Urteil des VG Münster vom 25.08.2000

VG Münster: örtliche zuständigkeit, behörde, stadt, aufenthalt, asyl, erlass, mittellosigkeit, beschränkung, hauptsache, form

Verwaltungsgericht Münster, 5 L 1013/00
Datum:
25.08.2000
Gericht:
Verwaltungsgericht Münster
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 L 1013/00
Tenor:
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung
verpflichtet, den Antragstellern für den Monat August 2000 Leistungen
nach dem AsylbLG in dem bis zum 31. Mai 2000 gewährten Umfang
vorläufig zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e
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Der Antrag der Antragsteller,
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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen, den
Antragstellern, für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum Ende des Monats, in dem die
gerichtliche Entscheidung ergeht, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
zu gewähren,
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hat Erfolg.
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Die Antragsteller haben den für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung
erforderlichen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (§ 123
Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920, 294 ZPO).
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Das Gericht hält es für überwiegend wahrscheinlich, dass den Antragstellern gegen den
Antragsgegner ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz in dem bis zum 31. Mai 2000 gewährten Umfang zusteht.
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Der Antragsgegner ist für die Leistungsgewährung örtlich zuständig, weil die
Antragsteller durch wirksame Zuweisungsbescheide nach dem AsylVfG der B-stadt
zugewiesen worden sind (§ 10 a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG). Die Antragsteller haben aber
auch die materiellen Leistungsvoraussetzungen glaubhaft gemacht. Sie gehören
unzweifelhaft zu dem in § 1 Abs. 1 AsylbLG genannten Personenkreis und verfügen
nach dem Antragsvorbringen sowie der eidesstattlichen Versicherung nicht über
ausreichende Mittel, um ihren notwendigen Bedarf i. S. v. § 3 AsylbLG zu decken.
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Umstände, welche geeignet wären, Zweifel an der behaupteten Mittellosigkeit der
Antragsteller zu begründen, sind jedenfalls nicht dargetan und auch sonst nicht
ersichtlich.
Der Umstand, dass sich die Antragsteller außerhalb des ihnen zugewiesenen
Aufenthaltsbereichs aufhalten, rechtfertigt nicht die Versagung der Leistungen durch den
Antragsgegner. Knüpft die örtliche Zuständigkeit - wie hier - an eine
asylverfahrensrechtliche Zuweisung an, ist der Leistungsträger bei Vorliegen der
sonstigen Anspruchsvoraussetzungen mangels entgegenstehender gesetzlicher
Regelung auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn sich der Leistungsberechtigte
tatsächlich außerhalb des Bereiches der zuständigen Behörde aufhält. Entgegen der
Auffassung des Antragsgegners lässt sich ein entsprechender Anspruchsausschluss
auch nicht aus § 11 Abs. 2 AsylVfG entnehmen. Nach der genannten Bestimmung darf
Leistungsberechtigten in den Teilen der Bundesrepublik Deutschland, in denen sie sich
entgegen einer asyl- oder ausländerrechtlichen räumlichen Beschränkung zuwider
aufhalten, die für den tatsächlichen Aufenthalt zuständige Behörde nur die nach den
Umständen unabweisbar gebotene Hilfe leisten. Nach dem eindeutigen Wortlaut der
Vorschrift begrenzt § 11 Abs. 2 AsylbLG nur den Leistungsanspruch gegenüber der für
den tatsächlichen Aufenthalt zuständigen Behörde, also der Behörde, in deren Bereich
sich der Leistungsberechtigte entgegen einer asyl- oder ausländerrechtlichen
räumlichen Beschränkung tatsächlich aufhält. Dagegen beinhaltet § 11 Abs. 2 AsylbLG
keine Regelung des Anspruchs gegenüber der nach § 10 a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG
zuständigen Behörde, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte aufzuhalten hat.
Bezogen auf den hier vorliegenden Fall bedeutet dies also, dass die Antragsteller von
der D-stadt nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe beanspruchen
können, wohingegen ihnen gegen den Antragsgegner weiterhin ein Anspruch auf
Grundleistungen in dem bis zum 31. Mai 2000 gewährten Umfang zusteht.
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Es versteht sich von selbst, dass die Antragsteller aus ihrem unrechtmäßigen Aufenthalt
in D-stadt hinsichtlich der Form der Leistungsgewährung keine weitergehenden Rechte
herleiten können, als ihnen im Falle ihres Aufenthaltes in B-stadt zustehen würden.
Daher ist der Antragsgegner weder verpflichtet, den Antragstellern an Stelle der bislang
gewährten Sachleistungen Geldleistungen zukommen zu lassen, noch hat er dafür
Sorge zu tragen, dass die Antragsteller an ihrem tatsächlichen Aufenthaltsort mit
Sachleistungen versorgt werden. In diesem Sinne mögen auch die vom Antragsgegner
herangezogenen Hinweise zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu
verstehen sein, in denen es unter 11.2 im letzten Absatz heißt, dass der
Leistungsberechtigte, der sich entgegen einer asyl- oder aufenthaltsrechtlichen
Bestimmung außerhalb des ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereichs aufhält, materiell-
rechtlich keinen Anspruch am Ort seines tatsächlichen Aufenthaltes durch die nach § 10
a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG zuständige Behörde hat. Nach alledem kommt der
Antragsgegner seiner Leistungspflicht in vollem Umfang nach, wenn er - wie bisher -
den Antragstellern in B-stadt Sachleistungen anbietet und ihnen dort die Barbeträge
aushändigt (§ 3 Abs. 4 AsylbLG).
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Für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist auch ein die Vorwegnahme
der Hauptsache rechtfertigender Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, denn die
Antragsteller sind auf Grund der glaubhaft gemachten Mittellosigkeit auf die sofortige
Gewährung der Leistungen nach dem AsylbLG angewiesen, um ihren notwendigen
Lebensunterhalt im Umfang des zum Lebensunterhalt Unerlässlichen bestreiten zu
können.
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Der Antragsgegner trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 188 Satz 2 VwGO).
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