Urteil des VG Saarlouis vom 23.10.2006

VG Saarlouis: duldung, abschiebung, empfehlung, verwaltungsgerichtsbarkeit, hauptsache, aushändigung, aussetzung

VG Saarlouis Beschluß vom 23.10.2006, 10 F 42/06
Erteilung einer schriftlichen Bescheinigung über die Duldung.
Gründe
Das Begehren des Antragstellers, „den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller
eine Duldung zu erteilen,“ ist unter Berücksichtigung seines Gesamtvorbringens und des
Umstandes, dass der Antragsgegner im Laufe des vorliegenden Eilverfahrens mit Schreiben
vom 18.08.2006 und vom 19.09.2006 mitgeteilt hat, dass dem Antragsteller eine
Duldung ausgestellt werde, sobald die Ausländerakte bei seiner Dienststelle eingegangen
sei, dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Aushändigung der schriftlichen
Bescheinigung der Duldung begehrt (vgl. § 88 VwGO).
Dieser Antrag ist gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Es liegt ein Anordnungsgrund vor, da der Antragsteller im Falle einer polizeilichen
Überprüfung damit rechnen müsste, wenn auch kurzfristig, inhaftiert zu werden, und er im
Falle eines Ermittlungsverfahrens wegen illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet gemäß § 95
Abs. 1 Nr. 2 AufenthG keinen Nachweis darüber führen könnte, dass die Abschiebung
tatsächlich ausgesetzt ist. Deshalb kann der Antragsteller sein Begehren auch im Wege der
einstweiligen Anordnung durchsetzen, denn es handelt sich hier nicht um eine unzulässige
Vorwegnahme der Hauptsache. Das Vorwegnahmeverbot darf nämlich ausnahmsweise
durchbrochen werden, wenn der Hauptsacherechtsschutz zu spät käme und dies für den
Antragsteller – wie vorliegend – zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führen würde, die
sich auch bei einem späteren Erfolg im Hauptsacheverfahren nicht mehr abwenden oder
ausgleichen ließen.
Vgl. Kopp/Schenke VwGO, Kommentar, 13. Aufl., 2003, §
123 Rdnr. 13 f.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch. Der Antragsgegner hat mit den
Schreiben vom 18.08.2006 und vom 19.09.2006 bestätigt, dass dem Antragsteller
entsprechend seinem Antrag vom 01.08.2006 gemäß § 60 a Abs. 2 AufenthG eine
Duldung für die Dauer von drei Monaten erteilt wird. Hierdurch hat er zum Ausdruck
gebracht, dass er die Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses als erfüllt ansieht,
ohne dem Antragsteller jedoch eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung
auszuhändigen. Insoweit ist der Antragsgegner aber nach § 60 a Abs. 4 i. V. m. § 77 Abs.
1 Satz 1 AufenthG verpflichtet, dem Antragsteller eine schriftliche Bescheinigung hierüber
auszustellen und auszuhändigen. Hinreichende Gründe, warum dies im vorliegenden Fall
bislang noch nicht geschehen ist, hat der Antragsgegner indessen nicht vorgetragen. Er hat
in seinem Schreiben vom 19.09.2006 lediglich mitgeteilt, dass die Duldung ausgestellt
werde, sobald die Ausländerakte bei seiner Dienststelle eingegangen sei. Dass der
Aktenübersendung Hinderungsgründe entgegenstehen, ist aber nicht dargelegt und
glaubhaft gemacht worden.
Vgl. im Übrigen Hess. VGH, Beschluss vom 30.03.2006, 3
TG 556/06; OVG NRW, Beschluss vom 29.11.2005, 19 B
2364/03, jeweils zitiert nach juris
Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die Feststellung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG
und übernimmt die im Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004
enthaltene Empfehlung zu Nr. 8.3 (halber Auffangwert pro Person).