Urteil des VG Saarlouis vom 22.02.2010

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VG Saarlouis Beschluß vom 22.2.2010, 5 L 9/10
Kein einstweiliger Rechtsschutz gegen den angeordneten Sofortvollzug der Genehmigung
zur Errichtung und zum Betrieb von drei zusätzlichen Windkraftanlagen
Leitsätze
1. Der Hinweis auf das öffentliche Interesse an der umweltverträglichen Energieversorgung
genügt den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO.
2. Gegen die Anwendung der TA Lärm und der DIN ISO 9613-2 zur Bestimmung der
Lärmimmissionen von Windkraftanlagen bestehen keine grundsätzlichen Bedenken.
3. Eigentümer von Grundstücken in reinen Wohngebieten, die unmittelbar an den
Außenbereich angrenzen, können immissionsschutzrechtlich nur die Einhaltung der
Richtwerte für ein allgemeines Wohngebiet beanspruchen.
4. Die Nebenbestimmung, dass die Windkraftanlagen nachts nicht mehr betrieben werden
dürfen, wenn nicht binnen 12 Monaten nach Inbetriebnahme der Nachweis der Einhaltung
der Richtwerte aufgrund von Messungen erbracht wird, trifft hinreichend Vorsorge für die
Nachbarschaft, wenn ein Überschreiten der Richtwerte für ein Kern-, Dorf- oder
Mischgebiet ausgeschlossen erscheint.
5. Windenergieanlagen, die mehr als 1.200 m und damit mehr als das 20fache der
erforderlichen Abstandsfläche von 0,4 H bzw. das 8fache der Gesamthöhe der einzelnen
Anlagen von der Wohnbebauung entfernt stehen, wirken im Rechtssinne nicht optisch
bedrückend.
6. Die Gefahren durch von Windkraftanlagen ausgehenden Infraschall werden durch Nr. 7.3
TA Lärm geregelt.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen
trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen den vom Antragsgegner
angeordneten Sofortvollzug einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, mit der der
Beigeladenen die Errichtung und der Betrieb von drei Windkraftanlagen … genehmigt
wurde.
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens in St. Wendel, Ortsteil und Gemarkung H.,
A-Straße.
Mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 10.09.2009 erteilte der
Antragsgegner der Beigeladenen die Erlaubnis zur Errichtung und zum Betrieb von drei
Windkraftanlagen der Firma Vestas vom Typ V-90 mit einer Nennleistung von jeweils 2.0
MW (Rotordurchmesser 90 m, Nabenhöhe 105 m) in St. Wendel …. Die Anlagen befinden
sich innerhalb eines Gebietes, das der Landesentwicklungsplan Umwelt vom 13.07. 2004
als Vorranggebiet für Windenergie ausweist. In diesem Bereich befinden sich bereits vier
Windkraftanlagen der Vestas/NEG Micon vom Typ NM 82 mit einer Nennleistung von jeweils
1.5 MW (Rotordurchmesser 82 m, Nabenhöhe 93,6 m), die mit dem
Genehmigungsbescheid vom 15.06.2003 (Windpark K.) und der Genehmigungsfreistellung
vom 03.09.2003 vom Antragsgegner bestandskräftig zugelassen worden sind.
Der streitige Genehmigungsbescheid vom 10.09.2009 enthält u.a. die
Nebenbestimmungen, dass durch den Betrieb dieser Windkraftanlagen vor den Fenstern
von schutzbedürftigen Räumen am Anwesen des Antragstellers – unter Berücksichtigung
der Lärmvorbelastung durch den Windpark K. – während der Nachtszeit der nach der TA
Lärm ermittelte Teil-Immissionspegel von 40 dB(A) nicht überschritten werden darf.
Spätestens zwölf Monate nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen ist durch Messungen
einer nach § 26 BImSchG bekanntgegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die
Immissionspegel bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart (i.d.R. bei
Windgeschwindigkeit 10 m/s in 10 m Höhe bzw. 95 % Nennleistung) an den genannten
Aufpunkten eingehalten werden. Für diesen Nachweis scheide das mit der Erstellung der
Lärmprognose beauftrage Ingenieurbüro aus. Wenn dieser Nachweis nicht fristgerecht
geführt wird, dürfen die Anlagen während der Nachtzeit nicht mehr betrieben werden. Jede
Windkraftanlage ist so zu errichten und zu betreiben, dass ein Schallleistungspegel von
103,5 dB(A) zuzüglich der Unsicherheit der Typenmessung und Serienstreuung nicht
überschritten wird. Nach Ablauf von jeweils drei Jahren nach Inbetriebnahme ist durch
Messungen der Nachweis zu führen, dass dieser Wert nicht überschritten wird.
Gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 10.09.2009 erhob der
Antragsteller am 08.10.2009 Widerspruch.
Mit Bescheid vom 27.11.2009 ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der
Genehmigung an: Eine Prüfung des Widerspruchs habe ergeben, dass der in rund 1.200 m
von der nächstgelegenen Windkraftanlage … wohnende Antragsteller keinen durch den
Windpark der Beigeladenen verursachten schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) ausgesetzt sein werde. Nach der dem
Genehmigungsverfahren zugrunde gelegten und geprüften Lärmprognose sei durch den
Betrieb der Windkraftanlagen am Wohnhaus des Antragstellers mit einer Zusatzbelastung
von 31 dB(A) zu rechnen. Der hier maßgebliche Lärm-Immissionswert für Allgemeine
Wohngebiete zur Nachtzeit von 40 dB(A) werde um mehr als 6 dB(A) unterschritten. Nach
Nummer 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm sei der von der Gesamtanlage verursachte
Immissionsbeitrag am Wohnhaus des Antragstellers nicht relevant. Durch eine
Schattenwurfprognose sei belegt, dass durch die drei zugelassenen Windkraftanlagen kein
Schattenwurf am Wohnhaus des Antragstellers hervorgerufen werde. Die Anordnung des
Sofortvollzuges erfolge sowohl im öffentlichen als auch im überwiegenden Interesse der
Beigeladenen. Das öffentliche Interesse bestehe in der umweltverträglichen
Energieversorgung und der Reduzierung des CO
2
-Ausstoßes in die Erdatmosphäre sowie
der gesetzlichen Förderung erneuerbarer Energien, deren Nutzung zum Umweltschutz und
zur nachhaltigen Entwicklung beitrage. Das überwiegende private Interesse sei begründet,
weil der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch mit erheblicher Wahrscheinlichkeit
erfolglos bleiben werde.
Am 05.01.2010 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Genehmigung beantragt. Zur
Begründung macht er geltend, die Windkraftanlagen hätten zwar eine Entfernung von ca.
1.200 m zu seinem Wohnhaus. Gleichwohl sei davon auszugehen, dass die sich aus § 22
Abs. 1 Ziffern 1 und 2 BImSchG ergebende Grenze der Zumutbarkeit überschritten werde.
Denn die drei nunmehr zugelassenen Anlagen ergänzten die bereits vorhandenen vier
Anlagen auf dem sogenannten „K.“. Beim Betrieb aller sieben Anlagen sei der
Lärmrichtwert für die Nachtzeit nicht einzuhalten. Ausweislich des
Genehmigungsbescheides betrage die Vorbelastung am IP V…straße … unter
Berücksichtigung eines Messabschlages von 3 dB(A) insgesamt 36 dB(A). Der von der
Betreiberin des Windparks K. vorgelegte Messbericht der Fa. D. C. Ingenieurgesellschaft
mbH aus dem November 2005 weise einen Immissionspegel von 39,8 dB(A) aus. Bei
dieser Messung habe es sich nicht um eine Überwachungsmessung gehandelt, sodass
nach der Rechtsprechung ( So die ständige Rechtsprechung des BVerwG im Urteil vom
08.10.2004 – V ZR 85/04 -
) keine Messabschläge vorzunehmen seien.
Unter Berücksichtigung dieser Vorbelastung führe das Hinzutreten von drei weiteren
Windkraftanlagen zu einer erheblichen Überschreitung des Richtwertes von 40 dB(A)
nachts. Allein bei der Windkraftanlage K. sei bei der Messung 9 am 25.10.2005 ein
Mittelwert von 44,8 dB(A) ermittelt worden. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass sein
Wohnanwesen in einem reinen Wohngebiet liege, sodass der Immissionsrichtwert für
nachts sogar nur 35 dB(A) betrage.
Bei allen Anlagen sei regelmäßig ein dauernd an- und abschwellender Heulton
wahrzunehmen, der bei höheren Windgeschwindigkeiten lauter werde. Hinzu komme ein
schlagartiges Geräusch beim Passieren der Rotorblätter am Turm. Diese Kombination
werde bis zu einer Entfernung von 3 – 5 km als besonderes störend und die Gesundheit
beeinträchtigend empfunden. Zwar wende die Rechtsprechung für die Ermittlung des
Störpotentials derzeit noch die TA Lärm an. Diese werde indes gerade bei
Windkraftanlagen den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Als die aktuelle TA Lärm
in Kraft getreten sei, seien Windkraftanlagen des heute gängigen Maßes noch unbekannt
gewesen. Vielmehr sei die TA Lärm auf Industrielärm ausgerichtet, der – anders als
Windkraftanlagen – nicht ganzjährig rund um die Uhr stattfinde. In anderen Bereichen
würden die technischen Regelwerke ständig dem aktuellen Stand der Technik angepasst,
was aber auf dem Gebiet der Windenergie politisch wohl nicht gewollt sei. Bei der
Anwendung der DIN-, DIN-ISO- und VDI-Vorschriften im Rahmen der Ermittlung der
Transmission und der Dämpfung des Schalls im Freien würden die maximal zulässigen
Werte fehlerhaft berechnet. So werde in der TA Lärm für bodennahe kugelförmige
Punktquellen auf die Anwendung der in der DIN-ISO 9613-2 beschriebenen Verfahren
hingewiesen. Allerdings werde der Schall bei Windkraftanlagen nicht kugelförmig
abgestrahlt, so dass der Beweis nicht erbracht sei, dass diese DIN-ISO den notwendigen
Erfordernissen gerecht werde. Insgesamt werde die grundsätzlich undifferenzierte
Anwendbarkeit der TA Lärm für die Beurteilung der Schallimmission von Windkraftanlagen
in Frage gestellt. Zudem lägen für sei Anwesen in der A-Straße in H. keine gesicherten, von
einem unabhängigen Sachverständigen und vom Antragsgegner überprüften Berechnungen
vor. Vielmehr begnüge sich die Genehmigung mit dem Verweis auf Nr. 2.2 TA Lärm und
der Feststellung, das Grundstück liege außerhalb des Einwirkungsbereichs der Anlagen. Das
stelle keine ordnungsgemäße Überprüfung der Einhaltung der zulässigen Nachtwerte dar.
Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Werte überschritten seien. Die Prognose der
Beigeladenen gebe den Wert mit knapp unter 40 dB(A) an. Dass diese Prognose zutreffend
sei, werde bestritten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müssten
derartige Prognosen „auf der sicheren Seite“ liegen. Denn § 6 Abs. 1 Ziffer 1 BISchG
verlange, dass die Einhaltung des Schutzprinzips „sichergestellt“ sei. Der Antragsgegner
hätte deshalb die Prognosen durch einen Sachverständigen überprüfen lassen müssen.
Insbesondere hätte der Impulszuschlag vom Antragsgegner geprüft werden müssen. So
habe dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.08.2007 – 4 C 07 – ein
Gutachten zugrunde gelegen, in dem ein Impulszuschlag berücksichtigt worden sei. Bei
Bewertungs- und Prognoseunsicherheiten seien „Sicherheitsaufschläge“ und „worst-case-
Betrachtungen“ geboten. (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.01.2007 - -; BGH, Urteil
vom 08.01.2001, BGH VZR 85/04; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.07.2002
– 10 B 669/02 -)
Die Zulassung weiterer drei Windkraftanlagen verstoße zudem gegen das in § 35 Abs. 3
Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Von den
Windkraftanlagen gehe eine bedrängende Wirkung auf sein Anwesen aus. Diese Wirkung
beruhe in erster Linie nicht auf dem Abstand der Anlagen zu seinem Wohnhaus, sondern
darin, dass nunmehr sieben Windkraftanlagen von seinem Wohnzimmer, Schlafzimmer,
Kinderzimmer und der Terrasse aus „barriereartig“ in der Hauptblickrichtung lägen. Das
habe bereits das VG Koblenz im Urteil vom 08.01.2009 – 1 K 565/08.KO – so
entschieden. Die nächtliche Beleuchtung verstärke diesen Eindruck.
entschieden. Die nächtliche Beleuchtung verstärke diesen Eindruck.
Hinzu komme die Belastung mit Infraschall (unter 16 bzw. 20 Hz), der bei
Windkraftanlagen durch Wirbelablösungen an den Rotorblattenden, Kanten, Spalten und
Verstrebungen entstehe. Diese Belastung sei bisher von den Windkraftbetreibern und
Verwaltungsbehörden stets in Abrede gestellt worden. Nunmehr liege aber eine
wissenschaftliche Studie des Instituts für Hirnforschung und angewandte Technologie vom
28.10.2005, aus der sich ergebe, dass Windkraftanlagen Infraschall erzeugten, der zu
ernormen körperlichen Belastungen bis hin zu schwersten körperlichen Erkrankungen führe.
Das Robert-Koch-Institut mahne in seiner Empfehlung aus dem Jahre 2007 einen deutlichen
Mangel an umweltmedizinisch orientierten wissenschaftlichen Studien zu tieffrequentem
Schall an, weise aber zugleich darauf hin, dass als gesicherte Krankheitssymptome
Müdigkeit am Morgen, vermehrte Schlafstörungen, Einschlafstörungen und eine subjektive
Verminderung des Konzentrationsvermögens gelten. Bei den bisher üblichen
Messmethoden werde der Schallpegel mit dem A-Bewertungsfilter gemessen, der
tieffrequente Geräusche unterschätze oder überhaupt nicht berücksichtige. Dr. W. aus …
komme im Gutachten des Instituts für angewandte Hirnforschung und angewandte
Technologie GmbH vom 28.10.2005 aufgrund der Messungen mittels eines quantitativen
EEG bei einer 56 Jahre alten Probantin u.a. zu dem Ergebnis, dass eine subliminale
Beschallung zu Änderungen hirnphysiologischer Prozesse führe, die Deltapower ansteigen
lasse und zu Konzentrationsstörungen, reduzierter mentaler Belastbarkeit, Vigilanzstörung,
Merkfähigkeitsstörung, Panik/Angst, innere Unruhe, Schwindel, Schlafstörung, labile
emotionale Lage und Störung der Exekutivfunktionen Antrieb, Planung, Ordnung und
Initiative führe. Das Robert-Koch-Institut verweise gleichfalls auf entsprechende
Belastungen durch tieffrequente Schallkomponenten insbesondere bei Risikogruppen wie
Kindern, Jugendlichen, Schwangeren, Wöchnerinnen und Kindern in der postnatalen Phase.
In der EWG-Richtlinie 89/391/EWG sei bestimmt, dass schwangere Arbeitnehmerinnen
keine Tätigkeiten verrichten sollten, die zu starker niederfrequenter Vibration führen könne,
da sich hierdurch das Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt erhöhen könne. Diese neueren
umweltmedizinischen Erkenntnisse könnte Wissenschaftler wie Bartsch in Jena, Bethke und
Remmers in Oldenburg, Griefahn in Dortmund, Leventhal in England und Schust in Berlin
bestätigen.
Jeder der genannten Gründe führe für sich allein zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen
Genehmigung. Der Antragsgegner habe bei der Anordnung des Sofortvollzugs seine – des
Antragstellers – Interessen unzureichend bewertet und die Interessen der Beigeladenen
einseitig in den Vordergrund geschoben. Seine Beeinträchtigung werde zu einer enormen
Wertminderung seines Grundstücks führen, weil Immobilien in der Nähe von
Windkraftanlagen nur schlecht, d.h. zu einem geringen Preis, bzw. gar nicht zu verkaufen
seien. Auch das führe zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Genehmigung. Das
gesetzgeberische Ziel der Erhöhung des Anteils regenerativer Energiequellen an der
Stromerzeugung stelle kein öffentliches Interesse an der Genehmigung dieser drei
Windkraftanlagen dar. Der Umstand, dass die Einspeisungsvergütung stetig sinke, sei dem
unternehmerischen Risiko der Beigeladenen zuzurechnen, nicht deren besonderen
Interesse an der vorzeitigen Zulassung. Das OVG des Saarlandes habe in den Beschlüssen
vom 28.11.1977 – II W 140/77 – und vom 15.07.1977 – II W 98/77 – (BRS 32 Nr. 173)
ebenso wie das VG Koblenz im Beschluss vom 25.11.2004 – 7 L 3227/04.KO -, das VG
Neustadt an der Weinstraße im Beschluss vom 30.11.2004 – 3 L 2542/04.NW – und das
VG Oldenburg im Beschluss vom 09.12.2002 – 5 B 3736/02 - ein besonderes Interesse
am Sofortvollzug verneint.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die
der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche
Genehmigung vom 10.09.2009 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er weist darauf hin, dass das Schallgutachten der C… Engineering GmbH vom 13.07.2009
(„Schallgutachten für drei Windenergieanlagen am Standort S…) entsprechend den
Empfehlungen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) und des
Arbeitskreises „Geräusche von Windenergieanlagen“ nach dem Alternativen Verfahren der
DIN ISO 9613-2 unter Berücksichtigung des Geländeprofils und den ungünstigsten
Schallausbreitungsbedingungen (70 % Luftfeuchte und 10°C) in Mitwindrichtung erstellt
worden sei. Die vier bereits vorhandenen Windkraftanlagen seien als Vorbelastung
berücksichtigt worden. Die Immissionsberechnung nach DIN ISO 9613-2 komme unter
Berücksichtigung der Vor- und Zusatzbelastung zu einem berechneten Ergebnis der
Gesamtbelastung, die den zulässigen Nacht-Immissionswert von 40 dB(A) einhalte. Die der
Immissionsberechnung zugrunde gelegten und im Gutachten ausdrücklich genannten
Faktoren führten dazu, dass die Unsicherheit der Prognose sehr konservativ angesetzt
worden sei und die berechneten Ergebnisse auf der „sicheren Seite“ lägen. Die Auswahl
der für die Schallimmissionsprognose relevanten Immissionsorte sei auf der Basis des nach
der TA-Lärm definierten Einwirkbereichs der geplanten Windkraftanlagen erfolgt. Als die
vom Lärm am stärksten betroffenen Anwesen seien die mit den Adressen Z…, E… und V…
straße 62 als relevante Immissionsorte ermittelt worden. Das Gutachten sei zu dem
Ergebnis gekommen, dass auch unter Berücksichtigung der Lärmvorbelastung durch die
vier bereits vorhandenen Windkraftanlagen von 36,2 dB(A) sowie einer Zusatzbelastung
durch die drei geplanten Windkraftanlagen von 30,5 dB(A) und eines Zuschlages von 2,1
dB(A) der für die Nachtzeit geltende Immissionsrichtwert von 40 dB(A) im maßgeblichen
Betriebszustand (Windgeschwindigkeit 10 m/s in 10 m Höhe bzw. 95 % der Nennleistung)
an allen Aufpunkten in H. nicht überschritten werde. Das Anwesen des Antragstellers in der
A-Straße sei von den Lärmimmissionen weniger betroffen als die vom Gutachter gewählten
Aufpunkte in H... Damit sei auszuschließen, dass die Richtwerte am Anwesen des
Antragstellers überschritten werden könnten.
Soweit der Antragsteller rüge, dass die Prognose auf der Grundlage der TA-Lärm erfolgt sei
und diese den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werde, handele es sich um
dessen unmaßgebliche persönliche Meinung. Auch der Umstand, dass die
Immissionsprognose von der Beigeladenen in Auftrag gegeben worden sei, begründe keine
Zweifel an deren Verwertbarkeit. Denn die Beigeladene sei zur Beibringung einer solchen
Immissionsprognose rechtlich verpflichtet. Der Antragsgegner verfüge zudem über den
erforderlichen Sach- und Fachverstand für die Überprüfung von Schallimmissionsprognosen.
Entgegen der Einschätzung des Antragstellers sei die Einordnung des Gebietscharakters als
Allgemeines und nicht als Reines Wohngebiet zutreffend und damit der Immissionsrichtwert
von 40 dB(A) nachts maßgeblich. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme sei nicht
verletzt. Eine optisch bedrängende Wirkung von Windkraftanlagen werde nach der
Rechtsprechung in der Regel ausgeschlossen, wenn der Abstand zwischen den Anlagen
und dem Wohnanwesen mehr als das dreifache der Gesamthöhe der Anlage betrage.
Angesichts einer Gesamthöhe der Windkraftanlagen von 150 m und einem Abstand zum
Anwesen des Antragstellers von 1.200 m spreche wenig für eine bedrängende Wirkung.
Eine nächtliche Belästigung durch die Lichter der Anlagen werde mittels Einbaus von
Dämmerungsschaltern und Sichtweitenmessgeräten und eine abgestimmte und
synchronisierte Befeuerung reduziert. Aufgrund des Abstandes träten die
Baukörperwirkung und die Rotorbewegung soweit in den Hintergrund, dass darin keine
beherrschende Wirkung mehr gesehen werden könne. Eine barriereartige Wirkung scheide
schon deshalb aus, weil die zugelassenen drei Anlagen hinter den vier vorhandenen
errichtet werden sollen; ein barriereartiger Riegel entstehe dadurch nicht. Die Problematik
„Infraschall/ tieffrequenter Schall“ werde im Lärmgutachten abgehandelt. Die vom
Antragsteller dagegen vorgebrachten Argumente seien nicht stichhaltig. Insbesondere halte
das Gutachten von Dr. W. wissenschaftlichen Kriterien nicht stand. Zudem habe das VG
des Saarlandes bereits im Urteil vom 27.08.2008 – 5 K 5/08 – dazu ausgeführt, dass es
keine gesicherten Erkenntnisse über die angeblich von Windkraftanlagen ausgehende
Infraschallgefahr gebe und die sich aus Art. 2 Abs. 2 GG ergebende staatliche Schutzpflicht
nicht gebiete, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Eine möglicherweise
eintretende Wertminderung des Anwesens des Antragstellers sei ungeeignet, die
Genehmigung für die Windkraftanlagen zu versagen.
Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft das Vorbringen des Antragsgegners und weist etwa darauf hin,
dass das Anwesen des Antragstellers in der Ortslage H. unmittelbar an den Außenbereich
grenze. Einen Bebauungsplan gebe es nicht, der Flächennutzungsplan weise für das
Grundstück eine „gemischte Baufläche“ und nicht etwa eine „Wohnbaufläche“ aus. Das
entspreche auch der Situation vor Ort. In der Ortslage H. befinde sich die Hofstelle des
Vollerwerbslandwirts Z., V…straße 63. Das spreche eher für ein Dorfgebiet, für das ein
nächtlicher Richtwert von 45 dB(A) gelte, der zwanglos eingehalten werde. Für den
Außenbereich, in dem die Anlagen errichtet werden sollten, gehe die Rechtsprechung von
einem nächtlichen Richtwert von 45 dB(A) aus. (OVG Greifswald, NVwZ 1999, 1238
(1239)) Gehe man von einer Gemengelage aus, sei nach dem Rechtsgedanken von Nr.
6.7 TA Lärm ein Mittelwert zwischen 40 und 45 dB(A) anzusetzen. Die drei genehmigten
Windenergieanlagen hätten eine Entfernung zum Wohnhaus des Antragstellers von 1.210
m, 1.645 m und 1.858 m. Die Anlage 2 sei vom Wohnhaus des Antragstellers aus nicht zu
sehen. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei formell rechtmäßig und das private Interesse
des Antragstellers nachrangig. Die Anwendbarkeit der TA Lärm als normkonkretisierende
Verwaltungsvorschrift (BVerwGE 114, 342 (344); 129, 209 (211 ff.)) für die Bestimmung
der von Windkraftanlagen ausgehenden schädlichen Umwelteinwirkungen sei von der
Rechtsprechung anerkannt. (BVerwGE 129, 209 (211 ff.); OVG des Saarlandes, Beschluss
vom 01.06.2007 -3 Q 110/06 -) Für die Ausbreitungsrechnung bei Schallimmissionen
fordere Anhang 2.3.4 TA Lärm die Angaben der Vorgaben der DIN ISO 9613-2. Dabei
handele es sich (auch) nach der Rechtsprechung um ein geeignetes Regelwerk. (OVG
Münster, Beschluss vom 22.05.2006 – 8 B 2122/05 -, juris Rdnr. 34; OVG Koblenz, BauR
2005, 1756 (1757); OVG Weimar, Beschluss vom 24.08.2007 – 1 EO 563/07 -, juris
Rdnr. 53) Diesen Vorgaben entspreche das von einem privaten Sachverständigenbüro
erstellte Schallgutachten. Das Gutachten liege auch auf der „sicheren Seite“. Ein
zusätzlicher Sicherheitszuschlag für den von vorhandenen Anlagen ausgehenden Lärm sei
nicht gerechtfertigt, wenn die Lärmimmissionen der genehmigten und vorhandenen
Anlagen – wie vorliegend - dreifach vermessen worden seien. Gleichwohl habe der
Gutachter noch Sicherheitszuschläge zwischen 2,4 und 2,21 dB(A) hinzugerechnet. Damit
liege das Gutachten auf der „sicheren Seite“ und gewähre möglicherweise sogar mehr an
Sicherheit als es die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht gebiete. (OVG des
Saarlandes, Beschluss vom 01.06.2007 – 3 Q 110/06 -, juris Rdnr. 120) Ein weiterer
Zuschlag für Ton- oder Impulshaltigkeit sei nicht geboten. Bei modernen
Windenergieanlagen entstehe nach dem heutigen Stand der Technik beim Betrieb
grundsätzlich kein – immissionswirksames – ton- oder impulshaltiges Geräusch. Die vom
Antragsteller beschriebenen zuschlagspflichtigen Geräusche ließen sich sachverständig
nicht ermitteln und stellten keine zuschlagspflichtige Geräuschkomponente dar. (OVG
Münster, NVwZ 2002, 756 Ls.; VG Ansbach, Urteil vom 21.08.2008 – 11 K 08.00390 -,
juris Rdnr. 73) Im Einzelfall doch auffällige Geräusche beträfen nicht die Zulassung der
Anlage, sondern deren Überwachung. Insoweit seit unter Nr. A.6 der Genehmigung als
Zielvorgabe für die Beigeladene bestimmt, dass der Schallleistungspegel für jede der
Windkraftanlagen 103,5 dB(A) nicht überschreiten dürfe, was grundsätzlich auch möglich
sei. Von den drei zusätzlichen Windkraftanlagen gehe keine unzumutbare
Geräuschbelästigung aus. Das Lärmgutachten prognostiziere für das Anwesen V…straße
62 in H. durch das Hinzutreten der Anlagen eine Zusatzbelastung von 30,5 dB(A). Nach Nr.
2.2 TA Lärm gehörten zum Einwirkungsbereich einer Anlage die Flächen, in denen die von
der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel erreichten, der weniger als 10
dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liege. Gehe man für
das Grundstück des Antragstellers von einem Dorfgebiet aus, für das der Richtwert bei 45
dB(A) nachts liege, werde dieser um 14,5 dB(A) unterschritten und damit befinde sich der
Antragsteller bereits nicht mehr im Einwirkungsbereich der Anlagen. Betrachte man die drei
Windkraftanlagen getrennt, betrage die Differenz zum Richtwert 17 bis 22 dB(A). Stelle
man auf den Richtwert für ein Allgemeines Wohngebiet von 40 dB(A) nachts ab, befinde
sich das Grundstück des Antragstellers zwar noch (hauchdünn) im Einwirkungsbereich aller
3 Windkraftanlagen. Nach Nr. 3.2.1 TA Lärm dürfe die Genehmigung für die zu
beurteilende Anlage selbst bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der
Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der
Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant
anzusehen sei. Das sei in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage
ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 um mindestens 6
dB(A) unterschreite. Der Immissionsrichtwert für ein Allgemeines Wohngebiet von 40 dB(A)
nachts werde durch die Zusatzbelastung von 30,5 dB(A) um 9,5 dB(A) und damit um
deutlich mehr als 6 dB(A) unterschritten. Damit sei diese Zusatzbelastung
immissionsschutzrechtlich irrelevant. Dieses Ergebnis werde durch den Vergleich der
Vorbelastung mit der genehmigten Gesamtbelastung bestätigt. So betrage die
Vorbelastung (ohne Sicherheitszuschläge) am Anwesen V…straße 62 in H. insgesamt 36,2
dB(A) und die spätere Gesamtbelastung 37,5 dB(A). Diese Differenz sei nicht
wahrnehmbar.
Soweit der Antragsteller eine Berechnung für sein Anwesen fordere, sei diese nach der TA
Lärm nicht geboten. Allerdings sei gleichwohl eine solche Berechnung im Rahmen der
Erörterung der Einwendungen im November 2008 vorgenommen worden, allerdings für die
seinerzeit noch vier geplanten Anlagen. Dabei sei eine Gesamtbelastung durch 8 Anlagen
am Wohnhaus des Antragstellers – ohne Sicherheitszuschläge – von 36,5 dB(A) berechnet
worden. Die Zusatzbelastung durch die neu hinzukommenden Anlagen habe zwischen 22,5
und 27,8 dB(A) pro Anlage gelegen. Damit liege das Anwesen weit außerhalb der
Einwirkungsbereiches der einzelnen Anlagen, die Gegenstand der Genehmigung seien.
Deshalb seien für diesen Punkt keine weiteren von einem unabhängigen Sachverständigen
überprüfte Berechnungen erforderlich. Die Behauptung des Antragstellers, die Vorbelastung
durch die vorhandenen vier Windkraftanlagen betrage nahezu 40 dB(A), treffe nicht zu.
Das von ihm vorgelegte Blatt betreffe eine von mindestens neun Messungen der D. C.
Ingenieurgesellschaft mbH im November 2005. Die Angaben unter dem Diagramm ließen
vermuten, dass hier Geräusche über einen sehr kurzen Zeitraum von 50 Sekunden
tagsüber (15:45 Uhr) aufgezeichnet worden seien. Das sei nicht repräsentativ und besage
auch nichts über die Geräuschquelle. Im Genehmigungsverfahren seien als
Schalleistungspegel für die Vorlastung 104 dB(A) – ohne Messabschläge und unter
Beachtung der Sicherheitszuschläge - angesetzt worden. Das entspreche der
Grenzwertfestlegung aus dem bestandskräftigen Genehmigungsbescheid für die
vorhandenen Anlagen. Von einer bedrängenden Wirkung könne schon deshalb keine Rede
sein, weil bei Windkraftanlagen weniger die Baumasse des Turm als vielmehr der in der
Höhe wahrzunehmenden Drehbewegung des Rotors eine entscheidende Bedeutung
zukomme. (OVG Münster, Urteil vom 09.08.2005 – 8 A 3726/05 -, juris Rdnr. 67, 73) In
der Entscheidung des VG Koblenz, (Urteil vom 08.01.2009 – 1 K 565/08 -, beck-online -,
BeckRS 2009, 34684) auf die sich der Antragsteller stütze, habe der Abstand zwischen
der Windkraftanlage und dem Wohnhaus weniger als 300 m betragen; vorliegend betrage
der Abstand mehr als 1.200 m. Aus der optischen Vorbelastung könne der Antragsteller
nichts herleiten. Eine der drei neuen Anlagen sei vom Anwesen des Antragstellers gar nicht
zu sehen und die anderen beiden fügten sich in das in das vorhandene Umfeld ein. Eine
dieser beiden werde mehr als 500 m hinter den bereits vorhandenen Anlagen errichtet und
nur eine erweitere das Panorama in die Breite. Von einer Barrierewirkung könne daher
nicht die Rede sein. Wer im Übrigen – wie der Antragsteller – am Rande zum Außenbereich
und noch dazu zu einem Vorranggebiet für Windenergie wohne, müsse grundsätzlich mit
der Errichtung von in diesem Bereich privilegierten Windkraftanlagen rechnen. (OVG
Münster, a.a.O., Rdnr. 87) Schließlich greife auch das Infraschall-Argument nicht, weil
moderne Windenergieanlagen keinen Infraschall belästigenden Ausmaßes erzeugten. (OVG
Koblenz, NUR 2003, 768 (769); OVG Münster, Urteil vom 06.08.2003 – 7a D 100/01.NE -
, juris, Rdnr. 156 ff.; Beschluss vom 22.05.2006 – 8 B 2122/05 -, juris, Rdnr. 20; VGH
München, Beschluss vom 14.09.2004 – 14 ZB 03.3251 -, juris, Rdnr. 3; OVG Lüneburg,
Urteil vom 18.05.2007 – 12 LB 8/07 -, juris, Rdnr. 72) Das vom Antragsteller vorgelegte
Gutachten sei insoweit unergiebig. Dass Infraschallimmissionen Gesundheitsgefahren
erzeugend könnten, sei unstreitig (vgl. Nr. 7.3 TA Lärm), betreffe aber nicht die vorliegend
zugelassenen Windenergieanlagen.
II.
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die der
Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 10.09.2009
wiederherzustellen, ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.
Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Hs. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft,
da der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Genehmigung angeordnet hat. Er ist in
der Sache aber erfolglos.
Der Antragsgegner hat das aus seiner Sicht bestehende besondere öffentliche Interesse an
einer sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung in einer den
formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise
ausreichend dargelegt, indem er darauf abgestellt hat, dass ein öffentliches Interesse an
der umweltverträglichen Energieversorgung und der Reduzierung des CO
2
-Ausstoßes in
die Erdatmosphäre sowie der gesetzlichen Förderung erneuerbarer Energien bestehe,
deren Nutzung zum Umweltschutz und zur nachhaltigen Entwicklung beitrage.
formalen
Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO.
Bei Vorliegen einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO entsprechenden
Begründung der Vollzugsanordnung hat das Gericht keine inhaltliche, gegebenenfalls am
Maßstab von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 114 VwGO ausgerichtete
Rechtmäßigkeitsprüfung der Vollzugsanordnung, sondern allein eine an dem Ergebnis einer
summarischen Vorausbeurteilung der Hauptsache ausgerichtete eigene
Interessenabwägung vorzunehmen.
Diese am Ergebnis einer summarischen Vorausbeurteilung der Hauptsache ausgerichtete
eigene Interessenabwägung des Gerichts geht zu Lasten des Antragstellers aus.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung
eines Widerspruchs gegen einen für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt ganz oder
teilweise anordnen. Im Rahmen der vom Gericht dabei zu treffenden Abwägung, ob das
öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung der immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung das entgegenstehende private Interesse des Antragstellers, unter
Berücksichtigung von § 80 b VwGO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über seinen
Rechtsbehelf von der Ausnutzung der Genehmigung durch die Beigeladene verschont zu
bleiben, überwiegt, sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs zu berücksichtigen. Dabei
ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs in der Regel abzulehnen,
wenn das Rechtsmittel nach dem derzeitigen Erkenntnisstand offensichtlich aussichtslos
ist; umgekehrt überwiegt bei einer offensichtlichen Erfolgsaussicht des Widerspruchs das
Aussetzungsinteresse des Antragstellers. (vgl. Kopp, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 80 Rzn. 152
ff., 158 ff.)
Die im Streit befindliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist zur Überzeugung der
Kammer offensichtlich rechtmäßig, sodass die Interessenabwägung zu Lasten des
Antragstellers ausfällt.
Im Falle der Drittanfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist diese
allein
dieses Verfahrens zu vereinbaren ist. Hierbei sind allein diejenigen Vorschriften des
öffentlichen Rechts in den Blick zu nehmen, die durch die angefochtene Genehmigung
berührt werden und gerade den Schutz des konkret um Rechtsschutz nachsuchenden
Dritten bezwecken sollen.
Für die Beurteilung der Verletzung von öffentlich-rechtlich geschützten Nachbarrechten
durch die staatliche Zulassung eines Vorhabens ist nur der Regelungsinhalt der
Genehmigungsentscheidung und nicht die davon ggf. abweichende Ausführung maßgeblich,
weil der Regelungsinhalt einer Genehmigung immer von einer (technisch) einwandfreien
Ausführung des genehmigten Vorhabens ausgeht. (OVG des Saarlandes, Beschluss vom
23.11.1999 - 2 Q 33/99 -)
Die angefochtene Genehmigung verstößt aller Voraussicht nach im Ergebnis nicht gegen
solche öffentlich-rechtliche Vorschriften, die zumindest auch den Schutz des Antragstellers
bezwecken.
Neben der Sache liegt zunächst die Berufung des Antragstellers auf § 22 Abs. 1 Nrn. 1 und
2 BImSchG. Die Bestimmung regelt die Pflichten der Betreiber nicht
genehmigungsbedürftiger Anlagen und kann deshalb begrifflich nicht eingreifen, wenn ein
Anlieger die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen
einen förmlichen Genehmigungsbescheid beantragt. Die Pflichten der Betreiber
genehmigungsbedürftiger Anlagen bestimmt § 5 BImSchG.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten
und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche
Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht
hervorgerufen werden können. Diese Vorschrift hat nachbarschützenden Charakter. Der
Antragsteller wäre deshalb in seinen Rechten verletzt, wenn die der Beigeladenen erteilte
Genehmigung die Anforderungen dieser Vorschrift im Verhältnis zum Antragsteller nicht
hinreichend beachten würde.
Insoweit macht der Antragsteller geltend, das zugelassene Vorhaben überschreite die
zulässigen Schallschutzwerte, verletze das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme und
bedrohe seine körperliche Unversehrtheit wegen der drohenden Gesundheitsgefahren
durch Infraschall, die von den Anlagen ausgehe. Diese Gründe stehen der Zulässigkeit des
Vorhabens aller Voraussicht nach nicht entgegen.
Lärm
des Antragstellers anbelangt, ist die drittschützende Norm des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BImSchG das Maß aller Dinge für den betroffenen Nachbarn. Danach sind
genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur
Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche
Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche
Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden
können.
Als möglicherweise schädliche Umwelteinwirkungen sind gemäß § 3 Abs.1 und 2 BImSchG
zunächst die von den Windenergieanlagen ausgehenden Geräusche (Lärmimmissionen) zu
verstehen. Das Ausmaß der Lärmimmissionen, das dem Antragsteller noch zuzumuten ist,
bestimmt sich nach der 6. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum
Bundesimmissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm)
vom 26.08.1998 (GMBl. S. 503). Dabei ist von folgenden Überlegungen auszugehen: Die
Genehmigung für Windenergieanlagen muss zum Schutz der Nachbarn auf einer Prognose
der Immissionsbelastungen beruhen, die „auf der sicheren Seite“ liegt. Sie hat auf den
Betriebszustand der Anlagen mit den höchsten Emissionen abzustellen. Bei sog. pitch-
gesteuerten Anlagen tritt dieser Zustand regelmäßig bei Windgeschwindigkeiten ein, bei
denen die Nennleistung erreicht wird. Der Prognose ist deshalb der mit einem
Sicherheitszuschlag (u.a. wegen möglicher „Serienstreuung“) versehene
Schallleistungspegel zugrunde zu legen, der für die Nennleistung bei einer
Referenzmessung desselben Anlagentyps ermittelt worden ist. Sodann ist in einer
Ausbreitungsrechnung nach der TA Lärm, und zwar zur Vermeidung von Prognosefehlern
tunlichst in den sog. alternativen Verfahren gemäß DIN ISO 9613-2 Abschnitt 7.3.2, zu
ermitteln, ob an den relevanten Immissionsorten der einschlägige Nachwert eingehalten
wird. Ist dies der Fall, muss die Genehmigung grundsätzlich Vorsorge treffen, dass die bei
der Prognose unterstellte Prämisse, aufgrund derer das Fehlen schädlicher
Umwelteinwirkungen angenommen werden konnte, möglichst dauerhaft eingehalten wird.
Hierzu bietet sich die Festschreibung des der Prognose zugrunde gelegten
Schallleistungspegels – d.h. des Schallleistungspegels der Referenzanlage ohne
Sicherheitszuschlag – an. Eine solche Festschreibung ist deshalb sachgerecht, weil ihre
Einhaltung am ehesten im Rahmen der Überwachung überprüfbar ist. Demgegenüber stellt
die Vorgabe, dass ein bestimmter Zielwert am maßgeblichen Immissionsort einzuhalten ist,
für sich genommen nicht hinreichend sicher, dass dort schädliche Umwelteinwirkungen
vermieden werden. (VG des Saarlandes, Beschluss vom 26.05.2006 – 1 F 16/05 – unter
Hinweis auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.01.2005 – 8 A 11488/04 -, DÖV, 2005,
615; OVG Münster, Urteil vom 18.11.2002 – 7 A 2127/00 -, NVwZ 2003, 756, sowie
Beschlüsse vom 07.01.2004 – 22 B 1288/03 -, NVwZ-RR 2004, 408, und vom
14.06.2004 – 10 B 2151/03 -, bei juris)
Auf dieser Grundlage ist das Schallgutachten von der C… Engineering GmbH vom
13.07.2009 erstellt worden und dementsprechend enthält der angegriffene
Genehmigungsbescheid die Nebenbestimmung A.6, dass jede Windkraftanlage so zu
errichten und zu betreiben ist, dass ein Schallleistungspegel von 103,5 dB(A) zuzüglich der
Unsicherheit der Typenmessung und Serienstreuung nicht überschritten wird; nach Ablauf
von jeweils drei Jahren nach Inbetriebnahme ist durch Messung der Nachweis zu führen,
dass dieser Wert nicht überschritten ist.
Die grundsätzlichen Bedenken des Antragstellers gegen die Anwendung der TA Lärm und
der DIN ISO 9613-2 sind nicht geeignet, die Rechtmäßigkeit des Genehmigungsbescheides
in Zweifel zu ziehen.
Der TA Lärm vom 29.08.1998 kommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten
Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Verständnis von § 3 Abs. 1 BImSchG
konkretisiert, als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift eine im gerichtlichen
Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu. Die TA Lärm ist auch auf
Windenergieanlagen anwendbar. Diese sind Anlagen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1
BImSchG. Sie sind im Katalog der in Nr. 1 vom Anwendungsbereich der TA Lärm
ausdrücklich ausgenommenen Anlagenarten nicht aufgeführt. In der Praxis der
Verwaltungsbehörden und der Judikatur der Verwaltungsgerichte und
Oberverwaltungsgerichte wird die generelle Eignung der Regelungen der TA Lärm für die
von Windenergieanlagen verursachten Geräuschimmissionen nicht ernsthaft in Frage
gestellt. (BVerwG, Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2.07 -, BRS 71 Nr. 103 unter Hinweis auf
den Überblick bei Ohms, Immissionsschutz bei Windkraftanlagen, DVBl. 2003, 958)
Die aus Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende staatliche Schutzpflicht gebietet nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht, alle nur denkbaren
Schutzmaßnahmen zu treffen. Deren Verletzung kann vielmehr nur festgestellt werden,
wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die
getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene
Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Eine Pflicht des Staates zur
Vorsorge gegen rein hypothetische Gefährdungen besteht nicht. Die geltenden Grenzwerte
könnten nur dann verfassungsrechtlich beanstandet werden, wenn erkennbar ist, dass sie
die menschliche Gesundheit völlig unzureichend schützen. Es ist allein eine politische
Entscheidung des Verordnungsgebers, ob er Vorsorgemaßnahmen in einer solchen
Situation der Ungewissheit sozusagen "ins Blaue hinein" ergreifen will. Dabei ist es Sache
des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln
nach allen Seiten zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weiter gehende
Schutzmaßnahmen treffen zu können. Demnach bestehen keine gewichtigen
Anhaltspunkte, dass die den Grenzwerten für Hochfrequenzanlagen zu Grunde liegende
Risikoeinschätzung des Verordnungsgebers auf Grund neuer wissenschaftlicher
Erkenntnisse überholt sein könnte. (BVerfG, Beschluss vom 28.02.2002 - 1 BvR 1676/01 -
, BauR 2002, 1222 zur Gefährdung durch Mobilfunksendeanlagen)
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist in Bezug auf das (vergleichbare)
Problem der von einer Mobilfunkanlage ausgehenden Gefahren hochfrequenter Strahlung
zu dem Ergebnis gekommen, dass es in erster Linie Aufgabe der Regierung als
Verordnungsgeber ist, den Stand der Wissenschaft auf internationaler Ebene fortlaufend zu
beobachten und das gefahrenpotential zu bewerten. Solange ein schlüssiger Nachweis
fehlt, dass die von der Regierung getroffenen Maßnahmen unzulänglich sind, sind die
Gerichte nicht verpflichtet, Beweis über mögliche Gefahren zu erheben. (EGMR,
Zulässigkeitsentscheidung vom 03.07.2007 – Nr. 32.015/02 (Hans Gaida/Deutschland),
NuR 2010, 39)
Eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens kommt im
gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren ohnehin nicht in Betracht. Denn auch wenn in dieser
Verfahrensart der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, hat in aller Regel keine umfassende
Klärung des Sachverhaltes mittels einer förmlichen Beweisaufnahme zu erfolgen. Denn
anders würde das Eilrechtsschutzverfahren zum Hauptsacheverfahren, ohne dass der in
ihm ergehenden Entscheidung eine der Hauptsacheentscheidung vergleichbare
Bindungswirkung zukommt. Das entspricht nicht dem Sinn des auf die Gewährung von
vorläufigem Rechtsschutz abzielenden Eilrechtsschutzverfahrens. (OVG des Saarlandes,
Beschluss vom 10.11.2006 – 3 W 7/06 -, S. 21)
In Bezug auf die am Wohnhaus des Antragstellers ankommenden Geräuschimmissionen
lässt die Genehmigung nach Nebenbestimmung A.1.1.1 während der Nachtzeit einen Teil-
Immissionsrichtwert von 40 dB(A) zu. Dabei handelte es sich zwar isoliert betrachtet um
den Immissionsrichtwert nach Nummer 6.1 c) der TA Lärm für allgemeine Wohngebiete
und Kleinsiedlungsgebiete. Allerdings bezeichnet der Genehmigungsbescheid diesen Wert
Teil-
Vorgehensweise macht Sinn, weil die drei zugelassenen Windkraftanlagen zu den vier
bereits vorhandenen hinzukommen sollen und deshalb nicht für die verschiedenen
Lärmquellen jeweils der höchstzulässige Lärmpegel festgesetzt werden konnte und sollte.
Im Lärmgutachten geht der Gutachter für die Immissionspunkte 2 (E… 6) und 3 (V…straße
62) auf den Seiten 22 – 24 von einer Anforderung von 45 dB(A) und damit der Sache nach
im Verständnis von Nr. 6.1 TA Lärm von einem Kern-, Dorf- oder Mischgebiet aus.
Nicht entscheidungserheblich ist die vom Antragsteller aufgestellte Behauptung, sein
Wohnhaus befinde sich nicht in einem „allgemeinen“, sondern in einem „reinen“
Wohngebiet, in dem nach Nummer 6.1 e) der TA Lärm der Immissionsrichtwert für die
Nachtzeit 35 dB(A) beträgt. Auf diese Frage kommt es von Rechts wegen nicht an, weil
(auch) derjenige, der am Rande eines reinen Wohngebietes wohnt, dort nur Immissionen
von außerhalb dieses Gebietes abwehren kann, die mit der Wohnnutzung nicht mehr
verträglich sind; maßgeblich für den Lärmschutz von Eigentümern von Grundstücken, die in
reinen Wohngebieten im Grenzbereich zum Außenbereich liegen, sind deshalb die
Richtwerte für ein allgemeines Wohngebiet. (BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 – 7 C 77.87
–, BRS 49 Nr. 203; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 19.08.2002 – 2 W 5/02 -, NVwZ-
RR 2003, 260; Nds. OVG, Beschluss vom 20.01.2004 – 1 LA 309/02 -, RdL 2004, 309;
Hess. VGH, Beschluss vom 30.10.2009 – 6 B 2668/09 -, RdL 2010, 7)
Allerdings gehen der Antragsgegner, die Beigeladene und das Schallgutachten davon aus,
dass sich das Anwesen des Antragstellers in einem Dorfgebiet befinde, für das nachts der
Richtwert von 45 dB(A) gilt, bzw. in einer Gemengelage, die sich unter keines der
Baugebiete der Baunutzungsverordnung einordnen lasse und für die nach dem
Rechtsgedanken der Nr. 6.7 TA Lärm ein Mittelwert zwischen 40 und 45 dB(A) anzusetzen
sei. Denn in der unmittelbaren Nähe des Grundstücks des Antragstellers befinde sich in der
V...straße 63 (mehr oder weniger auf der gegenüberliegenden Straßenseite) die Hofstelle
des Vollerwerbslandwirts Z. Diese sei in einem Wohngebiet nicht zulässig und qualifiziere
die nähere Umgebung zu einem Dorfgebiet, zumindest aber zu einem Gebiet eigener
Prägung.
Die Bestimmung des Gebietscharakters ist insofern vorliegend bedeutsam, als nach Nr. 2.2
TA Einwirkungsbereich einer Anlage die Flächen sind, in denen die von der Anlage
ausgehenden Geräusche entweder einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als
10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt oder
Geräuschspitzen verursachen, die den für deren Beurteilung maßgebenden
Immissionsrichtwert erreichen.
Wenn das Anwesen des Antragstellers bei Anlegung dieser Grundsätze bereits nicht im
Einwirkungsbereich der drei vom Antragsgegner zugelassenen Windkraftanlagen läge, wäre
eine Verletzung von § 5 Abs. 1 BImSchG durch von den Anlagen ausgehenden
Geräuschimmissionen von vornher ausgeschlossen. Insoweit geht das Schallgutachten (auf
den Seiten 22 - 24) davon aus, dass der maßgebliche Immissionsrichtwert für nachts 45
dB(A) beträgt, die Vorbelastung durch 4 WEA am IP 2 (E... 6) 35,3 dB(A), am IP 3 (V…
straße 62) 36,2 dB(A) und die Zusatzbelastung durch die 3 WEA am IP 2 insgesamt 31,1
dB(A) und am IP 3 insgesamt 30,5 dB(A) beträgt. Wäre mit dem Gutachten und der
Einschätzung der Beigeladenen davon auszugehen, dass der Immissionsrichtwert 45 dB(A)
und die Zusatzbelastung 30,5 dB(A) beträgt, läge das Anwesen des Antragstellers bereits
nicht im Einwirkungsbereich der drei zugelassenen Windkraftanlagen. Ob dem so ist oder
aber nach dem Vorstehenden von einem Immissionsrichtwert von 40 dB(A) auszugehen ist
und sich das Anwesen des Antragstellers damit im Einwirkungsbereich der zugelassenen
Anlagen befindet, bedarf aus Anlass dieses Verfahrens keiner Entscheidung. Sofern es
darauf ankommen sollte, wofür derzeit wenig spricht, könnte das ohnehin nur im Rahmen
einer Ortseinsicht aufgeklärt werden, für die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes
grundsätzlich kein Raum ist. (dazu OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 26.1.2007 – 2 W
27/06 – betreffend eine im Nachbarstreit begehrte Durchführung einer
Tatsachenermittlung durch Ortseinsicht im Rahmen eines Aussetzungsverfahrens, und
vom 29.3.2007 – 2 B 7/07 –, betreffend eine Baueinstellung, allgemein ständige
Rechtsprechung)
Der Antragsgegner hat seine Entscheidung tragend auf die Regelung der Nummer 3.2.1 TA
Lärm gestützt. Danach ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch
Geräusche (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) vorbehaltlich der Regelungen in den Absätzen 2 bis
5 sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die
Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 nicht überschreitet. Die Absätze 2 bis 5 bestimmen,
wann ein Genehmigungsanspruch auch bei Überschreiten der Richtwerte besteht. Das ist
nach Absatz 2 Satz 2 der Fall, wenn – bei Überschreitung der Immissionsrichtwerte - die
von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte
um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. In diesem Fall ist nach Absatz 5 nicht einmal eine
Bestimmung der Vorbelastung erforderlich.
Nach dem der Genehmigung zugrunde liegenden Schallgutachten überschreitet die
Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nummer
6 nicht. Danach beträgt die gerechnete Gesamtbelastung durch alle 7 Windkraftanlagen
ohne Zu- und Abschläge am IP 2 (E... 6) 36,7 dB(A), am IP 3 (V...straße 62) 37,3 dB(A).
Zu diesen Werten hat das Gutachten jeweils einen „Zuschlag im Sinne des oberen
Vertrauensbereichs (90 %)“ von jeweils 2,1 dB(A) hinzurechnet, sodass sich eine obere
Vertrauensbereichsgrenze von 38,8 dB(A) am IP 2 und von 39,4 dB(A) am IP 3 ergibt.
Diese Werte liegen unterhalb der für den Antragsteller nach den vorstehenden
Ausführungen maximal erreichbaren Grenze von 40 dB(A).
Nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch
bei einer Überschreitung der Immissionswerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des
Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte
Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Das
ist in der Regel der Fall, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende
Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nummer 6 am maßgeblichen
Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet.
Das Schallgutachten vom 13.07.2009 kommt auf Seite 14 zu dem Ergebnis, dass die
Zusatzbelastung durch die drei Windenergieanlagen am IP 2 (E... 6) 31,1 dB(A) und am IP
3 (V...straße 62) 30,5 dB(A) beträgt. Danach liegt die Zusatzbelastung 13,9 bzw. 14,5
dB(A) unterhalb des nächtlichen Immissionsrichtwertes für ein Dorfgebiet und 8,9 bzw. 9,5
dB(A) unterhalb des nächtlichen Immissionsrichtwertes für ein Allgemeines Wohngebiet.
Damit hätte die Genehmigung für die zu beurteilende – aus den drei Windenergieanlagen
bestehende - Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionswerte aufgrund der
Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden dürfen, was zugleich
bedeutet, dass der Nachbar insoweit keinen Abwehranspruch gegen die
Zulassungsgenehmigung hätte.
Die grundsätzlichen Bedenken des Antragstellers gegen die Anwendbarkeit dieser Regelung
in der TA Lärm teilt die Kammer nicht. Sie teilt ferner nicht die Einwände des Antragstellers
gegen die Berechnung der Beurteilungspegel und Zusatzbelastungen ohne den Ansatz von
Zuschlägen für Ton- und Informationshaltigkeit bzw. Impulshaltigkeit. Nach Nummer A (=
Anhang).2.5.2 TA Lärm ist für die Teilzeiten, in denen in den zu beurteilenden
Geräuschimmissionen ein oder mehrere Töne hervortreten oder in denen das Geräusch
informationshaltig ist, für den Zuschlag K
T
je nach Auffälligkeit der Wert 3 oder 6 dB
anzusetzen. Nach Nummer A.2.5.3 TA Lärm ist für die Teilzeiten, in denen das zu
beurteilende Geräusch Impulse enthält, für den Zuschlag K
I
je nach Störwirkung der Wert
3 oder 6 dB anzusetzen. Für beide Zuschläge K
T
und K
I
gilt jeweils, dass sie 0 dB
betragen, wenn die Geräusche der Anlagen nicht ton- oder informationshaltig sind bzw.
keine Impulse enthalten. Falls Erfahrungswerte von vergleichbaren Anlagen und
Anlagenteilen vorliegen, ist von diesen auszugehen.
Vorliegend geht das Schallgutachten (auf Seite 13) aufgrund von drei vorliegenden
unabhängigen schalltechnischen Vermessungen sowohl der vier vorhandenen
Windkraftanlagen vom Typ Vestas/NEG Micob NM 82 als auch der drei streitigen vom Typ
Vestas V 90 davon aus, dass diese Anlagen keine ton-, informations- und impulshaltigen
Geräusche produzieren. Damit ist für die Schallprognose nach A.2.5.2 und A.2.5.3, jeweils
Absatz 3 TA Lärm davon auszugehen, dass keine derartigen Zuschläge erforderlich sind.
Damit liegt die Lärmprognose für die drei Windkraftanlagen im Rechtssinne „auf der
sicheren Seite“.
Die grundsätzlichen Bedenken des Antragstellers gegen das Lärmgutachten führen nicht
zum Erfolg. In diesem Zusammenhang ergibt sich zwar aus den dem Gericht vorliegenden
Unterlagen nicht, dass der Lärmgutachter eine gemäß § 26 BImSchG benannte Stelle ist,
bei der von der erforderlichen Sachkunde für die Erstellung von Lärmimmissionsprognosen
stets ausgegangen werden kann. Allerdings hatte der Antragsgegner von der Beigeladenen
mit Schreiben vom 08.04.2008 u.a. eine Lärmprognose nach DIN ISO 9613-2 Abschnitt
7.3.2 - alternatives Verfahren – einer nach § 26 BImSchG bekanntgegebenen Messstelle
mit Aussagen auch zum Infraschall angefordert. Gegen die Objektivität und Unabhängigkeit
einer solchen Stelle kann nicht eingewandt werden, dass der Auftrag zur Anfertigung der
Stellungnahme vom Anlagenbetreiber kommt. Zum einen ist es grundsätzlich Sache des
Anlagenbetreibers, die Genehmigungsunterlagen vorzulegen. Zum anderen ist die Vorlage
von im Betreiberauftrag erstellten Immissionsprognosen und -messungen dem
Regelsystem des BImSchG immanent, das etwa neben der behördlichen (§ 52 BImSchG)
auch die sogenannten betreibereigene Überwachung von Anlagen (vgl. etwa §§ 26 bis 29
BImSchG) vorsieht. Dem Erfordernis der Objektivität von im Auftrag von Anlagenbetreibern
durchgeführten Messungen und Begutachtungen wird unter anderem dadurch Rechnung
getragen, dass die von der Anlage ausgehenden Emissionen sowie von Immissionen im
Einwirkungsbereich der Anlage durch eine von der nach Landesrecht zuständigen Behörde
bekannt gegebenen Stelle zu ermitteln sind. Zu den Voraussetzungen für eine solche
„Bekanntgabe“ gehören nicht nur Anforderungen an die Fachkunde und das Personal der
betreffenden Stelle, sondern auch die Zuverlässigkeit des Leiters und der Bediensteten
sowie ihre Unabhängigkeit. (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 10.11.2006 – 3 W 5/06 -
, S. 18)
Allerdings ist die Rechtmäßigkeit der streitigen Genehmigung unter dem Gesichtspunkt des
Lärmschutzes noch nicht mit der Feststellung erledigt, dass das Prognosegutachten keinen
rechtlichen Bedenken begegnet. Denn nach Nebenbestimmung A.2 ist spätestens zwölf
Monate nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen durch Messungen einer nach § 26
BImSchG bekanntgegebenen Messstelle der Nachweis zu führen, dass die zuvor genannten
Teil-Immissionspegel bezogen auf die schalltechnisch ungünstigste Betriebsart an den
genannten Aufpunkten eingehalten werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2.07 – ausgeführt,
dass die im Rahmen einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung auf das betreffende
Gebäude einwirkenden Lärmimmissionen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch
Messung
Genehmigungsverfahren zuzurechnen und nicht als Teil der den Behörden aufgegebenen
Überwachung anzusehen sei. (Deshalb könne in diesem Rahmen der in Nr. 6.9 der TA
Lärm vorgesehene „Messabschlag bei Überwachungsmessungen“ von 3 dB(A) nicht
berücksichtigt werden.) Für die Nachbarklage gegen eine immissionsschutzrechtliche
Genehmigung kann nichts anderes gelten.
Das bedeutet vorliegend allerdings gleichwohl nicht, dass sich die Genehmigung als
rechtswidrig erweist, wenn sich im Rahmen der Messung herausstellen sollte, dass die
Prognose unzutreffend gewesen sein sollte. Denn auch für diesen Fall trifft die
Genehmigung Vorsorge. Sie bestimmt in Nebenbestimmung A.3, dass die
Windkraftanlagen in dem Falle während der Nachtzeit nicht mehr betrieben werden dürfen,
bis der Nachweis geführt ist, dass die festgelegten Teil-Immissionsrichtwerte eingehalten
sind.
Damit wird dem Antragsteller zwar in der Tat möglicherweise zugemutet, ein Jahr einen
höheren Lärmpegel hinzunehmen, als ihn die Genehmigung vorschreibt. Allerdings ist ihm
diese hypothetische Möglichkeit von Rechts wegen zuzumuten. Denn selbst wenn sich die
nähere Umgebung des Anwesens des Antragstellers nicht als Dorfgebiet, sondern als
Wohngebiet erweisen sollte und er damit den nächtlichen Immissionsrichtwert von 40
dB(A) beanspruchen könnte, wäre ihm jedenfalls vorübergehend zuzumuten den für Kern-,
Dorf- und Mischgebiete geltenden Beurteilungspegel von 45 dB(A) hinzunehmen. Denn
auch in diesen Gebieten ist Wohnnutzung nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und § 6 Abs. 1 und
Abs. 2 Nr. 1 BauNVO regelmäßig zulässig. Es ist von daher davon auszugehen, dass die für
derartige Gebiete maßgeblichen Lärmrichtwerte der TA Lärm in Bezug auf die
Lärmeinwirkungen ein Wohnen unter zumutbaren Bedingungen sicherstellen. (OVG des
Saarlandes, Beschluss vom 10.06.2006 – 3 W 7/06 -, S. 24/25 des amtl. Umdrucks)
Zu berücksichtigen ist ferner, dass Nr. 2.3 der TA Lärm für die Ermittlung der
Beurteilungspegel bei bebauten Flächen maßgeblich auf den Immissionsort 0,5 m
außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten
betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109, Ausgabe 1989, abstellt, das Ziel
des Lärmschutzes aber grundsätzlich darin besteht, in den Gebäuden eine ungestörte
Kommunikation am Tage und ein ungestörtes Schlafen in der Nacht zu ermöglichen. Nach
dem Stand der Lärmforschung muss zur ungestörten Kommunikation ein
Innengeräuschpegel von 45 dB(A) gewährleistet sein. Ein Innengeräuschpegel von 30 dB(A)
bis 35 dB(A) – gemessen am Ohr des Schläfers – liegt im schlafgünstigen Bereich eines
durchschnittlich Lärmempfindlichen (Ticken einer leisen Uhr: 30 dB(A)). (Fickert/Fieseler,
BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 15 Rdnrn. 15.2, 18.3, 18.4, 19.1 und 19.3) Die Pegeldifferenz
zwischen Innen- und Außengeräusch beträgt bei geöffnetem Fenster bis 10 dB(A), bei
spaltbreit geöffnetem (auf Kipp gestelltem) Fenster bis 15 dB(A) und bei geschlossenem
Einfachfenster ca. 20 bis 25 dB(A). (Fickert/Fieseler, a.a.O., Rdnrn. 15.1 und 19.3) Vor
diesem Hintergrund weist nichts darauf hin, dass ein Beurteilungspegel von 45 dB(A) die
Grenze des von Anwohnern vorübergehend Hinnehmbaren überschreitet. (OVG des
Saarlandes, Beschluss vom 10.11.2006 – 3 W 7/06 -, S. 25)
Dass die durch die mit der angegriffenen Genehmigung vom 10.09.2009 zugelassenen
drei Windenergieanlagen – auch unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch die
vorhandenen vier Anlagen - diesen Beurteilungspegel merklich übersteigen, erscheint
vorliegend fernliegend. Selbst wenn man mit dem Vorbringen des Antragstellers von einem
Beurteilungspegel der vorhandenen vier Anlagen von 39,8 dB(A) ausginge, führte das
Hinzutreten der drei weiteren Anlagen nicht zu einer Überschreitung des Pegels von 45
dB(A). Wenn zwei Schallquellen mit gleichem Charakter und Lautstärke addiert werden,
erhöht sich der Mittelungspegel (nur) um 3 dB(A). Das gilt etwa beim Verkehrsaufkommen
gleichermaßen bei der Zunahme von 15 auf 30 Kraftfahrzeuge wie von 15.000 auf 30.000
Kraftfahrzeuge. Eine solche Pegeldifferenz von 3 dB(A) ist vom menschlichen Ohr gerade
wahrnehmbar. (Fickert/Fieseler, a.a.O., Rdnr. 15.1) Vor diesem Hintergrund ist die geringe
Zusatzbelastung durch die drei zugelassenen Anlagen verständlich. Zudem befinden sich
diese drei zugelassenen Windenergieanlagen deutlich hinter den vier vorhandenen, weshalb
das Gutachten auch nur zu einer Zusatzbelastung von 30,5 dB(A) am IP 3 gekommen ist.
Damit lässt die von den zugelassenen drei Windkraftanlagen ausgehende Lärmbelastung
keine Verletzung öffentlich-rechtlich geschützter Rechte des Antragstellers in den
Vordergrund treten.
Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes vermag die Kammer derzeit nicht (mit der
erforderlichen Gewissheit) festzustellen.
Das Rücksichtnahmegebot ist keine allgemeine Härteklausel, die über den speziellen
Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht,
sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts. (vgl. BVerwG, Urteil
vom 07.12.2000 - 4 C 3.00 -, NVwZ 2001, 813 = BRS 63 Nr. 160)
Bauplanungsrechtlich beurteilt sich die Zulässigkeit eines Vorhabens und damit auch die
Abwehrmöglichkeit des Nachbarn nicht nach den für das Nachbargrundstück, sondern –
wie sonst auch – nach den für das Vorhabengrundstück geltenden Rechtsnormen.
(BVerwG, Urteil vom 28.10. 1993 - 4 C 5.93 -, BRS 55 Nr. 168 = NVwZ 1994, 686) Da
sich das Vorhabengrundstück nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans
(§ 30 BauGB) und auch nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34
BauGB), sondern im Außenbereich befindet, beurteilt sich die bauplanungsrechtliche
Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen nach § 35 BauGB und ist dort nach § 35 Abs.
1 Nr. 6 BauGB privilegiert zulässig. Das Gebot der Rücksichtnahme ist bei Vorhaben im
Außenbereich in § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB verankert, der lautet: „Eine Beeinträchtigung
öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche
Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird.“
Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewähren.
Die dabei vorzunehmende Abwägung hat sich daran zu orientieren, was dem
Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage
der Dinge zuzumuten ist. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des
Rücksichtnahmebegünstigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je
verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso
weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen.
Berechtigte Belange muss er nicht zurückstellen, um gleichwertige fremde Belange zu
schonen. Der begünstigte Dritte muss es hinnehmen, dass Beeinträchtigungen, die von
einem legal genutzten vorhandenen Bestand ausgehen, bei der Interessenabwägung als
Vorbelastung berücksichtigt werden, die seine Schutzwürdigkeit mindern kann. (BVerwG,
Urteil vom 14.01.1993 -4 C 19.90-, BRS 55 Nr. 175 m.w.N.)
Immissionen, die das nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulässige Maß nicht überschreiten,
begründen auch unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots keine
Abwehr- oder Schutzansprüche. (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 74.78 -,
BVerwGE 68, 58 = BRS 40 Nr. 206)
Vorliegend ist – entgegen der Einschätzung des Antragstellers - nicht erkennbar, dass das
Vorhaben der Beigeladenen für sein Anwesen schlechthin unzumutbare Auswirkungen
haben wird. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Vorhaben der
Beigeladenen am konkreten Standort privilegiert zulässig ist und das Anwesen des
Antragstellers aufgrund seiner Randlage zum Außenbereich mit den dort zulässigen
Nutzungen vorbelastet ist, zu denen die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen
gehört.
Was die sich aus der Verwirklichung einer bestimmten Baumasse ergebende räumliche
Wirkung eines Baukörpers auf die Nachbargrundstücke angeht, so ist Nachbarschutz auf
der Grundlage des Rücksichtnahmegebotes zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, wenn
die landesrechtlichen Abstandsflächen eingehalten sind. Allerdings ist das
Rücksichtnahmegebot im Regelfall aus tatsächlichen Gründen nicht verletzt, wenn die
Abstandsvorschriften eingehalten sind. (BVerwG, Beschluss vom 11.1.1999 - 4 B 128.98
–, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 159 = NVwZ 1999, 879 = DVBl 1999, 786 = DÖV
1999, 558 = BauR 1999, 615 mit weiteren Nachweise; vgl. zum Verhältnis des
Rücksichtnahmegebotes zu den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften auch:
Mampel, Drittschutz durch das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme - Aus
dem Irrgarten in den Ziergarten -, DVBl. 2000, 1830)
Auf dieser Grundlage ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes abwegig. Die Tiefe
der Abstandsfläche beträgt bei Windenergieanlagen nach § 7 Abs. 5 Satz 1 LBO
grundsätzlich 0,4 des Maßes H und kann – wie vorliegend - auf der Grundlage von § 7 Abs.
5 Satz 3 LBO bei Windkraftanlagen in nicht bebauten Gebieten auf (bis zu) 0,25 H
reduziert werden. Das Maß H wiederum bestimmt sich bei Windenergieanlagen nach § 7
Abs. 7 Satz 3 LBO. Danach ist H die Höhe, die sich bei Anlagen mit Horizontalachse aus der
Höhe der Rotorachse über der geometrischen Mitte des Mastes zuzüglich des Rotorradius
errichtet. Die Abstandsfläche ist ein Kreis um den geometrischen Mittelpunkt des Mastes.
Vorliegend beträgt das Maß H 105 m Nabenhöhe zuzüglich 45 m Rotorradius = 150,0 m.
Ausgehend von einer Tiefe der Abstandsfläche von 0,4 H beträgt diese 60 m, während der
Abstand der nächstgelegenen Anlage zum Wohnhaus des Antragstellers von mehr als
1.200 m und damit mehr als das 20fache der erforderlichen Abstandsfläche ausmacht.
Für die Frage, ob eine Windenergieanlage im Einzelfall optisch bedrängend wirkt, sind
allerdings andere Kriterien als bei Gebäuden maßgebend: (Middeke, Windenergieanlagen in
der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, DVBl. 2008, 292 (297 ff.)) Die
Baukörperwirkung einer Windenergieanlage unterscheidet sich von derjenigen klassischer
Bauwerke, die durch ihre Baukörpermasse eine erdrückende Wirkung auf die Umgebung
ausüben können. Eine Windenergieanlage wirkt weniger durch die Baumasse als vielmehr
durch ihre Höhe und die Rotorbewegung. Der in der Höhe wahrzunehmenden
Drehbewegung des Rotors kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. Zum einen
lenkt der Rotor durch die Bewegung den Blick auf sich und schafft eine Art
„Unruheelement“, weil ein bewegtes Objekt die Aufmerksamkeit in höherem Maße erregt
als ein statisches; eine Bewegung wird selbst dann noch registriert, wenn sie sich nicht
direkt in der Blickrichtung des Betroffenen, sondern seitwärts von dieser befindet. Eine nur
durch Phasen relativer Windstille unterbrochene ständige, nach Windstärke in der
Umdrehungsgeschwindigkeit differenzierende Bewegung im Blickfeld oder am Rande des
Blickfeldes kann schon nach kurzer Zeit, erst recht auf Dauer unerträglich werden. Ein sich
bewegendes Objekt zieht den Blick nahezu zwangsläufig auf sich. Es kann Irritationen
hervorrufen und die Konzentration auf andere Tätigkeiten wegen der steten, kaum
vermeidbaren Ablenkung erschweren. (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.08.1997 –
7 A 629/95 -, NWVBl. 1998, 115) Zum anderen vergrößert die Drehbewegung des Rotors
die optischen Dimensionen einer Windenergieanlage deutlich und bestimmt sie.
Gebäudegleiche Abmessungen hat somit allein die Fläche, die der Rotor bestreicht. Die
optischen Auswirkungen einer Windkraftanlage sind um so erheblicher, je größer die Anlage
ist und je höher der Rotor angebracht ist. Die Einzelfallabwägung, ob eine solche Anlage
bedrängend auf die Umgebung wirkt, hat sich daher in einem ersten Schritt an der Höhe
der Anlage zu orientieren. Ferner ist bei der Einzelfallbewertung auf den Rotordurchmesser
abzustellen. Die bloße Möglichkeit, die Windenergieanlage vom Wohnhaus des Nachbarn
wahrzunehmen, reicht für eine Beeinträchtigung nicht aus. Denn das Gebot der
Rücksichtnahme vermittelt dem Nachbarn keinen Anspruch auf eine von technischen
Bauwerken freie Aussicht. (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.01.2007 – 8 A
2042/06 -, nicht veröffentlicht) Für die Würdigung im Einzelfall hat die Rechtsprechung
grobe Anhaltswerte entwickelt: (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.08.2006 – 8 A
3726/05 -, DVBl. 2006, 1532 = BauR 2007, 74; nachgehend: BVerwG, Beschluss vom
11.12.2006 – 4 B 72.06 -, NVwZ 2007 = BauR 2007, 674; OVG Nordrhein-Westfalen,
Beschluss vom 22.03.2007 – 8 B 2283/06 -, RdL 2007, 156; Beschluss vom 25.07.2007
– 8 B 259/07 -, nicht veröffentlicht; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ 2005, 1208,
wonach bei Einhaltung des nach der Raumordnung empfohlenen Abstands von 500 m
keine erdrückende Wirkung anzunehmen ist.)
a. Beträgt der Abstand zwischen einem Wohnhaus und einer
Windkraftanlage mindestens das dreifache der Gesamthöhe
(Nabenhöhe + ½ Rotordurchmesser) der geplanten Anlage, dürfte
die Einzelfallprüfung überwiegend zu dem Ergebnis kommen, dass
von dieser Anlage keine optisch bedrängende Wirkung zu Lasten der
Wohnnutzung ausgeht. Bei einem solchen Abstand treten die
Baukörperwirkung und die Rotorbewegung der Anlage so weit in den
Hintergrund, dass ihr in der Regel keine beherrschende Dominanz
und keine optisch bedrängende Wirkung gegenüber der
Wohnbebauung zukommt.
b. Ist der Abstand geringer als das Zweifache der Gesamthöhe der
Anlage, dürfte die Einzelfallprüfung zu einer dominanten und optisch
bedrängenden Wirkung der Anlage kommen. Ein Wohnhaus wird bei
einem solchen Abstand in der Regel optisch von der Anlage
überlagert und vereinnahmt. Auch tritt die Anlage in einem solchen
Fall durch den verkürzten Abstand und den damit vergrößerten
Betrachtungswinkel derart unausweichlich in das Sichtfeld, dass die
Wohnnutzung überwiegend in unzumutbarer Weise beeinträchtigt
wird.
c. Beträgt der Abstand zwischen dem Wohnhaus und der
Windkraftanlage aber das Zwei- bis Dreifache der Gesamthöhe der
Anlage, bedarf es regelmäßig einer besonders intensiven Prüfung des
Einzelfalls.
Vorliegend beträgt der Abstand des Wohnhauses des Antragstellers zur nächstgelegenen
Windenergieanlage mehr als 1.200 m und damit mehr als das Achtfache der Gesamthöhe
der einzelnen Windenergieanlagen. Damit erübrigen sich weitere Ausführungen zur
Rücksichtslosigkeit des genehmigten Vorhabens im Verhältnis zum Antragsteller.
Auch der Einwand des Antragstellers gegen die immissionsschutzrechtliche Zulassung der
drei Windenergieanlagen, diese erzeugten eine erhebliche Infraschallgefahr, greift nicht
durch. Angesichts der Entfernung des Grundstücks des Antragstellers zur nächstgelegenen
Anlage von mehr als 1.200 m kommt eine Gefährdung insoweit nicht ernsthaft in Betracht.
Von Rechts wegen kann sich der Antragsteller insoweit nur auf eine drohende Verletzung
von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche
Unversehrtheit.“) berufen.
Die aus Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitende staatliche Schutzpflicht gebietet allerdings
nicht, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Deren Verletzung kann vielmehr
nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht
getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich
sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Eine
Pflicht des Staates zur Vorsorge gegen rein hypothetische Gefährdungen besteht nicht. Die
geltenden Grenzwerte könnten nur dann verfassungsrechtlich beanstandet werden, wenn
erkennbar ist, dass sie die menschliche Gesundheit völlig unzureichend schützen. Es ist
allein eine politische Entscheidung des Verordnungsgebers, ob er Vorsorgemaßnahmen in
einer solchen Situation der Ungewissheit sozusagen "ins Blaue hinein" ergreifen will. Dabei
ist es Sache des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit
geeigneten Mitteln nach allen Seiten zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls
weiter gehende Schutzmaßnahmen treffen zu können. Demnach bestehen keine
gewichtigen Anhaltspunkte, dass die den Grenzwerten für Hochfrequenzanlagen zu Grunde
liegende Risikoeinschätzung des Verordnungsgebers auf Grund neuer wissenschaftlicher
Erkenntnisse überholt sein könnte. (BVerfG, Beschluss vom 28.02.2002 - 1 BvR 1676/01 -
, BauR 2002, 1222 zur Gefährdung durch Mobilfunksendeanlagen)
Infraschallgefahr
aufgrund der rechtlichen Anforderungen an eine mögliche Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz
1 GG schon vom Ansatz her ungeeignet, der Zulässigkeit der genehmigten Anlagen
entgegenzustehen. Der Verordnungsgeber hat zur Beurteilung von
Gesundheitsgefährdungen durch technische Anlagen die TA Lärm und die TA Luft erlassen,
bei denen es sich um auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende
normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften handelt. Daran gemessen sind die
zugelassenen drei Windkraftanlagen unbedenklich.
Soweit sich der Antragsteller auf das Gutachten von Dr. W. vom 28.10.2005 stützt, führt
auch das nicht zum Erfolg. In diesem Zusammenhang fällt bereits auf, dass Dr. W. sein
Gutachten mit dem Datum vom 28.10.2005 versehen hat, dieses aber auf einem am
10.11.2005 bei einer Probantin durchgeführten quantitativen EEG beruhen soll. Dass es
sich dabei nicht um wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse handelt, bedarf keiner
weiteren Ausführungen. Zudem hat die Beigeladene zutreffend darauf hingewiesen, dass
der Einfluss von Infraschall auf die menschliche Gesundheit unbestritten sei und mit Nr. 7.3
in der TA-Lärm seine Regelung gefunden habe. Dort heißt es:
7.3 Berücksichtigung tieffrequenter Geräusche
Für Geräusche, die vorherrschende Energieanteile im Frequenzbereich unter 90
Hz besitzen (tieffrequente Geräusche), ist die Frage, ob von ihnen schädliche
Umwelteinwirkungen ausgehen, im Einzelfall nach den örtlichen Verhältnissen zu
beurteilen. Schädliche Umwelteinwirkungen können insbesondere auftreten,
wenn bei deutlich wahrnehmbaren tieffrequenten Geräuschen in
schutzbedürftigen Räumen bei geschlossenen Fenstern die nach Nummer A.1.5
des Anhangs ermittelte Differenz L
Ceq
-L
Aeq
den Wert 20 dB überschreitet.
Hinweise zur Ermittlung und Bewertung tieffrequenter Geräusche enthält
Nummer A.1.5 des Anhangs.
Wenn unter Berücksichtigung von Nummer A.1.5 des Anhangs schädliche
Umwelteinwirkungen durch tieffrequente Geräusche zu erwarten sind, so sind
geeignete Minderungsmaßnahmen zu prüfen. Ihre Durchführung soll ausgesetzt
werden, wenn nach Inbetriebnahme der Anlage auch ohne die Realisierung der
Minderungsmaßnahmen keine tieffrequenten Geräusche auftreten.
Im Lärmschutzgutachten heißt es auf Seite 12, dass der Körperschall an den
Immissionsorten mehr als 20 dB unter der Wahrnehmungsschwelle liege. Damit erübrigen
sich weitergehende Ausführungen. Die Rechtsprechung geht im Übrigen übereinstimmend
davon aus, dass moderne Windenergieanlagen Infraschall in einem – im Rechtssinne -
belästigenden Ausmaß nicht erzeugen. (vgl. etwa Urteil der Kammer vom 27.08.2008 – 5
K 5/08 – unter Hinweis u.a. auf OVG Münster vom 22.05.2006 – 8 B 2122/05 –, juris
Rdnr. 20; OVG Lüneburg vom 18.05.2007 – 12 LB 8/07 -, juris Rdnr. 72)
Diese Umstände lassen eine Rücksichtslosigkeit des Betriebes des Beigeladenen im
Verhältnis zum Grundstück des Antragstellers wenig wahrscheinlich erscheinen.
Sollte das Grundstück des Antragstellers durch das Vorhaben der Beigeladenen an Wert
verlieren, ist das vorliegend nicht zu berücksichtigen. Einen allgemeinen Schutz dagegen,
dass durch Vorgänge, die auf einem anderen Grundstück stattfinden und etwa die
bisherige Aussicht in die freie Landschaft durch einen Neubau beseitigt wird, der Wert des
eigenen Grundstücks sinkt, kennt die Rechtsordnung nicht. (BVerfG, Beschluss vom
24.01.2007 – 1 BvR 382/05 -, BRS 71 Nr. 74; vom 26.06.2002 – 1 BvR 558/91 -,
BVerfGE 105, 252 (277); BVerwG, Beschluss vom 17.02.1981 - 4 B 13.81 -, BRS 38 Nr.
183)
Damit ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen
die Genehmigung nach § 80 Abs. 5 VwGO unbegründet und mit der Kostenfolge aus § 154
Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
Der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO entspricht es, die außergerichtlichen Kosten
der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen Antrag gestellt und damit
selbst ein Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2
GKG. Nach Ziffern 19.2 und 2.2.1 und 2.2.2 des Streitwertkataloges für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit beträgt der Streitwert im Falle der Klage eines drittbetroffenen
Privaten gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung wegen
Eigentumsbeeinträchtigung den Betrag der Wertminderung des Grundstücks, höchstens
50 % des geschätzten Verkehrswertes und wegen sonstiger Beeinträchtigungen (ggf.
zusätzlich zum Betrag der Eigentumsbeeinträchtigung) grundsätzlich 15.000 EUR. Auf
dieser Grundlage hat die Kammer das Interesse eines Nachbarn, der sich gegen eine
Genehmigung für drei Windkraftanlagen gewandt hat, hauptsache- und
grundstücksbezogen mit 15.000,- EUR. Bewertet. (Urteil vom 27.08.2008 – 5 K 5/08 -)
Dieser Betrag ist nach Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges bei Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes zu halbieren.