Urteil des VG Münster vom 29.06.2006
VG Münster: öffentliche sicherheit, juristische person, öffentliches recht, hauptsache, erlass, beendigung, veranstaltung, stadt, subjektiv, rechtsschutz
Verwaltungsgericht Münster, 1 L 475/06
Datum:
29.06.2006
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 L 475/06
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Herr U. L.trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e
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Der im Namen einer „J." gestellte Antrag
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auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, der Stadt Münster und deren
Firma „Münster Marketing" die Übertragung des Viertelfinalspiels der deutschen
Mannschaft am 30.06.2006 am Hafenplatz zu untersagen, ersatzweise die Stadt zu
verpflichten, die Sicherheit der Bewohner des Viertels wie auch der „Fans" auch nach
Beendigung der eigentlichen Veranstaltung zu gewährleisten und den umliegenden
Geschäften und Kiosken den Verkauf von Getränken in Glasbehältern für diesen
Zeitraum zu untersagen
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hat keinen Erfolg.
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Die „J.", als deren Vertreter der im Beschlusskopf bezeichnete Herr L. auftritt, ist als
solche schon nicht nach § 61 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) fähig, am Verfahren
beteiligt zu sein. Es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass diese Initiative eine
juristische Person (vgl. § 61 Nr. 1 VwGO) oder eine Vereinigung ist, der im Sinne von §
61 Nr. 2 VwGO ein Recht zustehen kann.
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Das Rechtsschutzbegehren muss auch dann erfolglos bleiben, wenn man es als einen
im eigenen Namen des Herrn Krabbe gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung versteht.
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass Anordnungsanspruch und
Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind (vgl. § 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i. V. m.
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§§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO -). Insoweit gelten besonders
strenge Anforderungen, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Vorwegnahme der
Hauptsache begehrt wird. Das aus Art 19 Abs. 4 GG abgeleitete Recht auf effektiven
Rechtsschutz fordert eine Vorwegnahme der Hauptsache durch Gewährung
einstweiligen Rechtsschutzes nur dann, wenn sonst schwere und unzumutbare, anders
nicht abwendbare Nachteile entstünden, die durch eine Entscheidung in der
Hauptsache nachträglich nicht mehr beseitigt werden könnten. Diese Voraussetzungen
sind nicht erfüllt.
Ein Antragsteller kann im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nur eigene subjektiv-
öffentliche Rechte verfolgen (vgl. z. B. § 42 Abs. 2 VwGO). Ein solches Recht des Herrn
L., das geböte, aus den von ihm geltend gemachten Gründen die öffentliche
Übertragung des Fußball-Weltmeisterschaftspiels am 30. Juni 2006 auf dem Hafenplatz
in Münster zu untersagen, ist nicht glaubhaft gemacht. Er hat selbst nicht aufgezeigt, aus
welcher rechtlichen Grundlage ein solches Recht folgen soll. Eine solche ist auch nicht
ersichtlich. Ebenso wenig ist überwiegend wahrscheinlich, dass ein die erstrebte
Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigender Grund besteht. Es ist nicht erkennbar,
dass für ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden,
wenn am 30. Juni 2006 die öffentliche Übertragung des Fußballspiels im Rahmen des
so genannten „public viewing" auf dem Hafenplatz stattfinden wird. Ein unvermeidbares
erhebliches eigenes Schadensrisiko, welches die Untersagung der öffentlichen
Übertragung des Fußballspiels durch einstweilige Anordnung notwendig macht, ist nicht
ersichtlich. Auch wenn es im Rahmen des „public viewing" zu negativen
Begleiterscheinungen wie etwa vermehrten Glasscherben auf Straßen und Gehwegen
durch weggeworfene Glasflaschen oder Urinieren in Hauseingängen durch Besucher
oder auch eine erhöhte Unfallgefahr auf Straßen kommt, ist nicht zu erkennen, dass Herr
L. hierdurch schwerwiegend in eigenen Rechten betroffen sein könnte. Der Einzelne ist
nicht befugt, die bei öffentlichen Großveranstaltungen eventuell auftretenden Gefahren
für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung geltend zu machen, die ihm nicht selbst
drohen.
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Die hilfsweise begehrte gerichtliche Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Sicherheit
der Bewohner des Viertels wie auch der „Fans" auch nach Beendigung der eigentlichen
Veranstaltung zu gewährleisten und den umliegenden Geschäften und Kiosken den
Verkauf von Getränken in Glasbehältern zu untersagen, scheidet gleichfalls aus. Es ist
nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin (bzw. deren Ordnungsbehörde etwa
aufgrund der Ermessensvorschrift des § 14 Abs. 1 Ordnungsbehördengesetz) befugt
und verpflichtet wäre, „umliegenden Geschäften und Kiosken" den Verkauf von
Getränken in Glasgefäßen zu untersagen, oder dass gar ein darauf gerichtetes
subjektiv-öffentliches Recht des Herrn L. bestünde. Für eine gerichtliche Verpflichtung
der Antragsgegnerin zur Gewährleistung der Sicherheit nach Beendigung der
Veranstaltung ist ebenfalls kein Raum. Eine solche einstweilige Anordnung wäre schon
nicht inhaltlich hinreichend bestimmt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Herr L. haftet nach dem
Veranlassungsprinzip für die Kosten des Verfahrens, weil er den Antrag im Namen der
nicht beteiligungsfähigen Antragstellerin gestellt hat.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz.
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