Urteil des VG Saarlouis vom 28.03.2006
VG Saarlouis: einstweilige verfügung, einberufung, tagesordnung, arbeitskampf, angemessene frist, versammlung, zusammenarbeit, gewerkschaft, dringlichkeit, absicht
VG Saarlouis Beschluß vom 28.3.2006, 9 F 1/06.PVL
Eilentscheidung durch den Vorsitzenden der Personalvertretungskammer - Anspruch auf
Unterlassung einer Personalversammlung wegen Verstoßes gegen die vertrauensvolle
Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat
Leitsätze
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 113 Abs. 1, lt.c) und
Absatz 2 SPersVG i.V.m. § 85 Abs. 2 ArbGG und § 935, 940 ZPO, kann ungeachtet der
Bestimmung des § 85 Abs. 2 ArbGG alleine durch den Vorsitzenden der
Personalvertretungskammer ergehen, wenn die Heranziehung der zur Mitwirkung
berufenen ehrenamltichen Richter der Kammer im Hinblick auf das vorliegende Eilbedürfnis
zu einer unvertretbaren Verzögerung führen würde. Wegen der besonderen Dringlichkeit
kann die Entscheidung auch ohne vorherige mündliche Verhandlung (§ 937 Abs. 2 ZPO)
ergehen.
Die Dienststelle ist befugt, auf die konsenskonforme Durchführung der vom Personalrat
anberaumten Personalversammlung hinzuwirken, etwa wenn mit der
Personalversammlung das Gebot der betrieblichen Friedenspflicht nach § 69 Abs.2
SPersVG verletzt wird.
2. Die Dienststelle hat einen durch einstweilige Verfügung zu hier in Anspruch auf
Unterlassung einer außerordentlichen Personalversammlung, wenn der Personalrat mit der
Einberufung gegen die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Dienststelle
und Personalrat sowie insbesondere gegen das Gebot zur Nichteinmischung in einen
laufenden Arbeitskampf verstößt.
3. Die Anberaumung einer außerordentlichen Personalversammlung während eines
andauernden rechtmäßigen Arbeitskampfes von 6 Uhr bis 16 Uhr eines Arbeitstages mit
einer vier Tagesordnungspunkte umfassenden, allgemein gefassten und nahezu
unsubstantiierten Tagesordnung verstößt der Personalrat gegen die ihn obliegende
Neutralitätspflicht.
Tenor
Dem Beteiligten zu 2. wird untersagt, eine außerordentliche Personalversammlung für die
Beschäftigten des Verwaltungs- und Technischen Personals der Beteiligten zu 1. am
Donnerstag, dem 30.03.2006, in der Zeit von 06.00 Uhr bis 16.00 Uhr durchzuführen.
Gründe
I. Die Beschäftigten des Verwaltungs- und Technischen Personals der Beteiligten zu 1.
befinden sich – nach Angaben der Beteiligten zu 1. seit 20.02.2006 – im derzeit
andauernden, rechtmäßigen Arbeitskampf.
Auf seiner außerordentlichen Sitzung am 23.03.2006 beschloss der Beteiligte zu 2. unter
Tagesordnungspunkt 1 einstimmig, am 30.03.2006 eine außerordentliche
Personalversammlung durchzuführen, legte den Beginn auf 6.00 Uhr und das Ende auf
voraussichtlich 16.00 Uhr fest. Die Einladung zur außerordentlichen Personalversammlung,
die der Beteiligten zu 1. am 23.03.2006 um 13.45 Uhr zuging, enthält folgende
Tagesordnung:
„1. Eröffnung und Annahme der Tagesordnung
2. Berichte
3. Ansprache des Vertreters der Gewerkschaft VER.Di
4. Verschiedenes“.
Die Zeit der Veranstaltung ist mit „Donnerstag, dem 30.03.2006 – 6.00 bis 16.00 Uhr
angegeben.
Mit am 24.03.2006 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz beruft sich die Beteiligte zu 1.
darauf, dass die Einberufung der gemäß § 48 Abs. 2 SPersVG einberufenen
Personalversammlung aus verschiedenen Gründen unrechtmäßig sei.
So habe der Beteiligte zu 2. kein Protokoll des Beschlusses über die Einberufung der
Personalversammlung vorgelegt. Nach ihrer Kenntnis sei es zweifelhaft, dass die
Beschlussfähigkeit gemäß § 36 Abs. 2 SPersVG des Beteiligten zu 1. vorgelegen habe, da
viele Personalratsmitglieder zurzeit nicht anwesend seien. Weiter wird bezweifelt, dass die
formalen Anforderungen an das Zustandekommen eines Personalratsbeschlusses gegeben
seien. Laut § 33 Abs. 2 SPersVG müsse der Vorsitzende die Sitzung mindestens drei Tage
im Voraus einberufen und unter Nennung der Tagesordnung dazu einladen. Ein Fall der
Eilbedürftigkeit des Beschlusses über die Einberufung der Personalversammlung, der einen
Verzicht auf die genannte Frist ermögliche, liege nicht vor. Somit sei der Beschluss über die
Einberufung der Personalversammlung nicht rechtmäßig zustande gekommen.
Deren Einberufung zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Großteil des Verwaltungs- und
Technischen Personals regelmäßig noch nicht am Arbeitsplatz weile, sei zudem
rechtsmissbräuchlich. Dies werde noch durch die Einberufung über einen Zeitraum von
zehn Stunden verstärkt. Es sei allgemein anerkannt, dass der Personalrat bei der
Einberufung einer Personalversammlung nur die für die Behandlung der anstehenden
Themen erforderliche Zeit in Anspruch nehmen dürfe. Bei einer angestrebten
Versammlungsdauer von zehn Stunden sei ein angemessenes Verhältnis zwischen
behandelten Inhalten und erforderlichem Zeitraum, insbesondere im Hinblick auf die kurze
Tagesordnung, nicht gegeben. Im Hinblick auf die angegebene Dauer der
Personalversammlung sei zudem nicht zu erwarten, dass sich die Ansprache des
Vertreters der Gewerkschaft VER.DI im Rahmen der rechtlich insoweit vorgegebenen
Schranken halten könne.
Im Übrigen dienten der Versammlungstermin und die angestrebte Versammlungsdauer
einzig dem Zweck, den sich im Streik befindlichen Bediensteten der Beteiligten zu 1. die
Möglichkeit zu geben, „die sozialversicherungsrechtlichen Folgen des Streiks gemäß § 192
Abs. 1 Nr. 1 SGB V / § 49 Abs. 2 SGB XI, die in einem Verlust von Rentenansprüchen“
bestünden, zu vermeiden. Dies stelle unter Berücksichtigung des Paritätsprinzips des
Arbeitskampfrechts einen schweren Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Beteiligten zu
2. gemäß § 69 Abs. 2 S. 2 SPersVG dar. Dieser trete mit der Einberufung der
Personalversammlung aktiv auf Seiten der Gewerkschaft in den Arbeitskampf ein. Die
personalvertretungsrechtliche Funktion einer Personalversammlung werde insoweit
zweckentfremdet.
Die Eilbedürftigkeit des Antrags auf vorläufigen Rechtschutz ergebe sich aus dem
drohenden Zeitablauf, da die Personalversammlung bereits am bevorstehenden
Donnerstag stattfinden solle. Das Abwarten einer Entscheidung in einem
Hauptsacheverfahren werde die Folgen für die Beteiligte zu 1. im derzeitigen Arbeitskampf
nicht mehr beseitigen können. Außerdem wäre die Beteiligte zu 1. verpflichtet, den sich im
Ausstand befindlichen Bediensteten über den erforderlichen Zeitraum hinaus Vergütungen
zu zahlen. Ein später gewährter Rechtschutz wäre somit wirkungslos.
Die Beteiligte zu 1. beantragt,
„durch Beschluss dem Antragsgegner zu untersagen, eine außerordentliche
Personalversammlung für die Beschäftigten des Verwaltungs- und am Donnerstag, dem
30.03.2006 in der Zeit zwischen 6.00 – 16.00 Uhr durchzuführen“.
Der Beteiligte zu 2. beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er tritt dem Begehren der Beteiligten zu 1. unter Hinweis darauf entgegen, dass er mit der
Festlegung der Sitzungszeit von 06.00 Uhr bis 16.00 Uhr die Absicht verfolge, möglichst
alle Beschäftigte, die zu seinem Vertretungsbereich gehörten, zu erreichen. Die
diesbezüglich von der Beteiligten zu 1. unterstellte Absicht treffe nicht zu, zumal
keineswegs zu erwarten sei, dass die Beschäftigten während der gesamten Dauer der
Personalversammlung anwesend sein würden. Eine Verletzung der Neutralitätspflicht sei
von daher nicht gegeben.
Zu den formalen Beanstandungen der Beteiligten zu 1. macht er geltend, die Erstellung
des Sitzungsprotokolls nehme in der Regel einige Zeit in Anspruch und üblicher Weise
werde in der folgenden Personalratssitzung über die Annahme des Protokolls entschieden;
erst dann werde das Protokoll verschickt, was übliche Praxis im Bereich der Beteiligten zu
1. seit vielen Jahren sei. Die Beschlussfähigkeit habe eindeutig vorgelegen. Der Vorsitzende
des Personalrats habe am 21.03.2006 zur Personalratssitzung am 23.03.2006
eingeladen. Zu Beginn der Sitzung sei einstimmig ein Beschluss zur Dringlichkeit der
Sitzung gefasst worden, wie aus dem vorgelegten Protokoll der außerordentlichen Sitzung
am 23.03.2006 hervorgehe. Aufgrund des Beschlusses der Mehrheit der
Personalratsmitglieder könne die Ladungsfrist unter drei Tagen liegen, was vorliegend der
Fall gewesen sei.
Was die auf der Personalversammlung zu behandelnden Themen betreffe, sei festzuhalten,
dass unter Tagesordnungspunkt 2., Berichte, unter anderem die tarifgerechte Entlohnung
nach dem neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst sowie das Betriebsklima an der
Universität besprochen werden sollten. Darüber hinaus werde über die Tagesordnung in
ihrer endgültigen Form in der Versammlung beschlossen.
Weiter weist er darauf hin, dass zur materiellen Rechtmäßigkeit der einstweiligen
Verfügung die Glaubhaftmachung fehle und die Beteiligte zu 1. lediglich Vermutungen über
die Einberufung der Personalversammlung vortrage, ohne dies ernsthaft unter Beweis
stellen zu können. Hinzu komme, dass eine Eilbedürftigkeit für den Antrag nicht vorliege, da
eventuelle Ansprüche betreffend Vergütungen der Beschäftigten auch in einem
Hauptsacheverfahren noch geklärt werden könnten, der Beteiligten zu 1. daher kein
Rechtsverlust entstehe.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug
genommen.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß § 113 Abs. 1, lit.c) und Abs.
2 SPersVG i.V.m. § 85 Abs. 2 ArbGG und §§ 935, 940 ZPO, über den der Vorsitzende der
Fachkammer ungeachtet der Bestimmung des § 85 Abs. 2 ArbGG allein entscheiden kann,
weil die Heranziehung der zur Mitwirkung berufenen ehrenamtlichen Richter der Kammer
im Hinblick auf das vom Beteiligten zu 1. geltend gemachte Eilbedürfnis zu einer
unvertretbaren Verzögerung führen würde, vgl. VGH München, Beschlüsse vom
22.05.1990, 17 PC 90.01453, und vom 27.06.1990, 17 PC 90.1811.; OVG Münster,
Beschluss vom 05.04.1995, 1 B 580/95.PVL.; VGH Mannheim, Beschluss vom
24.02.2005, PL 15 S 434/05; OVG Greifswald, Beschluss vom 14.08.2003, 8 M 96/03;
VG Hamburg, Beschluss vom 03.05.1999, 1 VG FL 8/99; VG Stuttgart, Beschluss vom
22.02.2005, PL 21 K 6/05; VG Berlin, Beschluss vom 24.05.2002, 62 A 14.02 - jeweils
zitiert nach juris hat Erfolg.
Ein im Sinne der o.a. Rechtsprechung besondere Dringlichkeit, die die Kammer berechtigt,
ohne vorherige mündliche Verhandlung (§ 937 Abs. 2 ZPO) und allein durch den
Vorsitzenden (§ 944 ZPO) zu entscheiden, liegt hier eindeutig vor, nachdem der Beteiligte
zu 2. die Beteiligte zu 1. am Donnerstag, dem 23.03.2006 am Nachmittag über den am
selben Tag gefassten Beschluss zur Einberufung einer außerordentlichen
Personalversammlung informiert hat und der bei Gericht gestellte Antrag am folgenden
Nachmittag bei Gericht eingegangen ist und daher für eine Entscheidung nach Gewährung
rechtlichen Gehörs für den Beteiligten zu 2., dem bis 27.03.2006, 15.00 Uhr,
angemessene Frist zur Stellungnahme zu setzen war, gerade einmal zwei Tage vor dem
Termin der fraglichen Personalversammlung, dem 30.03.2006, erfolgen kann und die
Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unter Hinzuziehung von ehrenamtlichen
Richtern in diesem knappen zeitlichen Rahmen ausscheidet. Die nur so zu verwirklichende
Gewährung effektiven Rechtschutzes rechtzeitig vor Beginn des 30.03.2006 folgt aus der
damit auf der Hand liegenden besonderen Dringlichkeit der Entscheidung.
Aus dem drohenden Zeitablauf folgt zugleich der für den Antrag erforderliche
Verfügungsgrund. Auch der für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung
erforderliche Verfügungsanspruch auf Untersagung der aus der vorgelegten Einladung
hervorgehenden Personalversammlung liegt vor.
Die Beteiligte zu 1. ist befugt, auf die gesetzeskonforme Durchführung der
Personalversammlung hinzuwirken, an welcher ihr über den für sie handelnden
Dienststellenleiter ein Teilnahmerecht zusteht (§ 49 Abs. 1 S. 1 SPersVG). Weiter ist er
nach § 49 Abs. 1 S. 2 SPersVG berechtigt, in der Versammlung zu sprechen. Hieraus und
aus den sich aus § 51 SPersVG ergebenden Aufgaben der Personalversammlung folgt der
Charakter der Personalversammlung als Forum auch für den Gedankenaustausch mit der
Dienststellenleitung, der durch Offenheit und Sachlichkeit geprägt sein soll. Dem entspricht
zugleich, dass auch dann, wenn Angelegenheiten tarifpolitischer oder sozialpolitischer Art
im Sinne von § 51 SPersVG Gegenstand einer Personalversammlung sein sollen, das Gebot
der betrieblichen Friedenspflicht nach § 69 Abs. 2 zu beachten ist und insbesondere
Maßnahmen des Arbeitskampfes zu unterlassen sind. Gerade die hierin bestehende
Neutralitätspflicht verletzt der Beteiligte zu 2. durch die Einberufung der hier fraglichen
Personalversammlung und verletzt damit den Anspruch der Beteiligten zu 1. auf
gesetzeskonforme Durchführung der Personalversammlung. Wenn die
Personalversammlung unter Verstoß gegen die hier fraglichen
personalvertretungsrechtlichen Regelungen durchgeführt wird, stellt dies einen
abgeschlossenen, nicht rückgängig zu machenden Vorgang dar, der einen Verfügungsgrund
begründet. Die antragsgemäß ausgesprochene einstweilige Verfügung steht, da
Regelungen verfahrensrechtlichen Inhalts betroffen sind, auch im Einklang mit der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Erlass einer einstweiligen
Verfügung nur mit einem Ausspruch verfahrensrechtlichen Inhalts in Betracht kommt.
Vgl. hierzu Lechtermann, Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in
Beteiligungsangelegenheiten, PersV 2006, 4, 11, m.w.N. in Fn. 40
Die Beteiligte zu 1. hat einen durch die im Tenor ausgesprochene einstweilige Verfügung zu
sichernden Anspruch auf Unterlassung der fraglichen Personalversammlung, weil der
Beteiligte zu 2. mit der Einberufung der außerordentlichen Personalversammlung gegen die
Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Dienststelle und Personalrat sowie
insbesondere das Gebot zur Nichteinmischung in den laufenden Arbeitskampf, angesichts
dessen er, ebenso wie die Beteiligte zu 1. absolute Zurückhaltung zu wahren hat,
vgl. Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Auflage 2004, § 66 Rdnr. 13
verstößt. Dies ergibt sich insbesondere aus der Verknüpfung von Zeitpunkt der
Personalversammlung und der Zeitdauer zwischen Beginn und Ende der
Personalversammlung unter Berücksichtigung der hierfür vorgesehenen Tagesordnung.
Die Befugnis zur Einberufung einer Personalversammlung obliegt alleine dem Personalrat,
der nach § 48 Abs. 2 SPersVG auch berechtigt ist, so genannte außerordentliche
Personalversammlungen zu vorher bestimmten Beratungsgegenständen einzuberufen.
Grundsätzlich finden Personalversammlungen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SPersVG während
der Arbeitszeit statt und haben für die Teilnehmer keine Minderung des Arbeitsentgeltes
zur Folge (§ 50 Abs. 1 Satz 2 SPersVG), stellen die Teilnehmer an der
Personalversammlung also so, als hätten sie gearbeitet. Im so gegebenen zeitlichen
Rahmen bestimmt alleine der Personalrat Tag, Stunde und Dauer der Versammlung, ohne
dass er diesbezüglich vom Grundsatz her der Zustimmung des Leiters der Dienststelle
bedarf. Auch obliegt es dem Leiter der Dienststelle regelmäßig nicht, die Formalien des
Zustandekommens des Beschlusses des Personalrates zur Anberaumung einer
Personalversammlung zu prüfen. Allerdings hat der Personalrat bei seiner Entscheidung den
Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Personalrat und Dienststelle,
wie er aus § 2 Abs. 1, 1. Halbsatz SPersVG hervorgeht,
vgl. hierzu etwa OVG Münster, PersV 1993, 28f.
zu beachten. Auch wenn das Gesetz eine zeitliche Grenze für die Dauer der
Personalversammlung nicht vorsieht, folgt aus der Pflicht des Personalrates zur Beachtung
dieses Grundsatzes, dass die Arbeitszeit, die durch die Personalversammlung in Anspruch
genommen wird, in einem angemessenen Verhältnis zu den zur Beratung anstehenden
Themen steht – und zwar in dem Sinne, dass eine Störung des Dienstbetriebes auf das
Unvermeidliche zu beschränken ist.
a.a.O., S. 29
Hiervon kann vorliegend keine Rede sein.
Der Personalrat hat mit der aus der von ihm bei den Angehörigen der Dienststelle
verbreiteten Einladung zur Personalversammlung hervorgehenden Dauer der Versammlung
von 06.00 Uhr bis 16.00 Uhr eine zehn Stunden in Anspruch nehmende
Personalversammlung angesetzt, die mithin länger als ein regulärer Arbeitstag dauern soll.
Dies stellt sich bereits angesichts der nur vier Tagesordnungspunkte umfassenden
Tagesordnung im Ansatz als unverhältnismäßig dar. Hinzu kommt, dass die vorgesehenen
Tagesordnungspunkte in keiner Weise einen zeitlichen Beratungsbedarf über die
angesetzte Zeit hinweg vermitteln. Lediglich die Punkte „2. Berichte“ und „3. Ansprache
des Vertreters der Gewerkschaft VER.DI“ und eine hierfür jeweils anzunehmende
Aussprache – auch wenn diese in der Tagesordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist –
lassen jeweils für sich einen zeitlichen Bedarf von einiger Dauer erwarten, sprechen aber
offensichtlich in keiner Weise für den angesetzten zeitlichen Bedarf.
Soweit der Beteiligte zu 2. mit Schriftsatz vom 27.03.2006 diesbezüglich zu TOP 2 darauf
hinweist, dass insoweit „u.a. die tarifgerechte Entlohnung nach dem neuen Tarifvertrag für
den öffentlichen Dienst sowie das Betriebsklima an der Universität besprochen werden
sollen“, lässt sich hieraus ebenfalls kein so erheblicher zeitlicher Bedarf ableiten, dass unter
Berücksichtigung der übrigen Tagesordnungspunkte der angesetzte Zeitraum als
angemessen erscheint.
Was schließlich die im Schriftsatz des Beteiligten zu 2. geltend gemachte Absicht
anbelangt, mit der Festlegung der langen Sitzungszeit „möglichst alle Beschäftigte, die zu
seinem Vertretungsbereich gehören, zu erreichen“, rechtfertigt dies keine andere
Bewertung. Die Einladung enthält eindeutig einen konkreten Zeitpunkt des Beginns der
Personalversammlung. Jeder Adressat der Einladung muss daher davon ausgehen, dass zu
der festgesetzten Zeit, um 06.00 Uhr, mit den Beratungen begonnen und für die
Beratungen voraussichtlich die angesetzte Zeitdauer benötigt wird. Will er von seinem
Recht, an der Versammlung von Anfang bis Ende teilzunehmen, Gebrauch machen, so
verbietet es sich, etwa Anfahrtszeiten einzuplanen, die in den Zeitraum, der bereits für die
Beratungen in der Versammlung vorgesehen ist, fallen, auch wenn der Beteiligte zu 2.
offensichtlich hiervon ausgeht, wenn er schriftsätzlich darauf hinweist, dass nicht zu
erwarten sei, dass die Beschäftigten während der gesamten Dauer der
Personalversammlung anwesend sein werden. Diese Bewertung stellt zudem den Sinn und
die Ernsthaftigkeit der anberaumten Personalversammlung als Institution der
Personalverfassung und Organ der Personalvertretung, vgl. Aufhauser/Brunhöber/Warga,
SPersVG, 1991, § 47 Rdn. 1 und § 51 Rdn. 1, an der alle Beschäftigten in gleicher Weise
Teil haben sollen, in Frage.
Spricht nach Allem die Betrachtung von Tagesordnung und hierfür angesetzter Zeitdauer
bereits für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der vertrauensvollen
Zusammenarbeit zwischen Personalrat und Dienststelle, so deutet die letztgenannte
Überlegung weiter darauf hin, dass der Beteiligte zu 2. mit der Einladung zu der – wie
dargestellt – ausgestalteten Personalversammlung im Hinblick auf den laufenden
Arbeitskampf gegen die ihm obliegende strikte Neutralitätspflicht und das
Arbeitskampfverbot aus § 69 Abs. 2 SPersVG, vgl. a.a.O., § 69 Rdnrn. 19 f. verstößt. Die
aus der Einladung hervorgehende außergewöhnlich lange Dauer der einberufenen
Versammlung und die wenig bzw. eigentlich alleine hinsichtlich TOP 3. in gewisser Weise
substantiierte Tagesordnung lassen vor dem Hintergrund des bereits längere Zeit
laufenden Arbeitskampfes mit – jedenfalls zum Zeitpunkt des Ergehens der Einladung –
festgefahrenen Fronten zwischen den streitenden Tarifparteien, zu denen gerade auch die
Gewerkschaft VER.DI gehört, aus Sicht der Beschäftigten erwarten, dass die Versammlung
auch der Verdeutlichung der Arbeitnehmerposition im Arbeitskampf zu dienen geeignet sein
soll. Hierfür sprechen insbesondere die vorgesehene „Ansprache“ des
Gewerkschaftsvertreters, die ohne Spezifizierung des Themas, zu dem gesprochen werden
soll, angekündigt wird, und die – wie dargestellt – unverhältnismäßige Dauer der
Veranstaltung. Mit ihr wird letztlich ein ganzer Arbeitstag in Anspruch genommen und,
wenn hierdurch der Arbeitskampf der im Ausstand befindlichen Arbeitnehmer unterbrochen
wird, der Arbeitskampf auf andere Art und Weise fortgesetzt und mit den Mitteln der
Personalvertretung auch auf diejenigen Beschäftigten auszudehnen versucht, die sich nicht
im Arbeitskampf befinden. Damit verstößt der Beteiligte zu 2. eindeutig gegen die ihm
obliegende Neutralitätspflicht. Der Anspruch des Beteiligten zu 1. auf Einhaltung der
Neutralitätspflicht ist daher nach Maßgabe des Tenors über den Erlass der einstweiligen
Verfügung zu sichern.
Davon ausgehend bedarf es keiner Bewertung der Frage, ob der Beteiligte zu 2., wie die
Beteiligte zu 1. meint, mit Termin und Dauer der Personalversammlung den Zweck
verfolgt, den im Ausstand befindlichen Bediensteten die Möglichkeit zu geben, die
sozialversicherungsrechtlichen Folgen des Arbeitskampfes, insbesondere den Verlust von
Rentenansprüchen und Ansprüchen aus der Arbeitslosenversicherung nach Ablauf von
einem Monat seit Streikbeginn (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV bzw. §§ 127, 24 Abs. 4 SGB
III i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV) zu vermeiden, und damit diesen im laufenden
Arbeitskampf zur Seite tritt.
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diese Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht statt.
Die Beschwerde ist spätestens innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung
dieses Beschlusses beim Oberverwaltungsgericht , Kaiser-Wilhelm-Straße 15, 66740
Saarlouis, schriftlich einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss den Beschluss bezeichnen,
gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen
Beschluss die Beschwerde eingelegt wird.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Beschlusses schriftlich
zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss angeben, auf welche im Einzelnen
anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neue Tatsachen die Beschwerde
gestützt wird.
Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründung müssen von einem an einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten unterzeichnet sein.
Prozessbevollmächtigte können auch Vertreter von Gewerkschaften oder von
Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände sein,
wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der
Zusammenschluss, der Verband oder eines ihrer Mitglieder Verfahrensbeteiligte sind.