Urteil des VG Saarlouis vom 06.05.2008

VG Saarlouis: fürsorgepflicht, beihilfe, versorgung, medizinische indikation, besondere härte, konkretisierung, programm, widerspruchsverfahren, ausnahmefall, wesenskern

VG Saarlouis Urteil vom 6.5.2008, 3 K 1526/07
Beihilfefähigkeit einer zahnärztlichen Implantatversorgung
Leitsätze
1. Die Aufwendungen für eine zahnärztliche Implantatversorgung sind in aller Regel nur
beihilfefähig, wenn eine der in § 9 Abs. 5 BhVO aufgeführten Indikationen gegeben ist. Ist
dies nicht der Fall, so scheidet eine Beihilfegewährung in aller Regel selbst dann aus, wenn
die Implantatversorgung medizinisch indiziert ist.
2. Die Indikation „Fixierung einer Totalprothese“ setzt in der Regel das Vorhandensein
eines zahnlosen Kiefers voraus und liegt jedenfalls nicht vor, wenn in dem Kiefer noch
mehrere Zähne vorhanden sind, welche die Fixierung einer Prothese übernehmen können.
Dabei kommt es auf den Restzahnbestand zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginns an.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem
Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die am 24.06.1960 geborene, mit einem Bemessungssatz von 50 vom Hundert
beihilfeberechtigte Klägerin begehrt die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von
Beihilfe zu den Aufwendungen für eine zahnärztliche Implantatversorgung. Laut
Zahnarztrechnung vom 02.04.2007, welche die Klägerin mit einem entsprechenden
Beihilfeantrag vorlegte, beliefen sich die Aufwendungen auf einen Betrag von 10.457,87
Euro.
Mit angefochtenem Bescheid vom 25.06.2007 wurde der Klägerin eine Beihilfe zu den
vorgenannten Aufwendungen versagt. Zur Begründung heißt es, es liege keine der in § 9
Abs. 5 BhVO aufgeführten Indikationen vor, bei der eine Beihilfe gewährt werden könne.
Zur Begründung ihres hiergegen erhobenen Widerspruchs machte die Klägerin geltend, Ziel
ihrer zahnärztlichen Behandlung sei die prothetische Versorgung des Oberkiefers bei einem
Restzahnbestand von zwei Zähnen (Zähne 1.1 und 2.2). Aufgrund eines ausgeprägten
Würgereizes und einer bestehenden Klaustrophobie, der zufolge sie auf Gaumenkontakt
mit Panikattacken reagiere, habe sie sich für eine gaumenfreie Prothetik entscheiden
müssen. Aus diesem Grund sei die vorhandene Brückenkonstruktion während der
Einheilzeit der Implantate beibehalten worden, weshalb die ebenfalls noch vorhandenen
Zähne 2.1, 1.8 und 2.8 erst später entfernt werden könnten. Ursprünglich seien zwei
Implantate je Oberkieferhälfte geplant gewesen, um eine gaumenfreie
Teleskopkronenprothetik zu realisieren. Die spätere Planung sei dann mehr und mehr von
dem gegebenen Knochenzustand abhängig gemacht worden, der sich dann als so gut
herausgestellt habe, dass je Kiefernhälfte drei Implantate hätten eingesetzt werden
können, um so den Prothesenhalt zu verbessern und einen weiteren Knochenabbau zu
verhindern, was für eventuelle spätere Behandlungen von Vorteil sei. Begrifflich sei die
beabsichtigte prothetische Versorgung weder Teil-, noch Totalprothese. Trotz des
verbleibenden Restzahnbestandes sei aber eher eine Einordnung unter den Begriff der
Totalprothese gerechtfertigt, da der Restzahnbestand die Fixierung der den gesamten
Kiefer umfassenden Prothese nicht übernehmen könne und die Prothese daher nicht als
Teilprothese gewertet werden könne. Folglich sei die Indikation „Fixierung einer
Totalprothese“ und damit eine Beihilfefähigkeit von vier Implantaten einschließlich der
weiteren prothetischen Versorgung gegeben. Gemäß § 9 Abs. 5 BhVO seien bei dieser
Indikation Aufwendungen für mehr als vier Implantate einschließlich vorhandener Implantate
von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen, so dass die Mehrkosten ab dem fünften Implantat
– in ihrem Fall also die Mehrkosten für zwei Implantate – vom Beihilfeberechtigten selbst zu
tragen seien, während die übrigen Kosten anteilmäßig beihilfefähig seien. Die im
angefochtenen Beihilfebescheid getroffene Regelung würde demgegenüber bedeuten, dass
sie zu keiner Zeit mehr Beihilfeansprüche für zahnärztliche oder prothetische Leistungen im
Oberkiefer hätte, nur weil sie aufgrund ihrer persönlichen Situation eine über die
beihilferechtlich anerkannte Basisversorgung hinausgehende prothetische Versorgung
benötigt habe. Sie empfinde es aber als eine besondere Härte, aus den vorgenannten
Gründen hinsichtlich der zahnärztlichen Versorgung des Oberkiefers lebenslang von der
Fürsorge des Dienstherrn ausgeschlossen zu sein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur
Begründung ist ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Beihilfe für die
berechneten zahnärztlichen Leistungen seien die §§ 4 Abs.1 und 2, 5 Abs.1 Nr.1 und 9
Abs.1 und 5 BhVO. Implantologische Leistungen seien nach § 9 Abs. 5 BhVO jedoch nur bei
folgenden Indikationen beihilfefähig: bei Einzelzahnlücken, wenn beide benachbarten Zähne
intakt und nicht überkronungsbedürftig seien, bei einer Freiendlücke, wenn mindestens die
Zähne acht und sieben fehlten und bei Fixierung von Totalprothesen. Aufwendungen für
mehr als zwei Implantate pro Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, seien nur bei
Einzelzahnlücken, oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen
beihilfefähig. Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer, einschließlich
vorhandener Implantate seien von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Laut Heil- und
Kostenplan vom 07.12.06 seien zum Zeitpunkt der Implantateinsetzung die Zähne 1.7,
1.1, 2.1, 2.2 und 2.7 vorhanden gewesen. Implantate seien an die Positionen 2.5, 2.4,
2.3, 1.3, 1.4 und 1.5 gesetzt worden. Es sei daher keine der genannten Voraussetzungen
erfüllt. Die Fürsorgepflicht erfordere nicht den Ausgleich jeglicher aus Anlass von
Krankheitsfällen entstandener Aufwendungen. Der das Beihilferecht beherrschende
Grundsatz der Subsidiarität belasse dem Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner
Fürsorgepflicht einen erheblichen Spielraum, innerhalb dessen er Voraussetzungen,
Umfang, Art und Weise der Beihilfe bestimmen könne. Die im Rahmen der Konkretisierung
der Fürsorgepflicht durch die Beihilfevorschriften notwendige Typisierung, Generalisierung
und Pauschalierung könne dabei zwar im Einzelfall zu Härten und Nachteilen führen, die
allerdings, solange sie nicht existenzbedrohend seien, hingenommen werden müssten
(BVerwGE, 57, 336, 341).
Mit am 11.10.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben.
Ihr Widerspruchsvorbringen ergänzend trägt sie vor, streitgegenständlich sei die
Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen gemäß Rechnung vom
02.04.2007 in Höhe von 10.457,87 Euro. Allerdings handele es sich hierbei nur um den
ersten Teil der erforderlichen zahnärztlichen Leistungen. Laut Schreiben des Priv. Doz. Dr.
med. Dr. med. dent. ... vom 08.11.2007 (Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie im …-
Krankenhaus) sei eine umfassende neue prothetische Versorgung im Ober- und Unterkiefer
erforderlich. Herr ... habe insoweit diverse Kostenvoranschläge für die durchzuführenden
Leistungen erstellt. Eine Addition der Kostenvoranschläge ergebe einen Gesamtbetrag in
Höhe von weiteren 13.861,88 Euro. Wenn der Beklagte nicht die Beihilfefähigkeit der
Aufwendungen für zahnärztliche Leistungen gemäß Rechnung vom 02.04.2007 in Höhe
von 10.457,87 EUR anerkenne, werde er konsequenterweise auch die Beihilfefähigkeit der
notwendigerweise weiter entstehenden Aufwendungen in Höhe von 13.861,88 Euro nicht
anerkennen. Im Ergebnis hätte dies zur Folge, dass notwendige zahnärztliche Leistungen in
Höhe von mehr als 24.000 Euro von der Beihilfe ausgeschlossen würden. Dies wäre aber
mit den Grundsätzen einer angemessenen Alimentierung nicht zu vereinbaren. Nach der
Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG Münster, Urteil vom
24.05.2006 – 1 A 3706/04 –, NVwZ-RR 2006, 800 = MedR 2007, 119) könne die
Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall über die Bestimmungen der Beihilfevorschriften
hinaus unmittelbar einen Erstattungsanspruch für zahnärztliche Implantatleistungen
begründen. Entscheidend seien die Besonderheiten des Einzelfalles. Ein Anspruch sei
gegeben, wenn Folge der Anwendung der Beihilfevorschriften ein der Fürsorgepflicht grob
widersprechendes Ergebnis wäre und diese in ihrem Wesenskern verletzt wäre.
Diese Voraussetzungen seien vorliegend im Hinblick auf die Höhe der Kosten erfüllt.
Weiterhin verweist die Klägerin auf eine Entscheidung des VG Braunschweig (VG
Braunschweig, Urt. v. 01.07.2005 - 7 A 151/03 -), wonach eine Beihilfefähigkeit dann zu
bejahen sei, wenn die Indikation „Fixierung einer Totalprothese" anzunehmen sei und wenn
ein geringer Restzahnbestand die Fixierung einer den gesamten Kiefer umfassenden
Prothese nicht übernehmen könne. Im Widerspruchsbescheid werde eingeräumt, dass
Aufwendungen für Krankenbehandlung auch dann beihilfefähig seien, wenn sie
existenzbedrohend seien, auch wenn eine entsprechende Beihilfevorschrift fehle.
Vorliegend stehe außer Frage, dass die Aufwendungen von mehr als 24.000 Euro innerhalb
kurzer Zeit existenzbedrohend seien und der Dienstherr aufgrund seiner Fürsorgepflicht
veranlasst sei, entsprechend tätig zu werden. Dies gelte insbesondere bei
implantatgestützten prothetischen Leistungen. Demzufolge sei es vorliegend müßig,
darüber zu diskutieren, ob nach dem Wortlaut der Beihilfevorschriften ein Beihilfeanspruch
gegeben sei. Aufgrund der Höhe der notwendigen Kosten der zahnärztlichen Behandlung
sei ein solcher Anspruch jedenfalls zu bejahen. Das OVG Münster (a.a.O.) stimme insoweit
ausdrücklich der Rechtsprechung des OVG A-Stadt (Urteil vom 11.03.2002 – 1 R 11/00 –,
DÖD 2002, 227) zu. Gegenstand dieser Entscheidung seien Beihilfekosten von einigen
wenigen Tausend Euro gewesen, während vorliegend die anfallenden Kosten sich auf mehr
als das Fünffache beliefen.
Ihrer Klagebegründung fügte die Klägerin ein Schreiben des Priv. Doz. Dr. med. Dr. med.
dent. ... vom 08.11.2007 bei, in dem als Diagnose angegeben ist: „Reduziertes
Lückengebiss und nicht erhaltungswürdige Zähne im Ober- und Unterkiefer, extremer
Würgereiz mit Craniomandibulärer Dysfunktion“. Weiter heißt es in dem Schreiben, bei der
Klägerin stehe eine umfassende neue prothetische Versorgung im Ober- und Unterkiefer
an. Diese werde notwendig durch ein schon reduziertes Restgebiss mit weiteren nicht
erhaltungswürdigen Zähnen im Ober- und Unterkiefer. Die neue prothetische Versorgung
werde durch den extremen Würgereiz der Patienten insofern erschwert, als weder eine
definitive noch eine provisorische herausnehmbare Prothetik in Frage komme. Hieraus
resultiere die Notwendigkeit einer komplexen festsitzenden implantatgetragenen
Versorgung, bei der auch temporäre Zwischenlösungen auf bleibenden Implantaten bzw.
Zwischenimplantaten inseriert werden müssten. Zudem würde eine schleimhautgetragene
Prothetik bei der noch jungen Patientin rasch zu einer ausgeprägten
Alveolarfortsatzatrophie mit Protheseninsuffizienz führen.
In dem von der Klägerin des weiteren vorgelegten Heil- und Kostenplan vom 06.11.2007
wird diese von ihrem Zahnarzt darauf hingewiesen, dass Implantatversorgungen aufgrund
gesetzlicher und vertraglicher Bestimmungen grundsätzlich keine Leistungen der
gesetzlichen Krankenkassen seien und vom Patienten selbst bezahlt werden müssten. Das
gelte auch für die Suprakonstruktion (Krone, Brücke, Prothese). Eine Bezuschussung sei
nur in seltenen, begründeten und gutachtlich festgestellten Ausnahmefällen möglich,
weshalb Erstattungsansprüche gegenüber der Versicherung, der Beihilfestelle oder der
Krankenkasse abgeklärt werden sollten.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Beihilfefestsetzungsbescheides des Beklagten
vom 25.06.2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom
26.09.2007 den Beklagten zu verpflichten, ihr Beihilfe zu gewähren
für zahnärztliche Leistungen gemäß Rechnung vom 02.04.2007 in
Höhe von 10.457,87 Euro.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt er Bezug auf die Ausführungen im angefochtenen
Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor, auch unter Fürsorgegesichtspunkten könne
keine Beihilfe zu den geltend gemachten Aufwendungen gewährt werden. Die Klägerin
hätte sich vor Beginn der Maßnahme bei ihm, dem Beklagten, über die Rechtslage und die
Folgekosten informieren können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung erklärten Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen
Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Hefter) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alternative 2 VwGO statthafte und auch im
Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die einen Anspruch der Klägerin auf die begehrte
Beihilfe verneinenden angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden, so
dass für die beantragte Verpflichtung des Beklagten mangels einer Verletzung der Rechte
der Klägerin gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO kein Raum ist.
Zur Begründung wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die überzeugenden und nach
Auffassung des Gerichts in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen
Widerspruchsbescheid vom 26.09.2007 vollinhaltlich Bezug genommen.
Im Hinblick auf die Klagebegründung bleibt anzumerken, dass die verwaltungsgerichtliche
Nachprüfung eines in Anwendung der Beihilfevorschriften erlassenen Verwaltungsaktes sich
allein darauf erstreckt, ob dieser mit den Vorschriften selbst in Einklang steht und ob sich
die Beihilfevorschriften in ihrer Anwendung auf den konkreten Einzelfall in den Grenzen des
dem Dienstherrn eingeräumten Konkretisierungsermessens halten, insbesondere ob eine
Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen mit der Fürsorgepflicht des
Dienstherrn und dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist
(vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.08.1969 – VI C 130.67 –,
BVerwGE 32, 352).
Die angegriffenen Bescheide stehen mit den Beihilfevorschriften im Einklang. Zwecks
Vermeidung von Wiederholungen kann insoweit zunächst auf die zutreffenden
Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid zu § 9 Abs. 5 BhVO verwiesen
werden. In ihrer Klagebegründung räumt die Klägerin auch selbst ein, dass die
Leistungsvoraussetzungen der genannten, hier einschlägigen Beihilfevorschrift im
gegebenen Fall nicht erfüllt sind. Lediglich ihr diesbezügliches Vorbringen im
Widerspruchsverfahren gibt Anlass zu folgender Klarstellung:
§ 9 Abs. 5 Satz 1 BhVO beschränkt die Beihilfegewährung für implantologische Leistungen
auf die dort aufgeführten drei Fallkonstellationen, von denen hier – auch nach der von der
Klägerin im Widerspruchsverfahren vertretenen Auffassung – allein die dritte Indikation,
nämlich „Fixierung von Totalprothesen“, überhaupt in Betracht zu ziehen ist.
Die Klägerin beruft sich insoweit auf eine Entscheidung des VG Braunschweig
(Urteil vom 01.07.2005 – 7 A 151/03 –, zitiert nach JURIS),
der zufolge die Indikation "Fixierung einer Totalprothese im Sinne der Regelungen zur
beihilferechtlichen Anerkennung der Aufwendungen für implantologische Leistungen auch
dann gegeben sein kann, wenn ein geringer Restzahnbestand die Fixierung einer den
gesamten Kiefer umfassenden Prothese nicht übernehmen kann. In den Gründen der
Entscheidung heißt es wie folgt:
„… Entgegen der Auffassung des beklagten Amtes ist das Vorliegen
der Indikation „Fixierung einer Totalprothese“ nicht deshalb
ausgeschlossen, weil bei dem Kläger in dem sonst zahnlosen (Ober-
)Kiefer noch ein einziger Zahn (Zahn 1.6) vorhanden war. Nach Sinn
und Zweck der Regelung ist es geboten, die Indikation auch dann als
gegeben anzusehen, wenn in dem Ober- oder Unterkiefer zwar noch
ein Zahn vorhanden ist, dieser aber aufgrund seines
Erhaltungszustandes - wie bei dem Kläger - für die Fixierung einer
Prothese nicht in Betracht kommt. Zwar ist es zutreffend, dass es
sich bei Totalprothesen um den Ersatz der natürlichen Zähne, bei
völligem Verlust der Zähne in einem Kiefer oder in beiden Kiefern
handelt (vgl. Lehmann/Hellwig, Einführung in die restaurative
Zahnheilkunde, 7. Aufl., S. 230; www.zahn-
online.de/zahninfo/prothetik IV.shtml: stichwort „totalprothese“). Eine
solche, allein an dem Wortlaut haftende Auslegung würde jedoch
dem Sinn und Zweck der Vorschriften nicht gerecht werden und
scheidet auch aus systematischen Gründen aus. Denn der Begriff
„Totalprothese“ muss ersichtlich von dem Begriff „Teilprothese“
abgegrenzt werden. Unter letzteren versteht man Prothesen, die an
der vorhandenen Restbezahnung verankert sind (vgl.:
www.medicine-
worldwide.de/krankheiten/zahnerkrankungen/zahnersatz.html:
stichwort „teilprothesen“). Demgemäß wäre die Versorgung des
Klägers weder als Totalprothese noch als Teilprothese anzusehen:
Eine Totalprothese schiede aus, weil der Kiefer nicht zahnlos ist. Um
eine Teilprothese würde es sich nicht handeln, weil der noch
vorhandene Zahn nicht als Anker für die Prothese dient. Die
Abgrenzung muss deshalb danach vorgenommen werden, ob die
prothetische Situation des Klägers mehr der einer Totalprothese oder
der einer Teilprothese entspricht. Ersteres ist hier der Fall. Dabei ist
von erheblicher Bedeutung, dass die Problematik bei Totalprothesen
in deren Befestigung zu sehen ist, da es bei der Totalprothese nicht
mehr möglich ist, vorhandene Zähne zum Prothesenhalt
heranzuziehen (vgl. www.medicine-worldwide.de, a.a.O.). Dieser
Situation sollte beihilferechtlich ersichtlich dadurch Rechnung
getragen werden, dass die Kosten für Implantate als beihilfefähig
anerkannt werden, wenn sie die Fixierung der Prothese übernehmen.
Dies rechtfertigt es, die Indikation „Fixierung einer Totalprothese“
auch dann als gegeben anzusehen, wenn ein geringer
Restzahnbestand die Fixierung einer den gesamten Kiefer
umfassenden Prothese nicht übernehmen kann (vgl. auch
Topka/Möhle, Komm. zum Beihilferecht Niedersachsens und des
Bundes, Stand: März 2005, § 6, Anm. 3.8.10.1 und 3.8.11.3,
Beispiel 4).
Im Falle des Klägers ist auch die Höchstzahl der anzuerkennenden
Implantate nicht überschritten. Nach der Anlage 2 Nr. 5 Satz 2 zu § 6
BhV sind mit besonderer Begründung im Falle der Fixierung von
Totalprothese bis zu vier Implantate pro Kiefer beihilfefähig. Nach
dem vorgelegten Befundbericht des Arztes für Oralchirurgie und
Implantologie Dr. A St vom 13. August 2003 bestand bei dem Kläger
die minimale implantologische Vorbereitung im Oberkiefer in der
Einbringung von vier Implantaten um eine dauerhafte und
erfolgversprechende Prothesenabstützung gewährleisten zu können.“
Die der vorstehend zitierten Entscheidung zugrunde liegende Fallkonstellation hat ersichtlich
Ausnahmecharakter. Auch das VG Braunschweig geht unter Hinweis auf die einschlägige
Kommentarliteratur davon aus, dass eine Implantatversorgung zur Fixierung einer
Totalprothese im Regelfall nicht beihilfefähig ist, wenn noch ein Restzahnbestand
vorhanden ist, weil dieser Restzahnbestand im Regelfall ausreichend sein wird, um eine
Zahnprothese zu befestigen.
Dass dies bei einem Restbestand von nur einem Zahn, wie er in dem der Entscheidung
zugrunde liegenden Fall allein noch vorhanden war, nicht der Fall sein kann, bedarf keiner
näheren Erläuterung.
Ein derartiger Ausnahmefall war bei der Klägerin indes nicht gegeben. Vielmehr weist der
Beklagte mit Recht darauf hin, dass zu Beginn der Behandlung im Oberkiefer noch fünf
Zähne vorhanden waren. Die Klägerin selbst hat im Widerspruchsverfahren insoweit
vorgetragen, Ziel ihrer zahnärztlichen Behandlung sei die prothetische Versorgung des
Oberkiefers bei einem Restzahnbestand von zwei Zähnen (Zähne 1.1 und 2.2), und die
restlichen drei ebenfalls noch vorhandenen Zähne hätten erst später entfernt werden
sollen. Dass ein Restbestand von fünf Zähnen im Oberkiefer im vorliegenden Fall nicht
ausgereicht haben sollte, eine prothetische Versorgung ohne Implantate zu ermöglichen, ist
nicht erkennbar, mag dies sich auch nicht als die optimale Lösung dargestellt haben. Das
Beihilferecht geht jedenfalls davon aus, dass eine Implantatversorgung zur Fixierung einer
Totalprothese in einem solchen Fall nicht erforderlich und daher nicht beihilfefähig ist.
Insoweit kommt der zahnärztlichen Feststellung eines reduzierten Lückengebisses „mit
weiteren nicht erhaltungswürdigen Zähnen im Ober- und Unterkiefer“ (welche und wie viele
Restzähne nicht erhaltungswürdig waren, kommt nicht klar zum Ausdruck) keine
entscheidende Bedeutung zu, insbesondere bedarf es diesbezüglich keiner weiteren
Sachaufklärung. Die Beihilfestelle hat bei der Subsumtion eines Falles unter die
beihilferechtlichen Vorschriften grundsätzlich von den tatsächlichen Gegebenheiten
auszugehen, welche im Zeitpunkt des Beginns der Behandlung bestanden. Das gilt
namentlich auch für die Beurteilung, ob einer Behandlung bestimmte beihilferechtlich
geforderte medizinische Indikationen zugrunde gelegen haben. In die Zukunft gerichtete
Prognosen (etwa in Bezug auf die Weiterentwicklung von Zuständen oder eines
Krankheitsbildes) können beihilferechtlich allenfalls dort Bedeutung erlangen, wo in
bestimmten Vorschriften ausdrücklich an sie angeknüpft wird
(vgl. Urteil der Kammer vom 17.04.2007 – 3 K 577/05 – unter
Hinweis auf OVG Münster, Urteil vom 24.05.2006 – 1 A 3706/04 –,
zitiert nach JURIS; s.a. VG Lüneburg, Urteil vom 25.02.2007 – 1 A
211/05 –, zitiert nach JURIS mit weiteren Nachweisen).
Letzteres ist hier indes nicht der Fall.
Im Falle der Klägerin liegt damit keine der drei, nach dem eindeutigen Wortlaut der
Beihilfevorschriften als abschließend vorgesehenen Indikationen für eine implantologische
Leistung vor. Ist aber keine der Indikationen gegeben, so scheidet die Beihilfefähigkeit von
Aufwendungen für implantologische Leistungen grundsätzlich und in aller Regel aus
(OVG Münster, Urteil vom 24.05.2006 – 1 A 3706/04 –, zitiert nach
JURIS).
Eine über den Wortlaut und Zweck dieser Regelung hinausgehende erweiternde Auslegung
der Vorschrift ist ausgeschlossen, weshalb § 9 Abs. 5 BhVO der Klägerin auch keinen
Anspruch auf Beihilfe zu einem Teil der entstandenen Aufwendungen einräumt
(vgl. Urteil der Kammer vom 17.04.2007 – 3 K 337/06 – unter
Hinweis auf VGH Mannheim, Beschluss vom 26.10.1999 – 4 S
1700/98 –, zitiert nach JURIS).
Insbesondere hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Beihilfe zu den Aufwendungen, die
im Falle einer beihilfekonformen prothetischen Versorgung entstanden wären. Beihilfe kann
nur zu solchen beihilfefähigen Aufwendung gewährt werden, die tatsächlich auch
entstanden sind. Eine Beihilfegewährung „ersatzhalber“, also aufgrund einer fiktiven
Vergleichsberechnung in Bezug auf eine beihilfefähige Alternativmaßnahme, kommt daher
nicht in Betracht
(vgl. VG Freiburg, Urteil vom 25.04.2006 – 6 K 1748/05 –; Urteil der
Kammer vom 30.04.2008 – 3 K 158/08 –).
Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit implantologischer Leistungen durch § 9 Abs. 5 BhVO
verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Sie hält sich vielmehr im Rahmen des dem
Dienstherrn bei der Konkretisierung seiner aus den hergebrachten Grundsätzen des
Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) abgeleiteten Fürsorgepflicht zustehenden
Ermessens. Entgegen der Auffassung der Klägerin verletzt die Beschränkung der
Beihilfefähigkeit im vorliegenden Fall vor allem nicht die Fürsorgepflicht in ihrem
Wesenskern
(vgl. VGH München, Beschluss vom 19.07.2005 – 14 ZB 03.3186 –,
zitiert nach JURIS).
Die Fürsorgepflicht verpflichtet den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus
Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstehen, Beihilfen zu leisten. Mit der Regelung
der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Implantate durch § 9 Abs. 5 BhVO hat der
Dienstherr in typisierender und generalisierender Weise eine angemessene Begrenzung der
besonders kostenintensiven Aufwendungen für diese Art der Zahnbehandlung gefunden.
Die Übernahme der drei Indikationen "Einzelzahnlücke", "Freiendlücke" und "Fixierung einer
Totalprothese" unter bestimmten Voraussetzungen erfolgte in Anknüpfung an die Vorgaben
der Zahnärzteschaft. Maßgebend für die Begrenzung der Beihilfefähigkeit waren die mit der
implantologischen Behandlung verbundenen gesundheitlichen Gefahren und Risiken
aufgrund der Verankerung der Implantate im Kieferknochen und einer verhältnismäßig
langen Einheilphase sowie der Gesichtspunkt der haushaltsrechtlichen Sparsamkeit. Durch
die Übernahme der dritten Stufe der Gesundheitsreform 1997 in das Beihilferecht wurden
die bis dahin geltenden Vorgaben mit dem Ziel modifiziert, der Leistungsgewährung für
implantologische Behandlungen einen gewissen Ausnahmecharakter zukommen zu lassen
(VGH München a.a.O.; vgl. Schröder/Beckmann/A.,
Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Kommentar Anm. 3
Nr. 9, S. 63).
Insoweit kann die Klägerin auch nicht mit Erfolg geltend machen, eine herkömmliche (nicht
gaumenfreie) prothetische Versorgung ohne Implantate sei in ihrem Fall wegen
Würgereizes und Panikattacken bei Gaumenkontakt nicht möglich gewesen, weshalb eine
Implantatversorgung sich als medizinisch notwendig erwiesen habe und die hiermit
verbundene Kostenbelastung von ihrem Dienstherrn zur Vermeidung einer Verletzung der
ihr gegenüber bestehenden Fürsorgepflicht nicht hingenommen werden dürfe.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer
anschließt, ist eine Implantatversorgung bei Fehlen einer der insoweit im Beihilferecht (hier
in § 9 Abs. 5 Satz 1 BhVO) aufgeführten Indikationen selbst dann in aller Regel nicht
beihilfefähig, wenn ein Fall medizinischer Notwendigkeit vorliegt
(BVerwG, Beschluss vom 31.08.2006 – 2 B 41.06 –, zitiert nach
JURIS).
In den Gründen der vorstehend zitierten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht
folgendes ausgeführt:
„Der Kläger, der eine konkrete Rechtsfrage nicht formuliert, hält
offenbar sinngemäß für klärungsbedürftig, ob es mit dem
"Programmcharakter" der Beihilfevorschriften vereinbar ist, dass Nr.
4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 der Beihilfevorschriften in der hier
anwendbaren Fassung vom 1. Juli 1997 (GMBl S. 429) - BhV - die
Beihilfeleistungen für bestimmte implantologische Leistungen des
Zahnarztes selbst dann begrenzt, wenn darüber hinausgehende
Leistungen medizinisch indiziert sind.
Diese Frage ist hinreichend geklärt. In der von der Beschwerde
herangezogenen Entscheidung vom 30. Oktober 2003 - BVerwG 2 C
26.02 - ( BVerwGE 119, 168 ) hat der Senat dargelegt, dass die für
die Ausgestaltung der Beihilfe erlassenen Vorschriften der
Konkretisierung der Fürsorgepflicht dienen. Art, Ausmaß und
Begrenzung der Hilfe, die der Dienstherr dem Beamten gewährt,
müssen sich aus dem Gesamtzusammenhang der
Beihilfevorschriften selbst als "Programm" ergeben. Ergänzende
Verwaltungsvorschriften müssen sich im Rahmen des normativen
Programms halten, können dieses also norminterpretierend
konkretisieren und Zweifelsfälle im Interesse einer einfachen und
gleichartigen Handhabung klären und auch die Ausübung eines etwa
vorhandenen Ermessens- oder Beurteilungsspielraums lenken. Sie
dürfen dagegen nicht Leistungsausschlüsse oder
Leistungsbegrenzungen festsetzen, die sich nicht bereits zumindest
dem Grunde nach aus dem "Programm" der Beihilfevorschriften
selbst ergeben.
Die Begrenzung der Beihilfe für Aufwendungen des Beamten zu
implantologischen zahnärztlichen Leistungen ergibt sich hier
unmittelbar aus den Beihilfevorschriften selbst, nämlich aus Nr. 4 der
Anlage 2 zu § 6 BhV, die somit ein integraler Bestandteil der
ungeachtet ihres Charakters als Verwaltungsvorschrift normativ zu
interpretierenden Beihilfevorschriften ist. Sie ist selbst Teil des
"Programms" und steht damit nicht im Widerspruch zu der generellen
Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 BhV, derzufolge Aufwendungen
aus Anlass einer Krankheit (und damit auch zahnärztliche Leistungen)
grundsätzlich beihilfefähig sind. Denn nach Satz 2 der Vorschrift
bestimmen sich Voraussetzungen und Umfang der Beihilfefähigkeit
für Aufwendungen für zahnärztliche und kiefernorthopädische
Leistungen nach der Anlage 2 zu § 6 BhV. Diese wiederum zählt -
vom Obersatz der Verweisungsnorm gedeckt - spezielle Maßgaben
für implantologische Leistungen auf, die sich auf bestimmte
Indikationen beziehen und u.a. eine zahlenmäßige Begrenzung auf
höchstens vier Implantate pro Kiefer enthalten.
Das Berufungsgericht hat sich eingehend mit der Frage beschäftigt,
ob diese Begrenzung auch dann durchgreift, wenn eine höhere
Anzahl von Implantaten - wie hier im Falle des Klägers - medizinisch
indiziert ist. Es hat hierzu ausgeführt, dass eine derartige Begrenzung
dem in der Gesamtheit der anwendbaren Beihilfevorschriften
niedergelegten "Programm" auch dann nicht von vornherein
widerspricht, wenn die ausdrücklich bestimmten
Leistungsausschlüsse auch medizinisch erforderliche Behandlungen
betreffen, solange derartige Ausschlüsse nicht insgesamt gesehen
einen solchen Umfang und ein solches Gewicht erreichen, dass auch
bei typisierender Betrachtung die Beihilfegewährung den Vorgaben
des höherrangigen Rechts, insbesondere der Fürsorgepflicht des
Dienstherrn, nicht mehr gerecht würde. Das Beschwerdevorbringen
zeigt keinen in dieser Richtung bestehenden weitergehenden
Klärungsbedarf auf.“
Mit diesen Ausführungen, die auf das Beihilferecht des Saarlandes vollumfänglich
übertragbar sind, stimmt auch die von der Klägerin zur Stützung ihres Klagebegehrens
herangezogene Rechtsprechung des OVG Münster
(Urteil vom 24.05.2006 – 1 A 3706/04 –, NVwZ-RR 2006, 800,
zitiert nach JURIS)
dem Grunde nach vollständig überein. In den Gründen des Urteils heißt es hierzu:
„Ist keine der Indikationen der Nr. 4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1
BhV erfüllt, so scheidet die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für
implantologische Leistungen grundsätzlich und in aller Regel aus. Es
besteht insbesondere anders, als der Kläger meint, nicht der Weg,
gewissermaßen auf einer zweiten Stufe der Prüfung den Fall
zusätzlich an den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV zu
messen und einen Anspruch zuzuerkennen, wenn nur dessen
generelle Voraussetzungen - die Notwendigkeit und Angemessenheit
der Aufwendungen - erfüllt sind. § 5 Abs. 1Satz 1 BhV enthält eine
(gewissermaßen vor die Klammer gezogene) "Generalklausel" für die
spezielleren nachfolgenden Vorschriften der BhV betreffend die
einzelnen Leistungsarten. Die Konkretisierung dessen, was der
Dienstherr mit Blick auf die verschiedenen Leistungsarten jeweils für
notwendig und insbesondere für angemessen erachtet, wird i.d.R.
abschließend in den §§ 6 ff. BhV bestimmt. Soweit der Gesichtspunkt
der Notwendigkeit dort keine nähere Konkretisierung erfahren hat, ist
er zwar zusätzlich zu prüfen, aber nicht in dem Sinne, dass er einer
nach den §§ 6 ff. BhV von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossenen
Maßnahme unmittelbar und allein am Ende doch zur Anerkennung
der Beihilfefähigkeit verhelfen könnte. Das "Programm" der
Beihilfeleistungen wird dementsprechend nicht allein durch die in § 5
Abs. 1 Satz 1 BhV niedergelegten allgemeinen Grundsätze - mag
diesen auch eine hervorgehobene Bedeutung zukommen -, sondern
letztlich durch die jeweils anwendbaren Beihilfevorschriften in ihrer
Gesamtheit bestimmt. Es widerspricht diesem "Programm"
insbesondere nicht von vornherein, wenn von bestimmten
Leistungsausschlüssen und -begrenzungen auch solche
Aufwendungen erfasst werden, die medizinisch erforderliche
Behandlungen betreffen. Dies gilt jedenfalls solange, wie derartige
Ausschlüsse und Begrenzungen nicht insgesamt gesehen einen
solchen Umfang und ein solches Gewicht erreichen, dass auch bei
typisierender Betrachtung die Beihilfegewährung den Vorgaben des
höherrangigen Rechts wie insbesondere der Fürsorgepflicht des
Dienstherrn als solche nicht mehr gerecht würde. Diese Frage bedarf
indes aus Anlass der Würdigung des sehr begrenzten Bereichs der
Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für implantologische
Leistungen, um den es hier allein geht, keiner grundsätzlichen und
abschließenden Klärung.
2. Auch nach neuerlicher Überprüfung hält der Senat im Übrigen an
der mit Beschluss vom 6. Mai 2004 - 1 A 1160/03 - geäußerten
Rechtsauffassung fest, dass die im Rahmen der Indikationen nach Nr.
4 der Anlage 2 zu § 6 Abs. 1 Nr. 1 BhV erfolgte Begrenzung der
Beihilfefähigkeit ggf. auch medizinisch notwendiger Aufwendungen
prinzipiell mit höherrangigem Recht vereinbar ist und insbesondere
weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen die
Fürsorgepflicht des Dienstherrn verstößt. Mit Blick auf die
nachfolgend dargestellten - im Ergebnis durchgreifenden -
Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens, bedarf dies hier keiner
vertiefenden Begründung.
Vgl. zu der Problematik allgemein auch Urteil des Senats vom
heutigen Tage in dem Verfahren 1 A 3633/04.“
lediglich in engen
Grenzen anzuerkennende atypische Ausnahmefälle
unter keinen Umständen mehr
vereinbar wäre. Hierzu heißt es in dem zitierten Urteil weiter wie folgt:
„3. Wenn sich somit auch aus den Bestimmungen der BhV nicht
unmittelbar eine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch des
Klägers ergibt, steht ihm dieser Anspruch letztlich gleichwohl zu.
Entscheidend hierfür sind Besonderheiten gerade dieses Einzelfalles,
welche es ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen lassen, mit Blick
auf ein ansonsten der Fürsorgepflicht grob widersprechendes
Ergebnis den Anspruch unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des
Dienstherrn nach § 79 BBG herzuleiten.
Zwar enthalten Beihilfevorschriften des Dienstherrn eines Beamten
im Grundsatz eine abschließende Konkretisierung dessen, was der
Dienstherr für diesen Rechtsbereich aufgrund seiner Fürsorgepflicht
an - den diesbezüglichen Anteil in der Besoldung ergänzenden -
Leistungen u.a. in Krankheitsfällen für geboten und angemessen
ansieht. Auch verlangt die Fürsorgepflicht keine "lückenlose"
Erstattung sämtlicher krankheitsbedingter Aufwendungen des
Beamten und seiner berücksichtigungsfähigen Angehörigen.
Unbeschadet dessen kann es jedoch in gewissen Einzelfällen geboten
sein, einen "Beihilfeanspruch" unmittelbar auf der Grundlage der
Fürsorgepflicht zu gewähren, wenn nämlich diese ansonsten in ihrem
Wesenskern verletzt würde.
Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, z.B. Urteile vom 10. Juni
1999 - 2 C 29.98 -, ZBR 2000, 46 = DÖD 2000, 39 (Juris Rn. 21,
22), und vom 31. Januar 2002 - 2 C 1.01 -, ZBR 2002, 401 = DÖD
2002, 172 (Juris Rn. 17); zu implantologischen Leistungen etwa VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 17. September 2003 - 4 S 1869/02
-, IÖD 2004, 22 (Juris Rn. 13, 14); OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom
30. Oktober 1998 - 10 A 10692/98 -, IÖD 1999, 128 (Juris, Rn. 34
ff.).
Einen solchen Fall hält der Senat hier für gegeben. Dabei verkennt er
nicht, dass schon aus Gründen grundsätzlich gebotener
Gleichbehandlung aller einem bestimmten Dienstherrn zugehörigen
Beihilfeberechtigten die Abweichung von im Rahmen der
Beihilfevorschriften typisierend vorgenommenen
Leistungsausschlüssen bzw. -begrenzungen zugunsten einzelner
Beihilfeberechtigter unter unmittelbarer Anknüpfung an den
höchstens in seltenen
Ausnahmefällen in Betracht kommen kann, in denen sich -
atypischerweise - die Verweigerung der Beihilfeleistung
aufgrund ganz besonderer Fallumstände schlechterdings als
grob fürsorgepflichtwidrig darstellen würde
Hieraus ergibt sich, dass auch nach Auffassung des OVG Münster die medizinisch indizierte
Notwendigkeit einer Implantatversorgung allein keinen unmittelbar aus der Fürsorgepflicht
des Dienstherrn herzuleitenden Beihilfeanspruch begründet. Vielmehr hatte das Gericht
einen aufgrund besonderer Fallumstände bestehenden „völlig atypischen“ Ausnahmefall
angenommen, weil es in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall zum einen zu der
Implantatversorgung keine medizinisch sinnvolle Alternative gab und die konservative
prothetische Alternativversorgung zudem das Sechsfache der dort streitgegenständlichen
Kosten einer Implantatversorgung verursacht hätte, weshalb ein Hauptziel der
Beihilfebegrenzung durch die Beihilfevorschriften, nämlich das der Kostenreduzierung, in
sein Gegenteil verkehrt worden wäre. Das Letzteres hier der Fall wäre, ist weder von der
Klägerin vorgetragen, noch sonst erkennbar. Unstreitig ist auch, dass eine nicht
implantatgestützte prothetische Versorgung im Falle der Klägerin nur deshalb nicht erfolgt
ist, weil die Klägerin sich – so ihr Widerspruchsvorbringen – aufgrund eines ausgeprägten
Würgereizes und einer bestehenden „Klaustrophobie“, der zufolge sie auf Gaumenkontakt
mit Panikattacken reagiere, für eine gaumenfreie Prothetik entschieden hat, obgleich die
zahnmedizinische Möglichkeit einer – wenn auch nicht optimalen – Alternativversorgung
offensichtlich bestanden hat.
medizinische
Indikation einer Implantatversorgung plausibel machen, sie begründen nach Auffassung der
Kammer indes keinen atypischen Ausnahmefall im Sinne der Rechtsprechung des OVG
Münster. Vielmehr geht das geltende Beihilferecht insoweit in Übereinstimmung mit der
Fürsorgepflicht des Dienstherrn davon aus, dass die von der Klägerin beklagten Nachteile
einer herkömmlichen Zahnprothetik in den Fällen, in denen eine Implantatversorgung
beihilferechtlich nicht indiziert ist, vom Beihilfeberechtigten – falls erforderlich unter
Inkaufnahme einer gewissen Eingewöhnungszeit – hinzunehmen sind. Konsequenterweise
vermag auch der von der Klägerin angeführte Gesichtspunkt der mit der gleichwohl
erfolgten Implantatversorgung verbundenen Kostenbelastung keine Beihilfeberechtigung zu
begründen, da eine beihilfefähige Alternative gegeben war, auf die die Klägerin in
zumutbarer Weise verwiesen werden konnte, weshalb auch der Hinweis der Klägerin auf
das Urteil des OVG A-Stadt vom 11.03.2002 – 1 R 11/00 –, (NVwZ-RR 2002, 668
) fehl geht.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Für eine Zulassung der Berufung besteht kein Anlass (vgl. § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO).
Beschluss
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG der Höhe der mit der Klage geltend
5.228,00 Euro