Urteil des VG Saarlouis vom 18.02.2010

VG Saarlouis: vorläufiger rechtsschutz, gerichtsakte, verwaltungsverfahren, ermessen, rechtsschutzinteresse, auflage, kopie, hauptsache

VG Saarlouis Beschluß vom 18.2.2010, 11 L 82/10
Erfordernis eines vor Antragstellung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO eingelegten
Rechtsbehelfs für Annahme eines Rechtsschutzinteresses
Leitsätze
Gerichtlicher Rechtsschutz kann grundsätzlich nur dann in Anspruch genommen werden,
wenn die vorhandenen Möglichkeiten im Verwaltungsverfahren das Rechtsschutzziel zu
erreichen, zuvor ausgeschöpft worden sind.
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Antragsteller auferlegt.
Gründe
Nachdem die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärt haben, war dieses in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO gemäß §
87 a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO durch Beschluss des Berichterstatters einzustellen und
gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten zu entscheiden.
Diese Entscheidung richtet sich nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des
bisherigen Sach- und Streitstandes. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des
Verfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen, da er ohne das erledigende Ereignis
voraussichtlich im Verfahren unterlegen wäre.
Sein am 01.02.2010 bei Gericht eingegangener Antrag auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung des Widerspruchs nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alternative VwGO war unzulässig.
Geht man davon aus, dass die Zulässigkeit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO die
zumindest gleichzeitige Erhebung eines Rechtsbehelfs - hier: eines Widerspruchs - zur
Voraussetzung hat (vgl. nur Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Stand
2008, § 80 Rdnr. 314; Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, 2008, § 80 Rdnr. 164 m.w.N.),
fehlt es daran, da der Antragsteller vor der Antragstellung keinen Widerspruch eingelegt
hat. Der Antragsteller hat dem Gericht zwar die Kopie eines an den Antragsgegner
gerichteten Schreibens vom 04.02.2010 vorgelegt, in dem ausgeführt ist: "Widerspruch
gegen Kostenpfändung vom 27.01.2010…" (vgl. Bl. 16 der Gerichtsakte). Der
Antragsgegner hat auf Anfrage des Gerichts aber mitgeteilt, ein solches Schreiben sei bei
ihm nicht eingegangen (vgl. Bl. 20 der Gerichtsakte). Auf die Frage des Eingangs dieses
Widerspruchsschreibens bei dem Antragsgegner kommt es entscheidungserheblich jedoch
nicht an, da nach dem Vortrag des Antragstellers und aufgrund der zeitlichen Abfolge
feststeht, dass bei Eingang des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei
Gericht am 01.02.2010 noch kein Widerspruch eingelegt war.
Vertritt man mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG
die Auffassung, dass vorläufiger Rechtsschutz nicht erst dann einsetzt, wenn auch ein
Rechtsbehelf in der Sache eingelegt ist (so Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 16. Auflage
2009, § 80 Rdnr. 139 m.w.N.), fehlt dem Antrag das allgemeine Rechtsschutzinteresse.
Gerichtlicher Rechtsschutz kann grundsätzlich nur dann in Anspruch genommen werden,
wenn die vorhandenen Möglichkeiten, im Verwaltungsverfahren das Rechtsschutzziel zu
erreichen, zuvor ausgeschöpft worden sind (vgl. nur Kopp/Schenke, a.a.O., Vorb. § 40
Rdnrn. 30, 48). Daran fehlt es hier, da der Antragsteller denselben Zweck, nämlich die
Überprüfung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 27.01.2010, unschwer
auch schon durch die Einlegung des Widerspruchs beim Antragsgegner hätte erreichen
können. Die wesentliche Begründung des Rechtsschutzersuchens des Antragstellers
besteht darin, bei der in der angegriffenen Pfändungs- und Überweisungsverfügung als
Vollstreckungsschuldner angegebenen KSK … keine Konten zu haben (vgl. Bl. 1 und 16 der
Gerichtsakte). Die Überprüfung dieses Vorbringens hätte auch ohne vorherige Anrufung
des Verwaltungsgerichts im Verwaltungsverfahren erfolgen können, zumal der
Antragsgegner dem Gericht schon mit Schriftsatz vom 02.02.2010 - unter Vorlage eines
Schreibens der KSK … vom 01.02.2010 (vgl. Bl. 11 der Gerichtsakte) - mitgeteilt hat, dass
der Vortrag des Antragstellers zutreffend ist und der Vorgang für ihn "abgeschlossen" sei
(vgl. Bl. 10 der Gerichtsakte).