Urteil des VG Münster vom 20.05.2010

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Verwaltungsgericht Münster, 5 K 1066/09
Datum:
20.05.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 K 1066/09
Tenor:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der
Wehrbereichsverwaltung West vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2009 verpflichtet, den vom Kläger
Ende September/Anfang Oktober 2003 am Eingang des
Kalibrierbunkers auf dem Flugplatz des Fluglehrzentrums F-4F in
Hopsten/Dreierwalde erlittenen Unfall als Dienstunfall anzuerkennen
und dem Kläger für die Zeit ab 1. Oktober 2007 Unfallruhegehalt gemäß
§ 27 SVG i. V. m. § 36 BeamtVG zu gewähren.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf
die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe
von 110 v. H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Der im Jahre 1966 geborene Kläger trat im Jahre 1987 als Zeitsoldat in die Bundeswehr
ein. Im September 1996 wurde er Berufssoldat. Er stand zuletzt im Rang eines
Hauptfeldwebels und versah seinen Dienst in der Instandsetzungs- und
Elektronikstaffel, Fluglehrzentrum F - 4 F in Rheine. Seine Tätigkeit bestand im Prüfen
und Instandsetzen von elektronischen Messmitteln, verbunden mit Heben von Geräten
täglich, etwa 20 Geräte bis maximal 40 kg pro Jahr, die übrigen bis maximal 15 kg.
2
An einem nicht mehr konkret feststellbaren Tag Ende September/Anfang Oktober 2003
zog sich der Kläger während des Dienstes beim Transport eines schweren Messgerätes
eine Verletzung des rechten Oberarms zu. Ausweislich der Eintragungen in der G-Karte
war der Kläger deswegen erstmals am 24. Oktober 2003 in ärztlicher Behandlung. Im
Mai 2004 wurde er infolge dieser Verletzung erstmals operiert (Verlängerung der
Strecksehnen II und III der rechten Hand). Eine weitere Operation erfolgte am 1. Juli
2005 (Streckerersatzplastik).
3
Im Oktober 2004 leitete die Wehrbereichsverwaltung West zur Prüfung, ob bei dem
Kläger eine Wehrdienstbeschädigung (WDB) vorliegt, ein WDB-Verfahren ein. Hierzu
gab der Kläger unter dem 1. Oktober 2004 im Wesentlichen Folgendes an: Im August
2003 habe er mit einem Kameraden (Hauptfeldwebel I. ) ein schweres Messgerät
zwecks einer fälligen Kalibrierung in den dafür eingerichteten Kalibrierbunker getragen.
Am Eingang zum Bunker habe er einen starken stechenden Schmerz im rechten
Unterarm verspürt. Dieser Schmerz habe ihn zum sofortigen Wechsel beim Tragen auf
den linken Arm gezwungen. Während des Wechsels aufgrund der Schwere des Geräts
sei er zusätzlich mit dem rechten Unterarm (Ellenbogengelenk) an die Eingangskante
des Bunkers geprallt. Seither klage er über Schmerzen im rechten Unterarm. Zusätzlich
habe sich eine Fehlstellung des rechten Mittelfingers einhergehend mit einer
Bewegungseinschränkung des Handgelenks gebildet.
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In einer weiteren Stellungnahme vom 17. November 2004 ordnete der Kläger den
Vorfall in den Zeitraum "September/Oktober 2003" ein und gab hierzu an, keine
genaueren Zeitangaben machen zu können, weil der Unfall schon über ein Jahr
zurückliege. Der Zeuge Hauptfeldwebel I. bestätigte im Rahmen seiner Vernehmung am
18. November 2004 den Vorfall und ordnete ihn zeitlich ebenfalls dem Zeitraum
zwischen September und Oktober 2003 zu.
5
Im Rahmen des WDB-Verfahrens wurde der Kläger mehrfach gutachtlich untersucht
(Handchirurgisches Fachgutachten Oberfeldarzt L. vom 31. Januar 2006, Gutachten
Dipl.-Psychologe H. vom 24. März 2006, Psychiatrisches Gutachten Flottenarzt C. vom
10. April 2006). Hierzu führte Frau W. in einer "versorgungsmedizinischen
Prüfstellungnahme" vom 1. Juni 2006 aus, die Gesundheitsstörungen im Bereich der
rechten Hand könnten nicht als WDB-Folge bezeichnet werden, es sei weder ein
geeignetes Schadensereignis noch ein exaktes Schadensdatum festzulegen. Mit
Bescheid vom 19. Juni 2009 stellte die Wehrbereichsverwaltung West fest, dass die bei
dem Kläger festgestellten - im Einzelnen beschriebenen - Gesundheitsstörungen nicht
Folgen einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 Soldatenversorgungsgesetzt
(SVG) seien und ein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG daher nicht bestehe. Die
hiergegen erhobene Beschwerde wies die Wehrbereichsverwaltung West mit Bescheid
vom 21. Juni 2007 zurück. Auf die daraufhin vom Kläger vor dem Sozialgericht Münster
erhobene Klage wurde die Beklagte mit Urteil vom14. Februar 2008 verurteilt, das im
September/Oktober 2003 eingetretene Ereignis als Wehrdienstbeschädigung
anzuerkennen und dem Kläger einen neuen Bescheid unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Mit "Ausführungsbescheid" vom 27. Mai
2008 erkannte die Wehrbereichsverwaltung West darauf hin die bei dem Kläger
festgestellten Gesundheitsstörungen
6
"Funktionsminderung für grobmotorische und feinmotorische Handtätigkeiten rechts,
einschließlich des rechten Unterarms mit Beuge- und Streckdefizit aller Langfinger,
chronische Ellennervenneuropathie im Ellenbogenbereich mit Sensibilitätsausfall am
ellenseitigen Handstrahl. Motorische Teilschädigung des Speichennerven"
7
als Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG an.
8
Bereits zuvor war der Kläger mit Verfügung vom 20. Juni 2007 aufgrund des
truppenärztlichen Gutachtens von März 2007 (Veränderungen im Bereich der Finger
und der Handwurzel sowie Muskel und Sehnen) mit Ablauf des 30. September 2007 in
9
den Ruhestand versetzt worden. Mit Schreiben vom 21. Januar 2009 wandte sich der
Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14. Februar
2008 an die Wehrbereichsverwaltung West und bemängelte die fehlende Umsetzung
dieses Urteils. Darüber hinaus wies er darauf hin, dass die durchgeführte vorläufige
Neuberechnung seiner Versorgungsbezüge den Dienstunfall nicht berücksichtige.
Im Rahmen einer internen Prüfung aufgrund einer Eingabe des Klägers an den
Wehbeauftragten des Deutschen Bundestages gelangte die Wehrbereichsverwaltung
West am 21. Januar 2009 zu dem Ergebnis, dass die zur Dienstunfähigkeit führenden
Gesundheitsbeschädigungen nicht die Folge eines Unfallereignisses im Sinne des § 27
Abs. 2 Satz 1 SVG seien.
10
Mit Bescheid vom 10. Februar 2009 setzte die Wehrbereichsverwaltung West die
Versorgungsbezüge des Klägers mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 aufgrund einer
Dienstunfähigkeit infolge einer Wehrdienstbeschädigung neu fest.
11
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs führte der Kläger im
Wesentlichen aus: In der vorgenommenen Berechnung sei die bei ihm eingetretene
Nervenschädigung, die aufgrund eines ärztlichen Kunstfehlers bei dem operativen
Eingriff am 1. Juli 2005 entstanden sei, nicht berücksichtigt worden. Darüber hinaus
stehe im aufgrund des erlittenen Dienstunfalls auch Unfallruhegehalt zu.
12
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2009 wies die Wehrbereichsverwaltung West
den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen
ausgeführt: Die Festsetzung der Versorgungsbezüge bei einer Versetzung in den
Ruhestand infolge einer durch eine Wehrdienstbeschädigung hervorgerufenen
Dienstunfähigkeit werde durch das Ausmaß der als Wehrdienstbeschädigung
anerkannten Schädigungsfolgen nicht berührt. Eine eventuelle Anerkennung weiterer
Gesundheitsstörungen als Wehrdienstbeschädigung hätte für die Bemessung der
Versorgungsbezüge keine Bedeutung. Die Gewährung des Unfallruhegehaltes komme
nur in Betracht, wenn ein Dienstunfall vorliege. Im Falle des Klägers sei die
tatbestandliche Voraussetzung der örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit nicht erfüllt.
Als erwiesen gelten könne insoweit lediglich, dass der Kläger sich im
September/Oktober 2003 während des Dienstes beim Transport eines schweren
Messgerätes eine Verletzung des rechten Unterarms zugezogen habe. Es lasse sich
aber nicht feststellen, an welchem konkreten Tag sich dieses schädigende Ereignis
zugetragen habe. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass ein
Dienstunfall im Sinne von § 27 Abs. 2 Satz 1 SVG vorliege. Dem stehe auch die
Entscheidung des Sozialgerichts Münster vom 14. Februar 2008 nicht entgegen, weil
eine taggenaue Bestimmbarkeit des Unfallzeitpunkts für das Vorliegen einer
Wehrdienstbeschädigung im Sinne der 2. Alternative des § 81 Abs. 1 SVG nicht
ausdrücklich erforderlich sei.
13
Daraufhin hat der Kläger am 04. Juni 2009 die vorliegende Klage erhoben. Zur
Begründung führt er im Wesentlichen aus: Der erlittene Dienstunfall sei zeitlich und
örtlich bestimmbar. Das Datum des 11. August 2003 sei ihm durch eine Mitarbeiterin
mitgeteilt worden, die auf seine Nachfrage in der G-Karte nach einem Unfall mit dem
Stichwort "rechter Arm" nachgeschaut habe. Im August 2003 habe er allerdings eine
vollkommen unerhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung (verstauchter Daumen) erlitten.
Die Verwechslung zwischen den zwei Unfallgeschehen sei dadurch ans Licht
gekommen, dass der Zeuge I. , der ihn im Unfallzeitpunkt September/Oktober 2003
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begleitet habe, sich in dem Zeitpunkt des 11. August 2003 im Urlaub befunden habe. Im
Übrigen seien seine Angaben glaubhaft. Dies werde durch das psychiatrische
Gutachten vom 10. April 2006 bestärkt. Die Angaben zum Unfallzeitpunkt im Rahmen
der jeweiligen ärztlichen Berichte seien deckungsgleich mit seinen Angaben.
Hinzuweisen sei insbesondere auf den Bericht des Bundeswehrkrankenhauses Hamm
vom 13. November 2003. Dieser sei kurz nach dem Unfallgeschehen erstellt worden. Er
habe in dessen Rahmen den Unfallzeitpunkt mit September 2003 angegeben.
Der Kläger beantragt,
15
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung West vom
10. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2009 zu
verpflichten, den Ende September/Anfang Oktober 2003 am Eingang des
Kalibrierbunkers auf dem Flugplatz des Fluglehrzentrums F-4F in Hopsten/Dreierwalde
erlittenen Unfall als Dienstunfall anzuerkennen und ihm für die Zeit ab 01. Oktober 2007
Unfallruhegehalt gemäß § 27 SVG i. V. m. § 36 BeamtVG zu gewähren.
16
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
18
Sie führt im Wesentlichen aus: Es fehle unter Berücksichtigung des Klägervortrags an
der zeitlichen Bestimmbarkeit des Ereignisses. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts sei ein Zeitraum von einem Tag, an dem das Ereignis
stattgefunden habe und der datumsmäßig eindeutig bestimmbar sein müsse, noch
ausreichend, um die Voraussetzung der zeitlichen Bestimmbarkeit zu erfüllen. Ein
längerer für das Unfallereignis in Betracht kommender Zeitraum genüge dem Erfordernis
der zeitlichen Bestimmbarkeit nicht. Das gelte auch dann, wenn der Zeitraum nach
einem Anfangs- und Schlusstag bestimmt werden könne.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug
genommen.
20
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
21
Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Der Bescheid der
Wehrbereichsverwaltung West vom 10. Februar 2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13. Mai 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in
seinen Rechten; dieser hat Anspruch auf (I.) Anerkennung des Ende September/Anfang
Oktober 2003 erlittenen Unfalls als Dienstunfall wie auch auf (II.) Gewährung eines
Unfallruhegehalts nach Maßgabe von § 27 Abs. 1 Satz 1 SVG in Verbindung mit § 36
Abs. 1 BeamtVG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
22
I. Gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 SVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung
beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden
verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt; der Kläger hat Ende September/Anfang
Oktober 2003 einen Dienstunfall einen Dienstunfall erlitten.
23
Dass sich das von dem Kläger geltend gemachte Unfallereignis so wie von ihm
24
beschrieben zugetragen hat, steht nicht im Streit. Das Unfallereignis wird im
Widerspruchsbescheid vielmehr ausdrücklich zugestanden. Die Beklagte sieht -
lediglich - das Tatbestandsmerkmal der zeitlichen Bestimmbarkeit des Unfallereignisses
als nicht erfüllt an, weil sich der konkrete Tag des schädigenden Ereignisses nicht
feststellen lässt und dies zu Lasten des Klägers gehe.
Dem vermag das Gericht nicht zu folgen. In der Tat lässt sich der genaue Tag des
schädigenden Ereignisses nicht mehr konkret feststellen. Nach den Angaben des
Klägers, des Zeugen I. und den in den verschiedenen ärztlichen Unterlagen
aufgenommenen Angaben lässt sich das Ereignis indes auf den Zeitraum Ende
September/Anfang Oktober 2003 eingrenzen. Insoweit ist namentlich die Einlegekarte
zur G-Karte des Klägers in den Blick zu nehmen. Nach den entsprechenden
Eintragungen vom 24. Oktober 2003 klagte er damals seit drei bis vier Wochen über
Schmerzen im rechten Arm auf Grund eines Anpralltraumas im rechten Ellenbogen. Es
wurde die Differenzialdiagnose "Zustand nach Prellung" gestellt. Danach hat der Kläger
den Unfall Ende September/Anfang Oktober 2003 - in Ausübung des Dienstes - erlitten.
Dem Erfordernis der zeitlichen Bestimmbarkeit ist damit in hinreichender Weise genüge
getan. Denn der genaue Zeitpunkt des Unfalls braucht, wenn - wie hier - davon
auszugehen ist, dass die Schädigung innerhalb eines kurzen Zeitraumes eingetreten ist,
nicht festzustehen. Der insoweit dem Merkmal der Plötzlichkeit noch genügende
Zeitraum einer Dienstschicht ist hier ersichtlich nicht überschritten.
25
Vgl. Fürst, in: Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), § 31 BeamtVG, Rdnr.
12.
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Eine andere Bewertung ist auch nicht etwa unter Berücksichtigung der von der
Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Januar
2006 - 2 B 46/05 - angezeigt. In dieser wie in zahlreichen anderen Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts und auch anderer Obergerichte
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- vgl. nur die Nachweise bei Fürst, a.a.O., § 31 BeamtVG Rdnr. 13 -
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geht es um die Problematik der zeitlichen Bestimmbarkeit des schädigenden
Ereignisses bei Infektionen. Weil es für die zeitliche Bestimmbarkeit nicht genügt, dass
sich ein über mehrere Tage erstreckender Zeitraum nach Anfangs- und Schlusstag
eingrenzen lässt, reicht es nach dieser Rechtsprechung bei Infektionen nicht aus, dass
die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit
aufgehalten hat, bekannt sind, um die Infektionserkrankung als einen Unfall zu
bewerten. Das Bundesverwaltungsgericht hat jüngst in dem Urteil vom 25. Februar 2010
- 2 C 81/08 - (unter: juris.de) - in einem Streit um die Anerkennung eines Zeckenbisses
und der daraus hervorgegangenen Borrelioseerkrankung als Dienstunfall - die insoweit
maßgeblichen Erwägungen nochmals wie folgt konkretisiert:
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"Durch das Erfordernis der örtlichen und zeitlichen Bestimmbarkeit wird zum einen der
Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge festgelegt. Zum anderen dienst es der
Begrenzung des Risikos des Dienstherrn. Dieser soll nur für Schadensereignisse
haften, die einem Nachweis zugänglich sind. Erst die eindeutige Bestimmung des
Ereignisses ermöglicht es, sicher festzustellen, ob und inwieweit Veränderungen des
Gesundheitszustandes des Beamten auf einen Dienstunfall zurückzuführen sind und
von der Dienstunfallfürsorge nach §§ 32 ff. BeamtVG umfasst werden. Deshalb müssen
die Angaben zu den Umständen des konkreten Ereignisses in zeitlicher und örtlicher
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Hinsicht in ihrer Gesamtheit so bestimmt sein, dass es Konturen erhält, aufgrund derer
es von anderen Geschehnissen eindeutig abgegrenzt werden kann. Jede Verwechslung
mit einem anderen Ereignis muss ausgeschlossen sein."
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Eine Verwechslung mit einem anderen - nicht
dem Dienst zuzurechnenden - Ereignis ist nach den vorliegenden Erkenntnissen
ausgeschlossen. Dies wird auch von der Beklagten nicht anders gesehen.
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II. Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von
Unfallruhegehalt zu. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SVG sind auf einen Berufssoldaten, der
wegen Dienstunfähigkeit infolge eines Dienstunfalles in den Ruhestand versetzt worden
ist, die §§ 36, 37, 44 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 45 und 87 des
Beamtenversorgungsgesetzes entsprechend anzuwenden. Nach § 36 Abs. 1 BeamtVG
erhält der Beamte Unfallruhegehalt, wenn er infolge eines Dienstunfalls dienstunfähig
geworden und in den Ruhestand getreten ist.
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Hier hat der Kläger - wie oben bereits ausgeführt - einen Dienstunfall im Sinne des § 27
Abs. 1 Satz 1 SVG erlitten. Er ist auch infolge des Dienstunfalls, d. h. wegen der
hierdurch erlittenen Gesundheitsschädigung dienstunfähig geworden und wegen der
durch den Dienstunfall bedingten Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden.
Ob und inwieweit die beiden im Mai 2004 und im Juli 2005 erfolgten Operationen
insoweit von Einfluss waren, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist der Dienstunfall als
wesentliche (Mit-)Ursache im Rechtssinne für die zur Dienstunfähigkeit und zu der
Zurruhesetzung führende Funktionsbeeinträchtigung des rechten Arms und der rechten
Hand anzusehen. Anknüpfungspunkte für ein im Vordergrund stehendes
anlagebedingtes Leiden sind nicht erkennbar.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 VwGO.
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