Urteil des VG Saarlouis vom 01.03.2006

VG Saarlouis: befreiung, garage, bebauungsplan, amtshandlung, aufwand, richteramt, stadt, wohnhaus, gewerbe, zustellung

VG Saarlouis Urteil vom 1.3.2006, 5 K 163/04
Gebühr für eine Befreiung von der festgesetzten Grundflächenzahl bei Bauvorhaben mit
unterschiedlichen Nutzungen
Leitsätze
Bei Bauvorhaben mit unterschiedlichen Nutzungen richtet sich die Gebühr für eine
Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Grundflächenzahl danach, wo bei
welcher Nutzungsart der Schwerpunkt des vorhabens liegt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem
Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 403,92 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die teilweise Aufhebung des Gebührenbescheides des Beklagten vom
06.11.2003.
Die Klägerin beantragte mit Bauantrag vom 10.09.2003 die Erteilung einer
Baugenehmigung für den Neubau eines Doppelhauses mit zwei Garagen auf den Parzellen
Nrn. .../... und .../..., Flur ..., in der Gemarkung Überherrn. Außerdem beantragte sie unter
dem 30.09.2003 die Befreiung von der zulässigen Grundflächenzahl, weil eine verlängerte
Garagenzufahrt erforderlich sei, um eine optimale Ausnutzung des Grundstücks zu
erreichen. Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „An der
Differter Straße“ der Gemeinde Ü.. Dieser setzt für das Gebiet, in dem das Baugrundstück
liegt, eine Grundflächenzahl von 0,4 fest, wobei Garagen und Stellplätze mit ihren
Zufahrten sowie Nebenanlagen i.S. des § 14 BauNVO bei der Ermittlung der zulässigen
Grundfläche zu berücksichtigen sind. Die Größe des Baugrundstückes beträgt ca. 573 qm.
Gemäß den Bauunterlagen sollte die bebaute Fläche insgesamt 256,40 qm betragen,
wobei 148,29 qm auf die beiden Gebäudehälften und 107,82 qm auf die beiden Garagen
sowie die zugehörigen Garagenzufahrten entfielen.
Mit Bauschein vom 06.11.2003 wurden der Klägerin die beantragte Baugenehmigung
sowie u.a. eine Befreiung wegen Überschreitung der zulässigen Grundflächenzahl erteilt.
Dem Bauschein war ein Gebührenbescheid über 2.227,00 Euro beigefügt. Dabei entfiel
eine Gebühr in Höhe von 1.092,66 Euro auf die Befreiung von einer städtebaulichen
Satzung. Der Beklagte legte der Berechnung einen Flächenvorteil von 36,80 qm, einen
Bodenrichtwert von 99,00 EUR/qm und einen nutzungsabhängigen Prozentsatz (Wohnen)
von 30 % zugrunde.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 06.11.2003 zugestellt. Mit am 02.12.2003 beim
Beklagten eingegangenen Schreiben legte die Klägerin Widerspruch gegen den
Gebührenbescheid ein. Zur Begründung führte sie aus, in dem Gebührenbescheid sei
bezüglich der Überschreitung der zulässigen Grundflächenzahl von dem
nutzungsabhängigen Prozentsatz Wohnen von 30 % ausgegangen worden. Für das
Gebäude selbst inklusive den zwei Garagen sei die zulässige Grundflächenzahl aber
unterschritten worden. Lediglich durch die Garagenzufahrt erfolge die Überschreitung. Aus
diesem Grund müsse in der Kostenberechnung unter 27.1.1 der nutzungsabhängige
Prozentsatz für Garagen, nämlich 15%, in Ansatz gebracht werden.
Mit Bescheid vom 19.12.2003 wurde dem Widerspruch der Klägerin teilweise abgeholfen
und die Gebühr auf 1.942,00 EUR neu festgesetzt. Bei der Neufestsetzung wurde der
Flächenvorteil mit 27,20 qm neu berechnet und die Gebühr für die Befreiung auf 807,84
Euro herabgesetzt.
Euro herabgesetzt.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 22.12.2003 zugestellt. Auch gegen diesen Bescheid
legte die Klägerin Widerspruch ein, der am 29.12.2003 beim Beklagten einging. Zur
Begründung verwies sie auf ihre Ausführungen aus ihrem vorherigen Widerspruch.
Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 16.09.2004, der auf Grund mündlicher
Verhandlung vom 22.07.2004 erging, zurückgewiesen. In dem Bescheid ist ausgeführt, die
Gebührenfestsetzung finde ihre rechtliche Grundlage in § 1 Abs. 1 Nr. 1 a des Saarl.
Gebührengesetzes (SaarlGebG) in Verbindung mit dem Besonderen Gebührenverzeichnis
für die Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes (GebVerzBauaufsicht) vom 10.04.2003.
Gemäß diesen Bestimmungen sei die für die Erteilung der Baugenehmigung zu zahlende
Gebühr auf insgesamt 1.942,00 Euro festzusetzen gewesen. Für die Bearbeitung des
Bauantrages und die Erteilung der Baugenehmigung betreffend das Wohnhaus falle eine
Gebühr in Höhe von 946,16 EUR und für die Errichtung der beiden Garagen eine Gebühr
von 69,92 EUR an. Für die Befreiung von den Festsetzungen des entsprechenden
Bebauungsplans wegen Überschreitens der zulässigen Grundflächenzahl falle gemäß Ziffer
27.1.1 GebVerzBauaufsicht eine Gebühr von 807,84 EUR an. Diese berechne sich nach
dem Flächenvorteil von 27,20 qm, multipliziert mit dem Bodenrichtwert von 99,00 EUR pro
qm, multipliziert mit dem maßgeblichen in dem Gebührenverzeichnis festgesetzten
nutzungsabhängigen Prozentsatz von 30 %. Gemäß § 19 Abs. 4 Ziffer 1 BauNVO seien bei
der Ermittlung der Grundfläche die Grundflächen von Garagen und Stellplätzen mit ihren
Zufahrten mit zu rechnen. Die Einbeziehung der Garagenzufahrt bei der Ermittlung der
Grundflächenzahl sei folglich gesetzlich vorgeschrieben.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 17.09.2004 zur Post gegeben und mit
eingeschriebenem Brief an die Klägerin abgesandt.
Am 28.09.2004 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, sie wende
sich dagegen, dass bezüglich der insgesamt überschrittenen Baufläche von 27,20 qm der
Prozentsatz von 30 % angewendet worden sei. Durch das Doppelhaus sowie die Garage
sei die Grundflächenzahl von 256,40 qm (richtig: 229,20 qm) nicht überschritten worden.
Die Überschreitung resultiere aus der Breite der Zuwegung zur Garage und zum
Hauseingang. Für Garagen und Nebenanlagen, wozu auch die Zufahrt gehöre, würden im
Besonderen Gebührenverzeichnis der Bauaufsichtsbehörde nur 15 % in Ansatz gebracht.
Folglich hätte die Gebühr für die Befreiung betreffend Überschreiten der zulässigen
Grundfläche nur mit 15 % berechnet werden dürfen, somit sei die Hälfte hiervon (=
403,92 EUR) zuviel berechnet. Das Gebührenverzeichnis sehe zu Ziff. 27.1.1 keine
konkrete Regelung vor, in welcher Weise die zunächst zulässige Grundfläche "verbraucht"
werde, so dass es letztlich an einer konkreten Regelung dazu fehle, ob bei gemischter
Nutzung (Wohnen einerseits und Garage bzw. Zufahrt andererseits) die zuviel bebaute
Fläche dem Wohngebäude oder aber der Garage oder den Nebenanlagen zugerechnet
werde. Im Zweifel sei daher zugunsten des Bürgers von der günstigeren
Berechnungsmethode auszugehen. Theoretisch hätte sie nur das Wohnhaus und eine
schmale Zuwegung zum Hauseingang zur Genehmigung beantragen können und dann
einen Folgeantrag betreffend die Garage oder auch nur die Zuwegung zur Garage stellen
können. Dann aber hätte für diesen ergänzenden Antrag zweifelsfrei nur der
nutzungsabhängige Prozentsatz von 15 % berücksichtigt werden können.
Eine Beurteilung, welcher Teil des Gesamtvorhabens die Grundflächenzahl überschreite, sei
möglich. So seien auf den Formblättern der Baugenehmigungsunterlagen die Grundflächen
der Hauptanlagen (also den Wohnhäusern) und der Anlagen nach § 19 Nr. 1 BauNVO, die
Garagen und Zufahrten beträfen, getrennt aufgeführt. Es erscheine nachvollziehbar, dass
die Hauptanlage, also das Wohnhaus, vorrangig zu betrachten sei. Die Überschreitungen
seien den Nebenanlagen (Garagen und Zufahrten) zuzuordnen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 06.11.2003 - Az. 63-01245/03 - in der Gestalt des
Teilabhilfebescheides vom 19.12.2003 und den auf Grund der mündlichen Verhandlung
vom 22.07.2004 ergangenen Widerspruchsbescheid aufzuheben, soweit er den Betrag
von 1.538,08 EUR übersteigt.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt zur Begründung aus, die Berechnung sei nach der Berechnungsformel zu Nr.
27.1.1. Gebührenverzeichnis Bauaufsicht erfolgt. Bei dem mit Bauschein vom 06.11.2003
- Az.: 63-01245/03 - genehmigten Vorhaben werde die Grundflächenzahl, wie sie im
Bebauungsplan „An der Differter Straße" festgesetzt sei, überschritten. Um die
Grundflächenzahl zu ermitteln, müsse das Vorhaben in seiner Gesamtheit (Wohngebäude,
Garage, Zufahrten) betrachtet werden. Eine Beurteilung, welcher Teil des
Gesamtvorhabens die Grundflächenzahl überschreite, sei nicht möglich. Bei der
Gebührenberechnung sei die Garage also nicht gesondert zu betrachten, sondern der
Hauptnutzungszweck des Baugrundstückes zum Wohnen zugrunde zu legen. Im
Bebauungsplan „An der Differter Straße" sei unter Punkt 1.1.2 festgesetzt, dass bei der
Ermittlung der zulässigen Grundfläche die Grundflächen von Garagen und Stellplätzen mit
ihren Zufahrten mitzurechnen seien. Außerdem sei gemäß § 19 Abs. 4 Satz 3 BauNVO
festgesetzt, dass eine Überschreitung der zulässigen Grundfläche durch die Grundflächen
der o.g. Anlagen (Garage mit Zufahrt) nicht zulässig sei. Durch die gewünschte Befreiung
entstehe aber durch die Größe des Wohnhauses (Hauptnutzung) im Verhältnis zu der
Grundstücksgröße bzw. zu der kleinen Garage mit Zufahrt ein Vorteil des Bauherren zur
Ausnutzung des Wohnens, der sich im Prozentsatz von 30 % widerspiegele. Aus diesem
Grund sei der höhere Prozentsatz korrekterweise bei der Gebührenberechnung für die
Befreiung von dem Überschreiten der Grundflächenzahl eingesetzt worden.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die
beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der
mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 06.11.2003 - Az. 63-01245/03 - in der Gestalt
des Teilabhilfebescheides vom 19.12.2003 und der Form des Widerspruchsbescheids vom
16.09.2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die im Bescheid vom 19.12.2003 allein noch in Höhe von 403,92 Euro
angegriffene Befreiungsgebühr sind § 1 Abs. 1 a und Abs. 2 SGebG und § 7 Abs. 1 SGebG
in Verbindung mit Tz. 27.1.1 des Besonderen Gebührenverzeichnisses für die
Bauaufsichtsbehörden des Saarlandes (GebVerzBauaufsicht) vom 10.04.2003 (ABl. S.
1194 <1204>).
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 a SGebG sind für Amtshandlungen der Verwaltungsbehörden des
Landes Gebühren zu erheben, soweit die Amtshandlungen in dem Allgemeinen oder einem
Besonderen Gebührenverzeichnis aufgeführt sind. Das Allgemeine und die Besonderen
Gebührenverzeichnisse werden nach § 1 Abs. 2 SGebG durch Rechtsverordnung gemäß
den §§ 5 und 6 erlassen. § 5 Abs. 2 SGebG ermächtigt den zuständigen Minister durch
Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und
Bundesangelegenheiten die Besonderen Gebührenverzeichnisse sowie ihre
Durchführungsbestimmungen, Änderungen und Ergänzungen zu erlassen. In das
Allgemeine und die Besonderen Gebührenverzeichnisse dürfen nach § 6 Abs. 1 SGebG nur
Amtshandlungen und Inanspruchnahmen staatlicher Einrichtungen aufgenommen werden,
die dem überwiegenden Interesse Einzelner dienen. Die Gebührenverzeichnisse enthalten
feste Gebühren, Wert- und Rahmengebühren (§ 6 Abs. 2 SGebG). Nach § 6 Abs. 3 SGebG
richten sich die Gebühren bei den festen und den Rahmengebühren nach dem auf die
Amtshandlung entfallenden durchschnittlichen Aufwand des Verwaltungszweiges, bei der
Bemessung der Höhe der Verwaltungsgebühren ist der Nutzen der staatlichen Leistung für
den Gebührenschuldner zu berücksichtigen.
Auf dieser Grundlage hat das Ministerium für Umwelt im Einvernehmen mit dem
Ministerium für Finanzen und Bundesangelegenheiten mit Verordnung vom 10.04.2003
(ABl. S. 1194) ein Besonderes Gebührenverzeichnis für die Bauaufsichtsbehörden des
Saarlandes (GebVerzBauaufsicht) erlassen.
Nach der hier allein im Streit stehenden Tz. 27.1.1 wird u.a. für das Überschreiten der
Grundflächenzahl eine Gebühr erhoben, die sich nach dem Flächenvorteil bemisst. Die
Berechnungsformel lautet dabei Flächenvorteil (qm) x Bodenrichtwert (Euro/qm) x
nutzungsabhängiger Prozentsatz. Der Prozentsatz beträgt dabei 50 % für Gewerbe, 30 %
für Wohnen und 15 % für Garagen und Nebenanlagen. Im vorliegenden Verfahren ist
streitgegenständlich, ob für die der Klägerin erteilte Befreiung ein Prozentsatz von 15 %,
wie von der Klägerin begehrt, oder von 30 %, wie im Gebührenbescheid zugrunde gelegt,
anzuwenden ist.
Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt, dass der Beklagte im vorliegenden Fall zu Recht
einen Prozentsatz von 30 % zugrunde gelegt hat.
Zunächst ist festzustellen, dass entscheidend für die Höhe der Gebühr der auf Grund der
Befreiung erlangte Flächenvorteil ist. Grundlage dieser Gebühr ist nicht der Aufwand der
Behörde für die Bearbeitung des Befreiungsantrages, sondern der durch die Befreiung
erlangte Vorteil hinsichtlich der Nutzung des Grundstücks. Der Maßstab für die Festsetzung
von Gebühren ist in § 6 SGebG geregelt, der in seinem Absatz 3 zwischen Verwaltungs-
und Benutzungsgebühren unterscheidet, wobei vorliegend eine Verwaltungsgebühr
gegeben ist. Innerhalb der Gebührenverzeichnisse wird nach § 6 Abs. 2 SGebG zwischen
festen Gebühren, Wert- und Rahmengebühren differenziert. Vorliegend handelt es sich um
eine Wertgebühr. Deshalb ist nicht § 6 Abs. 3 Satz 1 SGebG maßgeblich, in dem es heißt,
dass sich feste Verwaltungsgebühren und Rahmengebühren nach dem auf die
Amtshandlung entfallenden durchschnittlichen Aufwand des Verwaltungszweigs richten,
sondern § 6 Abs. 3 Satz 3 SGebG. Danach ist bei der Bemessung der Höhe der
Verwaltungs- und Benutzungsgebühren der Nutzen der staatlichen Leistung für den
Gebührenschuldner zu berücksichtigen. Vorliegend besteht der Nutzen der Befreiung von
der Einhaltung der Grundflächenzahl darin, dass entgegen den Festsetzungen des
Bebauungsplanes eine zusätzliche Fläche bebaut werden durfte. Die für die
Gebührenberechnung in dem GebVerzBauaufsicht verwendete Formel Flächenvorteil (qm)
x Bodenrichtwert (Euro/qm) x nutzungsabhängiger Prozentsatz (50 % für Gewerbe, 30 %
für Wohnen und 15 % für Garagen und Nebenanlagen) erscheint in besonderem Maße
geeignet, diesen Nutzen der Amtshandlung pauschalierend berechnen zu können.
Hinsichtlich des anzuwendenden Prozentsatzes ist zu berücksichtigen, dass bei einer
Befreiung von der Grundflächenzahl ein Vorteil hinsichtlich der zusätzlich auf dem
Baugrundstück zu überbauenden Grundfläche insgesamt entsteht und dieser nicht einem
bestimmten Teil des Grundstücks zugeordnet werden kann. Dies ist anders z.B. bei der
Befreiung von den Abstandsflächenvorschriften, bei der für die Gebührenberechnung
abstrakt auf die Fläche der durch den Dispens auf dem Grundstück „ersparten“
Abstandsflächen abgestellt werden kann (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 28.02.2005
-1 R 9/04 -).
Dies hat aber zur Folge, dass der durch die Befreiung erlangte Flächenvorteil bei
gebührenrechtlich unterschiedlichen Nutzungen nicht willkürlich einer bestimmten
Nutzungsart auf dem Grundstück zugewiesen werden kann. Dies gilt insbesondere dann,
wenn der Bebauungsplan selbst ausdrücklich vorsieht, dass auch Nebenanlagen, wie
Garagen und deren Zufahrten, bei der Berechnung der Grundflächenzahl zu
berücksichtigen sind. Besteht daher ein einheitliches Vorhaben aus mehreren
Nutzungsarten – wie im vorliegenden Fall aus der Hauptnutzung Wohnen sowie
Nebenanlagen, wie Garage und Zufahrt – so ist für die Frage des Flächenvorteils die
Nutzungsart entscheidend, bei welcher der Schwerpunkt des Bauvorhabens liegt. Jede
andere Zuordnung würde zu willkürlichen Ergebnissen führen. Es ist deshalb weder auf die
Nutzungsart abzustellen, die in dem Vorhaben zum höchsten Prozentsatz führen würde
(z.B. bei einer geringfügigen gewerblichen Nutzung 50 %), noch auf die, die den niedrigsten
Prozentsatz begründet (wie im vorliegenden Fall die Garagenzufahrt bzw. die Garage). Es
gibt im Gebührenrecht hinsichtlich der Befreiungsgebühr auch keinen allgemeinen
Grundsatz, dass immer von dem niedrigst möglichen Gebührensatz auszugehen ist. Daher
ist entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht immer dann ein Prozentsatz von 15 %
anzuwenden, wenn das Vorhaben einen gewissen, wenn auch untergeordneten Anteil an
Nebenanlagen aufweist.
Der Vortrag der Klägerin, wenn sie die Befreiung im Rahmen einer weiteren
Baugenehmigung für eine Erweiterung des Vorhabens durch Garagen bzw. deren
Zufahrten erhalten hätte, wäre nur der Prozentsatz von 15 % zur Anwendung gekommen,
vermag ihren Begehren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn wenn die Klägerin ein
einheitliches Vorhaben zur Genehmigung stellt, so nimmt sie in Kauf, dass für eine
erforderliche Befreiung der Prozentsatz angewendet wird, der dem Schwerpunkt ihres
Vorhabens entspricht. Dabei ist zu darauf hinzuweisen, dass ein weiteres
Genehmigungsverfahren hinsichtlich einer Erweiterung der Nebenanlagen nicht nur die
Gebühren für eine Befreiung ausgelöst hätte, sondern auch die sonstigen für die Erteilung
einer Baugenehmigung anfallenden Gebühren. Insofern ist sehr fraglich, ob eine solches
Vorgehen Vorteile bei den insgesamt zu zahlenden Gebühren bringen würde. Hinzu kommt,
dass wenn eine Genehmigung des Vorhabens hinsichtlich seiner Hauptnutzung ohne
Befreiung möglich gewesen wäre, es sehr fraglich ist, ob eine Befreiung für die
Nebenanlagen überhaupt noch in Betracht gekommen wäre, weil deren Voraussetzungen
möglicherweise nicht vorgelegen hätten.
Vorliegend hat die Klägerin durch die Befreiung einen Flächenvorteil erlangt, der eindeutig
mit der Hauptnutzung Wohnen in unmittelbarem Zusammenhang steht, so dass die
Anwendung des Prozentsatzes von 30 % rechtmäßig ist.
Nach alledem hat der Beklagte die angegriffene Gebühr rechtmäßig berechnet.
Der Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr.
11, 711 ZPO.
Die Berufung ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4
VwGO nicht vorliegen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG.
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung
Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils die Zulassung
der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes beantragen. Dabei
müssen sie sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen
Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als
Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und
Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum
Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch
Beamte und Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde
oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied
zugehören, vertreten lassen.
Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15, B-
Stadt, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus
denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht,
Kaiser-Wilhelm-Straße 15, B-Stadt, einzureichen.
Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des
Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht
oder
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend
gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Gegen die in dieser Entscheidung enthaltene Festsetzung des Streitwerts steht den
Beteiligten oder sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das
Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes
200,00 Euro übersteigt.
Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht des Saarlandes, Kaiser-Wilhelm-Straße 15,
B-Stadt, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
einzulegen.
Die Beschwerde ist nur bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der
Entscheidung in der Hauptsache oder anderweitiger Erledigung zulässig.