Urteil des VG Saarlouis vom 06.01.2009

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VG Saarlouis Beschluß vom 6.1.2009, 2 L 1825/08
Eilrechtschutz bei Überstellung eines Asylbewerbers in einen sicheren Drittstaat (hier
Griechenland)
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; die Kosten des Verfahrens im Übrigen trägt der
Antragsteller.
Gründe
Der von dem Antragsteller in der Form der Sicherungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz
1 VwGO gestellte, auf die vorläufige Untersagung seiner Abschiebung nach Griechenland
gerichtete Antrag bleibt ohne Erfolg.
Für den Antrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis ungeachtet dessen, dass in dem von
der Antragsgegnerin eingeleiteten Rückübernahmeverfahren noch keine
Abschiebungsanordnung gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ergangen ist. Da nach der
gerichtsbekannten Verfahrenspraxis der Antragsgegnerin davon auszugehen ist, dass der
die Abschiebungsanordnung beinhaltende Bescheid dem Antragsteller erst im Zeitpunkt
seiner tatsächlichen Abschiebung ausgehändigt wird, ist es diesem nicht zuzumuten, mit
einer Antragstellung abzuwarten, bis eine Abschiebungsanordnung ergangen ist, da
ansonsten bei der dann unmittelbar stattfindenden Abschiebung die Inanspruchnahme
effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG unzumutbar erschwert wäre.
Einer gerichtlichen Eilentscheidung in dem von dem Antragsteller begehrten Sinne steht
aber die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG entgegen, wonach die Abschiebung in den für
die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) nicht nach § 80
oder § 123 VwGO ausgesetzt werden darf.
An der Zuständigkeit von Griechenland als für die Durchführung des Asylverfahrens
zuständigem Staat bestehen vorliegend keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Vielmehr haben die griechischen Behörden mit Schreiben vom 30.10.2008 der
Wiederaufnahme des Antragstellers auf der Grundlage von Art. 20 Abs. 1 c) und Abs. 16
Abs. 1 e) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 (ABl. L 50 vom
25.02.2003) – sog. Dublin II Verordnung - ausdrücklich zugestimmt und damit zumindest
konkludent ihre Zuständigkeit für die weitere Bearbeitung des Asylantrages des
Antragstellers erklärt. Der Antragsteller hat demgegenüber auch nicht ansatzweise
Umstände glaubhaft machen können, die Anlass geben würden, an der Zuständigkeit
Griechenlands für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zu zweifeln. Die
pauschale und durch nichts belegte Behauptung des Antragstellers, er sei nicht über
Griechenland in die Bundesrepublik Deutschland eingereist, sondern nach einem Aufenthalt
in Griechenland zunächst wieder in den Irak zurückgekehrt, bevor er diesen später erneut
vorverfolgt verlassen habe, genügt hierfür ersichtlich nicht, zumal dieses Vorbringen mit
den Angaben des Antragstellers im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 25 AsylVfG am
06.10.2008, wonach er zuvor in keinem anderen Land gewesen sei, nicht in Einklang zu
bringen ist.
Ist damit aber Griechenland nach wie vor für die Durchführung des Asylverfahrens
Antragstellers zuständig, besteht im Weiteren auch kein greifbarer Anhalt für das Vorliegen
eines vom Bundesverfassungsgericht
vgl. dazu Urteil vom 14.05.1996 – 2 BvR 1938/93 und 2
BvR 2315/93 -, zitiert nach juris
aus Gründen verfassungskonformer Auslegung der Drittstaatenregelung und der sie
flankierenden Regelung in § 34 a Abs. 2 AsylVfG entwickelten und anerkannten
Ausnahmefalles. Über das gesetzliche Verbot in § 34 a Abs. 2 AsylVfG dürfen sich die
Verwaltungsgerichte danach nur dann hinwegsetzen, wenn dem Ausländer im
Verwaltungsgerichte danach nur dann hinwegsetzen, wenn dem Ausländer im
Abschiebungszielstaat die Todesstrafe droht, wenn für ihn die konkrete Gefahr besteht,
dort im unmittelbaren Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Zurückverbringung
Opfer eines Verbrechens zu werden, welches zu verhindern nicht in der Macht des
Drittstaates steht, wenn sich die für die Qualifizierung als „sicher“ maßgeblichen
Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben, wenn der Drittstaat voraussichtlich
selber gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder
unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greifen wird oder wenn offen zu Tage tritt, dass
der Drittstaat sich von seinen Schutzverpflichtungen lösen und einen bestimmten
Ausländerschutz dadurch verweigern wird, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des
Schutzgesuches entledigen wird
vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 a. a. O.
Dass einer der genannten Gründe einer Abschiebung des Antragstellers nach Griechenland
entgegenstehen würde, ist nicht ersichtlich; hierfür hat der Antragsteller auch keine
konkreten Tatsachen dargetan.
Dass bezogen auf den Antragsteller humanitäre oder persönliche Gründe gegeben sind, die
nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von Art. 16 a Abs. 2 GG und §
34 a Abs. 2 AsylVfG unberührt bleiben und deshalb dem Vollzug einer
Abschiebungsandrohung grundsätzlich entgegenstehen könne
vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 a. a. O. und
Beschluss vom 26.02.1998 – 2 BvR 185/98 -, zitiert nach
juris,
ist ebenfalls nicht erkennbar. Insbesondere rechtfertigt der bloße Hinweis des Antragstellers
darauf, dass sich seine Eltern, Geschwister, Onkel und Tanten in der Bundesrepublik
Deutschland aufhalten, es für sich genommen nicht, ihm ausnahmsweise einstweiligen
Rechtsschutz im Hinblick auf seine Abschiebung nach Griechenland zu gewähren. Der
Antragsteller ist vielmehr grundsätzlich darauf zu verweisen, seine Rechtsverfolgung im
Wege der von ihm unter dem Aktenzeichen 2 K 1824/08 gegen seine Abschiebung nach
Griechenland erhobenen Klage vom Ausland aus weiter zu betreiben.
Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG
zurückzuweisen.
Mangels hinreichender Erfolgsaussichten i. S. v. §§ 166 VwGO, 114 ZPO konnte
demzufolge auch dem Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
nicht entsprochen werden.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.