Urteil des VG Saarlouis vom 18.09.2009

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VG Saarlouis Urteil vom 18.9.2009, 10 K 660/08
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsums
Leitsätze
Die Behauptung, ein Betäubungsmittel (hier: Amphetamin) unbewusst aufgenommen zu
haben, ist nur glaubhaft, wenn überzeugend, das heißt detailliert und in sich schlüssig,
dargelegt werden kann, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper des
betroffenen Fahrerlaubnisinhabers ein Kontakt mit Personen vorangegangen ist, die
zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, diesem heimlich Drogen
beizubringen, und es ferner nahe liegt, dass vom Betroffenen die Aufnahme des
Betäubungsmittels unbemerkt blieb.
Wird über einen Widerspruch verhandelt und entschieden, obwohl der Widerspruchsführer
nicht zur mündlichen Verhandlung vor der Widerspruchsbehörde geladen worden ist, liegt
gemäß § 79 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 16 Abs. 1 AG-VwGO Saarland zwar die Verletzung einer
wesentlichen Verfahrensvorschrift vor; dies führt aber nur dann zur isolierten Aufhebung
des Widerspruchsbescheides, wenn die getroffene Entscheidung auf dem festgestellten
Verfahrensfehler beruht. Dies wiederum setzt voraus, dass die Verletzung der
Verfahrensvorschrift für die materielle Beschwer kausal ist bzw. muss die Möglichkeit
bestehen, dass sich der Verfahrensmangel auf das Ergebnis ausgewirkt hat (hier verneint).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem
Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der
Klassen 3, 4 und 5 durch den Beklagten.
Am 16.6.2007 führte der Kläger unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug im öffentlichen
Straßenverkehr. Durch ein toxikologisches Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der
Universität des Saarlandes in Homburg vom 11.7.2007 wurden in der ihm anlassbezogen
entnommenen Blutprobe Cannabis und Amphetamin nachgewiesen und bei der
quantitativen Bestimmung ein Wert von 0,027 mg Amphetamin pro Milliliter Blutserum
ermittelt.
Mit Schreiben vom 25.10.2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er beabsichtige,
ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen, da der Kläger als Konsument von Amphetamin, einer
sogenannten harten Droge, nach der Fahrerlaubnisverordnung zum Führen von
Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Daraufhin bestellte sich der Prozessbevollmächtigte des
Klägers mit Schriftsatz vom 30.10.2007 zum Bevollmächtigten für das
Verwaltungsverfahren und bat um Akteneinsicht. Am nächsten Tag übersandte ihm der
Beklagte die Verwaltungsakte in Kopie und wies darauf hin, dass die dem Kläger bereits
gesetzte Frist zur Abgabe einer Stellungnahme am 9.11.2007 ablaufe. Der Kläger bzw.
sein Prozessbevollmächtigter äußerten sich in der Folgezeit nicht.
Mit Bescheid vom 7.12.2007 entzog der Beklagte dem Kläger unter Anordnung der
sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen und
drohte Verwaltungszwang für den Fall an, dass dieser seinen Führerschein nicht innerhalb
einer Woche nach Zustellung der Entscheidung freiwillig abliefere. Zur Begründung des
Bescheides stellte er im Wesentlichen darauf ab, dass nach § 3 Abs. 1
Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) i.V.m. Ziffer
9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, weil sich der Kläger als
Konsument einer so genannten harten Droge als ungeeignet zum Führen von
Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Für die Entscheidung setzte er die Verwaltungsgebühr auf
150,-- Euro fest und verlangte zuzüglich Auslagen in Höhe von 4,75 Euro die Zahlung von
insgesamt 154,75 Euro.
Mit Schreiben vom 11.1.2008 legte der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten
Widerspruch gegen die Entscheidung ein, ohne diesen – trotz Aufforderung - zu begründen.
Der Beklagte, der den Führerschein des Klägers zwischenzeitlich eingezogen hatte, legte
den Widerspruch mit Schreiben vom 14.3.2008 dem bei ihm eingerichteten
Kreisrechtsausschuss zur Entscheidung vor. Zur mündlichen Verhandlung vor dem
Kreisrechtsausschuss am 9.5.2008 erschienen weder der Kläger noch sein
Prozessbevollmächtigter.
Mit Bescheid vom 3.6.2008 wies der Kreisrechtsausschuss den Widerspruch des Klägers
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.5.2008 als unbegründet zurück. Dazu führte
er aus, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV die
Verwaltungsbehörde demjenigen die Fahrerlaubnis entziehen müsse, der sich – wie hier der
Kläger - als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Nach § 46 Abs. 1
Satz 2 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei bei der Einnahme von
Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes - ausgenommen Cannabis - die
Fahreignung für sämtliche Klassen zu verneinen. So sei es auch im Falle des Klägers, da
dieser erwiesenermaßen Amphetamin, ein Betäubungsmittel im Sinne des § 1
Betäubungsmittelgesetz (Anlage 3 zu § 1 Abs. 1 BtMG) konsumiert habe. Nach Ziffer 9.1
der Anlage 4 zur FeV sei im Regelfall davon auszugehen, dass eine Person, die
Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes auch nur einmal einnehme, zum
Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. An diese für den Regelfall aufgestellte
gesetzliche Wertung sei der Kreisrechtsausschuss gebunden, sofern nicht besondere
Umstande vorlägen, die ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigen
würden. Derartiges sei indes vorliegend weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
Vielmehr falle zu Lasten des Klägers ins Gewicht, dass er nicht nur unter dem Einfluss von
Amphetamin, sondern nach dem zusätzlichen Konsum der Droge Cannabis ein Fahrzeug
im Straßenverkehr geführt habe. Nach alledem sei der Widerspruch zurückzuweisen.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 12.6.2008 hat der Kläger am 7.7.2008
die vorliegende Klage erhoben.
Zur Begründung trägt er zunächst vor, dass er zur mündlichen Verhandlung vor dem
Kreisrechtsausschuss am 9.5.2008 nicht geladen worden sei. In der Sache sei seine
Kraftfahreignung zu Unrecht verneint worden, denn er habe das in seinem Blut
nachgewiesene Amphetamin nicht (bewusst) eingenommen. Es treffe zwar zu, dass er in
der Nacht vom 15. auf den 16.6.2007 im Freundeskreis Haschisch konsumiert habe. Er
gehe jedoch davon aus, dass ihm das Amphetamin bei anderer Gelegenheit von
unbekannten Personen ohne sein Wissen in sein Getränk gemischt worden sei, und zwar
als er am 16.6.2007 im Rahmen einer Veranstaltung in der Altstadt von A-Stadt gearbeitet
habe. Er sei an jenem Tage mit seiner Lebensgefährtin zu der Veranstaltung gefahren,
habe während seiner Arbeit einige Mischgetränke zu sich genommen und sein Glas in
seiner Abwesenheit auf dem Tisch stehen lassen. Gegen 20:00 Uhr habe er sich unwohl
gefühlt und deshalb mit seiner Lebensgefährtin vereinbart, dass er vorzeitig nach Hause
fahre und sie später nachkommen solle. Als er auf dem Nachhauseweg von der Polizei
angehalten worden sei, habe er bereits im Rahmen der Kontrolle eingeräumt, in der
vergangenen Nacht Haschisch konsumiert zu haben. Amphetamin habe er indes nicht
bewusst zu sich genommen. Vielmehr habe seine Lebensgefährtin ihm im Nachhinein
berichtet, dass sie während der Veranstaltung in A-Stadt beobachtet habe, wie in
Musikerkreisen ein weißes Pulver konsumiert worden sei, welches diese Personen in ihre
Getränke verrührt hätten. Hierfür bzw. dafür, dass er das Amphetamin nicht bewusst zu
sich genommen habe, benenne er seine Lebensgefährtin als Zeugin. Darüber hinaus sei er
bereit, seine nach wie vor gegebene Fahreignung durch die Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu belegen, zumal er zwischenzeitlich eine Arbeitsstelle in
Luxemburg angetreten habe und nunmehr beruflich auf seine Fahrerlaubnis angewiesen
sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 7.12.2007 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 3.6.2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er zunächst auf die Ausführungen in den angefochtenen
Bescheiden. Im Übrigen meint er, dass es wenig glaubhaft sei, wenn der Kläger nunmehr
bzw. erstmals im Klageverfahren behaupte, das Amphetamin nicht bewusst konsumiert zu
haben.
Im Laufe des Klageverfahrens hat sich der Kläger gegenüber dem Beklagten bereit erklärt,
zum Nachweis seiner Kraftfahreignung ein medizinisch-psychologisches Gutachten der TÜV
Süd Life Service GmbH beizubringen, wofür der Beklagte mit Schreiben vom 4.5.2009
einen entsprechenden Auftrag erteilte. Mit Schriftsatz vom 20.5.2009 wurden seitens der
Gutachterstelle die vom Beklagten zur Verfügung gestellten Fahrerlaubnisunterlagen
zurückgegeben. Der Beklagte forderte den Kläger unter dem Hinweis, dass laut Mitteilung
der Gutachterstelle vom 22.05.2009 eine Untersuchung stattgefunden habe, dazu auf,
spätestens bis zum 10.6.2009 eine Ausfertigung des medizinisch-psychologischen
Gutachtens vorzulegen. Mit Schriftsatz vom 7.7.2009 teilte der Beklagte dem Gericht
unter Darlegung dieses Sachverhalts mit, dass ihm das Gutachten nicht vorgelegt worden
und somit von einer negativen Begutachtung der Kraftfahreignung des Klägers durch die
Untersuchungsstelle auszugehen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und
der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten sowie des Kreisrechtsausschusses
beim Landkreis A-Stadt-... Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
war.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 7.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
3.6.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
Der Beklagte hat dem Kläger die Fahrerlaubnis zu Recht gemäß § 3 Abs. 1 StVG und § 46
Abs. 1 bzw. Abs. 2 i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zu FeV, mithin aufgrund zwingenden
Rechts, entzogen, weil dieser wegen der bewussten Einnahme von Amphetamin als
Kraftfahrer ungeeignet ist. Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffenden
Ausführungen im Ausgangs- und Widerspruchsbescheid verwiesen werden (§ 117 Abs. 5
VwGO). Diese stehen in Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung der saarländischen
Verwaltungsgerichte, wonach bereits der einmalige Konsum von Betäubungsmitteln im
Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis), wie etwa Amphetamin,
im Regelfall die Annahme rechtfertigt, dass der Drogenkonsument zum Führen von
Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Dabei bedarf es weder des Nachweises einer
Drogenabhängigkeit, eines regelmäßigen Konsums oder auch nur - bei gelegentlichem
Konsum - des Unvermögens zum Trennen zwischen Konsum und Fahren. Ferner ist nicht
entscheidend, ob ein Konsum dieser so genannten harten Drogen im Zusammenhang mit
dem Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr steht bzw. gestanden hat. Vielmehr
genügt zum Verlust der Fahreignung bereits der Gebrauch dieser Drogen in geringer
(nachgewiesener) Menge und ohne Bezug zum Straßenverkehr.
Vgl. dazu das Urteil der Kammer vom 23.7.2009, 10 K
157/09 und etwa die Beschlüsse der Kammer vom
17.4.2008, 10 L 110/08, und 29.7.2008, 10 L 544/08,
mit zahlreichen Nachweisen; vgl. auch den Beschluss des
OVG des Saarlandes vom 12.9.2008, 1 B 335/08 (VG-
Az.: 10 L 544/08)
Nicht geglaubt werden kann dem Kläger seine Darstellung, er habe das in seinem
Blutserum sicher nachgewiesene Amphetamin nicht bewusst eingenommen, sondern
nehme an, dass ihm unbekannte Personen das Amphetamin am Abend des 16.6.2007
heimlich in sein Getränk gemischt haben. Die Glaubhaftmachung eines solchen
Sachverhalts setzt detaillierte, in sich schlüssige Darlegungen voraus, die einen solchen
Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lassen. Es ist nämlich nach der
Lebenserfahrung nicht wahrscheinlich, dass - zumal unbekannte - Dritte einer Person
Betäubungsmittel beibringen, sofern nicht ein nachvollziehbares Motiv für eine solche
Handlungsweise aufgezeigt wird. Die Behauptung einer unbewussten Aufnahme von
Betäubungsmitteln ist daher nur glaubhaft, wenn überzeugend dargelegt werden kann,
dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper des betroffenen
Fahrerlaubnisinhabers ein Kontakt mit Personen vorangegangen ist, die zumindest
möglicherweise einen Beweggrund hatten, diesem heimlich Drogen beizubringen, und es
ferner nahe liegt, das vom Betroffenen die Aufnahme des Betäubungsmittels unbemerkt
blieb.
Vgl. den Beschluss der Kammer vom 4.7.2008, 10 L
376/08, unter Hinweis auf die Beschlüsse des OVG des
Saarlandes vom 9.7.2002, 9 W 16/02, und des VGH
München vom 10.12.2007, 11 CS 07.2905, jeweils zitiert
nach juris
Diesen Anforderungen, die der Kläger zu beweisen hat, genügt bereits das Vorbringen des
Klägers nicht, denn es ist zu unsubstanziiert und beruht letztlich auf vagen Vermutungen.
Insbesondere genügt nicht die hier gegebene Schilderung, er habe sein Getränk bei einer
Veranstaltung in der Merziger Innenstadt unbeaufsichtigt gelassen und seine
Lebensgefährtin habe andere Teilnehmer der Veranstaltung dabei beobachtet, wie diese
ein weißes Pulver nach Verrühren in ihren Getränken konsumiert hätten. Lediglich um eine
Vermutung handelt es sich bereits insoweit, als es sich bei dem weißen Pulver um
Amphetamin gehandelt haben soll. Aber selbst wenn man dies unterstellen würde, ließe
dies unter den geschilderten Umständen für sich allein noch keinen Rückschluss darauf zu,
dass dem Kläger ohne sein Wissen Amphetamin in sein Getränk gemischt worden sein
könnte. Es wird nämlich nicht nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger überhaupt auch
nur in Kontakt mit Personen kam, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund
hatten, ihm heimlich Drogen beizubringen. Die Motivation einer solchen Handlungsweise
bleibt vielmehr völlig im Dunkeln. Aus diesen Gründen sind die angeblichen
Wahrnehmungen der Lebensgefährtin des Klägers, die die unbekannten Personen „in
Musikerkreisen“ beim Verwenden eines weißen Pulvers beobachtet haben soll, ungeeignet,
den Sachverhalt in der gebotenen Weise aufzuklären. Deshalb hatte die Kammer auf eine
Ladung der als Zeugin benannten Lebensgefährtin des Klägers verzichtet.
In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ist der Kläger nicht persönlich erschienen.
Auch sein Prozessbevollmächtigter hat die Angaben zu den Geschehnissen in der Merziger
Innenstadt am 16.6.2007 nicht ergänzt oder erläutert. Er hat lediglich angedeutet, dass im
Rahmen der durchgeführten medizinisch-psychologischen Untersuchung des Klägers
dessen Kraftfahreignung verneint worden ist. Die Kammer sieht vor diesem Hintergrund
weder Anlass noch Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen.
Sonstige rechtliche Bedenken gegen die Entscheidung(en) des Beklagten bestehen nicht.
Insbesondere folgt die Verpflichtung des Klägers zur Ablieferung seines Führerscheins aus
§§ 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, 47 Abs. 1 FeV und beruht die festgesetzte Verwaltungsgebühr in
Höhe von 150,-- EUR auf § 6 a Abs. 2 StVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Gebührenordnung für
Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) sowie Nr. 206 der dazugehörigen Anlage
(Gebührenrahmen: 33,20 bis 256,-- EUR). Auslagen kann die Behörde gemäß § 2 GebOSt,
insbesondere mit Blick auf Entgelte für Zustellungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt), erstattet
verlangen, wenn der Gesamtbetrag – wie hier - drei Euro übersteigt (§ 2 Abs. 2 Satz 1
GebOSt).
Auch eine vom Kläger – wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt – mit
seinem Anfechtungsantrag in zweiter Linie (als Minus zur gerichtlichen Kassation der
Entziehungsverfügung) erstrebte isolierte Aufhebung nur des Widerspruchsbescheides
wegen der Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift im Sinne des § 79 Abs. 2
Satz 2 VwGO, und zwar wegen fehlender Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem
Kreisrechtsausschuss A-Stadt-..., kommt nicht in Betracht.
Gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann der Widerspruchsbescheid u. a. dann (alleiniger)
Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem
ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbstständige Beschwer enthält. Nach
Satz 2 der Vorschrift gilt als eine zusätzliche Beschwer auch die Verletzung einer
wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung
beruht. Wesentliche Verfahrensvorschriften in diesem Sinne sind nicht nur die Vorschriften
der Verwaltungsgerichtsordnung, sondern auch solche des Landesrechts, und zwar
insbesondere diejenigen des jeweiligen Ausführungsgesetzes zur
Verwaltungsgerichtsordnung (AG-VwGO). Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 AG-VwGO Saarland
entscheidet der Rechtsausschuss über den Widerspruch aufgrund mündlicher Verhandlung,
es sei denn, dass alle Beteiligten hierauf ausdrücklich verzichten. Nach Satz 2 der Vorschrift
sind die §§ 84 und 102 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden. Gemäß dem in Bezug
genommenen § 102 Abs. 2 VwGO ist bei der Ladung darauf hinzuweisen, dass beim
Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
Gegen diese wesentliche Verfahrensvorschrift ist hier im Widerspruchsverfahren verstoßen
worden, indem über den Widerspruch des Klägers verhandelt und entschieden wurde,
obwohl dieser nicht und damit auch nicht unter dem Hinweis auf die Rechtsfolgen des §
102 Abs. 2 VwGO zur mündlichen Verhandlung vor dem Kreisrechtsausschuss geladen
worden war. Insoweit ist nämlich mangels entgegen stehender Erkenntnisse davon
auszugehen, dass das in den Verwaltungsunterlagen mit einem Abgangsvermerk vom
18.4.2008 versehene Schreiben mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung den Kläger
bzw. dessen Prozessbevollmächtigten nicht erreicht hat. Ein Zustellungs- bzw.
Empfangsnachweis ist den Akten des Kreisrechtsausschusses nicht zu entnehmen.
Somit liegt zwar die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift im Sinne des § 79
Abs. 2 Satz 2 VwGO vor; der Widerspruchsbescheid unterfällt aber dennoch nicht der
(isolierten) Aufhebung, weil die getroffene Entscheidung nicht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2
VwGO auf dem festgestellten Verfahrensfehler beruht. Ein "Beruhen" in diesem Sinne setzt
voraus, dass die Verletzung der Verfahrensvorschrift für die materielle Beschwer kausal ist.
Mit anderen Worten muss die Möglichkeit bestehen, dass sich der Verfahrensmangel auf
das Ergebnis ausgewirkt hat. Dies entspricht dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG bzw. §
46 SVwVfG, wonach die Aufhebung eines nicht nichtigen Verwaltungsaktes nicht allein
deshalb beansprucht werden kann, weil er (u. a.) unter Verletzung von Vorschriften über
das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die
Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Aus diesem Grunde wird überwiegend
vertretenen, dass strikt gebundene Verwaltungsakte, die rechtmäßig sind und in der Sache
nicht anders hätten ergehen können, grundsätzlich nicht auf einem entsprechenden
Verfahrensfehler beruhen können.
So Pietzcker, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner,
VwGO, Kommentar, Stand: 10/2008, § 79 Rdnr. 15 unter
Hinweis iHH auf das Urteil des BVerwG vom 29.8.1986, 7
C 51.84, DVBl. 1987, 238, und dessen Beschluss vom
19.5.1999, 8 B 61.99, NVwZ 1999, 1218, jeweils zitiert
nach juris, sowie m.w.N.; a. A. etwa: Kopp/Schenke,
VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 71 Rdnr. 14
Vorliegend gewinnt dieser Meinungsstreit keine Bedeutung, denn einerseits war dem Kläger
– wie dargelegt - die Fahrerlaubnis aufgrund strikt gebundenen Rechts zu entziehen und
andererseits ist aufgrund dessen bisherigen Verhaltens davon auszugehen, dass sein
Sachvortrag bei ordnungsgemäßer Anhörung im Widerspruchsverfahren nicht über das
Vorbringen im vorliegenden Klageverfahren hinausgegangen wäre, so dass dies die
Widerspruchsbehörde zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage hätte
veranlassen können. Eine isolierte Aufhebung des Widerspruchsbescheides kommt daher
nicht in Betracht.
Die Klage hat nach alledem keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; der Ausspruch über deren
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, 2 GKG nach der höchsten
streitbefangenen Fahrerlaubnisklasse (hier: Klasse 3 = Klasse BE neu) und entsprechend
den Empfehlungen zu Nrn. 46.3 (Klasse B: Auffangwert bzw. 5.000,-- EUR) und 46.8
(Klasse E: halber Auffangwert) des Streitwertkatalogs (2004) auf insgesamt 7.500 EUR
festgesetzt.