Grundlage von § 35 Abs. 2 BauGB in
Betracht. Zutreffend haben indes der Beklagte und der Rechtsausschuss erkannt, dass das
Wohnvorhaben des Klägers als dem Außenbereich wesensfremde Streubebauung zu
bewerten ist und deshalb jedenfalls die natürliche Eigenart der Landschaft in der
vorhandenen näheren Umgebung beeinträchtigt. Ob und ggf. inwieweit die übrigen in den
Verwaltungsentscheidungen aufgeführten öffentlichen Belange durch das Vorhaben des
Klägers beeinträchtigt werden, bedarf deshalb keiner abschließenden Entscheidung.
Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft bezieht sich nicht nur rein optisch auf
funktional
der Außenbereich soll mit seiner naturgegebenen Bodennutzung und seinen
Erholungsmöglichkeiten für die Allgemeinheit vor dem Eindringen einer ihm
wesensfremden Nutzung als Bauplatz für den einzelnen Eigentümer bewahrt
bleiben
Unschädlich ist für diese Funktion auch, wenn in der Umgebung bereits einige bauliche
Anlagen vorhanden sind. Allerdings bedarf es dann für die Frage, ob die Eigenart der
Landschaft trotz der bereits erfolgten Eingriffe ihre Empfindlichkeit gegenüber dem
streitigen Vorhaben bewahrt hat oder ob diese Eingriffe ein Ausmaß und eine Qualität
erreicht haben, dass die Landschaft in ihrem mittlerweile erreichten Zustand für das
streitige Vorhaben aufnahmefähig sein müsste, einer Auseinandersetzung mit dem bereits
vorhandenen Baubestand.
Da anläßlich der Ortsbesichtigung in der näheren Umgebung mit Ausnahme der Bunker
keine baulichen Anlagen in der Außenbereichslandschaft zu erkennen waren und die
aufgegebenen Bunker die dargestellte Funktion des Außenbereichs nicht beeinträchtigen,
erübrigen sich Ausführungen zur Aufnahmefähigkeit des ehemaligen Bunkers als
Wohnhaus.
Gesehen werden muss nämlich in diesem Zusammenhang, dass das bloße Vorhandensein
eines Gebäudes –hier des Bunkers- einen Konflikt mit diesem öffentlichen Belang nicht
ausschließt. Wegen der funktionalen Zielrichtung ist innerhalb des in Rede stehenden
Belangs die neu hinzutretende Wohnnutzung von Gewicht. Sie vermittelt ein erstmaliges
Eindringen von „Wohnen“ in einen Bereich, der der naturgegebenen Bodennutzung
vorbehalten werden soll. Zugleich liegt darin eine Keimzelle für eine Ausdehnung dieser
Wohnnutzung in den Außenbereich hinein. Hierfür bieten sich auch die übrigen Bunker an.
Es liegt auf der Hand, dass ein Wohngebäude im Außenbereich eine andere Qualität im
Außenbereich hat, als ein militärischer Bunker.
Deshalb begünstigt § 35 Abs. 4 BauGB in einem abschließenden Katalog nur in
ausgewählten Einzelfällen die Nutzungsänderung oder Wiederherstellung von Gebäuden im
Außenbereich.
Keiner dieser Fälle ist für das Vorhaben des Klägers einschlägig.
In Erwägung zu ziehen wäre allenfalls, wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt, nur § 35
Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB, der eine Änderung oder Nutzungsänderung von
erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden auch nach deren
Aufgabe zulässt, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und
der Erhaltung des Gestaltwerts dient. Die Kammer teilt insoweit die Einschätzung des
Rechtsausschusses, dass ein ehemaliger Westwallbunker kein landschaftstypisches, das
Bild der Kulturlandschaft prägendes Gebäude (wie etwa ein Bauernhof, Wind- und
Wassermühlen oder eine Siedlung aus früherer Zeit) darstellt. Dies sind in der Regel
Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, ohne dass dies zwingende Voraussetzung
wäre; eine gewisse Nähe zum Denkmalschutz ist aber ein wichtiges Indiz. Ein bloßes
Erinnern an eine frühere Gebietsnutzung reicht aber nicht aus.
Der endgültige aufgegebene Bunker prägt in diesem Sinne die Kulturlandschaft nicht und ist
quasi auch aus diesem Grunde nicht erhaltenswert im Verständnis von § 35 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 BauGB.
Auch der der Vorschrift entsprechende Zweck, die Kulturlandschaft prägende Gebäude zu
erhalten, wird mit der Nutzungsänderung des ehemaligen Westwallbunkers zu
Wohnzwecken nicht erfüllt. Denn das Vorhaben muss einer zweckmäßigen Verwendung
des Gebäudes und dem Erhalt seines Gestaltwertes dienen. Ein solcher Zweck könnte bei
ehemaligen Bunkern in der Errichtung einer Gedenkstätte bestehen, nicht jedoch in der
Nutzung zu privaten Wohnzwecken. Denn in diesem Zusammenhang kommt dem Begriff
des „Dienens“ und dem damit verbundenen Gesichtspunkt der größtmöglichen Schonung
des Außenbereichs dieselbe Bedeutung zu bei § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Soll deshalb die
Nutzungsänderung eines Gebäudes im Außenbereich begünstigt werden, weil es Teil einer
kulturhistorisch bedeutsamen, die Landschaft prägenden Anlage ist, so muss eine
erhaltenswerte, die Kulturlandschaft prägende Wirkung auch von dem Gebäude selbst
ausgehen. Das ist nicht der Fall, wenn ein verfallener ehemaliger Westwallbunker in ein
Wohnhaus umgewandelt werden soll.
Somit hat der Kläger unter keinen denkbaren Gesichtspunkt Anspruch auf Erteilung der
Baugenehmigung.
Damit ist die Klage mit der Kostenfolge aus den § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Berufung wird nicht gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zugelassen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung
mit den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts für die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur
Modernisierung des Kostenrechts am 01.07.2004 erhobene Klage ergibt sich aus § 52
Abs. 1 i.V.m. § 63 Abs. 2 GKG.