Urteil des VG Saarlouis vom 26.02.2010

VG Saarlouis: aufenthaltserlaubnis, visum, lebensgemeinschaft, dänemark, ausländer, schengen, ausreise, beurkundung, eugh, familiennachzug

VG Saarlouis Beschluß vom 26.2.2010, 10 L 153/10
Nachträgliche Erteilung eines Aufenthaltstitels im Falle des ehebedingten Familiennachzugs
Leitsätze
Ein Anspruch auf nachträgliche Erteilung eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet ist im Falle
des ehebedingten Familiennachzugs nicht deshalb im Sinne des § 39 Nr.
Aufenthaltsverordnung nach der Einreise entstanden, weil nach Eheschließung im Ausland
die eheliche Lebensgemeinschaft erst im Anschluss an die Einreise nach Deutschland
begründet wird.
Das Beweisanerbieten, das Gericht möge sich durch die Anhörung des Ausländers von
dessen ausreichenden Deutschkenntnissen überzeugen, ist nicht geeignet, den nach § 30
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG erforderlichen Nachweis hinreichender Sprachkenntnisse zu
erbringen oder zu ersetzen.
Bestätigung der Rechtsprechung der Kammer, wonach sich ein Ausländer wegen der
Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen in einem EU-Mitgliedsstaat (hier:
Dänemark) nicht mit Erfolg auf ein ihm für die Bundesrepublik Deutschland zustehendes
Aufenthaltsrecht ge-mäß Art. 18 EGV berufen kann.
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines
Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28.1.2010, mit dem sein
Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und er unter Androhung der
Abschiebung nach Georgien zur Ausreise aufgefordert worden ist, ist gemäß § 80 Abs. 5
Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bzw. – hinsichtlich
der Abschiebungsandrohung – nach § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 20
AGVwGO Saarland statthaft. Der auch im Übrigen zulässige Antrag bleibt in der Sache
jedoch ohne Erfolg.
Bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen
summarischen Prüfung begegnet der angefochtene Bescheid weder soweit, mit ihm der
Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen der Ehe mit einer
deutschen Staatsangehörigen gemäß §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG abgelehnt
worden ist, noch hinsichtlich der verfügten Ausreiseaufforderung und
Abschiebungsandrohung durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Bescheid erweist sich
vielmehr als offensichtlich rechtmäßig mit der Folge, dass das Interesse des Antragstellers
an seinem vorläufigen weiteren Verbleib im Bundesgebiet hinter dem öffentlichen Interesse
an seiner umgehenden Ausreise zurückzutreten hat.
Der Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Ehegattennachzugs
nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis dem
ausländischen Ehegatten eines Deutschen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im
Bundesgebiet hat, zu erteilen ist, erfordert im Übrigen, dass die allgemeine
Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AufenthG erfüllt werden.
Danach ist grundsätzlich zu verlangen, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum
eingereist ist (Nr. 1) und er die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im
Visumantrag gemacht hat (Nr. 2). Insoweit hat der Antragsgegner im angefochtenen
Bescheid zu Recht u. a. darauf abgestellt, dass der Antragsteller beide Voraussetzungen
nicht erfüllt, denn er ist mit einem vom 4.11. bis 10.11.2009 gültigen polnischen
Schengen-Visum, welches ihm zur Teilnahme an einem Wettkampf in der Sportart
"Armwrestling" am 7. und 8.11.2009 in Warschau ausgestellt worden war, Anfang
November 2009 in das Gebiet des Schengener Abkommens eingereist und beantragte
nach seiner Einreise nach Deutschland die von ihm begehrte ehebedingte
Aufenthaltserlaubnis mit der Begründung, er habe seine deutsche Ehefrau am 9.11.2009
in Dänemark geheiratet. Da er seine Angaben durch Urkunden belegt hat und er auch seit
dem 9.11.2009 unter der im Rubrum angegebenen Adresse mit seiner Frau wohnt, sind
zwar die nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderlichen Tatbestandsmerkmale für
die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den ausländischen Ehegatten eines deutschen
Staatsangehörigen gegeben. Dem Anspruch steht aber nach dem feststehenden bzw.
insoweit unstreitigen Sachverhalt entgegen, dass der Antragsteller ohne das für die
Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erforderliche
Visum eingereist ist und in seinem Visumantrag nicht die maßgeblichen Angaben gemacht
hat. Er war nämlich im Zeitpunkt seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland lediglich
im Besitz eines Schengen-Visums für kurzfristige Aufenthalte im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 AufenthG, während es für den von ihm nunmehr begehrten längerfristigen
Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 4 AufenthG eines grundsätzlich vor der Einreise einzuholenden,
dem angestrebten Aufenthaltszweck entsprechenden nationalen Visums bedurft hätte.
Der Antragsteller ist entgegen der von ihm vertretenen Auffassung auch nicht
ausnahmsweise gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG i. V. m. § 39 AufenthV berechtigt, den
von ihm begehrten Aufenthaltstitel nach der Einreise ins Bundesgebiet einzuholen. Die in §
39 AufenthVO normierten Voraussetzungen, nach denen über die im Aufenthaltsgesetz
geregelten Fälle hinaus ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder
verlängern lassen kann, liegen nicht vor. Insbesondere ist hier § 39 Nr. 3 AufenthVO, der
neben einem gültigen Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte im Sinne von § 6 Abs. 1
Nr. 2 AufenthG verlangt, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines
Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, nicht einschlägig. Zwar ist der
Antragsteller mit einem entsprechenden Schengen-Visum eingereist. Die Voraussetzungen
eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind indes nicht nach der Einreise
entstanden. Unter Einreise im Sinne des § 39 Nr. 3 AufenthV ist nicht lediglich die letzte vor
der Anspruchsentstehung erfolgte Einreise in den Schengenraum mit einem gültigen
Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte zu verstehen. Vielmehr fällt darunter jede
Einreise ins Bundesgebiet, also auch die Einreise oder Wiedereinreise aus einem
Schengenstaat, wie hier aus Dänemark, nachdem der Antragsteller dort am 9.11.2009
seine deutsche Ehefrau geheiratet hatte.
Vgl. dazu den Beschluss der Kammer vom 20.1.2010, 10
L 51/10; ferner BayVGH, Beschluss vom 23.12.2008, 19
CS 08.577, 19 C 8.3068, unter Verweis auf die
Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/5065, S. 240, in der
ausdrücklich auf eine Umgehungspraxis bei Heirat mit
Deutschen in Dänemark Bezug genommen wird; ebenso
HessVGH, Beschluss vom 22.9.2008, 1 B 1628/08;
NiedersOVG, Beschluss vom 28.8.2008, 13 ME 131/08 -
jeweils zitiert nach juris; VG Saarlouis, Beschlüsse vom
18.12.2008, 5 L 1852/08 und vom 18.3.2009, 2 L
62/09; offengelassen: OVG des Saarlandes, Beschluss
vom 27.2.2009, 2 B 469/08; a.A.: Benassi,
Unzureichende Änderung des § 39 Nr. 3 AufenthV im Falle
dänischer Eheschließung, InfAuslR 2008, 127
Zwar weist der Antragsteller zu Recht darauf hin, dass für den Anspruch des Ehegatten auf
Nachzug nicht das bloße formale Band der Ehe genügt, sondern darüber hinaus eine
tatsächlich gelebte eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet erforderlich ist. Dies
bedeutet aber nicht, dass vorliegend, im Rahmen der Prüfung des § 39 Nr. 3 AufenthV, für
den erforderlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 AufenthG auf die erst nach der Einreise erfolgte Aufnahme der ehelichen
Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet abzustellen ist.
So etwa VGH Baden-Württemberg, Beschuss vom
8.7.2008, 11 S 1041/08
Insoweit muss vielmehr gesehen werden, dass § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27 Abs. 1
AufenthG bestimmt, dass die Aufenthaltserlaubnis insbesondere zur Herstellung der
familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige erteilt
wird, mithin die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet, etwa bei
ordnungsgemäßer Geltendmachung des Anspruchs auf Familiennachzug vom Ausland aus,
auch nachträglich, ohne dass dies den Anspruch hindern würde, tatsächlich hergestellt
werden kann und es sich lediglich anspruchsschädlich auswirkt, wenn dies später
unterbleibt oder die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben wird. Da somit die den
Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des
Ehegattennachzuges nach §§ 27 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG begründende
Eheschließung bereits vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vorlag, kommt
die Ausnahmeregelung des § 39 Nr. 3 AufenthV mithin nicht zum Tragen.
So ausdrücklich auch HessVGH, Beschluss vom
22.9.2008, a.a.O.; BayVGH, Beschuss vom 23.12.2008,
a.a.O.; ferner die Kammer in ihrem Beschluss vom
20.1.2010, 10 L 51/10
Zwar kann von dem Vorliegen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung der Einreise mit
dem erforderlichen Visum nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG für die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden, wenn die
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es aufgrund besonderer
Umstände des Einzelfalles nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Vorliegend
sind indes bereits die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis entgegen § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht vollständig erfüllt. Die
Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der familiären
– ehelichen - Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet setzt nämlich gemäß § 28 Abs. 1 Satz
5 AufenthG i. V. m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG auch voraus, dass sich der
ausländische Ehegatte zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann.
Dies ist im Falle des Antragstellers im angefochtenen Bescheid mit Hinweis auf dessen
persönliche Vorsprache beim Antragsgegner am 14.11.2009 verneint worden. Nichts
anderes kann im vorliegenden Verfahren angesichts der schriftsätzlichen Behauptung des
Antragstellers angenommen werden, er verfüge mittlerweile über ausreichende Kenntnisse
der deutschen Sprache, um sich zumindest auf einfache Art und Weise verständigen zu
können und werde "den nächstmöglichen Prüfungstermin beim Goethe Institut
wahrnehmen, um den Nachweis der Sprachkenntnisse in Papierform zu erbringen." Auch
die angebotene Beweiserhebung hierüber durch Anhörung des Antragstellers durch das
Gericht ist nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis hinreichender Sprachkenntnisse zu
erbringen bzw. zu ersetzen. Unter den dargelegten Umständen bedarf es daher im
vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keines Eingehens auf die vom
Antragsteller vorgetragenen und von der Kammer nicht geteilten verfassungsrechtlichen
Bedenken dagegen, dass nach Maßgabe des § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i. V. m. § 30
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG die entsprechenden Sprachkenntnisse vor der Einreise nach
Deutschland nachzuweisen sind.
Im Übrigen hat der Antragsgegner eine Ausnahme von der Visumspflicht nachvollziehbar
mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller in seinen bisherigen Verfahren zur
Erlangung eines Aufenthaltstitels widersprüchliche Angaben gemacht habe und aufgrund
dessen ein erhebliches Interesse an seiner Ausreise und der Nachholung des
Visumverfahrens bestünden. So hatte der Antragsteller bereits im September 2009 bei der
Deutschen Botschaft in Tiflis erfolglos ein Geschäftsvisum beantragt, und dabei unter
Vorlage entsprechender Dokumente angegeben, mit einer Frau R. verheiratet und Vater
des gemeinsamen Kindes T. N. zu sein. Mit Bezug darauf führte der Antragsgegner im
angefochtenen Bescheid aus, dass der Antragsteller während des nachzuholenden
Visumverfahrens Gelegenheit habe, diese einen Missbrauchsverdacht begründenden
Umstände auszuräumen und damit die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße
Einreise und einen Anspruch auf Aufenthalt im Bundesgebiet zu schaffen. Diese guten
Gründe für einen Verweis des Antragstellers auf das Visumverfahren sind durch das
Antragsvorbringen nicht ausgeräumt, wonach der Antragsteller damals eine "georgische
Firma" mit der Beschaffung des Visums beauftragt habe, die entsprechenden Angaben in
den Antragsformularen durch die Konsulatsbeamten der deutschen Auslandsvertretung
vorgegeben worden seien und er den Antrag nur unterschrieben habe. Vielmehr zeigt
dieser Sachverhalt, dass das nachzuholende Visumverfahren im Gegensatz zur Auffassung
des Antragstellers gerade keine unnötige Förmelei darstellt.
Des Weiteren sind keine besonderen Umstände erkennbar, aufgrund derer es dem
Antragsteller unzumutbar wäre, das Visumverfahren nachzuholen. Insbesondere hat der
Antragsteller weder substanziell behauptet, noch ist sonst ersichtlich, dass in einem
nachzuholenden Visumverfahren zwecks Familiennachzugs "in einem nicht überschaubaren
Zeitraum entschieden" würde und es somit zu einer überlangen Trennung des
Antragstellers von seiner Ehefrau kommen werde. Dass die Nachholung des
Visumverfahrens gegebenenfalls zu Verzögerungen bei der Verfolgung des begehrten
Aufenthaltszwecks führt, gehört im Übrigen zu den normalen Risiken einer Einreise ohne
das erforderliche Visum. Auch vor dem Hintergrund von Art. 6 GG ist dabei eine zeitweilige
Trennung von Eheleuten grundsätzlich hinnehmbar.
Vgl. GK-AufenthG, Stand: Februar 2009, § 5 Rdnr. 173
unter Hinweis u. a. auf BVerwG, Beschluss vom
19.3.1990, 1 B 32.90, sowie BVerfG, Beschluss vom
7.11.1984, 2 BvR 1299/84
Gleiches gilt hinsichtlich des nicht weiter substanziierten Antragsvorbringens, die Betreuung
und Erziehung der minderjährigen Kinder der Ehefrau des Antragstellers werde durch den
Antragsteller sichergestellt und er habe sich mittlerweile zur Hauptbezugsperson der Kinder
entwickelt, die ihn mit "Papa" ansprechen würden. Dies ist nämlich mit Blick auf den bisher
kurzen Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet so nicht nachvollziehbar. In diesem
Zusammenhang weist der Antragsteller zwar zutreffend darauf hin, dass
Fallkonstellationen denkbar seien, in denen nicht nur zwischen dem betreffenden Ausländer
und dem deutschen Ehegatten, sondern auch zwischen dessen Kindern und dem
Ausländer eine in Ansehung von Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz ausländerrechtlich geschützte
Lebensgemeinschaft bestehe. Ein solcher Fall ist nach den vorliegenden Erkenntnissen hier
indessen nicht anzunehmen.
Schließlich kann sich der Antragsteller auch nicht aufgrund des Auslandsbezuges durch die
Eheschließung in Dänemark als Ehemann einer Unionsbürgerin auf ein ihm für die
Bundesrepublik Deutschland zustehendes Aufenthaltsrecht aus Art. 18 Abs. 1 EGV
berufen. Allein daraus, dass er Familienangehöriger einer Unionsbürgerin ist, welche
anlässlich der Eheschließung in Dänemark von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch
gemacht hat und in ihren Herkunftsmitgliedstaat zurückkehrt, kann der Antragsteller ein
von der Einhaltung einer nationalen Visumspflicht unabhängiges und auch Sprachkenntnisse
nicht voraussetzendes Aufenthaltsrecht aus Art. 18 Abs. 1 EGV nicht ableiten.
So aber VG Freiburg, Beschluss vom 20.1.2009, 1 K
2359/08; offengelassen: VGH Baden-Württemberg,
Beschluss vom 08.07.2008, a.a.O.
Fallbezogen spricht alles dafür, dass bereits nicht von einer nach Art. 18 EGV relevanten
Ausübung des Freizügigkeitsrechtes im Sinne der Dienstleistungsempfangsfreiheit oder
passiven Dienstleistungsfreiheit auszugehen ist, da der Aufenthalt der Ehegattin des
Antragstellers in Dänemark offensichtlich alleine dazu gedient hat, unter dort gegenüber
den entsprechenden Voraussetzungen im Bundesgebiet vereinfachten Bedingungen die Ehe
eingehen zu können, die passive Dienstleistung also in der Beurkundung der Ehe vor dem
dänischen Standesbeamten bestand. Der gemeinschaftsrechtliche Begriff der
Dienstleistung im Sinne von Art. 49 ff. EGV beruht auf der Gewährleistung der
wirtschaftlichen Grundfreiheiten; ihm ist eine weit verstandene Gewinnerzielungsabsicht
immanent. Dazu zählen staatliche Dienstleistungen nur dann, wenn der Staat bei der
Leistungserbringung unternehmerähnlich am Wirtschaftsleben teilnimmt.
Vgl. dazu Callies/Ruffert, EUV-EGV, 3. Auflage 2007, Art.
49, 50 EGV, Rdnr. 5 ff., 12, 27 f., m.w.N.;
Huber/Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2008,
Rdnr. 1402, m.w.N.
Das kann für die Tätigkeit des Standesbeamten bei einer Eheschließung nicht
angenommen werden, auch wenn für die Beurkundung Gebühren angefallen
sein dürften, da die Verfolgung eines unternehmerischen Erwerbszwecks nicht
ersichtlich ist. Hinzu kommt, dass die passive Dienstleistungsfreiheit hier in der
einmaligen Inanspruchnahme einer öffentlichen Dienstleistung bestand und diese
allein der Umgehung der im Bundesgebiet hierzu erforderlichen
Voraussetzungen diente. Von daher unterscheidet sich der Sachverhalt
eindeutig von dem in der
Entscheidung des EuGH vom 11.7.2002, C-60/00
(Carpenter), Slg.2002, I –Seite 06279, bzw. juris,
entschiedenen Fall, in dem ein erheblicher Umfang der
Dienstleistungserbringung im Wege geschäftlicher Betätigung in dem anderen
EU-Staat erfolgte und deshalb dem Ehegatten unter Berücksichtigung auch von
Art. 8 EMRK das Recht der Freizügigkeit, insbesondere um den
Staatsanghörigen eines Mitgliedsstaates in den anderen Mitgliedstaat begleiten
und Trennungen der Eheleute vermeiden zu können, zugesprochen worden ist.
Vgl. a.a.O., insbesondere Rdnr. 34 ff., 39, 42
Im Weiteren muss gesehen werden, dass das nach Art. 18 Abs. 1 EGV jedem
Unionsbürger zustehende Recht, sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates
aufzuhalten, auf das sich der Antragsteller beruft, nicht vorbehaltslos besteht, sondern den
im Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und
Bedingungen unterliegt.
So auch ausdrücklich EuGH, Urteil vom 11.12.2007, C
291/08, m. w. N., NVwZ 2008, 402
Nach der Rechtsprechung ist insoweit zu berücksichtigen, dass Art. 7 Abs. 2 Satz 1
Richtlinie 2003/86/EG des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung vom
22.09.2003 (Amtsbl. L 251 vom 03.10.2003, S. 12) den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit
eröffnet, nach ihrem nationalen Recht von Drittstaatsangehörigen zu verlangen, dass sie
Integrationsmaßnahmen nachkommen müssen. Entsprechende Integrationsmaßnahmen
können dabei, wie sich aus dem Umkehrschluss aus Art. 7 Abs. 2 Satz 2 Richtlinie
2003/86/EG ergibt, sofern es um den Familiennachzug zu einem deutschen
Staatsangehörigen geht, auch vor der Einreise verlangt werden. Lässt Art. 7 Abs. 2 Satz 1
und 2 Richtlinie 2003/86/EG mithin eine nationale Regelung zu, wonach ein
Aufenthaltsrecht von dem Nachweis einfacher deutscher Sprachkenntnisse zwecks
Erleichterung der Integration im Bundesgebiet abhängig gemacht werden kann, so kommt
aber auch ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers ohne die in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
AufenthG geforderten Sprachkenntnisse aus Art. 18 Abs. 1 EGV ersichtlich nicht in
Betracht.
Vgl. den Beschluss des VG Saarlouis vom 18.03.2009,
a.a.O. sowie der Kammer vom 20.01.2010, 10 L 51/10;
im Ergebnis ebenso VG Berlin, Urteil vom 19.12.2007, VG
5 V 22.07, InfAuslR 2008, 165, sowie VG Koblenz,
Beschluss vom 22.08.2008, 3 L 849/08.KO, zitiert nach
juris
Erweist sich nach alledem die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den
Antragsteller als offensichtlich rechtmäßig, unterliegt im Weiteren auch die mit ihr
verbundene und den gesetzlichen Anforderungen des § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG
entsprechende Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung keinen rechtlichen
Bedenken. Insbesondere sind mit Blick auf die von ihm geltend gemachten Beziehungen zu
seiner deutschen Ehefrau sowie deren minderjährigen Kinder keine Duldungsgründe gemäß
§ 60 a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG ersichtlich (vgl. oben).
Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
Die Festsetzung des im vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit der Hälfte des
Hauptsachewertes (Auffangwert) anzunehmenden Streitwertes folgt aus §§ 63 Abs. 2, 52
Abs. 2 GKG.