Urteil des VG Saarlouis vom 11.03.2008

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VG Saarlouis Beschluß vom 11.3.2008, 2 L 156/08
Verhältnismäßigkeit der Ausreiseverpflichtung unter Beachtung familiärer Umstände
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
Der Antrag, mit dem der Antragsteller im Wege einstweiliger Anordnung nach § 123 Abs. 1
VwGO unter Abänderung des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 12.11.2007 -2
L 1165/07- die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, vorläufig von
aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, bleibt ohne Erfolg.
Der vollziehbar ausreisepflichtige Antragsteller hat auch mit seinem jetzigen Vorbringen
keine Umstände glaubhaft gemacht, die den Antragsgegner gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1
AufenthG zur zeitweisen Aussetzung seiner Abschiebung verpflichten würden.
Wie die Kammer in ihrem oben genannten Beschluss, bestätigt durch Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 30.01.2008 -2 B 454/07-, ausführlich
dargelegt hat, kommt den gegen einen weiteren Aufenthalt des seit 1993 in einer Vielzahl
von Fällen wegen zunehmend schwerwiegenderen Straftaten verurteilten Antragstellers
sprechenden Gründen eindeutig der Vorrang gegenüber den von ihm im Hinblick auf Art. 6
Abs. 1, Abs. 2 GG, Art. 8 EMRK geltend gemachten familiären Belangen zu. Daran ist auch
in Ansehung der von dem Antragsteller nunmehr aktuell vorgelegten ärztlichen
Bescheinigungen festzuhalten.
Der Umstand, dass die Ehefrau des Antragstellers an einer HIV-Infektion erkrankt ist und
aufgrund ihrer seelischen Verfassung nicht in der Lage sein soll, sich und ihr ebenfalls HIV
infiziertes Kind allein zu versorgen, wurde von dem Antragsteller bereits seinerzeit durch
ein ärztliches Attest der Ärztin für Allgemein- und Umweltmedizin B. G. vom 21.04.2002
belegt, und dies hat die Kammer bei ihrer Entscheidung vom 12.11.2007 entsprechend
den gemäß Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG, Art. 8 EMRK geltenden Maßstäben berücksichtigt.
Soweit der Ehefrau des Antragstellers in der aktuellen ärztlichen Bescheinigung der
behandelnden Ärztin vom 12.02.2008 darüber hinaus bescheinigt wird, dass die
Abschiebung des Antragstellers zu einer psychischen Dekompensation und körperlichen
Überforderungen führen würde, so dass eine irreparable Schädigung ihres gesundheitlichen
Zustandes zu erwarten sei, gibt dies zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung keinen
Anlass. Diese ärztliche Aussage ist völlig unsubstantiiert geblieben und genügt bereits von
daher nicht, eine ernstliche Gesundheitsgefährdung der Ehefrau des Antragstellers für den
Fall seiner Abschiebung glaubhaft zu belegen. Insbesondere fehlt es an hinreichend
nachvollziehbaren Darlegungen, auf welcher Grundlage die behandelnde Ärztin zu der eine
erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung der Ehefrau prognostizierenden Einschätzung im
Fall der Abschiebung des Antragstellers gekommen ist. Hierzu hätte vorliegend um so
mehr Anlass bestanden, als sich der Antragsteller nach den Angaben seiner Ehefrau
gegenüber dem Antragsgegner bereits seit Mai 2005 nicht mehr zu Hause aufgehalten
hatte und er sich seit seiner im September 2006 erfolgten Festnahme in Haft befindet.
Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf die weiter vorgelegte ärztliche Stellungnahme der
Kinderärzte Dr. B. und Dr. H. vom Universitätsklinikum Mannheim vom 20.02.2008, aus
der hervorgeht, dass die noch minderjährige Tochter des Antragstellers seit dem ersten
Lebensjahr wegen ihres erworbenen Immundefektes in regelmäßiger medizinischer
Behandlung in der Ambulanz der Kinderklinik Mannheim ist, und in der ergänzend darauf
hingewiesen wird, dass eine Trennung von Kind und Vater aus medizinischer Sicht zu
vermeiden sei, weil bekannt sei, dass besondere Stresssituationen sich negativ auf das
Immunsystem auswirkten und Trennungssituationen, vor allem langfristige oder
irreversible, gerade bei Kindern zu medizinischen Komplikationen führen könnten. Dabei
bleibt nämlich völlig offen, ob und inwieweit tatsächlich eine Verschlechterung des
derzeitigen Gesundheitszustandes der minderjährigen Tochter des Antragstellers im Falle
seiner Abschiebung eintreten wird, so dass sich angesichts der zu erwartenden
Deliktsrückfälligkeit des Antragstellers auch in dieser Sicht dessen Abschiebung weiterhin
nicht als unverhältnismäßig erweist.
Der mit Blick auf die wiederholte Straffälligkeit des Antragstellers begründeten Annahme,
der Antragsteller werde auch künftig kein straffreies Leben führen, steht dabei auch nicht
dessen eidesstattliche Versicherung vom 18.02.2008, nach seiner Entlassung aus der Haft
mit seiner Ehefrau und seinen Kindern zusammenleben zu wollen und keine Straftaten
mehr zu begehen, entgegen. Vor dem Hintergrund der Ausführungen des
Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes in seinem Beschluss vom 30.01.2008 -2 B
454/07-, wonach der Antragsteller „nicht einmal ansatzweise versucht hat vorzutragen,
dass er seine Straftaten als Fehler erkannt habe und dass er sich darum bemühen werde,
künftig ein straffreies Leben zu führen, geschweige denn, dass er sicher sei, nicht mehr
kriminell zu werden“, spricht vieles dafür, dass die Abgabe der eidesstattlichen
Versicherung durch den Antragsteller lediglich prozesstaktisch veranlasst ist. Tatsächliche
Anhaltspunkte, die entgegen den Darlegungen der Kammer in ihrem Beschluss vom
12.11.2007 -2 L 1165/07- fallbezogen eine positive Prognose hinsichtlich des künftigen
Verhaltens des Antragstellers bei einem legalisierten Aufenthalt rechtfertigen würden, sind
nicht gegeben, zumal den Antragsteller auch seine Familie in der Vergangenheit nicht von
der Begehung erneuter Straftaten hat abhalten können.
Der Antrag ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG entsprechend der
ständigen Rechtsprechung der Kammer in ausländerrechtlichen Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes auf die Hälfte des Hauptsachewertes und damit auf 2.500,-- Euro
festgesetzt.