Urteil des VG Münster vom 19.11.2010

VG Münster (befreiung, kläger, mitwirkung, vertreter, bundesrepublik deutschland, antrag, beitragspflicht, studierender, universität, verwaltungsgericht)

Verwaltungsgericht Münster, 1 K 2043/07
Datum:
19.11.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
1. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 K 2043/07
Schlagworte:
Studienbeitrag, Befreiung, Fachschaftsorgane, Fachschaftsrat,
Bonusguthaben, Gleichheitssatz
Normen:
StBAG NRW § 8 Abs 3 S 1 Nr 2 StKFG AufhG § 3 Abs 1 StKFG § 5 Nr 2
GG Art 3 Abs 1
Leitsätze:
Zur Frage der Gewährung einer Befreiung oder Ermäßigung von der
Studienbeitragspflicht nach dem StBAG NRW für die Mitwirkung in
Fachschaftsorganen vor oder unter der Geltung des StKFG
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf
die Vollstreckung durch Sicherheitslei¬stung oder Hinterlegung des
vollstreckbaren Betrages ab¬wenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger erstrebt die Gewährung einer Befreiung oder Ermäßigung von der
Studienbeitragspflicht für das Wintersemester (WS) 2007/2008 wegen seiner Mitwirkung
als gewählter Vertreter im Fachschaftsrat Geoinformatik vom WS 2001/2002 bis
einschließlich im Sommersemester (SS) 2005.
2
Er war seit dem WS 2000/2001 an der Universität N. eingeschriebener Studierender
des Diplomstudiengangs Geoinformatik. Die Regelstudienzeit für diesen Studiengang
betrug einschließlich der Diplomprüfung neun Semester. Das WS 2007/2008 war das
15. Hochschul- und Fachsemester des Klägers. Die Universität N. erhebt durch ihre
Satzung über die Erhebung von Studienbeiträgen und Hochschulabgaben der X.
X1. -Universität (im folgenden: Beitragssatzung) erstmals zum WS 2007/2008 für
das Studium von Studierenden, die in einem Studiengang der Universität im Sinne von
§ 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Erhebung von Studienbeiträgen und Hochschulabgaben
(Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz – StBAG NRW -) eingeschrieben sind,
für jedes Semester ihrer Einschreibung einen Studienbeitrag in Höhe von 275,00 Euro.
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Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 15. September 2007 die "Befreiung /
Ermäßigung von der Studienbeitragspflicht für das Semester WS 2007/2008" und fügte
Bestätigungen über seine Mitwirkung als gewähltes Mitglied der Fachschaft
Geoinformatik bei. Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 19. September
2007 ab. Sie gab zur Begründung an, dass nach § 12 Abs. 1 der Beitragssatzung ein
Antrag auf Befreiung oder Ermäßigung nur zum Beginn des Semesters gestellt werden
könne, für das eine Befreiung beantragt werde, der Kläger seine Ämter aber im WS
2007/2008 nicht mehr ausübe. Der Kläger erhob am 16. Oktober 2007 Widerspruch, den
er damit begründete, dass eine Befreiung von Studienbeiträgen aufgrund einer Tätigkeit
im Fachschaftsrat auch rückwirkend möglich sein müsse. Anderenfalls liege aus seiner
Sicht eine Ungleichbehandlung vor. Die Beklagte wies den Widerspruch durch
Widerspruchsbescheid vom 13. November 2007 aus den Gründen des angefochtenen
Bescheides zurück.
Der Kläger hat am 12. Dezember 2007 Klage erhoben. Er macht zur Begründung im
Wesentlichen geltend: Er habe nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 der Beitragssatzung wegen seiner
Mitwirkung in der Vergangenheit als gewählter Vertreter im Fachschaftsrat
Geoinformatik einen Anspruch auf Befreiung (oder Ermäßigung) von der
Studienbeitragspflicht. § 12 Abs. 1 der Beitragssatzung stünde der Befreiung nicht
entgegen. Satz 1 dieser Vorschrift setze allein eine Frist für die Stellung des Antrags auf
Befreiung und regele nicht, wann die Voraussetzungen für die Befreiung von der
Studienbeitragspflicht gegeben sein müssten. Es sei möglich, auch wegen
Tatbeständen, die eine Befreiung begründet hätten, in einem späteren Semester den
Befreiungsantrag zu stellen. Aus Satz 3 der genannten Vorschrift der Beitragssatzung,
wonach eine Befreiung pro Antrag für bis zu 6 Semester ausgesprochen werden könne,
ergebe sich, dass die Beitragsvoraussetzungen keineswegs in dem Semester vorliegen
müssten, in dem der Antrag gestellt werde.
4
Der Kläger beantragt,
5
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 19. September 2007 und des
Widerspruchsbescheids vom 13. November 2007 zu verpflichten, ihm eine Befreiung
oder Ermäßigung von der Studienbeitragspflicht für das Wintersemester 2007/2008 zu
gewähren.
6
Die Beklagte beantragt,
7
die Klage abzuweisen.
8
Sie macht geltend, dass das am 1. April 2006 in Kraft getretene StBAG NRW und die
erst zum 15. März 2007 in Kraft getretene Beitragssatzung keinen Sachverhalt hatten
regeln wollen, der sich bereits im SS 2005 und damit vor ihrem Inkrafttreten erledigt
habe.
9
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und
durch den Berichterstatter anstelle der Kammer einverstanden erklärt.
10
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (1 Heft) ergänzend Bezug
genommen.
11
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12
Die Verpflichtungsklage hat keinen Erfolg.
13
Die Ablehnung des Antrags des Klägers vom 15. September 2007 durch den Bescheid
der Beklagten vom 19. September 2007 in der Gestalt des zugehörigen
Widerspruchsbescheides vom 13. November 2007 verletzt den Kläger nicht in seinen
Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
14
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm für seine Mitwirkung als
gewählter Vertreter im Fachschaftsrat Geoinformatik vom WS 2001/2002 bis
einschließlich im SS 2005 die beantragte Befreiung oder Ermäßigung von seiner auf der
Grundlage der Beitragssatzung bestehenden Studienbeitragspflicht für das WS
2007/2008 gewährt.
15
Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich weder aus den Regelungen betreffend die
Überführung gewährter Bonusguthaben des § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Aufhebung
des Gesetzes zur Einführung von Studienkonten und zur Erhebung von
Hochschulgebühren (Studienkonten- und -finanzierungsgesetz – StKFG) – StKFG-
AufhG – noch unmittelbar aus § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW oder aus § 8 Abs. 1
Nr. 1 der Beitragssatzung. Die genannten Regelungen erfassen keine Sachverhalte der
Mitwirkung Studierender als gewählte Vertreter in Organen der Fachschaft, die unter der
Geltung des StKFG geschehen sind.
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Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StKFG-AufhG soll ein gewährtes Bonussemester seinem
Umfang nach in eine Befreiung nach § 8 Abs. 3 StBAG NRW umgewandelt werden,
wenn ein gewährtes Bonusguthaben im Sinne des § 5 StKFG noch nicht dazu geführt
hat, dass aufgrund der Gewährung dieses Bonussemesters die Gebührenpflicht nach §
9 Abs. 1 StKFG zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten ist, als sie ohne Gewährung
des Bonussemesters eingetreten wäre. Diese Voraussetzungen liegen im Fall des
Klägers schon deshalb nicht vor, weil ihm kein Bonusguthaben nach § 5 StKFG gewährt
wurde. Der Kläger hätte aber auch unter der Geltung des zum 1. April 2007 außer Kraft
getretenen StKFG (vgl. § 1 StKFG-AufhG) nicht rechtmäßig ein Bonusguthaben nach
dem allein in Betracht zu ziehenden § 5 Nr. 2 StKFG erhalten können, selbst wenn er
jeweils nach § 9 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 der zum StKFG erlassenen
Rechtsverordnung (RVO-StKFG NRW) rechtzeitig bis zum Ablauf des SS 2004, des WS
2004/2005 und des SS 2005 Anträge auf Gewährung von Bonusguthaben gestellt hätte.
Für die Mitwirkung des Klägers als gewählter Vertreter im Fachschaftsrat Geoinformatik
konnte kein Bonusguthaben gewährt werden, weil der Fachschaftsrat als
satzungsmäßiges Organ der Fachschaft nicht zu den in § 5 Nr. 2 StKFG genannten
"Organen der Hochschule, der Studierendenschaft oder der Studentenwerke" gehört.
Namentlich sind nach der Rechtsprechung des zuständigen Oberverwaltungsgerichts,
der das erkennende Gericht folgt, Fachschaftsorgane keine Organe der
Studierendenschaft im Sinne von § 5 Nr. 2 StKFG.
17
Vgl. den nicht veröffentlichten, aber den Prozessbevollmächtigten des Klägers aus dem
Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG
NRW) bekannten Beschluss vom 18. Dezember 2006 – 15 A 4207/06 -; auf gleicher
Linie das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf in dem vorausgehenden Urteil vom 27.
September 2006 20 K 3253/04 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank
NRWE (dort Rn. 25 ff.), die Begründung des Regierungsentwurfs zum jetzigen § 8 Abs.
18
3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW in Landtags-Drucksache 14/725, Seite 40, Haase in
Leuze/Epping, Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen – HG NRW, Kommentar, § 10 HG
Rn. 64 (3. Ergänzungslieferung, Juni 2005); anderer Ansicht Sprengard,
Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen, N. 2008, Seite 118 ff., 128.
Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung ist nämlich der Begriff "Organe der
Studierendenschaft" in § 5 Nr. 2 StKFG im Sinne des § 74 Abs. 1 Satz 1 des
Hochschulgesetzes (HG) in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung
auszulegen, der als Organe der Studierendenschaft lediglich das
Studierendenparlament und den Allgemeinen Studierendenausschuss benennt. Eine
Regelung, welche Organe der Studierendenschaft und Organe der Fachschaften der
Studierendenschaft wie jetzt § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW bei der Gewährung
einer Befreiung oder Ermäßigung von der Studienbeitragspflicht unter der Geltung des
StBAG NRW gleichstellt, war in § 5 Nr. 2 StKFG noch nicht enthalten. Als das StKFG
und die zugehörige RVO-StKFG NRW noch galten, konnte nach Entstehung der
Gebührenpflicht aus § 9 Abs. 1 StKFG einer belastenden Tätigkeit in nicht privilegierten
Gremien nur in besonders gelagerten Fällen durch die allgemeine Härtefallregelung in
§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVO-StKFG NRW Rechnung getragen werden.
19
Vgl. VG Düsseldorf, am angegebenen Ort, Rn. 53 ff., Haase, am angegebenen Ort.
20
Nach dem jetzt geltenden § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW wird von der
Beitragspflicht auf der Grundlage der Beitragssatzung nach § 2 Abs. 1 auf Antrag eine
Befreiung oder Ermäßigung gewährt für die Mitwirkung als gewählte Vertreterin oder
gewählter Vertreter in Organen der Hochschule, der Studierendenschaft, der
Fachschaften der Studierendenschaft oder der Studentenwerke, höchstens jedoch für
zwei Semester der Beitragspflicht in Höhe bis zum vollen Studienbeitrag. Diese
Regelung scheidet im Fall des Klägers als rechtliche Grundlage für eine Befreiung oder
Ermäßigung von der Studienbeitragspflicht aus, weil sie keine vergangenen
Sachverhalte der Mitwirkung Studierender als gewählte Vertreter in Organen der
Fachschaft erfasst, die noch unter der Geltung des zum 1. April 2007 außer Kraft
getretenen StKFG geschehen sind. § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW ist unmittelbar
nur auf Beitragssachverhalte anwendbar ist, die unter der Geltung des am 1. April 2006
in Kraft getretenen StBAG NRW entstanden sind. Das am 1. April 2006 in Kraft
getretene Gesetz zur Sicherung der Finanzierungsgerechtigkeit im Hochschulwesen
(HFGG) vom 21. März 2006 (GV. NRW. S. 119) enthält in Artikel 1 das StKFG-AufhG
und in Artikel 2 das StBAG NRW. Der Gesetzgeber hat in § 3 Abs. 1 StKFG-AufhG den
Übergang von den bisherigen Regelungen über Bonusguthaben in § 5 StKFG zu den
Regelungen über Befreiungen und Ermäßigungen des § 8 Abs. 3 StBAG NRW selbst
geregelt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er in Bezug die
Gremienmitwirkung in Organen der Fachschaften der Studierendenschaft, die nach dem
oben Ausgeführten von § 5 Nr. 2 StKFG nicht erfasst war, Sachverhalte aus der
Vergangenheit regeln wollte. Er hat mit der Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG
NRW vielmehr einen neuen Anreiz für die Mitwirkung der Studierenden in Organen der
Fachschaften unter der Geltung des StBAG NRW geschaffen, indem er die
studienabgabenrechtliche Begünstigung der Gremienmitwirkung um die Begünstigung
der Mitwirkung in Organen der Fachschaften der Studierendenschaft erweitert hat. Die
Organe der Fachschaften sind den Organen der Studierendenschaft mit Blick auf den
Umstand gleichgestellt worden, dass die Arbeit, die Studierende in den Organen der
Fachschaften leisten, für die Hochschulen unter Lehrgesichtspunkten wichtig ist (vgl.
Landtags-Drucksache 14/725, Seite 40).
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Eine Befreiung oder Ermäßigung von der Beitragspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 der
Beitragssatzung kommt für die vorliegende Fallgestaltung ebenfalls nicht in Betracht.
Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 der Beitragssatzung (in der bis zum 30. September 2009
geltenden Fassung; die später am 1. Oktober 2009 in Kraft getretenen Änderungen der
Beitragssatzung sind für den vorliegenden Fall nicht von Interesse) wird von der
Beitragspflicht nach § 1 Abs.1 der Beitragssatzung auf Antrag bei Vorlage der
entsprechenden Nachweise eine Befreiung oder Ermäßigung gewährt für die
Mitwirkung als gewählte Vertreterin oder gewählter Vertreter in Organen der
Hochschule, der Studierendenschaft, der Fachschaften der Studierendenschaft oder der
Studentenwerke gemäß der Anlage zu dieser Satzung, höchstens jedoch für sechs
Semester der Beitragspflicht. Der Satzungsgeber wiederholt mit dieser
Satzungsregelung, soweit es um den Befreiungs- und Ermäßigungsgrund geht, lediglich
die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW. Anhaltspunkte dafür,
dass der Satzungsgeber über die gesetzliche Regelung hinausgehend mit § 8 Abs. 1
Nr. 1 der Beitragssatzung auch vergangene Sachverhalte der Mitwirkung Studierender
als gewählte Vertreter in Organen der Fachschaft erfassen wollte, die noch unter der
Geltung des zum 1. April 2007 außer Kraft getretenen StKFG geschehen sind, sind nicht
ersichtlich.
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Erfassen nach den vorstehenden Ausführungen die Regelungen des § 8 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 StBAG NRW und des § 8 Abs. 1 Nr. 1 der Beitragssatzung schon nach ihrem
unmittelbaren zeitlichen Anwendungsbereich generell nicht Sachverhalte der
Mitwirkung Studierender als gewählte Vertreter in Organen der Fachschaft, die noch
unter der Geltung des StKFG geschehen sind, bedarf die von den Parteien
angesprochene Verfahrensregelung des § 12 Abs. 1 der Beitragssatzung ebenso wenig
der Erörterung wie die Verfahrensregelung des § 3 Abs. 2 Satz 1 der Studienbeitrags-
und Hochschulabgabenverordnung (StBAG-VO).
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Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes für die
Bundesrepublik Deutschland (GG) und die rechtsstaatlichen (Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1
Satz 1 GG) Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebieten
im Fall des Klägers keine Befreiung oder Ermäßigung von der Beitragspflicht. Nach Art.
3 Abs. 1 GG sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Dieses Grundrecht ist vor allem
dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen
Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche
Behandlung rechtfertigen könnten. Solche erheblichen Unterschiede bestehen hier
jedenfalls zwischen der Personengruppe, welcher der Kläger angehört, und der Gruppe
der Studierenden, die unter der Geltung des StBAG NRW die Voraussetzungen für eine
Befreiung oder Ermäßigung von der Studienbeitragspflicht für die Mitwirkung als
gewählte Vertreter in Organen der Fachschaft der Studierenden erfüllen. Studierende,
die unter der Geltung des StBAG NRW in Fachschaftsorganen mitwirken, werden nach
Maßgabe des § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW und des § 8 Abs. 1 Nr. 1 der
Beitragssatzung für ihre Gremienmitwirkung in Fachschaftsorganen durch Gewährung
einer Beitragsbefreiung oder –ermäßigung begünstigt, weil ihre Arbeit in den Organen
der Fachschaften für die Hochschulen unter Lehrgesichtspunkten wichtig ist. Sie sind
unter der Geltung des StBAG NRW dem Grunde nach studienbeitragspflichtig.
Studierende, die wie der Kläger vor oder unter der Geltung des StKFG in
Fachschaftsorganen mitwirkten, waren hingegen für einen bestimmten Zeitraum ihres
Studiums von vornherein nicht studiengebührenpflichtig. Sie konnten je nach Lage des
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Falles bei konsequenter Durchführung ihres Studiums vermeiden, dass ihre
Gremienmitwirkung in Fachschaftsorganen zu studiengebührenrechtlichen Nachteilen
führt. Dieser Unterschied rechtfertigt nach seiner Art und seinem Gewicht eine
unterschiedliche Behandlung der betroffenen Personengruppen. Es ist Obliegenheit
eines jeden Studierenden, sein Studium konsequent durchzuführen und deshalb eine
Gremienmitwirkung auf ein vertretbares Maß zu beschränken. Die Obliegenheit der
Studierenden, ihr Studium umsichtig zu planen und zielstrebig durchzuführen, wird
durch die vorgegebenen Regelstudienzeiten bestätigt. Vor diesem Hintergrund können
der allgemeine Gleichheitssatz und Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes allenfalls
gebieten, solche Studierende mit den nach § 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 StBAG NRW
begünstigten Studierenden gleichzustellen, die studiengebührenrechtliche Nachteile
ihrer vor oder unter der Geltung des StKFG erfolgten Mitwirkung in Organen der
Fachschaft trotz konsequenter Durchführung ihres Studiums und Beschränkung der
Gremienmitwirkung auf ein vertretbares Maß nicht vermeiden konnten. Zu dieser
Personengruppe gehört der Kläger nicht. Die Regelstudienzeit des Diplomstudiengangs
Geoinformatik betrug einschließlich der Diplomprüfung neun Semester (§ 3 Abs. 1 der
Diplomprüfungsordnung für den Studiengang Geoinformatik an der X. X1. -
Universität N. ). Der Kläger konnte in der Zeit vom WS 2001/2002 bis einschließlich
zum SS 2007 14 Semester lang und damit 5 Semester länger als die für seinen
Studiengang vorgegebene Regelstudienzeit studiengebührenfrei studieren. Es ist nicht
erkennbar, dass der Kläger bei konsequenter Durchführung seines Studiums und
Beschränkung seines Einsatzes im Fachschaftsrat Geoinformatik auf ein vertretbares
Maß nicht in der Lage gewesen wäre, sein Studium innerhalb der
studiengebührenfreien Zeit von insgesamt 14 Semestern zu beenden.
Der Kläger könnte ferner das Ziel der Beitragsbefreiung auch nicht mit einem Antrag auf
Erlass des Studienbeitrags nach der Härtefallregelung des § 8 Abs. 4 StBAG NRW
erreichen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 StBAG NRW kann der Studienbeitrag auf der
Grundlage der Beitragssatzung nach § 2 Abs. 1 StBAG NRW auf Antrag von der
Hochschule teilweise oder ganz erlassen werden, wenn seine Einziehung aufgrund
besonderer und unabweisbarer Umstände des Einzelfalls zu einer unbilligen Härte
führen würde, die die wirtschaftliche Existenz der oder des Beitragspflichtigen gefährden
würde; bei der Entscheidung ist ein strenger Maßstab anzulegen. Es ist weder
vorgetragen noch sonst erkennbar, dass diese Voraussetzungen vorliegen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m.
§§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.
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