Urteil des VG Potsdam vom 05.12.2002
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Gericht:
VG Potsdam 20.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 K 2182/06.PVB
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 44 Abs 2 PersVG
Der Umfang der Unterstützungsplicht der Dienststelle
gegenüber dem Personalrat und die arbeitsrechtlichen
Konsequenzen bei der Überlassung von Bürokräften
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Verfahren.
2. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Wirkung vom 5. Dezember 2002 wurde die Angestellte I. T. im Rahmen der
Schwerpunktbildung nach § 44 Abs. 2 BPersVG dem Bezirkspersonalrat bei der
Wehrbereichsverwaltung Ost als Bürokraft ganztägig zur Verfügung gestellt. Frau I. T. ist
Angehörige der Wehrbereichsverwaltung Ost; ihr ist der Dienstposten Schreibkraft (TE/ZE
164/416) im Dezernat I 6 (Innerer Dienst) der WBV Ost übertragen.
Unter dem 6. Februar 2006 beantragte der Vorsitzende des BPR beim Dezernat I 6 die
Berechtigung, im Arbeitszeiterfassungssystem Visuel Web Korrekturen für die
Schreibkraft ausführen zu dürfen. Der Beteiligte lehnte dies mit Bescheid vom 11. April
2006 mit der Begründung ab, das durch die Dienststelle dem Personalrat zur Verfügung
gestellte Büropersonal bleibe der aus dem Organisations- und Dienstpostenplan
ersichtlichen Organisationseinheit zugeordnet. Deshalb sei der Dezernatsleiter I 6 der
WBV Ost weiterhin der Vorgesetzte von Frau T. . Dies folge auch aus der
Dienstvereinbarung vom 27. Juni 2003 in der Fassung der Änderung vom 26. Januar
2006. Dort seien als Vorgesetzte unter Punkt 1.4 die
Dezernatsleiterinnen/Dezernatsleiter und die Abteilungsleiterinnen/Abteilungsleiter
aufgeführt. Vorstehende Ausführungen fänden auch für Personal Anwendung, das einen
der zur Unterstützung des BPR eingerichteten Dienstposten bekleiden würde. Der BPR
als Kollegialorgan stelle keine eigenständige Organisationseinheit dar, welche eigenen
Dienstpostenbedarf begründe. Deshalb habe ihm die Dienststelle nach § 44 Abs. 2
BPersVG auch Büropersonal im erforderlichen Umfang zur Verfügung zu stellen, wie dies
auch hier geschehen sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Mai 2006 wiederholte der Antragsteller seine Bitte,
die der Beteiligte indessen mit nochmaligem Schreiben vom 8. Juni 2006 ablehnte.
Am 15. Juli 2006 hat der Antragsteller daraufhin beim Verwaltungsgericht Berlin das
vorliegende Beschlussverfahren anhängig gemacht.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat das Verfahren mit Beschluss vom 26. Oktober 2006
nach Anhörung der Beteiligten zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht Potsdam
verwiesen.
Der Antragsteller führt zur Begründung seines Antrages aus:
Der Personalratsvorsitzende sei Vorgesetzter der Schreibkraft und dürfe mithin gemäß
der "Dienstvereinbarung über die Arbeitszeit bei der Wehrbereichsverwaltung Ost" die
Korrekturberichtigung ausüben. Gemäß Ziffer 5.2 der Dienstvereinbarung hätten die
Vorgesetzten im Rahmen der Dienstaufsicht für die Einhaltung der festgesetzten
Arbeitszeiten zu sorgen. Hierzu könnten sie über das Visuel Web alle Buchungen des
ihnen unterstellten Personals einsehen, zusammenstellen und auswerten, insbesondere
die Fehlzeit- und Urlaubskonten, gelöschte Buchungen, Zeitdefizite,
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die Fehlzeit- und Urlaubskonten, gelöschte Buchungen, Zeitdefizite,
Kernzeitverletzungen und die Inanspruchnahme von Zeitausgleich. Ziffer 4.4 regele
darüber hinaus die Korrekturberechtigung. Wenn eine Dienstkraft einer
Personalvertretung zur Verfügung gestellt werde, bedeute dies auch, dass der
Vorsitzende der Personalvertretung weisungsbefugt gegenüber der Dienstkraft sei.
Daran ändere der Umstand nichts, dass die Bürokraft Angestellte des Trägers der
Dienststelle bleibe. Die Weisungsbefugnis wegen der auszuführenden Arbeiten und der
Zeit, in der sie zu erledigen seien, komme mithin dem Vorsitzenden der
Personalvertretung zu. Nur dieser sei überhaupt tatsächlich in der Lage, die Buchungen
des ihm unterstellten Personals auszuwerten, da nur er die Arbeiten, die eine zur
Verfügung gestellte Bürokraft zu erledigen habe, anweise. Die Korrekturberechtigung
knüpfe an diese Weisungsbefugnis an. Weisungsrechte der Dienststelle im Rahmen der
Erledigung von Aufgaben der Personalvertretung seien ausgeschlossen.
Der Antragsteller beantragt
festzustellen, dass der Vorsitzende des Bezirkspersonalrats berechtigt ist, die
Korrekturberechtigung für die dem Bezirkspersonalrat zur Verfügung gestellte Bürokraft
auszuüben.
Der Beteiligte beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Unter Bezugnahme auf die ablehnenden Schreiben vom 11. April und 8. Juni 2006 bringt
er ergänzend vor:
Der Antragsteller habe keine Berechtigung, auf das interne Arbeitszeiterfassungssystem
Visuel Web der WBV Ost Zugriff zu nehmen und für die Bürokraft, Frau T. , Korrekturen
durchzuführen. Weder aus gesetzlichen noch aus verwaltungsinternen Vorschriften lasse
sich eine solche Korrekturberechtigung herleiten. Der Vorsitzende des BPR habe keine
Vorgesetzteneigenschaft im Sinne der Ziffer 1.4 der Dienstvereinbarung. Er sei
gegenüber dem Büropersonal nur hinsichtlich der für ihn auszuführenden Arbeiten
weisungsbefugt. Mit dieser faktischen Arbeitsbeziehung verbinde sich jedoch keine
derart verfestigte Vorgesetztenfunktion, aus der ein Rechtsanspruch für die
Korrekturberechtigung abzuleiten sei. Die Weisungsbefugnis beziehe sich allein auf die
fachliche Aufgabenerfüllung des Büropersonals, nicht jedoch auf die Aufgabenerfüllung
im Rahmen der einem Vorgesetzten zustehenden Dienstaufsicht. Die aus § 44 Abs. 2
BPersVG resultierende Unterstützungspflicht sei eine aus der Partnerbeziehung von
Dienststellenleiter und Personalrat erwachsende, besondere
personalvertretungsrechtliche Verpflichtung, die den sachlichen Aufgabenbereich der
Dienststelle indessen unberührt lasse. Das Büropersonal bleibe nach allem
dienstrechtlich gegenüber dem Dienststellenleiter weisungsgebunden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig (§ 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG), hat in der Sache aber keinen Erfolg.
§ 44 Abs. 2 BPersVG verpflichtet die Dienststelle, dem Personalrat für die Sitzungen, die
Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung Büropersonal zur Verfügung zu
stellen. Die Dienststelle hat damit, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der
Vorschrift ergibt, die Pflicht, den Personalrat bei der Erfüllung seiner Aufgaben insoweit
zu unterstützen, als er für diese Tätigkeit der unselbstständigen Hilfeleistung bedarf.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 21. März 1984 - 6 P 3.82 -,
Buchholz, Ordnungsziffer 238.37, § 40 Nr. 2.
Diese Unterstützungspflicht führt indessen nicht zu einer Erweiterung des
Aufgabenbereichs der Dienststelle dergestalt, dass zu ihren sachlichen Aufgaben die
Hilfeleistung bei der Tätigkeit des Personalrats als eine weitere dienstliche Aufgabe
hinzuträte. Es handelt sich vielmehr um eine aus der Partnerbeziehung von
Dienststellenleiter und Personalrat erwachsende, besondere
personalvertretungsrechtliche Verpflichtung, die den sachlichen Aufgabenbereich der
Dienststelle unberührt lässt. Ist es erforderlich, dem Personalrat Büropersonal zur
Verfügung zu stellen, so kann dies auf Seiten der Dienststelle folglich nur in der Weise
geschehen, dass der Dienststellenleiter der dafür in Betracht kommenden Mitarbeiterin
von Fall zu Fall oder - bei entsprechendem Bedarf - auf Dauer den zusätzlichen Auftrag
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von Fall zu Fall oder - bei entsprechendem Bedarf - auf Dauer den zusätzlichen Auftrag
erteilt, dem Personalrat die benötigte Hilfe zu leisten. Dass die betreffende Mitarbeiterin
möglicherweise in ihrem eigentlichen Aufgabenbereich entlastet werden muss oder
diesem gar nicht mehr nachkommen kann, nimmt ihrer Bereitstellung zur Hilfeleistung
beim Personalrat aus dienst- oder arbeitsrechtlicher Sicht nicht den Charakter eines zu
ihren eigentlichen Aufgaben hinzutretenden Dienstleistungs- oder Arbeitsauftrages. Das
hat auch zu gelten, wenn die Hilfeleistung für den Personalrat einen solchen Umfang hat,
dass die zur Verfügung gestellte Bürokraft von ihrer eigentlichen Aufgabe
vorübergehend oder auf längere Zeit ganz entbunden werden muss. Auch in diesem
Falle wird die Tätigkeit für den Personalrat nicht auf einem eigens dafür einzurichtenden
Dienstposten oder Arbeitsplatz erbracht. Denn ein solcher darf nicht eingerichtet
werden, weil die Hilfeleistung, wie dargelegt, nicht zu den bei der Organisation und der
Stellenplanung allein zu berücksichtigenden sachlichen Aufgaben der Dienststelle
gehört, sondern nur Unterstützungsfunktion hat. Der dem Personalrat zur Hilfeleistung
zur Verfügung gestellte Beschäftigte behält mithin, auch soweit er für den Personalrat
tätig ist, seinen bisherigen Dienstposten oder Arbeitsplatz.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. März 1984 - 6 P 3.82 -, a. a. O.; Wahlers, Der Anspruch
des Personal-(betriebs-)rats auf Überlassung von Büropersonal, Die Personalvertretung
(PersV) 2006, 124, 128.
Die dem Personalrat zur Verfügung gestellte Bürokraft erhält zwar während ihrer
Tätigkeit beim Personalrat die für die Hilfeleistung erforderlichen Arbeitsanweisungen
vom Personalratsvorsitzenden; sie bleibt aber dienstrechtlich gegenüber dem
Dienststellenleiter weisungsgebunden.
Vgl. Wahlers, a. a. O., S. 128; Fischer/Goeres, GKÖD Band V, Das
Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, § 44 Rn. 44;
Lorenzen u. a., BPersVG, Kommentar Stand März 2006, § 44 Rn. 45, 45 a; Cecior u. a.,
PersVG, NRW Kommentar Stand 2005, § 40 Rn. 69, 70; Ballerstedt u. a., BayPVG,
Kommentar Stand November 2005, Artikel 44 Rn. 74 unter Hinweis auf Artikel 1 Rn. 74;
Klapproth u. a., PersVG Bbg, Kommentar, § 44 Rn. 29.
Selbst das Auswahlrecht für die Büro- oder Schreibkraft steht dem Personalrat
grundsätzlich nicht zu. Die Entscheidung, welchen Beschäftigten der Dienststellenleiter
damit beauftragt, dem Personalrat als Bürokraft Hilfe zu leisten, obliegt allein ihm.
Vgl. Wahlers, a. a. O., S. 128.
Diese Entscheidungsbefugnis erfährt allerdings eine Einschränkung durch den Grundsatz
der vertrauensvollen Zusammenarbeit dergestalt, dass dem Personalrat ein
Mitspracherecht bei der Auswahl der Bürokraft einzuräumen ist.
Vgl. Wahlers, a. a. O., S. 128.
Auch für die räumliche Unterbringung der Bürokraft gilt der Grundsatz der
Organisationshoheit des Dienststellenleiters, d. h. es obliegt dem pflichtgemäßen
Ermessen des Dienststellenleiters, im Rahmen der wirtschaftlichen und sparsamen
Haushaltsführung für die funktionsgerechte und angemessene Unterbringung der
Bürokraft Sorge zu tragen. Hierbei hat er, wie in der Rechtsprechung anerkannt ist, auch
der grundsätzlichen Geheimhaltungsbedürftigkeit der personalvertretungsrechtlichen
Angelegenheiten bei der Anfertigung von Schriftstücken Rechnung zu tragen.
Das alles steht hier nicht im Streit. Es geht vorliegend lediglich um die Frage, wer
eventuelle Korrekturen auf dem Zeitkonto der dem Personalrat zur Verfügung gestellten
Bürokraft vornehmen darf.
Dies ist aber entgegen der Auffassung des Antragstellers ebenfalls weiterhin allein der
Dienststellenleiter bzw. der nach dem Organisationsplan der Dienststelle und der
Dienstvereinbarung bestimmte Dienstvorgesetzte. Nur dieser ist im Sinne der
Dienstvereinbarung insoweit gegenüber der Bürokraft weisungsbefugt, wobei sich diese
Weisungsbefugnis nicht auf die Erfüllung der Aufgaben bezieht, die der Bürokraft vom
Vorsitzenden des Personalrats zugewiesen werden.
Für eine andere Betrachtungsweise besteht auch keine Notwendigkeit. Dies gilt selbst
dann, wenn eine Bürokraft - wie hier - dem Personalrat mit voller Arbeitskraft zugewiesen
ist, dem Dienststellenleiter somit mit vollem Zeitkontingent für andere Aufgaben
entzogen ist. Denn sollten sich tatsächlich aus dieser Vollbeschäftigung für den
Personalrat Korrekturen im Zeitkonto ergeben, können diese Korrekturen auch vom
Vorsitzenden des Personalrats - in vertrauensvoller Zusammenarbeit - an den
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Vorsitzenden des Personalrats - in vertrauensvoller Zusammenarbeit - an den
Dienststellenleiter bzw. den unmittelbaren Vorgesetzten der Bürokraft weitergegeben
und von dort ein eventueller Ausgleich veranlasst werden.
Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Verfahren.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 33 Abs.
1 i. V. m. § 23 Abs. 3 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. In
personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist es nach der ständigen
Spruchpraxis der Kammer in aller Regel angemessen, den dort vorgesehenen
Auffangwert als Gegenstandswert festzusetzen. Das vorliegende Verfahren bietet keinen
Anlass, den Gegenstandswert in anderer Höhe festzusetzen.
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