Urteil des VG Saarlouis vom 16.12.2009

VG Saarlouis: gemeinde, widmung, klage auf unterlassung, radweg, stadt, aufschiebende wirkung, öffentlicher verkehr, im bewusstsein, feststellungsklage, durchgangsverkehr

VG Saarlouis Urteil vom 16.12.2009, 10 K 249/09
Klage auf Feststellung der Eigenschaft eines Weges als nicht öffentlich im
straßenrechtlichen Sinne
Leitsätze
Begehrt ein Kläger die Feststellung der Eigenschaft eines Weges bzw. einer bestimmten
Wegstrecke als nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne, so ist er hinsichtlich der
insoweit erheblichen Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet. Die Klage hat daher
keinen Erfolg, wenn nach Auswertung des verfügbaren Prozessstoffes und mangels
entgegenstehender Erkenntnisse davon auszugehen ist, dass die Wegstrecke zum
maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG)
am 13.2.1965 nicht nur als Rad- und Fußweg, sondern darüber hinaus als Anliegerstraße
für den allgemeinen Verkehr mit Kraftfahrzeugen aller Art bestimmt war und daher in
diesem Umfang gemäß § 63 Satz 1 SStrG als dem öffentlichen Verkehr gewidmet gilt.
Unter diesen Umständen kommt es nicht mehr darauf an, ob der Wegebaulastträger
wiederholt Maßnahmen zur Unterhaltung des betreffenden Weges getroffen hat, denn
dieses für oder - bei Fehlen solcher Maßnahmen - gegen die Öffentlichkeit einer Straße
sprechende Indiz ist nicht von ausschlaggebendem Gewicht, wenn - wie hier - die
Öffentlichkeit eines Weges durch andere Erkenntnisquellen hinreichend belegt ist, ferner
nachweislich eine Instandsetzung durchgeführt wurde und im Übrigen offen bleibt, ob
Unterhaltungsmaßnahmen bis zum maßgeblichen Stichtag (13.2.1965) sowie in der
Folgezeit tatsächlich unterblieben sind oder nur ein Nachweis hierüber fehlt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden
Kostenschuld abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Feststellung, dass es sich bei einer auf ihrem
Gemeindegebiet (Ortsteil Hostenbach) liegenden, ihr gehörenden Wegparzelle, über welche
der Saar-Radweg verläuft und welche die einzige Zuwegung zum Betriebsgelände der
Beklagten zu 2. darstellt, nicht um eine straßenrechtlich für den öffentlichen Verkehr
gewidmete Wegstrecke handelt.
Der streitige Abschnitt des Weges fügt sich an die öffentliche Straße an, welche links der
Saar in der der Klägerin benachbarten Stadt B-Stadt (Ortsteil Wehrden) das dortige
Klärwerk erschließt, und führt auf einer insgesamt ungefähr sechs Meter breiten und in
einer Breite von etwa drei Metern asphaltierten Fahrbahn über eine Strecke von ca. 200 m
bis zu einer Schranke, hinter welcher der Saar-Radweg in westlicher Richtung weiterführt.
Kurz vor der Schranke mündet von links, durch eine Eisenbahn-Unterführung, die Zufahrt
zum Betriebsgelände der Beklagten zu 2. ein. Das insgesamt rund 13.500 m² große, von
nördlich und südlich verlaufenden Eisenbahntrassen umschlossene Gelände gehört der
Beklagten zu 1. und ist an die Beklagte zu 2. verpachtet, welche dort mit behördlicher
Genehmigung eine Abfallverwertungsanlage betreibt. Zuvor unterhielt auf dem Gelände die
Firma E. mit Genehmigung vom 18.11.1982 eine Anlage zur Verwertung von Autowracks.
Sie folgte der Firma F. nach, welche die betreffenden Grundstücke in den Jahren 1962 und
1964 von der Bundesrepublik Deutschland - Bundeseisenbahnvermögen – erworben und
dort einen Baustoffhandel eingerichtet hatte. Alle dort bisher siedelnden Betriebe nutzten
die streitige Wegstrecke, die ehemals Eigentum der Deutschen Bahn AG bzw. deren
Rechtsvorgängerinnen war, als Zuwegung zu ihrem Betriebsgrundstück.
Aufgrund notariellen Vertrages vom 5.5.1995 erwarb die Klägerin von der Deutschen Bahn
AG u. a. die streitige Wegstrecke und wurde nach Abmarkung und Neuparzellierung am
25.1.2000 als deren Eigentümerin im Grundbuch von Hostenbach eingetragen. Die
Beklagte zu 2 erhielt mit Bescheid des Landesamtes für Umwelt und Arbeitsschutz des
Saarlandes vom 21.11.2006 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zum Betrieb
einer Anlage für das Umschlagen, Sortieren und Verkleinern von Abfällen als Ergänzung der
bestehenden Anlage zum Lagern und Behandeln von Autowracks und Wrackteilen. In der
Begründung zum Genehmigungsbescheid wurde darauf hingewiesen, dass nach Mitteilung
der Klägerin gegebenenfalls eine die Zufahrt zum Betriebsgelände betreffende Problematik
bestehe, weil die Zuwegung dem Saar-Radweg "gewidmet" sei. Die Genehmigungsbehörde
habe den insoweit zuständigen Landesbetrieb für Straßenbau am Verfahren beteiligt,
welcher innerhalb der ihm gesetzten Fristen keine Stellungnahme abgegeben habe. Es sei
deshalb davon auszugehen, dass von dessen Seite keine Bedenken bestünden. Des
Weiteren wurde festgestellt, dass das baurechtlich erforderliche Einvernehmen der Klägerin
mangels rechtzeitiger Verweigerung nach den einschlägigen Vorschriften als erteilt gelte.
Mit verkehrsrechtlicher Anordnung vom 1.10.2007 verfügte die Klägerin, dass zur
Sicherung des Rad- und Fußgängerverkehrs bzw. wegen der sonst drohenden Gefährdung
von Radfahrern und Fußgängern durch Lastkraftwagen im Begegnungsverkehr die
betreffende Wegstrecke für Fahrzeuge aller Art, ausgenommen Radfahrer, gesperrt und zu
diesem Zwecke das Verkehrszeichen 250 - "Verbot für Fahrzeuge aller Art" - mit dem
Zusatzzeichen "Radfahrer frei" aufgestellt werden solle. Gegen die entsprechend dieser
Anordnung aufgestellten Verkehrsschilder legten die Beklagten Widerspruch ein. Auf ihren
Antrag ordnete das Verwaltungsgericht des Saarlandes mit Beschluss vom 6.11.2007 (10
L 1494/07) aufgrund einer hauptsacheoffenen Abwägung der widerstreitenden öffentlichen
und privaten Interessen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an. Zur Begründung
stellte das Gericht darauf ab, dass für die nur summarische Prüfung im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes und vorbehaltlich einer abschließenden Klärung im
Hauptsacheverfahren davon auszugehen sei, dass es sich bei dem streitigen
Streckenabschnitt um eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße handele. Die
gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde wies das
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes mit Beschluss vom 28.3.2008 (1 B 448/07) als
unbegründet zurück, nahm zur Begründung auf die Ausführungen in der angefochtenen
Entscheidung Bezug und verwies hinsichtlich der Klärung der Frage, ob die Wegstrecke
dem öffentlichen Verkehr gewidmet sei, ebenfalls auf das Verfahren in der Hauptsache.
Während des beim Kreisrechtsausschuss des Landkreises Saarlouis anhängigen
Widerspruchsverfahrens sperrte die Klägerin mit Anordnung vom 23.6.2008 die
betreffende Wegstrecke auch für Radfahrer und Fußgänger. Daraufhin hob der Landkreis
Saarlouis die von der Klägerin getroffenen Regelungen auf und verfügte mit
verkehrsrechtlicher Anordnung vom 9.7.2008 eine neue Beschilderung sowie Markierung
des Wegabschnitts (u. a. Höchstgeschwindigkeit 10 km/h, Vorrangregelung bei
Gegenverkehr, Warnschild mit den Zusätzen "Radfahrer absteigen" und "werktags"). Das
Widerspruchsverfahren (Az.: KRA – 96/08) wurde daraufhin seitens der Beteiligten
übereinstimmend für erledigt erklärt und durch Beschluss des Kreisrechtsausschusses vom
18.3.2009 eingestellt. Gegen die Anordnung des Landkreises Saarlouis vom 9.7.2008 hat
die Klägerin Widerspruch eingelegt. Das diesbezügliche Verfahren (Az.: KRA – 79/08) ist bis
zur rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt worden.
Bereits am 7.7.2008 hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
Im Laufe des Verfahrens haben die Beteiligten unstreitig gestellt, dass der fragliche Weg
mit der Parzellen-Nr. .../7, welcher früher unter der Parzellen-Nr. .../176 geführt wurde,
nicht förmlich dem öffentlichen Straßenverkehr gewidmeten worden ist. Das
Verwaltungsgericht erläuterte in einer Aufklärungsverfügung vom 06.02.2009, dass in
diesem Falle eine straßenrechtliche Widmung der Wegstrecke lediglich unter den
Voraussetzungen des § 63 Satz 1 des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG) bestehen
könne. Danach würden aufgrund gesetzlicher Fiktion alle diejenigen Wege als dem
öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt gelten, bei welchen dies bereits im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Saarländischen Straßengesetzes im Jahre 1965 der Fall gewesen sei.
Insoweit sei eine Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls erforderlich.
Die Klägerin begründete ihre Klage damit, dass ihres Erachtens die Voraussetzungen für
eine Widmung der betreffenden Wegstrecke nach § 63 SStrG nicht vorlägen. Für die
Annahme einer fingierten Widmung in diesem Sinne sei erforderlich, dass ein wegerechtlich
Unterhaltspflichtiger seine Überzeugung von der Öffentlichkeit des Weges dadurch -
konkludent - zum Ausdruck gebracht habe, dass er den Weg vor dem Jahr 1965, eventuell
mithilfe von Dritten, regelmäßig wiederhergestellt bzw. unterhalten habe. Vorliegend fehle
es hierfür an jeglichem Anhaltspunkt. Vielmehr ergebe sich aus einem Vertrag zwischen
dem Eisenbahnvermögen und der Gemeinde Hostenbach vom 4.12.1901 i.V.m. einem
offenkundig dazugehörigen Kartenwerk, dass der das fragliche Gelände erschließende Weg
damals noch anders verlaufen sei bzw. anders angelegt werden sollte, als die heute im
Streit stehende Zuwegung und eine vertragliche Verpflichtung der Gemeinde zur
Instandsetzung und Unterhaltung des Weges lediglich zur Erhaltung von dessen Funktion
als Wiesenabfuhrweg zu Gunsten der Grundbesitzer und sonstigen Interessenten
bestanden habe. Es habe sich daher um einen so genannten Interessentenweg gehandelt,
der rechtlich als Privatweg einzuordnen sei. Dass der Weg längs der Eisenbahn zwischen
Hostenbach und Wehrden lediglich der werktätigen Bevölkerung als Fuß- bzw. Radweg zur
Arbeitsstelle nach B-Stadt gedient habe, belege ein Schreiben des Amtsvorstehers der
Gemeinde Wadgassen vom 26.9.1951. Darin sei die zuständige Verkehrspolizeibehörde -
mit Erfolg - darum gebeten worden, den Weg für Fahrzeuge im Durchgangsverkehr zu
sperren, damit dieser seinem eigentlichen Zweck, der Aufnahme des Fußgängerverkehrs,
habe dienen könne. Die Gemeinde habe den Weg nicht als öffentlich angesehen, was sich
auch daraus ergebe, dass das Wort "öffentlich" in dem Schreiben in Anführungszeichen
gesetzt sei. Ein weiterer Beleg für diese damalige Einschätzung sei, dass die Gemeinde den
Weg bei einer im Jahre 1969 erlassenen ersten Erschließungsbeitragssatzung bei der
Aufzählung der damals in der Gemeinde bereits vorhandenen (öffentlichen) Straßen und
Wege nicht erwähnt habe. Etwas anderes könne nicht deshalb angenommen werden, weil
dem erwähnten Schreiben vom 26.9.1951 weiter zu entnehmen sei, dass die Gemeinden
Hostenbach und Wehrden den Fuß- und Radweg wieder instandgesetzt hätten, denn diese
Instandsetzung - sollte sie tatsächlich erfolgt sein, was sich nicht mehr feststellen lasse –
wäre zu einer Zeit geschehen, als die fragliche Wegparzelle noch im Eigentum der
Deutschen Bundesbahn gestanden habe. Hinzu komme, dass der Zustand des Weges
ausweislich des Schreibens vom 26.9.1951 nicht geeignet gewesen sei,
Kraftfahrzeugverkehr aufzunehmen. Er sei lediglich mit so genannten Braschen
(Kohlenschlacken) bedeckt gewesen. Die damalige Maßnahme sei daher vor dem
Hintergrund zu sehen, dass der durch den Kraftfahrzeugverkehr stark beschädigte Weg
habe instandgesetzt werden müssen, um seinen eigentlichen Zweck, dem Fußgänger- und
Radverkehr zu dienen, wieder erfüllen zu können. Das einmalige Instandsetzen eines Fuß-
und Radweges aus Gründen der Fürsorge für die Gemeindebürger sei jedoch nicht
geeignet, die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Widmungsfunktion nach § 63 Satz 1
SStrG zu begründen.
Angesichts dessen sei rechtlich irrelevant, dass der Weg tatsächlich langjährig als
Zuwegung genutzt worden sei. Nichts anderes folge aus der Darstellung des Weges in
Karten, denn hieraus lasse sich keine verbindliche Aussage über dessen Rechtsnatur
herleiten. Ebenso wenig ergebe sich Gegenteiliges aus der dem Beklagten zu 2. erteilten
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 21.11.2006, denn die Klägerin habe ihr
Einvernehmen nicht hergestellt und im Übrigen sei die Erschließung des Betriebsgeländes
der Beklagten von der Genehmigung ausgenommen worden. Dazu müsse gesehen
werden, dass die Klägerin in der Vergangenheit ihr Einvernehmen zu Bauvorhaben auf den
Grundstücken der Beklagten zu 2. stets mit dem Hinweis versehen habe, dass eine
Zufahrt über das fragliche Teilstück des "Leinpfads" nicht möglich sei. Dies habe bereits das
Genehmigungsverfahren des Rechtsvorgängers der Beklagten, der Firma E, im Jahre 1982
betroffen, wie sich aus einem Auszug der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats
vom 8.6.1982 ergebe.
Schließlich komme eine so genannte Widmung kraft unvordenklicher Verjährung nicht in
Betracht. Dies würde erfordern, dass der Weg seit Menschengedenken in einem
gebrauchsfähigen Zustand tatsächlich vorhanden und im Bewusstsein der Ausübung eines
öffentlichen Rechts allgemein benutzt worden sei. Auch hierfür fehle es vorliegend an
jeglichem Anhaltspunkt. Im Übrigen werde zur Begründung der Klage auf den gesamten
Vortrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht des
Saarlandes (10 L 1494/07) und dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (1 B 448/07)
Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass es sich bei dem Grundstück in der
Gemarkung Hostenbach, Flur 4, Flurstück Nummer .../7,
um keine dem öffentlichen Verkehr gewidmete
Wegstrecke im Sinne des § 2 Saarländisches
Straßengesetz handelt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, dass die streitige Wegstrecke zumindest seit 1963 als öffentliche
Straße gewidmet sei. Soweit ersichtlich habe zunächst die Deutsche Reichsbahn als
Eigentümerin spätestens seit 1905 den damals bereits vorhandenen Weg benutzt, um zu
der Unterführung zu gelangen, durch welche die heute von den Beklagten als
Betriebsgelände genutzten Grundstücke allein erreichbar gewesen seien. Die dort
belegenen Flächen einschließlich der streitigen Wegstrecke seien allesamt zunächst
Staatseigentum gewesen und hätten zuletzt zum Bundeseisenbahnvermögen gehört. Aus
diesem Grunde seien diese bahnrechtlich gewidmet und blieben dies auch weiterhin, bis
diese Widmung durch ein so genanntes bahnrechtliches Freistellungsverfahren beseitigt
werde. Insoweit lasse sich zunächst feststellen, dass die Deutsche Bahn AG die
betreffenden Grundstücke auf der Grundlage von zu ihren Gunsten eingetragenen
Dienstbarkeiten weiterhin nutzen dürfe und zur Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs auch
müsse; des weiteren habe sie in der Vergangenheit als Eigentümerin eine Nutzung des
betreffenden Weges durch die Öffentlichkeit ganz bewusst herbeigeführt, indem sie durch
den Verkauf u. a. der heute zum Betriebsgelände der Beklagten gehörenden Grundstücke
die Ansiedlung von Gewerbebetrieben ermöglicht habe, und zwar in dem Bewusstsein,
dass die Grundstücke lediglich über die betreffende Wegstrecke erschlossen seien. Somit
sei dieser Weg spätestens durch den Verkauf an die Firma F, die dort – was unstreitig ist -
von 1963 an einen Baustoffhandel betrieben habe, einer öffentlichen Nutzung zugänglich
gemacht und für diese Nutzung gewidmet worden. Diese Benutzung des Weges sei später
durch die Firma E fortgesetzt worden, welcher 1982 mit ausdrücklichem Einvernehmen
der Klägerin das Betreiben einer Autoverwertungsanlage genehmigt worden sei. Die
Klägerin habe mit der Erteilung ihres Einvernehmens im Genehmigungsverfahren zu
erkennen gegeben, dass sie von der Öffentlichkeit der fraglichen Wegstrecke ausgehe.
Ihr weiteres Verhalten lasse keine andere Deutung zu. So habe sie noch vor Inkrafttreten
des Saarländischen Straßengesetzes eine Bauleitplanung in Gestalt eines
Flächennutzungsplanes aufgestellt, der die hier betroffenen Flächen als Industriegebiet
ausweise. Ferner habe sie in jüngerer Zeit den Weg durch verkehrsrechtliche Anordnungen
– zuletzt für Radfahrer und Fußgänger - gesperrt und der Landkreis Saarlouis unter
Aufhebung dieser Regelung eine neue verkehrsrechtliche Anordnung getroffen; dies alles sei
jedoch nur verständlich unter der Voraussetzung, dass sowohl die Klägerin als auch der
Landkreis von einer öffentlichen Straße im Rechtsinne ausgingen. Im Übrigen werde auf
den Vortrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht
des Saarlandes (10 L 1494/07) und dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (1 B
448/07) Bezug genommen.
In der ersten mündlichen Verhandlung vom 25.11.2009 legte die Klägerin nach vorheriger
gerichtlicher Anforderung die notariellen Verträge/Erklärungen vom 5.5.1995 (Kaufvertrag)
und 15.4.1999 (Auflassung) über den Erwerb u. a. der streitigen Wegparzelle vor. Die
Sitzung wurde mit Rücksicht auf den Inhalt der Urkunden und die Absicht der Beteiligten,
hierzu nach rechtlicher Überprüfung noch vortragen zu wollen, vertagt. Die Beklagten
reichten daraufhin ihren Schriftsatz vom 2.12.2009 ein, auf welchen die Klägerin mit
Schreiben vom 10.12.2009 erwiderte. In der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2009
äußerten sich die Beteiligten nochmals zur Sache und nahmen auf ihre in der mündlichen
Verhandlung vom 25.11.2009 gestellten Anträge Bezug.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
einschließlich der Verfahren 10 L 1494/07 und 1 B 448/07 sowie der
Verwaltungsunterlagen der Klägerin verwiesen, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die Feststellungsklage hat keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist zulässig.
Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO gegeben, denn es handelt sich
um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, für welchen keine
ausdrückliche bundesgesetzliche oder landesgesetzliche Zuweisung zu einem anderen
Gericht besteht. Die von der Klägerin mit ihrer Klage begehrte (negative) Feststellung, dass
die zu betrachtende Wegstrecke nicht öffentlich im straßenrechtlichen Sinne sei, ist nach
Maßgabe des Saarländischen Straßengesetzes (SStrG) und somit aufgrund öffentlichen
Rechts zu entscheiden, wobei diese Vorschriften im Falle des Vorliegens eines für den
öffentlichen Verkehr gewidmeten Weges die Klägerin in ihrer Funktion als öffentlich-
rechtliche Gebietskörperschaft berechtigen und verpflichten. Der Verwaltungsrechtsweg ist
daher gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet.
Ferner ist die von der Klägerin zur Verfolgung ihres Rechtsschutzziels gewählte
Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft. Wird nämlich - wie hier - um die
Öffentlichkeit einer Straße oder eines Weges im straßenrechtlichen Sinne gestritten, betrifft
dieser Streit die Art und den Umfang der Rechte und Pflichten des Eigentümers, des oder
der Anlieger sowie desjenigen, der – wie hier die Klägerin – eventuell als gesetzlicher
Wegebaulastträger sowie Verkehrssicherungspflichtiger an dem betreffenden
Rechtsverhältnis beteiligt ist. Mit der Klage wird somit die Feststellung des Bestehens bzw.
- wie vorliegend - des Nichtbestehens eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses
begehrt, wobei wegen der aufgezeigten Rechtsbetroffenheit der hieran Beteiligten
regelmäßig ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung besteht.
Vgl. zu alledem etwa: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6.
Aufl. 1999, Kapitel IV Rdnrn. 8.3 ff., S. 133 f.; ferner:
Sauthoff, Straße und Anlieger, 2003, Rdnrn. 30 und 537
Die Feststellungsklage ist auch nicht gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO subsidiär gegenüber
anderen Klagemöglichkeiten. Nach der genannten Vorschrift kann die Feststellung nicht
begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage
verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Ziel der Regelung ist es, unnötige
Feststellungsklagen zu vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere, sachnähere
und wirksamere Klageart zur Verfügung steht. Der Rechtsschutz soll deshalb aus Gründen
der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das dem Klageziel am
wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden. Wegen der prinzipiellen
Gleichwertigkeit der Rechtswege gilt dies rechtswegübergreifend, d. h. auch dann, wenn
die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben wäre
oder bereits erhoben ist.
So BVerwG, Urteil vom 12.7.2000, 7 C 3/00, BVerwGE
111, 306 = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133, zitiert
nach juris
Hiervon ausgehend ist die vorliegende Feststellungsklage nicht nachrangig gegenüber einer
denkbaren Klage auf Unterlassung der Benutzung des Weges, welche die Klägerin in
Konsequenz ihrer Rechtsansicht gegen die Beklagten bzw. die Beklagte zu 2. aus privatem
Recht erheben könnte. In diesem Rechtsstreit würde nämlich der rechtliche Status des
Weges mit den jeweiligen rechtlichen Folgerungen lediglich eine für die Entscheidung
erhebliche Vorfrage darstellen, über welche das Zivilgericht nicht mit Rechtskraft
entscheiden könnte. Mit anderen Worten stünde im Falle eines Obsiegens der Klägerin in
einem solchen Prozess nur fest, dass sie die Benutzung des Weges aufgrund ihres
Eigentumsrechts unterbinden dürfte oder dem Beklagten aufgrund eines Notwegerechts (§
917 BGB) gegen Entgelt gestatten müsste. Aus diesem Grunde ist die denkbare
zivilrechtliche Unterlassungsklage nicht gleichermaßen wie die vorliegende
Feststellungsklage geeignet, Art und Umfang des zwischen der Klägerin und den Beklagten
mit Blick auf den sachenrechtlichen Status der streitigen Wegstrecke bestehenden
Rechtsverhältnisses rechtsverbindlich umfassend zu klären.
Vgl. dazu etwa Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, §
43 Rdnr. 29
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem (allgemeinen) Rechtsschutzinteresse der
Klägerin nicht entgegen, dass sie im notariellen Kaufvertrag vom 5.5.1995 (dort II. 1.)
erklärt hat, die verkauften Grundstücke bzw. Teilgrundstücke dienten "… überwiegend als
öffentlicher Rad- und Wanderweg bzw. als öffentliche Zuwegung für Anlieger" und sie
werde soweit noch erforderlich "... diese Wegeflächen entsprechend dem öffentlichen
Verkehr widmen." Insoweit ist bereits nicht hinreichend eindeutig, ob diese Aussage sich
auf den vorliegend streitigen Weg erstreckte, denn die Erklärung bezog sich ausweislich des
Vertragstextes auf sämtliche verkauften Grundstücke bzw. Teilgrundstücke, zu welchen
mehrere Wege gehörten (vgl. den Kaufvertrag vom 5.5.1995 zu dessen Ziffer II. 1 a bis c
i.V.m. I). Abgesehen davon ist fraglich, ob die von der Klägerin geäußerte Absicht, im
Einzelnen nicht näher bezeichnete Wege noch förmlich zu widmen, als eine - wie die
Beklagten meinen - echte Vertragspflicht angesehen werden kann, denn nach dem
Wortlaut des maßgeblichen Passus, wonach eine entsprechende Widmung "soweit noch
erforderlich" vorgenommen werden sollte, ist offenkundig, dass der straßenrechtliche
Status der jeweiligen Wegflächen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ungeprüft war.
Daher erscheint es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht möglich, eine zu
Gunsten Dritter geltende vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Widmung der
vorliegend streitigen Wegstrecke anzunehmen.
Mangels anderweitiger Bedenken ist die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage
somit insgesamt zulässig.
II.
Die Klage ist indes unbegründet.
Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die im Klageantrag bezeichnete
Wegparzelle keine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Wegstrecke im Sinne des
Saarländischen Straßengesetzes sei, kann nicht getroffen werden. Bei Würdigung des
Prozessstoffes gelangt die Kammer nämlich zu dem gegenteiligen Ergebnis, dass die zu
betrachtende Wegstrecke gemäß § 63 Satz 1 SStrG als dem öffentlichen Verkehr zu
dienen bestimmt gilt.
Der Status der betreffenden Wegstrecke als öffentlich im Sinne des Straßenrechts ergibt
sich indes nicht bereits aus vordergründigen Erkenntnissen, insbesondere nicht aus der
Erklärung der Klägerin im notariellen Kaufvertrag vom 5.5.1995 (dort II. 1.), die an sie
verkauften Grundstücke bzw. Teilgrundstücke dienten überwiegend als öffentlicher Rad-
und Wanderweg bzw. als öffentliche Zuwegung für Anlieger; insoweit wird auf die
diesbezüglichen Ausführungen zu I. (betreffend das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für
die vorliegende Klage) verwiesen. Ebenso wenig ist maßgebend, dass der Weg zu einer
Eisenbahnanlage gehört(e), im Genehmigungsbescheid für die Anlage der Beklagten zu 2.
vom 21.11.2006 von einer "Widmung" der Wegstrecke für bzw. dessen Zugehörigkeit zum
Saar-Radweg die Rede ist und sowohl die Klägerin als auch der Landkreis Saarlouis
verkehrsregelnde Anordnungen getroffen haben.
Öffentliche und private Straßen oder Wege lassen sich in funktionaler Hinsicht bisweilen
kaum unterscheiden, denn mit Gestattung des Privateigentümers oder aufgrund dinglicher
Rechte am betreffenden Grundstück (Wegparzelle) kann auch auf einer Privatstraße ein
öffentlicher Verkehr stattfinden. Solche tatsächlich-öffentlichen Verkehrsflächen unterliegen
den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts, insbesondere des Straßenverkehrsgesetzes
und der Straßenverkehrsordnung, denn diese Rechtsvorschriften beanspruchen ihre
Geltung unabhängig vom straßenrechtlichen Status der Verkehrsfläche bereits deshalb,
weil der dort tatsächlich stattfindende allgemeine Verkehr unter den Gesichtspunkten der
Sicherheit und Ordnung zu schützen bzw. zu regeln ist.
Vgl. dazu vgl. dazu Kodal/Krämer, a.a.O., Kapitel IV Rdnrn.
15 ff. bzw. S. 138 f., sowie Sauthoff, a.a.O., Rdnr. 26
Aus diesem Grunde lässt sich für den Status der hier streitigen Wegstrecke nichts daraus
herleiten, dass sowohl die Klägerin als auch die übergeordnete Straßenverkehrsbehörde
aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs bzw. zur Gewährleistung
eines gefahrlosen Begegnungsverkehrs zwischen Fußgängern und Radfahrern einerseits
sowie großen Kraftfahrzeugen anderseits verkehrsregelnde Maßnahmen durch das
Aufstellen von Verbots - bzw. Gebotsschildern getroffen haben.
Ferner ergibt sich eine Widmung der hier zu betrachtenden Wegstrecke als "Saar-Radweg"
nicht aus der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Anlage der Beklagten zu 2.
vom 21.11.2006, welche insoweit lediglich einen Hinweis enthält, dass wegen der
betreffenden "Widmung" bzw. Zugehörigkeit der Wegstrecke zum Saar-Radweg eventuell
anderweitige das Vorhaben betreffende Zulassungsverfahren nötig seien. Hiermit hatte das
Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz als Genehmigungsbehörde nicht den Status des
Weges rechtlich beurteilt, sondern lediglich die Tatsache berücksichtigt, dass der Saar-
Radweg dort entlang verläuft und dies hinsichtlich der Erschließung des Betriebsgeländes
der Beklagten zu 2. zu beachten sei.
So die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom
6.11.2007, 10 L 1494/07, zum vorgängigen Rechtsstreit
der Beteiligten
Schließlich folgt eine straßenrechtliche Widmung der fraglichen Wegparzelle nicht aus dem
Umstand, dass dieser Teil einer (ehemaligen) Eisenbahnanlage war bzw. ist, denn
ungeachtet der damit verbundenen öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung handelt es
sich bei den Zwecken der Eisenbahn dienenden Straßen und Wegen im Regelfall um
Privatstraßen bzw. Privatwege. Je nach Art der Zuwegung, etwa bei den Güterladestraßen,
kann eine tatsächlich-öffentliche Straße im oben dargelegten Sinne bestehen. Möglich ist
auch, dass Eisenbahnzufuhrwege, die grundsätzlich ebenfalls Privatwege sind, aufgrund
von Vereinbarungen mit den betroffenen Gemeinden bereits von vornherein als öffentliche
Wege im Sinne des Straßenrechts gebaut und gewidmet oder infolge späterer
Verkehrsentwicklung oder -verlagerung für den allgemeinen Verkehr unentbehrlich wurden
und somit ein Funktionswandel hin zu einer öffentlichen Straße eingetreten war.
Vgl. zu alledem Kodal/Krämer, a.a.O., Kapitel IV Rdnrn. 21
ff., S. 142 ff.
Aufgrund dieser Vielgestaltigkeit der möglichen rechtlichen Konstellationen lässt sich daher
allein wegen der Eigenschaft eines Weges als (ehemaliger) Eisenbahnanlage und dessen
straßenrechtlichem Status kein maßgeblicher Zusammenhang herstellen.
Es kommt somit vorliegend entscheidend darauf an, ob die zu betrachtende Wegstrecke
straßenrechtlich für den öffentlichen Verkehr gewidmet ist.
Dabei ist zunächst stets zu prüfen, ob eine förmliche Widmung im Sinne des
Straßengesetzes vorliegt. Diese förmliche Widmung für den öffentlichen Verkehr nach § 6
SStrG ist die Verfügung, durch die eine Straße die Eigenschaft einer öffentlichen Straße
erhält und welche im Regelfall der Träger der Straßenbaulast verfügt. Eine solche Widmung
besteht für die hier zu betrachtende Wegparzelle unstreitig nicht und ist auch nicht
ersichtlich.
Nach der Überleitungsvorschrift des § 63 Satz 1 SStrG wird indes die förmliche Widmung
von öffentlichen Verkehrsflächen fingiert. Danach gelten vom Zeitpunkt des Inkrafttretens
des Saarländischen Straßengesetztes im Jahre 1965 an alle diejenigen Wege als dem
öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt, die "bisher" (davor) bereits dem öffentlichen
Verkehr zu dienen bestimmt waren. Insoweit sind die tatsächlichen Umstände des
Einzelfalls rechtlich zu würdigen und ist zu prüfen, ob es hinreichende Anhaltspunkte für das
Vorliegen eines öffentlichen Weges vor 1965 gibt. Die Widmungsfiktion erfasste schon
beim Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1965 auch die in § 3 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 SStrG
aufgeführten Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen. Für diese beiden
Straßenarten ordnete der durch das genannte Änderungsgesetz aufgehobene
ursprüngliche § 63 Satz 2 SStrG zwar die Weitergeltung der bisherigen Rechtsverhältnisse
bis zur Eintragung der Straße in das Bestandsverzeichnis an; infolge des einschränkenden
Zusatzes "im übrigen" blieb die Widmungsfunktion davon indes unberührt. Kommt es somit
auf die Verhältnisse bei Inkrafttreten des Gesetzes im Jahre 1965 an, würde, da das
Saarländische Straßengesetz vom 17.12.1964 am 12.2.1965 im Amtsblatt des
Saarlandes veröffentlicht und damit – mangels ausdrücklicher Bestimmung des
Inkrafttretens im SStrG - einen Tag später, am 13.2.1965, in Kraft getreten ist (vgl. Art.
105 SVerf a.F. = Art. 103 SVerf n.F.), der fragliche Weg als gewidmet gelten, wenn er zu
diesem Zeitpunkt dem öffentlichen Verkehr zu dienen bestimmt war. Davon ist nach den
Feststellungen der Kammer hier auszugehen:
Öffentlich im Sinne des Saarländischen Straßen- und Wegerechts ist ein nicht auf einen
individuell feststehenden Personenkreis beschränkter, sondern der Allgemeinheit
offenstehender Verkehr, der seiner Art nach eingegrenzt sein kann. Indem das Gesetz auf
die Bestimmung des Weges abstellt, einem solchen Verkehr zu dienen, verweist es auf die
vom Einverständnis des oder der Verfügungsberechtigten getragene Zwecksetzung der
Wegefläche; eine bloße faktische, von einem solchen Einverständnis nicht gedeckte, wenn
auch langjährige ungehinderte Nutzung genügt in diesem Zusammenhang alleine nicht.
Insgesamt gesehen waren somit zur Begründung der Öffentlichkeit eines Weges zum
maßgeblichen Zeitpunkt entsprechende - wenn auch nicht formbedürftige bzw.
stillschweigend mögliche - Erklärungen der klassischen Widmungsbeteiligten, nämlich des
Grundeigentümers der Wegefläche, des künftigen Wegeunterhaltungspflichtigen und der
Wegepolizeibehörde (heute: Wegeaufsichtsbehörde), erforderlich, dass der Weg fortan
dem allgemeinen Verkehr dienen sollte.
Vgl. zu alledem: OVG Saarlouis, Urteile vom 28.11.2000,
2 R 8/99, BRS 63 Nr. 158 (2000), vom 8.12.1992, 2 R
27/92, RdL 1993, 134, und vom 28.05.1996, 2 R 24/95;
ferner Beschlüsse vom 6.11.2003, 1 W 33/03, vom
23.10.2006, 1 W 37/06, vom 21.8.2007, 1 B 331/07,
NVwZ-RR 2008, 76; siehe auch: VG Saarlouis, Beschluss
vom 8.10.2008, 11 L 507/08, jeweils zitiert nach juris
Gemessen an diesen rechtlichen Vorgaben ist bei Würdigung des Prozessstoffes bzw. der
erreichbaren Erkenntnisse festzustellen, dass der betreffende Weg schon rund 13 Jahre vor
dem Inkrafttreten des Saarländischen Straßengesetzes dem öffentlichen Straßenverkehr
im Sinne des § 63 Satz 1 SStrG diente. Diese rechtliche Beurteilung rechtfertigt vor allem
das Schreiben des Amtsvorstehers der damaligen Gemeinde Wadgassen an den Landrat in
Saarlouis als Verkehrspolizeibehörde vom 26.9.1951. Darin heißt es wörtlich:
"Die Baukommission der Gemeinde Hostenbach, verstärkt
durch die Fraktionsführer, haben in ihrer letzten Sitzung
einstimmig den Wunsch geäußert, den Fahrweg längs der
Eisenbahn zwischen Hostenbach und Wehrden für
Fahrzeuge im Durchgangsverkehr zu sperren.
Der fragliche Weg ist 'öffentlich' im Sinne des
Verkehrsrechts, denn er ist für jedermann zugelassen. Er
ist aber nicht als Straße ausgebaut, sondern nur mit
Braschen abgedeckt. In erster Linie dient er der
werktätigen Bevölkerung als Weg zur Arbeitsstelle nach B-
Stadt zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Insoweit entspringt er
einem dringenden Bedürfnis.
Seit einiger Zeit wird der Weg in zunehmendem Maße
aber auch von Fahrzeugen aller Art (Pferdefuhrwerken und
Kraftfahrzeugen) hauptsächlich zum Abtransport von
Kohlen und Baumaterialien benutzt. Das ist nicht nur
gefährlich, denn der Weg ist nur einspurig und nicht
ausgebaut, sondern er wird auch immer wieder binnen
kurzer Zeit derart beschädigt, dass er für seinen
eigentlichen Zweck - den Fußgängerverkehr - ausfällt.
Der Weg liegt zum Teil auf Hostenbacher und Wehrdener
Bann. Beide Gemeinden haben ihn jetzt wieder in Stand
gesetzt. Ich bitte deshalb, im Einvernehmen mit dem
Herrn Landrat A-Stadt-Land ein Verkehrsverbot für
Fahrzeuge aller Art im Durchgangsverkehr... anordnen zu
wollen...."
Der Landrat in Saarlouis ordnete daraufhin mit verkehrspolizeilicher Anordnung vom
2.10.1951 an, dass "... hiermit der Fahrweg längs der Eisenbahn zwischen Hostenbach
und Wehrden bis zur Gemeindegrenze für Kraftwagen und Gespanne im
Durchgangsverkehr ab sofort gesperrt" wurde. Weiter wurde am selben Tag unter dem
Aktenzeichen L III – 238/09-S- gegenüber dem Amtsvorsteher in Wadgassen verfügt, dass
„Verkehrszeichen nach Bild 11 StVO mit der Aufschrift: Gesperrt für Kraftwagen und
Gespanne im Durchgangsverkehr“ aufzustellen seien.
Diesem Vorgang und den Darlegungen im zitieren Schreiben der Gemeinde Wadgassen ist
zu entnehmen, dass die damals zuständige Straßenverkehrsbehörde mit der von ihr
verfügten Verkehrsregelung und die Gemeinde Wadgassen mit der von ihr in Abstimmung
mit der Nachbargemeinde geleisteten Unterhaltung des Weges in der Überzeugung
handelten, dass hier ein öffentlicher bzw. der Allgemeinheit ("jedermann") zugänglicher
Weg bestand. Da diese allgemeine Benutzung des Weges offensichtlich im Einverständnis
(möglicherweise auch im Interesse) des damaligen Eigentümers der Wegefläche
(Eisenbahnvermögen) geschah, lagen die zur Begründung der Öffentlichkeit eines Weges
maßgeblichen Erklärungen der klassischen Widmungsbeteiligten in Bezug auf den hier zu
betrachtenden Weg bereits im Jahre 1951 vor. Darüber hinaus dokumentierte die damalige
Gemeinde Wadgassen in ihrem Schreiben vom 26.9.1951 ein weiteres typisches
Wesensmerkmal einer wegerechtlich-öffentlichen Straße, denn nach ihren Ausführungen
bestand für den geschilderten tatsächlichen Gemeingebrauch ein dringendes Bedürfnis.
Vgl. dazu Kodal/Krämer, a.a.O., Kapitel IV Rdnrn. 2.6 1 ff.
S. 128 f.; ferner etwa OVG Saarlouis, Urteil vom
28.11.2000, 2 R 8/99, BRS 63 Nr. 158 (2000), zitiert
nach juris
Offenkundig ist danach zunächst, dass der Weg zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls dem
öffentlichen Verkehr insoweit diente, als er von Fußgängern und Radfahrern benutzt wurde.
Darüber hinaus war die Nutzung des Weges erkennbar für die Allgemeinheit in vollem
Umfange, also auch hinsichtlich des Kraftfahrzeugverkehrs, insoweit eröffnet, als es sich
um den Zu- und Abfahrtsverkehr zu den Anliegern handelte, denn der von der damaligen
Gemeinde Wadgassen so bezeichnete "Fahrweg" wurde – weitgehend entsprechend ihrem
Wunsch lediglich für den Durchgangsverkehr – allerdings beschränkt auf Kraftwagen und
Gespanne – in Einschränkung des „Verkehrsverbotes für alle Fahrzeuge“ nach Bild 11 der
StVO vom 13.11.1937, RGBl. I S. 1201, durch eine entsprechende zusätzliche Aufschrift -
gesperrt. Mit der übereinstimmenden Auffassung der drei klassischen Widmungsbeteiligten
über die Nutzbarkeit des Weges für allgemeine Verkehrszwecke steht die weitere bekannte
Entwicklung bis zum Jahre 1965 in Einklang. So hat ab ca. 1962/63 die Firma F mit
damaligem Sitz in B-Stadt-W-Stadt, mit Vertrag vom 26.2.1962, ergänzt um einen
weiteren Vertrag vom 20.5.1964, die (in etwa) dem heutigen Betriebsgelände der
Beklagten zu 2. entsprechenden Grundstücke vom Bundeseisenbahnvermögen erworben
und dort einen Baustoffhandel betrieben, der unvermeidlich Anliegerverkehr mit
Kraftfahrzeugen und insbesondere auch Lastkraftwagen nach sich zog. Es handelte sich
somit zu diesem Zeitpunkt um eine Zuwegung zu den dortigen Betriebsgrundstücken, die
nach ihrer Erschließungsfunktion als Anliegerstraße zu qualifizieren ist.
Zwar können dem Gemeingebrauch an einer Straße durch deren bau- und
verkehrstechnische Beschaffenheit Grenzen gezogen sein, wobei der Umfang des
Einverständnisses zum künftigen Gemeingebrauch neben dem tatsächlichen
Ausbauzustand ein wichtiges Kriterium für die Ermittlung des Widmungsinhalts ist.
Vgl. dazu etwa OVG Saarlouis, Urteile vom 8.12.1992, 2
R 27/92, RdL 1993, 134 und vom 28.11.2000, 2 R 8/99,
BRS 63 Nr. 158 (2000), Beschlüsse vom 29.1.1998, 2 Q
14/97, und vom 21.8.2007, 1 B 331/07, NVwZ-RR 2008,
76, jeweils zitiert nach juris
Vorliegend ergeben sich aber hinsichtlich der oben dargelegten Nutzung des streitigen
Weges als Anliegerstraße keine Anhaltspunkte für entsprechende Einschränkungen. Im
zitieren Schreiben der damaligen Gemeinde Wadgassen vom 26.9.1951 ist sinngemäß nur
davon die Rede, dass der Weg für einen Begegnungsverkehr zu schmal sei und aufgrund
dessen durch den zunehmenden Durchgangsverkehr Gefahren entständen, der Weg
überdies hierdurch beschädigt und deshalb "…für seinen eigentlichen Zweck - den
Fußgängerverkehr – …" ausgefallen sei. Dabei steht die gewählte Formulierung, wonach
der Fußgängerverkehr sein eigentlicher Zweck sei, in Übereinstimmung mit der damaligen
Auffassung, wonach dies nicht sein ausschließlicher Zweck war, sondern er auch dem
öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen im Zu- und Abfahrtsverkehr der Anlieger diente
und entsprechend der damaligen Verkehrsregelung auch weiterhin dienen sollte. Dieser
Allgemeingebrauch mag durch die Anliegernutzung seitens der Fa. F in den Folgejahren
noch intensiviert worden sein, nachdem das Bundeseisenbahnvermögen an sie die
Betriebsgrundstücke verkauft hatte, die allein durch den ihm damals gehörenden Weg
erschlossen waren. Dass hierdurch eine vermehrte Nutzung des Weges auch durch
schwerere Kraftfahrzeuge eröffnet wurde, war den Vertretern des
Bundeseisenbahnvermögens offenbar bewusst, denn man schützte sich durch die zu Ziffer
16 des Vertrages von 1962 aufgenommene Klausel vor Ansprüchen des Käufers auf
Instandsetzung, Unterhaltung und Haftung aus der Benutzung des Weges.
Es ist somit nach Auswertung des verfügbaren Prozessstoffes davon auszugehen, dass die
vorliegend streitige Wegstrecke, die einen Teil des im Schreiben der damaligen Gemeinde
vom 26.9.1951 bezeichneten Weges ist, zum maßgeblichen Zeitpunkt des Inkrafttretens
des Saarländischen Straßengesetzes am 13.2.1965 nicht nur als Rad- und Fußweg,
sondern darüber hinaus als Anliegerstraße für den allgemeinen Verkehr mit
Kraftfahrzeugen aller Art bestimmt war und daher in diesem Umfang als dem öffentlichen
Verkehr gewidmet gilt.
Demgegenüber hat die Klägerin weder dargelegt, dass sich die oben dargelegte
Überzeugung der drei klassischen Widmungsbeteiligten über die Benutzbarkeit des Weges
bis zum Inkrafttreten des Saarländischen Straßengesetzes geändert hatte oder es bis
dahin Bestrebungen gab, die Nutzung des Weges, von welchem nicht bekannt ist, ab wann
er in einer befahrbaren Gesamtbreite von ca. sechs Metern zur Verfügung stand, in der
beschriebenen Weise als Anliegerstraße einzuschränken oder gar zu unterbinden. Für
entsprechende, der dargelegten Würdigung der Einzelumstände entgegenstehende
Tatsachen ist die Klägerin indes materiell beweisbelastet.
Schließlich kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, es gebe keinen Beleg für
regelmäßige Instandsetzungen oder sonstige Unterhaltungsmaßnahmen der Gemeinde am
betreffenden Weg. Hierzu muss zunächst gesehen werden, dass die damalige Gemeinde
Wadgassen in ihrem Schreiben vom 26.9.1951 (vgl. oben) erwähnte, dass der Weg
wegen zu starker Benutzung durch Kraftfahrzeuge und Pferdefuhrwerke immer wieder
binnen kurzer Zeit beschädigt worden sei und die Gemeinden Hostenbach und Wehrden
diesen daher "jetzt wieder" in Stand gesetzt hätten, wobei eine Abdeckung mit Braschen –
gerichtsbekannt – durchaus dem damaligen Ausbauzustandes eines Teiles der öffentlichen
Wege und Straßen entspricht. Deutet also bereits das damalige Schreiben darauf hin, dass
es wiederholte Instandsetzungsmaßnahmen gegeben haben dürfte, kann dies nach Ansicht
der Kammer vorliegend dahinstehen, weil dem für die Öffentlichkeit einer Straße oder eines
Weges streitenden Indiz von wiederholten Unterhaltungsmaßnahmen des
Wegebaulastträgers kein ausschlaggebendes Gewicht mehr zukommt, wenn - wie hier –
die Öffentlichkeit eines Weges durch andere Erkenntnisquellen hinreichend belegt ist (vgl.
oben) und im Übrigen nachweislich eine Instandsetzung durchgeführt wurde.
Vgl. dazu etwa: OVG Saarlouis, Urteil vom 8.12.1992, 2 R
27/92, RdL 1993, 134, zitiert nach juris
Auch kann das Merkmal der "mehrmaligen Unterhaltung" nicht erheblich sein, weil offen
bleibt, ob entsprechende Maßnahmen bis zum hier maßgeblichen Stichtag sowie in der
Folgezeit tatsächlich unterblieben sind oder schlichtweg nur ein Nachweis hierüber fehlt.
Bei der streitigen Wegparzelle handelt es sich somit nach Maßgabe des § 63 Satz 1 SStrG
um einen für den öffentlichen Verkehr bestimmten Weg, so dass es zur Bestimmung
dessen straßenrechtlichen Status keines Rückgriffs auf das Institut der unvordenklichen
Verjährung bedarf.
Am Rande sei lediglich angemerkt, dass der den Zeitraum vor 1950 betreffende
Prozessstoff keine maßgeblichen und vor allen Dingen keine dem obigen Ergebnis
widersprechenden Erkenntnisse liefert. So ist zwar dem aus dem Jahre 1901 stammenden
Vertrag zwischen dem Eisenbahn-Betriebs-Direktor und dem Bürgermeister zu
Schaffhausen sowie dem Ortsvorsteher zu Hostenbach zu entnehmen, dass die Gemeinde
Hostenbach für die im Rahmen des Baus der Bahnstrecke Wadgassen-B-Stadt neu
hergestellten bzw. verlegten Wege die Unterhaltungspflicht lediglich im bisher bestehenden
Umfang übernommen hatte und daher diejenigen Wege, welche von der Bahnverwaltung
nur als Wiesenabfuhrwege angelegt worden waren, durch sie auch nur in einer diesem
Zwecke entsprechenden Weise in Stand gesetzt und unterhalten zu werden brauchten.
Hieraus lässt sich aber entgegen der Ansicht der Klägerin nicht schließen, dass gerade der
hier zu betrachtende Weg bzw. die Wegstrecke zu den in diesem Vertragswerk gemeinten
Interessentenwegen gehörte, und deshalb als Privatwege anzusehen wäre.
Vgl. zu den Interessentenwegen etwa OVG Saarlouis,
Urteil vom 8.12.1992, 2 R 27/92, RdL 1993, 134, zitiert
nach juris
Hiergegen spricht mit Gewicht, dass der Weg offenkundig bereits spätestens zu Beginn der
sechziger Jahre (vgl. oben) als Wegparzelle katastermäßig erfasst war und er als
"Seitenweg" in alten Plänen auftaucht.
Vgl. dazu allgemein: OVG Saarlouis, Urteil vom
28.05.1996, 2 R 24/95, zitiert nach juris, sowie
Kodal/Krämer, a.a.O., Kapitel IV, Rdnrn. 4.6, S. 131
Die Klage hat nach alledem keinen Erfolg.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; der Ausspruch über deren
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an die Festsetzung
im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes im Beschluss vom 28.3.2008
(1 B 448/07) auf 40.000,-- EUR festgesetzt.