Urteil des VG Saarlouis vom 01.07.2009
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VG Saarlouis Beschluß vom 1.7.2009, 10 L 461/09
Straßenrechtliche Sondernutzungen in Form von Terrassenwirtschaften
Leitsätze
Schließt eine Kommune durch Satzung straßenrechtliche Sondernutzungen in Form von
Terrassenwirtschaften bei Verwendung von Einweggeschirr und Verpackungsmaterial zur
Vermeidung von Verschmutzungen des Straßenbelags grundsätzlich aus, erweist sich diese
Regelung -wie hier- als gleichheitswidrig und damit unbeachtlich, wenn damit ohne
nachvollziehbaren Grund nur an einem Platz innerhalb einer als einheitliches Ganzes
erscheinenden Fußgängerzone ein entsprechendes Verbot gilt und in benachbarten Teilen
der Fußgängerzone Terrassenwirtschaften von Schnellrestaurants, die Einweggeschirr und
Einwegbesteck nutzen, behördlich zugelassen worden sind.
Trifft die Satzung darüberhinaus räumliche Beschränkungen für die Zulässigkeit von
Terrassenwirtschaften und dient dies dem Schutz der in der Gestaltung des Platzes
festgehaltenen historischen Gegebenheiten, so ist eine geringfügige Ausdehnung der zur
Verfügung stehenden Fläche für entsprechende Außenbewirtschaftungen jedenfalls
vorübergehend hinzunehmen, wenn die Weitläufigkeit des Platzes sowie dessen konkrete
Gestaltung entsprechende Beeinträchtigungen nicht befürchten lassen (hier bejaht).
Tenor
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, der Antragstellerin vorläufig – bis zu einer
Entscheidung über deren Widerspruch, längstens jedoch bis zum 31.10.2009 – im Wege
der Sondernutzungserlaubnis zu gestatten, am K. M. in C-Stadt, im unmittelbaren Bereich
der vor dem dort ansässigen Ladenlokal der Antragstellerin befindlichen Baumgruppe
(vorzugsweise in östlicher Richtung unmittelbar an diese anschließend) maximal sechs
Tische mit Stühlen zum Betreiben einer Terrassenwirtschaft aufzustellen, und zwar unter
der Bedingung, dass durch die Antragstellerin mit eigenem Personal sicherzustellen ist,
dass im Bereich ihrer Terrassenwirtschaft zurückgelassenes Einweggeschirr und
Verpackungsmaterialien sowie sonstige Utensilien, wie etwa Servietten, regelmäßig
beseitigt werden.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerin zu einem ¾- und die Antragstellerin
zu einem ¼-Anteil.
Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Der zur Entscheidung gestellte Antrag, der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen
Anordnung aufzugeben, "der Antragstellerin eine Sondernutzungserlaubnis zur Aufstellung
von Tischen und Stühlen vor dem Ladenlokal 'B. K.' in C-Stadt, Kleiner Markt, auf einer
Teilfläche der vor der Galerie befindlichen Baumgruppe zu erteilen", bedarf der Auslegung,
nachdem die Antragsgegnerin, wie dem ortskundigen Gericht bekannt, auf der
betreffenden Fläche offenkundig die Terrassenwirtschaft eines anderen Bewerbers (E.)
genehmigt hat und weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Antragstellerin
hiergegen Rechtsbehelfe ergriffen hat. Bei verständiger Würdigung des Antragsvorbringens
(§ 88 VwGO analog) ist indes davon auszugehen, dass die Antragstellerin in der
vorliegenden Situation alternativ eine vorläufige Regelung anstrebt, nach der es ihr erlaubt
wird, jedenfalls in räumlicher Nähe zu ihrem Lokal bzw. im Bereich der unmittelbar davor
befindlichen Baumgruppe eine Terrassenwirtschaft betreiben zu dürfen. Dies lässt sich der
im vorliegenden Verfahren gegebenen Antragsbegründung entnehmen, wonach es die
Antragstellerin noch akzeptieren kann, dass ein Aufstellen von Tischen und Stühlen direkt
vor ihrem Restaurant nicht erlaubt wird, sie aber nicht einsieht, weshalb dies "innerhalb
bzw. um die Baumgruppe herum ... nicht (mehr) möglich sein sollte". Diese Auslegung des
Antragsvorbringens ist auch vom Gegenstand des Hauptsacheverfahrens (hier:
Widerspruchsverfahren) noch umfasst, da die Antragstellerin im Verwaltungsverfahren in
erster Linie die Erlaubnis beantragt hat, sechs Tische mit entsprechender Anzahl an
Stühlen (wie schon im Jahre 2008) unmittelbar vor ihrem Ladenlokal aufstellen zu dürfen,
und auch ihr hilfsweiser Antrag, alternativ lediglich eine Teilfläche unter der Baumgruppe
vor dem Restaurant hierfür in Anspruch nehmen zu wollen, belegt, dass sie bestrebt war,
die Formulierung ihres Begehrens den straßenrechtlichen Vorgaben der Antragsgegnerin
anzupassen, es ihr aber letztlich erkennbar darum geht, in erreichbarer Nähe zu ihrem
Ladenlokal eine Terrassenwirtschaft betreiben zu dürfen.
Vgl. dazu allgemein: Finkelnburg/Dombert/Külpmann,
Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren,
5. Aufl. 2008, S. 94 f., Rdnrn. 227 ff., wonach
ausnahmsweise, wenn erhebliche oder irreversible
Rechtsverletzungen drohen, die einstweilige Anordnung
sogar über den Entscheidungsrahmen des
Hauptsacheverfahrens hinausreichen darf
Der so verstandene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1
VwGO ist zulässig und hat nach Maßgabe des Tenors in der Sache teilweise Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht durch einstweilige Anordnung den
vorläufigen Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis regeln, wenn dies zur
Vermeidung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus
sonstigen Gründen nötig erscheint. Vorausgesetzt wird hierfür gemäß § 123 Abs. 3 VwGO
i.V.m. § 920 ZPO, dass der jeweilige Antragsteller sowohl einen Anspruch, der durch die
begehrte Anordnung vorläufig gesichert werden soll (Anordnungsanspruch), als auch
Gründe glaubhaft macht, die eine gerichtliche Eilentscheidung erforderlich machen
(Anordnungsgrund).
Vorliegend ist ein Anordnungsgrund offenkundig gegeben, denn die Antragstellerin begehrt
eine straßenrechtliche Sondernutzung zum Betreiben einer Terrassenwirtschaft für die
Sommerzeit, das heißt für den Zeitraum von nunmehr (noch) Juli bis Ende Oktober 2009,
so dass eine Entscheidung in der Hauptsache (hier: im Widerspruchsverfahren) zu spät
käme und daher der Antragstellerin ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung
voraussichtlich ein beträchtlicher, nicht mehr gut zu machender wirtschaftlicher Schaden
entstünde. Aus diesem Grunde hält es die Kammer angesichts der hier einschlägigen
rechtlichen Gewährleistungen des Art. 12 Abs. 1 GG für ausnahmsweise gerechtfertigt,
mit der getroffenen Regelung die Hauptsacheentscheidung vorweg zu nehmen, zumal ein
hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.
Vgl. Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 15. Aufl.
2007, § 123 Rdnr. 13 ff. sowie den Beschluss des OVG
des Saarlandes vom 7.11.1996, 9 W 29/96, ZfS 1997,
117, zitiert nach juris
Bei nur möglicher summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage gelangt die
Kammer insoweit zu dem Ergebnis, dass der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch mit
Blick auf die von ihr begehrte Sondernutzungserlaubnis - wenn auch unter den
einschränkenden Maßgaben des Tenors - zusteht. Rechtsgrundlage des Anspruchs ist § 18
Abs. 1 Satz 1 Saarländisches Straßengesetz – SStrG - i.V.m. der Satzung der
Antragsgegnerin über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen
Verkehrsflächen in der C. sowie deren diesbezüglichen, gemäß Art. 3 Abs. 1 GG bindenden
Verwaltungspraxis.
Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 SStrG bedarf die Benutzung der Straßen über den
Gemeingebrauch hinaus bzw. die Sondernutzung an Straßen der Erlaubnis der
Straßenbaubehörde. Zuständig für die Erteilung einer solchen Erlaubnis ist bei
Gemeindestraßen, zu denen auch die für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Plätze (vgl.
§ 2 Abs. 1 SStrG) gehören, die jeweilige Gemeinde (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 SStrG). Die
genannten gesetzlichen Regelungen sind hier einschlägig, denn die Antragstellerin begehrt
eine straßenrechtliche Erlaubnis für die Sondernutzung an dem als Fußgängerzone
gewidmeten Platz "Kleiner Markt" in der Innenstadt der Antragsgegnerin.
Die Voraussetzungen, unter denen eine Sondernutzungserlaubnis erteilt wird, sind im
Gesetz nicht geregelt. Allgemein gilt, dass der Zweck der Erlaubnispflicht für
Sondernutzungen in dem öffentlich-rechtlichen Bedürfnis zu sehen ist, zeitlich und örtlich
gegenläufige Interessen verschiedener Straßenbenutzer auszugleichen. Dementsprechend
ist bei der Entscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis eine Abwägung
vorzunehmen zwischen den Interessen desjenigen, der die in Rede stehende
Sondernutzung ausüben will und den möglicherweise entgegenstehenden
straßenrechtlichen Gesichtspunkten. Dabei besteht ein Anspruch auf Erlaubniserteilung nur
dann, wenn das sich aus § 18 Abs. 1 SStrG ergebende diesbezügliche Ermessen der
Straßenbaubehörde auf die Erteilung der beantragten Erlaubnis als einzig rechtmäßige
Entscheidung reduziert ist, mithin jede andere Entscheidung als die Erteilung der begehrten
Sondernutzungserlaubnis rechtswidrig wäre.
So die Kammer in ihrem Beschluss vom 16.4.2009, 10 L
248/09, mit weiteren Nachweisen
Das der Straßenbaubehörde eröffnete Ermessen ist dabei nicht völlig frei, sondern hat sich
an Gründen zu orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße aufweisen. Zu diesen
Gründen zählen anerkanntermaßen insbesondere die Sicherheit und Leichtigkeit des
Verkehrs, die Erhaltung eines einwandfreien Straßenzustandes, der Ausgleich zeitlich und
örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger (etwa
Schutz vor Abgasen, Lärm oder sonstigen Störungen) sowie Belange des Straßen- und
Stadtbildes.
Vgl. dazu etwa Stuchlik, Straßenrechtliche
Sondernutzungen, in GewArchiv 2004, 143 (vgl. auch bei
juris)
Insbesondere bei der Entscheidung über Sondernutzungserlaubnisse im Bereich von
Fußgängerzonen - wie hier - darf die Straßenbaubehörde bei der Ausübung ihres
Ermessens auch städtebauliche sowie spezifische baugestalterische Belange einbeziehen,
sofern diese einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Die Berücksichtigung solcher
Belange bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für gewerbliche Betätigungen in
einem Fußgängerbereich setzt allerdings ein konkretes Gestaltungskonzept der Gemeinde
voraus, wobei deren diesbezügliche straßenrechtliche Gestaltungsfreiheit im Willkürverbot
ihre Grenze findet. So ist die jeweilige Gemeinde oder Stadt nicht etwa darauf beschränkt,
umgebungsbezogene (verunstaltende) Beeinträchtigungen eines vorhandenen Straßenbilds
durch gewerbliche Sondernutzungen abzuwehren. Vielmehr darf sie das Erscheinungsbild
eines Fußgängerbereichs selbst gestalten, indem sie festlegt, welche gewerblichen
Sondernutzungen prägend sein sollen und welche nicht. Auf diese Weise kann sie etwa ein
bestimmtes Erscheinungsbild einer Straße oder eines Platzes schützen. Belange, die - wie
der Schutz des Ortsbilds als Ganzes - unmittelbar keine sachliche Beziehung zu dem
jeweiligen Straßengrund haben, können indes die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis
grundsätzlich nicht rechtfertigen. Vielmehr müssen die zu schützenden Belange im
konkreten Straßenbild der Straße oder des Platzes, wo die Sondernutzung ausgeübt
werden soll, einen fassbaren Niederschlag gefunden haben. Dabei dürfen an die
Konkretisierung der Gestaltungsvorstellungen keine zu hohen Anforderungen gestellt
werden. Abgrenzungsprobleme im Einzelfall sind bei Umsetzung des Konzepts im Rahmen
der Ermessensausübung an Hand der festgelegten Grundsätze unter Beachtung der
gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere des Gleichbehandlungsgebots nach
Art. 3 Abs. 1 GG, zu lösen.
So überzeugend der VGH Mannheim in seinen Urteilen
vom 9.12.1999, 5 S 2051/98, NVwZ-RR 2000, 837, und
vom 1.8.1996, 5 S 3300/95, ZfS 1997, 199 = NVwZ-RR
1997, 677, jeweils zitiert nach juris
Vorliegend verfügt die Antragsgegnerin über ein Konzept zur Erteilung von
Sondernutzungserlaubnissen im Bereich ihrer innerstädtischen Fußgängerzone
"Französische Straße" sowie "Kleiner Markt" aufgrund ihrer Satzung über Erlaubnisse und
Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Verkehrsflächen in der C. vom 8.5.2008 -
nachfolgend: Satzung -, wobei § 3 a der Satzung betreffend die "Sonderregelung Kleiner
Markt" mit Nachtrag vom 26.3.2009 eingefügt und am 1.4.2009 bekannt gemacht wurde.
Insoweit fällt zunächst auf, dass die für die Ablehnung des Antrages der Antragstellerin
maßgebliche Vorschrift des § 3 a Satzung erst einen Tag nach der Zustellung des
Ablehnungsbescheides am 31.3.2009 bekannt gegeben und damit gültig geworden ist.
Dadurch dürfte die Antragsgegnerin indes nicht gehindert (gewesen) sein, ihr
straßenrechtliches Ermessen - wie geschehen - bereits entsprechend der Regelung in § 3 a
Satzung auszuüben.
Letztlich kann dies dahinstehen, denn die diesbezügliche, ermessenslenkende Bestimmung
der Satzung erweist sich jedenfalls bei überschlägiger Prüfung im vorliegenden Verfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes – ebenso wie die daran orientierte konkrete Ausübung
des Ermessens - als offenkundig gleichheitswidrig.
Die von der Antragsgegnerin angewandten Regelungen lauten:
"(1) Eine gastronomische Sondernutzung in Form einer
Terrassenwirtschaft darf nur im Bereich der 4 Baumgruppen erlaubt
werden.
(2) Zur Vermeidung von Verschmutzungen des Straßenbelages
durch Einweggeschirr und Verpackungsmaterialien (ausgenommen
sind kleine Portionsverpackungen z. B. für Milch und Zucker) und der
damit einhergehenden negativen Beeinträchtigung des Stadtbildes
wird eine Sondernutzungserlaubnis nur dann erteilt, wenn der
Betreiber Gewähr dafür bietet, dass die Verwendung von
Einweggeschirr, Einwegbesteck sowie die Verwendung von
Produktumverpackungen auf öffentlicher Verkehrsfläche
ausgeschlossen ist, die Ausgabe von Speisen und Getränken in
Mehrweggeschirr erfolgt und eine Bedienung an den Tischen
sichergestellt ist."
Betrachtet man diese Regelungen, weist § 3 a Abs. 2 Satzung zwar einen
straßenrechtlichen Bezug auf, weil es der Antragsgegnerin erkennbar um die Vermeidung
von Verschmutzungen des Straßenbelages und der damit einhergehenden negativen
Beeinträchtigung des Stadtbildes durch den Inhaber einer Sondernutzungserlaubnis bzw.
dessen Terrassenwirtschaft geht.
Vgl. dazu das Urteil des OVG Lüneburg vom 24.8.1993, 4
L 170/92, ZfS 1994, 152 = NVwZ-RR 1994, 553, zitiert
nach juris, zur fehlenden Rechtfertigung einer
entsprechenden Auflage aus dem Gesichtspunkt der
generellen Müllvermeidung
Die Bestimmung erscheint aber bereits unverhältnismäßig, denn sie verbietet eine
bestimmte Form der Sondernutzung von vorneherein, ohne dass eine Vereinbarkeit mit
den gegenläufigen straßenrechtlichen Interessen – z. B. durch entsprechende Auflagen zu
einer Erlaubnis - ausgeschlossen erscheint. Damit widerspricht die Regelung im Übrigen
auch dem in § 18 Abs. 1 SStrG normierten gesetzlichen Konzept des präventiven Verbots
mit Erlaubnisvorbehalt.
Vgl. dazu Stuchlik, a.a.O., S. 6, zitiert nach juris-Ausdruck,
zur vergleichbaren Regelung im StrWG NRW
Darüber hinaus verstößt die Vorschrift gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3
Abs. 1 GG), welcher verletzt ist, wenn ohne hinreichend gewichtigen bzw. vernünftigen
Grund im Wesentlichen gleiche Sachverhalte rechtlich unterschiedlich behandelt werden.
Insoweit ist mit Blick auf § 3 a Abs. 2 Satzung der Antragsgegnerin festzustellen, dass sich
eine entsprechende Bestimmung in keiner anderen Einzelvorschrift der Satzung finden
lässt, insbesondere die Sonderregelungen für die Fußgängerzone "Französische Straße",
welche sehr detailliert sind, Vergleichbares nicht vorsehen. Diese Ungleichbehandlung
leuchtet nicht ein, weil es sich gerichtsbekannt bei der Französischen Straße sowie dem
Kleinen Markt, in welchen die Französische Straße nahtlos übergeht, um eine dem Nutzer
des Fußgängerbereichs in der Innenstadt von C-Stadt - bei Betrachtung aus der Sicht eines
objektiven Dritten - als einheitliches Ganzes erscheinende Fußgängerzone handelt und das
Regelungsziel der Vermeidung von Verschmutzungen des Straßenbelages und der damit
einhergehenden negativen Beeinträchtigung des Stadtbildes für diese Fußgängerzone
insgesamt Geltung verlangt. Mit anderen Worten steht bei der in § 3 a Abs. 2 Satzung
getroffenen Regelungen kein besonderes gestalterisches Konzept (vgl. oben) für den
Kleinen Markt, sondern ein allgemeiner straßenrechtlicher Belang (Reinhaltung des
Straßenbelages) in Rede, so dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb lediglich am Kleinen
Markt die Notwendigkeit bestehen soll, diesen allgemeinen Belang zu schützen bzw. dafür
Vorkehrungen zu treffen. Entsprechend der in ihrer Satzung angelegten
Ungleichbehandlung differenziert die Antragsgegnerin auch in ihrer Verwaltungspraxis. So
ist gerichtsbekannt, dass in der Französischen Straße ein italienisches Schnellrestaurant (T.
s.) mit Terrassenwirtschaft ansässig ist und dort zumindest Einweggeschirr und
Einwegbesteck zum Einsatz kommen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin zutreffend
darauf hingewiesen, dass sich in der Sonnenstraße, welche als Seitenstraße zur
Französischen Straße ebenfalls zur Fußgängerzone gehört (vgl. § 3 Nr. 1 Satz 1 Satzung),
ein weiteres, ähnlich wie die Antragstellerin arbeitendes Schnellrestaurant (S.) mit
Terrassenwirtschaft befindet.
Erweist sich somit § 3 a Abs. 2 Satzung als gleichheitswidrig bzw. rechtswidrig - und daher
unbeachtlich - hat die Antragsgegnerin ihr ausdrücklich in Einklang damit betätigtes
Ermessen ebenso gleichheitswidrig und damit fehlerhaft ausgeübt. Gleichzeitig lässt sich
angesichts dessen ein im Wege der einstweiligen Anordnung sicherbarer Anspruch der
Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis auf der Grundlage des § 18
Abs. 1 Satz 1 SStrG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und der festgestellten, die übrigen Teile der
Fußgängerzone (ausschließlich Kleiner Markt) betreffende Verwaltungspraxis der
Antragsgegnerin herleiten, denn diese ist bei Unbeachtlichkeit des § 3 a Abs. 2 Satzung
maßgebend.
Dieser Beurteilung der Sach- und Rechtslage stehen die weiteren, im Bescheid der
Antragsgegnerin vom 30.3.2009 genannten Ablehnungsgründe nicht bzw. jedenfalls nicht
in einer die vorliegende einstweilige Regelung hindernden Weise entgegen. So trägt bereits
der Eilantrag dem Umstand Rechnung, dass es die Antragsgegnerin mit Bezug auf § 3 a
Abs. 1 Satzung, wonach im Bereich des Kleinen Marktes eine Terrassenwirtschaft nur auf
den Flächen der dort befindlichen vier Baumgruppen zugelassen werden kann, abgelehnt
hatte, der Antragstellerin das Aufstellen von Tischen und Stühlen unmittelbar vor ihrem
Ladenlokal zu gestatten.
Des Weiteren ist, nachdem die alternativ als Aufstellplatz für die Tische und Stühle avisierte
Teilfläche im Bereich der vor der "Galerie Kleiner Markt" befindlichen Baumgruppe nach
Zulassung der Terrassenwirtschaft eines Mitbewerbers (E.) nicht mehr zur Verfügung steht
(vgl. oben), durch die im Tenor getroffene Anordnung eine Regelung geschaffen worden,
die - nicht zuletzt wegen ihres vorübergehenden Charakters - einen Konflikt mit der
Bestimmung des § 3a Abs. 1 Satzung der Klägerin hinreichend vermeidet. Danach wird die
der Antragstellerin für ihre Terrassenwirtschaft zuzuweisende Fläche zwar außerhalb, aber
unmittelbar neben der betreffenden Baumgruppe liegen, so dass der Schutz der hier
betroffenen straßenrechtlichen Belange noch gewahrt ist. Die Antragsgegnerin hat insoweit
in ihrem angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Regelung des § 3 a Abs. 1 der
Satzung dazu diene, "die gestalterischen Qualität, insbesondere die in der Gestaltung des
Kleinen Marktes festgehaltenen historischen Gegebenheiten, die freie Zugänglichkeit zu den
Geschäften sowie die Nutzung der vorhandenen Kommunikationsflächen für die
Allgemeinheit zu gewährleisten". Diesen Belangen ist mit Blick auf die vorgesehene
Positionierung der Terrassenwirtschaft der Antragstellerin sowie des Umstandes, dass
lediglich maximal sechs Tische mit Stühlen aufgestellt werden dürfen, angesichts der
Weitläufigkeit des Kleinen Marktes hinreichend Rechnung getragen.
Bedenkenswert erscheint allein noch der Aspekt des Schutzes der in der Gestaltung des
Kleinen Marktes festgehaltenen historischen Gegebenheiten. Insoweit erscheint es wegen
der bereits erwähnten Größe des Platzes ausgeschlossen, dass eine zusätzliche,
vorübergehend am Rande der betreffenden Fläche angesiedelte Terrassenwirtschaft den
gestalterischen Gesamteindruck der dortigen Anlage überhaupt wesentlich mindert.
Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass durch diese zusätzliche
Terrassenwirtschaft die historischen Grundzüge der in diesem Bereich ehemals
vorhandenen Festungsbauwerke, wie sie vor allem "in einer farblich herausgehobenen
Pflasterung" sichtbar gemacht worden sind, in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden.
Dies um so mehr, als zur konzeptionellen Gestaltung des Kleinen Marktes auch gehört,
dass dieser u. a. durch großzügige Gastronomiebereiche und Sitzmöglichkeiten "zu einem
Eldorado für Familien mit Kindern" gestaltet werden sollte.
Vgl. den Artikel "Baubeginn am Kleinen Markt - ein Signal
des Aufbruchs für C-Stadt" vom 23.3.2006 unter
www.s....de/aktuelles/7950.php
Angesichts dessen hält die Kammer die im Tenor angeordnete geringfügige Ausdehnung
der zur Verfügung stehenden Fläche für Terrassenwirtschaften angesichts der offenkundig
gleichheitswidrigen Benachteiligung der Antragstellerin (vgl. oben) für jedenfalls
vorübergehend hinnehmbar.
Soweit die Antragsgegnerin für die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis schließlich
darauf abgestellt hat, dass die Antragstellerin in der Vergangenheit, als dieser im Jahre
2008 eine entsprechende Sondernutzungserlaubnis für die Monate August bzw.
September bis Oktober 2008 erteilt worden war, als Verursacherin von herum liegenden
Abfällen festgestellt worden sei, misst die Kammer diesem Umstand für die vorliegende
Entscheidung keine grundsätzlich anspruchsschädliche Bedeutung bei. Dafür ist zum einen
maßgebend, dass dieser von der Antragsgegnerin nicht belegte Sachverhalt zwischen den
Beteiligten streitig ist und die Argumentation der Antragstellerin nicht von der Hand zu
weisen ist, wonach sie nicht dafür verantwortlich zu machen sei, wenn sich ihre Kunden –
übrigens unabhängig vom Betrieb einer Terrassenwirtschaft - nach Kauf ihres Essens
irgendwo auf dem Kleinen Markt zum Verzehr ihrer Mahlzeit niederlassen und dabei
anfallenden Müll bisweilen an Ort und Stelle zurücklassen würden. Zum anderen ist die
Kammer der Auffassung, dass dem durchaus berechtigten Interesse der Antragsgegnerin
an der Reinhaltung der Fußgängerzone durch die im Tenor aufgenommene Bedingung
Rechnung getragen wird. Dabei erscheint ihr der in diesem Zusammenhang vorgesehene
Einsatz des Personals der Antragstellerin zur Sicherstellung der Reinhaltung als
angemessen, zumal die Antragstellerin eine entsprechende Maßnahme selbst angeboten
hat.
Hinsichtlich der genauen Positionierung der aufzustellenden Tische und Stühle vermag die
Kammer noch ein Restermessen der Antragsgegnerin zu erkennen, was durch die insoweit
offene Formulierung des Tenors deutlich gemacht werden soll. Der diesbezügliche
Klammerzusatz weist nur auf eine sich aufdrängende Lösungsmöglichkeit hin, wobei die
Zuweisung der Fläche, die unmittelbar an die Baumgruppe in östlicher Richtung anschließt,
den Vorteil böte, dass es für die Antragstellerin wegen des dann von ihrem Ladenlokal aus
bestehenden Blickkontakts leichter wäre, ihrer Verpflichtung zur Reinhaltung der
Terrassenwirtschaft nachzukommen.
Im Übrigen ist bei Erlass der einstweiligen Anordnung zu berücksichtigen, dass eine
Sondernutzungserlaubnis regelmäßig nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf
(vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 SStrG), was hier die angeordnete Befristung rechtfertigt. Dabei ist
zu betonen, dass die vorliegende Anordnung standortbezogenen kein Präjudiz für eine
nachfolgende Freiluftsaison darstellt. Insoweit ist sie allein der Situation geschuldet, dass
der regulär vorgesehene Standplatz unter der Baumgruppe vor dem Ladenlokal der
Antragstellerin für die diesjährige Saison bereits vollständig anderweitig vergeben ist.
Hat der Antrag somit teilweise Erfolg, hält die Kammer mit Blick auf den Umfang des
Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten die im Tenor vorgenommene Verteilung der
Kostenlast für gerechtfertigt. (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei
der Auffangwert von 5.000,-- Euro wegen der begehrten Vorwegnahme der Hauptsache
ungeschmälert zu Grunde gelegt wird.