Urteil des VG Potsdam vom 14.03.2017

VG Potsdam: zweckverband, abwasserentsorgung, abwasserbeseitigung, erfüllung, satzung, zustellung, amtsblatt, entstehung, gegenleistung, form

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Gericht:
VG Potsdam 8.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 K 965/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 KAG BB, § 6 KAG BB, § 66
WasG BB, § 67 WasG BB
Gebührenpflicht bei Inanspruchnahme von Vorhalteleistungen
einer dezentralen Fäkalwasserentsorgung; Beauftragung eines
Dritten
Leitsatz
1. Eine die Gebührenpflicht auslösende Inanspruchnahme von Vorhalteleistungen einer
dezentralen Fäkalwasserentsorgung setzt unter anderem voraus, dass der
Gebührenpflichtige seine Abwässer tatsächlich in eine Sammelgrube einleitet.
2. Wenn ein für die Aufgabe der Abwasserentsorgung zuständiger Zweckverband einen
Dritten mit der Entsorgung von Abwässern beauftragt, dann kann er dieses Drittentgelt nach
§ 6 Abs. 2 KAG Bbg grundsätzlich auch im Rahmen einer Grundgebührenkalkulation in Ansatz
bringen.
Dies setzt aber eine Qualifikation solcher Drittentgelte als Vorhaltekosten voraus. Ist lediglich
ein Gesamtentgelt auf der Basis von Selbstkostenpreisen pro Kubikmeter zu entsorgendem
Fäkalwasser geschuldet, kann dieser Kostenblock nicht eindeutig den Vorhaltekosten
zugeordnet werden.
Dies gilt selbst dann, wenn die Entgeltkalkulation des Dritten Kosten ausweist, die nach
kommunalabgabenrechtlichen Grundsätzen als Fixkosten qualifiziert werden können, so aber
nicht gesondert in Rechnung gestellt werden. Maßgeblich sind stets nur die Vorhaltekosten
der eigenen Einrichtung.
Tenor
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird
nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines
Betrages von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, es sei denn,
der Kläger leistet seinerseits Sicherheit in dieser Höhe.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Erhebung von Grundgebühren und Vorausleistungen für
die mobile Schmutzwasserbeseitigung des Beklagten für die Jahre 2004 und 2005.
Der Kläger betreibt auf seinem Wohngrundstück Ch. 1 in 1.... U.... /Ortsteil B... eine
abflusslose Schmutzwassersammelgrube. Bis zum Jahr 2004 hatte der Kläger die
Schmutzwasserentsorgung in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung durch
einen privaten Entsorger organisiert.
Am 25. Juni 2004 beschloss der beklagte Zweckverband die Gebührensatzung für die
mobile Schmutzwasserbeseitigung des Nord-Uckermärkischen Wasser- und
Abwasserzweckverbandes - GS 2004 -. Nach § 1 Abs. 1 GS 2004 betreibt er zu diesem
Zweck zwei selbstständige Einrichtungen einerseits zur Entsorgung von Fäkalien aus
abflusslosen Sammelgruben, andererseits zur Entsorgung von Schlamm aus
Kleinkläranlagen. Die Satzung ist zum 1. Juli 2004 in Kraft getreten. Ebenso ist die 1.
Änderungssatzung zur Gebührensatzung für die mobile Schmutzwasserbeseitigung des
Nord-Uckermärkischen Wasser- und Abwasserzweckverbandes vom 8. September 2004
zum 1. Juli 2004 in Kraft getreten.
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Mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 veranlagte der Beklagte den Kläger für sein o.g.
Grundstück zu einer Grundgebühr von 18,17 Euro für den Zeitraum 1. Juli 2004 bis 18.
Oktober 2004 und setzte gleichzeitig fünf Abschläge für die Schmutzwasserbeseitigung á
zwölf Euro für das Jahr 2005 fest.
Hiergegen legte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 16. Dezember 2004 Widerspruch
ein. Zur Begründung führte er aus, es sei unklar, welche Gegenleistung für die
Grundgebühr erbracht werde. Die Wahrnehmung der Aufgabe der
Schmutzwasserentsorgung sei bislang durch die Beauftragung privater
Entsorgungsunternehmen von den Grundstückseigentümern selbst problemlos
bewerkstelligt worden, so dass eine Notwendigkeit, die Abwasserabfuhr in die Hände des
NUWA zu legen, nicht gegeben sei. Beim Zweckverband selbst fielen keine
Vorhaltekosten an, sondern nur bei den Stadtwerken Prenzlau, die jetzt die Entsorgung
im Auftrage des Beklagten erledigten. Insofern sei der Zweckverband aber gehindert,
Grundgebühren zu erheben, da bei ihm keine Vorhaltekosten entstünden.
Auch die Höhe der jährlichen Grundgebühr von 60,44 Euro könne nicht nachvollzogen
werden. Es sei unklar, welche festen Kosten dem NUWA entstünden, da die Bearbeitung
und Abwicklung den Stadtwerken Prenzlau übertragen worden sei.
Hierzu teilte der Zweckverband dem Kläger in einem weiteren Schreiben vom 3. März
2005 mit, er sei als entsorgungspflichtige Körperschaft gemäß § 66 Abs. 1 in Verbindung
mit § 67 Wassergesetz Brandenburg zur zentralen Organisation der mobilen
Schmutzwasserentsorgung gezwungen gewesen. Es hätten Belege für die Annahme
vorgelegen, dass nur ca. 10 % des gelieferten Trinkwassers einer ordnungsgemäßen
Entsorgung zugeführt worden sei. Es habe daher die Vermutung nahe gelegen, dass der
nicht entsorgte Teil rechtswidrig und unkontrolliert versickert sei und so die Gefahr der
Grundwasserverschmutzung bestanden habe. Als entsorgungspflichtige Körperschaft für
die in seinem Verbandsgebiet anfallenden Abwässer könne sich der
Abwasserzweckverband zur Erfüllung seiner Aufgaben Dritter bedienen. Da der NUWA
über keine eigenen Kläranlagen verfüge, die in der Lage seien, das anfallende
Fäkalwasser und Klärschlämme zu behandeln, seien Verträge mit verschiedenen
Betreibern von Kläranlagen geschlossen worden. Dazu hätten teilweise die Kapazitäten
dieser Anlagen durch investive Maßnahmen erweitert werden müssen. Durch das
Vorhalten der Anlagen hätten die Kläranlagenbetreiber verbrauchs-unabhängige Kosten
zu tragen, die sie auf vertraglicher Grundlage auf den NUWA abwälzten. Der NUWA sei
dadurch faktisch so gestellt, als ob er die Anlagen selber errichtet habe. Durch die
Einführung einer Grundgebühr habe die Mengengebühr für die Abfuhr von Fäkalwasser
von 9,- auf 7,50 Euro/cbm gesenkt werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2005 wies der Beklagte den Widerspruch
zurück.
Der Kläger hat am 22. April 2005 Klage erhoben.
Er führt zur Begründung ergänzend aus, er wende sich nicht gegen die Erhebung von
Entsorgungsgebühren für die Abfuhr und Entsorgung des Fäkalwassers und
Fäkalschlamms an sich, sondern nur gegen die Erhebung einer Grundgebühr. Es sei
insbesondere nicht klar, welche Kostenanteile als Fixkosten in die Grundgebühr und
welche leistungsbezogenen Kosten in die Mengengebühr einfließen würden. Daher könne
nicht festgestellt werden, ob das Verhältnis von Grund- zu Mengengebühr angemessen
im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes für das Land
Brandenburg - KAG - sei. Keinesfalls dürfe der Beklagte verbrauchsunabhängige Kosten,
die bei vertraglich gebundenen Dritten entstünden, als eigene Kosten ansehen und
diese als Grundgebühr an den Verbraucher weitergeben. Er könne gemäß § 9 Abs. 5 GS
2004 nur die Vorhaltekosten für eine eigene öffentliche Einrichtung weitergeben.
Der Kläger beantragt,
den Gebührenbescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 insoweit aufzuheben, als für den
Abrechnungszeitraum 26. Oktober 2003 bis 18. Oktober 2004 eine Grundgebühr für die
mobile Schmutzwasserbeseitigung in Höhe von 18,17 Euro berechnet und
Abschlagszahlungen für das Abrechnungsjahr 2005 für die mobile
Schmutzwasserbeseitigung in Höhe von insgesamt 60,- Euro festgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Er führt zur Begründung seines Antrags ergänzend aus, für die Entsorgung der Fäkalien
durch vom Zweckverband beauftragte Dritte, hätten die Kapazitäten dort erweitert
werden müssen. Durch das Vorhalten dieser Anlagenkapazitäten (Ausbaukosten,
Betriebskosten) entstünden den Betreibern verbrauchsunabhängige Kosten, die durch
die Stadtwerke P. GmbH auf vertraglicher Grundlage gegenüber dem Beklagten
berechnet würden. Damit stehe der Beklagte faktisch so, als ob er selbst diese
Anlagekapazitäten geschaffen hätte. Mit Beschlussfassung vom 25. Juni 2004 habe der
Beklagte die Möglichkeit geschaffen, diese Vorhaltekosten im Rahmen von
Grundgebühren auf die Abgabenpflichtigen umzulegen. Die Satzung sei nach Prüfung
durch die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde und Bekanntmachung mit Wirkung zum
1.7.2004 rechtsfehlerfrei in Kraft gesetzt worden. Die Kalkulation entspreche den
gesetzlichen Vorgaben und habe der Verbandsversammlung am 25. Juni 2004
vorgelegen.
Durch den Beklagten sind zur Kalkulation in erheblichem Umfang weitere Erläuterungen
gegeben und Unterlagen vorgelegt worden. Insbesondere der Betriebsführungsvertrag
des Zweckverbandes mit den Stadtwerken P. GmbH vom 23. Dezember 1996, die
Zusatzvereinbarung zur öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 27. November 2001,
die LSP-Vorkalkulation der Vergütung zum Jahr 2004 und Berechnungen der WIBERA zur
Gebührenkalkulation sind zu erwähnen. Hierauf wie auch auf das Protokoll des am 3. Juni
2009 durchgeführten Erörterungstermins vor dem Berichterstatter wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berichterstatter kann den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden,
weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise im Erörterungstermin vom 3. Juni 2009
zugestimmt haben, § 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung –
VwGO –.
Entgegen dem wörtlich gestellten Antrag ergibt eine Auslegung des Antrags nach
Maßgabe des Klagevorbringens, dass der Kläger nicht die Anfechtung der
Grundgebührenerhebung für den Zeitraum 26. Oktober 2003 bis 18. Oktober 2004,
sondern nur für den Zeitraum 1. Juli bis 18. Oktober 2004 sowie die Aufhebung der
Vorauszahlungen auf die Grundgebühr für das Jahr 2005 begehrt, §§ 86 Abs. 1, 88
VwGO. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass für den Zeitraum vor dem 1. Juli 2004
überhaupt keine Grundgebühren für die mobile Fäkalienentsorgung erhoben worden
sind. Vielmehr stellt das kombinierte Bescheid/Schreiben vom 1. Dezember 2004 nur
bezüglich des privatrechtlich angeforderten Trinkwasserentgelts auf den Zeitraum 26.
Oktober 2003 bis 18. Oktober 2004 ab, nicht aber bezüglich der streitigen Grundgebühr,
die eben nur für den Zeitraum 1. 7. bis 18. 10. 2004 erhoben worden ist. Dieser
Auslegung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Erörterungstermin vom 3. Juni
2009 zugestimmt.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die statthafte Anfechtungsklage ist fristgerecht am 22. April 2005 binnen der Monatsfrist
des § 74 Abs. 1 Satz 1 erhoben worden, denn der Widerspruchsbescheid vom 22. März
2005 ist nach Angaben des Beklagten, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, erst
am 24. März 2005 dem Kläger zugestellt worden. Die Datumsangabe „20.03.05“ als Tag
der Zustellung auf der Postzustellungsurkunde war angesichts des Bescheiddatums
offenkundig falsch und hatte keinen Beweiswert i.S. von § 98 VwGO i. V. m. § 415 der
Zivilprozessordnung - ZPO -, hinderte aber nicht die Wirksamkeit der Zustellung am 24.
März 2004 (vgl. BVerwG, DÖV 1972, 390). Diese ergibt sich aus § 56 Abs. 2 VwGO i. V.
m. §§ 182, 189 ZPO, wonach ein Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt gilt, wenn
es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war, tatsächlich
zugegangen ist, auch wenn der Widerspruchsbescheid unter Verletzung zwingender
Formvorschriften zugegangen ist.
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 1. Dezember 2004 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 ist rechtswidrig und verletzt
den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die der Gebührenerhebung
zugrundeliegende Satzung ist aus zwei Gründen nichtig, so dass es an einer die
Abgabenerhebung rechtfertigenden Satzungsgrundlage fehlt.
Zunächst ist allerdings dem grundsätzlichen klägerischen Einwand, eine Notwendigkeit,
die Abwasserabfuhr in die Hände des NUWA zu legen, sei nicht gegeben, deutlich zu
widersprechen.
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Der Zweckverband hat nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1 i.V.m. 67 Brandenburgisches
Wassergesetz und der Verbandssatzung das auf seinem Gebiet anfallende Abwasser zu
beseitigen und die dazu notwendigen Anlagen zu betreiben oder durch Dritte betreiben
zu lassen. Wie und in welcher Form die Aufgabe der öffentlichen Abwasserbeseitigung
konkret wahrgenommen wird, insbesondere die Entscheidung der Frage, ob die
Schmutzwasserbeseitigung in zentraler oder dezentraler Form (vgl. VG Potsdam,
Beschluss vom 15. Mai 2007 – 8 L 296/07 – S. 3 des Entscheidungsabdrucks), durch
Dritte oder durch einen Regiebetrieb, als einheitliche Einrichtung oder getrennt nach
technischen Anlagen betrieben werden soll (vgl. BayVGH, Beschluss vom 1. Juni 2005 -
23 ZB 05.554 - BayVBl. 2006, 637; Beschluss vom 22. Juli 2004 – 23 B 04.79 – BayVBl.
2005, 143, 145), ist im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung durch die
zuständigen demokratisch legitimierten Entscheidungsgremien zu treffen. Hieraus folgt,
dass den Gemeinden und im Falle der Aufgabenübertragung den Zweckverbänden ein
Planungs- und Organisationsermessen zukommt, dass im Rahmen von § 114 VwGO nur
darauf hin gerichtlich überprüft werden kann, ob der Anlagenbetreiber sich bei der
Entscheidung über Art und Weise der Organisations- und Planungsentscheidung von
Willkür leiten ließ, Rechtsirrtümern unterlag oder von sachfremden Erwägungen
ausgegangen ist (BayVGH, Beschluss vom 1. Juni 2005, a. a. O.).
Danach lässt sich die Umstellung der dezentralen Abwasserentsorgung des Beklagten
im Rahmen der zum 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Gebührensatzung vom 25. April
2004 (bekanntgemacht im Amtsblatt für den Landkreis Uckermark vom 30. Juni 2004, S.
6) nicht beanstanden. Durch die in § 4 Abs. 2 GS 2004 konkretisierte Entsorgungspflicht
des Grundstückseigentümers allein über den Zweckverband und das durch § 4 Abs. 3
eingeführte Bestimmungsrecht des Zweckverbandes oder des von ihm beauftragten
Dritten, den genauen Zeitpunkt, die Art und Weise und den Umfang der Entsorgung
festzulegen, hat der NUWA die Mitwirkungspflichten der Grundstückseigentümer
erweitert. Entsprechend sind vordem noch gegebene Freiräume der Entsorgung, wie sie
nach § 7 Abs. 6 und 8 der Abwassersatzung des NUWA vom 15. November 2000
(bekanntgemacht im Amtsblatt für den Landkreis Uckermark vom 30. Dezember 2000,
S. 12) - AS 2000 - entfallen.
Diese Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn sie hält sich im Rahmen
des dem Zweckverband zustehenden Ermessens. Der Zweckverband musste
angesichts der belegten Abwasserfehlmengen die Einhaltung des Anschluss- und
Benutzungszwanges nach § 7 Abs. 6 AS 2000 zum Wohle einer geordneten
Abwasserwirtschaft effektivieren. Dass der Kläger und andere Mitbürger sich
möglicherweise an ihre Ablieferungspflicht von Fäkalwasser und –schlamm nach § 7 Abs.
6 Satz 2 AS 2000 gehalten haben, spielt demgegenüber keine Rolle, da der Beklagte die
dem Zweckverband gestellte Aufgabe insgesamt und damit gegenüber allen
benutzungspflichtigen Eigentümern erfüllen muss.
Die allein in Betracht kommende Gebührensatzung des NUWA vom 25. Juni 2004 in der
Fassung der ersten Änderungssatzung zur Gebührensatzung für die mobile
Schmutzwasserbeseitigung des Nord-Uckermärkischen Wasser- und
Abwasserzweckverbands vom 8. September 2004 (bekanntgemacht im Amtsblatt für
den Landkreis Uckermark vom 30. September 2004, S. 9) ist nichtig. Sie fasst zum
einen den die Abgabenpflicht begründenden Tatbestand für die Grundgebühr zu weit und
verletzt dadurch das bei jeder Gebührenerhebung vorausgesetzte Leistungs- und
Gegenleistungsprinzip nach § 4 Abs. 1 KAG (hierzu 1.). Zum anderen ist der
Gebührensatz der angegriffenen Grundgebühr fehlerhaft bestimmt worden, denn die
zugrundeliegende Gebührenkalkulation vermag nicht die allein umlegbaren
Vorhaltekosten des Zweckverbands angeben (hierzu 2.).
1.
Nach § 4 Abs. 2 KAG sind Benutzungsgebühren Geldleistungen, die als Gegenleistung für
die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen erhoben werden. Nach § 6
Abs. 1 Satz 1 KAG sind Benutzungsgebühren zu erheben, wenn eine Einrichtung oder
Anlage überwiegend dem Vorteil einzelner Personen oder Personengruppen dient. Dabei
soll sich die Gebühr nach § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG nach der Inanspruchnahme der
Einrichtung oder Anlage bemessen. Hieraus folgt ohne weiteres, dass eine
Gebührenpflicht dann nicht bestehen kann, wenn die Anlage oder Einrichtung nicht in
Anspruch genommen wird. Hierauf hat der Gebührensatzungsgeber bei dem Erlass einer
Gebührensatzung im Rahmen der Festlegungen über die Entstehung der
Gebührenpflicht Bedacht zu nehmen. Als Träger hoheitlicher Gewalt ist er an den
Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Abgabenerhebung und das Gebot der
Normklarheit gebunden (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 27. August 2004 – 2
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Normklarheit gebunden (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Beschluss vom 27. August 2004 – 2
B 302/03 – S. 5 des Entscheidungsabdrucks).
Das einer Gebührenerhebung notwendigerweise zugrundeliegende Leistungs-
Gegenleistungs-Verhältnis ist bei der satzungsmäßigen Festlegung der Entstehung der
Grundgebühr nach § 9 Abs. 5 GS 2004 nicht mehr gewahrt. Nach § 9 Abs. 5 entsteht die
Gebührenpflicht für die Entsorgung von Schmutzwasser aus abflusslosen Gruben allein
mit dem Vorhalten der öffentlichen Einrichtungen gemäß § 1 Abs. 1 GS 2004.
Zwar geht das Gericht in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung
davon aus, dass die Erhebung einer Grundgebühr weder von der konkreten
Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung durch eine tatsächliche Abfuhr des
Schmutzwassers noch von der Willensrichtung des entsorgungspflichtigen
Schmutzwasserproduzenten abhängt, die damit verbundene Gegenleistung
entgegennehmen zu wollen (vgl. OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 27. März 2003 – 2 D
46/99.NE – Rn. 40 zit. nach juris). Schließlich wird durch die Grundgebühr gerade nicht
die unmittelbar leistungsbezogene Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung
abgegolten, sondern vielmehr die Lieferungs- und Betriebsbereitschaft dieser
Einrichtung oder Anlage, welche sich in sogenannten Vorhaltekosten niederschlägt.
Allerdings wird damit nicht gänzlich auf die Voraussetzung der Inanspruchnahme der
Einrichtung verzichtet. Vielmehr wird die Möglichkeit eröffnet, insoweit allein an die
Vorhalteleistungen anzuknüpfen. Da allein durch das Vorhalten einer dezentralen
Entsorgungsanlage noch keine hinreichend direkte Beziehung zur öffentlichen
Einrichtung der Abwasserbeseitigung besteht, wie dies etwa im Falle der zentralen
Abwasserbeseitigung durch die Leitungsverbindung der Fall ist, bedarf es darüber hinaus
weiterer Kriterien, um von einer Inanspruchnahme der Vorhalteleistung ausgehen zu
können. Hierzu gehört nach der oben zitierten Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. März 2002 die Auferlegung eines
Anschluss- und Benutzungszwangs und Einräumung eines damit korrespondierenden
Anschluss- und Benutzungsrechts für die dezentrale Einrichtung, welche eine im Regelfall
auf die tatsächliche Inanspruchnahme verdichtete Vermutung begründet (vgl. auch OVG
Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Juni 2006 – 9 N 208.05 – Rn. 3 – zit. nach juris).
Infolge dieser rechtlichen Rahmenbedingungen muss nämlich die Entsorgung zwingend
durch den Träger der Einrichtung erfolgen und ist die Inanspruchnahme der Einrichtung
konkret absehbar.
Tatsächlich fehlt es hieran nicht, denn nach § 7 Abs. 1, Abs. 6 AS 2000 trifft den
Eigentümer die Verpflichtung, sein bebautes Grundstück an die öffentliche
Abwasseranlage anzuschließen. Absatz 6 konkretisiert dies für den Fall der abflusslosen
Gruben dahin, dass der Eigentümer eine private Grundstücksabwasseranlage
entsprechend den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu errichten und zu betreiben
und das in der Grube gesammelte Abwasser über die öffentliche Einrichtung zu
entsorgen hat. Der Eigentümer hat überdies nach § 4 Abs. 1 AS 2000 ein damit
einhergehendes Benutzungsrecht.
Freilich reicht auch dies für sich allein nicht aus. Hinzukommen muss noch eine weitere
satzungsmäßige Voraussetzung zur Entstehung der Gebührenpflicht mit dem Inhalt,
dass der Grundstückseigentümer seine Abwässer auf dem bebauten Grundstück
tatsächlich auch in die Sammelgrube einleitet. Gleichsam als fehlendes Bindeglied
zwischen Schmutzwasseranfall und Abfuhr bedarf es dieser Voraussetzung, um von
einer Inanspruchnahme der Vorhalteleistungen ausgehen zu können, denn andernfalls
ist eine Entsorgung der Fäkalwässer durch deren Abfuhr und weitere Behandlung
ausgeschlossen (im Ergebnis ebenso OVG Frankfurt (Oder), Urteil vom 22. März 2002, a.
a. O. Rn. 51; Düwel in Kommunalabgabengesetz für das Land Brandenburg, Kommentar,
Lfg. vom 7/2009, § 6 Rn. 896). Diese Vorgabe ist um so erforderlicher, als sich die
Grundgebühr dogmatisch zwischen Gebühr im klassischen Sinn und Beitrag bewegt und
eine klare Zuordnung zu einer Benutzungsgebühr nur dann möglich ist, wenn wenigstens
diese Indizien einer konkreten Inanspruchnahme erfüllt sind.
2.
Die Gebührenkalkulation des beklagten Zweckverbands zur Grundgebühr leidet unter
einem erheblichen Fehler, der zur Nichtigkeit des Gebührensatzes der Grundgebühr
nach § 11 GS 2004 führt. Es lässt sich nicht verlässlich feststellen, dass die erhobene
Grundgebühr der Deckung von verbrauchsunabhängigen Kosten bzw. Vorhaltekosten im
Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 3 KAG für die öffentliche Einrichtung der dezentralen
Abwasserentsorgung dient.
Die Erhebung einer Grundgebühr setzt unter anderem voraus, dass die in die
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Die Erhebung einer Grundgebühr setzt unter anderem voraus, dass die in die
Gebührenkalkulation eingestellten Kosten Kosten der öffentlichen Einrichtung oder
Anlage sind (s. hierzu a.), diese Kosten verbrauchsunabhängig anfallen und sich in einer
Gebührenkalkulation dem veranschlagten Gesamtaufkommen der Grundgebühr
zuordnen lassen (hierzu b.).
a. Kosten einer öffentlichen Einrichtung sind nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG die nach
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten. Hierzu zählen nach Satz 2
auch Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen. Insofern überzeugt die
Ansicht des Klägers nicht, die Kosten für die Leistungen der Stadtwerke P. GmbH seien
nicht „Kosten der öffentlichen Einrichtung“ und daher nicht ansatzfähig. Aus der
Systematik des § 6 Abs. 2 KAG, welcher umfassend die Kostenseite einer
gebührenrechtlichen Kalkulation für Benutzungsgebühren nach dem Kommunalen
Abgabengesetz regelt, und § 6 Abs. 4 KAG, der die Maßstabsbildung für die
satzungsrechtliche Verteilung der ansetzbaren Kosten vorzeichnet, ergibt sich, dass
derselbe Kostenbegriff – und damit auch Drittentgelte – bei der Kalkulation einer
Grundgebühr gilt.
In diesem Zusammenhang teilt das Gericht nicht die klägerische Auffassung, der
Zweckverband betreibe überhaupt keine eigene Einrichtung der dezentralen
Abwasserbeseitigung. Der Nord-Uckermärkische Wasser- und Abwasserzweckverband
bediente sich zwar für den vorliegenden Veranlagungszeitraum aufgrund des
Betriebsführungsvertrags vom 23. Dezember 1996 der Stadtwerke P. GmbH zur
Erfüllung seiner Aufgabe der mobilen Schmutzwasserentsorgung. Eigene
Schmutzwasserbehandlungsanlagen zu diesem Zweck hielt und hält der Zweckverband
nicht vor.
Dies ist aber auch nicht erforderlich, da § 66 Abs. 1 Satz 1 Brandenburgisches
Wassergesetz, § 6 Abs. 2 Satz 2 KAG ebenso wie § 1 Abs. 4 Satz 2 AS 2000 und § 1 Abs.
3 Satz 2 GS 2004 die Einschaltung eines Dritten zur Erfüllung der Aufgabe der mobilen
Abwasserentsorgung ermöglicht. Entscheidend für den Einrichtungsbegriff nach § 6 Abs.
1 KAG ist lediglich, dass der Zweckverband durch sein Satzungsrecht sächliche und
personelle Ressourcen zur Erfüllung einer ihm obliegenden Aufgabe auf bestimmte Art
und Weise zusammenfasst und organisiert, sei es im Rahmen seiner Verbandssatzung,
technischen Satzung oder auch Gebührensatzung (vgl. Aussprung, KAG Mecklenburg-
Vorpommern, § 2 Ziff. 4.1; OVG Frankfurt (Oder), Urt. vom 12. April 2001 – 2 D 73.00.NE;
Grünwald in Driehaus, KAG § 6 Rn. 516; Kluge, KAG Brandenburg, § 6 Rn. 53).
Vorliegend hat der Zweckverband in § 1 AS 2000 die Aufgabe der Abwasserentsorgung
konkretisiert und in § 1 Abs. 1 a) bis c) drei selbstständigen öffentlichen Einrichtungen
zugeordnet. Nachfolgend hat er die Organisation der Abwasserentsorgung in groben
Zügen ausgestaltet, insbesondere die Möglichkeit eröffnet, die Aufgabe auch durch
beauftragte Dritte und durch In-Anspruchnahme der Anlagen und Einrichtungen Dritter
zu erfüllen, § 1 Abs. 4 Satz 2 AS 2000, sowie den Benutzerkreis (§ 3), das
Benutzungsverhältnis (§§ 4 bis 8) genauer bestimmt. Die GS 2004 bestimmt insofern
wiederholend zwei eigenständige Einrichtungen der mobilen Schmutzwasserbeseitigung
und gestaltet nachfolgend das Benutzungsverhältnis aus.
Zweifel an dem Bestehen einer der Gebührenerhebung zugänglichen Einrichtung sind
daher nicht begründet.
b. Allerdings müssen sich die Entgelte Dritter aus Sicht des Einrichtungsträgers als
Entgelte für verbrauchsunabhängige Kosten darstellen, beispielsweise dadurch, dass der
Betreibervertrag ausdrücklich ein mengenunabhängiges Grundentgelt für die
Betriebsbereitschaft der Anlagen des Dritten vorsieht. Fehlt es hieran, dann kann der
Gebührenpflichtige auch nicht zu gesonderten Grundgebühren herangezogen werden,
weil die beim Betrieb der öffentlichen Einrichtung entstehenden Kosten nicht in
leistungsbezogene und verbrauchsunabhängige Kostenblöcke aufgeteilt und
entsprechenden Gebührentypen zugeordnet werden können (vgl. OVG Schleswig, Urteil
vom 22. Oktober 2003 – 2 LB 148/02 – NordÖR 2004, 258).
So liegt es hier.
Der Betriebsführungsvertrag sieht in Verbindung mit § 7 Abs. 1 der Zusatzvereinbarung
vom 16. September 2004 zur öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vom 27. November
2001 zur Übernahme der Fäkalienbehandlung eine Vergütung der Leistungen der
Stadtwerke P. GmbH auf Selbstkostenbasis vor. Hierbei besteht nach § 4 der
Zusatzvereinbarung eine Abnahme- und Entsorgungspflicht seitens der Stadtwerke P.
GmbH und eine korrespondierende Überlassungspflicht des Zweckverbands über
bestimmte Mengen von Fäkalabwasser und Fäkalschlamm pro Jahr. Entsprechend stellt
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bestimmte Mengen von Fäkalabwasser und Fäkalschlamm pro Jahr. Entsprechend stellt
die vorgelegte Entgeltberechnung nach Selbstkostenpreisen für das Jahr 2004 allein auf
die Kosten je Kubikmeter voraussichtlich zu entsorgendem Schmutzwasser ab, enthält
also keine gesonderte Ausweisung eines Grundentgelts für die Vorhaltekosten der
Stadtwerke. Infolgedessen erscheinen bei der Kostenaufstellung im Einzelnen alle
Kostenblöcke, die üblicherweise als Fixkosten bei der Grundgebührenkalkulation
eingestellt werden können (Abschreibungen, angemessene Verzinsung des
Anlagevermögens, Personalkosten), bei der Berechnung des Mengenentgelts.
Nicht maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Vorhaltekosten der
Stadtwerke Prenzlau in der Entgeltkalkulation 2004 im Einzelnen benannt werden und als
Summe ohne weiteres in ein Verhältnis zu den Gesamtkosten im Übrigen gesetzt
werden könnte. Dadurch wäre es zwar theoretisch möglich, den grundgebührenfähigen
Anteil der Kosten der Stadtwerke Prenzlau für die Besorgung der dezentralen
Schmutzwasserentsorgung des NUWA zu ermitteln. Allein hierauf kommt es im Rahmen
einer Grundgebühr nicht an. Denn nur die eigenen Vorhaltekosten der Einrichtung und
nicht die Vorhaltekosten des Dritten können in die Grundgebühr eingehen (s. o. OVG
Schleswig a.a.O.).
Insofern ist der Ansatz der Gebührenkalkulation des Zweckverbandes methodisch
fehlerhaft. Die für die Grundgebühr angesetzten Kapitalkosten in Höhe von 222.927,88
Euro und 202.698,61 Euro Betriebskosten (Anlage B 5, Bl. 103, 104 der Gerichtsakte),
zusammengefasst unter dem Titel „sonstige fremde Entsorgung aus
Zusatzvereinbarung“ (Anlage B 2 a.E.) beziehen sich unmittelbar auf die
Entgeltkalkulation der Stadtwerke Prenzlau für das Jahr 2004 und stellen in der
vertraglich geschuldeten Form keine Fixkosten dar.
Ist nach alledem sowohl die Regelung des § 9 Abs. 5 als auch die des § 11 GS 2004
nichtig, führt dies zu der Gesamtnichtigkeit der Gebührensatzung. Es fehlen nämlich
zwei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG notwendige Mindestbestandteile der Abgabensatzung,
so dass die Gebührensatzung in der Folge insgesamt ungültig ist (vgl. OVG Frankfurt
(Oder), Urt. vom 8. Juni 2000, LKV 2001, 132; B. vom 15. September 2004 – 2 B 31/04).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in
Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird nach § 52 Abs. 3 GKG auf 78,- Euro festgesetzt.
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