Urteil des VG Saarlouis vom 03.12.2008

VG Saarlouis: wiedereinsetzung in den vorigen stand, vorläufiger rechtsschutz, aufschiebende wirkung, bekanntgabe, klagefrist, erlass, serbien, rechtsmittelbelehrung, gestaltung, abschiebung

VG Saarlouis Beschluß vom 3.12.2008, 10 L 1798/08
Einstweiliger Rechtsschutz im Asylverfahren
Leitsätze
Wird ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt, so ist im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes der fristgebundene Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1
VwGO mit dem Ziel der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die
Abschiebungsandrohung auch mit Blick auf die Geltendmachung von Abschiebungsverboten
gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG allein statthaft, da seit dem Inkrafttreten des
Aufenthaltesgesetzes zum 1.1.2005 gemäß § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG jegliches
Abschiebungsverbot die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung berührt.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
Der sinngemäß darauf gerichtete Antrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen
Anordnung aufzugeben, zu Gunsten des Antragstellers vorläufig ein krankheitsbedingtes
Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Serbien festzustellen,
ist bereits unzulässig.
Vorläufiger Rechtsschutz kann vorliegend lediglich im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1
Alt. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 AsylVfG mit dem Ziel der Anordnung der
aufschiebenden Wirkung der Klage gewährt werden. Ein diesbezüglicher Antrag ist gemäß §
36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung der
Antragsgegnerin zu stellen. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da der allein
statthafte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, in welchen das vorliegende Begehren auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO umgedeutet werden könnte, verspätet
wäre.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.7.2008.
Mit diesem Bescheid hat sie den Asylantrag des Antragstellers als offensichtlich
unbegründet abgelehnt, ferner festgestellt, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 1
AufenthG offensichtlich nicht sowie Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 nicht
vorliegen und ihn unter der Androhung der Abschiebung nach Serbien zur Ausreise
aufgefordert. Angesichts dessen ist zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes gemäß §
36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG ein Antrag gegen die Abschiebungsandrohung nach § 80 Abs. 5
VwGO innerhalb einer Woche nach der Bekanntgabe (der Entscheidung) zu stellen. Nach §
74 Abs. 1 Alt. 2 AsylVfG gilt in diesem Fall eine Klagefrist von ebenfalls einer Woche.
Der vom Antragsteller gewählte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist
demnach nicht statthaft. Vielmehr ist, auch um eine Umgehung der Wochenfrist des § 36
Abs. 3 Satz 1 AsylVfG zu verhindern, bei Asylanträgen, deren offensichtliche
Unbegründetheit festgestellt worden ist, vorläufiger Rechtsschutz gegen die mit der
Entscheidung verbundene Abschiebungsandrohung (§ 34 Abs. 2 AsylVfG) allein auf der
Grundlage von § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren.
Vgl. hierzu etwa Marx, AsylVfG, 7. Auflage 2009, § 36
Rdnrn. 25 ff., 174 ff.
Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellung zu Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 7
AufenthG, obgleich dies aus § 36 AsylVfG nicht unmittelbar, sondern lediglich i.V.m. § 34
Abs. 1 AsylVfG und § 59 Abs. 3 AufenthG hervorgeht. Insoweit hat sich mit Inkrafttreten
des Aufenthaltsgesetzes zum 1.1.2005 eine wesentliche Änderung ergeben, denn nach §
59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG berührt jegliches Abschiebungsverbot die Rechtmäßigkeit der
Abschiebungsandrohung, so dass anders als bei der Vorgänger-Vorschrift des § 50 Abs. 3
Satz 2 AuslG, welcher diesbezüglich auf Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 1 bis 4
AuslG (jetzt § 60 Abs. 2 bis 5 AufenthG) beschränkt war, nunmehr auch ein
Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (vormals § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG)
für die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung beachtlich ist. Demnach ist seit
Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes in Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden
Wirkung einer asylrechtlichen Klage auch zu prüfen, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60
Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht (§ 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 59 Abs. 3 Satz 2
AufenthG).
In diesem Sinne die Kammer in ihrem den Beteiligten
bekannten Beschluss vom 24.5.2007, 10 L 632/07;
ferner das VG Oldenburg in seinem Beschluss vom
4.3.2005, 7 B 885/05, zitiert nach juris; vgl. zur früheren
Rechtslage etwa den Beschluss der Kammer vom
28.9.2004, 10 F 57/04.A
Vor diesem Hintergrund lässt sich feststellen, dass der Antragsteller gegen den ihm am
31.7.2008 zugestellten Bescheid der Antragsgegnerin zwar am 7.8.2008 und damit
rechtzeitig Klage (Az.: 10 K 750/08) erhoben hat. Sein Antrag im Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes ist indes erst am 19.11.2008 bei Gericht eingegangen und
daher verfristet. Es ist ferner nichts dafür ersichtlich, dass gemäß § 36 Abs. 3 Satz 3 i.V.m.
§ 58 Abs. 2 VwGO eine andere als die einwöchige Antragsfrist gelten könnte oder nach §
60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre. Vielmehr ist
dem angefochtenen Bescheid eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung beigefügt. In
ihr wird über die einwöchige Klagefrist sowie darüber belehrt, dass die Klage gegen die
Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung hat. Auch wird ausdrücklich
entsprechend § 36 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG darauf hingewiesen, dass ein Antrag nach § 80
Abs. 5 VwGO innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids gestellt werden
kann.
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist mithin auch dann verfristet
eingegangen, wenn man ihn in einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO umdeuten würde.
Den Antragsteller hierauf zu verweisen, begegnet angesichts der Gestaltung seines Falles
in der Sache keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Der Antrag hat nach alledem keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs.
1 VwGO, 83 b AsylVfG.