Urteil des VG Saarlouis vom 28.10.2008

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VG Saarlouis Urteil vom 28.10.2008, 3 K 301/08
Beihilfe; Alizonne-Therapie; Ultraschall- und Endermologiebehandlung
Leitsätze
1. Die Aufwendungen für die im Rahmen einer so genannten Alizonne-Therapie
durchgeführte kombinierte Ultraschall- und Endermologiebehandlung (zur Vermeidung von
durch hohen Gewichtsverlust bedingten Hautschürzen) sind nicht beihilfefähig.
2. Die Alizonne-Therapie ist keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode zur
Behandlung von Adipositas mit Krankheitswert.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der
Kläger zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten
vorläufig vollstreckbar; der Kläger
darf die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung eines Betrages in Höhe
der aus dem
Kostenfestsetzungsbeschluss
ersichtlichen Kostenschuld
abwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in
derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird gemäß § 52
Abs. 1 GKG der Höhe der mit der
Klage geltend gemachten Beihilfe
entsprechend auf 1.050,00 Euro
(Kosten Ultraschall-
/Endermologiebehandlung von max.
1.500,00 Euro x 70 %) festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist als Lehrer im Ruhestand für sich und seine am 24.09.1944 geborene
Ehefrau jeweils mit einem Bemessungssatz von 70 vom Hundert beihilfeberechtigt.
Mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 01.02.2002 bat der Kläger um
Überprüfung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Kosten der Behandlung seiner
Ehefrau wegen Adipositas im Rahmen der Beihilfe übernommen werden könnten. Seinem
Schreiben fügte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung der behandelnden Ärztin, Frau Dr.
med. B... - Fachärztin für Allgemeinmedizin -, A...Stadt- nebst Kostenvoranschlag des
Vitalcenters „…“ (Ärztliche Leitung: Dr. AL A...), A...Stadt- für eine „Alizonne Therapie“ bei,
deren Kosten sich nach einer Gesamtschätzung ohne Kontrollberatung auf 2.355,40 Euro
bis 3.098,60 Euro belaufen sollten. Diese Kosten setzten sich zusammen aus den Kosten
einer auf Nahrungsergänzung basierenden Diät (1.205,40 Euro bis 1.573,60 Euro) sowie
den Kosten einer kombinierten Ultraschall-/Endermologiebehandlung des subcutanen
Bindegewebes (1.125,00 Euro bis 1.500,00 Euro zuzüglich 25,00 Euro für einen für
Therapiezwecke eingesetzten „Body Stocking“). In der ärztlichen Bescheinigung (ohne
Datum) heißt es, bei der Ehefrau des Klägers sei am 10.01.2008 bei einem Körpergewicht
von 111,00 Kg und einer Körpergröße von 169 cm ein Body-Mass-Index (BMI) von 39,0
ermittelt worden. Bei einem BMI von über 30 liege laut WHO eine behandlungsbedürftige
Adipositas vor. Die Barmer Ersatzkasse des Saarlandes bezahle für Patienten mit einem
BMI über 35 ein Magenbanding, dessen Kosten sich ohne die wegen des entstehenden
Hautüberschusses notwendig werdenden Folgeoperationen auf 4.500 Euro beliefen. Bei
der Ehefrau des Klägers lägen bereits orthopädische Leiden, eine Hypertonie sowie ein
metabolisches Syndrom vor, was eine dauerhafte Gewichtsreduktion erfordere. Die
Patientin werde im Rahmen des vorgesehenen Ernährungs- und Behandlungsprogramms
ihren Lebensstil definitiv ändern, und durch die massive Gewichtsabnahme von 30 kg
könnten Kur- und Krankenhausaufenthalte vermieden werden. Durch die intensive
Körpertherapie (Ultraschall und Endermologie) werde auch nach der Gewichtsabnahme
voraussichtlich keine chirurgische Maßnahme notwendig sein, da das Gewebe straff bleiben
werde. Für die Ernährungskosten komme die Patientin selbst in vollem Umfange auf,
während die Behandlungskosten übernommen werden sollten.
Mit angefochtenem Bescheid vom 07.02.2008 lehnte der Beklagte eine Beihilfegewährung
ab. Zur Begründung heißt es, nach §§ 3 und 4 BhVO seien unter anderem in
Krankheitsfällen nur die notwendigen Aufwendungen im angemessenen Umfang
beihilfefähig. Aufwendungen, die dem Erkrankten durch die Teilnahme an einer
Unterrichtung über Selbstbehandlung (Diätprogramme, Hilfe zur Lebensstiländerung)
entstünden, seien nicht beihilfefähig. Die Endermologiebehandlung zähle nicht zu den
beihilfefähigen Heilbehandlungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 BhVO und dem hierzu ergangenen
Erlass vom 20.07.2003. Daher könne zu den Aufwendungen für die Adipositasbehandlung
der Ehefrau des Klägers keine Beihilfe gewährt werden.
Der vom Kläger hiergegen unter Berufung auf die vorgelegte ärztliche Bescheinigung der
Frau Dr. … sowie einen Auszug aus der Internet-Seite http://www.....de erhobene
Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2008 zurückgewiesen. Zur
Begründung ist ausgeführt, nach Nr. 1 der Richtlinien zu § 5 Abs. 2 Buchstabe a) BhVO
setze die Gewährung einer Beihilfe zu den Aufwendungen für eine Heilbehandlung voraus,
dass die Wirksamkeit der Heilbehandlung aus therapeutischer Sicht von der medizinischen
Wissenschaft allgemein anerkannt und durch Erfahrung erprobt sei. Diese Voraussetzungen
lägen nach dem neusten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Behandlung der bei
der Ehefrau der Klägerin diagnostizierten Krankheiten wie der Hypertonie, des
metabolischen Syndroms sowie orthopädischer Leiden nicht vor. Zu den Aufwendungen für
eine intensive Körpertherapie wie Endermologie und Osmolipolyse, die im Zusammenhang
mit einem Diätprogramm nach der Alizonne-Therapie durchgeführt würden, stehe dem
Kläger daher keine Beihilfe zu. Zudem diene die Behandlung unmittelbar nur der
Gewichtsreduktion und nur mittelbar eventuell der Gesundheit. Zwar sei bei den
angegebenen Erkrankungen eine Normalisierung des Körpergewichts anzustreben, es gebe
aber keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass bestimmte Diätformen zur Beeinflussung
der Krankheiten nützlich seien. Es fehle daher an der Notwendigkeit und der
Angemessenheit der Maßnahme. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger nach
seinen unbestrittenen Angaben am 28.02.2008 zugestellt. (Bei den vom Beklagten
übersandten Behördenunterlagen befindet sich kein Zustellungsnachweis oder
Absendevermerk.)
Mit am 27.03.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben,
mit der er die Beihilfegewährung zu den Kosten einer kombinierten Ultraschall- und
Endermologiebehandlung begehrt. Insoweit betont der Kläger, dass sein Beihilfebegehren
allein die begleitende Ultraschalltherapie, nicht aber das im Rahmen der Alizonne-Therapie
ebenfalls aufgestellte Ernährungsprogramm betreffe, dessen Kosten seine Ehefrau selbst
trage.
Sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren ergänzend trägt der Kläger zur Begründung
seiner Klage vor, die bei seiner Frau durchgeführte Therapie solle insbesondere dazu
dienen, die üblichen Folgen einer starken Gewichtsreduzierung, insbesondere eine
Hautlappenbildung und damit das Risiko von Folgeoperationen zur Hautstraffung zu
vermeiden. Zudem solle eine Änderung des Lebensstils bewirkt und damit eine dauerhafte
Gewichtsverminderung gewährleistet werden. Ergänzt werde die Therapie durch
Lymphdrainagen und Ganzkörpermassagen, was die Höhe der Kosten erkläre; auch solche
Massagen seien beihilfefähig. Die private Krankenversicherung seiner Ehefrau, die Central
Krankenversicherung in Köln, habe bereits die Erstattung der für die Ultraschall-
/Endermologiebehandlung anfallenden Kosten von bis zu 1.500,00 Euro gemäß
Kostenvoranschlag in Höhe des tariflich vereinbarten Rahmens von 30 % zugesagt (Ein
entsprechendes Schreiben der Versicherung vom 20.02.2008 hat der Kläger vorgelegt).
Seine Ehefrau habe die Behandlung inzwischen begonnen und bereits 15 kg abgenommen.
Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die begonnene Maßnahme beihilfefähig. Auch
die Adipositas mit ihren im Falle seiner Ehefrau bereits eingetretenen Folgeerkrankungen
stelle ab einem gewissen Schweregrad eine Krankheit dar. Dies sei auch im Bereich der
privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung bereits anerkannt. Die von Seiten der
Ärzte in Betracht gezogene Implantation eines Magenbandes verursache insbesondere
unter Berücksichtigung notwendiger Folgeoperationen weit höhere Kosten als die derzeitige
Behandlung seiner Ehefrau. Diese Behandlung diene zudem der Linderung sämtlicher
Krankheiten, da die Reduzierung des Körpergewichts seiner Frau die starke Belastung ihrer
bereits deformierten Füße und Zehen und die daraus resultierenden Schmerzen
vermindere. Die Aufwendungen seien demnach auch notwendig und angemessen. Die vom
Beklagten in Bezug genommenen Richtlinien enthielten keinen Ausschluss der
streitgegenständlichen Behandlung.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 07.02.2008 in der Form
des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2008
aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Beihilfe
zu den Aufwendungen für eine kombinierte Ultraschall-
und Endermologiebehandlung seiner Ehefrau zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an den ergangenen Bescheiden aus den darin aufgeführten Gründen fest.
Ergänzend trägt er vor, die so genannte Alizonne-Therapie sei wissenschaftlich nicht
allgemein anerkannt und daher auch nicht beihilfefähig. Dies habe ein amtsärztliches
Gutachten in einem anderen Fall bestätigt. Eine Ultraschallbehandlung sei zudem lediglich
im Rahmen der GOÄ Ziffer 539 mit 4,62 Euro je Sitzung beihilfefähig, im Rahmen ärztlich
verordneter Heilbehandlungen könnten 6,20 Euro bzw. 5,27 Euro abgerechnet werden.
Demgegenüber würden für die Therapie der Ehefrau des Klägers 125 Euro je Sitzung
veranschlagt, so dass davon ausgegangen werden müsse, dass eben nicht nur eine bloße
Ultraschallbehandlung durchgeführt werde. Gegen eine Ultraschallbehandlung mit
Lymphdrainagen und Massagen bestünden keine grundsätzlichen beihilferechtlichen
Bedenken, wenn die in § 5 Abs. 1 Nr. 8 BhVO bzw. im Erlass betreffend Aufwendungen für
ärztlich verordnete Heilbehandlungen vom 20.06.2003 genannten Voraussetzungen erfüllt
seien. Die Alizonne-Therapie sei demgegenüber ein wissenschaftlich insgesamt nicht
anerkanntes Verfahren, zu dem keine Beihilfe zu gewähren sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung erklärten Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Hefter) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 2 VwGO statthafte und auch im
Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte
Beihilfe zu den Aufwendungen für eine kombinierte Ultraschall- und
Endermologiebehandlung seiner Ehefrau. Die diesen Anspruch verneinenden angefochtenen
Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden, so dass für die beantragte Verpflichtung des
Beklagten gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO kein Raum ist.
Zunächst ist davon auszugehen, dass die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung eines in
Anwendung der Beihilfevorschriften erlassenen Verwaltungsaktes sich allein darauf
erstreckt, ob dieser mit den Vorschriften selbst in Einklang steht und ob sich die
Beihilfevorschriften in ihrer Anwendung auf den konkreten Einzelfall in den Grenzen des
dem Dienstherrn eingeräumten Konkretisierungsermessens halten, insbesondere ob eine
Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen mit der Fürsorgepflicht des
Dienstherrn und dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist
(vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.08.1969 - VI C 130.67
-, BVerwGE 32, 352).
Die angefochtenen Bescheide stehen mit den Beihilfevorschriften in Einklang.
Bei der Alizonne-Therapie handelt es sich nicht um eine wissenschaftlich allgemein
anerkannte Behandlungsmethode, weshalb auch die im Rahmen dieser Therapie
durchgeführte streitgegenständliche kombinierte Ultraschall- und Endermologiebehandlung
der Ehefrau des Klägers nicht notwendig und angemessen war und eine Beihilfegewährung
folglich nach §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 2 Buchstabe a) BhVO i.V.m. Ziffer 1 der hierzu
ergangenen Richtlinien vom 15.04.2003 ausscheidet.
Die Kammer verkennt dabei nicht, dass der Kläger Beihilfe nicht für die gesamte bei seiner
Ehefrau angewandte Alizonne-Therapie begehrt, sondern sein Beihilfebegehren allein auf die
Aufwendungen gerichtet ist, die auf die kombinierte Ultraschall- und
Endermologiebehandlung entfallen. Diese Einschränkung seines Beihilfebegehrens ändert
indes nichts daran, dass auch die streitgegenständlichen Behandlungsmaßnahmen als
Bestandteil eines Gesamtbehandlungskonzepts, nämlich der so genannten Alizonne-
Therapie, anzusehen und beihilferechtlich zu beurteilen sind und diese Therapie
wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt ist.
Eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode liegt (nur) vor, wenn sie von der
herrschenden oder doch überwiegenden Meinung in der medizinischen Wissenschaft für
eine Behandlung der Krankheit als wirksam und geeignet erachtet wird
(vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW
1998, 3436 = ZBR 1999, 25
Immuntherapie> unter Hinweis auf das Urteil vom
29.06.1995 - 2 C 15.94 -, DÖV 1996, 37, sowie
Beschluss vom 15.03.1984 - 2 C 2.83 -, DÖD 1985, 87
= Buchholz 238.927 BVO NW Nr. 6).
Hiervon ausgehend kann die Alizonne-Therapie nicht als wissenschaftlich
anerkannte Methode zur Behandlung einer Adipositas mit Krankheitswert gelten. Vielmehr
stellt sie sich selbst als eine unter kosmetisch-ästhetischen Gesichtspunkten vorteilhafte
Methode zur Gewichtsreduzierung dar, die in der rein medizinischen Literatur als
anerkannte Heilmethode keine Erwähnung findet, erst seit verhältnismäßig wenigen Jahren
und nur in geringem Umfang bekannt ist und im Übrigen als Anwendung den Angehörigen
eines „Netzwerks“ unter den Voraussetzungen eines Lizenzerwerbs vorbehalten und daher
den freien Heilberufen eben nicht als Heilmethode zugänglich ist
(s. hierzu folgende Nachweise:
http://www.med-magazin.de/article1049.html;
http://www.presseportal.de/pm/55391/742277/aesthetic_concept_praxisklinik_gmbh;
http://www.network-globalhealth.de/index.php?id=485;
http://www.network-globalhealth.de/index.php?
id=469&tx_mininews_pi1%5BshowUid%5D=21&cHash=d978064800;
http://www.kassenarzt.de/index.php?
pVId=167817684&nodeId=13940&page=3).
Dementsprechend werden die Behandlungskosten auch weder von der gesetzlichen, noch
von der privaten Krankenversicherung übernommen
(vgl.http://www.besano.de/Nachrichten/Ernaehrung/68.phphttp://www.alizonne-
potsdam.de/alizonne_wirkprinzip.pdf).
In den Leitlinien der Deutschen Adipositasgesellschaft betreffend die Behandlung von
Übergewicht und Adipositas ist die Alizonne-Therapie nicht aufgeführt
(vgl. http://www.adipositas-gesellschaft.de/daten/
Adipositas-Leitlinie-2007.pdf).
Angesichts der zitierten, ohne Weiteres für jedermann zugänglichen Erkenntnisquellen
bedarf es zu der getroffenen Feststellung, dass es sich bei der Alizonne-Therapie nicht um
eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode handelt, keiner weiteren
Beweiserhebung, etwa durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
Dies gilt um so mehr, als auch der Kläger selbst offensichtlich davon ausgeht, dass die
Alizonne-Therapie als solche nicht beihilfefähig ist, denn anderenfalls hätte er keinen Grund
gehabt, sein Beihilfebegehren auf die Ultraschall- und Endermologiebehandlung seiner
Ehefrau zu beschränken.
Wie eingangs bereits ausgeführt, ändert diese Beschränkung des Klagebegehrens aber
nichts daran, dass Ultraschallbehandlungen, Lymphdrainagen und Massagen zwar -
vorausgesetzt sie sind als Behandlungen medizinisch indiziert, ärztlich verordnet und von
dem hierzu berechtigten Personenkreis durchgeführt - durchaus beihilfefähige Maßnahmen
sein können, diese Maßnahmen im vorliegenden Fall aber Teil einer nicht beihilfefähigen -
weil wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten - Behandlungsmethode sind und daher
beihilferechtlich nicht separat zu beurteilen sind.
Selbst wenn man aber die Ultraschall- und Endermologiebehandlung der Ehefrau des
Klägers beihilferechtlich gleichwohl einer eigenständigen, von der angewandten
Gesamttherapie losgelösten Würdigung unterziehen wollte, so würde dies ebenfalls zu dem
Ergebnis führen, dass eine Beihilfegewährung hier insoweit ausscheidet. Die Ultraschall- und
Endermologiebehandlung selbst dient ausweislich der vorstehend zitierten Quellen und dem
Vortrag des Klägers dazu, die mit einem dramatischen Gewichtsverlust sonst regelmäßig
einhergehende Bildung von Hautlappen infolge einer Hauterschlaffung zu vermeiden. Die
Behandlung dient damit aber nicht unmittelbar der Verhütung einer Krankheit im Sinne von
§ 4 Abs. 1 BhVO, da derartige Folgeerscheinungen für sich genommen in aller Regel nicht
als Krankheit im Sinne des Beihilferechts und des Rechts der gesetzlichen
Krankenversicherung angesehen werden können
(VGH München, Beschluss vom 26.10.2006 - 14 ZB
06.2171 -, zitiert nach JURIS; für die gKV: LSG Sachsen-
Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR 60/04 -, zitiert
nach JURIS).
Eine Krankheit liegt vielmehr erst dann vor, wenn dauerhaft therapieresistente
Hautreizerscheinungen wie Pilzbefall, Sekretionen oder entzündliche Veränderungen
vorliegen
(LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.11.2006 - L 4 KR
60/04 -, a.a.O.).
Die Aufwendungen zur Vermeidung von Hauterschlaffungen durch Ultraschall- und
Endermologiebehandlungen sind daher auch aus diesem Grunde nicht beihilfefähig.
Aus alldem folgt, dass die streitgegenständlichen Maßnahmen nicht im Sinne des § 4 Abs.
1 BhVO notwendig und angemessen waren und die hierfür getätigten Aufwendungen daher
mit Recht vom Beklagten nicht als beihilfefähig anerkannt worden sind.
Eine Ausnahme von dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit nicht anerkannter Methoden und
Mittel ist nur zuzulassen, wenn in einem schweren lebensbedrohenden Krankheitsfall das
Mittel von einem Arzt verordnet wurde, der Amts- oder ein von der Festsetzungsstelle
bezeichneter Vertrauensarzt die Anwendung dieses Mittels für dringend erforderlich hält
und eine vorangegangene Behandlung mit wissenschaftlich anerkannten Arzneimitteln
keinen Erfolg gebracht hat - Nr. 4.2. der Richtlinien -
(vgl. OVG B-Stadt, Urteil vom 16.01.1996 -1 R 19/93 -).
Diese - kumulativ zu erfüllenden (!) - Voraussetzungen sind im Falle der Ehefrau des
Klägers weder dargetan noch sonst ersichtlich. Insbesondere fehlt es auch unter
Berücksichtigung des Klagevortrages an dem Merkmal der Lebensbedrohlichkeit der
geschilderten Erkrankung und einer hierauf gestützten Befürwortung der
Außenseitermethode als dringend erforderlich durch den Amts- oder Vertrauensarzt.
Die geltenden Beihilfevorschriften schließen die Gewährung einer Beihilfe zu den
aufgewendeten Kosten demnach aus.
Mit dem festgestellten Inhalt steht die angewandte Regelung auch mit höherrangigem
Recht in Einklang, insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Dienstherr damit
die Fürsorgepflicht (Art. 33 Abs. 5 GG, § 98 SBG) verletzt hätte. Mit der Regelung hat sich
der Dienstherr im Rahmen des Ermessens gehalten, welches ihm bei der durch Erlass der
Beihilfeverordnung erfolgten Konkretisierung seiner Fürsorgepflicht eingeräumt ist, und
dadurch weder den Gleichbehandlungsgrundsatz noch die Fürsorgepflicht in ihrem Kern
verletzt
(vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 03.03.1989 - 2 NB
1.88 -, ZBR 1989, 244; Urteil vom 29.08.1996 - 2 C
2.95 -, NWVBl. 1997, 136, 137, 138 und zuletzt Urteil
vom 10.6.1999 - 2 C 29.98 -, zitiert nach JURIS).
Das gilt insbesondere mit Rücksicht darauf, dass die Beihilfeleistungen als ergänzende
Hilfeleistung des Dienstherrn keinen lückenlosen Schutz gewähren und der
Verordnungsgeber mit der Regelung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für
wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden und Mittel in typisierender und
generalisierender Weise eine angemessene Begrenzung dieser Aufwendungen auf das Maß
der vertragsärztlichen Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung gefunden hat.
Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für wissenschaftlich nicht allgemein
anerkannte Behandlungsmethoden (und damit auch ihrer Ergänzung dienender
Einzelmaßnahmen - hier: Ultraschall- und Endermologiebehandlung) ist grundsätzlich mit
der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn, wie sie für
den Bereich der Krankenvorsorge durch die Beihilferegelungen konkretisiert wird, vereinbar.
Hinsichtlich der Beihilferegelungen im Einzelnen steht dem Normgeber bzw. Dienstherrn in
Bund und Ländern ein Gestaltungsspielraum zur Verfügung, innerhalb dessen er die
Voraussetzungen, den Umfang sowie die Art und Weise dieser speziellen Fürsorge
bestimmen kann. Von Verfassungs wegen fordert die Fürsorgepflicht nicht den Ausgleich
jeglicher aus Anlass von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen entstandener Aufwendungen
und auch nicht deren Erstattung in jeweils vollem Umfang
(ständige Rechtsprechung - vgl. z.B. BVerfG, Beschluss
vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 - BVerfGE 83, 89 <100f.>
= NJW 1991, 743; BVerwG, Urteil vom 08.06.1980 - 6 C
19/79 -, BVerwGE 60, 212 <219> = DÖV 1981, S. 101;
Beschluss vom 03.03.1989 - 2 NB 1.88 -, Buchholz 271
Nr. 6 und Urteil vom 03.07.2003 - 2 C 36.02 -, DVBl
2003, 1554 = NJW 2004, 308; OVG B-Stadt, Urteil vom
16.01.1996 - 1 R 19/93 -).
Insbesondere ist die Fürsorgepflicht nicht durch die vorgesehene Begrenzung der Beihilfe
auf Aufwendungen verletzt, die dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach
angemessen sind. Zwar wird bei der Prüfung der Notwendigkeit regelmäßig der Beurteilung
des Arztes zu folgen sein
(vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 -,
Buchholz 238.91 Nr. 2).
Eine Ausnahme hierfür gilt jedoch für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden.
(vgl. BVerwG, Urteil vom 28.11.1963 - 8 C 72.63 -,
Buchholz 238.91 Nr. 2).
Allerdings kann das von der Fürsorgepflicht getragene Gebot, eine Beihilfe zu "dem Grunde
nach" notwendigen Aufwendungen zu leisten, den Dienstherrn in Ausnahmefällen auch
dazu verpflichten, die Kosten einer wissenschaftlich (noch) nicht allgemein anerkannten
Behandlungsmethode nach den jeweiligen Bemessungssätzen zu erstatten. Diese
Verpflichtung kommt etwa dann in Betracht, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein
anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit - z.B. unbekannter
Genese - noch nicht herausgebildet hat, wenn im Einzelfall - z.B. wegen einer
Gegenindikation - das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn
ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Unter diesen Voraussetzungen wird
ein verantwortungsbewusster Arzt auch solche Behandlungsmethoden in Erwägung ziehen,
die nicht dem allgemeinen Standard der medizinischen Wissenschaft entsprechen, aber
nach ernst zu nehmender Auffassung noch Aussicht auf Erfolg bieten.
Stehen wissenschaftlich allgemein anerkannte Methoden zur Behandlung einer Erkrankung
oder zur Linderung von Leidensfolgen nicht zur Verfügung, können auch Aufwendungen für
so genannte "Außenseitermethoden" notwendig und angemessen und damit beihilfefähig
sein, wenn die Aussicht besteht, dass eine solche Behandlungsmethode nach einer
medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft
noch wissenschaftlich anerkannt werden kann. Dafür ist es erforderlich, dass bereits
wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die attestieren,
dass die Behandlungsmethode zur Heilung der Krankheit oder zur Linderung von
Leidensfolgen geeignet ist und wirksam eingesetzt werden kann
(BVerwG, Urteil vom 18.06.1998 - 2 C 24.97 -, NJW
1998, 3436 = ZBR 1999, 25; ähnlich bereits OVG B-
Stadt, Urteil vom 16.01.1996, a.a.O.).
Ein derartiger Ausnahmefall mit den vorstehend geforderten Voraussetzungen ist hier indes
ebenfalls nicht gegeben, denn es stehen andere anerkannte Methoden zur Behandlung der
Adipositas zur Verfügung.
Dem Kläger steht auch nicht wegen der Höhe der in Rede stehenden Aufwendungen
ausnahmsweise aus Gründen der Fürsorge ein Beihilfeanspruch zu. Die Beihilfe ist ihrem
Wesen nach eine Hilfeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten in
angemessenem Umfang hinzutritt, um ihm seine wirtschaftliche Lage in einer der
Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu
erleichtern. Dabei ergänzt die Beihilfe nach der ihr zugrunde liegenden Konzeption lediglich
die Alimentation des Beamten. Die Beihilfe muss allein sicherstellen, dass der Beamte in
den genannten Fällen nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt, die für ihn
unabwendbar sind und denen er sich nicht entziehen kann
(BVerfG, Beschluss vom 13.11.1990 - 2 BvF 3/88 -
BVerfGE 83, 89 <100f.> = NJW 1991, 743; Beschluss
vom 16.09.1992 - 2 BvR 1161/89 u.a. - NVwZ 1993,
560 = DÖD 1993, 233; Urteil der Kammer vom
30.11.1998 - 3 K 260/96 - m.w.Nw.).
Von Letzterem kann hier - abgesehen von der Höhe des streitigen Betrages - im Hinblick
auf die fehlende wissenschaftliche Anerkennung der Behandlungsmethode und die
Verfügbarkeit anderer allgemein anerkannter Therapien nicht ausgegangen werden.
Die begehrte Beihilfegewährung scheidet somit unter allen beihilferechtlichen
Gesichtspunkten aus.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Für eine Zulassung der Berufung besteht kein Anlass (vgl. § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO).