Urteil des VG Saarlouis vom 25.08.2009

VG Saarlouis: Versorgungsbezüge, treu und glauben, rückforderung, behörde, verwaltungsakt, vertrauensschutz, umwelt, verbindlichkeit, beamtenverhältnis, ratenzahlung

VG Saarlouis Urteil vom 25.8.2009, 3 K 1119/08
Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; der Kläger darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem
Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der am … 1944 geborene Kläger ist ehemaliger Landesbeamter und wendet sich mit
seiner Klage gegen die von dem Beklagten verfügte Kürzung und Rückforderung von
Versorgungsbezügen.
Er war (nach einer kurzen Angestelltenzeit) erstmalig im Jahr 1986 in das
Beamtenverhältnis auf Zeit berufen worden, und zwar zunächst als Ltd. Ministerialrat und
später als Ministerialdirigent (Abteilung „Politische Planung“ in der Staatskanzlei). Aus
diesem Beamtenverhältnis auf Zeit ist er wegen Zeitablaufs am 11.06.1996
ausgeschieden und erhält seither Versorgungsbezüge nach dem
Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG -. Deren Festsetzung erfolgte durch Bescheid vom
21.02.1996 unter Beifügung eines „Merkblatts für Versorgungsempfänger“.
Mit Vertrag vom 11.03.1998 mit der R. Umwelt GmbH wurde er mit Wirkung ab
01.04.1998 für die Dauer von 5 Jahren zum Vorsitzenden der Geschäftsführung bestellt,
wo er ein Bruttogehalt von 300.000 DM pro Jahr erhielt.
Durch Beschluss bzw. Vertrag vom 12.03.2002 wurde er mit Wirkung vom 01.04.2002
für die Dauer von 5 Jahren zum Mitglied des Vorstands der R. S. AG bestellt, und zwar mit
einem Jahresgehalt von 180.000 Euro, einer Festtantieme in Höhe von 26.000 Euro und
einer Zusatztantieme.
Diese Bestellung wurde durch Vereinbarung vom 11.07.2003 vorzeitig mit Ablauf des
31.07.2003 beendet. Der Kläger erhielt eine Abfindung von 755.000 Euro.
Seit 01.07.2007 erhält der Kläger ein Ruhegeld nach den Bestimmungen der
Leistungsordnung des Bochumer Verbandes.
In der Folge schloss der Kläger mehrere Vereinbarungen über Tätigkeiten für/mit die/den
Berliner Stadtreinigungsbetriebe(n) (BSR) ab:
- 22.08.2003 bis (verlängert) 31.12.2004: Berater - Tageshonorar
1.380 Euro
- 01.07.2004: Geschäftsführer - Tagessatz 2.000 Euro
- 06.04.2006: Interimsmanager - monatliches Bruttogehalt 23.000
Euro
- 17.01.2007: Vorstandsmitglied der BSR - Jahresgehalt 200.000 Euro,
zuzüglich variable Erfolgsvergütung
Von den genannten Tätigkeiten bzw. Einkommen ist der Beklagte erstmals im Januar 2006
vom Kläger unterrichtet worden. Eine Vorlage von Unterlagen erfolgte zunächst nicht.
Im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wurde
der Beklagte vom Landeskriminalamt des Saarlandes über Erwerbseinkommen des Klägers
bei der BSR unterrichtet.
Nach weiterer Korrespondenz und Vorsprache des Prozessbevollmächtigten des Klägers
bei dem Beklagten erging ein Rückforderungsbescheid vom 20.12.2007 für den Zeitraum
April 2006 bis August 2007 über 75.888,16 Euro.
Für die Zeit vor April 2006 wurde ein Rückforderungsbescheid angekündigt.
Der Kläger ist dem entsprechenden Rückforderungsverlangen nachgekommen.
Streitgegenständlich im vorliegenden Verfahren ist der Bescheid vom 16.07.2008, durch
den der Beklagte
1. die Versorgungsbezüge des Klägers beginnend ab dem
01.04.2002 bis 31.03.2006 wegen gleichzeitigen Bezugs von
Erwerbseinkommen nach Überschreitung einer Höchstgrenze gemäß
§ 53 BeamtVG kürzte
und
2. die in dem genannten Zeitraum „zuviel gezahlten
Versorgungsbezüge“ in Höhe von insgesamt 178.603,03 Euro
gemäß §§ 52 Abs. 2 BeamtVG i.V.m. §§ 812 ff BGB zurückforderte.
Zur Begründung wurde u.a. auf eine „Stellungnahme zum Versorgungsfall Dr. A.“ vom
27.03.2008 Bezug genommen, die zum Gegenstand des Bescheids gemacht wurde.
Es folgen Ausführungen zu § 69 c Abs. 4 BeamtVG (Vertrauensschutz,
Übergangsregelung).
Eine Fürsorgepflichtverletzung liege (abgesehen davon, dass weder ein Verschulden noch
ein Schaden erkennbar sei) deshalb nicht vor, weil der Dienstherr nicht verpflichtet sei,
Beamte und Versorgungsempfänger auf jede Rechtsänderung aufmerksam zu machen, die
diesen abträglich sein könne.
Auch auf eine Mitteilung des Chefs der Staatskanzlei (22.05.1992) könne sich der Kläger
nicht berufen, weil es sich nicht um eine Zusage im Sinne des SVwVfG handele.
Unabhängig vom Gesetzesvorbehalt könne sich der Kläger nicht auf Entreicherung usw.
berufen, weil er eigene Anzeige- und Prüfungspflichten verletzt habe.
Ein etwaiges Mitverschulden der Behörde sei auch im Rahmen der Billigkeitsentscheidung
unbeachtlich, da es für Überzahlungsfälle häufig und typisch sei. Der evtl. entstehenden
Härte durch die Verpflichtung zur Rückzahlung des Betrages könne aber nach Darlegung
der „derzeitigen finanziellen Situation des Beamten“ durch eine angemessene
Ratenzahlung Rechnung getragen werden.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers (Anwaltsschreiben vom 06.08.2008),
mit dem er im Wesentlichen geltend machte, dass er auf das Schreiben der Staatskanzlei
vom 22.05.1992, wonach (in seinem konkreten Fall) „eine Anrechnung von außerhalb des
öffentlichen Dienstes erzielten Einkommen nicht in Betracht“ komme, vertraut habe. Auch
nach dem Inkrafttreten des Versorgungsreformgesetzes im Jahr 1999 sei der Beklagte
untätig geblieben und habe es pflichtwidrig unterlassen, den Kläger wie alle
Versorgungsempfänger über die Auswirkungen der Neuregelung hinzuweisen. In Erster
Linie dadurch sei die exorbitante Höhe der Rückforderungssumme entstanden, was
zumindest im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 52 Abs. 2 BeamtVG
berücksichtigt werden müsste. Eigene Anzeigepflichten des Klägers hätten im Hinblick auf
das Schreiben der Staatskanzlei nicht bestanden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 02.09.2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück
und führte dazu unter Bezugnahme auf einen Vermerk vom 27.03.2008 aus:
Gegen die rechnerische Richtigkeit der Ruhensregelung nach § 53 BeamtVG und der
Berechnung des Rückforderungsbetrages habe der Kläger keine Einwände erhoben; auch
nach erneuter Überprüfung seien insoweit keine Fehler ersichtlich.
Der Vortrag des Klägers zu einer angeblichen Verletzung der Informationspflicht deute auf
die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches hin. Ein solcher komme aber allein
schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einem diesbezüglichen Antrag fehle.
Was ein vermeintliches Mitverschulden der Behörde angehe, so übersehe der Kläger die
Besonderheit des Versorgungsrechts, dass nämlich die Versorgungsbezüge des Beamten
wegen des Bezugs eines relevanten Erwerbseinkommens von Anfang an unter dem
Vorbehalt einer rückwirkenden Änderung und Rückforderung stehen (sog.
gesetzesimmanenter Rückforderungsvorbehalt). Damit könne der Betreffende sich nicht
auf „Gutgläubigkeit, Vertrauensschutz, Entreicherung etc.“ berufen.
Am 02.10.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Unter Wiederholung, Ergänzung und
Vertiefung seiner bisherigen Begründung stellt er zunächst ausführlich seinen beruflichen
Lebensweg dar und weist (Schriftsatz vom 28.07.2009) darauf hin, das
staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen ihn sei inzwischen eingestellt worden.
Die Beteiligten seien sich einig, dass der Kläger wegen der Anrechnungsvorschrift des § 53
Abs. 8 BeamtVG und der Höhe der BRS seit April 2006 gezahlten Vergütung kein
Ruhegehalt zu beanspruchen habe; daher habe er nach Erhalt des entsprechenden
Rückforderungsbescheides den hierauf entfallenden Betrag zurückgezahlt.
Streitgegenständlich seien daher nur noch die Versorgungsbezüge aus dem Zeitraum
01.04.2002 bis 31.03.2006. Es liege eine „mangelnde Berechtigung dieser
Rückforderung“ vor, und zwar im Wesentlichen aufgrund der vom Kläger „geforderte(n)
und für seine Dispositionen benötigte(n) Verbindlichkeit“ durch die Erklärung des Chefs der
Staatskanzlei (u.a. nach Einschaltung des „Papstes“ des saarländischen Beamtenrechts J.).
Danach habe er sich auch bei den von ihm geforderten Erklärungen gerichtet. Eine in
seinem besonderen Fall erforderliche Belehrung sei ihm auch nicht nach Inkrafttreten des
Versorgungsreformgesetzes zugegangen.
Des Weiteren habe er schon im Verwaltungsverfahren auf die Fortdauer seiner Tätigkeit als
Geschäftsführer der R. Umwelt GmbH trotz (zusätzlicher) Tätigkeit im Vorstand
hingewiesen, was Bedeutung für die Anwendung des § 69 c Abs. 4 BeamtVG habe.
Der Rechtsgrund für das Behaltendürfen der evtl. vorliegenden Überzahlung liege im
„Bescheid“ der Staatskanzlei. Dabei habe es sich um eine von ihm für seine Lebensplanung
nötige und geforderte „verlässliche Regelung“ gehandelt, die bereits bei Inkrafttreten des
Versorgungsreformgesetzes und nach Eingang der von ihm in diesem Zusammenhang
verlangten und gegebenen Erklärung hätte widerrufen oder zurückgenommen werden
können/müssen.
Im Schriftsatz vom 28.07.2009 bewertet der Kläger das genannte Schreiben weder „als
Verwaltungsakt noch als Zusicherung“, sondern „als einen Verbindlichkeit
beanspruchenden Verwaltungsakt“, denn er habe „eine verlässliche Feststellung“ gewollt,
und zwar sei es ihm um „augenblickliche Klarheit und nicht um in der Zukunft zu
erlassende oder zu unterlassende Bescheide“ gegangen.
Bei der Billigkeitsentscheidung sei aufgrund der besonderen Umstände in seinem Fall das
Angebot von Ratenzahlung nicht ausreichend.
Zur Frage des Schadenersatzes habe sich der Beklagte in der Sache nicht geäußert,
sondern nur das Fehlen des formelle Antragserfordernis moniert; auf § 75 VwGO werde
„hingewiesen“.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid des Beklagten vom 16.07.2008 und den
Widerspruchsbescheid vom 02.09.2008 aufzuheben;
2. die Zuziehung seines Bevollmächtigten im Vorverfahren
für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen
Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor:
Ein etwaiger Schadenersatzanspruch sei (bisher) nicht Streitgegenstand. Mangels
vorheriger Antragstellung als nicht nachholbarer Klagevoraussetzung könne dies
zulässigerweise auch nicht mehr der Fall sein. Auch fehle es „nebenbei bemerkt“ an einem
konkret benannten Schaden.
Was die Übergangsvorschrift angehe, bleibe es dabei, dass die Einkünfte des Klägers aus
seiner Tätigkeit bei der R. Umwelt GmbH bis zum Ablauf der siebenjährigen Übergangsfrist,
also bis zum 31.12.2005, anrechnungsfrei geblieben seien. Hingegen seien Einkünfte aus
dem erst drei Jahre nach Inkrafttreten des BeamtVG n.F. geschlossenen Vertrag mit der S.
AG nicht mehr der Bestandsgarantie unterfallen und daher angerechnet worden.
Die Einlassungen zum Schreiben der Staatskanzlei, das „mehr und mehr in den Mittelpunkt
seiner Argumentation“ gestellt werde, seien nicht nachvollziehbar. Es handele sich um
keinen Verwaltungsakt (Unzuständigkeit, Fehlen eines Vorbehalts des Gleichbleibens der
Rechtslage, Fehlen von Bindungswillen und Rechtsbehelfsbelehrung, Verstoß gegen § 3
BeamtVG), sondern um eine „rein informative Mitteilung“, ein Standpunkt, der von der
(jetzigen) Staatskanzlei ausdrücklich geteilt werde. Außerdem habe sich danach die
Rechtslage maßgeblich geändert. Auch einen sonstigen Vertrauensschutz könne der Kläger
hieraus nicht herleiten, weil er selbst seine Anzeige- und Mitteilungspflichten verletzt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung erklärten Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Ordner Personalakten des Klägers, 1 Ordner
Verwaltungsvorgang unfoliiert) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige (Anfechtungs-)Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom
16.07.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2008 erweist sich als
rechtmäßig, weshalb eine für die Aufhebung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche
Verletzung der Rechte des Klägers nicht vorliegt.
Zur Begründung wird zunächst gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die insoweit trotz gewisser
Merkwürdigkeiten in Aufbau und Gestaltung sachlich überzeugenden und nach Auffassung
des Gerichts in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen
Widerspruchsbescheid vom 02.09.2008 Bezug genommen. Diese sind in der
Klageerwiderung der Rechtslage entsprechend in einer Weise ergänzt worden, dass auch
hierauf verwiesen werden kann.
Lediglich zusammenfassend, ergänzend und vertiefend ist auf folgendes hinzuweisen:
Anrechnung
Kürzung
Versorgungsbezüge („erhält er daneben seine Versorgungsbezüge nur bis zum Erreichen
der in Absatz 2 bezeichneten Höchstgrenze“, § 53 Abs. 1 BeamtVG)
zur Anrechnung privaten Erwerbseinkommens in besonderen
Konstellationen (vorzeitiger Ruhestand, besondere Altersgrenze,
Ablauf einer Übergangsfrist) vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom
18.09.1997 - 2 C 35.96 -, ZBR 1998, 207, und vom 17.12.2008 - 2
C 26.07 -, IÖD 2009, 163, sowie OVG Hamburg, Beschluss vom
31.03.2009 - 1 Bf 314/08.Z -, IÖD 2009, 188
sind sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Kläger selbst
erhebt hiergegen keine Einwendungen. Den detaillierten Ausführungen des Beklagten im
Klageverfahren zur Übergangsvorschrift des § 69 c Abs. 4 BeamtVG ist er nicht mehr
entgegen getreten.
Brutto
vgl. dazu zuletzt Urteil der Kammer vom 17.03.2009 - 3 K 729/08 -
findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 Abs. 2 BeamtVG, wonach sich die Rückforderung
überzahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, also nach den §§ 812 ff. BGB,
richtet. Die Voraussetzungen sind hier erfüllt:
a. Bei der Beantwortung der Frage, ob der Kläger als Versorgungsempfänger eine
Gesetzesvorbehalt
BeamtVG auszugehen: Danach wird (wie die Besoldung, vgl. § 2 Abs. 1 BBesG) die
Versorgung der Beamten und ihrer Hinterbliebenen (allein) durch Gesetz geregelt.
„Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten eine höhere als die ihm
gesetzlich zustehende Versorgung verschaffen sollen, sind unwirksam.“ (§ 3 Abs. 2 Satz 1
BeamtVG).
Vgl. aus der Rechsprechung der Kammer zuletzt Urteil vom
28.04.2009 - 3 K 92/08 - (betreffend § 57 BeamtVG)
Allein schon deshalb ist in diesem Zusammenhang eine Prüfung der Frage, ob es sich bei
dem Schreiben der Staatskanzlei vom 22.05.1992 überhaupt um einen Verwaltungsakt
mit entsprechender Verbindlichkeit und gar um eine Zusicherung oder dergleichen handelt,
entbehrlich - hierauf kommt es nicht an.
Das gilt auch für den Einwand des Klägers, jedenfalls hätte das o.a. Schreiben, das ja nun
einmal in der Welt gewesen sei, durch Widerruf oder Rücknahme beseitigt werden müssen,
denn die Rückforderung von Versorgungsleistungen der vorliegenden Art unterliegt nicht
den Beschränkungen der §§ 48 und 49 (S)VwVfG. Ebenso wie Besoldungszahlungen an
einen Beamten
siehe hierzu OVG Saarlouis, Urteil vom 27.04.2007 - 1 R 22/06 -
liegt den mit Rücksicht auf die Ruhensregelungen in §§ 53 ff. BeamtVG bezüglich ihrer
Höhe ständigen Änderungen unterworfenen Versorgungsbezügen kein Verwaltungsakt
zugrunde, der vor einer Rückforderung überzahlter Beträge nach Maßgabe und unter den
Einschränkungen des § 48 VwVfG (Vertrauensschutz, Verschulden des
Leistungsempfängers, Ermessensbetätigung) zurückzunehmen wäre, vielmehr ist den
unmittelbar auf den gesetzlichen Bestimmungen beruhenden Leistungen nach zutreffender
Ansicht des Beklagten der Vorbehalt einer Rückforderung überzahlter Beträge immanent;
vgl. Urteil der Kammer vom 28.04.2009, aaO
hierauf ist der Kläger in den entsprechenden Merkblättern auch ausdrücklich hingewiesen
worden. Umso weniger bedurfte es einer Rücknahme der o.a. Erklärung der Staatskanzlei.
c. Nach zutreffender und seitens des Klägers auch nicht bestrittener Auffassung des
Beklagten kann er sich nicht mit Erfolg nach § 818 Abs. 3 BGB auf einen Wegfall der
Vorbehalt
erfolgte (s.o. b.) Ein solcher Vorbehalt hätte nur dann nicht bestanden, wenn die Behörde
eine für die Berechnung der Versorgungsbezüge maßgebende Vorschrift nicht angewandt
oder übersehen hätte. Dann hätte die Rechtswidrigkeit nämlich auf einer fehlerhaften
Rechtsanwendung beruht, deren Folgen allein im Verantwortungsbereich der Behörde
gelegen hätten.
Vgl. Urteil der Kammer vom 28.04.2009, aaO
Ein solcher Fall liegt hier jedoch offensichtlich nicht vor.
d. Aus den dargelegten Gründen verstößt die Rückforderung nicht gegen den auch im
Treu und Glauben
insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass beim Kläger von dem Beklagten die den
rechtlichen Bestimmungen zuwider laufende und daher falsche Vorstellung geweckt
worden wäre, er dürfe seine Versorgungsbezüge unverändert trotz privatwirtschaftlichen
Verwendungseinkommens behalten. Nichts anderes ergibt sich aus der
Fürsorgepflicht
Der Kläger beruft sich in diesem Zusammenhang auf das – auf sein Drängen hin zustande
gekommene – Schreiben der Staatskanzlei vom 22.05.1992, dessen formeller
Rechtscharakter auch hier unerörtert bleiben kann, denn weder aus dem Schreiben selbst,
noch aus dem „beigefügten Vermerk“ ist zu entnehmen, dass es mehr als eine aktuelle
Rechtsauskunft „dass in Ihrem Fall eine Anrechnung von außerhalb des öffentlichen
Dienstes erzielten Einkommen gemäß § 53 a BeamtVG nicht in Betracht“ komme, enthielt
bzw. bezweckte. Dabei kann dahinstehen, ob diese Auskunft rechtlich zutreffend war oder
nicht. Jedenfalls ist sie, ganz selbstverständlich, was auch im Vermerk im vorletzten Absatz
hervorgehoben wird, bezogen auf die „derzeit geltende Sach- und Rechtslage“, also
vorbehaltlich späterer Änderungen.
Angesichts der Häufigkeit und Vielfältigkeit der normativen Änderungen gerade im
Versorgungsrecht war nach dem Zeitpunkt der Abfassung des genannten Schreibens
jederzeit mit einer Änderung der „Sach- und Rechtslage“ zu rechnen. Insofern war es allein
Sache des Klägers, sich hierüber zu informieren bzw. auf dem Laufenden zu halten. Sein
Dienstherr bzw. der Beklagte oder seine Rechtsvorgängerin, die Oberfinanzdirektion, waren
hierzu weder nach allgemeinen Grundsätzen noch aufgrund des in Rede stehenden
Schreibens verpflichtet, und zwar auch nicht aufgrund der Erklärung des Klägers vom
26.04.1999, der eine Kopie des o.a. Schreibens beigefügt war und das vom Bearbeiter mit
dem Vermerk „Übergangsfall? ggf. notieren! Für 1.1.2006 notiert“ versehen worden ist,
denn der Kläger ist unstreitig durch ein entsprechendes Merkblatt von der
Gesetzesänderung (Versorgungsreformgesetz) informiert worden. Wenn der Kläger, wie er
vorträgt, sich hiervon nicht „angesprochen“ gefühlt hat, geht dies jedenfalls nicht zu Lasten
des Beklagten.
e. Vor diesem Hintergrund ist schließlich auch die vom Beklagten getroffene
Billigkeitsentscheidung
ist der Umstand, dass den Beklagten ebenfalls ein Verschulden an der Überzahlung treffen
mag, im Rahmen der in das Ermessen der Behörde gestellten Entscheidung, ob aus
Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von einer Rückforderung abgesehen werden soll,
berücksichtigungsfähig.
VG Lüneburg, Urteil vom 15.03.2006 – 1 A 163/04 – a.a.O. unter
Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 28.06.1990 – 6 C 41.88 –, NVwZ-
RR 1990, 622 <623>
Aber auch mit Blick auf diesen Gesichtspunkt bestehen gegen die angefochtene
Rückforderung keine im Ergebnis durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die lediglich in den
Grenzen des § 114 VwGO gerichtlich überprüfbare Billigkeitsentscheidung soll eine allen
Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den
Bereicherten tragbare Lösung ermöglichen, bei der Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige
Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie soll der
besonderen Lage des Einzelfalles Rechnung tragen, die formale Strenge des Besoldungs-
und Versorgungsrechts auflockern und Ausdruck des auch im öffentlichen Recht geltenden
Grundsatzes von Treu und Glauben sein. Dabei ist jedoch nicht die gesamte
Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem
Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete
Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihrer
Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Insoweit
kommt es nicht entscheidend auf die Lage des Beamten in dem Zeitraum, für den die
Überzahlung geleistet worden ist, sondern auf dessen Lage im Zeitpunkt der
Rückabwicklung an.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1994 – 2 C 19.92 –, E 95, 94 = ZBR
1994, 247 m.w.N.; Urteil der Kammer vom 13.05.2003 – 3 K 92/02
Nach dem oben (d.) Gesagten ist keine Fürsorgepflichtverletzung erkennbar, die der
Beklagte dem Kläger gegenüber begangen hat bzw. die ihm zuzurechnen wäre. Daher hat
dieser Gesichtspunkt keine Bedeutung für die Billigkeitsentscheidung.
Im Rahmen der von der Behörde anzustellenden Erwägungen kann (Ermessen) die
Behörde ein Eigenverschulden durch ein (teilweises) Absehen von einer Rückforderung
berücksichtigen, sie muss dies aber nicht in dieser Weise tun.
Siehe Urteil der Kammer vom 06.02.2007 – 3 K 366/06 –
Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte den nach der vorstehend zitierten
Rechtsprechung zu beachtenden Billigkeitskriterien im Ergebnis ausreichend Rechnung
getragen hat, indem sie dem Kläger - wohl vor allem mit Rücksicht auf die Höhe des
Rückzahlungsbetrages - die Möglichkeit von Ratenzahlungen eingeräumt hat. Der Kläger
hat bislang keine Anhaltspunkte vorgetragen, welche gleichwohl die Annahme rechtfertigen
könnten, die Rückforderung führe für ihn zu einer unzumutbaren Härte. Das Anbieten
derartiger Ratenzahlungen genügt nach ständiger Rechtsprechung der Kammer regelmäßig
den an eine Billigkeitsentscheidung der vorliegenden Art zu stellenden Anforderungen
Vgl. Urteil der Kammer vom 13.05.2003 – 3 K 92/02 –; Urteil der
Kammer vom 17.05.2005 – 3 K 101/04 – unter Hinweis auf Urteil
der Kammer vom 17.11.1999 – 3 K 173/98 – m.w.N. zu § 12 Abs.
2 Satz 3 BBesG; zuletzt Urteil der Kammer vom 28.04.2009, aaO
Ob, wie der Beklagte meint, der Kläger seinerseits Anzeigepflichten verletzt hat, ist letztlich
nicht entscheidungserheblich.
Schadenersatzforderung
Betracht: Weder ist sie erklärt worden, noch liegen die Voraussetzungen eines
anspruchs aus dem Beamtenverhältnis
(s.o.) vor.
Amtshaftung
Gerichte wenden (vgl. Art. 34 Satz 3 GG und § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG).
Vgl. wiederum Urteil der Kammer vom 28.04.2009, aaO
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; damit war der Antrag
gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO gegenstandslos. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Für eine Zulassung der Berufung besteht kein Anlass (vgl. § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO).
Beschluss
Der Streitwert wird, wie bereits vorläufig im Beschluss vom 02.10.2008 gemäß § 52 Abs.
1 GKG der Höhe des Kürzungs- und Rückforderungsbetrages entsprechend auf
178.603,03 Euro