Urteil des VG Saarlouis vom 15.10.2007

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VG Saarlouis Beschluß vom 15.10.2007, 6 L 1176/07
Voraussetzungen für die Feststellung eines bissigen Hunds
Leitsätze
Bissiger Hund i.S.d. Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen
Hunden im Saarland vom 26.07.2000;
Die Annahme der Bissigkeit eines Hundes erfordert Anhaltspunkte für eine dem Wesen
eines Hundes nicht regelmäßig entsprechende Schärfe.
Das Fangen und Beuteln von kleineren (Beute-)Tieren gehört zum üblichen Verhalten eines
Hundes, ohne dass hieraus regelhaft auf eine anormal herabgesetzte Reizschwelle des
Hundes geschlossen werden kann.
Vorfälle, die ihre Ursache nicht in der besonderen Gefährlichkeit des Tieres sondern in der
Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit des Hundehalters zur Beherrschung des Tieres haben, sind
nicht Gegenstand der Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes gemäß § 1 Abs. 2 PolVO.
Sie können ggf. wegen der hierin liegenden polizeilichen Gefahr ein Eingreifen nach
allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen rechtfertigen.
Im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO rechtfertigt eine
Verletzung der Amtsermittlungspflicht eine Interessenabwägung zu Gunsten des
Hundehalters jedenfalls dann, wenn sie ein Ausmaß erreicht, das im Hauptsacheverfahren
nach § 113 Abs. 3 VwGO beachtlich wäre.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 04.09.2007 gegen
den Bescheid des Antragsgegners vom 27.08.2007 wird hinsichtlich der getroffenen
Zwangsgeldandrohung angeordnet und hinsichtlich der übrigen im Bescheid enthaltenen
Regelungen wiederhergestellt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag ist statthaft.
Die Anordnung, an jedem Zugang zum Besitztum ein Warnschild im Mindestformat 15 x
21 cm mit der deutlich lesbaren Aufschrift „Vorsicht – gefährlicher Hund“ anzubringen, das
Gebot, den Hund außerhalb befriedeten Besitztums an der Leine zu führen und ihn mit
einem das Beißen verhindernden Maulkorb oder einer in der Wirkung gleichstehenden
Vorrichtung zu versehen, die Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes Aline vom
Himmelswald, die Aufforderung, unverzüglich eine Sachkundebescheinigung zu erwerben,
das Gebot, eine Erlaubnis zum Halten des Hundes beim Ordnungsamt der Stadt A-Stadt
einzuholen und die Beantragung nachzuweisen und schließlich die Androhung eines
Zwangsgeldes stellen belastende Verwaltungsakte dar, gegen die gemäß § 123 Abs. 5
VwGO Eilrechtsschutz über die Regelung des § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist.
Die Ausführungen, nach denen der Hund so gehalten werden muss, dass Menschen, Tiere
und Sachen nicht gefährdet werden können und er nicht gegen den Willen des Halters das
befriedete Besitztum verlassen kann, beinhalten einen bloßen Hinweis auf die allgemeinen
Halterpflichten aus § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 der Polizeiverordnung über den Schutz der
Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarland vom 26.07.2000 (Amtsbl. S. 1246,
zuletzt geändert durch Verordnung vom 09.12.2003, Amtsbl. S. 2996) (im Folgenden:
PolVO). Angesichts des Fehlens eines konkreten, vollstreckungsfähigen und
einzelfallbezogenen Gebots liegen hierin keine eigenständigen Verwaltungsakte i. S. d. § 35
SVwVfG.
Der Widerspruch des Antragstellers gegen die im Bescheid vom 27.08.2007 enthaltenen
Verwaltungsakte entfaltet keine aufschiebende Wirkung. Dies ergibt sich hinsichtlich aller
getroffenen Regelungen mit Ausnahme der Zwangsgeldsandrohung aus § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO, weil der Antragsgegner die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Hinsichtlich der
Zwangsgeldsandrohung entfaltet der Widerspruch infolge der Regelung des § 80 Abs. 2 Nr.
3 VwGO i.V.m. § 20 AGVwGO von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung. Der auf
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers
lautende Antrag ist hinsichtlich der Zwangsgeldsandrohung dahingehend auszulegen, dass
insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung i.S.d. § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO
beantragt wird.
Der auch im Übrigen zulässige Antrag ist begründet.
Allerdings hat der Antragsgegner das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen
Vollziehung der im Bescheid vom 27.08.2007 enthaltenen Verwaltungsakte in einer den
formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise mit der
erheblichen Gefährdung für hochwertige Rechtsgüter durch gefährliche Hunde begründet.
Indes fällt die vom Gericht vorzunehmende Abwägung der Für und Wider die
Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit sprechenden Gesichtspunkte zu Gunsten
des Antragstellers aus. Das Gericht hat bei seiner im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO zu
treffenden Ermessensentscheidung eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse des
Antragstellers, von der Durchsetzung der ihm gegenüber ergangenen Anordnungen bis zu
einer abschließenden Entscheidung über seinen Rechtsbehelf verschont zu bleiben, und
dem öffentlichen Interesse an einer unverzüglichen, von der aufschiebenden Wirkung des
Rechtsbehelfs nicht gehinderten Durchsetzung der angefochtenen Behördenentscheidung
vorzunehmen. Hierbei sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache
eingelegten Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Ergibt diese Prüfung, dass der
Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten
verletzt, vermag kein öffentliches Interesse die sofortige Vollziehung zu rechtfertigen.
Erweist sich der Verwaltungsakt demgegenüber als offensichtlich rechtmäßig und verletzt
er den Rechtsschutzsuchenden nicht in seinen Rechten, so hat das öffentliche Interesse
am Vollzug in der Regel Vorrang vor dem privaten Interesse am Suspensiveffekt. In den
Fällen, in denen der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen ist, hat das
Gericht unter Abwägung aller Umstände und Berücksichtigung der Vollzugs- und
Suspensivfolgen zu prüfen, ob das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private
Interesse des betroffenen Beteiligten überwiegt.
Dies zugrunde gelegt ist vorliegend ein überwiegendes Interesse des Antragstellers
festzustellen, vom sofortigen Vollzug der im Bescheid vom 27.08.2007 enthaltenen
Verwaltungsakte verschont zu bleiben. Die getroffenen Verfügungen sind allesamt rechtlich
zu beanstanden.
Für die Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes des Antragstellers folgt die
Rechtswidrigkeit daraus, dass zum einen eine Gefährlichkeit des Tieres aus den
unstreitigen Umständen nicht hergeleitet werden kann und zum anderen der
Antragsgegner hinsichtlich der übrigen Fallumstände der ihm obliegenden
Amtsermittlungspflicht aus § 24 SVwVfG nicht hinreichend nachgekommen ist.
Die eingestandenen bzw. unstreitigen Vorfälle, nämlich das Beißen der Katze der Nachbarn
und das Apportieren eines Kaninchens, ermöglichen die Qualifizierung des Hundes des
Antragstellers als gefährlich i.S.d. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 PolVO nicht. Im Hinblick
auf die weit reichenden Folgen, die die Feststellung nach § 1 Abs. 2 PolVO für den Halter
nach sich zieht, ist erforderlich, dass zweifelsfrei entweder ein Vorfall nach § 1 Abs. 1 Nr. 2
PolVO oder – was vorliegend maßgeblich ist- die Bissigkeit des Hundes i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr.
1 PolVO festgestellt werden kann.
Vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 16.08.2007, 6 L 902/07
Nach der Rechtsprechung der saarländischen Verwaltungsgerichte ist der Rechtsbegriff der
Bissigkeit i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 PolVO dahingehend zu bestimmen, dass Anhaltspunkte
vorliegen müssen, die eine Neigung des Hundes zum Beißen belegen, dass also eine dem
Wesen des Hundes nicht regelmäßig entsprechende Schärfe zutage tritt. Danach ist ein
Hund dann als bissig anzusehen, wenn er seine Gefährlichkeit bereits dadurch gezeigt hat,
dass er einmal gebissen hat, wobei allerdings nicht jeder Hundebiss zwangsläufig zur
Annahme dieses Tatbestandes führt.
Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 01.03.2000 – 9 W 2/99 –
zur Definition des Begriffs Bissigkeit in den
Vorgängerverwaltungsvorschriften vom 27.11.1998; VG des
Saarlandes, Beschluss vom 17.07.2006 – 6 F 21/06 -.
In diesem Zusammenhang kann es zwar ausreichend sein, wenn der Hund ein Tier
gebissen hat. Dies ergibt sich zum einen aus der insoweit nicht differenzierenden
Formulierung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 PolVO und aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 PolVO, wonach auch ein
aggressives und gefahrdrohendes Anspringen eines Tieres ausreichen kann. Obgleich der
Hund des Antragstellers zwei Tiere unstreitig gebissen hat, sind beide Vorfälle nicht
geeignet, eine dem Wesen des Hundes nicht regelmäßig zukommende Neigung zum
Beißen zu belegen. Zunächst ist der natürliche Trieb eines Hundes zur Verteidigung seines
„Refugiums“ zu berücksichtigen. Sowohl die Katze als auch das Kaninchen waren in das
befriedete Besitztum des Antragstellers eingedrungen. Zum anderen ist allen Hunden ein
gewisser Jagdtrieb eigen. Das Fangen und Beuteln von kleineren (Beute-)Tieren gehört zum
üblichen Verhalten eines Hundes, ohne dass hieraus regelhaft auf eine anormal
herabgesetzte Reizschwelle des Hundes geschlossen werden kann. Ein (Beute-)Tier, das
sich in das „Refugium“ eines Hundes begibt, läuft grundsätzlich Gefahr, von diesem Hund
gebissen zu werden. In einer solchen Situation kann der Hund nur durch Befehle dazu
gebracht werden, von seiner Beute abzulassen. Außerhalb befriedeten Besitztums muss
daher vom Halter grundsätzlich sichergestellt werden, dass der Hund einer hinreichend
wirksamen Kontrolle unterliegt. Innerhalb des befriedeten Besitztums ist eine
gleichermaßen strenge Kontrolle des Tieres nicht zu fordern; dort ist es grundsätzlich
zulässig, den Hund frei laufen zu lassen. In letzter Konsequenz hat sich für die Katze
ebenso wie für das Kaninchen ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, ähnlich wie wenn
die Tiere auf die Straße gelaufen und überfahren worden wären.
Die Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes des Antragstellers lässt sich auch nicht aus
der Größe des Hundes bzw. seiner Zugehörigkeit zu einer womöglich mit einem eher
ausgeprägten Jagdtrieb versehenen Jagdhundrasse und seiner diesen Trieb schulenden
jagdlichen Ausbildung herleiten.
Die Polizeiverordnung differenziert zunächst nicht zwischen großen und kleinen Hunden,
obgleich der Jagdtrieb eines großen Hundes schwerere Folgen zeitigen kann, als der eines
kleinen Hundes. Da für den Rechtsbegriff der Bissigkeit i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 PolVO eine
dem Wesen des Hundes nicht regelmäßig entsprechende Schärfe erforderlich ist, werden
Bisse, die dem nicht entarteten natürlichen Jagdtrieb des Hundes entstammen, in der Regel
von ihr nicht erfasst. Das Halten großer Hunde bedeutet allerdings für den Halter erhöhte
Sorgfaltspflichten. Vorfälle, die ihre Ursache nicht in der besonderen Gefährlichkeit des
Tieres sondern in der Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit eines Hundehalters zur Beherrschung
eines großen Hundes haben, können gegebenenfalls wegen der hierin liegenden
polizeilichen Gefahr ein Eingreifen nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen
rechtfertigen. Sie sind jedoch nicht Gegenstand der Feststellung des § 1 Abs. 2 PolVO.
Diese Regelung knüpft maßgeblich an das Wesen des Hundes an.
Vgl. VG des Saarlandes, Beschluss vom 17.07.2006, a.a.O.
Des Weiteren enthält die Polizeiverordnung eine Differenzierung nach Rasse oder
Ausbildung des Hundes nur im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 PolVO, der den Hund des
Antragstellers nicht erfasst. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 PolVO sind Hunde, die auf Angriffslust
oder Schärfe oder andere in der Wirkung gleichstehende Zuchtmerkmale gezüchtet oder
ausgebildet wurden, als gefährlich anzusehen. Der systematische Zusammenhang der
Regelung des § 2 Abs. 1 PolVO mit § 7 PolVO zeigt, dass Hunde nicht allein aufgrund ihrer
Zugehörigkeit zu einer Jagdhundrasse und/oder ihrer Ausbildung als Jagdhund hierunter
fallen. Denn § 2 Abs. 1 PolVO sieht vor, dass die private Haltung eines § 1 Abs. 1 Nr. 3
unterfallenden Hundes verboten ist. § 7 Abs. 1 PolVO zeigt aber, dass die Jagdhundhaltung
und -ausbildung grundsätzlich erlaubt sein soll. Es ist daher davon auszugehen, dass
gefährliche Hunde i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 Hunde sind, die eigens auf Aggressivität gezüchtet
und ausgebildet werden.
Hinsichtlich der weiteren in der Anzeige vom 17.08.2007 enthaltenen
Sachverhaltsdarstellungen der Nachbarn des Antragstellers hat der Antragsgegner seine
Amtsermittlungspflicht aus § 24 SVwVfG verletzt. Er hat die dortigen Angaben seiner
Entscheidung ohne weitere Ermittlungen zu Grunde gelegt, obwohl die Anzeige – außer zu
dem Vorfall mit der Katze- nicht näher substantiiert wurde. Die Angaben hätten aber der
Konkretisierung, insbesondere nach Zeit und Ort bedurft. Gegebenenfalls hätten sich
hieran weitere Ermittlungsschritte bei anderen Anwohnern und nicht zuletzt auch beim
Antragsteller selbst anschließen müssen, um eine hinreichend tragfähige
Entscheidungsgrundlage zu erhalten. Der Verfahrensfehler ist von einem Ausmaß, das im
Hauptsacheverfahren nach § 113 Abs. 3 VwGO beachtlich wäre und dort schon allein die
Aufhebung des Verwaltungsakts rechtfertigen würde. Allerdings können die fehlenden
Ermittlungen im Widerspruchsverfahren nachgeholt und der Fehler damit „geheilt“ werden.
Da allerdings weder das weitere Vorgehen im Widerspruchsverfahren noch das Ergebnis
eventueller weiterer Ermittlungen derzeit absehbar ist, kann dieser Umstand nicht in die
Interessensabwägung einbezogen werden. Für das vorliegende Eilverfahren ist auf den
Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen.
Ohne dass es entscheidungserheblich noch darauf ankommt, ist festzustellen, dass der
Bescheid des Antragsgegners auch an einem Anhörungsmangel leidet. Nach § 28 Abs. 1
SVwVfG ist dem Betroffenen eines belastenden Verwaltungsakts vor Erlass des
Verwaltungsakts Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen
Tatsachen zu äußern. Eine Ausnahme nach § 28 Abs. 3 SVwVfG, von der der
Antragsgegner offenkundig ausgeht, ist nicht erkennbar. Auch die Möglichkeit eines
Absehens von einer Anhörung im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen i.S.d. § 28 Abs.
2 SVwVfG kann vorliegend nicht ohne weiteres angenommen werden. Insoweit muss
berücksichtigt werden, dass das Anhörungsrecht das zentrale Verfahrensrecht des
Betroffenen ist und, sofern eine eilige Entscheidung nötig erscheint, auch sehr kurze
Anhörungsfristen gesetzt werden können.
Ohne die Feststellung, dass es sich bei dem Hund Aline um einen gefährlichen Hund i.S. der
Polizeiverordnung handelt, liegen zum derzeitigen Zeitpunkt auch die Voraussetzungen für
die in dem Bescheid weiter enthaltenen Anordnungen, die im Hinblick auf die Halterpflichten
aus § 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 PolVO getroffen wurden, nicht vor. Gleiches gilt für die
Anforderung einer Erlaubnis für das Halten des Hundes nach § 2 Abs. 2 PolVO und die
Forderung eines Sachkundenachweises gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 4 PolVO. Ferner
sind derzeit auch Maßnahmen gegen den Hundehalter ohne Feststellung der Gefährlichkeit
des Hundes auf der Grundlage des § 8 Abs. 1 SPolG nicht gerechtfertigt, so dass die
getroffenen Verfügungen, etwa zu den Modalitäten der Hundehaltung, auch nicht mit
dieser Begründung aufrechterhalten werden können. Der bezeichnete Verstoß gegen die
Amtsermittlungspflicht aus § 24 SVwVfG wirkt sich auch insoweit in der beschriebenen
Weise aus. Es ist -entgegen den Ausführungen des Antragsgegners in seinem Bescheid-
nicht hinreichend ermittelt, dass der Hund des Antragstellers frei herumläuft und über die
bezeichnete Katze und das Kaninchen hinaus mehrere Katzen und einen kleinen Hund tot
gebissen hat. Gleiches gilt für die weiteren Angaben in der Anzeige der Nachbarn, nach
denen der Hund ausbricht, wildert, dabei „fremde Katzen anschleppt“, ungehorsam ist,
vom Antragsteller und von dessen Ehefrau nicht hinreichend beherrscht wird und er „alle
schon einmal angesprungen“ hat.
Schließlich ist auch die im Bescheid enthaltene Zwangsgeldandrohung rechtswidrig. Zwar
folgt dies nicht schon daraus, dass hinsichtlich der vorbezeichneten Verwaltungsakte die
aufschiebende Wirkung wiederhergestellt worden ist. Denn gemäß § 50 Abs. 2 SPolG kann
die Androhung eines Zwangsmittels auch dann mit dem Verwaltungsakt, durch den eine
Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird, verbunden werden, wenn der
Rechtsbehelf gegen diesen aufschiebende Wirkung entfaltet. Indessen ist die
Zwangsgeldandrohung nicht hinreichend bestimmt i.S.d. § 37 Abs. 1 SVwVfG. Es ist nicht
erkennbar, ob die Zwangsgeldsandrohung in Höhe von 1000 Euro für den Fall des
Verstoßes gegen alle drei Pflichten, auf die sich die Androhung bezieht, oder für jeden
Einzelverstoß Geltung beansprucht. In letzterem Verständnis ergäben sich zudem
Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil dann trotz
der zumindest teilweisen Befolgung der Verfügung das gleiche Zwangsgeld festgesetzt
werden könnte, wie im Fall der völligen Nichtbefolgung. Wird daher – wie hier- ein
Zwangsgeld in Bezug auf mehrere voneinander unabhängige Handlungen angedroht, so ist
entsprechend dem allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem in § 37 Abs. 1
SVwVfG enthaltenen Bestimmtheitsgebot für jede einzelne Handlung eine bestimmte Höhe
des Zwangsgeldes festzulegen. Der Antragsgegner hätte mithin für die Verletzung jeder
Handlungspflicht, auf die sich die Androhung bezieht, ein gesondertes Zwangsgeld
androhen müssen.
Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 15.05.1992 -8 W 7/92-
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und Abs. 2, 53 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG.
Dabei sind die Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes und die damit im direkten
Zusammenhang stehende Anforderung eines Sachkundenachweises und einer Erlaubnis
zur Hundehaltung im Hinblick auf die Kosten ebenso als Einheit anzusehen, wie die
Anordnungen, die sich auf die Modalitäten der Hundehaltung beziehen. Für beide
Gegenstände wäre im Hauptsacheverfahren der Regelstreitwert von 5.000 Euro zugrunde
zu legen (vgl. II 35.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004).
Dieser ist für das Eilverfahren zu halbieren.