Urteil des VG Saarlouis vom 28.09.2010

VG Saarlouis: ausweisung, stadt, emrk, vollstreckung der strafe, schutz des familienlebens, aufrechterhaltung der ordnung, inhaftierung, wiederholungsgefahr, trennung, öffentliche sicherheit

VG Saarlouis Urteil vom 28.9.2010, 10 K 923/09
Ausweisung wegen Rauschgifthandels
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden
Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland.
Der im Juni 1970 geborene Kläger, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste 1993 in die
Bundesrepublik Deutschland ein und betrieb hier im Jahre 1998 erfolglos ein Asylverfahren.
Bis 2005 lebte er mit einer deutschen Staatsangehörigen, mit der er zwei gemeinsame, im
August 1996 und Januar 2003 geborene Kinder hat, in eheähnlicher Lebensgemeinschaft
zusammen.
Am 11.01.2001 wurde dem Kläger aufgrund der Vaterschaft zu einem deutschen Kind
erstmals eine befristete Aufenthaltsbefugnis erteilt, die wiederholt, zuletzt am 13.01.2005
als Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 4 AufenthG i. V. m. § 9
BeschVerfV bis zum 12.01.2008 verlängert worden war.
Der Kläger ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
Durch Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 29.10.2001 wurde der Kläger wegen
gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten zur Bewährung
verurteilt.
Am 11.04.2006 verurteilte ihn das Landgericht B-Stadt wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von solchen
zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten zur Bewährung.
Mit weiterem Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 18.02.2008 wurde der Kläger wegen
Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung ebenfalls
zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen in dem Strafurteil schlug der
Kläger am 20.05.2007 seinen Sohn mit einem Holzkochlöffel, wobei dieser eine blutende
Platzwunde am Kopf, mehrere Hämatome sowie massive Striemen am Oberkörper erlitt
und die Verletzungen ärztlich behandelt werden mussten. Ausweislich der
Strafzumessungserwägungen in dem Urteil war zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen
gewesen, dass er sich vollumfänglich geständig eingelassen und mittlerweile das Gespräch
zu der Kindesmutter sowie seinem geschädigten Kind gesucht habe, um sich für sein
Verhalten zu entschuldigen. Gegen den Kläger habe jedoch gesprochen, dass ein massiver
Übergriff auf einen wehrlosen Menschen vorliege, der aufgrund der Verwendung eines
hölzernen Schlagwerkzeugs zu erheblichen Verletzungen geführt habe, und dass der Kläger
bereits erheblich, auch einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten sei.
Zuletzt wurde der Kläger durch Urteil des Landgerichts B-Stadt vom 04.02.2009 wegen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen, davon in einem
Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unter
Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 18.02.2008 zu
einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie wegen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer
weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Ausweislich
der Feststellungen in dem Strafurteil konsumierte der Kläger selbst ab April 2006 etwa
zehn Gramm Kokain pro Woche und rauchte zusätzlich täglich drei bis vier Gramm
Marihuana.
Nach Gelegenheit zur Äußerung wies der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom
12.05.2009 gemäß § 53 Nr. 1 und 2 AufenthG dauerhaft aus der Bundesrepublik
Deutschland aus und drohte ihm zugleich gemäß § 59 Abs. 1 AufenthG die Abschiebung
nach Nigeria an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der
strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers lägen die Voraussetzungen für eine zwingende
Ausweisung nach § 53 Nr. 1 und 2 AufenthG vor. Besonderen Ausweisungsschutz nach §
56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG genieße der Kläger nicht, weil er bereits im Jahr 2005
seine Familie verlassen habe. Es fehle daher an der erforderlichen familiären
Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Familienangehörigen. Dass der Kläger sich seit
nahezu 16 Jahren im Bundesgebiet aufhalte, stehe seiner Ausweisung nicht entgegen. Die
Integration des Klägers sei weder wirtschaftlich noch sozial gelungen. Er habe zwar eine
Ausbildung zum Fotografen durchlaufen, sei jedoch nicht berufstätig gewesen, sondern
habe von Sozialleistungen gelebt. Auch habe er aufgrund der begangenen Straftaten
erkennen lassen, dass er nicht gewillt sei, die deutsche Rechtsordnung zu beachten. Die
familiären Bindungen des Klägers zu seinen hier lebenden Kindern könnten keine
Berücksichtigung finden, da er die gemeinsame Wohnung bereits im Jahr 2005 verlassen
habe. Kontakte zu seinen Kindern fänden seither nur noch sporadisch statt. Erschwerend
komme hinzu, dass er seinen eigenen Sohn misshandelt und deshalb zu einer
Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden sei. Überdies sei
erforderlich, dass die Personensorge im Rahmen einer familiären Lebensgemeinschaft
ausgeübt werde. Dies setze voraus, dass der sorgeberechtigte ausländische Elternteil eines
minderjährigen deutschen Kindes das Sorgerecht aktiv wahrnehme, indem er einen
hinreichenden tatsächlichen Erziehungsbeitrag für das Kind erbringe. Da der Schutz des
Art. 6 Abs. 1 und 2 GG zunächst und zuerst der Familie als Lebens- und
Erziehungsgemeinschaft gelte, müsse grundsätzlich ein Lebensmittelpunkt der
Familienmitglieder in Form einer gemeinsamen Wohnung nachgewiesen sein. Fehle es an
der häuslichen Gemeinschaft, könne nur dann von dem Vorliegen einer familiären
Lebensgemeinschaft ausgegangen werden, wenn die Angehörigen regelmäßigen Kontakt
zueinander pflegten, der über ein bloßes Besuchen hinausgehe. Im Verhältnis zwischen
einem Vater und seinem nicht in häuslicher Gemeinschaft lebenden Kind bedürfe es hierfür
besonderer Beistandsleistungen, die das Fehlen eines gemeinsamen Lebensmittelpunktes
auszugleichen geeignet seien. Erschöpfe sich der familiäre Kontakt lediglich in Besuchen,
handele es sich um eine bloße Begegnungsgemeinschaft. Da der Kläger nach Aufgabe der
familiären Lebensgemeinschaft seine Kinder nur noch sporadisch besuche, könne von einer
Beistandsgemeinschaft nicht ausgegangen werden. Aufgrund seiner Inhaftierung könnten
mittlerweile nicht einmal die notwendigsten und elementarsten Grundleistungen einer
Begegnungs- oder gar Beistandsgemeinschaft erbracht werden. Auch bleibe der Kläger die
Unterhaltsleistungen für seine Tochter schuldig, was darauf hindeute, dass er ein
gesteigertes Interesse an der Begründung und Aufrechterhaltung einer intakten Vater-Kind-
Beziehung nicht hege. Die Ausweisung des Klägers stehe ferner in Einklang mit Art. 8
EMRK. Der aus Art. 8 EMRK resultierende Schutz des Familienlebens gehe nicht weiter als
der Schutz nach Art. 6 GG. Da der Kläger aufgrund seiner ungenügenden Integration auch
keine Stellung als faktischer Inländer im Sinne von Art. 8 EMRK erworben habe, könne
insgesamt nicht von einem besonders gelagerten Ausnahmefall ausgegangen werden, so
dass es bei der zwingenden Ausweisung verbleibe. Unter generalpräventiven
Gesichtspunkten sei mit Blick auf die Verurteilung des Klägers insbesondere wegen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie einer weiteren
Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten zu berücksichtigen, dass die
Abschreckung anderer Ausländer vor der Begehung von Betäubungsmitteldelikten zentrale
Bedeutung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung habe. Durch Rauschgiftdelikte würden
das Leben und die Gesundheit einer Vielzahl von Personen gefährdet. Insbesondere
Delikten, die zur Verbreitung von Betäubungsmitteln beitragen würden, dürfe daher nicht
nur mit den Mitteln des Strafrechts, sondern auch mit Mitteln des Ausländerrechts
begegnet werden. Ein generalpräventives Vorgehen gegen den Kläger erscheine auch nicht
ausnahmsweise entbehrlich, da es sich weder um eine geringe noch um eine einmalige
Verfehlung des Klägers handele.
Hiergegen legte der Kläger unter dem 15.06.2009 Widerspruch ein.
In einer beim Beklagten am 23.06.2009 eingegangenen Stellungnahme vom 12.06.2009
teilte die Leiterin der JVA B-Stadt zusammenfassend mit, dass es sich bei dem Kläger um
einen Erstverbüßer mit beanstandungsfreier Führung handele. Allerdings müsse
berücksichtigt werden, dass ihn seine Vorstrafen zumindest bisher absolut unbeeindruckt
gelassen hätten und auch die bestehende Drogenproblematik, wenngleich der Kläger als
therapiemotiviert anzusehen sei, zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aufarbeitung erfahren
habe. Nicht übersehen werden dürfe auch, dass der Kläger nicht nur einschlägig im BtM-
Bereich in strafrechtlicher Hinsicht aufgefallen, sondern auch bereits wegen Misshandlung
von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden sei.
Aufgrund der noch fehlenden abschließenden Aufarbeitung der Drogenproblematik müsse
bei durchaus positiven Grundansätzen zum jetzigen Zeitpunkt noch von einer negativen
Prognose ausgegangen werden. Es bleibe abzuwarten, ob sich bei entsprechend
motivierter und engagierter Mitarbeit während des weiteren Vollzuges eine positive
Sichtweise hinsichtlich der Sozialprognose ergebe.
Mit Schreiben vom 08.07.2009 machte der Kläger zur Begründung seines Widerspruchs
geltend, dass er weiterhin Kontakt zu seinen beiden Kindern habe. Trotz Trennung von der
Kindesmutter habe er vor seiner Inhaftierung mehrfach im Monat auf seine Kinder
aufgepasst. Mit seinem Sohn habe er sich zwischenzeitlich wieder ausgesöhnt. Dass
zwischen ihm und seinem Sohn eine Verbundenheit bestehe, zeige auch, dass er im Jahr
2003 mit diesem für zweieinhalb Monate bei seinen Eltern in Nigeria gewesen sei. Zwar
besuchten ihn seine Kinder nicht im Gefängnis, da sie nach dem Willen ihrer Mutter nicht
wissen sollen, dass er im Gefängnis einsitze. Er schreibe seinen Kindern aber aus der Haft
heraus. Zudem habe seine frühere Lebensgefährtin keine weiteren lebenden
Familienangehörigen mehr, so dass im Falle ihres Todes seine Kinder alleine dastünden.
Aufgrund des besseren Verdienstes seiner früheren Lebensgefährtin sei man seinerzeit
überein gekommen, dass er den Haushalt führe und die Kinder versorge. Nach der
endgültigen Trennung von seiner Lebensgefährtin habe er erfolglos versucht, eine
Arbeitsstelle zu finden. Die wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
abgeurteilten Straftaten habe er aufgrund der bei ihm vorliegenden Sucht begangen.
Dieser wolle er nunmehr durch eine Therapie begegnen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2009, dem Kläger zu Händen seiner
Prozessbevollmächtigten am 18.08.2009 zugestellt, wies der Beklagte den Widerspruch
des Klägers zurück. Ergänzend zu den Darlegungen in dem Bescheid vom 12.05.2009 ist
ausgeführt, selbst wenn die Ausweisung des Klägers unter dem Gesichtspunkt einer
Ermessensausweisung zu treffen wäre, führte eine Abwägung der persönlichen Interessen
des Klägers an einem Verbleib im Bundesgebiet gegen die berechtigten Interessen der
Bundesrepublik Deutschland an einer Aufenthaltsbeendigung zu keinem anderen Ergebnis.
Der Kläger halte sich seit 1993 im Bundesgebiet auf, sei erheblich vorbestraft und
wirtschaftlich nicht integriert. Er lebe seit längerer Zeit von seinen Kindern getrennt, habe
diese nur noch sporadisch getroffen und sei seiner früheren Lebensgefährtin den Unterhalt
schuldig geblieben. Seit seiner Inhaftierung habe der Kläger keinen Kontakt mehr zu seinen
Kindern und seine Sozialprognose sei derzeit negativ. Da Gesichtspunkte, die für einen
weiteren Verbleib im Bundesgebiet sprechen würden, nicht vorhanden seien, könne auch
eine Ermessensausübung zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen.
Am 18.09.2009 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend macht, die
Ausweisung verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Der
Beklagte habe verkannt, dass ihm besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1
Nr. 4 AufenthG zustehe mit der Folge, dass die Ausweisung nicht mehr zwingend, sondern
nur in der Regel erfolge. Er lebe zwar seit 2005 von seiner früheren Lebensgefährtin und
Mutter seiner beiden Kinder getrennt. Zu seinen beiden Kindern bestehe indes ein sehr
inniges und liebevolles Verhältnis. Er habe diese vor seiner Inhaftierung regelmäßig besucht
und bei Abwesenheit ihrer Mutter auch auf sie aufgepasst. Dadurch habe er ebenso wie
durch gemeinsame Unternehmungen wesentlich zur Erziehung und Sozialisation seiner
Kinder beigetragen. Auch die Verurteilung wegen Misshandlung seines Sohnes habe nicht
dazu geführt, dass die Beziehung zu ihm abgebrochen worden wäre. Im Gegenteil habe
sein Sohn ihm nach einer gemeinsamen Aussprache die Tat vergeben. Weder vor diesem
Vorfall noch danach habe er seine Kinder körperlich gezüchtigt. Der Umstand, dass er
sowohl zu seinen Kindern ein inniges Verhältnis habe als auch mit seiner früheren
Lebensgefährtin in gutem Kontakt stehe, spreche für seine soziale Integration. Die
Lebensgemeinschaft mit seinen Kindern könne nur in der Bundesrepublik Deutschland
stattfinden. Seine Ausweisung würde eine dauerhafte Trennung von seinen Kindern
bedeuten, da aufgrund der großen Entfernung ein angemessener regelmäßiger Kontakt
nicht mehr möglich wäre. Dass dies nicht dem Wohl seiner Kinder entspreche, habe der
Beklagte völlig außer Acht gelassen. Hätte der Beklagte die Beziehung zu seinen Kindern
einer entsprechenden Prüfung unterzogen, so hätte er erkannt, dass zwischen ihm und
seinen Kindern trotz seiner derzeitigen Inhaftierung eine hohe Verbundenheit bestehe, auf
deren Aufrechterhaltung seine Kinder angewiesen seien. Er sei für diese unersetzbar. Seine
Kinder in diesem Zusammenhang auf telefonische oder briefliche Kontakte zu verweisen,
sei völlig inakzeptabel. Dass zwischen ihm und seinen Kindern derzeit keine
Besuchskontakte bestünden, sei im Übrigen darauf zurückzuführen, dass deren Mutter es
nicht übers Herz bringe, seinen Kindern zu sagen, dass er inhaftiert sei. Sobald er seine
Haft verbüßt habe, könne er sich wieder seinen Kindern angemessen widmen, sie in ihrer
Entwicklung unterstützen und auch im Notfall betreuen. Da die Mutter seiner Kinder keine
lebenden Familienangehörigen mehr habe, sei auch aus diesem Grunde eine weitere
Bezugsperson von enormer Wichtigkeit. Darüber hinaus beabsichtige er, nach seiner
Haftentlassung eine deutsche Staatsangehörige zu heiraten, mit der er bereits vor seiner
Inhaftierung in häuslicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt habe. Da er sich auch
insoweit auf den Schutz von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK berufen könne, genieße er
erhöhten Ausweisungsschutz mit der Folge, dass er nur aus schwerwiegenden Gründen
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden könne. Solche Gründe lägen
zwar in der Regel vor, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ausweisung nach
§ 53 Nr. 1 oder Nr. 2 AufenthG vorlägen. In seinem Fall sei jedoch ein
Ausnahmetatbestand gegeben mit der Folge, dass der Beklagte im Rahmen einer
Ermessensentscheidung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung hätte vornehmen müssen. Eine
solche sei nicht erfolgt und auch die hilfsweise vorgenommene Ermessensentscheidung sei
völlig unzureichend. Zu seinen Gunsten hätte nämlich berücksichtigt werden müssen, dass
er seit seiner Inhaftierung an einer Drogenberatung teilnehme und sich einer
Drogentherapie unterziehen werde, sobald ihm eine solche bewilligt worden sei. Da damit
die Möglichkeit einer positiven Sozialprognose bestehe, erscheine eine Ausweisung derzeit
keinesfalls zwingend geboten. Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre
seine Ausweisung zumindest bis zum Abschluss der therapeutischen
Rehabilitationsmaßnahmen zurückzustellen gewesen, zumal während der Therapierung
eine Gefahr von ihm nicht ausgehe. Er verfüge nach seiner Haftentlassung über einen
gefestigten familiären Halt, so dass von ihm keine weiteren Straftaten zu erwarten seien.
Diese hätten außerdem ausschließlich der Finanzierung seines früheren Drogenkonsum
gedient. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass er zur Zeit seine erste Haftstrafe verbüße
und sich von seinem früheren Lebenswandel deutlich distanziert habe. Die Haft und die
damit verbundene Trennung von seinen Kindern und seiner derzeitigen Lebensgefährtin
hätten ihm die Tragweite seines früheren Handelns vor Augen geführt und ein Umdenken
bewirkt. Da er mit seinem kriminellen Vorleben abgeschlossen habe, könne eine
Wiederholungsgefahr nicht unterstellt werden.
Der Kläger beantragt,
die Ausweisungsverfügung des Beklagten vom
12.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
07.08.2009 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte beruft sich im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide und trägt
ergänzend vor, nach einer Stellungnahme der Leiterin der JVA B-Stadt vom 19.05.2010
habe der Kläger seit Ende letzten Jahres keinen Besuch mehr von seiner Freundin erhalten.
Die Beziehung scheine beendet zu sein. Ohnehin rechtfertige die bloße Absicht der
Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen für sich genommen nicht den
weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet. Art. 6 entfalte nur dann Vorwirkungen,
wenn die Eheschließung tatsächlich unmittelbar bevorstehe. Zwar werde der Kläger durch
die Ausweisung in seinem aus Art. 8 Abs. 1 EMRK folgenden Recht auf Privatleben
betroffen. Dieser Eingriff sei jedoch nach Maßgabe von Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt,
weil die auf seinen strafrechtlichen Verurteilungen gründende Ausweisung des Klägers als
legitimes Ziel die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten
verfolge. Unter Berücksichtigung dieses Ziels erweise sich die Ausweisung des Klägers als
verhältnismäßig. Als gewichtiges Interesse des Klägers sei zwar insbesondere sein
langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet von mittlerweile mehr als 16 Jahren zu
berücksichtigen. In der Zeit seines rechtmäßigen Aufenthaltes habe der Kläger im
Grundsatz auch darauf vertrauen dürfen, weiterhin im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen.
Es sprächen jedoch schwerwiegende Gründe gegen eine nachhaltige und feste Integration
des Klägers in die hiesigen Lebensverhältnisse. Der Kläger sei in ganz erheblichem Umfang
straffällig geworden und es sei nicht ersichtlich, dass er sich aufgrund strafrechtlicher
Verurteilungen von der weiteren Begehung von Straftaten abhalten lasse. Zudem sei der
Kläger wirtschaftlich nicht integriert und verfüge auch nicht über eine abgeschlossene
Berufsausbildung. Selbst wenn zugunsten des Klägers besonderer Ausweisungsschutz
nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG angenommen würde, rechtfertigte dies letztlich
kein Absehen von seiner Ausweisung. Bezogen auf die danach eingreifende
Regelausweisung ergäben sich mit Blick auf die von dem Kläger begangenen
schwerwiegenden Straftaten keine atypischen Umstände, die geeignet wären, das
ansonsten ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel zu beseitigen. Insbesondere
rechtfertigte der Umstand, dass der Kläger erstmalig eine Haftstrafe verbüße, nicht die
Annahme eines Ausnahmefalles. Die Wiederholungsgefahr sei bei den vom Kläger
begangenen Straftaten recht hoch. Die Begehung solcher schwerwiegender Straftaten sei
im Allgemeinen Ausdruck einer erheblichen kriminellen Energie, aufgrund derer die erneute
Begehung vergleichbarer Straftaten ernsthaft in Betracht zu ziehen sei. Dabei würden die
Anforderungen an das Maß der Wiederholungswahrscheinlichkeit mit zunehmender
Schwere der zu erwartenden Strafen geringer. Dass sich der Kläger während der
bisherigen Haftverbüßung beanstandungsfrei geführt und an der Drogenberatung
teilgenommen habe, spreche nicht gegen eine erhöhte Wiederholungsgefahr. Diese
Umstände seien im Hinblick auf eine mögliche Rückfallgefährdung wenig aussagekräftig. Ein
Ausnahmefall ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung des in Art. 6 GG verankerten
Schutzes von Ehe und Familie. Es sei nicht ersichtlich, dass ein Familienangehöriger des
Klägers, mit dem er in familiärer Lebensgemeinschaft lebe, aufgrund individueller
Besonderheiten mehr als im Regelfall üblich auf seinen persönlichen Beistand angewiesen
sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Kinder des Klägers keine wirtschaftliche
Unterstützung durch ihn erhielten. Zwar werde die Beziehung des Klägers zu seinen
Kindern durch die Ausweisung und die damit verbundene Trennung einer weiteren starken
Belastungsprobe ausgesetzt sein. Eine solche Trennung sei im Falle der Ausweisung indes
typisch und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als gewollte Härte
hinzunehmen. Diese Härte werde aber dadurch abgemildert, dass nach der Ausreise des
Klägers eine Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung möglich sei. Bei der hilfsweisen
Überprüfung der Ausweisung des Klägers nach Ermessensgesichtspunkten sei ebenfalls
festgestellt worden, dass die Gründe für seine Ausweisung die berechtigten Interessen des
Klägers an einem weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland überwiegen würden.
Wie insbesondere die zuletzt erfolgte Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von
vier Jahren und sechs Monaten zeige, habe dieser besonders schwere Straftaten
begangen. Da mangels abschließender therapeutischer Aufarbeitung keine positive Sozial-
und Gefährdungsprognose abgegeben werden könne, sei auch nicht auszuschließen, dass
der Kläger in einer vergleichbaren sozialen Situation erneut straffällig werde.
Demgegenüber seien die schützenswerten Bindungen aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht
von überragendem Gewicht. Insbesondere gehe die Beeinträchtigung der nach Art. 6 Abs.
1 GG aufenthaltsrechtlich geschützten Belange des Klägers nicht über das im Regelfall
übliche Maß hinaus. Es sei nicht ersichtlich, dass eines seiner Kinder in besonders
gesteigertem Maße auf die Anwesenheit des Klägers in Deutschland angewiesen wäre.
Nicht durchzugreifen vermag auch der Einwand des Klägers, dass außer der Mutter seiner
Kinder keine weiteren Verwandten für eine erforderlich werdende Betreuung der Kinder
vorhanden wären. Im Ernstfall könnte auch durch staatliche Einrichtungen für eine
Betreuung der Kinder gesorgt werden. Wirtschaftliche Belange, die für den weiteren
Verbleib des Klägers im Bundesgebiet sprechen würden, seien nicht vorhanden. Dem
Kläger sei es auch nicht aufgrund der langen Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet
unmöglich, nach Nigeria zurückzukehren, wo er einen großen Teil seines Lebens verbracht
habe. Da dem Kläger trotz eines mehrjährigen legalen Aufenthaltes eine Integration
bestenfalls in Ansätzen gelungen und er zudem straffällig geworden sei, sei sein Vertrauen
auf einen Daueraufenthalt nicht gesteigert schutzwürdig.
Mit Beschluss vom 23.09.2010 hat die erkennende Kammer die Gewährung von
Prozesskostenhilfe für den Kläger mangels hinreichender Erfolgsaussichten seiner Klage
abgelehnt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die
Verfahrensakten 42 VRS 11 Js 1678/07, 44 VRs 22 Js 923/07 sowie 48 VRS 31 Js
1286/04 und die Verwaltungsunterlagen des Beklagten verwiesen, deren Inhalt
Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die als Anfechtungsklage zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 12.05.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
07.08.2009, mit dem der Kläger gemäß § 53 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG dauerhaft aus der
Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und ihm zugleich die Abschiebung nach Nigeria
angedroht worden ist, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten
(§ 113 Abs. 1 VwGO).
Die auf Dauer ausgesprochene Ausweisung des Klägers erweist sich nach der für die
Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung generell maßgeblichen Sach- und
Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung und Entscheidung des
Tatsachengerichts
vgl. BVerwG, Urteile vom 03.12.2008, 1 C 35.07, NVwZ
2009, 226, und vom 15.11.2007, 1 C 45.06, BVerwGE
130, 20,
als frei von Rechtsfehlern. Nach § 53 Nr. 1 AufenthG wird ein Ausländer unter anderem
ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu
einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist oder
wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder
Jugendstrafen von zusammen mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.
Nach Nr. 2 dieser Vorschrift wird ein Ausländer unter anderem ausgewiesen, wenn er
wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu
einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und
die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Die
Voraussetzungen dieser Ausweisungstatbestände hat der Kläger unstreitig erfüllt, da er
zuletzt mit Urteil des Landgerichts B-Stadt vom 04.02.2009 wegen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit
mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unter Einbeziehung der Strafe
aus dem Urteil des Amtsgerichts vom 18.02.2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier
Jahren und sechs Monaten sowie wegen Handeltreibens wegen Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in fünf Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und
neun Monaten verurteilt worden ist.
Besonderer Ausweisungsschutz im Sinne von § 56 AufenthG steht dem Kläger nicht zu.
Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass er nach seiner Haftentlassung beabsichtige, eine
deutsche Staatsangehörige zu heiraten und mit dieser in häuslicher Lebensgemeinschaft
zusammenzuleben, begründet dies insbesondere keinen besonderen Ausweisungsschutz
nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Davon abgesehen, dass die nichteheliche
Lebensgemeinschaft nicht in den Schutzbereich des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG
fällt, könnte eine beabsichtigte Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen dem
Kläger im Hinblick auf die Vorwirkungen von Art. 6 GG allenfalls dann einen
Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG vermitteln, wenn eine solche
unmittelbar bevorstünde.
Vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom
07.07.2009, 2 B 393/09, m. w. N.
Hiervon kann vorliegend indes keine Rede sein, zumal die Beziehung des Klägers zu der
deutschen Staatsangehörigen ausweislich der Stellungnahme der Leiterin der JVA B-Stadt
vom 19.05.2010 beendet zu sein scheint, weil der Kläger bereits seit Ende letzten Jahres
von dieser keinen Besuch mehr erhalten hat.
Besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG kommt für den
Kläger auch nicht im Hinblick auf seine beiden deutschen Kinder in Betracht, da er nach der
im Jahr 2005 erfolgten Trennung von seiner damaligen deutschen Lebensgefährtin nicht
mehr mit den gemeinsamen Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft zusammenlebt.
Zwar erfordert das Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft im Sinne von § 56 Abs.
1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG nicht zwingend auch eine häusliche Gemeinschaft. Fehlt es an
einer solchen, bedarf es aber besonderer Anhaltspunkte in Form etwa intensiver Kontakte,
der Übernahme eines nicht unerheblichen Anteils an der Betreuung und der Erziehung der
Kinder oder sonstiger vergleichbarer Beistandsleistungen, um gleichwohl eine familiäre
Lebensgemeinschaft zwischen dem nichtehelichen Vater und seinen deutschen Kindern
annehmen zu können.
Vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 20.02.2003, 1 C 13/02,
DVBl. 2003, 1272, und vom 09.12.1997, 1 C 16.96,
InfAuslR 1998, 272; ferner Hofmann/Hoffmann, AuslR, 1.
Auflage 2008, § 56 Rdnr. 11.
Eine solche schützenswerte Beistandsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinen
beiden deutschen Kindern bestand aber weder zum Zeitpunkt der Ausweisung noch
besteht eine solche derzeit, da der Kläger sich bereits seit dem 12.03.2008 in Haft
befindet und zu seinen beiden Kindern nach eigenem Vorbringen lediglich telefonischen
sowie brieflichen Kontakt hat.
Selbst wenn man hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer familiären
Lebensgemeinschaft des Klägers mit seinen beiden deutschen Kindern auf den Zeitpunkt
vor seiner Inhaftierung abstellen wollte, erscheint es nicht zuletzt mit Blick auf die aufgrund
der Misshandlung seines Sohnes mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 18.02.2008
erfolgte Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten
zumindest zweifelhaft, dass zwischen dem Kläger und seinen Kindern tatsächlich eine
solche persönliche Verbundenheit bestanden hatte, dass von einer über eine bloße
Begegnungsgemeinschaft hinausgehenden Lebens- und Beistandsgemeinschaft
ausgegangen werden könnte. Dessen ungeachtet bestehen an der Ausweisung des
Klägers selbst bei Annahme besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr.
4 AufenthG aufgrund des Vorliegens einer schutzwürdigen Beistandsgemeinschaft mit
seinen beiden deutschen Kindern keine durchgreifenden Bedenken. Das Vorliegen
besonderen Ausweisungsschutzes hätte zwar zur Folge, dass der Kläger gemäß § 56 Abs.
1 Satz 2 AufenthG nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung ausgewiesen werden kann und gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG an die Stelle
der zwingenden Ausweisung nach § 53 AufenthG in diesem Fall die Regelausweisung tritt.
Schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung liegen aber gemäß § 56
Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der Regel in den Fällen der §§ 53 und 54 Nr. 5, 5 a und 7
AufenthG vor. Besondere Umstände, die ungeachtet der vom Kläger verwirklichten
Ausweisungstatbestände nach § 53 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG der Annahme
schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entgegenstünden, sind
nicht ersichtlich. Vielmehr ergeben sich schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung bereits daraus, dass im Fall des Klägers von einer erheblichen
Wiederholungsgefahr auszugehen ist. Der Kläger ist bereits mehrfach strafrechtlich in
Erscheinung getreten. Unter anderem wurde er bereits mit Urteil vom 11.04.2006 durch
das Landgericht B-Stadt wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von solchen zu einer Freiheitsstrafe von einem
Jahr und elf Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, verurteilt. Ebenfalls wegen
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen, davon in einem
Fall in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wurde der
Kläger mit Urteil des Landgerichts B-Stadt vom 04.02.2009 unter Einbeziehung der Strafe
aus dem Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 18.02.2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von vier Jahren und sechs Monaten sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr
und neun Monaten verurteilt. Sowohl nach der Höhe der gegen ihn verhängten
Freiheitsstrafen als auch aus der Art und Weise der konkreten Begehung handelt es sich
bei den insoweit abgeurteilten Rauschgiftdelikten um schwerwiegende Straftaten, die
typischerweise mit einem hohen Wiederholungsrisiko verknüpft sind. Dies gilt namentlich
für den illegalen Rauschgifthandel, der regelmäßig mit einer hohen kriminellen Energie
verbunden ist und in schwerwiegender Weise Gesundheit und Leben anderer Menschen
gefährdet.
Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.11.2000, 9 C 6.00,
BVerwGE 112, 185; ferner OVG Lüneburg, Beschluss vom
20.05.2009, 11 ME 110/09, zitiert nach juris.
Soweit der Kläger geltend macht, derzeit erstmalig eine Haftstrafe zu verbüßen und
vorgibt, sich von seinem früheren Lebenswandel distanziert und mit seinem kriminellen
Vorleben völlig abgeschlossen zu haben, vermag dies einen Wegfall des
Wiederholungsrisikos nicht zu rechtfertigen. Davon abgesehen, dass sich der Kläger bereits
in der Zeit vom 16.11.2005 bis zum 11.04.2006 in Untersuchungshaft befunden hat, ist
nicht erkennbar, dass es durch den derzeitigen Strafvollzug zu einem grundlegenden und
nachhaltigen Wandel in der Einstellung des Klägers gekommen wäre. Der Kläger weist eine
Vielzahl an strafrechtlichen Verurteilungen auf. Neben den von ihm begangenen
Rauschgiftdelikten wurde er mit Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 29.10.2001 wegen
gefährlicher Körperverletzung zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie durch
weiteres Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 18.02.2008 wegen Misshandlung von
Schutzbefohlenen sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem
Jahr und zehn Monaten, ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt, verurteilt. Zudem wurde der
Kläger mit den von ihm zuletzt begangenen Rauschgiftdelikten einschlägig rückfällig und
wurden diese noch während einer laufenden Bewährungszeit begangen. Dies zeigt, dass
alle vorherigen Verurteilungen ersichtlich keine nachhaltigen Wirkungen im Sinne einer
Verhaltensänderung auf den Kläger hatten und diesem die grundsätzliche Bereitschaft
fehlt, sich rechtstreu zu verhalten.
Hinzu kommt, dass die Rauschgiftdelikte nach dem eigenen Vorbringen des Klägers
ausschließlich der Finanzierung seines Drogenkonsums gedient haben sollen. Dass der
Kläger diese Suchtproblematik zwischenzeitlich erfolgreich bekämpft hätte, ist nicht
annehmbar. Zwar hat der Kläger ausweislich der von ihm vorgelegten Bescheinigung der
AGD - Aktionsgemeinschaft Drogenberatung e. V. vom 01.09.2010 in der Zeit vom
07.09.2009 bis zum 23.08.2010 regelmäßig an individuellen Beratungsgesprächen mit
dem Ziel der Erstellung eines vorläufigen Behandlungsplans sowie gegebenenfalls der
Vorbereitung einer stationären oder ambulanten Entwöhnungsmaßnahme teilgenommen.
Wie der vorgenannten Bescheinigung aber weiter zu entnehmen ist, besteht die
Abhängigkeitserkrankung nach wie vor und bedarf diese zu ihrer Behandlung einer
stationären Therapie. Deren Erfolgsaussichten sind aber derzeit völlig offen. Mangels
erfolgter Aufarbeitung der Drogenproblematik durch den Kläger besteht daher nach wie vor
die Gefahr, dass der Kläger nach seiner Haftentlassung sein Suchtverhalten fortsetzen
bzw. wieder aufnehmen und durch neuerlichen Rauschgifthandel finanzieren würde. Dem
entsprechen im Übrigen auch die Stellungnahmen der Leiterin der JVA B-Stadt vom
12.06.2009 und 19.05.2010, aus denen sich ergibt, dass derzeit aufgrund der noch
fehlenden abschließenden Aufarbeitung der bestehenden Drogenproblematik durch den
Kläger noch von einer negativen Prognose ausgegangen werden müsse, zudem eine
nachhaltige Strafvollstreckung angezeigt sei und daher ein Absehen von der Vollstreckung
zum jetzigen Zeitpunkt aus spezialpräventiven Gründen nicht befürwortet werden könne.
Einen Anspruch darauf, dass der Beklagte mit der Ausweisung bis zum Abschluss einer
etwaigen Drogentherapie zuwartet, hat der Kläger nicht.
Vgl. OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 10.05.2010, 2
A 51/10, sowie vom 09.04.2009, 2 B 318/09, wonach
ein straffällig gewordener Ausländer bei Vorliegen der
Voraussetzungen für eine Ausweisung grundsätzlich nicht
beanspruchen kann, dass die Ausländerbehörde zuwartet,
bis ihm möglicherweise eine günstige Sozialprognose
gestellt werden kann.
Auch der Hinweis des Klägers, dass er nach seiner Haftentlassung über einen gefestigten
familiären Halt verfüge, genügt für sich genommen nicht, um eine Wiederholungsgefahr zu
verneinen. Da sein familiäres Umfeld den Kläger auch in der Vergangenheit nicht davon hat
abhalten können, wegen einschlägiger Delikte erneut straffällig zu werden, kann daraus
auch nicht geschlossen werden, dass dies nunmehr künftig gelingen könnte.
Ebenso wenig steht der Annahme einer Wiederholungsgefahr entgegen, dass die Führung
des Klägers im Strafvollzug beanstandungsfrei ist. Ungeachtet der Frage, inwieweit das
tadellose Vollzugsverhalten des Klägers vor dem Hintergrund der drohenden
Aufenthaltsbeendigung zu sehen ist, lässt ein solches aussagekräftige Rückschlüsse auf
eine künftige Wiederholungsgefahr nicht zu. Es ist vielmehr selbstverständlich und darf
nicht zuletzt auch im eigenen Interesse des Klägers erwartet werden, dass dieser sich im
Strafvollzug tadellos führt.
Ist vor diesem Hintergrund von einer fortbestehenden Wiederholungsgefahr und damit von
dem Vorliegen im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG schwerwiegender Gründe der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung auszugehen, war auch der von dem Kläger gestellte
Beweisantrag, ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, dass von ihm keine
Gefahr der Wiederholung strafbarer Handlungen ausgehe und ihm eine positive
Sozialprognose zu stellen sei, abzulehnen. Die Beurteilung der Wiederholungsgefahr ist
allein dem Beklagten als zuständiger Ausländerbehörde und dem Verwaltungsgericht
überantwortet, die hierüber eine eigenständige Prognose zu treffen haben. Die Einholung
eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Wiederholungsgefahr ist daher
grundsätzlich nicht veranlasst.
Ein die Abweichung von dem danach vorliegenden Regelfall der Ausweisung nach § 56 Abs.
1 Satz 4 AufenthG rechtfertigender Ausnahmefall liegt ebenfalls nicht vor.
Der Regelausweisungsgrund ist erfüllt, wenn sich der Fall nicht durch besondere Umstände
von der Menge gleichliegender Fälle unterscheidet. Ein Ausnahmefall ist dagegen durch
atypische Umstände gekennzeichnet, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst
ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigen. Bei der uneingeschränkter
gerichtlicher Kontrolle unterliegenden Prüfung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, sind alle
Umstände einer strafgerichtlichen Verurteilung sowie die sonstigen Verhältnisse des
Betroffenen zu berücksichtigen, die in § 55 Abs. 3 AufenthG nicht abschließend genannt
sind.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.10.2007, 1 C 10.07, NVwZ
2008, 326, und vom 26.02.2002, 1 C 21.00, BVerwGE
116, 55.
Ein solcher Ausnahmefall von der Regelausweisung – und damit die Notwendigkeit einer
behördlichen Ermessensentscheidung (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 5 AufenthG) – ist bereits dann
anzunehmen, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen
Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung
unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten. Bei Annahme eines von
der Regel abweichenden Falles fehlt den Ausweisungsgründen nur das von vorneherein
ausschlaggebende Gewicht, das ihm der Gesetzgeber im Regelfall zugemessen hat. In
diesem Fall sind die Ausweisungsgründe mit dem Gewicht, das in dem gestuften System
der Ausweisungstatbestände nach § 53 ff. AufenthG zum Ausdruck kommt, in die
Ermessensentscheidung mit einzubeziehen. Aus der Annahme eines Ausnahmefalles folgt
allerdings nicht, dass zwingend von der Ausweisung abzusehen wäre. Sofern der
Ausweisung nicht höherrangiges Recht entgegensteht und damit das Ermessen ohnehin
auf Null reduziert ist, erlangt die Ausländerbehörde durch den Übergang in die
auf Null reduziert ist, erlangt die Ausländerbehörde durch den Übergang in die
Ermessensentscheidung lediglich mehr Flexibilität, um den besonderen Umständen des
konkreten Falles ausreichend Rechnung tragen zu können.
Vgl. dazu ausführlich BVerwG, Urteil vom 23.10.2007, 1 C
10.07, a. a. O., m. w. N.
Davon ausgehend ist im konkreten Fall die Annahme eines Ausnahmefalles nichtbegründet.
Es liegen keine hinreichenden, von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK geschützte und von § 56
Abs. 1 AufenthG nicht vollumfänglich abgedeckte Belange des Klägers vor, die eine
Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles im Rahmen
einer Ermessensentscheidung und damit die Annahme eines Ausnahmefalles gebieten
würden. Insbesondere lässt sich ein solcher Ausnahmefall nicht daraus herleiten, dass der
Kläger Vater zweier nichtehelicher deutscher Kinder ist.
Zwar drängt Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG in den Fällen, in denen eine Lebens- und
Erziehungsgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind besteht und diese
Gemeinschaft nur in der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht werden kann, etwa weil
das Kind deutscher Staatsangehöriger ist und ihm wegen der Beziehungen zu seiner
Mutter das Verlassen des Bundesgebietes nicht zumutbar ist, die Pflicht des Staates, die
Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Bei einer Vater-
Kind-Beziehung kommt hinzu, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht
durch Betreuungsleistungen der Mutter oder einer dritten Person entbehrlich ist, sondern
eigenständige Bedeutung für die Entwicklung des Kindes haben kann.
Vgl. dazu ausführlich, BVerfG, Beschlüsse vom
09.01.2009, 2 BvR 1064/08, NVwZ 2009, 387, und vom
23.01.2006, 2 BvR 1935/05, NVwZ 2006, 682.
Solchermaßen gewichtige familiäre Belange setzen sich allerdings weder stets gegenüber
den gegenläufigen öffentlichen Interessen an einer Ausweisung des Ausländers durch, noch
führen sie etwa zwangsläufig zur Annahme eines eine Ermessensentscheidung
gebietenden Ausnahmefalles, zumal das Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft
bereits den besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG
begründet. Dass die Beziehung des Klägers zu seinen beiden nichtehelichen deutschen
Kindern über den Regelfall hinaus besonders schutzwürdig wäre und das Kindeswohl ein
Abweichen von der gesetzlichen Regel geboten erscheinen ließe, ist nicht annehmbar.
Fallbezogen ist nämlich zu sehen, dass der Kläger bereits seit 2005 nicht mehr mit seinen
beiden Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt und zu diesen jedenfalls seit seiner
Inhaftierung im März 2008 nur noch in telefonischem bzw. brieflichem Kontakt steht. Von
einer besonderen Verbundenheit oder Beziehung des Klägers zu seinen beiden Kindern
kann angesichts des unstreitig fehlenden persönlichen Kontakts daher keine Rede sein.
Zumindest liegt aber seit der Inhaftierung des Klägers keine sog. Beistandsgemeinschaft
mehr vor, die über den Regelfall hinaus gemäß Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG besonders
schutzwürdig wäre. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die Kontakte des Klägers zu seinen
beiden Kindern im Falle einer Ausweisung doch deutlich erschwert würden. Der bisher
bestehende briefliche bzw. telefonische Kontakt könnte zwar in gleicher Weise gehalten
werden; etwaige künftig beabsichtigte Besuche wären indes nur mehr unter wesentlich
erschwerten Bedingungen möglich. Allerdings bedingt bereits die langjährige Freiheitsstrafe
des Klägers selbst, dass seine Kinder über viele Jahre hinweg mit einer dauernden
Trennung von ihrem Vater zurechtkommen müssen. Bis zur regulären Haftentlassung des
Klägers im Oktober 2015 werden sein derzeit 14-jähriger Sohn und seine 7-jährige Tochter
insgesamt mehr als sechseinhalb Jahre ohne den Vater zubringen müssen. Angesichts
dieser langen Trennung, die allein auf das strafrechtlich relevante Verhalten des Klägers
zurückzuführen ist, stellt eine Ausweisung des Klägers keine derart schwerwiegende
Beeinträchtigung des Kindeswohls dar, die Veranlassung geben könnte, einen vom Regelfall
eines vergleichbaren Straftäters abweichende Ausnahmefallkonstellation anzunehmen.
Dass die frühere Lebensgefährtin des Klägers und Mutter der gemeinsamen Kinder keine
weiteren lebenden Verwandten mehr hat, die die Kinder in einem Notfall betreuen könnten,
ist im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Relevanz, da deren Betreuung durch
den Kläger aufgrund seiner langjährigen Freiheitsstrafe ohnehin nicht gewährleistet werden
könnte.
Im Weiteren gebieten auch die durch das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens
nach Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Belange des Klägers nicht die Annahme eines
Ausnahmefalls. Soweit sich der Anwendungsbereich des Art. 8 EMRK mit dem des Art. 6
GG deckt, vermittelt er keinen weitergehenden Schutz als dieser.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 09.12.1997, 1 C 16.96, a. a. O.
Dem in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann darüber
hinaus zwar auch im Hinblick auf die Folgen für den Ausländer selbst widersprechen, durch
behördliche Maßnahmen die Voraussetzungen für sein weiteres Zusammenleben mit
seiner im Vertragsstaat ansässigen Familie zu beseitigen. Eine Verletzung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt danach etwa bei Ausländern in Betracht, die
aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen
wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu
dem sie keinen Bezug (mehr) haben, schlechterdings nicht mehr zuzumuten ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.09.1998, NVwZ 1999, 303;
ferner OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 11.06.2010,
2 B 124/10, vom 13.11.2009, 2 A 247/09 und vom
09.04.2009, 2 B 318/09, m. w. N.
Das ist hier auch unter Berücksichtigung der Bindungen des Klägers aufgrund seines
langjährigen Aufenthalts in Deutschland indes erkennbar nicht der Fall. Von einer
gelungenen sozialen Integration des Klägers kann schon angesichts der Vielzahl und
Schwere der von ihm begangenen Straftaten keine Rede sein. Zudem verfügt er weder
über einen sicheren Arbeitsplatz noch über ausreichende Mittel zur Sicherung seines
Lebensunterhaltes, so dass es auch an der wirtschaftlichen Integration in die hiesigen
Lebensverhältnisse fehlt. Dass dem Kläger ein Leben in Nigeria unzumutbar ist, kann
ebenfalls nicht angenommen werden. Der Kläger ist erst im August 1993 mit 23 Jahren,
also bereits im Erwachsenenalter, nach Deutschland gekommen und hat damit einen
Großteil seines bisherigen Lebens, insbesondere die prägenden Jahre seiner Kindheit und
Jugend in seinem Heimatland verbracht. Dass es dem heute 30-jährigen Kläger bei dieser
Ausgangssituation aufgrund besonderer persönlicher Umstände unmöglich wäre, in seinem
Heimatland, wo er seine wesentliche Sozialisation erfahren hat, wieder Fuß zu fassen, ist
nicht erkennbar.
Überdies würde sich, selbst wenn die im Hinblick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK
schutzwürdigen Belange des Klägers die Annahme eines Ausnahmefalles als angezeigt
erscheinen ließen, dessen Ausweisung nicht als rechtsfehlerhaft erweisen. Der Beklagte hat
die familiäre und persönliche Situation des Klägers im Rahmen einer hilfsweise
vorgenommenen Einzelfallbeurteilung ausreichend gewürdigt und weder die gesetzlichen
Grenzen des Ermessens überschritten, noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der
Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht (vgl. § 114 VwGO). Der
Beklagte hat den langjährigen Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik sowie dessen
familiären Bindungen im Bundesgebiet in seine Entscheidung eingestellt und sich dabei
insbesondere mit den Folgen der Ausweisung für die beiden nichtehelichen deutschen
Kinder des Klägers zwar knapp, aber noch in vertretbarer Weise auseinandergesetzt. Dass
der Beklagte bei den aufgezeigten Gegebenheiten in Ausübung seines Ermessens das
durch den Rechtsgüterschutz geprägte und durch grundrechtliche Schutzpflichten
zusätzlich verstärkte öffentliche Interesse an der Vermeidung weiterer künftiger schwerer
Rauschgiftstraftaten durch den Kläger höher gewichtet hat als dessen Interesse an einem
Verbleib in Deutschland, entspricht eindeutig auch einer ordnungsgemäßen
Ermessensausübung.
Letztlich begegnet die Ausweisung des Klägers auch nicht deshalb rechtlichen Bedenken,
weil sie ohne Befristung verfügt worden ist. Angesichts der Schwere der vom Kläger
begangenen Straftaten, der von ihm auch weiterhin ausgehenden Gefährdung sowie der
Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter ist es auch unter Berücksichtigung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bisher nicht geboten, die Ausweisung zeitlich zu
befristen.
Vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 02.09.2009, 1 C 2.09,
NVwZ 2010, 389, und vom 15.03.2005, 1 C 2.04, AuAS
2005, 220, m. w. N.
Die mit der Ausweisung des Klägers verbundene Abschiebungsandrohung findet ihre
Rechtsgrundlage in § 59 AufenthG. Die Bestimmung einer Ausreisefrist war angesichts der
auch derzeit noch fortbestehenden Strafhaft des Klägers gemäß §§ 59 Abs. 5, 58 Abs. 3
Nr. 1 AufenthG entbehrlich.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708
Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- Euro festgesetzt.