Urteil des VG Saarlouis vom 11.03.2009

VG Saarlouis: befreiung, bebauungsplan, zulässige geschosszahl, behörde, aufwand, missverhältnis, amtshandlung, begriff, kostendeckung, herstellungskosten

VG Saarlouis Urteil vom 11.3.2009, 5 K 910/07
Höhe der zulässigen Gebühr bei Befreiungen von Festsetzungen eines Bebauungsplanes
Leitsätze
1. Ein Bebauungsplan enthält nur dann eine Festsetzung der Geschossflächenzahl, wenn
dies darin geregelt ist. Die solche Festsetzung kann sich dagegen nicht aus der
Festsetzung einer überbaubaren Grundstücksfläche und der Anzahl der zulässigen
Vollgeschosse ergeben.
2. Eine Gebühr für eine Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplanes kann nur
verlangt werden, wenn der Befreiungsbescheid eine solche Befreiung ausdrücklich regelt.
3. Auch wenn das Saarländische Gebührengesetz in § 6 Abs. 3 Satz 3 bei der Festsetzung
der Höhe der Befreiungsgebühr eine Vorteilsabschöpfung zulässt, darf bei der Berechnung
der Gebührenhöhe das in § 6 Abs. 3 Satz 1 enthaltene Äquivalenzprinzip nicht außer acht
gelassen werden.
4. Bei Auslegung des Begriffs „Flächenvorteil“, wie er im Besonderen Gebührenverzeichnis
für die Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes (GebVerzBauaufsicht) vom 10.04.2003
enthalten ist, muss das Äquivalenzprinzip berücksichtigt werden.
5. Die Berücksichtigung der Nutzungsart, wie sie bei der Gebührenberechnung nach Ziff.
7.1.1 GebVerzBauaufsicht erfolgt, ist nicht zu beanstanden.
6. Zur Höhe des Zinsanspruchs bei Rückforderung einer bereits gezahlten Gebühr.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 03.07.2008 wird hinsichtlich eines Betrages von 2.074.192,-- Euro aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.074.192,-- Euro
zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
20.07.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.
Die Klägerin darf das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vollstrecken.
Der Streitwert wird auf 3.629.614,40 Euro festgesetzt.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen den Gebührenbescheid der Beklagten vom 13.03.2007.
Mit Antrag vom 24.05.2006 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer
Baugenehmigung für den Umbau und Erweiterung der S. unter Einbeziehung der
ehemaligen Bergwerksdirektion. Außerdem beantragte sie für ihr Bauvorhaben u. A. die
ehemaligen Bergwerksdirektion. Außerdem beantragte sie für ihr Bauvorhaben u. A. die
Erteilung von Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 1310701 vom
18.05.1989 wegen Überschreitung der Baulinien und der Baugrenzen. Nach den
Berechnungen der Klägerin betragen die Gesamtherstellungskosten für das Bauvorhaben
ca. 40 Millionen Euro.
Die Beklagte erteilte mit Bescheiden vom 08.09.2006 die beantragte Baugenehmigung
und gewährte u.a. folgende Befreiungen:
a) Vortreten von Gebäudeteilen vor die Baugrenze/Baulinie wegen der
Überbauung des Innenhofes der ehemaligen Bergwerksdirektion
(dreigeschossig);
b) Überbauung der öffentlichen Verkehrsfläche „Feuerwehrzufahrt“
zum Innenhof der Bergwerksdirektion wegen des Entfallens der
Erforderlichkeit;
c) Vortreten von Gebäudeteilen vor die Baugrenze/Baulinie wegen der
Verlagerung des Eingangsbereichs hin zur Ecke R. Straße.
Der Befreiungsbescheid enthielt außerdem den Zusatz „Die Gebühr für diesen Bescheid ist
in der Bauscheingebühr enthalten“. Mit Bescheid vom 18.09.2006 wurde für die Erteilung
der Baugenehmigung eine Gebühr in Höhe von 347.881,60 Euro festgesetzt. Mit dem
streitgegenständlichen Gebührenbescheid vom 13.03.2007 setzte die Beklagte
einschließlich der Zustellungskosten in Höhe von 3,45 Euro eine Befreiungsgebühr von
3.629.614,40 Euro fest. Die Berechnung der Gebühr erfolgte dabei auf der Grundlage
eines Bodenrichtwertes von 1.600,-- Euro für den Bereich der ehemaligen
Bergwerksdirektion und 1.790,-- Euro für den Bereich der Saargalerie. Den Flächenvorteil
für die durch die Bebauung auf der nach dem Bebauungsplan nicht überbaubaren
Grundstücksfläche neu entstehenden Geschossflächen berechnete die Beklagte mit
4.276,11 qm, die sich wie folgt zusammensetzte: ehemalige Bergwerksdirektion: 3
Geschossebenen mit je 1.683,37 qm, abzüglich Luftraum von 774 qm und S.: 233,21 qm
(164,92 qm + 68,29 qm).
Gegen den am 15.03.2007 zugestellten Gebührenbescheid legte die Klägerin am
13.04.2007 Widerspruch ein.
Durch am 10.07.2007 ergangenen Widerspruchsbescheid wurde der Widerspruch
zurückgewiesen. In den Gründen heißt es, als "Flächenvorteil" sei der Gebührenberechnung
für den Bereich der ehemaligen Bergwerksdirektion die gesamte hinzugewonnene
Geschossfläche von 4.276,11 qm (3 Geschossebenen mit je 1.683,37 qm abzüglich
Luftraum von 774 qm) zugrunde zu legen und nicht lediglich die zusätzlich bebaubare
Grundstücksfläche von 1.683,37 qm. Grundlage der Gebühr sei nicht der (tatsächliche
oder durchschnittliche) Aufwand der Behörde für die Bearbeitung des Befreiungsantrages,
sondern der Nutzen, den die Befreiung für den Antragsteller habe. Hier bestehe der Nutzen
der Befreiung darin, dass eine nach den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht
überbaubare Grundstücksfläche bebaut werden dürfe und insoweit decke sich der
Flächenvorteil mit der zusätzlich bebaubaren Grundfläche. Die Befreiung und damit auch
deren Nutzen erschöpften sich aber nicht in dieser Erweiterung der bebaubaren Fläche.
Denn um die so hinzugewonnene Fläche überhaupt baulich ausnutzen zu können, müsse
die Klägerin zugleich auch von der Einhaltung der zulässigen Geschossflächenzahl befreit
werden. Im Bebauungsplan sei nämlich nicht nur die überbaubare Grundstücksfläche
mittels Baulinien festgesetzt, sondern zusätzlich auch die Anzahl der Vollgeschosse. Damit
sei im Ergebnis auch das zulässige Maß der baulichen Nutzung verbindlich festgesetzt,
denn aus der Multiplikation der überbaubaren Grundfläche mit der Anzahl der Vollgeschosse
ergebe sich gemäß § 20 Abs. 3 BauNVO die zulässige Geschossfläche und aus dem
Verhältnis dieses Wertes zur gesamten Grundstücksfläche ergebe sich nach § 20 Abs. 2
BauNVO die Geschossflächenzahl. Da die Festsetzungen im Bebauungsplan exakt der
vorhandenen Bebauung entsprächen, sei mit jeder Erweiterung des Bestandes
zwangsläufig auch eine Überschreitung der zulässigen Geschossfläche verbunden.
Dementsprechend müsse neben der Befreiung von der Einhaltung der Baulinien auch die
Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl im Wege der Befreiung gestattet
werden, was im Befreiungsbescheid durch den Klammerzusatz "dreigeschossig" bei der
Überbauung des Innenhofes der ehemaligen Bergwerksdirektion zum Ausdruck komme.
Damit beschränke sich aber der durch die Befreiung erlangte Vorteil nicht mehr auf die
Grundstücksfläche, die zusätzlich bebaut werden dürfe, sondern er bestehe in der
erweiterten baulichen Nutzbarkeit des Grundstücks durch die insgesamt hinzugewonnene
Geschossfläche.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Begriff "Grundstücksflächenbezogen", mit
dem die einschlägige Gebührennummer bezeichnet sei, da sich diese Bezeichnung als
Untergliederungspunkt augenscheinlich auf die Überschrift „Ausnahmen/Befreiungen von
den Vorschriften des Baugesetzbuchs ... " beziehe und nicht auf den durch die Befreiung
erlangten und zur Berechnung der Gebühr heranzuziehenden Flächenvorteil. Dass der
Faktor "Flächenvorteil" auch die zusätzliche Geschossfläche umfassen müsse und nicht nur
auf die Grundstücksfläche abgestellt werden könne, ergebe sich schon daraus, dass bei
einem Überschreiten der zulässigen Anzahl der Vollgeschosse - wofür die
Gebührennummer ebenfalls anzuwenden ist - gar keine zusätzliche Grundstücksfläche in
Anspruch genommen werde. In Bezug auf die Befreiung von der Einhaltung der zulässigen
Geschossflächenzahl könne der Flächenvorteil nur in der dadurch zusätzlich geschaffenen
Geschossfläche gesehen werden. Hinsichtlich der Frage, ob es gerechtfertigt sei, auch bei
der Überschreitung der Geschossflächenzahl den (vollen) Bodenrichtwert als Wertfaktor zur
Berechnung der Gebühr heranzuziehen, sehe die Gebührenvorschrift als Bezugsgröße
ausschließlich und unabhängig von der Art der Befreiung nur den Bodenrichtwert vor.
Hinzuzurechnen seien die im Bereich der S. aufgrund der Befreiung ("Vortreten von
Gebäudeteilen vor die Baugrenze/Baulinie wegen der Verlagerung des Eingangsbereiches
hin zur Ecke R. Straße") zusätzlich überbaubaren Flächen von 164,92 qm und 68,29 qm.
Da dabei jeweils nur ein Geschoss betroffen sei, ergebe sich der Flächenvorteil aus der
zusätzlich bebaubaren Fläche, ohne dass sich die Frage nach der Berücksichtigung
mehrerer Geschossebenen stelle.
Bedenken gegen die Wirksamkeit der einschlägigen Tarifstelle bestünden nicht, da die
Verfolgung des Gebührenzwecks der Vorteilsabschöpfung durch eine Baugebührenordnung
grundsätzlich zulässig sei. Das Saarländische Gebührengesetz (SaarlGebG) biete in § 6
Abs. 3 Satz 3 eine rechtliche Grundlage für den Zweck der Vorteilsabschöpfung in einem -
als Rechtsverordnung zu erlassenden - Gebührenverzeichnis. Die Befreiungsgebühr
entspreche zwar etwa 9 % der Gesamtherstellungskosten, jedoch komme der Beklagten
bei der Festsetzung der Gebühr kein Ermessen zu. Das Problem solch hoher
Befreiungsgebühren sei der Vorschrift immanent und nicht nur ein Problem dieses
Einzelfalls, so dass von einer sachlichen Unbilligkeit wohl nicht gesprochen werden könne.
Denn obwohl dem Verordnungsgeber die Konsequenz dieser Form der
Gebührenberechnung bekannt gewesen sei, habe er es nicht für erforderlich gehalten,
außergewöhnlich hohe Gebührenbeträge etwa durch eine Gebührenobergrenze
auszuschließen. Dies spreche gegen die Annahme einer sachlichen Unbilligkeit. Zudem sei
zu berücksichtigen, dass die Befreiung tatsächlich auch mit einem erheblichen
wirtschaftlichen Vorteil verbunden sei, weil die erweiterte Nutzbarkeit des Grundstücks
nahezu zu einer Verdoppelung der Verkaufsfläche führe, für deren Herstellung die Klägerin
anderenfalls weiteren Grund und Boden hätte hinzukaufen müssen. Dabei gehe der
tatsächliche Nutzen letztlich wohl noch über die (rein theoretische) Einsparung der Kosten
für einen Zukauf weiterer Grundstücke hinaus, weil entsprechende Grundstücke in diesem
Bereich nicht verfügbar seien, so dass das Vorhaben ohne die Befreiungen gar nicht bzw.
nicht in dieser Form oder diesem Umfang realisierbar gewesen wäre.
Der Bescheid wurde 07.08.2007 an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgesandt.
Am 20.07.2007 hatte die Klägerin bereits Untätigkeitsklage erhoben. Mit Schriftsatz vom
10.08.2007 – bei Gericht eingegangen am 13.08.2007 – hat sie den
Widerspruchsbescheid in ihre Klage bezogen.
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, die fragliche Tarifstelle 27.1.1 des
Gebührenverzeichnisses sei unwirksam, da sie ausschließlich vorteilsbezogen sei. Es müsse
aber der in § 6 Abs. 3 Satz 2 SaarlGebG enthaltene Gesichtspunkt der Kostendeckung im
Vordergrund stehen. Ein Vorrang der Vorteilsabschöpfung, der zu einer völligen
Vernachlässigung der Kostendeckung führe, könne durch das Merkmal der
Berücksichtigung nicht mehr als hinreichend gesetzlich bestimmt angesehen werden. Der
Bestimmtheitsgrundsatz verlange, dass der Gebührenschuldner nicht nur erkennen müsse,
für welche Leistung die Gebühr erhoben werde, sondern auch welchen Zweck der
Gesetzgeber mit der Gebührenerhebung und -bemessung verfolge. Tendenz und
Programm der Verordnung müssten gesetzlich so weit umrissen sein, dass schon aus der
Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar werde, was dem Bürger gegenüber zulässig
sein solle. Damit sei eine ausschließlich vorteilsbezogene Gestaltung einer Tarifstelle
unzulässig, da sich dies aus § 6 SaarlGebG nicht eindeutig so ergebe. Der Gesichtspunkt
der Kostendeckung müsse auch von dem Gesichtspunkt der Vorteilsabschöpfung
hinreichend genau abgrenzt werden.
Die Regelung des Gebührenverzeichnisses sei auch mit Art. 14 GG nicht vereinbar. Die
Befreiungsgebühr knüpfe an die Eröffnung weitergehender Nutzungsmöglichkeiten an
einem Privatgrundstück an, die keine staatliche Eigentumsgewährung darstelle, weil mit
einer Befreiungserteilung lediglich dem verfassungsrechtlichen Schutz des durch Art. 14
Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Privateigentums durch eine größtmögliche Aktualisierung
der Baufreiheit Rechnung getragen werden solle. Zwar sei eine Anknüpfung der
Gebührenerhebung an den durch die Befreiungserteilung entstandenen Wertzuwachs des
Grundstückes deshalb nicht grundsätzlich ausgeschlossen, der verfassungsrechtliche
Kontext der Befreiungserteilung müsse diese aber hinsichtlich des Umfangs der staatlichen
Partizipation beschränken. Andernfalls stelle die Gebührenerhebung einen unmittelbaren
Zugriff auf das private Eigentum dar, der den formalen und inhaltlichen
verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen müsse. Dies verlange, dass eine
hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage den Gebührenzweck der Vorteilsabschöpfung
beschränke, was durch eine Degression oder eine Kappungsgrenze geschehen könne. An
beidem fehle es hier, so dass ein gesetzlich nicht legitimierter Eingriff in das Privateigentum
vorliege.
Außerdem verletze die erhobene Gebühr das bundesverfassungsrechtliche
Äquivalenzprinzip, weil sie sich hinsichtlich ihrer Höhe völlig von den Kosten der
gebührenpflichtigen Leistung entferne. Der Verwaltungsaufwand für die Erteilung der
Befreiung könne nur wenige 100,-- Euro verursacht haben. Dem stehe eine
Verwaltungsgebühr in Höhe von 3,6 Millionen Euro gegenüber. Eine Gebühr, die den
Verwaltungsaufwand um mehr als Tausendfache übersteige, verstoße gegen das
Äquivalenzprinzip. Auf der Basis der für die Gebührenfestsetzung heran gezogenen
Tarifstelle ergebe sich hieraus also eine gröbliche Störung des Äquivalenzverhältnisses. Ein
gröbliches Missverhältnis zwischen Gebühr und Leistung bzw. Aufwand der Behörde und
damit eine prohibitive, die Baufreiheit erdrückende Wirkung der Gebühr entstehe auch,
wenn diese eine Grenze von 5 % der Herstellungskosten einer Anlage überschreite. Wie im
Widerspruchsbescheid insoweit zutreffend ausgeführt werde, betrage die Gebühr im
vorliegenden Falle rund 9 % der Gesamtherstellungskosten. Eine Störung des Verhältnisses
von Leistung und Gegenleistung ergebe sich schließlich auch daraus, dass die Höhe der
Befreiungsgebühr mehr als das 10-fache der Baugenehmigungsgebühr betrage.
Schließlich resultiere aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, dass der Gesichtspunkt
der Vorteilsabschöpfung bei der Bemessung der Gebühr nicht in unterschiedlicher Weise
mehrfach berücksichtigt werden dürfe. Dies sei aber hier der Fall, da sowohl bei der
Ermittlung des Bodenrichtwertes als auch bei der Festlegung des nutzungsabhängigen
Prozentsatzes der Gesichtspunkt der Art der baulichen Nutzung als wertbildend
herangezogen werde. Zudem fehle es für die unterschiedliche Höhe des Prozentsatzes an
einem sachlichen Anknüpfungsgrund. Die Auswirkungen der Befreiung seien in Bezug auf
den Flächenvorteil für alle drei Gruppen gleich. Der "Wert" der Erweiterung werde allerdings
durch die verschiedenen Prozentsätze unterschiedlich abgeschöpft.
Im bestandskräftigen Befreiungsbescheid vom 08.09.2006 sei geregelt, dass die Gebühr
hierfür in der Bauscheinsgebühr enthalten sei. Also erfasse der Gebührenbescheid vom
18.09.2006 auch die ausgesprochene Befreiung. Der Bescheid sei bestandskräftig
geworden, was der im vorliegenden Verfahren angefochtenen Gebührenfestsetzung
entgegen stehe. Die Tarifstelle führe in Ziffer 27.1.1 drei Befreiungstatbestände auf, wobei
nicht ohne weiteres ersichtlich sei, ob dies kumulativ oder alternativ sei. Es könne im
Ergebnis offen bleiben, ob der Begriff "grundstücksflächenbezogen" die Bestimmung des
Flächenvorteils in qm rechtfertige. In jedem Falle müsse die Gebühr an die konkrete
Verwaltungsleistung anknüpfen. Es sei unzutreffend, dass von der Einhaltung der
zulässigen Geschossflächenzahl befreit worden sei. Denn der Bebauungsplan setze eine
Geschossflächenzahl nicht fest. Ob die im Widerspruchsbescheid angestellten
Berechnungen nach Maßgabe des § 20 BauNVO eine bestimmte Geschossflächenzahl
ergebe, sei unerheblich, da nicht von einer Berechnungsweise, sondern von einer
Festsetzung des Bebauungsplanes befreit werde. Enthalte der Bebauungsplan eine solche
Festsetzung nicht, gehe auch die dahingehende Befreiung ins Leere. Ziffer 27.1 des
Gebührentarifes betreffe nur Befreiungen von den Vorschriften des Baugesetzbuches,
wozu die BauNVO nicht gehöre, sowie von Vorschriften aufgrund des Baugesetzbuches,
dazu gehöre zwar der Bebauungsplan, der aber eine entsprechende Festsetzung nicht
enthalte. Ob die BauNVO auf die Festsetzungen im Bebauungsplan Einfluss gehabt habe,
sei in diesem Zusammenhang unerheblich.
Die Klägerin beantragt
den Bescheid der Beklagten vom 13.03.2007 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2008
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin
3.629.614,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
20.07.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen
Widerspruchsbescheides,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die
Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Akte
des Widerspruchsverfahrens, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Den Beteiligten wurde im Anschluss an die mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2009
Schriftsatznachlass gewährt, der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20.02.2009 und
von der Klägerin mit Schriftsatz vom 09.03.2009 genutzt worden ist.
Entscheidungsgründe
Zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung von Amts wegen besteht im
Hinblick auf den Inhalt der Schriftsätze, die von der Klägerin und der Beklagten im Rahmen
des gewährten Schriftsatznachlasses bei Gericht eingereicht wurden, keine Veranlassung.
Denn aus diesen Schriftsätzen ergeben sich gegenüber dem Ergebnis der mündlichen
Verhandlung vom 28. Januar 2009 keine Änderungen der Sach- oder Rechtslage. Es ist
auch von keinem der Beteiligten eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
beantragt worden. Das Urteil konnte daher auf Grund der mündlichen Verhandlung vom
28. Januar 2009 ergehen.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 03.07.2008 ist hinsichtlich eines Betrages von 2.074.192,-- Euro rechtswidrig und
verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtmäßig ist
der angefochtene Bescheid dagegen hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.555.422,40
Euro.
Der Erhebung einer Befreiungsgebühr durch die Beklagte steht zunächst nicht die
Bestandskraft des Gebührenbescheides vom 18.09.2006 entgegen. Denn mit diesem
Bescheid wurde nicht auch zugleich eine Gebühr für die Befreiungen festgesetzt, so dass
die Beklagte nicht gehindert war, mit einem weiteren Bescheid eine Befreiungsgebühr
anzufordern.
Der im Befreiungsbescheid vom 08.09.2006 enthaltene Zusatz „Die Gebühr für diesen
Bescheid ist in der Bauscheingebühr enthalten“ bedeutet trotz ihrer vielleicht
missverständlichen Formulierung nicht, dass damit die Beklagte der Klägerin zugesagt
hätte, dass außer der Baugenehmigungsgebühr keine weitere Gebühr erhoben würde. Nur
in diesem Fall wäre die Klägerin aber trotz des Umstandes, dass im Gebührenbescheid
vom 18.09.2006 nur für die Erteilung der Baugenehmigung eine Gebühr in Höhe von
347.881,60 Euro festgesetzt worden ist, nicht jedoch eine Gebühr für die zusätzlich mit
dem Bescheid vom 08.09.2006 erteilte Befreiung, nicht verpflichtet eine eigene Gebühr für
die Befreiungen zu zahlen. So finden sich bereits im Bescheid vom 08.09.2006 keine
Ausführungen, dass nur für die Baugenehmigung eine Gebühr erhoben werden sollte, nicht
jedoch auch zusätzlich für die erteilten Befreiungen. Daher muss der genannte Satz als
bloße Ankündigung dahingehend verstanden werden, dass die für die Befreiungen zu
zahlende Gebühr in einem weiteren Bescheid gemeinsam mit der Gebühr für die
Baugenehmigung angefordert werden würde und nicht bereits mit den Befreiungen selbst.
Dass die Befreiungsgebühr dann doch nicht zusammen mit der Gebühr für die
Baugenehmigung erhoben worden ist, ist darauf zurückzuführen, dass innerhalb der
Verwaltung der Beklagten unterschiedliche Rechtsansichten über den Modus für die
Berechnung des „Flächenvorteils“ bestanden und erst eine Abklärung durch die Oberste
Baubehörde stattfinden sollte (vgl. Schreiben der Beklagten vom 05.01.2007 an das
Ministerium für Umwelt sowie das Antwortschreiben vom 26.01.2007). Außerdem fanden
auch Gespräche mit der Klägerin über die Höhe der Befreiungsgebühr statt (vgl. Schreiben
der Klägerin vom 13.04.2007). Erst nachdem die Klärung der Rechtsfrage in Abstimmung
mit der Obersten Baubehörde stattgefunden hatte und die mit der Klägerin geführten
Gespräche offensichtlich zu keiner Einigung geführt hatten, wurde mit dem
streitgegenständlichen Bescheid die Befreiungsgebühr festgesetzt. Insoweit war aber allen
Beteiligten klar, dass trotz der missverständlichen Formulierung im Bescheid vom
08.09.2006 zu keiner Zeit seitens der Beklagten beabsichtigt war, lediglich eine Gebühr für
die Baugenehmigung zu erheben und nicht auch für die erteilten Befreiungen.
Auch der Gebührenbescheid vom 18.09.2006 enthält keine Ausführungen dahingehend,
dass die Beklagte beabsichtigt hätte, auf die weitere Erhebung einer gesonderten Gebühr
für die Befreiungen zu verzichten. Dies wurde von der Klägerin auch offensichtlich nicht
erwartet, wie sich z. B. aus ihrem o.a. Schreiben vom 13.04.2007 ergibt. Hinsichtlich der
Frage eines Verzichts der Beklagten auf eine Erhebung der Befreiungsgebühr ist zudem zu
berücksichtigen, dass die Erhebung dieser Gebühr, wie sich aus dem SaarlGebG sowie
dem Besonderen Gebührenverzeichnis für die Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes
(GebVerzBauaufsicht) vom 10.04.2003 (ABl. S. 1194) ergibt, nicht im Ermessen der
Behörde steht, sondern von ihr zwingend durchzuführen ist. Insofern durfte die Beklagte
auch nicht auf die Erhebung einer gesonderten Gebühr für die der Klägerin erteilten
Befreiungen verzichten, wobei noch einmal darauf hinzuweisen ist, dass weder im
Befreiungsbescheid vom 08.09.2006 noch im Gebührenbescheid vom 18.09. 2006 ein
ausdrücklicher Verzicht auf die Erhebung einer Befreiungsgebühr enthalten ist. Zudem ist
zu berücksichtigen, dass seitens der Klägerin insoweit kein schutzwürdiges Vertrauen
entstanden sein konnte. Denn auch nach Erlass des Bescheides vom 18.09.2006 ging sie
davon aus, dass sie noch eine weitere Gebühr für die erteilten Befreiungen zu zahlen hätte
(vgl. ihr Schreiben vom 13.04.2007).
Daher war die Beklagte grundsätzlich berechtigt auch nach Erlass des Bescheides vom
18.09.2006, mit dem die Bauscheinsgebühr angefordert worden ist, noch eine Gebühr für
die erteilten Befreiungen festzusetzen. Allerdings ist die angeforderte Gebühr in Höhe von
3.629.614,40 Euro nur teilweise rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die in dem angegriffenen Bescheid erhobene Gebühr ist § 1 Abs. 1 a
und Abs. 2 und § 7 Abs. 1 SaarlGebG in Verbindung mit Ziffer 27.1.1. GebVerzBauaufsicht
vom 10.04.2003.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 a SaarlGebG sind für Amtshandlungen der Verwaltungsbehörden des
Landes Gebühren zu erheben, soweit die Amtshandlungen in dem Allgemeinen oder einem
Besonderen Gebührenverzeichnis aufgeführt sind. Das Allgemeine und die Besonderen
Gebührenverzeichnisse werden nach § 1 Abs. 2 SaarlGebG durch Rechtsverordnung
gemäß den §§ 5 und 6 erlassen. § 5 Abs. 2 SaarlGebG ermächtigt das zuständige
Ministerium durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Ministerium der Finanzen
die Besonderen Gebührenverzeichnisse sowie ihre Durchführungsbestimmungen,
Änderungen und Ergänzungen zu erlassen. In das Allgemeine und die Besonderen
Gebührenverzeichnisse dürfen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SaarlGebG nur Amtshandlungen und
Inanspruchnahmen staatlicher Einrichtungen aufgenommen werden, die individuell
zurechenbar sind. Die Gebührenverzeichnisse enthalten feste Gebühren, Wert- und
Rahmengebühren (§ 6 Abs. 2 SGebG). Nach § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 3 SaarlGebG richten
sich die Gebühren bei den festen und den Rahmengebühren nach dem auf die
Amtshandlung entfallenden durchschnittlichen Aufwand des Verwaltungszweiges, bei der
Bemessung der Höhe der Verwaltungsgebühren ist der Nutzen der staatlichen Leistung für
den Gebührenschuldner zu berücksichtigen.
Auf dieser Grundlage hat das Ministerium für Umwelt im Einvernehmen mit dem
Ministerium für Finanzen und Bundesangelegenheiten mit Verordnung vom 10.04.2003 ein
Besonderes Gebührenverzeichnis für die Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes
(GebVerzBauaufsicht) erlassen.
Dem hier im Streit stehenden Gebührenbescheid liegt Ziffer 27.1.1. i.V.m. Ziffer 27.1.6.
zugrunde, der zur Ziffer 27.1 gehört, die lautet: "Ausnahmen/Befreiungen von den
Vorschriften des Baugesetzbuches sowie von Vorschriften auf Grund des
Baugesetzbuches". Diese Text-Nummer ist einschlägig. Mit dem Bescheid vom
08.09.2006 wurden u.a. Befreiungen wegen des Vortretens von Gebäudeteilen vor die im
Bebauungsplan Nr. 1310701 vom 18.05.1989 festgesetzten Baugrenzen/Baulinien wegen
der Überbauung des Innenhofes der ehemaligen Bergwerksdirektion (dreigeschossig) und
der Verlagerung des Eingangsbereichs hin zur Ecke R. Straße erteilt. Damit ist die im
Bescheid vom 13.03.2007 angeforderte Gebühr unter Anwendung von Ziffer 27.1.1.
GebVerzBauaufsicht im Grundsatz entstanden.
Grundsätzliche Bedenken gegen Ziffer 27.1.1. GebVerzBauaufsicht bestehen nicht. Dies
betrifft zunächst die Frage nach der Rechtsgrundlage für diese Vorschrift. Es ergibt sich aus
dem Inhalt der Ziffer 27.1.1. GebVerzBauaufsicht, dass bei der Berechnung der zu
entrichtenden Gebühren nicht auf den durch die beantragte Verwaltungshandlung
verursachten Verwaltungskostenaufwand abgestellt wird, sondern es soll damit eine
Vorteilsabschöpfung erreicht werden. Denn die Höhe der Gebühr bestimmt sich maßgeblich
nach dem durch die gewährte Befreiung erlangten Flächenvorteil. Dies ergibt sich aus der
in Ziffer 27.1.1. GebVerzBauaufsicht enthaltenen Berechnungsformel. Diese lautet:
Flächenvorteil (qm) x Bodenrichtwert (Euro/qm) x nutzungsabhängiger Prozentsatz. Eine
solche Vorteilsabschöpfung lässt § 6 Abs. 3 Satz 3 SaarlGebG ausdrücklich zu, wonach bei
der Bemessung der Höhe der Verwaltungsgebühren der Nutzen der staatlichen Leistung
für den Gebührenschuldner zu berücksichtigen ist. Insofern unterscheidet sich die
Rechtslage im Saarland von der, die dem Urteil des OVG Berlin vom 22.06.2005 - 2 B
6.05 – (BauR 2005, 1677 (Ls.), zit. nach juris) zugrunde lag. Denn das Gebühren-
Beitragsgesetz Berlin sah in der bis zum 14.07.2006 geltenden Fassung in § 8 Abs. 2 vor,
dass die Verwaltungsgebühren unter Berücksichtigung der Kosten des Verwaltungszweiges
festzusetzen waren. Dies ließ aber eine Erhebung von Gebühren nur unter Beachtung des
Kostendeckungsprinzips nicht jedoch den Gebührenzweck der Vorteilsabschöpfung zu (so
OVG Berlin im Urteil vom 22.06.2005 unter Aufgabe seiner Rechtsprechung aus dem
Beschluss vom 03.06.2004 – 2 S 18.04 – NVwZ-RR 2005, 304). Diese Rechtslage hat
sich im Übrigen seit dem 15.07.2006 in Berlin geändert, da nach der Neufassung des § 8
Abs. 2 des Gebühren-Beitragsgesetzes die Verwaltungsgebühren auch nach dem Nutzen
oder der Bedeutung der Amtshandlung für den Gebührenschuldner zu bemessen sind.
Gegen die Verfolgung des Gebührenzwecks der Vorteilsabschöpfung durch das
GebVerzBauaufsicht bestehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken, denn in der
Rechtsprechung ist anerkannt, dass sowohl die Kostendeckung als auch die
Vorteilsabschöpfung verfassungsrechtlich legitime Gebührenzwecke sein können. Eine
Grenze findet sich nur dort, wo die Gebührenregelung gegen das zu wahrende
Äquivalenzprinzip verstößt.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 30.04.2003 – 6 C 4.02 –
BVerwGE 118, 123 = DVBl 2004, 194 = Buchholz
442.066 § 43 TKG Nr. 1, m.w.N..
Das Äquivalenzprinzip als Ausprägung des (bundes-)verfassungsrechtlichen Grundsatzes
der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass die Gebühr in keinem groben Missverhältnis zu dem
Wert der mit ihr abgegoltenen Leistung der öffentlichen Hand steht. Insbesondere verbietet
das Äquivalenzprinzip die Festsetzung der Gebühr völlig unabhängig von den Kosten der
gebührenpflichtigen Leistung.
Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.02.1979 - 2 BvL 5/76 -,
BVerfGE 50, 217 = NJW 1979, 1345 = DVBl 1979, 774,
vom 07.02.1991 - 2 BvL 24/84 - BVerfGE 83, 363 =
BGBl I 1991, 1215 = DVBl 1991, 691 = NVwZ 1992,
365, vom 12.02.1992 - 1 BvL 1/89 - BVerfGE 85, 337 =
NJW 1992, 1673 und vom 10.03.1998 - 1 BvR 178/97 -
BVerfGE 97, 332 = DVBl 1998, 699 = NJW 1998, 2128
= DÖV 1998, 729 sowie Urteil vom 19.03.2003 - 2 BvL
9/98 u.a. - BVerfGE 108, 1 = BGBl I 2003, 530 = NVwZ
2003, 715 = DÖV 2003, 549 = DVBl 2003, 993.
Dieses Prinzip hat im Saarland, ebenso wie in § 3 Abs. 1 des Verwaltungskostengesetzes
des Bundes, in § 6 Abs. 3 Satz 1 SaarlGebG seine einfachrechtliche Ausprägung gefunden,
wonach sich die Gebühren bei den festen und den Rahmengebühren nach dem auf die
Amtshandlung entfallenden durchschnittlichen Aufwand des Verwaltungszweiges richten.
Bei Anwendbarkeit des Äquivalenzprinzips verfügt der Gesetz- und Verordnungsgeber aber
über einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum hinsichtlich der Bemessung der
Gebühr. Diese muss sich nicht auf die Kosten des Verwaltungsaufwandes beschränken,
sondern kann auch andere Gesichtspunkte einfließen lassen, wie etwa den wirtschaftlichen
Wert der gebührenpflichtigen Leistung. Gleichwohl sind die für diese Leistung entstandenen
Kosten nicht gänzlich ohne Bedeutung. Das folgt aus dem Zweck der Gebühr, die dem
Gebührenschuldner vom Staat anlässlich einer individuell zurechenbaren öffentlichen
Leistung in der Absicht auferlegt wird, die Kosten dieser Leistung ganz oder teilweise zu
decken. § 6 Abs. 3 SaarlGebG berücksichtigt dies in seinem Satz 1 ausdrücklich, auch
wenn nach Satz 3 dem Nutzen für den Gebührenschuldner ebenfalls Rechnung zu tragen
ist. Daher verbietet sich eine Gebühr, die sich hinsichtlich ihrer Höhe völlig von den Kosten
der gebührenpflichtigen Leistung - hier der erteilten Befreiungen - entfernt.
Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.09.2001 - 6 C 13.00 -
BVerwGE 115, 125 = DVBl 2002, 479 = Buchholz
442.066 § 16 TKG Nr. 1 = DÖV 2002, 477 = NVwZ
2002, 858 und vom 30.04.2003, a.a.O..
Vorliegend ist die von der Beklagten erhobene Befreiungsgebühr insoweit zu beanstanden
ist, als sie einen Betrag von 1.555.418,95 Euro überschreitet.
Nicht zu beanstanden ist die erhobene Befreiungsgebühr, soweit sie die Flächen zur R.
Straße und zur … Straße betrifft. Die Anwendung der durch Ziffer 27.1.1.
GebVerzBauaufsicht geregelten Formel zur Berechnung der Befreiungsgebühr durch die
Beklagte weist keine Fehler auf. So kann weder festgestellt werden, dass die für den
Flächenvorteil zugrunde gelegte Grundstücksfläche noch der Bodenrichtwert noch der
nutzungsabhängige Prozentsatz fehlerhaft wären.
Rechtswidrig ist dagegen die berechnete Befreiungsgebühr, soweit sie die
Grundstücksfläche im Bereich der ehemaligen Bergwerksdirektion betrifft. In diesem Punkt
ist der Flächenvorteil fehlerhaft berechnet worden, weil die auf Grund der Befreiung
zusätzlich überbaubare Grundstücksfläche nicht nur ein Mal, sondern drei Mal – abzüglich
des Luftraumes – bei der Berechnung zugrunde gelegt worden ist, was jedoch unzulässig
ist. Dem steht bereits entgegen, dass eine Befreiung nur bezüglich der überbaubaren
Grundstücksfläche erteilt worden ist und nicht auch – wie von der Beklagten angenommen
– bezüglich der Geschoßflächenzahl.
Wie sich aus den o.a. Vorschriften ergibt, darf eine Gebühr für eine Befreiung nur insoweit
festgesetzt werden, als auch tatsächlich eine Befreiung nach dem Inhalt des
Bebauungsplanes für das Bauvorhaben erforderlich war. Vorliegend ist entgegen der
Ansicht der Beklagten keine Befreiung von einer festgesetzten Geschossflächenzahl erteilt
worden, so dass hierfür auch keine Gebühr erhoben werden durfte. Der Bebauungsplan Nr.
1310701 vom 18.05.1989 setzt für den Bereich der ehemaligen Bergwerksdirektion durch
Baulinien bzw. Baugrenzen ein Baufenster fest, das genau durch das Gebäude der
ehemaligen Bergwerksdirektion überbaut war. Außerdem setzte der Bebauungsplan eine
zulässige Geschosszahl von 4 fest, was der Anzahl der Geschosse der ehemaligen
Bergwerksdirektion entsprach. Aus diesen Festsetzungen kann jedoch nicht geschlossen
werden, dass der Bebauungsplan auch indirekt eine Geschossflächenzahl festgesetzt
hätte. Vielmehr muss auf Grund der mit einem Bebauungsplan verbundenen
Publikationswirkung, was sich insbesondere darin manifestiert, dass er zu seiner
Inkraftsetzung der Veröffentlichung bedarf (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB), davon
ausgegangen werden, dass er nur solche Festsetzungen regelt, die sich aus ihm
ausdrücklich ergeben. Die Kammer folgt insoweit nicht der Rechtsauffassung, die in der von
der Beklagten zitierten Kommentierung anklingt, dass durch die bloße Festsetzung der
Anzahl der zulässigen Geschosse und der überbaubaren Grundstücksfläche bereits
automatisch auch eine Geschossflächenzahl festgesetzt worden ist. Ein solches
Verständnis würde der Vorschrift des § 16 BauNVO 1977, die zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des streitgegenständlichen Bebauungsplanes galt, widersprechen. Denn nach
§ 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BauNVO 1977 wird das Maß der baulichen Nutzung bestimmt
durch Festsetzung 1. der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der
Baumassenzahl oder der Baumasse, 2. der Grundflächenzahl oder der Größe der
Grundflächen der baulichen Anlagen und 3. der Zahl der Vollgeschosse. Diese
Unterscheidung zwischen den einzelnen Festsetzungen hinsichtlich des Maßes der
baulichen Nutzung würde jedoch weitgehend ihren Sinn verlieren, wenn bereits durch die
Festsetzung der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen und der Zahl der
Vollgeschosse automatisch auch eine Geschossflächenzahl festgesetzt worden wäre. Auch
entstünde ein Widerspruch zu § 16 Abs. 4 Satz 1 BauNVO 1977, wonach von einzelnen
der in Absatz 2 Satz 2 genannten Festsetzungen abgesehen werden kann, wenn die
getroffenen Festsetzungen zur Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im Rahmen
des § 17 ausreichen. Diese Regelung spricht offensichtlich gegen einen generell möglichen
Verzicht auf die Festsetzung einer Geschossflächenzahl, wenn überbaubare
Grundstücksfläche und Anzahl der zulässigen Vollgeschosse im Bebauungsplan festgesetzt
worden sind.
Da der Bebauungsplan Nr. 1310701 keine ausdrückliche Festsetzung hinsichtlich der
Geschossflächenzahl enthält, kann eine solche folglich nicht daraus hergeleitet werden,
dass das im Bereich der ehemaligen Bergwerksdirektion festgesetzte Baufenster bereits
vollständig mit der maximal zulässigen Anzahl von Geschossen überbaut war. Vielmehr
hätte es insoweit einer ausdrücklichen Festsetzung einer Geschoßflächenzahl nach § 20
Abs. 1 BauNVO 1977 bedurft.
Im Übrigen wurde auch nach dem Wortlaut des Befreiungsbescheides vom 08.09.2006
keine ausdrückliche Befreiung von einer von der Beklagten angenommenen
Geschossflächenzahl erteilt. Aus dem bloßen Klammerzusatz „dreigeschossig“ den Schluss
zu ziehen, es sei damit zumindest inzidenter auch eine Befreiung von einer aus den
Festsetzungen des Bebauungsplanes errechneten, also noch nicht einmal ausdrücklich
festgesetzten Geschossflächenzahl erteilt worden, ist unter Gesichtspunkt der
erforderlichen Rechtssicherheit hinsichtlich des Regelungsinhaltes eines Verwaltungsaktes
nicht zulässig.
Insofern muss schon davon ausgegangen werden, dass überhaupt keine gebührenpflichtige
Befreiung von einer Geschossflächenzahl erteilt worden ist. Bereits aus diesem Grund ist
es rechtswidrig, dass die Beklagte die vom Vorhaben der Klägerin außerhalb des
festgesetzten Baufensters überbaute Grundstücksfläche gleich dreifach (unter Abzug des
Luftraumes der Geschäftsfläche) bei der Berechnung des Flächenvorteils zugrunde legte
Auch aus einem weiteren Grund ist die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des
Flächenvorteils zu beanstanden: Sie steht nicht im Einklang mit dem bereits dargelegten
Äquivalenzprinzip. An diesem Grundsatz muss sich auch der Begriff Flächenvorteils, der der
Formel für die Berechnung der Befreiungsgebühr immer zugrunde liegt, messen lassen. Die
Formel zur Berechnung der Befreiungsgebühr dient dem Gebührenzweck der
Vorteilsabschöpfung, wie sie in § 6 Abs. 3 Satz 3 SaarlGebG ausdrücklich zugelassen
worden ist. Diese Vorteilsabschöpfung darf jedoch, wie sich unter Beachtung der oben
dargelegten Rechtsprechung ergibt, nicht völlig losgelöst vom Wert der mit ihr
abgegoltenen Leistung der öffentlichen Hand stehen und sie muss auch den tatsächlich
dem Bauherrn auf Grund der Befreiung zufließenden Vorteil berücksichtigen. Damit steht
jedoch die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Flächenvorteils nicht in
Einklang. Gemäß Ziffer 27.1.1. GebVerzBauaufsicht wird der Flächenvorteil mit dem Wert
der durch die Befreiung zusätzlich für eine Bebauung gewonnenen Grundstücksfläche
multipliziert. Dies bedeutet, dass maßgeblich für die Höhe der zu entrichtenden
Befreiungsgebühr der Wert des Grundstücks bzw. Grundstücksteils ist, das auf Grund der
Befreiung zusätzlich überbaut werden darf. Der dahinter stehende Gedanke ist, dass ein
Bauherr auf Grund der Befreiung eine ihm bereits gehörende Grundstücksfläche mit
seinem Vorhaben überbauen darf und nicht gezwungen ist, zusätzliche Flächen zu dem in
diesem Gebiet üblichen Grundstückspreis zu erwerben. Der dadurch entstehende
finanzielle Vorteil soll dann durch die Befreiungsgebühr zumindest teilweise abgeschöpft
werden. Dabei ist es aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden, dass unterschiedliche
Nutzungsarten auch zu unterschiedlichen Gebührenhöhen führen. Denn die gewerbliche
Nutzung einer Grundstücksfläche hat für den Bauherrn einen offensichtlich größeren
finanziellen Nutzen als die Errichtung einer Nebenanlage, wie z.B. eine Garage. Es kann
auch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass durch die
unterschiedlichen Prozentsätze in der Berechnungsformel nach Ziffer 27.1.1.
GebVerzBauaufsicht eine doppelte Berücksichtigung der Nutzungsart stattfinden würde.
Denn auch in Bereichen, in denen der Grundstückswert auf Grund einer zugelassenen
gewerblichen Nutzung sehr hoch ist, kann der Bauherr durchaus eine Nebenanlage
errichten, die für ihn offensichtlich einen geringeren finanziellen Vorteil bietet, als eine
Nutzung zu Wohnzwecken oder eine gewerbliche Nutzung
Im Übrigen hängt der Wert eines Grundstücks auch weniger davon ab, welche Nutzungsart
auf diesem Grundstück zugelassen wird, als vielmehr von seiner Lage. So ist ein
Innenstadtgrundstück, auch wenn darauf „nur“ eine Wohnbebauung zugelassen ist,
offensichtlich mehr wert als ein Grundstück in einer ländlichen Gegend, auf dem eine
gewerbliche Nutzung erlaubt ist. Insofern ist die Nutzungsart des Grundstücks für dessen
Werthaltigkeit allenfalls sekundär. Hingegen ist die Nutzungsart für den durch die Befreiung
entstehenden finanziellen Nutzen für den Bauherrn durchaus erheblich und kann daher
auch zum Maßstab für die Höhe der Befreiungsgebühr gemacht werden.
Der Grundgedanke der Vorteilsabschöpfung, der der Berechnungsformel in Ziffer 27.1.1.
GebVerzBauaufsicht zugrunde liegt, ist aber immer im Zusammenspiel mit dem
Äquivalenzprinzip zu sehen, wie es in § 6 Abs. 3 Satz 1 SaarlGebG geregelt ist. Damit ist
die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Flächenvorteils nicht vereinbar.
Der Begriff des Flächenvorteils, der u.a. in Ziff. 27.1.1. GebVerzBauaufsicht verwendet
wird, ist weder in der Vorschrift selbst noch im SaarlGebG definiert. Bei der Auslegung des
Begriffes kann jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht allein auf den Grundsatz
der Vorteilsabschöpfung abgestellt werden, sondern es muss auch das Äquivalenzprinzip
berücksichtigt werden. Dies hat die Beklagte durch die von ihr vorgenommene
Berechnungsmethode nicht ausreichend getan, wobei sie allerdings insoweit auch den
Vorgaben der Oberen Bauaufsichtsbehörde gefolgt ist. Der Flächenvorteil wird nach der in
Ziff. 27.1.1. GebVerzBauaufsicht verwendeten Formel mit dem als variabler wertbildender
Faktor vorgesehenen Bodenrichtwert multipliziert, so dass entscheidend für die
Vorteilsabschöpfung auf den Grundstückswert abgestellt wird. Daraus folgt, dass für die
Vorteilsabschöpfung der Wert der auf Grund der Befreiung zusätzlich überbaubaren
Grundstücksfläche maßgeblich ist. Damit ist jedoch eine Berechnung des Flächenvorteils
durch Addition aller Geschossflächen, die ggf. auf Grund der Befreiung errichtet werden
können, nicht vereinbar. Daher ist die Berechnung der Beklagten fehlerhaft, denn sie hat
die durch die erteilte Befreiung für eine Bebauung hinzugewonnene Grundstücksfläche nicht
nur ein Mal sondern drei Mal, nämlich für jede über dieser Grundstücksfläche befindliche
Geschossfläche, bei der Berechnung des Flächenvorteils berücksichtigt. Der Bauherr
erwirbt bei einer mehrgeschossigen Bauweise ein Grundstück nicht mehrmals, sondern nur
einmal, um darüber ein mehrgeschossiges Gebäude zu errichten. Es erfolgt dagegen nicht
für jedes Geschoss ein erneuter Erwerb des Grundstücks.
Im Übrigen hat die Möglichkeit einer mehrgeschossigen Bebauung auch bereits
Niederschlag im Bodenrichtwert gefunden. Dies wird im vorliegenden Fall insbesondere
darin deutlich, dass der Bodenrichtwert für die Fläche der ehemaligen Bergwerksdirektion,
für die eine viergeschossige Bebauung zugelassen ist, niedriger ist als für das angrenzende
Gelände der S., für das eine sechsgeschossige Bebauung zugelassen ist, obwohl die
Nutzungsart, nämlich Kerngebiet, bei beiden Flächen identisch ist. Insofern führt die von der
Beklagten angewandte Methode für die Berechnung des Flächenvorteils zu einer
unzulässigen, weil über eine Vorteilsabschöpfung hinausschießenden doppelten
Berücksichtigung der mehrgeschossigen Bebauung. Außerdem führt die Vervielfachung der
Grundstücksfläche bei der Berechnung des Flächenvorteils dazu, dass die Gebühr in aller
Regel mit dem Äquivalenzprinzip nicht mehr in Einklang steht.
Auch dies wird im vorliegenden Fall sehr deutlich. So beträgt die erhobene
Befreiungsgebühr für den Bereich der ehemaligen Bergwerksdirektion 3.420.888,-- Euro.
Dieser Betrag liegt aber über dem sich unter Zugrundelegung des Bodenrichtwertes
ergebenden Grundstückswert von 2.693.392,-- Euro. Damit wird aber ersichtlich, dass die
Befreiungsgebühr nicht nur den sich für die Klägerin ergebenden Vermögensvorteil in Form
einer zusätzlich nutzbaren Grundstücksfläche abschöpft, sondern darüber hinausgeht.
Wenn die Befreiungsgebühr aber über dem liegt, was für den Erwerb eines entsprechenden
Grundstücks zu bezahlen wäre, so ist sie nicht mehr von dem zulässigen Gebührenzweck
der Vorteilsabschöpfung gedeckt. Es kann daher vorliegend offen bleiben, ob die
Befreiungsgebühr in ihrer von der Beklagten verlangten Höhe auch gegen das
Äquivalenzprinzip verstößt, weil sie sich hinsichtlich ihrer Höhe völlig von den Kosten der
gebührenpflichtigen Leistung entfernt hat.
Nicht zu beanstanden ist die Befreiungsgebühr in Höhe eines Betrages von 1.555.422,40
Euro; sie verstößt insbesondere nicht gegen das Äquivalenzprinzip.
In der Rechtsprechung wurde ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip, z.B. in zwei Urteilen
des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.04.2003 (6 C 4.02, a.a.O. und 6 C 5.02, NVwZ
2003, 1385) bejaht, weil die Höhe der Verwaltungsgebühren die Kosten des
Verwaltungsaufwandes um etwa das 4.444fache überstiegen. Auch eine
Verwaltungsgebühr, deren Höhe die Kosten des Verwaltungsaufwands um das
Tausendfache überstieg, wurde wegen Verstoßes gegen das Äquivalenzprinzip in der
Rechtsprechung bereits beanstandet (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom
28.01.2008 – 9 A 2206/07 – DVBl 2008, 470 (Ls.), zit. nach juris).
Ob im vorliegenden Fall der tatsächliche Verwaltungsaufwand unter einem Tausendstel der
hier streitgegenständlichen Befreiungsgebühr liegt, kann letztlich dahin gestellt bleiben.
Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der für die Berechnung der Gebühr
zugrunde zulegende Flächenvorteil von der Beklagten zu hoch angesetzt worden ist und
deshalb die auf Grund der Befreiung zusätzlich nutzbare Grundstücksfläche nur einfach in
die Berechnung einbezogen werden darf, ergibt sich vorliegend eine zulässige Gebühr von
1.555.418,95 Euro ([1683,37 qm x 1.600,-- Euro + 233,21 qm x 1790,-- Euro] x 50 %).
Bei einer solchen Höhe der Befreiungsgebühr ist jedoch ein Verstoß gegen das
Äquivalenzprinzip nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die Komplexität des Bauvorhabens der
Klägerin erscheint dem Gericht nämlich ein Verwaltungsaufwand in Höhe von ca. 1.500,--
Euro durchaus angemessen. Damit kann aber ein unzulässiges Missverhältnis zwischen der
erhobenen Gebühr und den tatsächlichen Kosten für die Verwaltungshandlung nicht
festgestellt werden. Dies gilt erst recht, wenn man die in den zitierten Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts genannte Grenze vom 4.444fachen der Kosten hier zugrunde
legt. In diesem Fall wäre ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip erst zu bejahen, wenn die
Kosten der Verwaltung bei weniger als 350,-- Euro lägen. Dies wird jedoch nicht einmal von
der Klägerin behauptet, da sie selbst in ihrer Klagebegründung ausführt, der
Verwaltungsaufwand für die Erteilung der Befreiung könne nur wenige Hundert Euro
betragen.
Die sich damit ergebende Befreiungsgebühr in Höhe von 1.555.418,90 Euro liegt auch
unter 5 % der Herstellungskosten des Gebäudes von ca. 40 Millionen Euro, wobei darauf
hinzuweisen ist, dass in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 03.11.2004 - 9 A 1698/02
- zit. nach juris) keine Aussage dahin getroffen worden ist, dass eine Befreiungsgebühr
allein deshalb zu beanstanden sei, weil sie 5 % der Herstellungskosten einer baulichen
Anlage übersteigt. Vielmehr heißt es in der Entscheidung lediglich, es sei nicht zu
beanstanden, dass in dem betroffenen Bauvorhaben die Baugenehmigungs- und
Kontrollgebühren einen Anteil von etwa 4,9 % an den tatsächlichen Rohbaukosten
ausmachten. Weiter heißt es in der Entscheidung, dass das Äquivalenzprinzip verletzt sei,
wenn zwischen Gebühr und Leistung bzw. Aufwand der Behörde ein gröbliches
Missverhältnis bestehe. Folglich könne die Prüfung der Wahrung dieses Prinzips immer nur
differenziert für die jeweilige einzelne Leistung der Behörde, mithin für die einzelne
Amtshandlung durchgeführt werden. Eine Aussage, dass eine Verletzung des
Äquivalenzprinzips immer dann vorliege, wenn die Gebühr einen Prozentsatz von 5 % der
Rohbaukosten überschreite, enthält die Entscheidung dagegen nicht.
Im Hinblick darauf, dass das Äquivalenzprinzip nur dann verletzt ist, wenn zwischen Gebühr
und Leistung bzw. Aufwand der Behörde ein gröbliches Missverhältnis besteht, ist es
vorliegend auch unerheblich, dass die Befreiungsgebühr ein Mehrfaches der
Baugenehmigungsgebühr beträgt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei der
Baugenehmigungsgebühr im Gegensatz zur Befreiungsgebühr im GebVerzBauaufsicht, wie
sich aus den unterschiedlichen Berechnungsformeln ergibt, keine Vorteilsabschöpfung
vorgesehen ist. Insofern ist es zwangsläufig, dass in Fällen, in denen wie im vorliegenden
Fall der Bodenrichtwert sehr hoch ist und zudem für eine große Grundstücksfläche
Befreiungen erteilt wurden, auch die Befreiungsgebühr hoch ist und die Gebühr für die
Baugenehmigung übersteigt. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip kann daraus jedoch
nicht hergeleitet werden.
Geht man von der genannten Berechnung des Flächenvorteils aus, so bestehen auch keine
rechtlichen Bedenken dagegen, dass in Ziffer 27.1.1. GebVerzBauaufsicht keine
Degression oder Kappungsgrenze für die Befreiungsgebühr vorgesehen ist. Denn wenn
man den Flächenvorteil auf die Fläche der durch die Befreiung für eine Bebauung
hinzugewonnenen Grundstücksfläche beschränkt, ergibt sich automatisch eine Deckelung
auf 50 % des Grundstückswertes. Ein solcher Wert hält sich jedoch im Rahmen der durch §
6 Abs. 3 Satz 3 SaarlGebG zugelassenen Vorteilsabschöpfung. Hingegen würde die von der
Beklagten vorgenommene Berechnungsmethode für den Flächenvorteil eine
Kappungsgrenze unabdingbar machen, da es ansonsten bei mehrgeschossigen Gebäuden
dazu käme, dass die Befreiungsgebühr ein Mehrfaches des Grundstückswertes betrüge
und damit über eine zulässige Vorteilsabschöpfung hinausginge.
Zu Recht ist die Klägerin neben der angefochtenen Befreiungsgebühr auch zur Zahlung
einer Zustellungsgebühr in Höhe von 3,45 Euro herangezogen worden. Hierbei handelt es
sich um besondere Auslagen im Sinne von § 2 Abs. 2 lit.a SaarlGebG, die neben der
eigentlichen Gebühr zu entrichten sind.
Daher ist der beanstandete Bescheid aufzuheben, soweit er eine Gebühr festsetzt, die den
Betrag von 1.555.422,40 (1.555.418,95 + 3,45) Euro übersteigt. Die Beklagte ist daher
verpflichtet an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.074.192,-- Euro zurückzuzahlen.
Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ist ebenfalls nur teilweise begründet.
Ihr steht ein Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit in entsprechender Anwendung der
§§ 291, 288 BGB grundsätzlich zu. § 14 Abs. 4 SaarlGebG ist nicht einschlägig, da im
vorliegenden Fall keine Festsetzung des zu erstattenden Betrages durch eine zuständige
Behörde oder ein zuständiges Organ erfolgt, sondern das Gericht verurteilt die Beklagte zur
Rückzahlung der bereits von der Klägerin geleisteten Gebührenzahlung. Die Höhe des
Zinssatzes beträgt jedoch nur 5 Prozentpunkte und nicht 8 Prozentpunkte, wie von der
Klägerin geltend gemacht. Gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB beträgt der Zinssatz für das
Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. § 288 Abs. 2 BGB, wonach bei
Rechtsgeschäften, an denen Verbraucher nicht beteiligt sind, der Zinssatz für
Entgeltforderungen 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt, findet entgegen der
Auffassung der Klägerin keine Anwendung. Bei dem hier geltend gemachten öffentlich-
rechtlichen Erstattungsanspruch handelt es sich nicht um eine Entgeltforderung i.S. des §
288 Abs. 2 BGB. Hierfür wäre nämlich Voraussetzung, dass die Parteien in einem
vertraglichen Austauschverhältnis stehen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 – 3 C 23.03 – NVwZ
2004, 991 = UPR 2004, 352.
Dies jedoch vorliegend nicht der Fall, da die Anforderung der Befreiungsgebühr durch die
Beklagte durch hoheitlichen Akt erfolgte und nicht im Rahmen eines irgendwie gearteten
Vertragsverhältnisses. Ein Solches wird durch das einseitige Begehren der Klägerin auf
Rückzahlung der Gebühr offensichtlich nicht begründet. Für einen über fünf Prozentpunkte
über den Basiszinssatz hinausgehenden Zinsanspruch der Klägerin besteht damit keine
Rechtsgrundlage, so dass die Klage insoweit unbegründet ist.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
Die Berufung ist zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO
vorliegen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 GKG.