Urteil des VG Münster vom 23.04.2007

VG Münster: eltern, rückzahlung, private krankenversicherung, darlehensvertrag, geschenk, anteil, erbteil, einzahlung, erbe, fristablauf

Verwaltungsgericht Münster, 5 K 1628/05
Datum:
23.04.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 1628/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
von 110. v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
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Der Kläger begehrt vom Beklagten die Gewährung von Wohngeld ohne Anrechnung
seitens seiner Eltern gewährter Beträge.
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Der 1970 geborene Kläger beantragte nach vorangegangenen Wohngeldverfahren am
30. September 2004 bei dem Beklagten die Gewährung von Wohngeld. Nach
entsprechender Aufforderung legte er Mietbescheinigung und
Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2003 und 2004 vor. Der Beklagte gewährte
daraufhin mit Bescheid vom 28. Februar 2005 für die Zeit vom 16. September 2004 bis
zum 31. August 2005 Wohngeld in Höhe von 167,00 EUR monatlich. Hiergegen erhob
der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass der zehnprozentige Abschlag wegen
seiner Steuerpflicht und seiner Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung
und zum Versorgungswerk zu niedrig sei. Der Beklagte hob seinen Bescheid vom 28.
Februar 2005 auf und forderte den Kläger zur Stellungnahme hinsichtlich einer
Einzahlung von Herrn I. auf das klägerische Konto in Höhe von 255,65 EUR auf. Der
Kläger erwiderte hierauf, dass es sich bei der Einzahlung um ein Darlehn seines Vaters
handele, dessen Rückzahlung auf unbestimmte Zeit gestundet sei. Auf weitere
Nachfrage des Beklagten erklärte der Kläger unter dem 5. April 2005, es handele sich
um einen Darlehensvertrag mit seinen Eltern vom 18. Mai 1999, wonach diese seit
damals 500,00 DM (heute: 255,65 EUR) monatlich auf sein Konto überwiesen, um seine
soziale Absicherung, u.a. private Krankenversicherung, abzudecken. Da eine
Rückzahlung auch derzeit nicht absehbar sei, hätten seine Eltern beschlossen den
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auflaufenden Darlehensbetrag auf sein Erbteil anzurechnen. Eine Rückzahlung sei erst
dann vorgesehen, wenn er wirtschaftlich dazu in der Lage sei.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 16.
September 2004 bis zum 31. August 2005 Wohngeld in Höhe von monatlich 126,00
EUR und rechnete dabei das von den Eltern des Klägers gewährte „Darlehen" als
Unterhaltsleistung in Höhe von 3.067,80 EUR jährlich an. Hiergegen erhob der Kläger
am 7. Juni 2005 Widerspruch und fügte eine Erklärung seiner Eltern vom 6. Juni 2005
bei, wonach diese die Zahlungen nicht als Geschenk gewertet hätten, sondern nunmehr
eine Rückzahlung ab Oktober 2008 forderten und zugleich zu diesem Zeitpunkt die
Zahlungen einstellen wollten. Diesen Widerspruch wies die Bezirksregierung Münster
mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 2005 zurück.
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Der Kläger hat am 19. August 2005 Klage erhoben. Er trägt vor, dass die monatlichen
Zahlungen seiner Eltern keine Unterhaltsleistungen an ihn seien. Sie dienten seit 1998
allein der Absicherung seines Krankenversicherungsschutzes. Die Zahlungen seien
ursprünglich als Darlehn mit einer Rückzahlung nach zwei Jahren vereinbart worden.
Nachdem seine wirtschaftliche Situation eine Rückzahlung nicht zugelassen habe,
hätten seine Eltern eine Anrechnung auf das Erbteil vorgesehen. Erst nachdem es
Probleme mit der Wohngeldbewilligung gegeben habe, hätten seine Eltern
beschlossen, die Zahlungen zu befristen und eine Rückzahlung nach Fristablauf zu
verlangen. Da den Zahlungen kein Unterhaltsanspruch zugrunde liege, sie angesichts
der Rückzahlungsverpflichtung oder aber Anrechnung auf das Erbe auch kein
Geschenk darstellten, seien sie zu Unrecht als Einkommen im Sinne des
Wohngeldrechtes angesehen worden. Da ihm mittlerweile ein Anteil des
Hausgrundstückes seiner Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen
worden sei, müsse er im Ergebnis seine Schulden aus diesem Anteil spätestens seinen
Miterben gegenüber begleichen, so dass er zum Verbrauch von wohngeldrechtlich nicht
anzutastendem Vermögen gezwungen werde.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung des Wohngeldbescheides vom 18. Mai 2005 in der
Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Münster vom 21. Juli 2005
zu verpflichten, den Wohngeldantrag neu zu bescheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt ergänzend zu den Gründen der streitgegenständlichen Bescheide vor, dass
angesichts des fehlenden festen Rückzahlungstermins nicht von einem im
Wohngeldrecht anzuerkennenden Darlehen gesprochen werden könne.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der vom Beklagten und der Bezirksregierung Münster vorgelegten
Verwaltungsvorgänge verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2005 und der
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Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Münster vom 21. Juli 2005 sind
rechtmäßig, § 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf ein höheres als das bewilligte
Wohngeld für den Zeitraum vom 16. September 2004 bis zum 31. August 2005.
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Insbesondere hat der Beklagte die Frage, ob die Geldleistungen der Eltern des Klägers
als Darlehen und damit nicht als Einkommen im Sinne von § 10 Abs. 2 Nr. 5.1 WoGG zu
werten seien, zu Recht verneint.
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In der Rechtsprechung ist geklärt, dass ein wohngeldrechtlich anzuerkennendes
Darlehen nur dann vorliegt, wenn die Zurückzahlung verbindlich vereinbart wird (§ 488
BGB). Das Familienmitglied hat daher durch einen schriftlichen Darlehensvertrag die
Höhe des Darlehens, seine Laufzeit, die Höhe der vereinbarten Zinsen sowie die
verbindliche Rückzahlung (Tilgung) nachzuweisen. Ist die Rückzahlung von einer
Bedingung abhängig, deren Eintritt noch ungewiss ist, kann man nicht von einem echten
Darlehen sprechen.
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Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 23. Dezember 2004 - 9 C
04.2900 -, zitiert nach JURIS; Stadler/Gutekunst/Forster/Wolf, Wohngeldgesetz,
Kommentar, Stand: Oktober 2006, § 10 Rdn. 155.
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Obigen Voraussetzungen folgend können im vorliegenden Fall die von den Eltern dem
Kläger gewährten Geldmittel zur Aufrechterhaltung des Krankenversicherungsschutzes
des Klägers nicht als Darlehen gewertet werden. Weder liegt ein schriftlicher
Darlehensvertrag vor, noch ist die Höhe des Darlehens oder aber die Rückzahlung
verbindlich vereinbart. Der Erklärung der Eltern vom 6. Juni 2005 kommt insofern keine
maßgebliche Bedeutung zu, weil sie im Widerspruch zu den Angaben des Klägers in
seinem Schreiben an den Beklagten vom 5. April 2005 steht. Auch der klägerische
Vortrag, dass er die Schulden gegenüber seinen Eltern später aus dem ihm im Wege
der vorweggenommenen Erbfolge übertragenen Vermögen tilgen müsse, gebietet keine
anderweitige Einschätzung. Dieser Vortrag mag zwar - zumindest gegenüber späteren
Miterben - eine Rückzahlungspflicht als solche als wahrscheinlich erscheinen lassen,
sagt jedoch nichts über verbindliche Vereinbarungen hinsichtlich Laufzeit, Zinsen und
Rückzahlungstermin aus.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige
Vollstreckbarkeit aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
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